Wintersonne by Enny
Summary: Du bist gestorben und hast mich hier alleine zurückgelassen… Nichts ist mehr wie es einmal war, denn ohne Herz kann niemand leben.
Categories: Stargate Atlantis Characters: John Sheppard, Rodney McKay
Genre: Character Death, Slash, UST, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 2470 Read: 2798 Published: 16.02.11 Updated: 16.02.11
Story Notes:
Short-Cut: Du bist gestorben und hast mich hier alleine zurückgelassen… Nichts ist mehr wie es einmal war, denn ohne Herz kann niemand leben.
Spoiler: -
Charaktere: McKay, Sheppard
Kategorie: Character Death, Slash, UST, Vignette
Rating: R-16
Author's Note: Es gibt da ein paar Lieder, die mich hierzu inspiriert haben. Vielleicht fallen dem einen oder anderen ja auf, welche. ;)
Widmung: Allen meinen Freunde *hug*
Disclaimer: Alle Rechte gehören MGM Television Entertainment. Alles wurde nur zum Spaß geschrieben. Ich will kein Geld verdienen. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen ist rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.
Feedback: Bittteeeee!

1. Kapitel 1 by Enny

Kapitel 1 by Enny
Wintersonne


Die ersten Sonnenstrahlen fallen durch das offene Fenster in mein Zimmer und malen ein abstraktes Muster auf die kalten Fliesen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie meinen zusammengekauerten Körper erreichen. Obwohl es noch so früh ist, weiß ich, dass sie mich wärmen werden. Genau das, was ich nicht will. Ich will nicht das wohltuende Gefühl spüren, das der helle Stern früher bei mir ausgelöst hat. Ich will nicht das helle Licht in meinen Augen spüren, oder gar die Wärme und Geborgenheit.

Ich hasse die Sonne. Dafür, dass sie mir keine Zeit zum Trauern lässt und mir keinen Ort gibt, an dem ich mich vor ihr und ihrer ganzen Lebensfreude verstecken könnte.
Alles, was ich will, ist zurück in die Kälte der Nacht, die bis jetzt noch bruchstückhaft in meinem Zimmer vorhanden ist und von den Wänden und dem Boden abgestrahlt wird.

Meine Schuhe werden bereits von ein paar Strahlen getroffen, die langsam weiter auf mich zu kriechen. Nur die Wand, an der ich lehne, vermittelt mir das Gefühl, dass sie dasselbe fühlt wie ich, dass sie verstehen kann, wieso ich auch nach zwei Monaten noch am Boden bin.
Wieder einmal wird mir klar, dass ich mich nicht gegen das Universum wehren kann... Die Welt dreht sich nun einmal weiter. Unser kleines Schicksal ist nicht stark genug, um sie zum Stillstand zu bringen.

Ich hasse die Welt. Sie merkt nicht, dass ein Stück fehlt und tut so, als wäre nichts passiert... Sie scheint auch prima ohne dich zu funktionieren, wenn nicht sogar besser. Ganz, als ob du nur Ballast gewesen wärst... nur einer von Millionen... oder einer von Milliarden...

Ich habe noch nie soviel Hass empfunden wie jetzt. Kannst du das verstehen? Früher hättest du das bestimmt. Früher hätte ich niemals so gefühlt... Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich einmal in der Lage sein würde, so sehr zu hassen wie jetzt. Diesen Gedanken quittiere ich mit einem bitteren Lächeln. Ich hätte auch nie im Leben gedacht, dass ich einmal so sehr -

Der Wecker auf meinem Nachttisch fängt in diesem Moment an, seine schrillen Töne von sich zu geben.
Wieso habe ich das Ding gestern eigentlich überhaupt noch angestellt? Ich wusste doch sowieso, dass ich diese Nacht wieder kein Auge zu machen würde.
Du besuchst mich viel zu oft in meinen Gedanken, als dass ich schlafen könnte. Jedes Mal, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich dein Bild vor mir. Du lächelst und sagst, du würdest zwar gehen, aber doch immer an meiner Seite sein. Als du das zu mir gesagt hast, war mir noch nicht im Entferntesten klar, was das wirklich bedeutete... jetzt weiß ich es.
Es klopft an der Tür und ich verfluche denjenigen, der mich stört. Sie sollen mich alle in Ruhe lassen. Ich weiß, alles, was sie hier hertreibt, ist das pure Mitleid. Mitleid, das ich nicht will und nicht brauche. Sie verstehen mich nicht und aus. Wieso lassen sie mich also nicht einfach weiter vor mich hin vegetieren?
"Sind Sie da?" Diese Stimme gehört Elizabeth. Zum tausendsten Mal wird sie heute versuchen zu mir durch zu dringen. Zum tausendsten Mal werde ich abblocken.
In diesem Moment treffen die Sonnenstrahlen ungedämpft meine Augen. Ich erhebe mich schließlich tief seufzend und spüre, dass meine Hand eingeschlafen ist, die noch bis vor zwei Sekunden die abgestumpfte Rasierklinge umklammert hielt, die einen weiteren Tag vergebens auf ihren Gebrauch gewartet hat.
Es stört mich nicht weiter. Weder das Kribbeln, noch das leise metallische Geräusch, mit dem die Klinge auf dem Boden aufschlägt und zerbricht. Ich beachte es gar nicht.
Ich muss mich zusammenreißen, wenn ich einen weiteren Tag ohne dich überstehen will.

Ich öffne also die Tür und sofort stiehlt sich ein Lächeln auf das Gesicht meiner Gegenüber. Neben Elizabeth steht auch John und grinst mich an.
Ich hasse sie beide dafür. Wie können sie überhaupt noch daran denken zu lächeln?
"Wie geht's Ihnen? Ein schöner Tag heute nicht?" Ich zucke mit den Schultern und gehe an den beiden vorbei. Haben die beiden nichts Besseres zu tun als übers Wetter zu philosophieren?

Ich verspüre einen immensen Hunger, aber ich habe wie immer keine Lust etwas zu essen. Geschweige denn auf den Trubel in der Kantine. Jeder würde mich fragen wie's mir geht und ob ich gut geschlafen habe. Wenn ich mich umdrehe würden sie anfangen zu flüstern und ihre "Sorgen" diskutieren.
Ich seufze innerlich bei dem Gedanken. Sie haben alle einfach so überhaupt gar keine Ahnung.

Ich entscheide mich "ein wenig" zu joggen.
Habe ich dir das eigentlich schon erzählt? Ziemlich untypisch für mich, aber seit du fort bist, bin ich fast jeden Morgen gelaufen. Aber nicht einfach nur gejoggt, sondern solange, bis ich fast zusammengebrochen bin. Zugegeben, ein paar Mal hat mein Kreislauf tatsächlich den Dienst abgetreten. In dem Moment, in dem mir zum ersten Mal die Beine weggeknickt sind, hatte ich das Gefühl, ganz nah bei dir zu sein. Vielleicht hast du es ja bemerkt.

Ich beschließe jedenfalls, dass ich wieder so fühlen will. Also setze ich mich in Bewegung und höre noch wie John irgendetwas zu Elizabeth sagt, von wegen schwarzen Kleidern und Schlafmangel, bevor ich um die Ecke biege. Das war sicher nicht Sinn und Zweck für ihren Besuch, dass ich erneut allein durch die Gänge streife, aber es kümmert mich weniger als gar nicht. Sie hätten nur wieder versucht, mich zum Essen zu bringen oder sonst was "Aufregendes".
So wie du es auch getan hättest. Hauptsache versuchen vom Schmerz abzulenken. Dabei spüre ich überhaupt keinen Schmerz. Das habe ich allen schon zigmal versucht zu erklären. Ich fühle mich einfach nur leer. Das ist etwas völlig Anderes. Deshalb laufe ich mich doch auch immer halbtot. Damit ich wieder etwas fühle. Damit ich merke, dass ich überhaupt noch am Leben bin. Wenn ich ein Teenager wäre, würde ich mir wohl mit einer Rasierklinge den Arm aufschneiden. Aber das tue ich nicht. Der Schmerz wäre zu einseitig. Ich spreche aus Erfahrung.

Also jogge ich eben. Wobei man sagen muss, dass es mittlerweile beim normalen Joggen zu lange dauert, bis ich außer Atem gerate. Also ziehe ich eben die Geschwindigkeit etwas an.
Schon bald erreiche ich die verlassenen Bereiche der Stadt und bin froh, dass ich bis jetzt noch auf niemanden gestoßen bin. Ich habe, weiß Gott, Besseres zu tun, als jedem vorzuheucheln, wie toll es mir geht.
Bisher war leider immer jemand in der Nähe, wenn mich meine Kräfte verlassen haben. Dieses Mal wird es nicht so sein. Vielleicht kann ich dann endlich die kurze Zeit mit dir genießen.
Ich laufe an ein paar Fenstern vorbei und sehe erneut, was für ein ach so wunderschöner Tag heute ist. Der Himmel ist strahlend blau und die frühwinterliche Sonne scheint fröhlich von oben auf die Stadt und das Festland.
Früher hätte ich diesen Anblick vor lauter Arbeit entweder gar nicht bemerkt oder ich mich vielleicht sogar darüber gefreut. Früher.

Jetzt hasse ich den Himmel. Ich hasse das strahlend helle Blau, ich hasse den angenehm warmen Wind, ich hasse das Universum, dass es mich zusätzlich straft und dass es mir keine Zeit gegeben hat, dir Lebewohl zu sagen. Es gibt so viele Dinge, die du noch wissen solltest. Ich kämpfe die Wut zurück und erhöhe mein Tempo noch etwas weiter, um sie zu unterdrücken.
Wieso kann es nicht regnen? Der Himmel soll seine Tore öffnen und die Tränen vergießen, die ich nie gewagt habe zu weinen. Dann wäre es ein wirklich wunderschöner Tag...

Nach einer Ewigkeit spüre ich endlich die Kraft aus mir schwinden. Mir wird ein paar Mal schwarz vor Augen und die Schwindelgefühle kommen zurück. Auch der Schmerz in meiner Lunge ist zurück, der bei jedem Einatmen auf mich einsticht.
Es tut so gut. Ich fühle mich endlich wieder lebendig... und gleichzeitig doch so nah am Tod, dass ich deine Nähe fast spüren kann.

Diese Empfindung spornt mich an und ich hole das Letzte aus meinem Körper heraus. Ich laufe so schnell, dass ich das Gefühl habe, ich könnte gleich abheben und zu dir fliegen. Bis ich in einer Kurve den Halt unter den Füßen verliere und ausrutsche.
Es ist egal, ich hätte sowieso nur noch ein paar Sekunden durchgehalten.

Wie auch immer, ich versuche gar nicht erst aufzustehen. Selbst, wenn ich es von den Kraftreserven her gekonnt hätte, der Schmerz, der jetzt durch meine Schulter zuckt, würde mich nach wenigen Metern zu Boden werfen. Vielleicht habe ich es jetzt endlich geschafft, mich selbst genug zu zerstören, dass ich wieder mit dir zusammen sein kann.

Aber das Gefühl der Dunkelheit und des Schwebens, das du mir bei deinem Abschied beschrieben hast, bleibt aus. Da ist nur der grenzenlose Schmerz der meinen ganzen Körper durchströmt. Es tut so weh, dass ich nicht mehr richtig denken kann.

Ich liege fast eine Ewigkeit dort am Boden und winde mich unter gedämpften Schreien, die ich nur schwer zurückhalten kann. Obwohl ich die Augen fest geschlossen habe, merke ich, wie sich alles um mich herum dreht und ich den Halt verliere.
Was löst nur diese Schmerzen aus? Sind es überhaupt körperliche oder doch seelische Qualen? Ich weiß überhaupt nichts mehr. Ich bete einfach zu Gott, dass ich endlich ohnmächtig werde oder sterbe.

Doch nicht die Bewusstlosigkeit oder gar der Tod wird mein Erlöser sein, sondern zwei starke Arme, die sich um meinen Körper legen und mich festhalten. Sie halten mich so fest, dass ich langsam zurück in die Wirklichkeit finde und meinen Halt zurückgewinne.

Die sanfte Stimme, die anfängt zu mir zu sprechen vertreibt den Schmerz mit einem Schlag und ich sehe wieder klar.
Auf einmal wird mir alles bewusst, es ergibt alles einen Sinn. Der seelische Schmerz, den ich seit deinem Tod nicht gespürt habe, wurde nun durch den körperlichen geweckt und mein Unterbewusstsein hat zum ersten Mal wirklich realisiert, dass du fort bist. Dass du nie wieder zurückkommen wirst und wir nie wieder zusammen sein werden.

Ich atme tief ein und bemerke den metallischen Nebengeschmack von Blut in meinem Mund. Erst jetzt sehe ich, dass mein Shirt an einigen Stellen dunkelrot gefärbt ist. So rot wie deines damals... Erinnerungsblitze erscheinen vor meinen Augen. Die Waffe in der Hand des Mannes, der dich auf dem Gewissen hat; dein Körper, der kraftlos in sich zusammensackt; überall Blut...
Auf einmal kommt mir der Gedanke, dass John sich vielleicht die Schuld an all dem gibt... du warst Mitglied seines Teams und er war für dich verantwortlich...

"Was haben Sie sich dabei gedacht?" Er hält mich immer noch fest an sich gedrückt und sieht mich schockiert und besorgt an. Das Mitleid ist verschwunden und grenzenloser Aufrichtigkeit gewichen. Ich sehe zum ersten Mal den Schmerz auch in seinen Augen.
"Er ist tot..." Es gibt eigentlich keinen Grund ihm das zu sagen. Er weiß es so gut wie ich. Aber es ist das erste Mal, dass ich es selbst über meine Lippen kommen lasse. Zum ersten Mal gestehe ich es mir selbst ein...

"Ich weiß, Rodney." flüstert John leise und ich bemerke die unendliche Trauer, die in seiner Stimme liegt. Wie konnte ich nur vergessen, dass auch er einen Freund verloren hat? Ich war so sehr mit meinem eigenen Leben beschäftigt, dass ich völlig außer Acht gelassen habe, dass du nicht nur mir allein etwas bedeutet hast. Wahrscheinlich zwar keinem so sehr wie mir, aber trotzdem hätte mir klar sein müssen, dass sie alle innerlich bluten... Ich hoffe sie können mir irgendwann all das vergeben...

Epilog:

Noch am selben Tag besuche ich zusammen mit John dein Grab. Ich war vorher noch nie hier gewesen. Ich hatte keinen Grund dafür gesehen. Du warst immer bei mir, egal wo ich mich befand. Wieso also extra hierher kommen? Jetzt weiß ich, dass ich es hätte tun sollen. Es hätte mir das alles ersparen und den Abschied erleichtern können.

Es ist ein schöner Ort. Es liegt keine Marmorplatte auf deinem Grab, wie wir es normalerweise gewohnt sind. Nur das große steinerne Kreuz, das einer aus Teylas Volk angefertigt hat, weist darauf hin, dass du hier bist.
Sie haben keinen wirklichen Friedhof hier und dein Sarg liegt unter einem großen Baum auf einem Hügel über der Küste. Es erinnert mich an die Highlands. Ich weiß, dass es dir hier gefiele. Du würdest dich zu Hause fühlen.
Ich werfe John einen kurzen Blick zu, den dieser mit einem warmen Lächeln und einem Nicken erwidert.

Ich hole tief Luft und knie mich neben das Kreuz, berühre mit den Fingern den Schriftzug. Dort stehen dein Name und ein kurzer Satz in deiner Muttersprache. Du hast es vor langer Zeit einmal zu mir gesagt und mir erklärt, was es bedeutet. In ewiger Ruhe. Du fehlst mir so sehr...

Es ist ein schöner Ort und es scheint, als habe er nur darauf gewartet, dass ich diese einzelne Rose niederlege, um vollkommen zu werden. Ja, jetzt sieht das Bild fertig aus.

Der Wind weht ungewohnt kalt über den Hügel und kündigt die ersten Wintertage an. Bald wird der erste Schnee fallen und die Stadt und das Festland unter einer weißen Decke begraben. Es ist gut so. Mit dem Frühling, der unweigerlich kommen wird, wird auch ein neuer Lebensabschnitt beginnen... Ich weiß, das ist genau, was du dir für mich wünschst. Dass mein Leben weitergeht.

Mit einem letzten Blick auf deinen Namen lasse ich dich gehen.
Vielleicht glaubst du jetzt, ich würde dich schnell vergessen... und ja es stimmt. Jeden Morgen fehlt mir eine weitere Erinnerung an dich. Ich weiß nicht, ob es dir noch etwas ausmacht, ob du dich damit abgefunden hast oder ob es dort, wo du bist, ohnehin keine Rolle mehr spielt.
Aber ich schwöre dir, ich werde niemals aufhören an dich zu denken.

Ich hatte eigentlich vorgehabt, dir noch einen Brief zu schreiben, mit Dingen, die ich dir noch hatte sagen wollen. Doch ich habe mich anders entschieden. Ich werde es dir selbst erzählen...

Jeden Tag an deinem Grab...

EL FIN
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