Not enough by Lenari
Summary: Jack bekommt Daniel zurück und erhält eine zweite Chance, ihm zu sagen, wie leid ihm alles tut und dass es nie wieder vorkommen wird. Leider sieht Daniel das anders, als er sich endlich wieder an das Erlebte erinnert. Der Streit entfacht von neuem und es gibt nur noch eine Chance, ihre Liebe zu retten…
(Fortsetzung der FanFiction: Love hurts)
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1)
Genre: PoV, Romance, Slash, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 13352 Read: 1767 Published: 29.04.14 Updated: 29.04.14
Story Notes:
(Fortsetzung der FanFiction: Love hurts)

1. Kapitel 1 by Lenari

Kapitel 1 by Lenari
Not enough


(Fortsetzung der FanFiction: Love hurts)


Es war spät. Draußen herrschte absolute Finsternis. Im Haus selbst war es ebenfalls dunkel, was Jack jedoch nicht daran hinderte, immer wieder von einer Seite des Schlafzimmers zur anderen zu tigern. Ansonsten war es totenstill in dem kleinen Haus, denn auch O’Neill war eher lautlos unterwegs. Nichtsdestotrotz konnte ich ihn hören. Auch ich war nicht in der Lage, zu schlafen. Es erschien alles so ungewohnt, so anders, als wäre es nicht so, wie es eigentlich sein sollte. Es gab so vieles, dass ich nicht mehr wusste, was ich noch nicht richtig verstand, dass mir Unbehagen bereitete. Ich konnte einfach noch nicht begreifen, dass so mein bisheriges Leben ausgesehen hatte.

Wenn man mal von halben Selbstmordmissionen absah, blieben da immer noch Reisen zu anderen Planeten, inter-galaktische Verhandlungen mit anderen Rassen und Völkern und natürlich all die neuen Erkenntnisse, die man aber niemandem mitteilen dufte. Das war wohl das Schwerste an diesem Job. Jeden Tag passierten Dinge auf diesem Plane-ten, die einem lächerlich und unwichtig vorkamen, wenn man das Große und Ganze begriff, so wie ich es tat - getan hat-te. Auseinandersetzungen unterschiedlicher Völker wurden noch unsinniger, wenn man bedachte, gegen wen man viel eher kämpfen sollte. Am Liebsten hätte ich damit nicht hinter den Berg gehalten, aber ich wusste auch, dass mir eh nie-mand glauben würde.

Es war ja auch viel zu verrückt. Ein Tor, dass es einem ermöglichte, zu anderen Planeten zu reisen. Außerirdische mit glühenden Augen und andere, die einem schlechten Science-Fiction-Streifen hätten entsprungen sein können. Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, ich hätte mir wohl selbst nicht geglaubt. Ich wusste, die Erinnerungen würden zurückkehren, aber bis dahin musste ich mich erst noch einmal neu an die ganze Sache gewöhnen. Jack schien es auch nicht leicht zu fallen, zu akzeptieren, dass ich wieder da war. Ich war mir sicher, dass er sich freute, aber ir-gendetwas schien ihn dennoch zu beschäftigen. Wenn ich nur wüsste, was das war?

Ich würde es wohl nie erfahren, wenn ich ihn nicht fragte. Zumindest im Moment konnte er mir jedenfalls nicht ent-kommen. Er könnte mich hinauswerfen, sicher, aber ich denke nicht, dass er das tun würde. Sam würde ihm das wohl nicht verzeihen. Außerdem war es eine gute Gelegenheit, ihm ein paar Fragen zu stellen, auf welche ich immer noch keine Antwort hatte. Zum Beispiel, was in den letzten Tagen vor meinem Aufstieg vorgefallen war. An mir nagte das un-gute Gefühl, dass da etwas gewesen sein musste, aber mir wollte es einfach nicht einfallen.

Zögernd erhob ich mich und schlurfte auf den Flur. Laut genug, dass er mich hörte, aber dennoch so leise, dass er mich ebenso ignorieren könnte, wenn er wollte. Schleichend langsam, um ihm die Möglichkeit zur Flucht zu lassen. Er tat es nicht. Im Gegenteil. Er kam aus dem Schlafzimmer und machte in der Küche Licht. Einen Moment brannte die Hellig-keit in meinen Augen, so dass ich sie zusammenkneifen musste, doch dann gewöhnten sie sich langsam daran. Jack schien es ähnlich zu gehen, denn auch seine Augen hatten sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt gehabt. Wir sprachen nicht, während wir uns nur abwartend anstarrten und uns gegenüber an den Tisch setzten.

„Noch wach?“, brach Jack endlich das Schweigen. Ich war froh darüber, denn ich hatte nicht anfangen wollen. Ir-gendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass man ihm bei Gesprächen jeglicher Art den Vortritt lassen musste, damit überhaupt etwas Vernünftiges dabei heraus kam.

„Kann nicht schlafen.“, antwortete ich deswegen nur und zuckte mit den Schultern. Was hätte ich auch anderes sa-gen sollen, schließlich entsprach es doch fast der Wahrheit.

„Konntest du nie.“, erwiderte Jack lapidar und schenkte mir ein leichtes Lächeln, das jedoch irgendwie verkrampft - sogar aufgesetzt - wirkte, so als würde ihm etwas schwer auf der Seele lasten. Sicher hatte es mit mir zu tun, denn er war nur zu mir so komisch. Ich wollte ihn erst fragen, entschied mich dann aber doch dagegen. Vielleicht war es besser so. Wenn es wirklich wichtig war, würde er es schon irgendwann erzählen. Ich auszuquetschen, wäre sicher der falsche Weg. Er wirkte auf mich nicht wie jemand, der frei von der Leber weg über seine Gefühle sprach. Zumindest nicht, soweit ich mich erinnerte.

Also versuchte ich, das Gespräch irgendwie in Gang zu halten und entgegnete skeptisch: „Wirklich? Ich erinnere mich nicht.“

„Das kommt noch.“ Musste man ihm denn alles aus der Nase ziehen? War er eigentlich allgemein so einsilbig oder redet er nur mit mir nicht vernünftig? Ich hatte schon etwas mehr als das erwartet. Etwas, das mir half, ich wieder an al-les zu erinnern, vielleicht. Eine Anekdote, zum Beispiel, oder auch nur eine Andeutung einer früheren Situation, die zu dieser Annahme gehörte. Irgendetwas Greifbares. Wieso konnte Jack sich nicht einfach für mich erinnern?

„Es gibt noch so viele Lücken, besonders in den letzten Tagen vor meinem Aufstieg.“, versuchte ich es auf eine an-dere Weise. Irgendwie musste ich ihn doch aus der Reserve locken und ihn dazu bringen können, mir dabei zu helfen, mich an Ereignisse zu erinnern, die vor meinem Weggang passiert waren. An meine Frau und ihren Tod erinnerte ich mich ja bereits, auch einiges aus meiner Kindheit und Jugendzeit war bereits in mein Gedächtnis zurückgekehrt, aber ich wollte alles erfahren - schmerzvoll oder nicht. Ich konnte doch nicht warten, bis es von allein zurückkehre. Soviel Zeit konnte ich mir selbst nicht zugestehen.

„Benutze dieses Wort bitte nie wieder.“, lenkte O’Neill ein. Eines war mir bereits jetzt klar geworden: Sarkasmus war seine Art der Flucht. Es gab da definitiv etwas, dass er mir partout nicht sagen wollte. Es musste doch aber irgendwie aus ihm herauszukitzeln sein. Dennoch sträubte sich ein gewisser Teil in mir dagegen, genau das zu tun.

Ich ging also auf das Spielchen ein und meinte grinsend: „Ich habe euch wohl sehr gefehlt. Sam meinte auch schon so etwas Ähnliches.“

„Klopfe dir nicht zu sehr auf die Schulter, wir hatten guten Ersatz für dich.“, wandte Jack sofort ein. Gefühle schienen wirklich nicht sein Ding zu sein und in Gesprächen waren sie anscheinend so etwas wie ein Tabuthema bei ihm.

„Bin ich denn für euch einfach so zu ersetzen?“, versuchte ich ihn mit dieser Frage aus der Reserve zu locken, aber auch das wollte mir nicht wirklich gelingen.

„Das nicht, aber einen Versuch war es wert.“

Er war wirklich eine harte Nuss.
~~~~~~~~~~

Ich spielte schon eine Weile mit dem Gedanken, Daniel einfach reinen Wein einzuschenken und das Risiko einzuge-hen, dass er auf Ewig wütend auf mich sein würde. Aber jetzt, wo er vor mir stand, brachte ich es einfach nicht über mich. Was würde er wohl denken? Über mich, über ihn, die art unseres Zusammenseins? Wie würde er reagieren? Das war wirklich nichts, was man eben mal nebenbei erwähnte und dann nahtlos zu einem anderen Thema überwechselte. Allein die Worte sollten gut überlegt sein, auch der Zeitpunkt und all die kleinen Dinge - die Türen und Fenster zu verrie-geln, zum Beispiel.

Ich konnte ja schließlich nicht einfach sagen: Ach übrigens, ich habe dir das Herz gebrochen und dich wie Ab-schaum behandelt. Aber du verzeihst mir doch sicher, nicht wahr. Lass uns ein Bier trinken und da weitermachen, wo wir vor deinem Tod aufgehört haben, in Ordnung? Aber er würde es sicher wissen wollen. Er merkte doch bereits, dass etwas nicht stimmte, dass ich mich ihm gegenüber merkwürdig verhielt. Er hatte einen siebten Sinn für so etwas. Bis jetzt hatte ich mich erfolgreich drücken können, doch das würde mir sicher nicht mehr sehr lange gelingen. Vielleicht noch diesen Abend, aber irgendwann würde er sich von selbst wieder daran erinnern.

Außerdem musste ich mich sowieso schon zusammenreißen, um ihn nicht einfach fest in eine Umarmung zu ziehen und ihn zu erdrücken, so sehr freute ich mich darüber, dass er wieder bei mir war. Daniel war zu mir zurückgekehrt - zu uns - ich konnte das doch nicht sofort wieder zerstören? Aber auf lange Sicht gesehen, würde genau das geschehen. Ich hatte aber eine zweite Chance erhalten und ich sollte sie nicht verschwenden. Ich sollte es genießen, solange es dauer-te. Aber sobald ich ihm von unserer Verbindung erzählen würde, wäre dieses Glück auch vernichtet. Leider ließ mich das Gefühl nicht los, dass genau das geschehen würde. Sollte er es dann nicht doch lieber aus meinem Munde hören, als sich irgendwann selbst wieder daran zu erinnern?

„Ich hoffe, ich kann mich bald wieder an alles erinnern.“, meinte Jackson nachdenklich. Er wirkte irgendwie traurig. Sicherlich wollte er, dass ich ihm half, sicher wieder an alles zu erinnern. Doch jede noch so ferne Erinnerung brachte ihn näher an die letzten Wochen vor seinem Aufstieg. Und genau diese Tage waren es, dir mir Angst machten. Ich fürch-tete mich so sehr, ihn wieder zu verlieren, dass ich ihm diesen Wunsch unmöglich heute Nacht erfüllen konnte.

„Das hoffe ich auch.“, log ich deshalb, auch wenn ich es nicht wollte. In Gedanken fügte ich hinzu: Solange du dass mit dem Sex insoweit verdrängst, dass ich mich wie ein kompletter Vollidiot aufgeführt habe. Genau diese Erinnerung könnte meinetwegen nie wieder in sein Bewusstsein zurückkehren. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, ich würde mir ge-nau diese Momente wegwünschen, als wären sie nie passiert, als hätte ich ihm das nie angetan. Noch waren wir Freun-de, aber das würde sich dann sicher sehr schnell ändern.

Einen Augenblick sahen wir uns nur an, weil keiner von uns wusste, was er noch sagen sollte. Erneut überkam mich das Verlangen, ihn fest an mich zu drücken. Ich vergrub meine Hände noch tiefer in meiner Jogginghose - ballte sie zu Fäusten. Es war so unendlich schwer, ihm so nahe zu sein und ihn dennoch nicht auf die Weise berühren zu dürfen, wie ich es gerne wollte. Er war da - stand mir genau gegenüber - doch trennte uns auch eine unsichtbare Mauer. Eine Mau-er, die ich selbst mit meinem Schweigen errichtet hatte, die aber auch nicht einreißen würde, wenn ich ihm alles erzählte. Sie würde nur durch eine neue, unüberwindbarere ersetzt werden. Diese Sache stand immer noch zwischen uns, selbst jetzt, wo er sich nicht einmal daran erinnerte. Wenn ich die Zeit doch nur zurückdrehen könnte, dann würde ich…

„Ich sollte wohl versuchen, noch ein wenig zu schlafen.“, riss Daniels sanfte Stimme mich jäh aus meinen Gedanken.

„Ja, natürlich.“, stammelte ich, konnte mich jedoch nicht rühren. Ich war nicht müde und er schien es auch nicht zu sein, denn auch er stand weiterhin wie angewurzelt in meinem Wohnzimmer, wippte leicht auf und ab und sah mich ein-fach nur abwartend an. Daniel wirkte irgendwie verloren. Ich wollte ihn nicht allein lassen, wenn er das nicht wollte, doch fragen würde er mich sicher nicht. Diese Entscheidung überließ er mir allein. Seufzend fragte ich: „Daniel, wie wäre es mit einem Tee?“

„Bier wäre mir lieber.“, erwidere er und folgte mir in die Küche. Es wunderte mich nicht sonderlich, dass er entgegen seiner Neigung ein kühles Blondes wollte. Nach all dem, was wir die letzten Tage erlebt hatten und was er alles verarbei-ten musste, war das auch keine Überraschung mehr. Zumindest konnte ich so Zeit schinden und das klärende Gespräch auf später, eventuell sogar auf morgen vertagen.

„Du hast wohl auch vergessen, dass man dich damit gefügig machen kann. Alkohol ist nicht gerade deine Stärke.“ Ich holte zwei Bier aus dem Kühlschrank, öffnete eine Flasche und reichte sie ihm dann. Den Verschluss seiner Bierfla-sche warf ich im hohen Bogen in die Abwäsche und meiner folgte nur Sekunden danach.

„Ach echt?“, meinte Jackson überrascht, zuckte dann aber gleichgültig mit den Schultern. Ich klopfte ihm aufmun-ternd auf den Rücken und setzte mich ebenfalls auf einen der Kückenstühle. „Egal, immer her mit dem Zeug.“

„Sag’ nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“

~~~~~~~~~~

Wir saßen uns gegenüber, tranken unser Bier, sprachen aber kein Wort miteinander. Langsam aber sicher wurde die Stille zwischen uns unangenehm. Ich merkte genau, dass er mir etwas verschwieg, doch ich konnte nicht einmal erah-nen, was es war. Das einzige Indiz war das ungute Gefühl in der Magengegend, dass nicht weggehen wolle. Jacks Au-gen waren so voller Schuld und Trauer - irgendwie rastlos und stumpf. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass irgendetwas Wichtiges passiert war. Nichts Schlechtes, aber auch nichts Gutes. Eine komische Mischung aus himmelhoch Jauch-zend und zu Tode berügt. Wenn er s mir nur endlich sagen würde. Ich nahm aber nicht an, das heute Nacht noch etwas aus ihm herauszulocken wäre.

Auf eine Art wollte ich es auch gar nicht erfahren. Es würde sicher Vieles verändern, sich in unsere Freundschaft drängen und sich zwischen uns stellen. Vielleicht tat es das auch bereits. Für heute hatte ich auch bereits genug Hiobs-botschaften vernommen, an den ich immer noch zu knabbern hatte. Eine weitere wäre sicher nicht das Beste für meinen Verstand. Ich glaubte ja jetzt schon, langsam aber sicher verrückt zu werden. Außerirdische und Reisen zu anderen Pla-neten - das allein klang schon so vollkommen absurd, dass ich mich selbst für verrückt hielt, weil ich überhaupt daran glaubte, dass es der Wahrheit entsprechen könnte.

Dennoch erschien es mir richtig, überhaupt irgendetwas zu sagen, also sprach ich das erstbeste aus, was mir in die-sem Moment durch den Kopf ging: „Ich fühle mich irgendwie unwohl.“

„Jetzt schon mit durch?“, fragte Jack spöttisch. Er nahm noch einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche.

„Nein, das ist es nicht. Dieses Haus, deine Gegenwart, das ist alles irgendwie komisch. Als wäre hier etwas passiert, an das ich mich eigentlich erinnern müsste, aber ich kann es nicht.“, versuchte ich meine Gedanken in Worte zu fassen. Ich wusste schon jetzt, dass mir eine ehrliche Antwort sicher nicht gefallen würde.

„Soll ich vielleicht gehen.“, wich O’Neill meiner Andeutung gekonnt mit einem schlechten Scherz aus. Vielleicht sollte ich es vorerst dabei belassen, aber es ließ mich einfach nicht los. Es nagte hartnäckig an mir, ließ die ganze Situation ir-gendwie falsch und unwirklich erscheinen. Ich musste mich nur entscheiden, ob ich es wissen wollte oder nicht, und da-nach handeln.

„Was ist hier geschehen, Jack?“, fragte ich gerade heraus, bevor ich meine Entscheidung noch einmal überdenken konnte, und hoffte auf eine ehrliche Antwort von ihm.

„Ja.“, erwiderte Jack knapp. Er überlegte kurz, bevor er weiter sprach: „Vor deinem… ‚Urlaub’ haben wir uns ziemlich heftig gestritten. Ich habe mich mal wieder wie der letzte Vollidiot aufgeführt und dir damit ziemlich wehgetan.“ Ich ver-suchte mich an die Zeit zu erinnern, aber dieser Teil der Vergangenheit lag immer noch im Dunkeln. Der Nebel wollte sich einfach nicht lichten. Ich musste noch mehr erfahren. Es war also nichts Erfreuliches gewesen. Das erklärte zumin-dest Jacks schlechtes Gewissen. Aber seine Antwort war undeutlich genug gewesen, dass ich immer noch keine Ah-nung hatte, worum es in unserem Streit nun eigentlich wirklich ging.

„Kommt mir fast so vor, als würden wir uns öfter in die Haare kriegen.“ O’Neill zuckte mit den Schultern, nahm noch einen Schluck von seinem Bier und leerte die Flasche ganz. Ich tat es ihm gleich. Der herbe Geschmack der kühlen Flüssigkeit legte sich auf meine Zunge, vermischte sich mit etwas, das mir zwar wage bekannt vorkam, das ich aber nicht zuordnen konnte. Ein Geschmack, an den ich mich deutlich erinnerte - irgendwie süß und salzig gleichzeitig.

Ein eigenartiges Durcheinander, der meinen Körper zum Kribbeln brachte. Es weckte die Vorfreude auf etwas, wo-nach mein Körper verlangte und es hatte etwas mit Jack zu tun. Das ungute Gefühl in mir ließ nicht nach, doch es gesell-te sich eine wohlige Wärme hinzu, die im Gegensatz zu den kalten, schmerzvollen Empfindungen stand, die ich noch vor Minuten verspürt hatte. Jacks nächste Worte rissen mich jäh aus meinen Gedanken.

„Kann man schon sagen, aber das war anders. Du hast nicht einmal mehr mit mir reden wollen. Etwas, dass sonst nie passiert ist.“, erwiderte er. So ernst war es also. Das half mir aber immer noch nicht weiter.

„Dann hast du wohl wirklich Mist gebaut, was?“, fragte ich nachdenklich nach. Jetzt brauchte ich nur noch den Grund, aber diesen würde ich aus ihm sicher nicht so einfach herauskriegen. Einmal ausgesprochen würde er ihn nicht mehr zu-rücknehmen können. Etwas, wovor wir uns beide fürchteten. Ich sah genau, wie unbehaglich er sich fühlte, wie schwer es ihm fiel, mit mir darüber zu reden. Aber es musste sein, das wussten wir beide. Dennoch nutzte er jede Möglichkeit, sich vor einer klaren Antwort zu drücken.

O’Neill versuchte, sich zu erklären: „Ich möchte dir gerne erzählen, was es war, aber ich bin nicht sicher…“, wurde jedoch von mir unterbrochen.

„Vergiss es. Was es auch war, es ist Vergangenheit. Außerdem will ich im Moment keine schlechten Neuigkeiten hö-ren. Die letzten Tage haben mir, ehrlich gesagt, gereicht.“, lenkte ich ein. Plötzlich wollte ich es nicht mehr unbedingt wissen. Eine unerklärliche Angst hatte mich ergriffen und ließ mich nicht mehr los. Ich wollte heute Nacht nicht mehr mit ihm streiten und genau dazu hätte dieses Gespräch unweigerlich geführt. Es lief doch gerade so gut zwischen uns. Au-ßerdem überkam mich erneut dieses unbehagliche Gefühl, dass ich immer dann besonders heftig verspürte, wenn ich ihn ansah, wenn ich in seine traurigen Augen sah, in sein schuldbewusstes Gesicht.

Alles bekam irgendwie eine sexuelle Komponente. War ich etwa in ihn verliebt? Nein, das sicher nicht. Er war Jack, wir waren Freunde, nicht mehr, oder? Dennoch ließ mich das Gefühl nicht los, dass wir uns näher gewesen waren, als es gut für uns war. Aber was genau passiert war, wollte ich nicht wissen. Nicht heute Nacht. Insgeheim hoffte ich sogar, dass ich mich nie daran erinnern würde. Dann könnten wir mit diesem schmerzvollen Kapitel abschließen und noch ein-mal ganz von vorn anfangen. Ich wollte endlich glücklich werden.

„Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du das anders sehen wirst, wenn du dich erst einmal daran erinnerst, deswegen möchte ich, dass du mir wenigstens die Chance einräumst, mich zu erklären, wenn du dich wieder daran er-innern solltest. Versprichst du mir das?“, entgegnete Jack wissend. Flehend sah er mich an. Nur dieses Versprechen wollte er von mir. Doch konnte ich es ihm ohne weiteres geben?

„Ich versuche es, OK.“, antwortete ich ehrlich nickend, hakte dann aber doch noch ein: „Ich weiß ja schließlich nicht, worum es geht, und ob ich deine Entschuldigung auch wirklich hören will.“

„Damit kann ich leben.“

~~~~~~~~~~

Wieder herrschte Schweigen, diesmal nicht mehr ganz so unangenehm wie noch vor einigen Minuten. Noch immer hatte ich das Gefühl, dass ich es ihm sagen sollte, doch das vertagte ich doch lieber auf ein anderes Mal. Er wollte es eh nicht mehr hören, auch wenn er zuerst so darauf bestanden hatte. Er hielt es wohl auch einfach für zu spät, solch ein Thema zu besprechen, zumal er um diese Uhrzeit schlecht vor mir flüchten konnte. Aber Schlaf würde ich heute Nacht sicher nicht mehr finden und das wollte ich auch gar nicht. Ich hatte Daniel gerade erst wiederbekommen und wollte ihn am Liebsten nicht mehr aus den Augen lassen, aus Angst, er könnte einfach wieder verschwinden, dass ich aufwachte und alles wäre nur ein Traum gewesen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.

„Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend?“, fragte ich, um die angespannte Situation aufzulockern, ein-fach die Stille zu durchbrechen. Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln und versuchte es nicht gequält aussehen zu las-sen.

„Du meinst wohl eher morgen.“, berichtete Daniel mich. Einiges änderte sich wohl nie. Er hielt mir seine leere Bierfla-sche entgegen und fragte: „Wie wäre es mit noch einem Bier?“

„Klingt gut.“ Genau das konnte ich nach solch einem Gespräch auch gebrauchen. Ich nahm ihm die Flasche ab und holte zwei neue aus dem Kühlschrank. Als ich Daniel wieder in die Augen sah, erkannte ich, dass er bereits leicht ange-trunken war. Er gähnte herzhaft und seine Augen waren glasig. Nicht mehr lange und, ich war mir da sicher, sein Gesicht würde eine leichte Röte annehmen. Irgendwie wirkte er abwesend, als wäre er in seiner eigene Welt und hätte meine Gegenwart sowie seine Umgebung bereits vollkommen vergessen.

Wäre nicht das erste Mal, aber diesmal schien er nicht in Gedanken versunken zu sein, eher erschien er mir froh - richtig glücklich, als würde er sich an etwas Schönes erinnern. Ich freute mich für ihn. Nach all den schlechten Nachrich-ten, war etwas Positives nicht das Schlechteste. Ich stelle die Flaschen auf dem Tisch ab und setzte mich ihm wieder gegenüber - starte Daniel eine ganze Weile einfach nur an. Zumindest solange, bis er in die Realität zurückkehrte, mich wieder direkt ansah und seine Stirn grübelnd in Falten legte.

Er wollte gerade etwas sagen, doch ich kam ihm mit meiner Frage zuvor: „Alles in Ordnung?“ Daniel zuckte mit den Schultern. Er wirkte verwirrt. Oder doch eher überrascht?

„Ja, ich habe mich da nur gerade an etwas erinnert.“, erwiderte er nachdenklich.

„Darf ich erfahren, an was?“ Ich schob ihm das Bier hinüber und er nahm einen kräftigen Schluck. Ich wartete. Jack-son schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob er es mir sagen sollte, oder nicht. Wie er auch entschied, ich würde es ver-stehen. Ich selbst konnte ihm auch nicht alles erzählen, auf jeden Fall wollte ich es nicht unbedingt. Schon gar nicht die Sache mit uns und bis jetzt wollte er es auch gar nicht wirklich wissen.

„Etwas über uns.“, meinte Daniel schließlich. „Es kam mir aber nicht vor, als würden wir uns streiten.“

„Du glaubst gar nicht wie merkwürdig das manchmal zwischen uns ausgesehen hat. Na ja, eigentlich warst du ja da-bei.“, witzelte ich. Ich fühlte mich auf einmal seltsam unwohl. Es war eine Art Vorahnung, ein Gefühl als wüsste ich, wo-von er sprach. Ich hoffte jedoch, dass er nicht das meinen würde. Wenn er sich erst einmal an unsere gemeinsame Zeit erinnern würde, dann auch sehr bald an meinen Idiotismus, unseren Streit und die Tatsache, dass er mir wohl nie ver-zeihen würde, dass ihm so unsagbar wehgetan hatte. Dabei wollte ich unsere Freundschaft doch erhalten.

Daniel bedeutete mir alles, das wusste ich jetzt, aber mir war auch bewusst, dass ich ihn wohl nie bekommen würde. Nicht so, wie ich es gerne hätte. Doch die Freundschaft zu ihm wollte ich unbedingt erhalten. Ich hatte lang genug auf ihn verzichten müssen - nicht noch einmal würde ich ihn einfach so gehen lassen. Ich würde nicht zulassen, dass wir ihn erneut verloren, egal auf welche Weise. Ich liebte ihn so sehr, dass ich ihn aufgeben würde, wenn er nur in unserem Team blieb. Lieber sah ich ihn jeden Tag und konnte ihn nicht berühren, als ihn nie wieder zu sehen oder als ein Frem-der an ihm vorübergehen zu müssen.

„Ich meine, es hat sich nicht so angefühlt. Mehr wie das hier.“ Er zog mich am Nacken halb über den Tisch und presste seine Lippen verlangend auf die meinen. Ich war so überrascht, dass ich gar nichts tat. Ich wusste ja nicht ein-mal, ob ich den Kuss erwidern oder Daniel dazu bringen sollte, aufzuhören. So schwer es mir auch fiel, ich entschied mich letztendlich für das Zweite.

„Daniel.“, sagte ich entschieden, als ich es endlich geschafft hatte, ihn auf Abstand zu halten. Ich sah ihn einfach nur viel sagend an und er setzte sich wieder auf seinen Platz. Er wirkte verunsichert und ich musste mich zusammenreißen, um nicht meinerseits über ihn herzufallen. In diesem Moment erschien mir diese Art von Intimität einfach nur heuchle-risch und unmoralisch.

„War das falsch?“, fragte Jackson irritiert. Er wagte es nicht, mich anzusehen. Irgendwie erzeugte er den Eindruck, hilflos und verletzlich zu sein, auch wenn ich wusste, dass er das nicht wirklich war. Dennoch hätte ich ihn am Liebsten in die Arme geschlossen und nie wieder losgelassen, aber ich wusste genau, dass das der falsche Weg gewesen wäre. Wir durften nicht zulassen, dass wir alles auf einmal geschehen ließen. Besser war es, alles langsam angehen zu las-sen. Ein Schritt nach dem anderen. Keiner von uns sollte mehr verletzt werden und jede übereilte Entscheidung würde genau darauf hinauslaufen.

„Nein… doch… Ach, ich weiß auch nicht. Du hast mich wohl einfach überrumpelt.“, stammelte ich vor mich hin. Es fiel mir so unglaublich schwer, mich zusammenzunehmen und standhaft zu bleiben. Ich konnte mir nicht einfach neh-men, wonach alles in mir verlangte, was ich so sehr brauchte, auch wenn Daniel mir gerade genau das angeboten hatte. Es wäre ihm gegenüber nicht fair gewesen. Ganz und gar nicht.

„Hat es dir nicht gefallen?“, hakte Jackson verwundert nach. Er legte die Stirn in Falten, wie immer, wenn er ange-strengt nachdachte oder mich zu verstehen versuchte und es ihm nicht wirklich gelang. Nicht gefallen? Was war das für eine blöde Frage? Natürlich! Am Liebsten hätte ich nie wieder damit aufgehört, aber so einfach war das nun mal nicht.

Ich erwiderte stockend: „Natürlich. Ich mag es, so von dir überfahren zu werden, es ist nur… es ist kompliziert.“ Ein besseres Wort fiel mir nicht ein. Nichts in meinem Leben oder in der Beziehung zu Daniel war je einfach gewesen. Ir-gendetwas war immer falsch gelaufen, hatte nicht funktionieren wollen, wie wir es gerne gehabt hätten, oder hatte dazu geführt, dass wir grundsätzlich unterschiedlicher Meinung gewesen waren. Wieso hätte es ausgerechnet diesmal anders sein sollen?

„Können wir es vielleicht wiederholen?“, wollte Daniel hoffnungsvoll wissen. Jetzt sah er mich auch wieder an und seine wundervoll blauen Augen strahlten soviel Wärme aus, dass ich mich hätte in ihnen verlieren können.

„Du bist betrunken, Daniel. Das wäre im Moment wahrscheinlich keine gute Idee.“, versuchte ich ihn sanft aber be-stimmt zur Vernunft zu bringen. Hoffnungslos. Der Alkohol entfaltete bereits seine volle Wirkung.

„Also, ich finde schon.“, erwiderte er unbeeindruckt. Für vernünftige Argumente war er heute Nacht wohl nicht mehr zugänglich. Da musste ich wohl zu drastischeren Maßnahmen greifen.

„Da spricht eindeutig er Alkohol aus dir. Komm, Spacemonkey, wir bringen dich ins Bett.“ Ich erhob mich und reichte ihm die Hand. Jackson ergriff sie und ließ sich von mir auf die Beine ziehen. Kaum das er stand, schmiegte er sich an mich. Ich versuchte angestrengt, nicht seinen betörenden Duft einzuatmen, um die Kontrolle über mich nicht zu verlieren.

Samtweich fragte Daniel: „In deines?“ Ich schüttelte entschieden den Kopf, konnte mir ein leichtes Lächeln aber nicht verkneifen. Ich drückte ihn auf Armeslänge von mir fort, do dass ich ihn ansehen konnte. Wenigstens war er zu betrun-ken, um den Schlafzimmerblick wirkungsvoll hinzubekommen, den er gerade einzusetzen versuchte. Der hätte mich si-cher schwach gemacht.

„Übertreib’s nicht.“

~~~~~~~~~~

Ich spürte seine Lippen auf den Meinigen. Ich erwiderte den Kuss, intensivierte unseren Körperkontakt. Ein Gefecht unserer Zungen begann, wir kämpften um die Vorherrschaft, während sich unsere Hände selbstständig machten. Ich verspürte das ungeheure Verlangen nach seinen Lippen, seinen starken Händen, seinem muskulösen Körper und seiner Art, mich auf eine Weise zu stimulieren, wie es nie ein Mann zuvor vermocht hatte. Ich konnte nicht mehr von ihm los-kommen. Er hatte mich in seinen Bann gezogen und hielt mein Herz nun fest im Griff. Jack drückte mich gegen den Kü-chenschrank, während er verlangend meine Hose öffnete. Mein Hemd war bereits vor einiger Zeit auf dem Boden gelan-det.

„Jack.“, brachte ich unter seinen heftigen - fast schmerzenden - Küssen hervor. „Schlafzimmer… Bett…“ Er schüttelte nur den Kopf, während er mir die Hose samt Shorts von den Hüften zog. Ich stöhnte auf, als mein steifes Glied den fes-ten Stoff seiner Shorts streifte und sich daran zu reiben begann. Auch er hatte bereits eine beträchtliche Erektion. Ich versuchte es erneut, als seine Lippen zu meinem Hals wanderten: „Jack… Bett… Jetzt…“ Er presste seinen Unterleib enger an meinen, verringerte den Abstand zwischen uns und ließ seine Hand zwischen meine Lenden wandern, um sei-ne Finger meine Hoden necken zu lassen. Ich sog scharf die Luft ein.

„Hier!“, raunte er unmissverständlich in mein Ohr und duldete auch keine Widerworte mehr. Ich konnte nur unmerk-lich nicken. Ich wollte ihm sein Muskelshirt abstreifen, doch er hinderte mich daran, indem er einfach meine Handgelenke packte und über meinem Kopf verschränkte. Sie stießen gegen die höher gelegenen Schränke und wurden dort von ihm fixiert. Mit einer Hand hielt er mich im Griff, mit der anderen langte er nach dem Speiseöl. Er hatte das Öl erreicht und goss es sich nun großzügig über die Hand. Meine Gelenke hatte er losgelassen, aber ich rührte mich nicht.

„Umdrehen!“, befahl er mir mit rauer Stimme und ich gehorchte. Es war instinktiv gewesen, so als hätte ich keine an-dere Wahl gehabt. Kaum hatte ich ihm den Rücken zugewandt, zog er meine Hüften zu sich heran und drang ohne wei-tere Vorwarnung mit dem Finger in mich ein. Ich keuchte, versuchte mich zu entspannen, während sich ein zweiter hin-zugesellte. Ich schloss die Augen, versuchte mich darauf zu konzentrieren, was er tat und mich gleichzeitig darauf einzu-richten, was noch folgen würde, doch es war sinnlos.

Kaum, dass ich realisiert hatte, dass er mich mit seinen ölverschmierten Fingern auf das noch Kommende vorbereite-te, hatte er diese auch schon gegen sein vollständig erigiertes Glied ausgetauscht. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie er sich seiner Shorts entledigt hatte. Er musste es in den wenigen Sekunden getan haben, während ich ihm den Rücken zugewandt hatte. Ich spreizte die Beine noch etwas mehr und bog mich ihm entgegen. Hitze stieg in meinen Lenden auf, wie immer, wenn er mich so in Beschlag nahm, wenn wir miteinander Sex hatten.

„Jack… Bitte!“, flehte ich ihn an. Meine Erektion schmerzte bereits unter dem Druck, der sich darin aufbaute. Ich woll-te, dass er mir Erleichterung verschaffte, so wie er es bei sich vollführte. Er griff mit der freien Hand nach vorne und um-fasste mein Glied. Seine Hand war immer noch von Öl verschmiert, fühlte sich warm und glitschig an. Ich stöhnte auf, als er begann, sie auf und ab zu bewegen. Diese Tortour würde ich nicht lange durchhalten, soviel war sicher. Ich würde schon bald seiner Ungeduld erliegen. Immer wieder berührte er diesen empfindlichen Punkt, wenn er tief in mich hinein-stieß. Seine Stöße ließen mich zwischen Schmerz und Entzücken schwanken. Kurz vor seinem Höhepunkt stieß Jack noch einmal kräftig zu, was mich zum Aufschreien brachte. Auch ich kam einige Sekunden nach ihm in seine Hand.


Schweißgebadet und immer noch erregt erwachte ich. Das war mehr als nur ein Wunschtraum gewesen. Das war ganz deutlich eine Erinnerung, die da zum Vorschein gekommen war. Und im Augenblick meines Erwachens wurde mir klar: Ich liebe Jack O’Neill!

~~~~~~~~~~

„Gut geschlafen?“, wollte ich wissen, als Daniel Jackson aus seinem Zimmer - also meinem Gästequartier - ge-schlurft kam. Er sah verschlafen aus und schien immer noch hundemüde zu sein. Es war gestern auch spät, na ja, eher früh geworden und bereits jetzt - die Uhr schlug gerade einmal zehn - wieder auf den Beinen. Dabei war Daniel doch da-für bekannt, ein kleiner Morgenmuffel zu sein. Zum Glück hatte Hammond uns zwei Tage frei gegönnt, damit wir uns an die neue, alte Situation gewönnen und Daniel sich akklimatisieren konnte. Es musste schließlich auch eine neue Bleibe für ihn gefunden werden, auch wenn ich persönlich es damit nicht sehr eilig hatte.

Meinetwegen könnte er auch hier wohnen bleiben. Für eine Person war diese Haus sowieso viel zu groß, auch wenn das unsere Situation nur noch verkomplizieren würde. Das würde Daniels Erinnerungsvermögen in bestimmten Sachen nur auf die Sprünge helfen und im Moment war dies das Letzte, was ich wollte. Zumal ich mich letzte Nacht davor ge-drückt hatte, ihm reinen Wein einzuschenken. Früher oder später würde es eh herauskommen, also wieso nicht gleich beenden? Diese heile Welt war doch nur ein Scheingebilde ohne Bezug zur Realität. Aber ich wusste bereits jetzt, dass ich auch das nicht könnte. Ich war einfach zu feige - hatte viel zu große Angst, ihn endgültig zu verlieren.

„Ja, irgendwie schon.“, murmelte Jackson und gähnte dann heftig. Er streckte sich kurz und folgte dann weiter seiner Nase in Richtung Kaffeemaschine, wo bereits eine Tasse auf ihn wartete.

Ich entgegnete: „Ich frage nur, weil du geschrieen hast.“ Ich war übernacht davon wach geworden, hatte mich aber selbst gezwungen, nicht nach dem Rechten sehen zu gehen. Wen es etwas Ernstes gewesen wäre, hätte er das schon gesagt. Außerdem wusste ich nicht, ob wir uns hätten beherrschen können. Ich nicht, weil ich wusste, wie es mir ihm sein konnte, und er nicht, weil er noch zu betrunken gewesen wäre. Alpträume und Alkohol waren keine hervorragende Mischung. Nichts zu tun war einfach das Sicherste gewesen. Und zugegebenermaßen auch das Einfachste.

„Ich sagte doch: irgendwie.“ Er sah mich dabei nicht an und eine leichte Röte legte sich auf sein Gesicht. Sah nicht so aus, als ob es ein Alptraum gewesen wäre. Anscheinend hatte er in seinem Traum unheimlich viel Vergnügen emp-funden und sein Schrei war eher der Ekstase als der Furcht entsprungen. Na wenigstens hatte einer in dieser Nacht noch seinen Spaß gehabt, wenn auch nur geistig. Da musste ich mir wenigstens keine Sorgen machen. Jackson nahm einen großen Schluck Kaffee und setzte sich dann zu mir an den Küchentisch.

„Verstehe.“, meinte ich nur wissend, ging aber nicht weiter darauf ein. Es schien Daniel so schon peinlich genug zu sein. Das verwunderte mich nun überhaupt nicht.

„Und du?“, wollte er von mir erfahren. Anscheinend versuchte er das Thema zu wechseln. Ich zuckte nur mit den Schultern. Wenn ich etwas geträumt hatte, dann erinnerte ich mich nicht mehr daran, aber die meiste Zeit hatte ich eh wach gelegen, an die Zimmerdecke gestarrt und mir Gedanken darüber gemacht, wie ich Daniel am Besten sagen konn-te, was für ein Volltrottel ich doch gewesen bin, noch immer war. Nichts war das Richtige gewesen.

„Aber du erinnerst dich noch an heute früh, oder?“, versuchte ich zumindest eine Sache zwischen uns zu klären. Am besten so, dass sich das erst einmal nicht wiederholte. Auch wenn es ganz und gar nicht das war, was mein Körper und Herz jetzt wollten. Mein Verstand musste dennoch die Oberhand behalten. Ich konnte nicht zulassen, dass es noch komplizierter zwischen uns beiden wurde. Es war einfach viel besser so.

„Wenn du den Kuss meinst, dann ja. Ich habe doch hoffentlich nicht noch mehr Dummheiten gemacht?“, fragte er reumütig. Das wäre für ihn dann sicherlich auch zuviel des Guten gewesen.

Ich winkte ab: „Nicht das ich wüsste.“

~~~~~~~~~~

Jack strahlte eine gewisse Anspannung aus. Leichte Augenringe zeugten von dem Schlafmangel, den auch ich deut-lich spürte. Da half aller Kaffee der Welt nichts. Der Traum ging mir immer noch nicht aus dem Kopf. Hatte sich unsere Beziehung wirklich dahingehend entwickelt, dass wir so etwas getan hatten? Waren wir uns tatsächlich körperlich näher gekommen. An dem gestrigen Kuss hatte er zumindest nicht wirklich etwas auszusetzen gehabt. Er wollte nur nicht, dass wir etwas taten, was wir später bereuen könnten. Aber wie sah es jetzt aus? Ich wollte wissen, ob es sich im Licht des Tages noch genauso gut anfühlte wie letzte Nacht.

Ich riss ihn aus seinen Gedanken: „Jack?“

„Mhm?“, war alles, was er entgegnete.

„Können wir das wiederholen?“, fragte ich ohne Umschweife. Ich wollte es unbedingt noch einmal versuchen, erneut dieses warme Gefühl spüren, mich gehen lassen und die Zeit zum Stillstand bringen. Diesmal jedoch mit seinem vorhe-rigen Einverständnis.

„Was?“, stellte er sich dumm. Er wusste genau, was ich meinte, das sah ich in seinen Augen. Er konnte mir nichts vormachen. Dennoch spielte ich dieses kleine Spielchen mit.

„Das mit dem Kuss meine ich.“ Ich blickte ihn abwartend an. Er focht mit sich selbst. War es das, was er mir nicht hatte sagen können? Das wir uns geliebt hatten? Hatte einer von uns es als Fehler angesehen? War es ihm unange-nehm gewesen? Er war Soldat. Er war Jack. So etwas kam in seiner Planung sicher nicht vor. Wahrscheinlich hatte es ihn selbst mehr überrascht als mich selbst.

„Sicher.“, meinte er schließlich etwas zögerlich. Ich rutschte auf den Stuhl neben ihn und beugte mich vor. Er tat es mir gleich. Leicht berührten sich unsere Lippen, lösten sich aber fast sofort wieder voneinander, nur um sich dann erneut zu vereinigen. Seine Hand legte sich in meinen Nacken, zog mich dichter an ihn heran. Ich spürte, wie sein Körper nach dem meinen verlangte, wie er sich nach mir sehnte. Sofort stellte sich dieses behagliche Gefühl wieder ein. Alles schien perfekt. Umso schwerer fiel es mir, ihn wieder loszulassen.

Grinsend fragte Jack, nachdem sich unsere Lippen wieder lösten: „Und, wie war ich?“

„Fantastisch.“, erwiderte ich lächelnd. Und das war noch untertrieben. Wieso hatte er mir das nicht gleich gesagt? Was auch immer sonst noch gewesen war, konnte unmöglich so schwerwiegend sein, dass ich nicht darüber hinwegse-hen konnte. Ich würde alles tun, nur um mir dieses unbeschreiblich schöne Gefühl zu erhalten. Jacks Blick wurde plötz-lich traurig und schuldbewusst. Der gleiche Ausdruck, den er auch vor einigen Stunden hatte. Was auch immer er mir gleich sagen würde, es würde diesen einmaligen Moment zerstören. Es würde alles zunichte machen. Und im Augen-blick wollte ich es nicht hören. Ich wollte ihm nur nahe sein. Alles andere war unwichtig.

„Daniel, ich muss dir unbedingt noch etwas sagen. Ich…“, begann er, doch ich unterbrach ihn stumm, indem ich ihm zwei Finger auf die Lippen legte. Entschieden schüttelte ich den Kopf.

„Ich will es nicht hören.“, sagte ich sanft, aber bestimmt. Jack wollte noch etwas erwidern, doch ich versiegelte seine Lippen mit den meinen. Ich zog ihn fest an mich. Ich hatte nicht vor, in den nächsten Stunden auch nur noch ein ernstes Wort mit ihm zu reden. Ich wollte ihn spüren, ihm nahe sein und die Welt mit ihren Problemen vergessen. Ich wollte ihn lediglich lieben und ich spürte, wie sein Widerstand schwand.

~~~~~~~~~~

„Ich wollte dir nie wehtun, ich hoffe, du weißt das, Daniel.“, sagte Jack mit bebender Stimme und sah mir wieder entgegen. Er hatte Tränen in den Augen. Vielleicht wurde es ja endlich an der Zeit, ihm alles zu sagen und klarzustellen, wie es jetzt weitergehen würde.

„Es ist doch nicht nur das. Manchmal… manchmal habe ich einfach das Gefühl, als ob ich unterdrückt werden würden. Als ob ich nichts wert wäre.“, gab ich ehrlich zurück. Wenn er verstehen wollte, warum ich ihn abwies, musste er auch er-fahren, wie es mir in seiner Nähe erging.

Jack erwiderte: „Daniel, niemand unterdrück dich.“

„Du unterdrückst mich, Jack!“, sagte ich nachdrücklich und machte mich von ihm los. Er ließ mich gewähren, auch wenn ich deutlich in seinen Augen erkannte, dass er den Kontakt zwischen uns nicht abreißen lassen wollte. Ihm war es nie aufgefallen, aber er hatte nicht nur körperlich sondern auch geistig Gewalt über mich gehabt.

„Ich tue was?“, hakte Jack aufgebracht nach und fügte starrsinnig hinzu: „Daniel, das kann unmöglich dein Ernst sein. Ich würde dir das nie antun.“ Nicht absichtlich zumindest und er hatte es nicht einmal gemerkt.

„Wieso bist du dann so? Wieso benutzt du mich einfach?“, fragte ich gerade heraus. Ich musste ihm vor Augen führen, was er getan hatte, musste ihn dazu bringen, es einzusehen.

„Ich benutze dich doch nicht.“, protestierte Jack heftig. Er wollte sich seine Schuld einfach nicht eingestehen.

„Du kommst vorbei, wann es dir passt, du fällst über mich her, wenn es dich zwischen den Fingern juckt. Und anstatt danach bei mir zu bleiben, mir zu versichern, dass es richtig war, dass es etwas Ernstes ist, verschwindest du einfach wieder. Du ziehst dich an und verlässt mich oder noch schlimmer: du wirfst mich vor die Tür. Verdammt, du hast mich danach nicht einmal angesehen, Jack!“, erwiderte ich aufgebracht.

Er senkte einsichtig den Blick, als er kleinlaut nachfragte: „War ich wirklich so schlimm?“ Er machte sich Vorwürfe, er fühlte sich schlecht. Die Wahrheit tat nun einmal weh und wir beide wussten das nur zu gut.

„Ja, Jack.“, antwortete ich mit gefasster Stimme. Ich wollte mich weder mit ihm streiten, noch ihm weiter Vorhaltungen machen - ich konnte jedoch nur ehrlich sein. „Du wolltest nicht einmal mit mir darüber reden. Du hast es einfach geleug-net, so getan, als wäre es nie passiert. Ich dachte, ich könnte es auch - die ersten paar Mal ist es mir auch gut gelungen - aber irgendwann ist es einfach zu viel.“

„Das tut mir leid. Ich verspreche, dir nicht mehr wehzutun. Glaub mir bitte.“, entschuldigte er sich bei mir und ich glaub-te ihm, dass er es ernst meinte, auch wenn er es unmöglich halten konnte. Ändern würde das dennoch nichts, dazu war es längst zu spät. Er hatte mir bereits wehgetan und ich war nicht bereit, mein Herz aufs Spiel zu setzen, nur wegen ei-nes seiner Versprechen. Zu oft hatte er mich in letzter Zeit enttäuscht.

Ich entgegnete ehrlich: „Das würde ich wirklich gerne, Jack, aber ich kann nicht. Ich halte das Hin und Her nicht mehr aus. Wie können so nicht weitermachen. Ich ertrage das nicht mehr.“ Es zerriss mich innerlich und genau das wollte ich verhindern. Ich hatte mich entschieden, dennoch viel es mir unendlich schwer, ihn gehen zu lassen, einen Schlussstrich zu ziehen, wo es keinen hätte geben sollen. Ich würde nämlich niemals aufhören, ihn zu lieben, aber ich würde lernen können, damit zu leben.

„Ich sagte doch, dass es mir leid tut.“, gab er mit bebender Stimme zurück, doch all seine Entschuldigungen, Verspre-chungen und verheißenden Worte, würden nichts mehr nutzen. Dafür war es schon lange zu spät.

„Aber das hilft dir jetzt auch nicht mehr. Du hast mich für eine deiner 0815-Entschuldigungen einfach zu sehr verletzt. Ich kann dir das nicht verzeihen.“, erwiderte ich ohne meinen Blick von ihm abzuwenden.

„Du willst es beenden?“, wollte Jack wissen, obwohl er meine Antwort schon erahnen konnte.

„Ja, und das hätte ich schon längst tun sollen. Was auch immer es war, es ist vorbei.“, nickte ich zustimmend.

„Daniel, gib mir noch eine Chance.“, flehte er mich an.

„Ich kann nicht!“, gab ich nachdrücklich zurück. Es schmerzte mich, ihn so zu sehen, mich so elend zu fühlen. Wieso tat er mir das bloß an? Wieso nahm er meine Entscheidung denn nicht einfach so hin und ließ mich in Ruhe? Verlangte ich denn so viel von ihm?

„Wieso nicht?“

Ich antwortete wütend, obwohl ich es nicht hatte werden wollen: „Ich habe dir schon so viele Gelegenheiten geboten, dich mit mir auszusprechen. Du kannst keine weitere Chance mehr verlangen. Dazu hast du nicht das Recht. Ich werde jetzt gehen und es vergessen. Dir rate ich an, dasselbe zu tun. Wenn wir uns wieder sehen, werden wir wieder nur Kol-legen sein. Nicht mehr und nicht weniger.“ Ich wollte gehen, in mein Auto steigen und nach Hause fahren, doch er hielt mich abermals am Arm zurück.

„Daniel, warte noch einen Augenblick! Lass es mich erklären! Ich will, dass du verstehst, warum ich so gehandelt ha-be!“, bat er mich flehend. Ich versuchte, mich loszureißen, aber das führte nur dazu, dass er seinen Griff verstärkte. Er tat mir nicht weh, dennoch schmerzte mich jede seiner Berührungen, seine Blicke auf meiner Haut brannten unange-nehm und tief in mir zerbrach etwas, jedes Mal, wenn er zu mir sprach.

„Ich will es aber nicht verstehen, Jack. Weil es einfach nichts an meiner Entscheidung ändern würde. Vielleicht ir-gendwann, nur nicht jetzt.“

„Daniel…“, setzte Jack an, unterbrach sich dann aber selbst, um sich noch einmal zu entschuldigen. „Es tut mir leid.“ Er hatte eingesehen, dass er mich nicht mehr umstimmen würde. Er ließ von mir ab und vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen.

„Ich weiß.“, erwiderte ich verständnisvoll. Es gab nur noch eines, das ich sagen konnte. „Lebe wohl, Jack.“ Ich stieg in meinen Wagen, startete den Motor und verließ den Stargatekomplex. Morgen nur noch diese eine Mission nach Kelow-na…


~~~~~~~~~~

Es klopfte ununterbrochen an die Tür meines Quartiers. Ich wusste bereits, wer es war, bevor ich auch nur daran dachte, die Tür zu öffnen. Ich war erst vor ein paar Stunden bei ihm gewesen. In seinem Bett, in seinen Armen. Im ers-ten Augenblick hatte es sich perfekt angefühlt, voll vollkommener Zufriedenheit und Ruhe. Doch dann war die Erinnerung an unser letztes Gespräch vor meinem Aufstieg zurückgekehrt, an die Tage und Wochen davor und ich hatte begriffen, was er mir die ganze Zeit hatte mitteilen wollen. Plötzlich hatte ich m ich wie gelähmt gefühlt, dann benutzt und verraten. Als Nächstes war unbändige Wut in mir hoch gekrochen. Diese hatte mir die Kehle zugeschnürt und mich nicht atmen lassen.

Er hatte neben mir gelegen, friedlich geträumt und seinen Arm um mich gelegt. Ich hatte ihn wecken, ihn anschreien, schlagen und treten wollen, doch ich konnte es nicht. Ich hatte mir selbst nicht über den Weg getraut. Außerdem hatten aufsteigende Tränen meine Stimme versagen lassen. Ich hatte nicht vor ihm zu weinen anfangen - diese Blöße hatte ich mir nicht geben wollen - aber ich hatte sie ebenso wenig zurückhalten können. Mit verklärtem Blick war ich aufgestan-den, hatte meine Sachen zusammengesucht, mich schnell angekleidet, ein Taxi bestellt und zur Basis fahren lassen. Ich hatte nur noch vor allem fliehen wollen.

Ich hatte nicht mehr einschlafen können, obwohl ich mich todmüde und hundeelend gefühlt hatte. Ich zögerte noch immer, die Tür zu öffnen, weil ich ihn unter keinen Umständen in die Augen sehen konnte, aber mir war bewusst, dass er nicht einfach wieder gehen würde. Meine Enttäuschung und der dumpfe Schmerz tief in meiner Brust waren zu gewaltig. Ich konnte ihm sein Verhalten nicht verzeihen - vielleicht würde ich das nie schaffen. Nicht nur, dass er es mir nicht gleich gesagt hatte, er hatte auch nichts getan, um zu verhindern, dass wir miteinander schliefen.

Ich wusste nicht, was schlimmer war, dass er mich vor einem Jahr so benutzt hatte oder dass er nicht ehrlich mit mir hatte sein können, als er noch die Chance dazu gehabt hatte. Natürlich, er hatte versucht, es mir zu beichten, doch er hätte nicht so schnell nachgeben sollen, als ich es nicht hatte hören wollen. Aber auch auf mich war ich stinksauer, denn ich hätte es besser wissen und es niemals soweit kommen lassen sollen. Ich hatte meinen eigenen Vorsatz gebrochen, ich war so ein Idiot gewesen. Ich hasste mich selbst dafür, vielleicht sogar noch mehr als Jack. Wieso ließ nur alles in meinem Leben aus dem Ruder? Wieso schaffte ich es nicht, einfach nur glücklich zu sein?

Letztendlich öffnete ich die Tür doch noch und starrte abwartend in sein Gesicht. Seine Augen waren voll Unver-ständnis, Sorge und auch einem Funken Angst. Er roch noch nach uns - eine Mischung aus Lust, Schlaf und männli-chem Schweiß. Er hatte nicht einmal geduscht. Er musste sofort hierher gefahren sein, nachdem er mein Fehlen be-merkt hatte. Ich sagte nichts. Wieder einmal traute ich meiner eigenen Stimme nicht. Ich hielt mich krampfhaft am Tür-drücker fest, versuchte mich selbst unter Kontrolle zu halten. Noch nie in meinem Leben war mir das so unendlich schwer gefallen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte - weinen oder ihn schlagen.

„Wieso bist du so plötzlich verschwunden, Daniel?“, fragte Jack ernst. Ein leichter Unterton der Furcht schwang in seiner Stimme mit.

Ich atmete tief ein, riss mich zusammen und erwiderte: „Kannst du dir das nicht denken?“

Er schloss die Augen und holte einmal tief Luft. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht.

„Du weißt es wieder.“, meinte er nur. Als er mich dann wieder ansah, konnte ich Trauer, Schuldgefühle und Angst in seinen Augen lesen. Das Brau seiner Iris war trübe geworden. Ich sah mit Sicherheit nicht viel besser aus. Jack wirkte plötzlich resigniert, fast so als hätte er bereits jetzt aufgegeben. Zumindest hoffte ich das, doch ich konnte wohl kaum davon ausgehen. Ich wollte jetzt unter keinen Umständen mit ihm über das Geschehene diskutieren und schon gar nicht hier im Stargatecenter. Wenn uns jemand hörte, wäre sein Leben vorbei.

„Erraten.“, erwiderte ich deshalb kühl und verschränkte meine Arme vor der Brust - nicht nur um ihn abzublocken, sondern auch, um mich selbst zu schützen, die Fassung nicht zu verlieren. Weiterhin machte ich ihm den Vorwurf: „Wieso bist du nicht gleich mit der Sprache herausgerückt?“

„Ich wollte ja, aber du hast mich nicht gelassen.“, versuchte er sich zu verteidigen, auch wenn ihm klar war, dass er damit nichts ausrichten konnte. Ich würde meine Meinung über ihn nicht ändern.

„Das hat dich doch sonst auch nie davon abgehalten, mit mir zu reden.“, wehrte ich ab.

Jack flüsterte: „Ich will es dir erklären.“ zum ersten Mal sah ich ihn mir genauer an: Hängende Schultern, ein schuld-bewusster Blick und ein leichtes Zittern, das durch seinen Körper ging. Er sah miserabel aus. Aber darauf konnte ich beim besten Willen keine Rücksicht nehmen, denn er sah nur halb so schlecht aus, wie ich mich fühlte. Ich kämpfte be-reits darum, nicht in Tränen auszubrechen, denn mir war erneut zum Weinen zumute.

„Und ich will es nicht hören.“, sagte ich resolut. Er sollte gehen. Ich wollte nicht noch ein weiteres Wort von Jack hö-ren, geschweige denn ihn ansehen müssen.

„Daniel, bitte. Ich will doch nur, dass du verstehst…“, begann er, doch ich hob die Hand und gebot ihm so zu schwei-gen. Seine Erklärungen waren mir vollkommen egal, seine Ausreden interessierten mich nicht und jedes Wort, das er aussprach, bohrte sich tief in mein Herz, fügte meiner Seele eine weitere, unlöschbare Narbe zu.

„Ich begreife schon, Jack. Keine Sorge.“, gab ich zynisch zurück. Er sollte endlich verschwinden. Doch so sehr ich mir das auch wünschte, ich brachte diese Aufforderung einfach nicht über die Lippen.

O’Neill entgegnete unnachgiebig: „Das denke ich nicht.“ Sein Blick wurde plötzlich ernst und stark. Seine Schultern strafften sich und er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Auch er war es leid, zu diskutieren und auf meine tauben Ohren zu stoßen. Ian ihm lag es jedoch nicht, ob wir diese Geschichte endlich ausdiskutieren oder nicht.

„Mir ist egal, was du denkst oder nicht. Ich will, dass du jetzt gehst.“, blieb ich standhaft. Ich erwiderte seinen Blick mit der gleichen Stärke, auch wenn es mich all meine verbleibende Willenskraft kostete, die ich noch besaß. Zuviel war auf einmal passiert, als dass ich es so schnell hätte verdauen können. So viele Schicksalsschläge lagen noch vor mir. Es gab noch Etliches, das ich nicht wusste. Ich wusste nicht einmal, wie ich die nächsten Tage überstehen sollte, ge-schweige denn die nächsten Minuten mit ihm vor meinen Augen.

„In Ordnung, aber diesmal kommst du mir nicht so leicht davon. Ich bringe dich schon noch dazu, mir zuzuhören.“, resignierte Jack erst einmal. Er musste meine Erschöpfung gesehen haben oder aber er wartete auf etwas, dass noch kommen musste - ein Gedanke, eine Erinnerung - irgendetwas.

„Das bezweifle ich stark.“ Ich wandte ihm den Rücken zu, trat zurück in die schützende Dunkelheit meines Quartiers und ließ die Tür genau vor seiner Nase ins Schloss fallen. Nur Augenblicke später sank ich erschöpft sowie mit Tränen in den Augen an ihr hinab und vergrub mein Gesicht in meinen zitternden Händen.

~~~~~~~~~~

Einige Tage später hatte ich bereits geglaubt, dass Jack es aufgegeben hätte, mich zu belästigen, doch nun häm-merte er bereits geschlagene zehn Minuten an meine Tür und verlangte, dass ich ihm öffnete. Ich versuchte, ihn zu igno-rieren, doch er war ausgesprochen hartnäckig. Er musste von meinem Gespräch mit Hammond erfahren haben und dass ich diesen gebeten hatte, meine Versetzung wieder als Gegeben zu akzeptieren. Ich hatte lange Zeit darüber nachgedacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht mehr anders ging. Ich konnte Jack einfach nicht mehr vertrauen, geschweige denn seine Anwesenheit länger als nötig ertragen.

„Daniel, lass mich rein!“, schrie er mich durch die Tür hindurch an. „Ich weiß, dass du da bist. Verdammt, öffne end-lich die beschissene Tür!“

Ein lauter Knall folgte seinen Worten. Wahrscheinlich hatte sein Fuß seiner Aufforderung Nachdruck verleihen wol-len.

„Verschwinde!“, erwiderte ich ebenso lautstark. Was war daran falsch zu verstehen?

Jack blieb unnachgiebig: „Lass uns endlich darüber reden. Du hattest es mir versprochen.“

„Ich sagte, ich werde es versuchen.“, wehrte ich patzig ab. Er hatte ja nicht einmal so Unrecht und irgendwann würde ich es auch vielleicht, aber im Moment saß der Schmerz einfach noch viel zu tief. Die Wunde, die er mir zugefügt hatte, war einfach noch zu frisch und begann bei jeder Kleinigkeit erneut zu bluten an. So wie auch in diesem Augenblick. Und dann waren da auch noch all die Gedächtnislücken, die ich noch hatte, besonders während der Zeit meines Aufstiegs. Ich war angreifbar und wollte ihm nicht die Chance einräumen, mich vielleicht doch noch einmal rumzukriegen, mich noch einmal zu verletzen. So etwas durfte nicht noch einmal geschehen.

Nichtsdestotrotz vermisste ich ihn schrecklich. Er stand genau vor meiner Tür und dennoch fehlte er mir. Ich vermiss-te unsere Freundschaft, unsere Unterhaltungen, unsere gemeinsamen Fernsehabende und auch die angenehme Stille, die manchmal zwischen uns herrschte. Wir hatten uns immer blind verstanden, doch das war jetzt vorbei. Mit ihm hätte ich darüber reden können, wie miserabel ich mich fühlte, wie sehr es mich schmerzte und wie sehr ich mich danach sehnte, zu hören, dass alles wieder gut werden würde. Doch all das konnte ich ihm nicht sagen, weil er es gewesen war, der mir dieses Leid zugefügt, der mich schamlos ausgenutzt hatte.

„Dann, Herr Gott noch mal, versuche es!“, bat er mich, doch es klang in meinen Ohren immer noch nach einem Be-fehl, den ich nicht bereit war, zu befolgen. Er musste endlich begreifen, dass er ein Gespräch mit mir nicht erzwingen konnte. Wenn ich irgendwann mit ihm darüber reden wollen würde, dann unter meinen Bedingungen sowie zu einer Zeit und an einem Ort, den ich für angemessen hielt.

„Willst du das wirklich hier ausdiskutieren?“, versuchte ich ihn zu vertreiben.

„Wenn es sein muss, rechtfertige ich mich auch vor deiner Tür und in einer Lautstärke, dass es der ganze Komplex hört.“, antwortete Jack eisern. So laut, wie er schrie schien das bereits der Fall zu sein. Er war tatsächlich bereit seine Karriere, sogar sein Freiheit aufzugeben, nur um mit mir zu reden. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er seine Dro-hung wahr machen würde.

„Verdammt!“, fluchte ich zischend, sprang von meinem Bett und riss die Tür auf. Wenn er unbedingt in mein Gesicht sehen musste, um zu begreifen, dass ich ihm im Augenblick nichts weiter als Ablehnung entgegenbringen konnte, dann musste es eben so sein. „Komm schon rein.“

Hinter ihm schloss ich die Tür wieder und blickte ihm abwartend entgegen.

„Hörst du mir jetzt zu?“, fragte er unnachgiebig.

„Nein!“, antwortete ich knapp, verschränkte demonstrativ meine Arme vor der Brust. Es war wichtig, dass ich eine unüberwindbare Barriere zwischen uns aufbaute, um nicht noch mehr von ihm verletzt zu werden.

„Nein?“ Jack schaute mich verständnislos an und begann dann verwirrt: „Wieso…“

Ich unterbrach ihn schroff: „Damit ich dir noch einmal verständlich machen kann, dass egal, was du auch sagen soll-test, es rein gar nichts an meinen Gefühlen für dich ändern würde und schon gar nicht an unserer momentanen Situati-on.“

„Und die wäre?“, wollte Jack herausfordernd wissen. Auch er verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte mich provozieren, mit mir streiten, denn auch dann würden wir auf absurde Art und Weise miteinander reden. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, doch es fiel mir schwer. Die Wut kochte erneut in mir hoch.

„Dass ich dich für das hasse, was du mir angetan hast. Zweimal!“, schrie ich ihn dennoch an. Ich kämpfte abermals mit den Tränen, aber ich ließ nicht zu, dass ich zu weinen begann.

„Ich darf dich daran erinnern, dass du nach diesem Ereignis abgehauen bist.“, wehrte Jack ab. Er wollte nicht die Al-leinschuld tragen müssen. Doch mir konnte er den schwarzen Peter nicht zuschieben. Mich traf an allem keine Schuld. Er hatte sich schließlich wie das letzte Ekel aufgeführt und mich benutzt, ohne mit der Wimper zu zucken.

Ich erwiderte getroffen und meine Stimme überschlug sich fast dabei: „Dann steht es halt eins zu einem Dutzend. Das verändert überhaupt nichts.“

„Das ändert einiges.“, lenkte Jack rechthaberisch ein. „Ich wollte nämlich, dass du bleibst. Ich wollte es versuchen. Ich war dazu bereit, mein Leben mit dir zu verbringen und ich bin es immer noch, wenn du mich nur lässt.“

„Ich will das nicht hören!“ Ich hielt mir die Ohren zu. Ich konnte das beim besten Willen noch nicht ertragen. Ich wollte nicht wissen, was er für mich empfand, wie er sich fühlte und wie schlecht es ihm dabei ging. Es war zu schmerzvoll, weil ich ihn trotz allem noch mehr liebte, als ich ihn je hassen könnte.

„Du wirst es dir aber anhören.“, befahl er mir, während er meine Handgelenke packte und so meine Hände von den Ohren zog. Seine Haut brannte wie Feuer auf der meinen und ich hatte das Gefühl, gleich laut vor Schmerz aufschreien zu müssen. Ich wollte mich aus seinem Griff befreien, doch all meine Kraft hatte mich verlassen. Ich konnte nur wie ge-lähmt dastehen und ihn entsetzt anstarren.

„Wieso sollte ich?“, fragte ich schließlich mit zitternder Stimme. Ich hatte nicht mehr die Kraft, um zu schreien, ge-schweige denn mich ihm körperlich zu widersetzen. Ich fühlte mich plötzlich so unendlich müde und vollkommen leer. Er ließ mich los und ich sank auf die Kante meines Bettes. Ich wandte den Blick ab, da ich es nicht länger ertragen konnte, ihn anzusehen.

Auch er blieb vollkommen ruhig, als er antwortete: „Weil du mir schon verziehen hattest.“

„Nein, das habe ich ganz sicher nicht getan.“, entgegnete ich bitter. Wie hätte ich dazu nur die Kraft aufbringen sol-len? Ich schaffte es ja nicht einmal, mich von ihm fernzuhalten und seinen Forderungen zu widerstehen. Ich fühlte mich so schwach und erschöpft. Ich konnte nicht mehr und ich wollte es auch nicht. Ich wollte einfach nur noch für mich sein und versuchen, mein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.

„Doch, hast du!“, beharrte Jack auf seiner Meinung.

„Nein!“, sagte ich nur stoisch. Ich blickte zu ihm auf, sah ihm direkt in die Augen und fügte so gefühllos wie irgend möglich hinzu: „Und jetzt verschwinde. Ich will darüber nie wieder auch nur ein Wort verlieren. Meine Versetzung liegt immer noch bei General Hammond und ich werde es durchziehen. Dann bist du mich endlich los.“

„Aber genau das will ich doch gar nicht. Ich will dich ganz, nicht gar nicht.“, wehrte O’Neill ab. Er wollte mich berüh-ren, doch ich schlug seine Hand weg. Ich hatte nicht erwartet, dafür noch die Kraft aufzubringen.

„Du kannst es dir aber nicht aussuchen. Nicht mehr!“, erwiderte ich ernst und er wusste, dass nichts, was er sagen würde, an meiner Meinung noch etwas ändern könnte. Für uns gab es keine Zukunft, dass begriff auch er endlich. Ich sah förmlich, wie ihm meine Worte einen Dolch in die Brust rammten und ihn fast zusammenbrechen ließen. Aber auch er war zu stolz, um sich verletzlich zu zeigen, auch er blieb so gefasst wie ihm möglich war.

„Daniel, bitte.“, flehte er mich an und ich konnte seine Tränen hören, wenn ich sie auch nicht in seinen Augen sah. Ich schloss erschöpft die meinen und fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar.

„Geh! Sofort!“, wies ich ihn ausgelaugt an und er folgte meiner Aufforderung. Ich hörte seine Schritte auf dem Fuß-boden, wie die Tür sich öffnete und wieder schloss. Ich lief mich auf mein Bett sinken, rollte mich so weit zusammen wie irgend möglich und begann bitterlich zu weinen. Irgendwann schlief ich unter Tränen ein.

~~~~~~~~~~

Es war alles ganz schnell gegangen. Kaum, dass wir uns vom Stargate entfernt hatten, waren wir von Einheimischen angegriffen worden. Daniel und ich waren vom abgeschnitten worden, aber Teal’c und Carter hatten es zurück geschafft. Sie würden sicher schnellstmöglich mit Verstärkung zurückkehren, wir mussten nur noch so lange durchhalten. Wir hat-ten beide beschlossen, uns weiter in den Wald zurückzuziehen, um den Angreifern zu entkommen, und mussten dafür nicht einmal miteinander reden.

Ich hatte Daniel Deckung geben wollen, als mich plötzlich ein stechender Schmerz durchzuckt und zum Fallen ge-bracht hatte. Ich hatte aufschreien wollen, doch mehr als ein halbersticktes Stöhnen war nicht über meine Lippen ge-kommen. Es hatte sich angefühlt, als wenn sich glühendes Eisen in meinen Bauch gebohrt hätte und heiße Lava aus der Wunde sickern würde. Reflexartig hatte ich mit der Hand auf die Stelle drücken wollen, doch der kurze Pfeil einer Arm-brust, welcher immer noch in meinem Fleisch steckte, hatte das verhindert. Ich hatte versucht, ihn herauszuziehen, doch er steckte einfach zu tief.

Weit entfernt hatte ich Schüsse gehört, leise Schritte und dann Jacksons besorgte Stimme: „Jack.“

Jetzt versuchte ich ihm in die Augen zu sehen, doch es fiel mir unendlich schwer, mich auf etwas anderes zu kon-zentrieren als das dumpfe Pochen in meiner Wunde, das im Einklang mit meinem Herzschlag pulsierte, und den unauf-hörlich stärker werdenden Schmerz. Dann spürte ich Daniels Hand - erst an meiner Schulter und dann an dem vom Pfeil versperrten, klaffenden Loch in meinem Bauch.

„Argh!“, stöhnte ich auf, auch wenn er mich gar nicht richtig berührt hatte. „Verdammter Mist!“

Seine Hand hatte mich vollständig in die Wirklichkeit zurückgebracht. Wir befanden uns immer noch in unmittelbarer Gefahr und ich war zu einer Last für Jackson geworden. Ich konnte den Schrecken in seinen Augen lesen. Ich sah nicht gut aus, soviel stand fest. Er versuchte, seine Sorge zu überspielen, doch ich konnte sie dennoch deutlich in seinem Ge-sicht erkennen. Er war nie gut darin gewesen, seine Gefühle zu verstecken. Ich wusste, dass, wenn ich nicht bald auf die Beine kam, wir beide sterben würden, deswegen wollte ich ihn wegschicken, doch ich konnte mich einfach nicht durch-ringen, ihm diesen Befehl zu geben. Ich hatte Angst. Angst davor, dass er ihn befolgte. Noch mehr jedoch davor, dass er es nicht tat.

„Du bist verletzt.“, bemerkte Daniel mit besorgter Stimme. Er redete mehr mit sich selbst, als mit mir. Ich nahm mich zusammen und versuchte mich auf unsere momentane Situation zu konzentrieren. Ich musste etwas sagen - irgendet-was.

„Nein, wirklich?“, erwiderte ich sarkastisch und versuche, mich aufzusetzen. Jackson half mir dabei. Der Schmerz wurde augenblicklich schlimmer und ich konnte spüren, wie sich der kleine Pfeil seinen Weg tiefer in mein Fleisch bahn-te. Ich versuchte ihn zu überspielen, indem ich gepresst zu schimpfen begann: „Ich hasse primitive Völker. Die haben doch von Nichts ne Ahnung. Da kommt man in friedlicher Absicht und die… argh… die schießen einfach auf einen. Die haben ja nicht einmal nach unseren Ausweisen gefr… argh…“

Daniel versuchte darüber zu lachen, doch es blieb bei einem eher kläglichen Versuch.

So sachlich, wie es ihm möglich war, meinte er: „Du hast ziemlich viel Blut verloren. Ich versuche jetzt die Blutung zu stoppen. Könnte etwas wehtun.“

„Quatsch nicht so blöd, mach es einfach.“, wies ich ihn an und begann mich innerlich auf den Schmerz einzustellen. Vergeblich. Ich schaffte es zwar, einen Schrei zu unterdrücken, doch ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Mein Blick verklärte sich und ich nahm Daniel nur noch verschwommen wahr. Wohltuende Dunkelheit breitete sich aus, dennoch versuchte ich dagegen anzukämpfen. Ich durfte jetzt unter keinen Umständen ohnmächtig werden. Unser Überleben hing davon ab, dass ich wach blieb.

„Jack.“, hörte ich nur gedämpft Jacksons Stimme an mein Ohr dringen. Ich konzentrierte mich auf ihn, nahm ihn als meinen mentalen Fixpunkt. Wieder sprach er meinen Namen aus, diesmal jedoch lauter und viel besorgter: „Jack?“

„Schrei doch nicht so, sonst hören die dich noch.“, brachte ich schwach hervor und öffnete meine Augen, um ihn an-sehen zu können. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich sie geschlossen hatte. Einen Augenblick hatte ich sogar Sorge gehabt, ob ich es überhaupt schaffte, ihn anzublicken, denn meine Lider fühlten sich wie Blei an.

„Du darfst aber nicht einschlafen. Du musst wach bleiben, wenigstens noch ein Weilchen.“, ordnete er mit fester Stimme an und machte ein ernstes Gesicht. Noch immer versuchte er seine Sorge um mich zu unterdrücken. Ein kleines Zeichen, dass ich ihm immer noch etwas bedeutete. Oder aber nur die Tatsache, dass er es hasste, Menschen sterben zu sehen - ganz egal, um wen es sich dabei handelte. Ich hoffte einfach, dass ihm unsere Freundschaft immer noch et-was bedeutete.

„Schon klar.“, erwiderte ich und lächelte ihn leicht an. Ich hatte zuversichtlich klingen wollen, doch es erschreckte mich selbst, wie schwach und brüchig meine Stimme geklungen hatte.

~~~~~~~~~~

„Erzähl mir was, Jack.“, fragte Daniel Jackson mich nach einer Weile des Schweigens. Wir hatten uns in eine alte Ruine zurückgezogen - der eigentliche Grund, warum wir überhaupt auf diesen Planeten gegangen waren. Wie ich es geschafft hatte, überhaupt die Distanz bis zu diesem schützenden Unterschlupf zurückzulegen, war mir noch immer ein Rätsel. Daniel musste mich mehr getragen haben, als das ich allein gelaufen war.

Jetzt warteten wir darauf, dass wir gerettet wurden. Vielmehr wartete Jackson darauf. Ich erwartete meinen baldigen Tod. Er hatte die Blutung nicht stillen, den Pfeil nicht entfernen und somit die Wunde auch nicht verbinden können. Wenn wir nicht bald gefunden wurden, würde ich unweigerlich sterben. Wir beide wussten das, aber ich war der einzige, der sich das eingestand. Was würde mein Leben jetzt auch noch für einen Sinn machen? Ich hatte meinen besten Freund verloren und gleichzeitig den Mann, den ich so sehr liebte, dass es wehtat. Ich hatte keinen Grund mehr zu kämpfen. Es war alles so sinnlos geworden.

Ein Gefühl, dass mir so schmerzlich bekannt war, dass ich bereits glaubte, damit geboren worden zu sein. Es zog sich wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben. Angefangen mit meinem Vater, über Taylor und Charlie bis hin zu Daniel. All die Männer, die ich geliebt hatte, waren mir genommen worden. Nur eines tröstete mich: Daniel würde ich nicht zu Grabe tragen müssen. Nicht noch einmal zumindest. Er würde weiterleben, wenn ich heute starb. Aber würde er auch um mich trauern wie um einen guten Freund? Würde er zur Beerdigung und zur Trauerfeier kommen? Würde er mir verzeihen können? Könnte ich es mir je vergeben?

„Was willst du wissen?“, fragte ich ruhig und sah ihn an. Ich lag auf dem Boden und er saß neben mir. Immer noch wirkte er besorgt und ängstlich. Ich konnte mein Blut an seinen Händen sehen und auch an meinen. Ich konnte es rie-chen, es pulsieren hören und es schmecken. Ich konnte spüren, wie es zäh über meine Haut lief und langsam auf dieser zu trocknen begann. Ich konnte fühlen, wie ich starb. Wie langsam das Leben aus mir wich. Ich wollte einschlafen, es einfach geschehen lassen, doch ich wollte meinen Blick nicht von Daniel abwenden. Das Letzte, was ich sehen wollte, war der Mann, den ich so sehr begehrte.

„Irgendetwas.“, antwortete er mit den Schultern zuckend. Er hielt mich wach, obwohl er es nicht musste. Er redete mit mir, auch wenn mir klar war, dass er es eigentlich nicht wollte, dass es ihn schmerzte und er sich schlecht fühlte. Erneut hatte ich den Wunsch, in wegzuschicken, und abermals brachte ich es nicht über mich. Egoistischerweise wollte ich nicht alleine auf diesem von Gott verlassenem Planeten sterben.

Ich sagte das Einzige, das mir einfiel: „Es tut mir wirklich leid.“

Eine aufrichtige Entschuldigung war alles, was ich noch loswerden wollte, bevor ich starb. Ich wollte mir sicher sein, dass er es wusste. Alles Weitere würde sich später - nach meinem Tod - ergeben.

„OK, nur das nicht.“, wehrte Daniel ab. Er tat einfach so, als hätte er es nicht gehört.

„Du hast gefragt und ich will es loswerden. Lass einem Sterbenden diesen letzten Wunsch, OK?“, versuchte ich sar-kastisch zu sein. Ich wollte es ihm und mir einfacher machen. Das war nun einmal meine Art mit der Situation und mei-nem baldigen Ableben umzugehen. Es nahm mir die Angst, so irreal das auch war.

„Es wird nichts ändern.“, wehrte er ab, wagte es aber nicht, mich dabei anzusehen. Er war ein Heuchler. Wir wussten beide, dass das so einiges ändern würde, zumindest soweit, dass er mich nicht mehr nur für das hassen konnte, was ich getan hatte, sondern sich auch eingestehen musste, dass er mich früher einmal mehr als nur gemocht hatte. Und er musste auch akzeptieren, dass ich ihn jetzt liebte. Genau dieser Punkt machte ihm am Meisten Probleme.

„Woran? Dass du mich liebst? Dass du nicht kündigen, geschweige denn das Team wechseln willst? Dass ich mich wie der letzte Idiot aufgeführt habe?“, warf ich ihm brutalehrlich und dennoch in einer Sanftheit an den Kopf, dass ich ihm damit schon fast körperlich wehtat. Doch ich konnte keine Rücksicht auf ihn nehmen. Ich musste es einfach loswerden. Er musste wissen, dass ich es weiß. Und vor allem sollte er wissen, was ich für ihn empfand, ob er das nun wollte oder nicht. So fügte ich etwas leiser und mit vollkommen ruhiger Stimme hinzu: „Dass ich dich liebe?“

„Jack, hör auf damit, bitte.“, flehte Daniel mich an. Er blickte auf seine blutverschmierten Hände, anstatt mich anzu-sehen. Er konnte es einfach nicht. Er würde nur sehen, wie ehrlich ich es meinte, wie wichtig es mir war, dass er es er-fuhr. Genau das wollte er nicht, denn dann müsste er sich damit auseinandersetzen, was ich für ihn empfinde. Er müsste mit mir darüber reden.

„Du hast Recht, dass kann ich alles nicht ändern. Wenn ich es könnte, würde ich es tun.“, fuhr ich aufrichtig fort. „Ich werde auf diesem gottverlassenen Planeten sterben, ich spüre es, und ich wollte nur, dass du weißt, dass… argh…“

Ich hätte auch weiterhin auf Daniels Hände achten sollen, denn er versuchte erneut, die Blutung zu stoppen. Er drückte eine saubere Kompresse auf die Wunde und legte mehrere Mullbinden um den Teil des Pfeils, der noch aus der Wunde herausragte. Dann begann er es zu verbinden.

„Du wirst nicht sterben! Das werde ich nicht zulassen.“, murmelte er dabei verbissen vor sich hin. Wieso er sich die Mühe machte, konnte ich nicht verstehen. Er hatte doch schließlich ganz deutlich klargestellt, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte, warum kämpfte er dann um mein Leben. Selbst ich hatte mich bereits aufgegeben.

„Keine leeren Versprechungen mehr.“, witzelte ich, nur um einige Augenblicke später laut aufzustöhnen, denn Daniel zog die Binde, die er um meinen Bauch gewickelt hatte, ziemlich straff. Das war seine Art des Protests gegen meine Worte. Für meinen Sarkasmus in lebensbedrohlichen Situationen hatte er noch nie viel übrig gehabt.

Leise bat er: „Halte einfach nur noch ein Weilchen durch.“ und befestigte das Ende der Mullbinde mit einem Stück Pflaster.

„Wieso?“, wollte ich wissen. Ich wurde langsam müde und mir war kalt. Ich wollte nicht mehr reden, aber eines muss-te ich noch loswerden und so fügte ich ernst hinzu, ehe er hätte antworten können: „Ich verliere mein Leben doch so o-der so, ob ich es nun atmend durch das Gate schaffe oder nicht.“

„Wie meinst du das?“, fragte Jackson zögerlich, auch wenn es nicht so aussah, als würde er es wirklich wissen wol-len. In seinen Augen konnte ich sehen, dass er Angst vor der Antwort hatte und auch vor meinen Gefühlen. Er konnte mich bei der Frage kaum ansehen und auch jetzt miet er den direkten Augenkontakt mit mir.

„Daniel, ich…“, begann ich, brach dann aber ab. Ich war auf einmal so schrecklich müde und wollte nur noch schla-fen. Meine Augenlieder wurden wieder schwer wie Blei und alles verschwamm vor meinen Augen. Langsam wurde es dunkel. Noch einen Moment versuchte ich gegen dieses Gefühl von Ruhe und Frieden anzukämpfen, doch dann über-mahnte es mich doch.

„Jack…“ Ich nahm nur noch am Rande wahr, wie Daniel meinen Namen sagte. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war die Angst in seiner Stimme.

~~~~~~~~~~

„Daniel Jackson?“, hörte ich Teal’c Stimme leise zu mir herüber dringen. Wir waren allein in der Umkleidekabine. Es war einige Stunden her, dass sie uns gefunden hatten und wir auf die Erde zurückgekehrt waren. Jack war nicht wieder aufgewacht und Janet hatte ihn sofort in den OP bringen lassen. Er wurde sicher immer noch operiert. Mich hatten sie weggeschickt, ich sollte duschen und mich ausruhen. Doch ich war nicht weiter als bis zu meinem Spinnt gekommen. Noch immer klebte Jacks Blut an meinen Händen und der Dreck an meiner Uniform. Ich hatte mich plötzlich so unendlich schwach gefühlt, mich hingesetzt und war bis jetzt nicht mehr aufgestanden.

„Was gibt’s, Teal’c?“, fragte ich, ohne ihn anzusehen. Ich versuchte, gefasst zu klingen, doch es fiel mir schwer. Ich musste immer wieder daran denken, was Jack zu mir gesagt hatte. Er liebte mich. Ich hatte mir immer gewünscht, dass er das sagen würde, doch es hatte irgendwie falsch geklungen. Nicht, weil er irgendwie unaufrichtig war - ganz im Ge-genteil - sondern weil es unter diesen Umständen geschehen war, weil ich es eigentlich nicht mehr hatte hören wollen. Mein Herz hatte nicht nur augenblicklich schneller geschlagen, es war auch in tausend Teile zersprungen.

Stoisch antworte Teal’c: „Ich soll dir das geben.“ und überreichte mir gleichzeitig einen weißen Briefumschlag. Es stand lediglich mein Name darauf. Ich erkannte die Handschrift auch sofort. Ich drehte ihn unschlüssig in meinen Hän-den. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. Jack hatte es mir nach unserer ersten Mission erklärt und das auf die wohl schmerzhafteste Weise, die man sich vorstellen konnte. Er hatte Major Kowalskys Familie solch einen Brief übergeben müssen. Ich hatte ihn gesehen. Ich war sogar mit ihm zu dessen Eltern gefahren.

Einige Wochen später hatte er mir seinen letzten Willen zukommen lassen - ein eindeutiges Zeichen, dass er mir ver-traute. Ich hatte dieses Vertrauen erwidert, auch wenn es mir schwerfiel, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Jack hatte mir schnell klar gemacht, dass solche Vorsichtsmaßnahmen in diesem Job unabdingbar waren und nicht zur Debatte standen. In meinem Fall hatte es sich bewahrheitet. Ich fragte mich, wie alt dieser Brief war. Vielleicht hatte Jack die Angewohnheit, jedem von uns einen Abschiedbrief zukommen zu lassen. Vielleicht hatte er schon vor Monaten ge-ahnt, dass ich zurückkehren würde? Vielleicht war aber auch die Tinte noch nicht einmal richtig getrocknet?

Ich hatte Angst vor den Dingen, die er mir noch sagen wollte. Es zu hören war eine Sache, aber es Schwarz auf Weiß zu sehen, eine ganz andere. Es bekam so etwas Endgültiges, Unwiderrufliches. Dann würde er es nicht mehr leugnen können. Ich ebenfalls nicht. Außerdem war Jack noch gar nicht tot. Wer sagte mir, dass er wollte, dass ich ihn trotzdem las? Würde er es eventuell bereuen, ihn geschrieben zu haben? Könnten wir uns danach überhaupt noch in die Augen sehen? Würde dieses Stück Papier unsere Freundschaft ein für alle Mal zerstören oder würde es sie retten? Fra-gen, auf die ich keine Antwort wusste.

„Solltest du ihn nicht erst weiterleiten, wenn er tot ist? Du bist ja nicht gerade sehr optimistisch.“, versuchte ich krampfhaft die Situation aufzulockern. Vielleicht brauchte ich auch nur mehr Informationen. Ich wusste ja nicht einmal wie es im Moment um Jack stand. Ich war wie in Trance gewesen. Hätte ich nicht stattdessen an seiner Seite sein müs-sen? Wir waren doch noch immer so etwas wie Freunde, oder? Mir kamen Zweifel an meiner Entscheidung. War ich wirklich bereit uns aufzugeben? War das wirklich das Ende unserer Freundschaft - eine Verbindung, die uns beiden so-viel bedeutet hatte? Konnte ich wirklich loslassen, egal wie weh es auch tun würde?

„Ich bin zuversichtlich, dass O’Neill überleben wird, aber ich denke dennoch, dass du diesen Brief lesen solltest. Er hat ihn mir erst letzte Woche anvertraut.“, erwiderte Teal’c mit leichtem Lächeln. Er hatte einfach ein Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmte. Er wusste meist nicht, was es war, doch er fand dennoch immer die richtigen Worte. Er sprach nicht viel, aber was er sagte, hatte immer Gewicht. Kein Wort war zu viel, keins zu wenig. Das meiste jedoch vermittelte er ei-nem auch ohne etwas zu sagen. Dass er einen verstehen konnte, dass er immer für einen da sein würde, worum es auch ging, und dass man sich hundertprozentig auf ihn verlassen konnte. All das versprach er mir auch jetzt.

„Danke, Teal’c.“, entgegnete ich anerkennend. Auch er verstand, dass ich damit nicht den Brief meinte, dass ich sein stummes Angebot, mich bei ihm aussprechen zu können, annehmen würde, wenn ich dazu bereit war. In diesem Wissen verließ er den Raum und ich blieb allein zurück - in meinen Händen immer noch Jacks Abschiedsbrief haltend.

~~~~~~~~~~

Es war spät geworden. Ich hatte es irgendwie geschafft, mich zu duschen, umzuziehen und mich in mein Quartier zu-rückzuziehen. Hunger hatte ich nicht verspürt. Schlafen konnte ich aber auch noch nicht. Nur am Rande hatte ich mitbe-kommen, dass Jacks Operation gut verlaufen war und er nicht mehr in unmittelbarer Gefahr schwebte. Natürlich war ich froh darüber, doch das machte mir die Entscheidung, ob ich seinen Brief nun lesen sollte oder nicht, auch nicht leichter. Ich drehte ihn bereits geschlagene zwanzig Minuten in meinen Händen.

Er hatte sich nicht verändert. Immer noch ein weißer Umschlag mit meinem Namen darauf. Ich fuhr darüber und konnte die feinen Rillen im Papier spüren, die der Stift hinterlassen hatte. Ich versuchte mir vorzustellen, was Jack ge-dacht haben musste, als er ihn schrieb, doch ich konnte es nicht. Mein Name - diese sechs einfachen, mir wohlbekann-ten Buchstaben - verrieten mir auch nichts über den Inhalt. Wenn ich es wirklich wissen wollte, musste ich ihn wohl oder übel lesen. Doch war ich dafür schon bereit.

Ich ging das Risiko insoweit ein, dass ich den Zettel aus dem Umschlag nahm. Er wirkte abgegriffen und alt - so als hätte man ihn unzählige Male gelesen. Wie konnte das sein? Hatte Jack ihn schon vor einem Jahr geschrieben? Even-tuell schon viel früher? Ging es in diesem Brief überhaupt um uns? War es eventuell auch nur sein letzter Wille, welchen ich auch bereits gehütet hatte? War lediglich der Umschlag ausgetauscht worden? Machte ich mir ganz umsonst Gedan-ken? Hatte ich zuviel hineininterpretiert? War ich zu voreilig mit meiner Meinung gewesen? Hatte ich mich in Jack so ge-täuscht?

All die Fragen hatten mich auch nicht weiter gebracht. Sie machten alles nur noch schlimmer. Doch wovor hatte ich soviel Angst? Konnte er mir wirklich noch mehr wehtun? Und wenn ja, würde Jack soweit überhaupt gehen? Noch mehr unbeantwortete Fragen. Ihre Antworten würde ich nur in diesem Brief finden. Ich musste ihn schon lesen. Meine Hände begannen zu zittern, mein Mund wurde trocken und meine Augen schmerzten unangenehm. Ich riss mich zusammen. Es war nur ein Brief - ein Papier voller Worte, Jacks Worte. Ich schluckte meine Zweifel, meine Angst herunter und faltete den Zettel auseinander, atmete tief ein und begann zu lesen…

~~~~~~~~~~

Lieber Jack,

wenn du diese Zeilen liest, bin ich bereits nicht mehr am Leben. Offensichtlich. Was ich eigentlich sagen wollte, ist - du weißt, wie schwer mir Abschiede fallen -, dass es mir leid tut. Alles! Nicht nur, dass ich nicht mehr für euch da sein kann, dass ich es dir nicht persönlich gesagt habe, um dir den Schmerz zu erleichtern, und dass es so zwischen uns hatte Enden müssen.

Ich war einfach nicht darauf gefasst gewesen, einem Menschen wie dir zu begegnen. Ich hatte dich einfach nicht verdient. Ich habe meine Position und unsere Freundschaft gnadenlos ausgenutzt und auch wenn ich dich niemals hatte verletzen wollen, war es doch die einzige Möglichkeit, dass du vielleicht irgendwann mit dem richtigen Menschen glücklich wirst. Jemand Außergewöhnlichen.

Du bist etwas Besonderes und ich wünschte, ich hätte es dir vorher schon mal gesagt, aber das hätte si-cher auch nichts daran geändert, dass ich dich mit meinem schäbigen Verhalten so unendlich verletzt habe. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen und behältst mich in Erinnerung.

Ich liebe dich, das solltest du wissen. Unendlich.

Dein Taylor


‚Du hast gesagt, nichts, was ich sage, würde etwas ändern, also versuche ich es einfach mit den Worten des Man-nes, der dir so ähnlich gewesen ist, und dennoch dazu in der Lage war, mir das anzutun, was ich dir angetan habe. Ich wünschte, ich hätte mit dir darüber reden können, aber du weißt, ich bin, was Gefühle angeht, ein Feigling. Ich hoffe, wenigsten du kannst mir irgendwann einmal verzeihen. Du bedeutest mir alles. Ewig. Jack O’Neill’

~~~~~~~~~~

Eventuell gab es doch noch eine geringe Chance auf Hoffung, wenn ich es nur zuließ. Alles, was ich tun musste, war ihm zu verzeihen - alles vergessen, was geschehen war. Vielleicht bestand wirklich nur die einzige Möglichkeit, unsere Freundschaft - ja, eventuell sogar unsere Liebe - zu retten, darin, sie aufzugeben und noch einmal von vorne zu begin-nen, kleine Schritte zu machen und zu sehen, wo uns das hinführt…

Ende


© 2008 Lenari


Diese Geschichte wurde archiviert am http://stargatefanfic.de/viewstory.php?sid=2713