Change

Mit einem Gefühl, das er wohl am ehesten als Traurigkeit gemischt mit etwas Sorge beschreiben würde, stand John in Elizabeths Büro und wurde sich erneut bewusst, dass seine Anwesenheit falsch war. Dennoch war er nun hier und nahm vorsichtig die Fotografie, die auf Elizabeths Schreibtisch stand und ihren Hund zeigte, in die Hand und hob sie hoch.
Er fragte sich unweigerlich, ob sie Sedge jemals wieder sehen würde; er hoffte es, denn das würde bedeuten, dass sie aus dem Koma erwacht war und es ihr soweit gut ging, dass die schweren Verletzungen endlich geheilt waren und sie das Krankenhaus verlassen konnte. Er wünschte es sich. Bisher war sein Wunsch allerdings nicht in Erfüllung gegangen, denn Elizabeth lag nach wie vor im Koma und niemand konnte sagen, wann genau sie wieder aufwachen würde. Es konnte gleich heute geschehen, in einem Monat, einem Jahr oder vielleicht auch nie.
Statt das Bild wieder zurück auf den Schreibtisch zu stellen, legte er es vorsichtig in den Karton, der neben ihm stand. Dort würden all ihre Sachen landen, denn das Büro musste geräumt werden. Für den neuen Leiter von Atlantis - Samantha Carter.
Nachdem Elizabeth zur Erde gebracht worden war, hatte er vorübergehend ihre Position als Leiter von Atlantis übernommen. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass dieser Zustand nicht lange anhalten würde und genau diese Vermutung hatte sich nun bewahrheitet. Vor zwei Tagen war er vom Stargate Center informiert worden, dass Carter die Leitung von Atlantis übernehmen und das Expeditionsteam leiten würde, solange Elizabeth nicht zur Verfügung stand.
Ihm gefiel das Ganze nicht. Er mochte Carter, sie war ein fähiger Soldat und auch menschlich konnte man ihr nichts vorwerfen, dennoch hatte er das unwohle Gefühl, dass Carter Atlantis ganz anders leiten würde als Elizabeth es zu tun gepflegt hatte.
Die beiden waren einfach zu verschieden, Carter war dem Militär unterstellt, während Elizabeth Zivilistin war. Er wusste, wie sehr die Meinungen eines Soldaten und einer Zivilistin auseinander gehen konnten, er hatte es oft genug mit Elizabeth erlebt. Trotz der Meinungsunterschiede hatten sie sich sehr gut ergänzt und bei Carter gab es in seinen Augen nichts zu ergänzen, da sie, wie er selbst, dem Militär zugehörig war.
Wie auch immer er es drehte, es fühlte sich nicht richtig an, dass er nun hier stand und Elizabeths Sachen wegräumte, damit Platz für Carters Sachen waren.
Er war flexibel, er konnte sich auf neue Situation eigentlich gut einstellen und hatte gegen manche auch nichts einzuwenden, aber sich an diese neue Veränderung zu gewöhnen fiel ihm schwer. Selbst die Reise nach Atlantis und die Erkenntnis, dass es außerirdischen Leben gab, hatten ihn nicht so verunsichert und getroffen wie nun Elizabeths lebensgefährlicher Unfall. Er hatte schlicht und einfach nicht damit gerechnet.
Er wusste, dass er erst einmal alles auf sich zukommen lassen sollte, erst einmal abwarten, wie sich alles regeln würde, immerhin bestand die Chance, dass Carter sich an Elizabeths Leitungsstil orientierte und diesen dann auch übernahm und umsetzte. Es bestand die Chance, dass Elizabeth wieder aufwachte und nach einer guten Rehabilitation ihren Posten zurückbekam.
Ihm war allerdings klar, dass diese Chance nicht sehr hoch war, denn vielen Regierungsbeamten war Elizabeth und ihre zivilistische Leitung schon immer ein Dorn im Auge gewesen und Carter stand mit ihrem militärischen Hintergrund bei der ein oder anderen Person deutlich höher in der Gunst. Es würde nicht allzu leicht werden Elizabeth zurückzubekommen, falls sie aufwachen sollte und auch noch in der Verfassung war, diesen Posten zu leiten, ganz zu Schweigen von ihrer Bereitschaft dazu.
Ihm wurde bewusst, dass er sich wieder einmal zu viele Sorgen machte. Statt nachzudenken sollte er etwas optimistischer in die Zukunft schauen, auch wenn es schwer war. Er schüttelte leicht den Kopf und verdrängte die Gedanken, rief sich ins Gedächtnis, dass er hier war, um Elizabeths Sachen wegzuräumen und nicht um über Carter oder sonst jemanden nachzudenken.
An der Wand hing noch immer Elizabeths Holzmaske, die auch ihm gefallen hatte - eine der wenigen Dinge, die Elizabeth zur Schau stellte und die ihm zusagte, der Rest war einfach nicht sein Geschmack - und er nahm sie herunter.
Sie verschwand in den Weiten des Kartons, gefolgt von einer Schale und einem kleinen, alten Kerzenständer.
Vielleicht würde Elizabeth all diese Dinge wieder auspacken, aufhängen und hinstellen können. Wenn sie nur aufwachte und weitestgehend gesund war, wenn sie dann auch noch den Willen hatte, um Atlantis zu leiten und vor allem, wenn sie dann auch ihren Posten zurückerlangen konnte … wenn sie schlicht und einfach zurück nach Atlantis kam.

~ ENDE ~