Männerabende und andere Katastrophen by Jenny
Summary: Die unerwarteten Folgen eines erfolgversprechenden Männerabends...
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Action, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 13891 Read: 2210 Published: 11.02.13 Updated: 11.02.13
Story Notes:


Spoiler: Das Vermächtnis der Antiker

1. Kapitel 1 by Jenny

Kapitel 1 by Jenny
Männerabende und andere Katastrophen


Teil 1

„Also Jungs, was habt ihr für den Abend geplant?", fragte Sam neugierig, während sie nach einer Routinemission ihre Ausrüstungsgegenstände wieder in die Spinde steckten.

Der Tag war ruhig verlaufen, die Mission führte sie zu einem kaum zivilisierten Volk von Jägern und Sammlern und man hatte beschlossen, dass es dort nichts gab, woran man militärisch gesehen interessiert sein könnte.

Selbst Daniel, der sonst so beharrlich auf seine Kulturen setzte, fand es eher anstrengend, den Leuten überhaupt zu erklären, wie das Stargate funktionierte. Daher hatte er sich nicht sonderlich aufgeregt, als Hammond entschloss, diesen Planeten abzuhaken.
Nun hatten sie Feierabend und jeder wechselte langsam in zivil.

"Tja Carter, Sie hatten ja was besseres vor...", warf O'Neill ihr halbherzig vor, "Dafür gehen T., Daniel und ich zu einer richtig coolen Kneipe, wo es keine Frauen gibt; nur uns, Bier und 'nen Hockeyspiel."

"Davon hast du mir aber nichts erzählt.", schaltete sich jetzt Daniel ein, "Ich dachte, es sei die Bar mit den Frauen im Wackelpudding..."

Dafür erntete er von Sam einen Ellebogenhieb in die Rippen.

"Ich habe es Cassie versprochen. Wenn ich es früher gewusst hätte..."

O'Neill schwang sich in seine schwarze Lederjacke.

"Carter, bei uns ist grundsätzlich alles unangekündigt. Spaß ist nicht planbar, das wissen Sie doch."

Sam grinste und machte sich auf den Weg nach draußen.

"Na dann, viel Spaß Jungs. Und hört nicht so viel auf den Colonel, er übertreibt manchmal ein wenig in seinem Enthusiasmus."

Gerade noch rechtzeitig konnte sie die Tür schließen, bevor ein altes T-Shirt in ihre Richtung flog. Sam lachte laut vom Korridor aus und war dann verschwunden.

"Aber das mit dem Wackelpudding war nicht übertrieben, oder?", erkundigte sich Daniel stirnrunzelnd, als sie losmarschierten.

"Nein Kumpel, aber ob sich heut Abend Frauen darin wälzen werden, ist ne andere Sache..."

+++

Keine zwei Stunden später saßen sie in einer Ecke des "Montignier", einer stadtbekannten Sportkneipe. Die Bar war gut gefüllt, denn heute Abend war ein großes Hockey- Länderspiel angesagt und ebenso laut waren auch die Fernseher an den Decken.

In einem Nebenraum wurde Billard gespielt, daneben Darts geworfen.

Zigarettenrauch lag schwer in der Luft und die jungen und knapp bekleideten Kellnerinnen hatten alle Hände voll zu tun, um ihre Kundschaft bei Laune zu halten.

Jack bestellte drei Bier und einige kleinere Beilagen, nichts, was sie zu sehr ausfüllte. Immerhin sollten sie ja dem großen Spiel folgen und jederzeit mitjubeln.

Allerdings schien er der Einzige zu sein, der wirklich dem Geschehen auf den Fernsehern folgte. Daniel kaute gelangweilt an einer Olive herum und Teal`c schien...irgendwie mit offenen Augen zu schlafen. Schon seit einer geraumen Weile hatte er nichts mehr gesagt.

"Kommt schon Jungs, ein bisschen mehr Elan, wenn ich bitten darf!"

Die beiden blickten ihn kurz an, wandten sich dann wieder einander zu.

"Mir ist nie der Sinn solcher gesellschaftlicher Zusammenkünfte wegen eines Sports klar geworden, Danieljackson."

"Es geht auch nicht um den Sport, Murray.", korrigierte ihn der Archäologe und aß eine weitere Olive, "Es geht um einen Grund, sich wie ein wildes Tier in der Brunftzeit aufzuführen, besoffen zu werden, fremden Frauen an den Hintern zu greifen und nachts laut schreiend durch die Gassen zu laufen."

"Das macht allerdings Sinn.", erwiderte der Jaffa, doch Jack unterbrach sie.

"Hey Jungs, ihr habt immer noch nicht den tiefen Inhalt dieses Treffens verstanden. Es geht um...Einigkeit- und den Sport. Wir müssen weiter an unserer Teamfähigkeit arbeiten."

"Das tun wir doch jeden Tag.", murrte Daniel und trank einen Schluck aus seinem Glas Bier.

"Soll ich dir erst wieder die Geschichte mit dem Hund und den tanzenden Affen erzählen?", drohte O'Neill, wissentlich, dass er seine Freunde damit foltern konnte.

Daniel winkte ab und verließ den Tisch.

Er wollte sich nach all den Oliven und French Fries die Hände waschen.

"Was ist mit dir los, T.? Seit wann bist du so ne Spaßbremse?", fragte er den Jaffa, doch dieser sah ihn entrüstet an.

"Ich empfinde keinen Spaß, O'Neill. Wie könnte ich ihn dann bremsen?"

+++

Daniel war auf seinem Weg zu den Toiletten bei dem Billardtisch angekommen und folgte dem Spiel dort für eine Weile. Es hatte ihn schon immer fasziniert, wie viel Logik und Geschick darin steckte, die Kugeln nacheinander mit solcher Präzision in die Löcher zu schießen.

Hinter ihm feierten die Bargäste wahrscheinlich wieder wegen eines Tors beim Hockeymatch, denn ein Chor aus Stimmen kam auf und einige betrunkene Männer sangen Siegeshymnen.
Toller Ort, dachte er sich und lief weiter als ihn jemand unsanft gegen die Brust stieß. Daniel taumelte nach hinten und erkannte im Zwielicht einen dunkelhaarigen Mann vor sich, etwa ein Kopf größer und muskulös wie ein Bulle.

"Was soll das?", fragte er über den Lärm hinweg und der Mann grinste nur böse.

"Dich kenn’ ich doch, Freundchen!"

Daniel dachte nach. Wo zur Hölle sollte er diesen Kerl her kennen? Er arbeitete definitiv nicht im SGC.

"Ich weiß nicht, was Sie meinen.", erwiderte er und wollte an ihm vorbei laufen, doch erneut wurde er zurückgestoßen.

"Natürlich weißt du das, du kleine Ratte. Wegen dir haben wir bei O'Mallys Hausverbot!"

O'Mallys...Gott, nein, das durfte nicht wahr sein!

Waren dieser Kerl und die Typen, die sich gerade um ihn herum sammelten etwa die, die mit Sam Billard gespielt hatten und nicht zahlen wollten? Er hatte sich daraufhin mit ihnen angelegt und sie alle verprügelt, damals noch mit Hilfe der Manschette.

"Sie müssen mich verwechseln...", sprach er dann nervös und blickte sich nach Jack um. Doch dieser saß an einem Tisch um die Ecke und konnte ihn nicht sehen.

"Das glaube ich nicht.", der Mann schubste ihn gegen die Wand, "Dein blödes Grinsen habe ich noch gut im Gedächtnis!"

Damit traf ihn der erste vernichtende Schlag in den Magen. Daniel keuchte und bereute schon im nächsten Augenblick, dass er etwas gegessen hatte.

Er wollte sich zum Schutz nach unten beugen, doch jetzt stürmten auch die Freunde des Kerls zu ihm und hielten ihn fest.

Daniel versuchte sich mit aller Kraft zu befreien, doch schon im nächsten Augenblick traf ihn eine Faust im Gesicht. Seine Brille fiel zu Boden und zerbarst. Sein Kopf schleuderte nach hinten und traf auf die harte Wand.

Sofort drehte sich alles um ihn, doch er wurde weiterhin festgehalten.

"Na, wo bleiben deine Superkräfte?", schrie der Mann, doch Daniel konnte nicht mehr antworten. Blut rann aus seiner Nase über sein Gesicht und tropfte zu Boden.

Wo war nur Jack, wenn man ihn brauchte?

+++

"Du solltest Daniel nicht immer alles glauben, was er sagt.", erklärte O'Neill, doch Teal`c schien skeptisch zu bleiben.

"Danieljackson bevorzugt andere Umgangsformen als diese. Ich ebenfalls."

Im Nebenraum gab es eine Schlägerei und Jack seufzte nur. Mal wieder der Beweis dafür, warum das Montignier auch "Gasthaus zur fliegenden Faust" genannt wurde.

Der Laden war so super, doch manche dieser Sportsfreunde mussten die ganze Atmosphäre verderben.

Jack erkannte, dass mehrere Männer in die Keilerei verwickelt waren und sich immer mehr dem gastronomischen Teil der Bar näherten. Plötzlich wurde einer von ihnen gegen den anliegenden Tresen geschleudert, wobei zwei der Stühle auseinander brachen.

O'Neill identifizierte das karierte Hemd sofort.

"T., sag mir, dass ich etwas mit den Augen habe."

Der Jaffa saß ebenfalls unschlüssig auf seinen Platz und versuchte die Schemen zwischen dem dicken Zigarettenrauch auszumachen.

"Nein, O'Neill.", sprach er dann und sprang auf.

Es hätte so ein wunderbarer Abend werden können...

+++

O’Neills Eingriff in die Prügelei war nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen. Duzende Rowdies schmissen sich mittlerweile gegenseitig über die Billardtische und es war unmöglich, noch irgendwelche Einzelpersonen auszumachen.

Teal`c verschwand in dem Getümmel, wahrscheinlich ging es ihm genauso. Verwirrt suchte er nach Daniel, doch an der Stelle, an der er ihn zuletzt gesehen hatte, lagen nur noch einige zerstörte Barstühle.

Jack schlang sich zwischen den kämpfenden Männern hindurch, und erkannte seinen Freund bald zwischen zwei riesigen Gorillas, die sich eingehend mit ihm beschäftigten.

Näher kam er allerdings nicht an ihn heran, denn schon im nächsten Augenblick traf ihn eine Faust ins Gesicht. Der Schlag war so versteckt gewesen, dass er sich nicht hatte wehren können.

Jack taumelte zur Seite, fing sich aber wieder und schlug um sich. Seine Faust traf eine Nase, möglicherweise die seines Angreifers, aber das war bei diesen Massen an Menschen nicht mehr nachvollziehbar.

Adrenalin schoss durch seinen Körper und er rappelte sich vollends wieder auf. Jetzt hatten sie wirklich das Tier in ihm geweckt.

Niemand verprügelte einfach so seine Teamkollegen!

Wütend schaffte er sich Platz, drängte sich an zwei kämpfenden Männern vorbei und kam schließlich nahe genug an Daniel heran, um zu sehen, wer sich über ihn her machte.

Jack war verblüfft. O’Mallys...Die Schlägerei.

An diese Typen hatte er wirklich nicht mehr gedacht. Wahrscheinlich lag es daran, dass diese Manschetten damals ihren Geist verändert hatten. Doch was sollte er hier und jetzt tun?

Wahrscheinlich wollte der Kerl sich rächen und jegliche Schlichtungsversuche würden nichts bringen.

`Dann muss es eben Handarbeit sein´, seufzte er innerlich und stürzte sich auf sein erstes Opfer.

+++

Teal`c fühlte sich einmal mehr bestätigt, dass die Tauri noch viel zu lernen hatten. Wie konnten sie ihre eigenen Brüder bekämpfen?

Major Carter hatte ihm vor langer Zeit erklärt, dass viele der zwischenmenschlichen Konflikte nur aus zwei Gründen auftraten: Macht und Gier.

Bei seiner Verfolgung der Erd- Nachrichten über mehrere Monate hatte er festgestellt, dass ihre Aussage korrekt gewesen war. Doch was er hier vorfand, stimmte nicht mit seiner Erfahrung überein.

Hier kämpften Menschen einfach der Bosheit halber.

Und das schlimme daran war, dass sie dabei O’Neill und DanielJackson verletzten.

Als Teal`c auf die Menschenmassen traf, dauerte es nicht lange, bis sich drei stark bemuskelte Männer um ihn herum sammelten. Sie hatten ärmellose Shirts und zerrissene Jeans an, wahrscheinlich ein Zeichen ihrer Rebellion.

„Du willst wohl ein paar auf die Fresse?!“, zischte einer der Männer und Teal`c hob die Augenbraue.

„Mir ist dieser Ausdruck unbekannt.“, antwortete er und musterte seine Gegner. Diese starrten ihn zögerlich an und einer von ihnen versuchte sich anschließend an einem Kinnhaken.
Teal`c brach ihm das Handgelenk, bevor er überhaupt in die Nähe seines Gesichts kam. Schwungvoll warf er den Mann zur Seite und wehrte auch einen zweiten Angreifer ab.
Der Dritte zog sich daraufhin wie ein Feigling zurück und so bahnte er sich weiter seinen Weg durch die Massen.

Schon bald hörte er das Geräusch von Polizeisirenen außerhalb des Lokals und hoffte, dass sie diese Prügelei beenden würden.

Er schob sich weiter vor, doch keine Spur war mehr von seinen Freunden erkennbar.
Waren sie auf die Toiletten geflohen?

Teal`c lief weiter, doch die wenigen Kerle, die noch immer standen, hatten keine Ähnlichkeit mit O’Neill oder DanielJackson. Und auch diejenigen, die bereits lagen, waren für ihn fremd.
Unruhig folgte er dem Nebenraum zu einem Korridor, dessen Ende eine Notausgangstür war. Diese war angelehnt und draußen hörte Teal`c, wie sich ein Wagen mit quietschenden Reifen in Bewegung setzte.

Sofort stürmte er los, doch auf der Seitenstraße angekommen, konnte er nur noch erkennen, wie ein schwarzer SUV* um die Kurve raste und auf der Hauptstraße verschwand.

* special utility vehical oder auch Truck

+++

Jack kam erst wieder zu sich, als es laut polterte. Sofort schlug er die Augen auf, nur um festzustellen, dass es dunkel war.

Er tastete alles um sich herum ab und hörte schon bald, wie ein Motor gestartet wurde. Auch das bekannte V8- Brummen bestätigte seine Vorahnung, dass er sich im Fond eines Trucks befand.

Vorsichtig bewegte er seine schmerzenden Glieder. Verdammt, er fühlte sich, als hätte ein Zug ihn überrollt...oder vielleicht auch zwei.

Es mussten mindestens vier Leute gewesen sein, die auf ihn einschlugen, nachdem er hinterrücks kampfunfähig gemacht worden war. Was zur Hölle ging hier nur vor sich?
Welche Art von Psychopathen hatten sie damals bei O’Mallys getroffen?

Der Wagen machte eine scharfe Rechtskurve und Jack rollte ungebremst zur Seite. Entgegen seiner Annahme stürzte er nicht an eine der Seitenwände des Trucks, sondern landete weich.
Ein leises Stöhnen wurde hörbar.

„Daniel?“, fragte er und musste gleichzeitig etwas Blut ausspucken. Seine Lippe war durch einen Schlag aufgeplatzt.

Er rollte sich von ihm herunter und versuchte ihn wachzurütteln.

Allerdings dauerte es nicht lange, bis sie wieder in eine Kurve einfuhren und diesmal Daniel auf ihm landete. Jack musste sich fast übergeben, als dessen Ellbogen versehentlich in seiner Magengrube landete.

Erschöpfte drückte er ihn weiter weg und griff nach seinem Arm.

„Daniel wach schon auf, verdammt! Wir haben Probleme!“

Wieder erhielt er außer einem Seufzen keine Antwort.

„Hör zu,“, erklärte er ihm trotzdem, „Ich habe keine Ahnung, wo diese Typen uns hinbringen, aber wir müssen irgendwie versuchen, zusammen zu bleiben, hast du verstanden?“

Endlich schien Daniel zu reagieren und rappelte sich langsam auf.

Allerdings drehte er sich dann von ihm ab und übergab sich. Der Inhalt seines Magens floss über den plastikverkleideten Boden an eine der Seitenwände, die mit Stoff verarbeitet war.

Jack legte seinem Freund eine zitternde Hand auf die Schulter. Er war schon selbst in genug Situationen gewesen, in denen man ihn eben bis zu diesem Punkt verprügelt hatte. Und mit der Art von Magenschmerzen war nicht zu spaßen.

„Natürlich, kotz´ auf das bestes Stück dieses Irren. Das wird ihn erst richtig in Fahrt bringen...“, seufzte er dann und wartete auf die Dinge, die da kommen würden.

+++

Sam war nicht erstaunt, als ihr Handy kurz vor sieben Uhr klingelte. Wahrscheinlich waren es die Jungs, die sie davon überzeugen wollten, was für eine großartige Party sie gerade verpasste.

Sie musste grinsen.

Wann auch immer Jack solche Parties schmiss, endeten sie für seine Gäste meist mit einem schrecklichen Kater.

Sie überprüfte die Telefonnummer und fühlte sich bestätigt, als das Display O’Neills Nummer zeigte.

„Was gibt’s, Sir?“, fragte sie freudig, doch schon im Hintergrund hörte sie Polizeisirenen. Wo waren sie jetzt wieder hinein geraten?

„MajorCarter?“, Teal`cs Stimme war leise und besorgt.

„Ja, was ist los, Teal’c ?“, fragte sie nervös.

Wieder herrschte Stille und sie vernahm das Rauschen eines Funkgerätes, nicht weit von Teal`cs Position entfernt.

„O’Neill und Danieljackson sind in einen Kampf verwickelt worden. Jetzt sind sie verschwunden.“

„W...W...Was?!“, fragte Sam erschrocken, “Teal`c, was soll das heißen, sie sind verschwunden?“

„Danieljackson ist in eine Schlägerei verwickelt worden. Wir haben versucht, ihn zu unterstützen, doch plötzlich waren er und O’Neill nicht mehr da. Ich habe nur noch ein schwarzes Fahrzeug gesehen, der von hier geflohen ist. Möglicherweise befanden sie sich in dem Wagen. Ich habe O’Neills Telefon in dem Korridor zum Notausgang gefunden.“

“Du denkst, sie sind entführt worden?“

„In der Tat, MajorCarter.“

Sam stoppte ihrem Wagen und parkte am Straßenrand, hatte sie sich doch gerade auf den Weg zu Cassie gemacht. Dann musste das wohl warten.

„Wo bist du gerade?“

„In einer Bar namens...Montignier...“, die Verbindung schien schon bald zusammenzubrechen, also musste sie sich kurz fassen.

„Also gut, ich rufe General Hammond an und komme gleich dorthin. Bleib wo du bist, Teal`c!“

Damit legte sie auf und wählte Hammonds Durchwahlnummer für den Komplex. Der Besitz dieser Nummer war ein Privileg, dass nicht jedem im SGC zustand.

Gott, was machten sie auch im Montignier? Das war eine der angesagtesten Rocker- Kneipen der Stadt!

Sams Hand zitterte, als Hammond sich am anderen Ende der Leitung meldete.

„Sir,“, sprach sie dann und versuchte das Beben in ihrer Stimme zu verstecken, „Wir haben ein Problem.“

+++

Sie waren nicht besonders lange in dem Truck hin und her geschleudert worden, als das Gefährt plötzlich merkbar langsamer wurde.

Türen wurden geknallt und erschütterten den gesamten Fond.

Jack stieß Daniel an, damit dieser wieder halbwegs zu sich kam.

Sie waren beide schwer mitgenommen und konnten sich kaum bewegen, trotzdem musste sie jetzt wach bleiben. Jacks Rippen schmerzten, vermutlich das Resultat eines kräftigen Trittes. Seine rechte Hand hatte ebenfalls eine Menge abbekommen. Vor lauter Schock war er sich nicht sicher, ob alle Finger noch in Ordnung waren.

Was auch immer nun kam, es würde ihnen mit Sicherheit nicht gefallen.

Die Türen zur Ablagefläche wurden geöffnet und Licht blendete ihn für den Bruchteil einer Sekunde. Als er wieder klar sehen konnte, soweit das mit einem blauen Auge möglich war, erkannte er die Männer wieder, die sich gerade daran machten, Daniel herauszuziehen.
Dieser gab keinen Mucks von sich und ließ sich wie ein altes Handtuch auf den Asphalt schmeißen. Jack sah nach draußen.

Sie schienen sich in einem Waldgebiet zu befinden, die Straße war leer und nur zweispurig.

„Und jetzt du!“, grölte einer der Männer und zog O’Neill an den Beinen nach draußen.
Auch er landete unsanft neben Daniel auf dem noch warmen Asphalt. Erst jetzt erkannte er seine Umwelt wieder.

Sie waren im Nationalpark!

Warum zur Hölle hatten diese Kerle sie in den Nationalpark gebracht?

„Mal sehen, wie sie jetzt wieder nach Hause finden!“, freute sich ein anderer dieser Kerle und trat O’Neill zum Abschied noch einmal in den Magen.

Die Schmerzen schalteten sein Denken aus, doch er bekam noch mit, wie die Türen wieder geschlossen wurden und der Wagen weiter fuhr, nur um kurze Zeit später wieder zu halten.
Jack drehte sich in die Richtung des Gefährts um und erkannte, wie es auf der Straße wendete.
Dann quietschten Reifen und der Truck raste auf sie zu.

Erst jetzt verstand er ihre Intention. Wer würde schon hier nach ihnen suchen...vielmehr nach ihren Leichen?

„Daniel!“, warnte Jack und blickte sich um. Links von ihnen führte eine steile Wand auf einen der höchsten Berge dieser Regionen, rechts war ein Abhang, der einen Blick auf den angrenzenden Fluss gestattete. Offensichtlich hatten sie keine besonders große Auswahl, ihrem Schicksal zu entgehen.

Der Truck kam immer näher, war nur noch knappe fünfzig Meter von ihnen entfernt.

„Daniel!“, schrie Jack wieder, doch sein Freund lag immer noch regungslos auf der Straße.
Kurzentschlossen schlang Jack die Arme um ihn und rollte sich mit ihm unter der Leitplanke hindurch und den Abhang hinunter. Über ihnen krachte der Truck gegen die Metallschiene und brachte sich in letzter Sekunde wieder zurück auf die Straße.

Jack hingegen fühlte sich, als würde ihm die Haut von den Knochen gerissen, als er zusammen mit Daniel über die spitzen Steine rutschte und immer schneller wurde.
Ein kleiner Hügel katapultierte sie in die Höhe und beide landeten unsanft auf noch mehr Steinen. Durch den harten Aufprall schaffte Jack es nicht, Daniel länger festzuhalten und versuchte Halt an einer Wurzel zu finden, doch er rutschte ab und folgte seinem Freund in die Tiefe.
Teil 2
Als Jack wieder zu sich kam, spürte er sofort den harten Boden, auf dem er rücklings gelandet war. Der intensive Schmerz vernebelte seine Sinne, denn es fühlte sich so an, als sei seine Wirbelsäule eingequetscht zwischen Tonnen massiven Gesteins.

Vorsichtig rollte er sich zur Seite, nur um gegen einen grossen Felsbrocken zu stoßen.

Wo waren sie jetzt wieder gelandet?

Benommen öffnete er die Augen und blickte auf seine eigenen verletzten Hände, die verzweifelt versuchten, auf den rutschigen Kieselsteinen Halt zu finden.

Er zitterte.

Vermutlich lag es an dem aufkommende Schock.

Wie er es in seiner Ausbildung gelernt hatte begann er, sein Erste Hilfe Protokoll zu durchlaufen. Wo hatte er Schmerzen? War ihm schwindlig? Blutete er irgendwo? Um welche Art von Verletzung handelte es sich? War die Wunde verdreckt? Waren Knochen gebrochen?

Langsam tastete er seinen Körper ab und machte an seinem Knie halt.

Der stechende Schmerz brachte ihn an die Grenze seiner Belastbarkeit und Jack war sich sicher, dass es diesmal soweit war. Sein Kniegelenk war ganz sicher irreparabel geschädigt.

Ein prüfender Blick nach unten genügte und er sah, dass seine Hose aufgerissen war. Ein blutiges rechtes Knie wurden zwischen den Stofffetzen sichtbar und wo das Material noch heil war, wurde es von Blut durchnässt.

„Gott!“, fluchte er und versuchte sich vorsichtig aufzurichten, doch das war schwerer als erwartet. Seine wackligen Beine gehorchten ihm nicht mehr, ebenso wie die zitternden Arme.

Der Schmerz gepaart mit dem Adrenalin, was vor Aufregung durch seine Adern schoss raubten ihm die Kontrolle über seinen Körper. Jedes seiner Glieder fühlte sich wie Wackelpudding an und er brauchte mehrere Sekunden, um sich wieder zu fangen.

Er suchte nach anderen Verletzungen, doch bis auf ein paar böse Prellungen und Schnitte, die ihre schmerzende Natur preisgeben würden, sobald er den Schock überwand, konnte er nichts schlimmeres ausmachen.

Glück im Unglück, seufzte er innerlich und sah sich um.

Vor ihm erstreckte sich die hohe Felswand, von der sie offenbar herunter gestürzt waren, denn oben konnte er die zerbeulte Leitplanke erkennen. Rund um den Vorsprung herum wuchsen dichte Nadelbäume und hier und da blickten spitze Felskanten zwischen dem losen Gestein hervor. Hinter ihm erstreckte sich ein breiter und an einigen Stellen durchaus tiefer und strömungsreicher Fluss.

Hier war er mal vor langer Zeit gewesen in der Hoffnung, sich einen Lachs angeln zu können, doch die Strömung war selbst für diese Tiere nicht leicht zu überwinden.

Wenn er sich recht erinnerte, waren sie etwa zwanzig Meilen von Colorado Springs entfernt.

Jack drehte seinen Kopf zur Seite und entdeckte Daniel, der einige Meter von ihmentfernt auf der Seite lag, den Kopf in Richtung des tosenden Flusses gedreht.

Beunruhigt rief er seinen Namen, doch der Archäologe blieb regungslos liegen.

O’Neill war sich nicht sicher, ob er ihn durch den Lärm des Wassers nicht gehört hatte, oder ob Daniel bewusstlos war. Ganz offensichtlich gab es nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden.

Laut fluchend und stöhnend schaffte Jack es auf die Beine. Jedes Glied an seinem Körper schmerzte und sein verletztes Knie machten ihm das Leben schwer. Es fühlte sich fast so an, als hätte er einen Tritt dagegen erhalten oder sich an den steilen Felswänden gestoßen, wie auch immer.

Der Schmerz war jedenfalls immens.

Vorsichtig humpelte er über die losen Kieselsteine hinweg, stützte sich auf den eiszeitlichen Felsbrocken ab, die hier und da verstreut herum lagen und ließ sich neben Daniel nieder.

Der Archäologe hatte sich schützend zusammen gerollt und seinen Kopf auf die nassen Steine gebettet. Zitternd rang er nach Luft und ignorierte seinen Freund, der ihm eine beruhigende Hand auf den Arm legte.

„Daniel?“

Jack beugte sich näher zu ihm herunter und begann, nach Verletzungen zu suchen.

Allerdings schien es, als hätte sein verzweifelter Versuch, Daniel bei dem Absturz zu schützen, doch gefruchtet. Bis auf ein paar kleinere Blessuren und einen gebrochenen Finger war er von schwereren Verletzungen verschont geblieben.

„Daniel, kannst du mich hören?“

Blut rann aus einem langen Schnitt in seiner Wange über sein Gesicht, allerdings zeigte der Archäologe keine Regung, etwas dagegen zu unternehmen.

Schock.

Egal wie, aber Jack musste ihn wieder auf die Beine bekommen. Er wusste, dass Daniel sich wahrscheinlich nicht besser fühlte, als er selbst. Gerade im Gegenteil, ihm war die Bekanntschaft mit den Barhockern erspart geblieben.

Trotzdem würde es nicht besser werden, wenn er weiterhin auf dem kalten Untergrund lag und vor sich hin zitterte.

„ Komm schon, Daniel. Du musst aufstehen, sonst wird es nie besser.“

Er kannte das Gefühl nach genügend Schlägen auf den Kopf. Es war wie drei Kater gleichzeitig.

Daniel hustete kurz und versuchte sich dann wortlos aufzurichten. Aber selbst mit Jacks Hilfe gelang es ihm erst nach dem zweiten Anlauf.

Als sie dann endlich Schulter an Schulter nebeneinander saßen, seufzten beide vor Erschöpfung. Die Prügelei und der anschließende Sturz hatten sie ausgezehrt.

Jack blickte zum Himmel und stellte fest, dass es sich nur noch um wenige Minuten handeln musste, bevor auch die letzten Sonnenstrahlen des Herbstabends hinter den Bergspitzen verschwunden waren.

Und sie saßen verletzt hier mitten in der Wildnis fest...

Im Augenwinkel erkannte er, wie Daniel Blut ausspukte und dann kurz die Augen schloss. Erschrocken über ein solch schlechtes Zeichen, wandte er ihm seine gesamte Aufmerksamkeit zu.

Sein Gegenueber hatte es bemerkt und zuckte kurz mit den Schultern.

„Hab mir auf die Zunge gebissen.“, erklärte er erschöpft und reagierte nicht einmal mehr, als Blut aus seiner Nase über sein Kinn hinweg auf die teure Jeans tropfte.

„Du siehst trotzdem nicht besonders gut aus.“, entgegnete Jack und versuchte die Wunde an seiner Wange mit einem Taschentuch zu reinigen.

Daniel wich ihm aus und schnaufte verächtlich.

„Schon mal in den Spiegel gesehen?“

Damit wandte er sich ab und stand langsam auf. Mühsam gelang es ihm nach mehreren Anläufen stehen zu bleiben und er blickte sich verwundert um.

„Wo sind wir?“

Jack streckte seine Beine aus und machte eine ausladende Handbewegung.

„Im Nationalpark...im tiefsten Herzen der Natur, wo Bär, Wolf und Klapperschlange sich Gute Nacht sagen.“

Daniel umging den Kommentar und wandte sich besorgt seinem Freund zu.

„Dein Bein sieht schlimm aus, ist es gebrochen?“, damit deutete er auf die blutige Stelle, die ehemals Jacks rechtes Knie war. Der Colonel seufzte leicht, als bei der kleinsten Bewegung erneut Schmerzen aufkamen und zuckte dann ebenfalls mit den Schultern.

„Lass es uns herausfinden.“, damit streckte er dem Archäologen einen Arm entgegen und dieser zog ihn mit der unverletzten Hand auf die Beine.

„Daaaaasssss...fühlt sich nicht gut an.“, stöhnte der Colonel als das vorherige Pochen in seinem Knie zu ungewohnter Intensität anstieg. Es schien durch seinen ganzen Körper zu wandern und dann wieder zurück zum Ausgangspunkt.

Mit dem Pochen wurde ihm übel und schwindlig und er musste sich gegen Daniel stützen, um nicht zur Seite zu fallen.

„Denkst du, du kannst laufen?“, erkundigte sich der Archäologe mit etwas heiserer Stimme. Auch er war nicht in bester Verfassung, doch er war jünger als O’Neill und steckte manches besser weg.

„Momentan...nicht.“, antwortete Jack dann enttäuscht, als die Schmerzen fast die Überhand über sein Bewusstsein bekamen. Wenn kein Wunder geschah, mussten sie die Nacht hier verbringen, was im Herbst enorm viel Energie kostete, denn auch dann schon konnte das Thermometer in den Bergen in den Keller sinken.

Umso mehr mussten sie jetzt alle Kräfte, die sie hatten, schonen und sich ein Nachtlager basteln. Wer wusste schon, wie lange sie hier bleiben mussten, bis Hilfe eintraf.

Was für eine schrecklicher Ausgang für einen solch vielversprechenden Abend...

+++

Binnen weniger Stunden nach der Prügelei wimmelte es im Montignier nur so von Soldaten. Der gesamte Parkplatz stand nun voll von dunkelgrünen Militär- Jeeps und den Wagen einiger Stadtpolizisten, die sich in das Geschehen einmischen wollten.

Sam stand zusammen mit Teal`c an einem Streifenwagen, während der Hüne eine Beschreibung der Männer abgab, die sich zuletzt mit Jack und Daniel geprügelt hatten.

Wie es schien war die Keilerei im hinteren Teil des Montignier ausgebrochen, dort, wo sich die harten Jungs den Abend mit Billard vertrieben. Teal`c hatte erwähnt, dass Daniel kurz auf der Toilette verschwunden war und dann nicht mehr wiederkehrte. Vermutlich war er diesen Typen aufgefallen und sie hatten ihm eins auswischen wollen.

Später waren dann O’Neill und er dazugestoßen und plötzlich verlor sich die Spur der beiden SG-1- Mitgliedern.

Sam lag das alles schwer im Magen, denn sie konnte sich einfach nicht erklären, wohin man sie verschleppt haben sollte, und vor allem warum?

Eine Bar-Prügelei war die eine Sache, jemanden zu entführen eine andere. Wer könnte ein Interesse an den beiden haben und sich dabei nachts in Sportkneipen herumtreiben?

Sollte wieder irgendeine Geheimorganisation dahinter stecken? Wenn ja, wo waren Jack und Daniel jetzt?

Wo würde man sie hin verschleppen?

Nervös biss sie sich auf die Lippe und sah dann wieder auf die Phantomzeichnung am Laptop des Polizisten, die Teal`c gerade beschrieb. Plötzlich, als sie die Augen sah, hielt sie erschrocken den Atem an.

War das möglich?

Verzweifelt suchte sie mit Teal`c Augenkontakt und deutete dann auf das Bild.

„Ich...ich glaube, ich kenne ihn.“

+++

Daniel hatte sich als wahrer Meister im Wegstecken von Schmerzen erwiesen, als er O’Neill vorsichtig weiter an den Rand des Vorsprungs und weg vom kalten Ufer des Flusses zog.

Es war schon fast dunkel und ihre Chancen auf eine Rettung noch in der selben Nacht standen denkbar schlecht. Also mussten sie nun all ihre Kräfte nutzen, um zu überleben.

Jacks Knie war schwer verletzt, daran bestand kein Zweifel. Die Schmerzen waren fast unerträglich und würden sich auch so schnell nicht wieder legen. Umso mehr griff ihm Daniel unter die Arme, der trotz gebrochenem Finger und einigen bösen Prellungen noch fit genug war, um weiter unten am Fluss eine weggeworfene blaue Plastikplane für sie zu organisieren. Damit konnten sie sich wenigstens ein bisschen vor dem Wind schützen, der hier durchs Tal peitschte.

Dankbar hatte Jack diese angenommen und sich erschöpft gegen einen Baumstamm gelehnt, während Daniel noch zwei dürre Äste einer benachbarten Tanne abbrach und zu Speeren umfunktionierte. Ein schwacher Trost, falls sie wirklich Besuch von einem Grizzly erhielten, aber besser als nichts.

O’Neill fühlte sich von Stunde zu Stunde ausgelaugter. Zuvor hatten die zwei Bier vom Abend die Schmerzen noch unterdrückt, doch mit zunehmend niedrigerer Promillezahl im Blut nahm das Pochen aus seinem Bein überproportional zu.

Es war schon lange her, seit er das letzte Mal so verprügelt worden war und dann noch mitten in der Wildnis ausgesetzt zu werden, ohne Nahrung, dazu noch einem Abhang hinunter zu stürzen... es war alles zuviel für ihn gewesen.

Vermutlich hätten sie die Typen schon damals bei O’Mallys so fertig machen sollen, dass sie sich nie wieder in ihre Nähe trauten. Aber Carter mit ihrem Vernunftgehabe...

Doch was brachte ihm all die Wut jetzt?

Nichts, außer kalte Füße.

Daniel gesellte sich zu ihm und legte seine zwei primitiven Waffen zwischen sie. Mit einem Seufzer ließ er sich neben O’Neill nieder und studierte das Gesicht seines Freundes.

Jack traf seinen Blick und erkannte, dass er sich das Blut mit etwas Wasser vom Gesicht gewaschen hatte. Nun zierten ihn einige tiefe Kratzer und blaue Flecke. Im Halbdunkel des Abendrotes stachen seine Wangenknochen hervor, als hätte er tagelang nichts gegessen, doch es waren nur einige Prellungen.

„Was macht das Knie?“, fragte Daniel dann besorgt und deutete auf die Stelle unter der blauen Plane.

Jack schob diese mit einem lauten Rascheln beiseite und er erkannte die dunklen Flecken von getrocknetem Blut dort, wo sein schlechtes Kniegelenk saß.

Daniel verzog bei der Vorstellung, wie schmerzhaft das sein musste das Gesicht und deutete dann neben O’Neill.

„Was dagegen, wenn ich mit unter die Decke komme? Hier draußen wird es ohne Jacke langsam etwas kalt.“

Das war Jack noch gar nicht aufgefallen. Bevor er sich in die Prügelei eingemischt hatte, hatte er unterbewusst seine Lederjacke angezogen. Daniel hingegen trug nur sein dünnes Karohemd.

„Komm ruhig ins Bettchen, Mary.“, höhnte er gespielt und der Archäologe kroch mit unter die blaue Plane, die weniger Wärme spendete, als eine Rolle Toilettenpapier.

„Es lebe die Umweltverschmutzung!“, sprach O’Neill dann und beobachtete, wie Daniel sich neben ihn an den Baum lehnte. Sichtlich nervös blickte er auf seinen rechten Ringfinger, der mittlerweile stark angeschwollen war. Jack sah, wie sehr er zitterte.

„Das kriegt Fraiser schon wieder hin. Morgen versuchen wir einfach zurück auf die Straße zu kommen und früher oder später werden wir auf einen Park- Ranger treffen.“

„Wenn wir nicht vorher erfrieren oder am Schock sterben.“, fuhr Daniel grimmig fort und legte sich bereit zum schlafen auf den weichen aber feuchten Waldboden.

O’Neill tat es ihm nach und rutsche vorsichtig weiter nach unten, während er versuchte, sein Bein nicht allzu sehr zu belasten. Wenn er es jetzt schonte, konnte er morgen vielleicht wieder halbwegs gut laufen.

„Ach und Daniel, was hältst du davon, wenn wir unsere Körperwärme ausnutzen und-“

„Halt die Klappe, Jack.“, kam es prompt zurück und O’Neill zuckte verständnislos mit den Schultern.

„Nicht mal ein bisschen kuscheln?“

„Könntest du mit diesem Blödsinn aufhören, Jack? Wir sind hier mitten in der Wildnis und du bist schwer verletzt. Mir steht momentan nicht der Sinn nach dieser Art der Konversation!“, bei den letzten Worten hatte Daniel sich fast verschluckt, so sehr zitterte er mittlerweile.

Trotzig rollte er sich auf die von O’Neill abgewandte Seite und versuchte etwas Wärme durch die blaue Plane zu speichern.

Jack hatte diese Reaktion erwartet, doch sie mussten überleben und sein Sarkasmus hatte ihm schon durch so manche schwere Situation geholfen. Schließlich hatte er schon im ersten Ausbildungsjahr beim Militär gelernt, dass es niemanden half, wenn man sich wieder und wieder die Ausweglosigkeit einer Situation klar machte. Dies führte nur zur Frustration, und diese war kontraproduktiv und verschwendete obendrein wertvolle Energie.

„Willst du wenigstens meine Jacke haben?“, bot er dann an, doch Daniel schüttelte den Kopf.

„Dann hast du nur ein Shirt an und frierst dich halb zu Tode, bevor ich erst einmal in deiner Jacke wieder warm geworden bin. Behalte du sie, du bist verletzt.“

„Das sind wir beide.“, gab O’Neill zurück und schloss die Augen. Das laute Rauschen des angrenzenden Flusses würde ihn wohl die halbe Nacht wach halten, die restliche Zeit würde er sich wahrscheinlich um Daniel Sorgen machen.

Das ironische daran war, dass es dem Archäologen wohl genauso gehen würde.

+++

„Was soll das heißen, Major?“, erkundigte Hammond sich überrascht und stemmte seinen starken Arm gegen die Kühlerhaube eines der vielen Militärjeeps. Sogar er war persönlich gekommen, nachdem sie ihm von den tragischen Ereignissen erzählt hatte.

Immerhin konnte dies zu einer Enthüllung des Stargateprogramms führen, wenn die Entführer es schafften, Daniel oder Jack irgendwie zu manipulieren, um an gewünschte Informationen heran zu kommen.

„Nun Sir...“, begann Sam zögerlich. Diese Geschichte war für SG-1 nicht besonders rühmlich gewesen,“ Eigentlich...als wir damals die Prügelei bei O’Mallys ausgelöst haben, sind wir auf diese Männer gestoßen- oder Daniel vielmehr. Er hat sich mit ihrem Anführer angelegt.“

„Und jetzt haben sie sich gerächt?“

„Das glaube ich, Sir.“

Hammond legte die Stirn in Falten. Sie hatten damals ausgiebig über die Geschehnisse gesprochen, es machte keinen Sinn mehr, sie wieder und wieder aufzurollen.

„Und wo könnten wir sie jetzt finden? Haben sie bei O’Mallys eine Adresse hinterlassen?“

Carter war plötzlich hellwach. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Sie hatten damals nur die Hälfte des Schadens bezahlt, den Rest mussten die Männer, mit denen sie sich geprügelt hatten bezahlen. Einer von ihnen musste eine Adresse hinterlassen haben...

„Das werde ich gleich herausfinden, Sir.“

+++

Es hatte überraschenderweise nicht besonders lange gedauert, bis Daniel eingeschlafen war. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass dieser Abend ihn komplett erschöpft hatte.

Eigentlich sollten er und Jack jetzt auf der Krankenstation unter der liebevollen aber strikten Pflege von Janet Fraiser im Bett liegen, doch stattdessen übernachteten sie unter einer weggeworfenen Plane.

In seinen Träumen wanderte er zurück in sein Büro im SGC, wo noch soviel ungetane Arbeit auf ihn wartete. Außerdem wollte er nächstes Wochenende doch nach Chicago fliegen, das hatte er Steve Rayner nach all dem, was mit Sarah geschehen war versprochen.

Weg von seinem Büro driftete Daniel nun zur Krankenstation, wo er Janet erkannte, die geschäftig ihren Tätigkeiten als Ärztin nachging...

Wie sehr wünschte er sich jetzt, auf einem dieser Betten liegen zu können.

Erschöpft wollte er weiter reisen, als ihn jemand am Arm rüttelte. Verzweifelt versuchte Daniel sich von der Bewegung zu lösen, doch es gelang ihm nicht.

Ein Blick zur Quelle der Störung verriet ihm, dass es dieselben Typen waren, die ihn vorher verprügelt hatten. Und nun waren sie nicht mehr nur zu fünft, diesmal waren es etliche duzend.

„Daniel!“, rief einer von ihnen und er wollte sich abwenden, doch der Anführer hielt ihn fest. So sehr er es auch versuchte, er kam nicht los.

„Daniel, wach auf!“

Erst jetzt verstand er die Worte und sein Unterbewusstsein schickte ihn prompt in die Realität zurück.

Eine unbarmherzig kalte und schmerzerfüllte Realität, wie es sich herausstellte.

Daniel wachte in einem Zustand des dauerhaften Zitterns auf, seine Zähne klapperten so laut, dass er sich wunderte, warum sie ihn nicht geweckt hatten.

Auch die blaue Zeltplane spendete mehr Kälte als Wärme und ließ ihn schutzlos den nächtlichen Temperaturen ausgesetzt.

Er spukte etwas Blut aus, das sich in den letzten Stunden in seinem Mund gesammelt hatte und schien Jack damit noch mehr zu erschrecken.

„Mach so etwas bloß nicht noch einmal!“, fluchte der Colonel verzweifelt und Daniel spürte im selben Augenblick, wie sich ein warmer Arm um ihn schlang.

Jacks Hand berührte flüchtig seinen Hals, danach seine Stirn.

„Sieh mich an! Bist du wach, Daniel?“, O’Neills Stimme klang heiser und sehr besorgt. Das bisschen Licht des Mondes ließ sein Gesicht wie das eines alten Mannes aussehen.

Der Archäologe blickte langsam auf und verfluchte sich im nächsten Moment dafür. Sein Kopf schmerzte so sehr, als wolle er jede Minute zerspringen. Das Blut in seinem Mund hatte das alte Gefühl der Übelkeit wieder auf den Plan gerufen und jede Bewegung regte seinen Magen nur noch mehr an, sich wieder zu verkrampfen.

Jacks Hand stützte seinen Kopf, sodass er die Wärme spürte, die von ihm ausging.

„Komm schon Kumpel, sieh mich an!“, forderte der Colonel wieder und endlich gelang es Daniel, die Augen offen zu behalten und wieder vollends zu sich zu kommen.

„So ist’s gut.“, lobte Jack und zog seine Lederjacke aus. Schon im nächsten Moment lag diese wärmend um Daniels Schultern und linderte seinen Schüttelfrost.

„Was...ssst...passs....iert?“, fragte er mit zitternder Stimme und spürte, wie Jack die Hand auf seinem Oberarm kreisen ließ, um durch die Reibung etwas mehr Wärme zu erzeugen.

„Das wüsste ich selbst gerne. Du warst bewusstlos und ich habe eine halbe Stunde versucht, dich zu wecken.“

„Ge...schlafen...“, entgegnete Daniel doch Jack schüttelte den Kopf.

„Du hast nicht geschlafen, du warst bewusstlos. Und du hast Fieber.“

Daniel hatte nicht die Energie für Diskussionen, er wollte einfach nur schlafen. Doch sobald er die Augen schloss, stieß O’Neill ihn leicht an.

„Bleib jetzt wach, in einigen Stunden geht die Sonne auf, dann machen wir uns auf den Weg zur Straße, hörst du?“

Der Archäologe musste Husten und spürte sofort die Schmerzen überall an seinem Körper von den Schlägen, die er hatte einstecken müssen. Sein unbequemer Schlafplatz, keine Aspirin und die Kälte verdoppelte die Intensität des Pochens nur noch mehr.

Wenn er es da mal schaffte, wach zu bleiben...

+++

„General, ich habe eben mit dem Betreiber von O’Mallys telefoniert.“, erklärte Sam etwas hoffnungsvoller. Zumindest waren sie nun den Leuten, die O’Neill und Daniel verschleppt hatten etwas dichter auf der Spur.

„Was haben Sie herausgefunden, Major?“

Sam gesellte sich zu ihm und Teal`c, die beide etwas Abseits von dem Geschehen standen. Noch immer waren einige Soldaten damit beschäftigt, Augenzeugen auszufragen um so an mehr Details zu kommen.

Aber es glich der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.

„Nun, wir haben zumindest einen Namen und eine Adresse: Michael O’Hare, wohnt nicht weit weg von hier in Spring Lake. Ich kann nicht garantieren, dass er diesmal mit dabei war, aber es ist einen Versuch wert.“

Hammond nickte und deutete dann auf einen Jeep, der nicht weit weg von ihnen am Straßenrand geparkt war.

„Machen sie sich mit Teal`c auf den Weg, ich werde die Suche vom Stützpunkt aus leiten. Vielleicht kann ich einige Hebel in Bewegung setzen und Unterstützung herbeirufen. Seien sie vorsichtig.“

„Ja, Sir. Danke.“, sprach Sam dann und folgte Teal`c zu dem großen SUV. Der Jaffa war sehr still, irgendetwas schien ihn zu bedrücken.

Sam nahm an, dass er sich schuldig fühlte, weil er die Situation nicht hatte verhindern können, aber sie waren alle nur Menschen...im weitesten Sinne. Nicht einmal von ihm konnte man Heldentaten erwarten, vor allem nicht, wenn er nebenbei gegen fünf erwachsene Männer kämpfen musste.

+++

Die endlose Nacht wich langsam dem kühlen Morgen und Jack verschwendete keine Zeit, sondern versuchte schon mit den ersten Sonnenstrahlen wieder auf die Beine zu kommen. Seine Muskeln waren steif von der unbequemen Liegeposition und vor allem von der Kälte.

Die letzten vier Stunden hatte er damit zugebracht, Daniel zu überwachen, damit dieser nicht wieder in die Bewusstlosigkeit zurück driftete. Bei solchen Temperaturen konnte es das Todesurteil bedeuten.

Und so hatte er die restliche Zeit auf der Seite gelegen und versucht, ihn wach zu halten, während der Archäologe immer wieder in den Sekundenschlaf zurückfiel.

Wie sehr sehnte Jack sich jetzt nach einem warmen Bett, vielleicht sogar einer Tasse heißen Kaffe und einem Muffin.

Das wäre im Moment genau das richtige.

Ein dicker...runder...mit Schokosplittern bestückter Muffin...

Müde dehnte er seine Muskeln und übersah das Gebiet, sofern es das karge Morgenlicht erlaubte. Die Straße über ihnen schien unerreichbar, Jack fragte sich, wie sie überhaupt lebendig da herunter gekommen waren, denn er entdeckte keinen halbwegs sicheren Pfad nach oben.

Überall waren Wände aus blankem Fels oder rutschigem Schotter und sie mussten mindestens fünf oder sechs Meilen weiter flussaufwärts gehen, um vielleicht mit etwas Glück wieder auf die Straße zu kommen. Dann brauchten sie noch etwas mehr Glück, um einem Park Ranger zu begegnen.

Flussabwärts würden sie früher oder später auf einen riesigen Staudamm treffen, der aber noch außer Sicht war. Dazu müssten sie jedoch an den steilen Hängen der Wälder entlang klettern, denn der Wasserpegel stieg beträchtlich, je näher sie dem Damm kamen. Und das war mit seinem Knie wohl kaum möglich.

Dann hatten sie noch die Option, den Fluss zu überqueren, doch auch dazu mussten sie etwas weiter von dieser Stelle weg, denn hier war das Flussbett noch zu breit und mit einigen gefährlichen Strömungen versehen, die sie leicht ihr Leben kosten könnte.

Auf der anderen Seite angekommen würden sie zu einer Waldhütte gelangen, von der Jack wusste, dass sich dort ein Funkgerät befand. Er selbst hatte geholfen, sie damals aufzubauen. Leider hatte man bei ihrer Seite des Flusses darauf verzichtet, denn während der Schneeschmelze stieg der Fluss stark an und überschwemmte das Ufer weitreichend. Eine Hütte hätte da nicht lange überlebt.

Sein Fazit war also, flussaufwärts entweder nach einer Möglichkeit zu suchen, die Straße zu erreichen, oder auf die andere Seite zu gelangen und die Hütte zu finden.

„Also gut, Daniel. Aufstehen! Rise and Shine!“

Damit stieß er seinen Freund vorsichtig an und hörte diesen gleich darauf stöhnen.

„Na komm schon, genug geschlafen. Es ist Zeit, wieder nach Hause zu wandern, ins Gelobte Land, Judas!“

„Moses.“, korrigierte ihn Daniel automatisch, „Moses ist ausgezogen um sein Volk vor der Versklavung durch die Ägypter zu retten.“

„Ja, meine ich doch...wie auch immer....steh auf.“

Langsam aber sicher richtet sich nun auch Daniel auf und starrte Jack erschöpft an.

„Schöner Teint!“, bemerkte O’Neill und deutete auf Daniels Gesicht, das mittlerweile diverse Farbtöne annahm. Doch der Colonel wusste auch, dass er nicht viel besser aussah.

„Was macht dein Bein?“, fragte der Archäologe besorgt zurück, doch Jack zuckte nur mit den Schultern.

„Lass es uns herausfinden.“

Damit stützte er sich vom Boden ab und schaffte es diesmal tatsächlich auf Anhieb stehen zubleiben. Daniel wollte ihm helfen, doch Jack winkte ab.
Er musste es allein schaffen.

Vorsichtig machte er einen Schritt zur Seite und sofort flammten die Schmerzen in seinem Knie wieder auf. Doch er konnte sie nach ihrer „Nachtruhe“ nun etwas besser kontrollieren.

Ein weiterer Schritt und die Schmerzen nahmen wieder ein bisschen mehr ab. Langsam gewöhnte er sich an die Intensität und das musste er auch, wollten sie vor heute Abend wieder die Zivilisation erreichen.

„In welche Richtung sollen wir gehen?“, erkundige Daniel sich nervös und rieb sich unterbewusst die schmerzende Hand. Sein gebrochener Finger musste dringend behandelt werden.

„Immer stromaufwärts, bis uns jemand findet...“, bemerkte O’Neill sarkastisch und deutete auf den Kiesweg direkt neben dem Fluss. Vorsichtig humpelte er los.

„Oh...“, Daniel begann ihm zu folgen, „Wie groß ist deiner Meinung nach die Zeitspanne unserer erwarteten Rettung?“

O’Neill wollte antworten, als er einen Regentropfen auf der Nase spürte. Ein zweiter gleich danach auf seiner Schulter, ein dritter auf seiner Stirn.

„Strebt gegen unendlich, Daniel.“

Teil 3

Sam und Teal‚c hatten wenig später das besagte Apartmentgebäude erreicht, doch wie zu erwarten, war niemand da. Möglicherweise war ihr Hauptverdächtiger noch immer damit beschäftigt, Daniel und Jack zu verschleppen.

Oder vielleicht war er überhaupt nicht an der Schlägerei beteiligt gewesen.
Frustriert biss Sam sich ein weiteres Mal auf die Lippe.

Das hier brachte doch überhaupt nichts! Aber wo sonst sollten sie suchen? Wohin sollte man ihre Kollegen gebracht haben?

Sie konnte nicht einmal davon ausgehen, dass die beiden entführt worden waren. Möglicherweise hatte sie ein viel schlimmeres Schicksal ereilt...

Sie wollte das gar nicht erst in Betracht ziehen.

Aber zumindest war es eine Möglichkeit. So oder so, es war nicht auszuschließen.

Schon vor einer Stunde waren sie im Apartment dieses Mannes gewesen, hatten anschliessend das ganze Gebäude nach Zeichen von Daniel und Jack umkreist, die Nachbarn befragt, doch sie fanden nichts...

Ziellos irrte Sams Blick über die Straße hinweg und endete schließlich auf Tea’c, der bedrückt auf dem Beifahrersitz saß.

Auch an ihm war das Geschehene nicht spurlos vorübergezogen. Er saß still neben ihr und blickte in seinen Schoß, wo er noch immer O’Neills Geldbörse und Handy liegen hatte, die einzigen Zeichen, die er von ihm in der Bar noch finden konnte.

„Es war nicht deine Schuld.“, erklärte Sam dann und legte ihm eine Hand auf die massige Schulter. Trotzdem schien der Jaffa das nicht zu glauben.

„Ich bin viele Jahre darauf trainiert worden, die Gefahr zu spüren. Ich habe heute Abend versagt.“

„Gestern Abend.“, korrigierte ihn Sam, als sie auf die Uhr blickte und feststellte, dass es schon weit nach Mitternacht war, „Und du konntest es nicht vorausahnen. Nicht einmal der Colonel, der weiß Gott einer der besten Soldaten ist, die ich kenne, hat es kommen sehen und er konnte es ebenso wenig verhindern wie du. Das musste früher oder später so kommen...“

Sie waren damals so dumm gewesen, als sie den Streit angefangen hatten, verblendet durch die Substanzen in den Armbänder, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden, die ihr Handeln mit sich brachte.

Früher oder später hätten sie in einer mittelgroßen Stadt wie Colorado Springs wieder auf diese Typen treffen müssen. Und nach der Blamage vom letzten Mal war es klar, dass sie sich rächen würden.

Hätte sie sich doch bloß nie auf das Billardspiel eingelassen...

„Wir sollten hier warten, vielleicht kommt der Mann zurück. Wenn ich ihn wiedererkenne, kann ich ihn zum sprechen bringen.“

Teal’cs Stimme war voller Sorge gemischt mit der Wut auf die Männer, die seine Freunde entführt hatten.

„Nun...“, Sam räusperte sich, „Hier auf der Erde geht das nicht so einfach. Da braucht man eine Verfügung, einen Haftbefehl oder so etwas.“

Der Jaffa lehnte sich in dem Beifahrersitz zurück und sie sah im Halbdunkel der Nacht, wie sich seine Wangenmuskulatur anspannte.

„Ich fürchte, ich werde zu solch einer Zurückhaltung meines Wunsches nach Rache nicht in der Lage sein. Außerdem stamme ich nicht in von der Erde.“

Sam musste grinsen. In einem anderen Leben hätte Teal’c bestimmt einen guten Komiker abgegeben.

„Dann lass ihn erst unsere Fragen beantworten, bevor du ihn dir vornimmst, ok?...und lass noch was für mich übrig.“

+++

„Weißt du Jack, das war mein allerletzter Männerabend mit dir.“, beschwerte Daniel sich außer Atem, als er seinem Freund auf einen höher gelegenen Felsen half. Er war nicht hoch genug, um von dort aus die Straße zu erreichen, doch sie hatten einen guten Überblick über das Flusstal.

Mittlerweile regnete es in Strömen und der kalte Regen weichte sie bis auf die Knochen durch. Das herbstliche Wetter würde ihnen eine Lungenentzündung bescheren, wenn sie nicht bald Hilfe rufen konnten, da war Jack sich sicher.

Aber zumindest hatten sie jetzt einen besseren Rundumblick und konnten ihre nächsten Schritte überdenken.

Ihre Entscheidung, stromaufwärts zu gehen, hatte sich als korrekt erwiesen, denn Richtung Staudamm wurde das Ufer immer schmaler und schon bald durch Betonwände der anliegenden Straße ersetzt, sie hätten also schwimmen müssen.

Die andere Richtung schien vielversprechender, wenngleich es sie tiefer in den Park führte. Zumindest wurde das Gelände dort seichter und mit etwas Glück würden sie in den nächsten fünf Meilen die Straße erreichen koennen, ohne über steile Felsvorsprünge klettern zu müssen.

Daniel saß neben ihm und rieb sich erschöpft die Augen, während Regentropfen an seinem Gesicht herunterrollten. Er war mit seinen Kräften am Ende und O’Neill verdachte es ihm nicht einmal. Die meiste Zeit hatte Daniel ihn stützen müssen, denn so sehr er sich auch dagegen sträubte, mit dem halben Gewicht auf dem verletzten Knie lief es sich einfach besser.
Und so waren sie schon viel weiter gekommen, als sie es erwartet hatten.

Unterbewusst griff Jack in die Tasche seiner Lederjacke und war überrascht, dort eine Packung Kaugummis zu finden. Die Papierumhüllung war schon fast durchgeweicht, wenn sie also noch etwas davon haben wollten, mussten sie sich beeilen.

Entschlossen holte er die Packung hervor und reichte sie Daniel.

„Auch einen?“

Der Archäologe schien erstaunt, schüttelte aber dann den Kopf.

„Hast du auch ne Portion Spaghetti da drin?“

„Nein, aber du solltest einen nehmen, es wird dir danach besser gehen. Macht außerdem guten Atem.“

Demonstrativ öffnete Jack die Packung eines Kaugummi- Streifens und kaute besonders angeregt darauf herum.

„Guter Atem ist bei weitem das letzte, um das ich mir im Moment Sorgen mache.“, zischte Daniel zurück und wollte sich erschöpft auf den kalten Fels legen, als Jack ihn zurück hielt.

Sie durften jetzt nicht aufgeben! Und das schlimmste was sie tun konnten war, sich irgendwo in den kühlen Regen zu legen und einzuschlafen. Hier in der Wildnis war dass das sichere Todesurteil, besonders in ihrem Zustand.

Sie waren beide verletzt und der Schock und die Kälte der letzten Nacht hatten sie geschwächt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ohne Nahrung die Kraft verloren, weiter zu gehen, doch bis dahin mussten sie versuchen, Hilfe zu rufen, egal was es kostete.
Ausruhen konnten sie sich später auf der Krankenstation.

„Dann stell dir doch mal vor, wie eindrucksvoll es ist, wenn wir von zwei gutaussehenden Sanitäterinnen gerettet werden, hier in der Wildnis. Und dann haben wir auch noch guten Atem. Die werden sich um die Mund- zu- Mund Beatmung prügeln.“

„Jack, du hast Fieber.“, entgegnete Daniel gereizt und deutete dann auf den Wald, „Wir sollten weitergehen, vielleicht finden wir auf dem Weg ein paar Beeren oder irgendetwas Essbares.“

„Ditto Partner.“

Damit kam O’Neill langsam wieder auf die Beine und sie kletterten den Fels hinab. Vielleicht würden sie ja doch bald auf Hilfe treffen...

+++

Es war schon kurz vor Mittag, als ein schwarzer SUV vor dem Haus auftauchte, das Sam und Teal`c beschatteten. Sofort waren beide wieder hellwach, vergaßen all die Stunden, die sie hier gesessen hatten in der Hoffnung, etwas herauszufinden.

„Das ist das Fahrzeug, das ich gesehen habe.“, erklärte Teal`c und sie beobachteten, wie ein mittelgroßer Mann aus dem Wagen stieg. Sichtlich nervös betrachtete er eine große Delle in seinem linken Kotflügel und machte sich dann auf den Weg ins Haus.

Keine fünf Sekunden später folgten sie ihm.

+++

Der Regen hatte sich mittlerweile gelegt, doch Jack und Daniel waren noch immer auf den Beinen, liefen ziellos am Fluss entlang, immer in der Hoffnung, der steile Abhang bis zur Straße würde endlich seichter werden, denn die schroffen Felswände und teilweise vertikalen Aufgänge konnten sie unmöglich meistern.

Also mussten sie tiefer im Park nach einem Ausweg suchen. Leider trafen sie weder auf Spuren der Zivilisation, noch auf etwas Essbares.

Daniel und Jack wussten, dass ihr Zeitfenster bis zur erhofften Rettung unvermeidbar schrumpfte, wenn sie nicht bald etwas finden würden, um ihre knurrenden Mägen zu stopfen.
Leider war das leichter gesagt, als getan.

Eine Handvoll Blaubeeren und ein roher Pilz war alles, was sie vorzuweisen hatten, und damit konnte man nicht überleben. Wilden Rhabarber zu essen war auch nicht besonders hilfreich gewesen und so hatten sie zur Verdauung eine kurze Rast eingelegt.

Jack ging es immer schlechter, denn sein Knie machte ihm mit jedem Schritt mehr zu schaffen. Außerdem forderten die vielen Prellungen ihren Tribut und erschöpften den Colonel umso mehr.

Daniel fühlte sich selbst hundeelend, aber er wusste auch, dass er der gesündere von ihnen war und dafür Sorge tragen musste, dass sie überlebten. Jack zu stützen hatte ihn in den letzten zwei Stunden komplett eingenommen und da er ohne Brille Probleme hatte im anliegenden Wald etwas Essbares zu entdecken, überlies er diese Aufgabe seinem Freund. Er wusste, dass es Jack etwas von seinen Schmerzen ablenkte, wenn sein Geist beschäftigt war.

Allerdings besorgte sie mittlerweile die Fußspur eines mittelgroßen Grizzlies, der sich hier in der Gegend herum trieb. Scheinbar hatte er sich an einem Baum gekratzt und war dann im Fluss auf Futtersuche gegangen. Seither war nichts mehr von ihm zu sehen.

Doch beide wussten, dass dies kein gutes Zeichen war. Sie betraten gerade erst das Nahrungsgebiet eines potentiellen Menschenfressers und mussten auf der Hut sein.

Jack hatte sich an einen Baum gelehnt und war eingedöst. Daniel entschied, ihn kurz schlafen zu lassen während er nach einem neuen Stock suchte, den der Colonel zur Stütze verwenden konnte.

Doch vorerst entschied er sich, seinen gebrochenen Finger am Wasser zu kühlen, vielleicht konnte er ein weiteres anschwellen dadurch verhindern.

Es tat verdammt weh, doch er war noch am Leben, eine Gewissheit, die sie vor einigen Stunden in der Bar noch nicht hatten. Daniel schwor sich, dass dies wirklich der allerletzte Kneipenbesuch mit Jack gewesen sei.

Müde kniete er sich hin und hielt seinen Finger in das eiskalte klare Wasser. Für eine Weile entspannte er sich und genoss das abnehmende Pochen.

Niemals im Leben hätte Daniel sich vorstellen können, dass ihr relativ harmloser Kneipenstreit bei O’Mallys mal zu solchen Konsequenzen führen würde. Er hoffte nur, dass sie im Nachhinein diese Männer finden und hinter Gittern stecken würden- natürlich erst, nachdem sie gerettet wurden.

Dies wiederum würde hoffentlich bald geschehen.

Er selbst verspürte bereits eine kommende Erkältung und um Jack stand es nicht besser. Mit etwas Glück schafften sie es vielleicht noch zwei Meilen, doch dann musste der Colonel sich für den Rest des Tages ausruhen, wenn er sein Knie nicht für immer ruinieren wollte.

Daniel seufzte und schloss die Augen.

Das Wasser tat seinem Finger gut doch gleichzeitig wusste er, dass es ihm das letzte bisschen Körperwärme entzog. Sie waren durch den vorherigen Regen komplett durchnässt worden und ihre Kleidung hatte bei dem nasskalten Wetter noch nicht einmal angefangen zu trocknen.
Daniel fühlte, wie die Erschöpfung ihn durchzog und wollte wieder aufstehen, doch seine Position war gerade so bequem...nur noch ein paar Minuten und er würde wieder ganz der Alte sein...

+++

„Also gut, versuchen wir es noch einmal.“, mahnte Sam und ließ Teal`c Platz, um ihr Opfer zu fixieren.

„Wo sind die beiden Männer, die ihr entführt habt?“

Der dunkelhäutige Mann blickte verängstigt in Teal`cs Augen, denn der Jaffa hatte ihn brutal an die Wand gedrückt. Mit einer Hand konnte er ihn mühelos so hoch zerren, dass sein Opfer den Boden unter den Füßen verlor.

„Ich weiß echt nicht, wovon ihr sprecht!“, beteuerte der Mann doch Sam schüttelte den Kopf.

„Ich bin enttäuscht, dabei dachte ich, du erinnerst dich noch an mich...schade, das war die denkbar schlechteste Antwort. Er gehört dir, Murray.“

Damit drehte sie ihrem Gefangenen den Rücken zu und musste kichern, als Teal`c seine gemeinste Miene aufsetzte.

„Ich habe dich in der Bar letzte Nacht gesehen. Du gehörtest zu den Männern, die meine Freunde verletzt und entführt haben. Wenn du dich nicht dazu entschließt mir zu sagen, wo sie sind, werde ich dich in Stücke reißen.“

Trotz seiner misslichen Situation grinste der Mann ihn an.

„Das könnt ihr nicht tun, die ziehen euch vor Gericht, wenn ihr einen unschuldigen Mann tötet.“

Jetzt verlor Teal`c endgültig die Geduld und zog sich mit der freien Hand seine Skimütze vom Kopf. Der Mann erschrak, als der das Emblem auf seiner Stirn entdeckte.

„Ich habe mehr als sechzig Jahre lang einem falschen Gott gedient und Menschen aller Schichten auf die grausamsten Arten getötet, die es gibt. Wir haben unsere Opfer so lange gequält, bis sie sich wünschten, sie wären tot. Dann haben wir ihnen die Köpfe abgeschlagen und sie auf Speere vor unserem Dorf gesteckt, damit jeder die Gesichter der Feiglinge sehen konnte. Wenn du willst, dass dir noch ein paar Tage auf Tauri bleiben bevor die Goa`uld eintreffen und dich eliminieren, dann sag uns, wo unsere Freunde sind, ansonsten wird es mir eine große Freude bereiten, dir beim Sterben zuzusehen, Mensch.“

Die Warnung verlor nicht ihre Wirkung, als der Mann Teal`c angsterfüllt anstarrte.

„Was zur Hölle seid ihr? Außerirdische?“

Sam, die den Alkoholgeruch aus dem Mund des Mannes gerochen hatte, entschied sich, in das Spiel einzusteigen. Niemand würde später seiner Aussage glauben schenken.

„Wenn du es so nennen willst.“, erklärte sie und kam wieder näher, „Wir sind eine Rasse von Würmern, die sich in menschlichen Gehirnen einnisten, um einen Wirt zu finden. Du würdest ein perfektes Exemplar abgeben, nicht, Murray?“

Teal`c nickte und drückte den Mann höher an die Wand.

„Mit Sicherheit, meine Göttin. Wenn ihr wollt, hole ich sofort den Behälter und wir können alles für die Übertragung vorbereiten.“

„HALT!“, schrie der Mann und versuchte wieder loszukommen, „Lasst mich gehen, ihr Irren!“

„Was würdest du uns denn im Gegenzug dafür anbieten?“, erkundigte Sam sich.

„Ich geb’s ja zu, ich war dabei, als wir die beiden verprügelt haben. Aber ich hatte nicht vor es so weit kommen zu lassen!“

„Wie weit?“ hakte Sam nach, ihr Blutdruck stieg rapide an. Was hatten sie nur mit den beiden gemacht?

„Wir...wir haben sie in den Nationalpark gefahren. Steven wollte- “, verzweifelt versuchte der Mann sich herauszureden, doch er wusste selbst, wie tief er bereits mit drin steckte.

„Was wollte er?“

„Er wollte, dass wir ihnen etwas Angst machen. Wir haben sie auf die Straße geworfen und sind dann auf sie zugefahren. Wir wollten ihnen doch nur Angst machen!“

„WAS?“, Sams erschrockener Blick traf sich mit dem von Teal’c. All das hier hörte sich wie ein Albtraum an.

„Habt ihr sie überfahren?“, fragte die Astrophysikerin sofort, doch der Mann winkte ab.

„Nein, das ist es ja, sie waren plötzlich verschwunden. Sie müssen sich den Abhang hinunter gerollt haben. Wahrscheinlich sind sie jetzt sowieso tot, niemand kann das überleben.“

Die Wut, die plötzlich in Sam aufstieg war kaum noch zu besänftigen. Das Verlangen, diesen Mann jedes einzelne Glied am Körper eigenhändig auszureißen stieg unaufhaltsam, dennoch versuchte sie ruhig zu bleiben.

„Wo genau habt ihr sie im Nationalpark ausgesetzt?“

Teal`c ließ den Mann wieder etwas Boden unter den Füßen verspüren als Zeichen, dass er ihn loslassen würde, falls er bekam, was er wollte.

„Ich weiß es nicht mehr genau, vielleicht ne Meile vom Damm entfernt, aber es war schon fast dunkel!“

Der Mann flehte wie ein kleines Kind um sein Leben und so entschied Teal`c, dass es das beste war, ihn einfach zu fesseln und Unterstützung zu rufen, während sie nach Danieljackson und O’Neill suchten. Jetzt hatten sie zumindest einen Ausgangspunkt für ihre Suche.

+++

Jack wurde wenig später durch das Rauschen der Äste über sich wieder geweckt. Der aufkommende Wind war ein deutliches Zeichen dafür, dass noch mehr Gewitter herannahten und sie ziemlich bald ziemlich nass werden würden, wenn sie keinen geeigneten Unterschlupf fanden.

Erschöpft öffnete der Colonel die Augen und musste blinzeln, als die herabsinkende Sonne ihn blendete. Von ihrer Position aus gemessen musste es irgendetwas zwischen drei- und vier Uhr nachmittags sein, das hieß, dass ihnen noch einige Stunden Zeit blieben, einen Weg zurück zur Straße zu finden.

Auch seine Theorie über die Gewitter bestätigte sich, denn am Horizont wurden schon die ersten prallgefüllten Regenwolken sichtbar.

Jack streckte seine steifen Muskeln aus und suchte Daniel, bis sein Blick auf einem kleinen Häufchen Elend endete, dass sich am Fluss hingekniet hatte.

„Daniel? Alles ok?“

Der Archäologe hatte den Kopf gesenkt und schien zu schlafen, während das Wasser seine Hose wieder von neuem durchnässte.

Als er keine Antwort erhielt, wollte Jack aufstehen, doch der stechende Schmerz aus seinem Knie war zuviel für ihn.

Ohne Hilfe würde er mit Sicherheit nicht mehr hochkommen.

Also musste er sich anders behelfen. Hastig suchte er seine Umgebung ab und fand einige kleinere Holzstücke und Steinchen, die sich perfekt zum Werfen eigneten.

„Daniel?“, fragte er noch einmal, doch erhielt wieder keine Antwort. Wahrscheinlich war es
ihm ähnlich ergangen und er war einfach vor Erschöpfung eingeschlafen.

Mit einigen gezielten Würfen gelang es ihm schließlich, dem Häufchen Elend vor ihm wieder
Leben einzuhauchen.

Er sah, wie Daniel sich bewegte und scheinbar feststellte, dass er im Wasser kniete. Fast lethargisch stand er auf und sah sich für eine Weile desorientiert um, bis sein Blick auf Jack
endete.

„Hey.“, grüßte er den verletzten Colonel, so als sei nichts geschehen.

"Hey.“, antwortete Jack besorgt, war es ihm doch nun noch mehr bewusst, wie schnell ihnen die Zeit davon lief. Daniel verließen die Kräfte schneller als geplant und er selbst kam ohne den Archäologen kaum noch vom Fleck.

„Hilfst du mir auf die Beine?“, fragte er und Daniel nickte mit dem Kopf, lief ihm sofort entgegen und reichte ihm die unverletzte Hand zum Aufstehen.

Vorsichtig kam er auf die Beine und versuchte, das Gleichgewicht zu halten.

Der intensive Schmerz durchzog ihn wieder, obwohl Jack sich mittlerweile fast daran gewöhnt hatte. Nichtsdestotrotz mussten sie von hier weg.

Daniel hatte ihm gerade eine Hand um die Hüfte gelegt, um ihn zu stützten, als ihnen auf der gegenüberliegenden Uferseite ein dunkler Schatten auffiel. Bevor Daniel überhaupt verstand, was vor sich ging, wurde er von Jack schon nach vorne geschubst.

„Was ist das?!“, fragte der Archäologe nervös, konnte er doch ohne seine Brille nur vage Umrisse ausmachen.

„Das ist der verdammte Bär!“, rief Jack zurück und versuchte so schnell es ging mit dem verletzten Bein zu laufen. Schmerzen hin oder her, wenn sie dieser hungrige Grizzly in die Hände bekam, musste er sich darum nie wieder Gedanken machen.

„Aber er ist doch auf der anderen Flussseite, du hast doch gesagt es sei tief...“, begann Daniel, doch just in dem Moment erkannte er, wie sich der braune Schatten ins Wasser stürzte.

Teil 4
Keine Stunde nach ihrem Anruf war der Helikopter bereit und Sam stieg zusammen mit Teal`c in die Kabine ein.

General Hammond war bereits über die Neuigkeiten informiert und schickte Unterstützung auf den Weg.

Sam hoffte nur, dass es noch nicht zu spät war.

Die letzte Nacht war kalt gewesen und die Temperaturen im Nationalpart lagen aufgrund seiner Nähe zu den Bergen in der Regel fünf Grad unter denen in Colorado Springs.
Immer wieder verschwand die Sonne hinter Regenwolken oder Bergspitzen und verwandelte ihr Suchgebiet in eine bizarre Schattenlandschaft.

Dieses nass-kalte Wetter würde den beiden sehr zu schaffen machen, falls diese Männer sie wirklich im Nationalpark ausgesetzt hatten.

Besorgt suchte sie die Gegend mit dem Fernglas ab und gab dem Piloten über das Mikrophon genaue Angaben über den Ort, an dem sie ihre Teammitglieder erwartete.

Immer wieder traf sie Teal`cs Blick, der scheinbar stoisch nur in eine Richtung starrte, doch sie wusste, wie es in ihm aussah.

Sie hatten nicht all die Weltraumgefahren überlebt, nur damit so ein paar Kneipenschläger sie jetzt verletzen konnten.

+++

„Wir müssen uns beeilen!“, rief Jack immer wieder, obwohl schon ein Großteil seines Körpergewichtes auf Daniels Schultern lastete.

Ganz abgesehen von der Tatsache, dass er nicht den leisesten Schimmer hatten, wohin sie jetzt eigentlich rannten, war ihm klar, dass der Bär sie sehr bald einholen würde, konnte ein wütender Grizzly doch immerhin bis zu 50 Stundenkilometer schnell sein.

„Heißt es nicht, man soll Bären nicht den Rücken zudrehen und weglaufen?“, erkundigte Daniel sich außer Atem. Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet und rann langsam an seinem Gesicht herunter.

„Du kannst gerne stehen bleiben und ihm erklären, was dein Pfadfinderführer dir über Bärenverhalten erklärt hat!“, gab O’Neill zurück und biss sich auf die Lippe, um die schlimmen Schmerzen zu ertragen.

Sein Knie fühlte sich an, als wolle es jeden Moment auseinanderspringen. Alle Muskeln und Sehnen waren bis aufs äußerste angespannt, dennoch durfte er das Bein jetzt nicht entlasten.
Vor ihnen wurde es steil und der Weg führte zu einer Klippe hinauf, die über dem Fluss endete.

O’Neill wusste, das dies ihre einzige Möglichkeit war, den wütenden Bären loszuwerden.
Einmal im Wasser gelang es ihnen vielleicht sogar, ans andere Ufer zu schwimmen und von dort aus die Waldhütte zu erreichen, von der aus sie Hilfe holen konnten.

Natürlich behagte ihm die Idee nicht besonders, aus fünf Metern Höhe in den Fluss zu springen, aber an dem Punkt war es tief und der Bär würde ihnen mit Sicherheit nicht folgen.

Bis es dann wieder flach genug wurde, sodass er ihnen ans andere Ufer hin folgen konnte, waren sie schon längst aus dem Wasser und er konnte ihre Fährte nicht mehr aufnehmen.

„Da vorne ist ein Baum!“, rief Daniel plötzlich und O’Neill verstand zunächst nicht, was er meinte bis er einen umgefallenen Stamm sah, der über die Klippe hinweg bis ans andere Ende eines benachbarten Abhanges reichte.

Das war ihre Chance!

Im Hintergrund hörte er Äste zerbersten und erschrak.

Ein Blick zurück verriet ihm, dass der etwa zweijährige Grizzly nicht mehr weit von ihnen entfernt war. Es war noch ein Jungtier, trotzdem war Jack klar, dass eine Begegnung keine besonders gute Idee war.

Wahrscheinlich wollte er sie in seinem jugendlichen Übermut nur aus seinem Revier vertreiben, und genau das wurde ihnen jetzt zum Verhängnis.

Daniel hatte sich in der Zwischenzeit den Baumstamm angesehen und für halbwegs sicher empfunden, von einigem Moosbefall hier und da abgesehen.

Zumindest konnten sie versuchen, den Bären dadurch abzuhängen.

„Daniel, du zuerst!“, befahl er, doch der Archäologe warf ihm einen skeptischen Blick zu.

„Nun mach schon!“, rief der Colonel erneut und Daniel setzte sich in Bewegung. Schritt für Schritt balancierte er auf dem relativ breiten Baumstamm entlang und drehte sich nach einige Meter zu Jack um, der Mühe hatte, von der Stelle zu kommen.

Trotz schlimmster Knieschmerzen lief er auf den Stamm zu und bewegte sich langsam vom sicheren Boden weg. Das alte Holz unter ihm knirschte besorgniserregend und den Blick nach unten wollte er sich nun wirklich ersparen.

Als er sah, wie Daniel vor ihm zögerlich in die Hocke ging, kam ihm wieder in den Sinn, dass der Archäologe unter Höhenangst litt.

Das hatte ihm noch gefehlt!

„Komm schon, du schaffst das!“, rief er von hinten, doch schon bald erkannte er den wahren Grund, warum er angehalten hatte.

Das Holz vor ihnen war morsch und bog sich bereits leicht unter ihrem Gewicht.

Über eine Länge von anderthalb Metern war keine Überqueren möglich.

Jack drehte sich kurz um und sah, dass der Grizzly zunächst an dem Stamm halt gemacht hatte, nun aber versuchte, ihnen zu folgen.

„Spring drüber!“, schrie er Daniel zu, doch dieser zögerte weiter.

„Wenn ich springe, könnte der ganze Stamm auseinanderbrechen!“, argumentierte er zurück.

„Dann wart mal ab was passiert, wenn unser Freund dahinten zu Besuch kommt!“

Daniel drehte sich um und erkannte, wie der Bär noch immer am Abgrund stand und unsicher ihr Tun verfolgte.

„Komm schon, wir müssen auf die andere Seite!“, schrie Jack und biss sich verzweifelt auf die Unterlippe, doch die Schmerzen in seinem Knie waren einfach zu schlimm.

Er spürte, wie sein rechtes Bein zu zittern anfing. Eine gefährliche Situation, so weit vom sicheren Erdboden entfernt. Mit einem gewagten Manöver entlastete er es für wenige Sekunden und lief dann weiter.

„Los Daniel!“, rief er und endlich setzte sich auch der Archäologe langsam in Bewegung.

Vorsichtig machte er einen großen Schritt und gelangte leicht wankend auf die andere Seite, während Jack sich bereit machte, ihm zu folgen.

Der Stamm knirschte gefährlich und er spürte, wie das morsche Holz Zentimeter für Zentimeter nach gab.

Dann gab es einen grossen Ruck und die Mitte des Stammes senkte sich um einen halben Meter. O’Neills Blut gefror in seinen Adern, wusste er doch, dass ein Absturz mit dem Baum tödlich sein konnte. Sie könnten im Wasser von dem herunterfallenden Holz erschlagen werden.

Durchhalten, betete Jack, nur noch ein paar Meter und wir haben es geschafft!

Plötzlich hörten sie Rotorengeräusche, die wie aus dem Nichts hinter einem Berg hervor kamen.

Zwischen den Spitzen der Bäume erschien ein kleiner roter Helikopter mit offenen Seitentüren.

Überrascht erkannte Jack zwei Gestalten im Inneren, die mit einer Waffe in Richtung des Bären schossen, um diesen zu verjagen.

Und sie waren erfolgreich.

Unter lauten Protestrufen rannte der Grizzly in den Wald zurück.

Das mussten Carter und Teal`c sein!

Euphorisch beobachtete er mit Daniel, wie der Helikopter immer weiter nach unten kam, um sie mit einer Seilwinde zu retten. Doch plötzlich wurden die Winde um sie herum so stark, dass sie beide ins straucheln gerieten.

Jack konnte sich gerade noch auf die Hände stützen, um einem unfreiwilligen Abgang zu entgehen, doch Daniel rutschte auf dem feuchten Moos aus und verlor den Halt auf dem Baumstamm.

Der Archäologe verschwand aus seinem Sichtfeld und Jack dachte schon, er sei nach unten gestürzt, doch plötzlich erkannte er eine Hand, die sich an einem kleinen Ast festhielt.

Inzwischen hatte der Helikopterpilot die Situation erkannt und stieg wieder auf, um sich ihnen von einem sichereren Punkt aus zu nähern.

Hastig rutschte O’Neill auf einem Bauch nach vorne, um Daniel zur Hilfe zu eilen.

Er lag jetzt genau auf dem maroden Stück des Stammes und spürte, wie sich das weiche Holz unter ihm bog.

„Halt dich fest!“, rief er und umgriff Daniels Handgelenk.

Seinen anderen Arm schlang er um den Stamm herum und versuchte einen sicheren Halt zu finden, aber alles war rutschig und morsch. Wo auch immer seine Finger hin griffen ertasteten sie nur Moos und brüchiges Holz.

„Halt...dich...fest!“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch und umgriff Daniels Handgelenk auch mit seiner zweiten Hand.

Sein gesamtes Gewicht lastete mittlerweile auf seinen Oberschenkeln, mit denen er sich krampfhaft am Stamm festklammerte. Als er versuchte, ein Stück weiter zur Seite zu rutschten, meldete sich auch die hängende Last unter ihm wieder zu Wort.

„Lass mich los, Jack. Du kannst dich nicht mehr halten...willst du, dass wir beide hier runter stürzen?“

„Du suchst dir immer die unpassendsten Momente für diesen heroischen Mist aus, Daniel!“, fluchte O’Neill zurück.

Er spürte, wie das Blut in seinen Kopf schoss, so sehr versuchte er sich festzuhalten.

Vor ihm sah er, wie sich der morsche Teil des Stammes weiter nach unten bog und mit ihm nun der gesamte Stamm.

Sie hätten niemals so viel Gewicht auf die Stelle ausüben sollen!

„Wir werden mit dem Stamm nach unten stürzen, wenn du mich jetzt nicht loslässt!“, schrie Daniel und riskierte einen Blick auf den Fluss.

Das Wasser floss zwar ziemlich schnell daher, doch es schien ihm an der Stelle tief genug zu sein, um einen Sprung zu wagen.

Nur drei Meter Tiefe, mehr brauchte er nicht um gut zu landen.

„Träum weiter, Kumpel.“, stöhnte Jack unter Schmerzen hervor, „Du schuldest mir noch fünfzig Mäuse wegen der Curling Wette und eine Sechserpackung Bier. Wenn du denkst, dass du mir so leicht davon kommst, dann hast du dich geirrt.“

Daniel sah ihm ein letztes Mal in die Augen, doch dann gaben O’Neills Beine dem Gewicht nach und er rutschte ab.

Ein letzter Versuch, sich an einem Ast festzuhalten scheiterte und so stürzten sie beide ungebremst in den Fluss.

+++

Sams Herz raste wie verrückt in ihrer Brust, als sie das Geschehen mit dem Fernglas verfolgte.

Sie hatten versucht eine Rettungsleine für O’Neill und Daniel herunter zu werfen, doch die
Winde hatten sie aus dem Gleichgewicht gebracht und so wurde Sam Zeugin der dramatischen Aktion, in der Jack versuche, Daniel wieder nach oben zu ziehen.

Nun waren sie beide von dem Stamm gerutscht und in den darunter gelegenen Fluss gestürzt.

„Ich kann sie nicht sehen!“, schrie sie Teal`c zu, der ebenfalls versuchte, die beiden in den
Strömungen ausfindig zu machen.

„Wir müssen tiefer fliegen!“, erklärte Sam dann dem Piloten via Mikrophon und suchte weiter.

„Du unten ist O’Neill!“, rief Teal`c endlich und deutete auf ein bewegungsloses dunkles Etwas, das von den Strömungen schnell flussabwärts getragen wurde.

Zeitgleich senkte sich auch der Helikopter ab, sodass sie nur noch wenige Meter über dem bewusstlosen Colonel waren.

Teal`c sah, wie Sam sich den Helm abzog und sich ihrer Schuhe entledigte.

„Major Carter?“, fragte er, doch die Astrophysikerin hielt ihn mit einer entsprechenden Geste zurück.

„Ich werde mit ihm zurück ans Ufer schwimmen, such du weiter nach Daniel!“, erklärte sie dann und sprang aus dem Helikopter in die tosenden Fluten.

Teal`c sah ihr kurz nach und erkannte, wie sie Halt an O’Neills Kleidung fand und jetzt mit ihm in Richtung Ufer schwamm.

Der Helikopter stieg wieder etwas höher, um ihm eine bessere Sicht zu geben.

Doch das war nicht notwendig, denn Daniel Jackson hatte sich weiter flussaufwärts an einen Felsen geklammert und trotzte so gut es ging der tückischen Strömung.

„Seargent Boyle, fliegen Sie tiefer.“, bat er durch das Mikrophon und tat es Major Carter nach, indem er Helm und Stiefel auszog.

Mit einem gekonnten Satz sprang er einige Meter oberhalb des Archäologen in die Fluten und war zunächst geschockt über die niedrige Temperatur des Wassers.

Selbst er könnte kaum länger als ein paar Minuten hier verbringen, ohne größere körperliche Schäden in Kauf zu nehmen.

Er ließ sich teils treiben, teils steuerte er gezielt auf Daniel zu, der den Kopf auf einen ausgewaschenen Fels gelegt hatte, an dem er sich festklammerte.

Teal`c gelang es, Halt an einem Felsen direkt neben ihm zu finden und reichte seinem Freund die Hand.

„Danieljackson!“, schrie er, doch erhielt keine Antwort.

Gerade im Gegenteil.

Der Archäologe rutschte langsam aber sicher von dem Felsen ab und wäre beinahe in den Fluten untergegangen, hätte Teal`c ihn nicht mit einiger Kraftaufwendung am Handgelenk gepackt und zu sich hin gezogen.

Entschlossen hielt er Daniel fest an sich gedrückt und suchte nach einer geeigneten Stelle am Ufer.

Major Carter musste sich irgendwo unterhalb seiner Position befinden und da die starke Strömung hier keine Möglichkeit bot an Land zu gehen, ließ sich der Jaffa mit Daniel im Schlepptau etwas weiter nach unten treiben, um einen besseren Platz ausfindig zu machen.

+++

Sam zitterte am ganzen Körper wie ein Hund, der ins Eis eingebrochen war. Aber ihr jahrelanges Training lies sie jetzt nicht im Stich. Immer weiter paddeln, nicht aufgeben, nicht an die Kälte denken.

Ihr Geist funktionierte wie auf Autopilot, erinnerte sie an das, was sie gelernt hatte und befahl ihr, jetzt nicht aufzugeben, denn das sicherer Ufer war bereits in Sicht.

Fast eine Viertel Meile hatte sie sich mit der Strömung flussabwärts treiben lassen müssen, ehe der Fluss an Tiefe verlor und sie trotz der starken Strömung mit O’Neill sicher ans Ufer gelangen konnte.

Der Colonel war bewusstlos gewesen, als sie ihn erreichte und war dies noch immer.

Deshalb hatte sie ihn alleine mit all ihren verbliebenen Kräften aus dem Wasser ziehen müssen und hielt nun nach Teal`c Ausschau, während sie versuchte, Jacks Zustand einzuschätzen.

Er war stark unterkühlt und sein Gesicht zeigte die Spuren des gestrigen Kampfes. Sie überprüfte seine Beine auf Knochenbrüche und wurde auf Blutspuren an seiner zerkratzten Hose aufmerksam. Das Wasser hatte fast alles weg gewaschen, doch einige dunkle Flecken waren trotzdem geblieben.

Sie riskierte einen Blick auf sein rechtes Knie und war nicht besonders überrascht, als sie sah, wie dunkel verfärbt und angeschwollen es war.

Blutergüsse und Schnittwunden zogen sich über sein gesamtes Bein, so als hätte er einen Kletterunfall hinter sich.

Sam wischte sich verzweifelt über das tropfnasse Gesicht, als Jack plötzlich zu sich kam.

„D’nel.“, flüsterte er mit bibbernden Zähnen und öffnete langsam die Augen.

„Teal’c sucht ihn gerade, es wird alles wieder gut, Colonel. Hilfe ist bereits da.“, beruhigte sie ihn während der Helikopter über ihren Köpfen nach einer guten Landeposition suchte.

Plötzlich erkannte sie im Augenwinkel den Jaffa, der nicht weit über ihr versuchte, ans rettenden Ufer zu paddeln.

Sofort sprang Sam auf und suchte nach einem geeigneten Gegenstand, um ihn aus den Fluten zu retten. Ein alter Ast erfüllte diesen Dienst und sie hielt ihn dicht über das Wasser, damit Teal’c ihn beim vorbeischwimmen greifen konnte.

Zu ihrer Erleichterung sah sie auch Daniel in seinen Armen, der den Kopf leblos an die Schulter des Jaffas gelehnt hatte.

Als er nahe genug war, ergriff Teal’c den Stock und Sam musste mächtig dagegenhalten, um ihn aus den reißenden Fluten zu ziehen.

Doch endlich konnte der Jaffa sich aus eigener Kraft behelfen und kletterte komplett durchnässt aus dem Fluss heraus.

Vorsichtig legte er Daniel neben ihr ab, während er sich die vollgesogene Jacke auszog.

„Er ist noch am Leben.“, verkündete Sam nach einer Weile, „Sein Puls ist schwach, genau wie der von Colonel O’Neill. Sie sind stark unterkühlt und brauchen dringend Hilfe.“

Teal`c nickte und machte sich auf den Weg, um dem Helikopterpiloten, einem ausgebildeten Sanitäter den Weg zu zeigen und weitere Unterstützung zu rufen.

Währenddessen kniete sich Sam neben O’Neill, der sie mit halb offenen Augen anblinzelte.

„Sie sind wieder in Sicherheit, Colonel. Und Daniel ist es auch.“, erklärte sie dann freudestrahlend und wischte eine Träne der Verzweiflung weg, als Jack ihr nicht sofort antwortete.

„Sie werden beide wieder OK sein.“, sicherte sie ihm dann zu und hielt sich die Hand vor den Mund, um halbwegs die Beherrschung zu bewahren.

Aber erst jetzt kam der Schock hoch, nachdem sie sie stundenlang suchen mussten, nur um sie anschließend fast zu verlieren.

„V’sprochen?“, fragte O’Neill zitternd und Sam nahm seine Hand und rieb sie zwischen ihren.

„Ja, das verspreche ich Ihnen.“

+++

Einen Tag später sah O’Neills Gesichtsfarbe deutlich gesünder aus, als noch 24 Stunden zuvor, nachdem die Beiden in einem Rettungshubschrauber direkt zum SGC gebracht worden waren.

Janet war Stunden damit beschäftigt gewesen, sie wieder halbwegs zusammen zu flicken, wie der Colonel es immer nannte, doch das Endresultat war beeindruckend.

Von ein paar Blessuren und dem gebrochenen Finger abgesehen war Daniel bereits auf dem Weg der Genesung. Nur das Wärmekissen in seinem Bett erinnerte noch daran, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit in Lebensgefahr befunden hatten.

Jack würde wie erwartet eine Knie- OP benötigen, sobald er sich wieder ausreichend von seiner Erkältung erholt hatte, das hatte Fraiser schon klargestellt. Und bis dahin hatte er strikte Bettruhe einzuhalten.

Um ihre beiden Teamkollegen etwas aufzumuntern hatte Sam einen Strauß frischer Blumen mitgebracht und Teal`c war es gelungen, einige Schokoriegel mit in die Krankenstation zu schmuggeln, die er nun voller Stolz überreichte.

Daniel hatte nichts außer einem Stützgips um seine linke Hand und einige Pflastern am Kopf zurückbehalten und sah- außer der Tatsache, dass in seinem Arm eine Nadel verbunden mit einer Infusion steckte- blendend aus.

O’Neill wies mindestens die selbe Menge an Pflastern und Verbänden auf und auch sein Knie war zunächst geschient worden und lag etwas erhöhnt.

Sam sah die Schmerzen in seinen Augen, doch der Colonel gab sich stark.

„Hey Carter, sind die Blumen etwa für mich?“, fragte er euphorisch und nahm den Strauß entgegen.

„Hmmm, die riechen ja wie...wie Chicken Nuggets, wo haben Sie die her?“

Sam lächelte ertappt und tauschte einige Blicke mit Teal`c aus, bevor sie ihr Geheimnis offenbarte.

„Aus einer Vase in der Cafeteria. Aber ich dachte, Sie würden sich trotzdem freuen.“

Jack hob die Augenbrauen und reichte die Blumen an Daniel weiter, der sie anschließend auf das Nachbarbett legte.

„Also, wie fühlen Sie sich?“, fragte sie in die Runde, als O’Neill mit dem Finger Richtung Daniel zeigte.

„Wenn er mir nicht ständig irgendetwas von alten Kulturen erzählen würde, könnte ich mich wesentlich besser erholen.“, erklärte der Colonel, als sein Freund neben ihm ein ungewohnt hämisches Grinsen auflegte.

„Du hast Nachholbedarf was die Geschichte unseres Planeten anbetrifft, und da du gerade weder wegrennen noch um Hilfe schreien kannst, ist dies die beste Gelegenheit...wobei ich anfügen muss, dass es mir ein ausgesprochen großes Vergnügen ist, dich in die Bestattungsriten der Ureinwohner Südafrikas einzuführen.“

Sam kicherte und Teal’c nutzte die Gelegenheit, um ihm einen Schokoriegel zu reichen. Der Archäologe bedankte sich lächelnd und stürzte sich dann mit genusserfülltem Gesicht darauf.

„Wie haben Sie uns gefunden?“, fragte O’Neill dann und aß einige Eischips, die neben Daniels Bett standen.

„Hey!“, rief der Archäologe, doch Jack warf ihm nur einen giftigen Blick zu.

„Du hast wenigstens deine Infusion, ich muss anders zusehen, wie ich Flüssigkeit aufnehme.“

„Das können wir gerne ändern, Colonel.“, rief Fraiser aus dem Hintergrund, denn ihr Büro lag am Ende des Raumes.

„Nein danke!“, entgegnete Jack und wandte sich wieder seinem Major zu.

„Wir haben alle Männer gefunden, die Sie verschleppt haben. Und Teal`c...na ja Teal`c hat sein Ding abgezogen, Sie wissen schon.“, erklärte Sam und ließ dem Jaffa den Vortritt, der sich sichtlich stolz präsentierte.

„Ich habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Handeln interstellare Konsequenzen mit sich führt.“, erklärte er dann und O’Neill musste grinsen.

„Du hast ihnen doch nicht etwa wieder die Braveheart- Nummer vorgespielt mit den aufgespießten Köpfen, oder?“

„In der Tat.“, erwiderte Teal`c stolz und trat wieder zurück.

„Ich muss zugeben, Sie hätten zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können, nicht Danny?“, fuhr Jack dann fort und erntete ein abwesendes Nicken des Archäologen, der sich mit einem Nintendo beschäftigte, den Teal’c ebenfalls mit eingeschleust hatte.

„Hey, was tust du da? Warum kriege ich keinen?“, beschwerte sich der Colonel lauthals und Sam grinste nur.

„Wie gesagt, es gibt noch viel zu tun, wir schauen in ein paar Stunden wieder vorbei. Wir sind jedenfalls froh, dass es Ihnen Beiden besser geht.“, erklärte sie dann und Teal`c folgte ihr mit einem entsprechenden Unschuldsblick.

„In der Tat.“

„Wo wollen Sie so schnell hin?“, rief O’Neill ihr nach, „Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet! Warum kriege ich keins?“

Doch beide waren bewusst schon außer Hörweite.

Enttäuscht drehte er sich zu Daniel um, der genüsslich irgendetwas auf dem kleinen Kasten spielte und Jack damit zur Weißglut trieb.

„Also gut, du hast gewonnen. Du hast deinen Punkt klar und deutlich gemacht. Also, was willst du dafür?“

Ihm entging Daniels breites Grinsen nicht, als er auf ein altes Geschichtsbuch deutete, dass zu seinen Füßen lag.

„Oh nein, das kann doch nicht dein Ernst sein!“, rief er empört heraus, doch das schien den Archäologen nur noch mehr zu amüsieren.

„Oh doch.“, erklärte Daniel und winkte mit dem Gameboy vor O’Neills Augen herum, „Sobald du mir mindestens fünf verschiedene afrikanische Stämme zwischen 4000 und 1000 vor Christus nennen kannst, darfst du es haben.“

„Das ist Erpressung!“, erklärte Jack ärgerlich, und betonte es noch lauter, als Fraiser vorbei lief und Daniels Infusion überprüfte.

„Doc, Sie müssen das verhindern! Dieser Mann ist Stress für mich, er ist nicht gut für meine Heilung. Sorgen Sie dafür, dass er mir sein Nintendo gibt, und ich mache von nun an alles, was sie wollen.“

Die Ärztin kicherte und stemmte dann die Hände in die Hüften.

„So sehr mich dieses Angebot reizt Colonel, muss ich es doch ablehnen. Ich stimme Daniel zu, Sie haben eine Menge nachzuholen, was Geschichte anbetrifft und dafür haben sie schließlich den kompetentesten Mann neben sich.“

Damit drehte sie sich grinsend um und verließ die Krankenstation.

„Na schön.“, erklärte Jack dann etwas ärgerlich, „Wenn du es unbedingt willst. Ich nenne dir deine fünf Stammeskulturen, wart’s nur ab.“

Dann begann er im Kopf all sein Geschichtswissen der letzten Jahre durchzustöbern, während er laut weitersprach.

„Also, einmal wären da die Ägypter, dann...dann diese Typen zwischen Euphrat und Tigris, dann...lass mich kurz nachdenken...die Nubier, na, wie ist das?“

Als Antwort landete ein altes und schweres Buch in seinem Schoß.

O’Neill sah ein, dass er keine Wahl hatte, diesmal musste er sich dem geschichtlichen Allgemeinwissen stellen, ob es ihm nun gefiel, oder nicht.

Seufzend lehnte er sich in seinem Bett zurück und schlug die erste Seite auf...

+++

ENDE

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