"Ich will nicht darüber reden!" by Jenny
Summary: Was wir gerne gesehen hätten, man uns aber vorenthalten hat. (Daniel's PoV / Heroes 1 + 2)
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Multi-Chara
Genre: Character Death, Friendship, Hurt/Comfort, post-Epi, PoV
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 8776 Read: 3066 Published: 05.02.13 Updated: 05.02.13
Story Notes:

Spoiler: Heroes Teil 1 und 2, Meridian

1. Kapitel 1 by Jenny

Kapitel 1 by Jenny
"Ich will nicht darüber reden!"


Der fünfte Ball aus zerknülltem Papier traf auf die Wand auf und flog dann in einen kleinen metallenen Abfallkorb zusammen zu den anderen, gefolgt von einem resignierten Seufzer.

Der Drehstuhl wurde wütend nach hinten geschoben und schlug gegen den Aktenschrank, einige der Bücher, die achtlos verteilt auf dem Tisch lagen, stürzten von der Erschütterung zu Boden und blieben unbeachtet liegen.

"Verdammt.", kommentierte Daniel das Geschehen widerstandslos, setzte dann seinen Weg zum Bücherregal fort. Konzentriert lauschte er auf das Geräusch, das seine Schuhe auf dem Fußboden hinterließen und zählte bis fünf.

Ein Blick genügte und er stellte fest, dass seine Rechnung richtig gewesen war.

Er brauchte genau fünf Schritte von seinem Drehstuhl zum Bücherregal, zwei weitere um auf eine kleine Leiter zu klettern und eines der obersten Lektüren hervorzukramen.

Faszinierend...

Wild suchte er nach einem seiner alten Tagebücher und fand es bald zwischen zwei Magazinordnern.

"P7R822...", murmelte er beim Lesen vor sich hin.

Entschlossen griff Daniel danach und lief die fünf Schritte zurück zu seinem Drehstuhl, zählte dabei die Sekunden.

Genau vier.

Dividiert durch die Anzahl der Schritte ergab das genau 0,8 Sekunden pro Schritt.

Nein, er musste sich konzentrieren. Es gab viel zu tun.

Unzählige Akten türmten sich auf seinem Schreibtisch, fast verdeckt durch all die Bücher. Zu lange hatte er das schon vor sich her geschoben.

0,8 Sekunden...was konnte man nicht alles in 0,8 Sekunden tun?

Nein, er musste sich konzentrieren.

Unermüdlich griff Daniel nach einem neuen Blatt Papier und begann zum siebten Mal, die Zeile des antiken Textes zu übersetzen.

"Völker...", er schlug sein Tagebuch auf und fand schon bald sie Seite mit den übersetzten Vokabeln, "Völkerunion...Völkervereinigung..."

Er fügte das Wort der Übersetzung auf dem Blatt hinzu, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab, leiteten ihn fortwährend zu nur einem einzigen Ziel.

Daniel biss sich auf die Lippe, als der Ansatz dieser Erinnerung wieder in ihm hochkam und blickte sich um.

Er musste alles tun, um beschäftigt zu bleiben.

"Völkerunion...aussuchen, nein wählen...Kreis..."

Die Schrift auf seinem Blatt Papier wurde zusehends schlechter und wieder knüllte er es frustriert zusammen und warf es in den Abfalleimer.

Daniel versuchte jeden Muskel im Körper anzuspannen, nur um die Kontrolle über seine Emotionen zu behalten, doch früher oder später würde er den Kampf verlieren.

0,8 Sekunden...genau diese 0,8 Sekunden hätten ihr das Leben retten können, wenn sie...wenn er nach oben geblickt hätte.

In 0,8 Sekunden hätte er sich schützend auf sie werfen können, eine weitere Sekunde später hätte er sich verteidigen können und nichts wäre passiert.

Müde verschränkte Daniel die Arme vor der Brust und starrte auf seinen überfüllten Schreibtisch. Irgendwo darunter begann sein alter Schokoriegel langsam ein Eigenleben zu entwickeln, doch er war zu...zu lustlos, um danach zu suchen.

Nichts machte mehr einen Sinn, nichts einen Unterschied.

Egal was er tat, wie oft er das Geschehene vor seinem inneren Auge wieder Wirklichkeit werden ließ, es machte keinen Unterschied mehr.

Gerade Mal vier Stunden waren seit ihrer Mission vergangen, doch die Zeit schien still zu stehen, alles war irgendwie...verändert. Nichts war mehr so, wie zuvor.

Traurig blickte er zu der einen Stelle seines Schreibtisches, an der kein einziges Buch oder Blatt Papier lag. Stattdessen stand dort seine Kamera.

Fast ehrwürdig starrte er das kleine Stück Elektronik an und konzentrierte sich auf die blutigen Fingerabdrücke, die er selbst hinterlassen hatte, während sie Wells behandelten. Alles schien wieder so real zu sein, als würde es gerade erst passieren.

Daniel war wieder dort, sah Wells schmerzverzerrten Gesicht, Janets Bitte um Unterstützung...

Dann plötzlich...ein Schuss und sie war aus seinem Blickfeld verschwunden. Seine verzweifelten Schreie nach Hilfe und die ewig andauernden Minuten, bis die Unterstützung herbei eilte.

Daniel hob sie vom Boden auf, obwohl einer der Soldaten es tun wollte. Doch er konnte das nicht zulassen. Er war für sie verantwortlich!

Also schlang Daniel seine Arme unter ihrem Körper hindurch und hob sie auf. Janets lebloser Kopf fiel gegen seine Schulter und dann nach hinten. Nun war Beeilung angesagt.

Vielleicht konnten sie ihr noch helfen.

Er musste sie beschützen.

Dann blickte er wieder nach unten und sah die weit offenen Augen der Ärztin, die ihn noch immer voller Schock anstarrten.

Daniel wollte sie so gerne schließen, doch er konnte es nicht, trug er sie doch unter Dauerbeschuss durch das Waldgebiet. Somit musste er den Rest der Strecke diesen Blick auf sich beruhen lassen, musste einsehen, dass es keine Hilfe mehr gab.

Schon bald hatte er ihr warmes Blut an seiner Uniform gespürt und es brachte ihn fast um den Verstand.

"Janet! Janet!", hatte er immer wieder wie ein Dogma vor sich hin gemurmelt, doch sein Flehen verschwand unter dem Lärm des Krieges.

"Doktor Jackson, Beeilung!", schrie einer der GIs und er startete einen Sprint, doch Janets Körper brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht und er schaffte es gerade noch, nicht zu straucheln.

Wells wurde vor ihm von zwei Soldaten auf einer Trage transportiert, fünf weitere schützen sie von allen Seiten.

Trotzdem hatte Daniel das Gefühl, es gäbe nur ihn und Janet.

Wieder fiel sein Blick auf die Ärztin und traf ihre sonst so ausdrucksvollen Augen, die jetzt matt und leblos waren. Er erinnerte sich an all die unterschiedlichen Emotionen, die sich im Laufe der Jahre in ihnen wieder gespiegelt hatten.

Sie waren es, die er nach einer langen Bewusstlosigkeit zuerst wieder sah, ihre warmherzige Stimme, die ihn wieder in der Welt der Lebenden begrüßt hatte.

Doch nun würde er sie nie wieder sehen...

Nach einigen Sekunden erreichte der Trupp das freie Feld und Daniel erkannte Sam und Teal`c, die auf ein gutes Duzend Jaffa schossen.

Die beiden zogen sich zum Stargate zurück, das bereits angewählt wurde. Die ersten beiden Klammern waren schon eingerastet.

"Nur noch ein paar Minuten!", flehte er Janet an, doch ihr Blick holte ihn immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Diese Tatsache jedoch ging ihm durch Mark und Bein.

Die Schießerei dauerte an und der Trupp stürzte auf das Stargate zu, tötete noch einige weitere Jaffa, die nun aus den Wäldern stürmten und das Feuer eröffneten.

Eine Entladung verfehlte Daniel nur um wenige Zentimeter, er konnte sogar die Hitze der Energie spüren.

Er hielt die Ärztin noch fester an sich gedrückt und rannte schneller, wollte er doch nicht auch noch ein Ziel dieser verdammten...

Daniel musste sich konzentrieren, bloß nicht die Nerven verlieren!

Sam erschien neben ihm, beide rannten auf das bereits geöffnete Stargate zu. Unzählige Jaffa hatten sie eingekreist und versuchten sie an einer Flucht zu hindern, doch die Soldaten gaben nicht auf und schossen immer wieder zurück.

"Was ist denn passiert?!", schrie die Astrophysikerin panisch, als sie Janet in seinen Armen erkannte, doch Daniel hatte weder die Energie, noch den Mut, die Wahrheit über seine Lippen zu bringen.

Vermutlich hatte sie seinen Notruf gehört, doch niemand anderes außer ihm wusste, dass die Ärztin bereits tot war.

Ohne eine Antwort rannte er durch das Stargate und duckte sich automatisch, als eine weitere Entladung nahe an seinem Kopf vorbei flog.

Hinter ihm traten auch die restlichen SG- Mitglieder durch das Tor und er hörte Sam irgendwo im Abseits nach der Iris schreien.

Mehrere Ärzte und Assistentinnen rannten ihm entgegen, doch Daniel stand noch zu sehr unter Schock, um zu verstehen, was sie überhaupt sagten.

Fremde Hände schlangen sich um Janets Körper und wollten sie ihm entreißen, doch er ließ es nicht zu.

"Doktor Jackson, lassen sie sie los!...Können sie mich verstehen? Doktor Jackson?", schrie eine Krankenschwester, doch Daniel hielt weiterhin den noch warmen Körper an sich gedrückt.

Erst als Sam neben ihm erschien, erwachte er aus seinem Traum.

"Was ist passiert?", rief sie fast hysterisch, doch erstarrte, als sie das Gesicht der Ärztin erkannte.

"Nein!", schrie Sam noch im selben Atemzug und blieb geschockt neben ihm stehen.

"Doktor Jackson, lassen sie sie los!", befahl indes eine weitere Krankenschwester.

Erst jetzt gelang es ihm, Janet in fremde Hände zu geben, damit die Leute sie auf eine Trage legen und wegrollen konnten.

Daniel schaffte es nicht, irgendetwas zu sagen oder sich nur zu bewegen. Alles erschien so irreal, als wäre es nur ein böser Albtraum. Sam hatte eine Hand vor den Mund gelegt. Ihr strömten die Tränen aus den Augen und sie blickte ihn irritiert an. Als er nichts von sich gab, folgte sie den Ärzten, die sich um Janet kümmerten.

"Doktor Jackson!", rief Warner und kam ihm entgegen, zusammen mit General Hammond, der sich der Situation durchaus bewusst war.

"Sind sie verletzt, Doktor Jackson?", fragte der Arzt und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Daniel zuckte zusammen und begann zu zittern. Jeder seiner Muskeln war von dem langen Marsch am Ende, seine Hände bebten, sein Herz raste.

Trotzdem gelang ihm ein leichtes Kopfschütteln.

"General, wir wurden beschossen...", stotterte er vor sich hin und Hammond senkte die Lider. Das Soldaten fallen, passierte nicht zum ersten Mal, aber dieses Mal betraf es eine der höchstgeschätzten Persönlichkeiten des SGC, und O'Neill obendrein war schwer verletzt worden.

Dieser Tag senkte sich unwiderruflich dem Tiefpunkt entgegen.

"Ist schon in Ordnung, Doktor. Wir klären das später."

Vermutlich war Hammond klar, dass er momentan nichts vernünftiges aus seinen Leuten heraus bekam. Viel zu sehr stand jeder unter Schock.

Warners Hand auf Daniels Schulter drückte etwas fester zu.

"Sind sie sicher, dass mit ihnen alles in Ordnung ist , Doktor Jackson?"

Er starrte den Mann mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Irritation an, besann sich dann aber wieder auf seine durchgeweichte Uniform. Blut klebte überall.

"Ich muss...duschen gehen.", stammelte er, spürte aber schon bald Teal`cs Präsens hinter sich.

"Das erledigen wir alles in der Krankenstation. Kommen sie mit mir, wir müssen sie zunächst untersuchen. Teal`c wird sie begleiten."

Damit trat Warner beiseite und gab ihm den Weg frei. Hammond, der sich ihnen angenähert hatte, stand mindestens genauso unter Schock wie er. Zu sehr waren sie von dieser Wende der Geschehnisse überrollt worden.

Ohne ein weiteres Wort lief er an dem General vorüber und machte sich zusammen mit Teal`c auf den Weg zur Krankenstation...


"Daniel?"

Eine Hand berührte ihn an der Schulter und holte ihn abrupt aus den Gedanken.

Erschrocken fuhr er auf, realisierte aber noch im selben Moment, dass es Sam war. Vermutlich musste er sie halb zu Tode erschreckt haben, denn sie starrte ihn für einige Sekunden zweifelsvoll an.

Ihre Augen waren rot entzündet von all den Tränen und schienen eine Menge ihres Glanzes verloren zu haben.

"Was macht deine Schulter?", fragte sie beiläufig und setzte sich neben ihn. Erst jetzt stellte Daniel fest, dass sie die Tür seines Büros wieder hinter sich geschlossen hatte. Also stand ein privates Gespräch an.

Allerdings war er im Moment überhaupt nicht in der Stimmung für so etwas.

"Ist OK.", antwortete er kurz und wandte sich wieder seiner Arbeit zu, um beschäftigt zu wirken.

Warner hatte festgestellt, dass er sich eine böse Zerrung an der Schulter geholt hatte, vermutlich als er Fraiser trug, aber das war angesichts der gravierenden Umstände dieser Mission ganz und gar nicht von Bedeutung.

"Wie geht's Jack?", fragte er ebenso kurz, um Sam davon abzuhalten, etwas zu fragen, was ihn seine Beherrschung kosten könnte.

"Gut. Der Arzt sagt, er hat unheimliches Glück gehabt.", antwortete die Astrophysikerin und starrte bedrückt zu Boden.

Daniel mochte diese Art der Konversation nicht und wollte sie weiter ausfragen, als er Sams Hand auf seiner spürte.

"Wie...wie ist es passiert?", fragte sie zögerlich, während erneut einige Tränen über ihre Wangen strömten.

Er hatte es kommen sehen. All die Versuche, es zu ignorieren, als Albtraum zu deklarieren oder einfach nur zu vergessen, scheiterten an dieser einen Bitte.

Stoisch blieb Daniel für eine Weile sitzen und dachte nach, als Sams Griff sich verhärtete.

"Ich weiß, dass sie von einem Goa`uld angeschossen wurde, aber was ist wirklich passiert?"

Da war sie wieder, die typische Sam- Carter- Fragestellung. Für großräumige Erklärungen hatte sie keine Zeit, sie wollte immer gleich die Details.

Nur war Daniel noch nicht dazu bereit, diese zu offenbaren.

Seine letzten Momente mit Janet waren...etwas Besonderes. Wenn er sie jetzt jedem erzählte, nahm das der Situation ihren letzten Wert.

Diese Erinnerung an Janet wollte er allein für sich behalten.

Aber dann...war es nicht egoistisch, sie vor Sam geheim zu halten, war sie doch ihre beste Freundin?

Er war zu müde und irritiert, um sich mit solchen moralischen Problemen auseinander zu setzen, also machte er es sich leicht.

"Sie hat...ihren Job getan. Und dann ist ein Jaffa aus dem Nichts aufgetaucht und hat auf uns geschossen. Sie wurde frontal getroffen.", spulte er sein Programm wie auf Autopilot ab und wartete auf die Reaktion der Astrophysikerin.

Sam kämpfte wieder mit den Tränen, noch immer unfähig, das Gehörte zu akzeptieren. Als sie es nicht mehr aushielt, zog sie ihre Hand zurück und wischte sich damit über die Augen.

"Es...es tut mir leid.", versuchte sie sich zu rechtfertigen, doch Daniel nahm sie schützend in den Arm und drückte sie fest an sich.

"Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen.", antwortete er wie betäubt und starrte an die Wand. Er musste irgendetwas tun, um sich abzulenken, sonst würde er...

"Warum sie, Daniel?", fragte Sam voller Verzweiflung und löste sich wieder aus seiner Umarmung.

"Ich weiß es nicht.", gab er ehrlich zu und blickte sich erneut in seinem Büro um. Alles, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen.

Nervös biss er sich auf die Unterlippe, bis die ersten Schmerzen aufkamen. Aber genau diese Schmerzen ließen ihn für eine Weile alles andere vergessen.

Schon bald schmeckte er Blut in seinem Mund und fuhr sich mit der Zunge über die Wunde, sodass Sam es nicht bemerkte.

"Ich muss jetzt gehen, ich hab noch viel zu tun.", log er dann und stand auf. Natürlich hatte er nichts wirklich Bedeutsames zu tun, doch er wollte allein sein, wollte verstehen, was eigentlich passiert war.

"Ich werde jetzt zu Cassie fahren und... es ihr sagen.", schluchzte Sam und erhob sich ebenfalls von ihrem Stuhl.

Daniel nickte stumm und starrte gedankenverloren auf die Kamera. Die Astrophysikerin folgte seinem Blick und entdeckte nun auch die blutigen Fingerabdrücke. Spätestens jetzt wurde ihr klar, dass er alles auf Band haben musste.

Wieder legte sie ihre Hand auf seine Schulter und drückte sie in Sympathie, für mehr hatte sie im Moment keine Energie.

Dann verließ sie ohne ein weiteres Wort sein Büro und er war wieder allein.

+++

Drei Stunden später saß Daniel vor seinem Fernseher und starrte wie im Halbschlaf auf die Bildröhre. Bis vor einigen Minuten lief dort ein Film über den Fluch der Pharaonen, doch nun wich ihm eine Dauerwerbesendung über Hausanstriche.

Daniel brauchte mehrere Minuten, um aus seinen Tagträumen wieder aufzuwachen und wechselte den Kanal. Vorbei an Tierdokumentationen, einem Footballspiel, einem Western, einem alten Liebesfilm, duzenden Verkaufskanälen und Quizshows ertappte er sich dabei, wie er ganze vier Mal all seine Kanäle durchschaltete, ohne irgendetwas zu finden, was ihn ansprach.

Deprimiert schaltete er den Fernseher aus und stellte einen vollen Teekessel auf die Herdplatte.

Immer schön aktiv bleiben...

Als nächstes wollte er sich Reis aus einem Regal holen, nur um festzustellen, dass er nicht hungrig war. Vielmehr spürte er nichts.

Er fühlte sich taub.

Als er in sein Apartment getreten war, hatte er sich den Fuß am Sofa gestoßen und nicht einmal das hatte er gespürt. Er fühlte sich schon fast so, als sei mit Janet ein riesiger Teil von ihm selbst mit gestorben.

Er erinnerte sich, wie Bregman wenig später, nachdem er noch einmal in sein Büro gegangen war, zu ihm kam und die Videokassette haben wollte. Daniel war außer sich vor Wut gewesen, fast so weit, den Mann zu schlagen. Doch trotzdem hatte er sich die Geschichte angehört, über den Soldaten, dessen Freund im Krieg direkt neben ihm erschossen wurde. Und es machte Sinn.

Dennoch war diese Kassette das einzige, was Janet in seinen Augen noch am Leben hielt und er war nicht bereit, es aufzugeben oder vielmehr...sie aufzugeben.

Der Teekessel begann langsam zu Pfeifen und Daniel gab ihm noch einige Sekunden, bevor er ihn in die nebenstehende Tasse schütten würde.

Sein Weg führte ihn als nächstes ins Badezimmer, wo er seinen Spiegelschrank öffnete und nach etwas suchte. Irgendwo musste es doch stehen...

Fast triumphierend griff er nach der kleinen orangefarbenen Dose mit den weiß- blauen Pillen. Um sicher zu gehen, suchte er nach der Dosis.

PROZAC, 30mg.

Vielleicht konnte er seine momentane Lage mit genug Antidepressiva besser ertragen...

Daniel entschied sich dafür, mit zwei Pillen zu beginnen. Das war der Situation angemessen und gerade noch niedrig genug, dass er sie ohne weiteres für drei Wochen täglich einnehmen konnte.

Er griff nach seinem Zahnputzbecher und spülte die Pillen mit etwas Leitungswasser hinunter.

Pünktlich meldete sich auch sein Teekessel wieder und er machte sich auf den Weg, um danach zu sehen, als es an der Tür klopfte.

Wer zur Hölle konnte das jetzt sein?

Daniel dachte eine Sekunde daran, einfach so zu tun, als sei niemand daheim, doch sein Teekessel verriet ihn.

Also schaltete er den Herd ab und machte sich auf den Weg. Nach einer kurzen Pause des Durchatmens öffnete er die Tür.

Erstaunlicherweise stand Teal`c vor ihm, gekleidet in einen schwarzen Mantel mit einer Ski- Mütze auf dem Kopf. Sein Blick schien ebenso leer wie der aller Menschen, die Janet gekannt und zweifelsohne auch geliebt hatten.

"Hey.", grüßte er ihn und erhielt ein Kopfnicken des Jaffa.

"Danieljackson," antwortete dieser und trat ein.

Daniel half ihm, seinen Mantel abzulegen und deutete auf die Couch, damit er sich hinsetzen konnte, während er alles an einigen Hängern an der Wand verstaute.

Teal`cs Präsenz hinterließ es flaues Gefühl in seiner Magengrube. Wahrscheinlich lag es daran, dass es ihn an das SGC und damit auch an Janet erinnerte.

"Willst du einen Tee, Teal`c?", fragte Daniel- erneut tat er alles, nur um nicht wieder auf dieses eine Thema zu kommen, welches aber mit Sicherheit der Grund seines Besuches war. Es gab so viele Dinge, über die man sprechen konnte, irgendetwas musste ihm einfallen.

"Gerne.", antwortete der Jaffa knapp und sah sich im Haus des Archäologen um. Sofort fielen ihm die alten Artefakte auf, die gepflegt auf mehreren Regalen standen, darunter auch Masken und Werkzeuge verschiedener Stammeskulturen.

Und dann beobachtete er Daniel.

Dieser schien wie im Schlaf all seinen Tätigkeiten nachzugehen, dennoch war sein Geist weit weg. Teal`c wusste wo, dennoch war er sich nicht sicher, wie er dieses Thema ansprechen sollte.

O'Neill musste zunächst noch zur Beobachtung auf der Krankenstation bleiben, aber er hatte Teal`c genau über Daniels Talente instruiert, vom Thema abzulenken und bloß nichts preiszugeben, was ihm momentan auf dem Herzen lag.

Doch auch zwischen ihm und Danieljackson gab es einen Band, der sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hatte. Vielmals brauchte Teal`c nicht einmal eine Miene zu verziehen, trotzdem wusste der Archäologe genau, was in ihm vorging. Genauso erging es ihm. Er spürte genau, wenn es dem jungen Mann nicht gut ging.

Und er wusste auch, dass Danieljackson etwas sehr traumatisches in den letzten Stunden durchgemacht hatte. Eine gute Freundin so wie Janet Fraiser zu verlieren, tat sogar ihm weh.

Sie war eine gute Frau gewesen mit einem immens großen Herzen.

Sie war es, die ihm viele Male das Leben gerettet hatte, oder ihm vertraute, wenn sein Wort gegen das der anderen stand. Sie war eine Frau von Ehre gewesen.

Und genau deshalb würde sie auch immer in seinem Herzen bleiben.

Daniel war mittlerweile in der Küche fertig und stellte ihm eine Tasse Grünen Tee auf den Tisch vor der Couch. Nach einem kleinen Seitenblick zur nebenstehenden Uhr setzte er sich auf den Sessel gegenüber des Jaffa.

"Also...wie geht's Jack?", fragte er und Teal`c erkannte, wie er verzweifelt ein Thema ansprechen wollte, über das er doch eigentlich gar nicht reden wollte.

Und deswegen war er hier- um Danieljacksons Zerrissenheit zu beenden.

"Es geht ihm besser. Die Weste hat sein Leben gerettet.", erklärte der Jaffa und erhielt ein Nicken.

Daniel hatte sich nachdenklich in seinem Sessel zurückgelehnt und starrte auf eines seiner Ausgrabungsstücke. Vermutlich wollte er sich auf andere Gedanken bringen.

"Wie bist du hierher gekommen?", fragte er dann ohne Zusammenhang und traf wieder Teal`cs Blick.

"Captain Johnson hat mich zu deinem Haus gefahren."

"Das ist nett von ihm...wenn du willst, kann ich dich später zurückbringen. Ich muss heute Abend sowieso wieder ins SGC, um einige Berichte abzugeben..."

"Das wird nicht nötig sein, Danieljackson."

Teal`c beobachtete seine Miene genau, um den richtigen Augenblick zu finden, um über den wahren Grund seines Besuchs zu sprechen.

"Du solltest bei Major Carter sein. Sie braucht dich jetzt.", begann er ruhig, doch Daniel schüttelte schon nach der Hälfte des Satzes wild mit dem Kopf.

"Wenn du deshalb gekommen bist, dann war dein Besuch umsonst Teal`c, tut mir leid.", sofort wurde der Archäologe wieder distanziert. Wahrscheinlich war es seine einzige Möglichkeit, jetzt nicht in Tränen auszubrechen.

"Du kannst dich nicht hier verstecken, Danieljackson. Doktor Fraiser hätte das nicht gewollt." Teal`cs Stimme blieb sanft und einfühlsam. Wenn er sie jetzt erhoben hätte, würde sein Freund ihm nie zuhören.

Daniel wurde für eine Sekunde still und als er wieder aufblickte, hatten sich Tränen in seinen Augen gebildet. Trotzdem blieb sein Gesicht wie versteinert.

"Ich will nicht darüber reden, Teal`c.", antwortete er mit brüchiger Stimme und lief in die Küche. Der Jaffa folgte ihm. Einige Meter von dem Archäologen entfernt, blieb er stehen, um etwas Privatsphäre zu lassen.

"Nur weil du es verdrängst, machst du es nicht ungeschehen."

"Hat Jack dir das erzählt?", fragte er abfällig, ohne sich umzudrehen. Seine Finger tippten nervös auf der Arbeitsplatte der Küche herum.

"Nein.", antwortete Teal`c trocken und trat einige Schritte näher, um seinem Freund eine Hand auf die Schulter zu legen, "Aber ich weiß, dass Doktor Fraiser es nicht verdient hat, dass du ihre Erinnerung verdrängst. Sie war unsere Freundin und wir müssen in dieser schweren Stunde zu ihr halten."

Als Daniel sich umdrehte, hatten seine Augen sich wieder verdunkelt und waren so emotionslos wie zu Beginn.

"Lass mich einfach für eine Weile in Ruhe Teal`c, ok?"

Der Jaffa verbeugte sich leicht und verließ dann das Haus. Ein Militärjeep stand noch immer dort, um ihn wieder zurück zum SGC zu bringen.

Wahrscheinlich hatte O'Neill recht gehabt: Danieljackson war ein Meister der Verschwiegenheit, wenn es um Gefühle ging...

+++

Als er Abends zurück in die Basis gefahren war und von Hammond erfuhr, dass er das Videoband aushändigen sollte, hatte Daniel vor Wut gekocht.

Nach all dem was er durchgemacht hatte, all die Opfer, die diese Mission mit sich gebracht hatte, und nun wollte dieses Monster Bregman ihm auch noch die letzten Erinnerungen an Janet nehmen!

Und das schlimme war, er hatte keine Wahl. Offiziell vielleicht schon, doch inoffiziell nicht. Hammond hatte klar genug ausgedrückt, dass er von ihm die Herausgabe verlangte.

Also hatte Daniel es getan, Bregman dabei so wenig Aufmerksamkeit wie möglich geschenkt und war Hals über Kopf aus dem Besprechungsraum gestürzt. Für etwas anderes fehlte ihm momentan die Energie.

Er mied sogar Sam.

Daniel fühlte sich schlecht, dass er sie nicht trösten konnte, machte sich Vorwürfe über das Geschehene und wollte viel lieber allein sein. In diesem Zustand half er ihr nicht im Geringsten.

Er marschierte weiter die Korridore entlang und als er um eine Ecke bog, stand plötzlich Jack vor ihm. Der Colonel schien noch immer sehr mitgenommen, doch sein Blick war klar und wachsam.

"Howdy Partner.", grüßte er gespielt locker und hielt ihn am Arm zurück, als Daniel sich lieber aus dem Staub machen wollte. Er war viel zu wütend, keine Zeit für Diskussionen, keine Zeit für Emotionen.

"Hey Jack, wie geht es dir?"

Verdammt, er wusste es selbst gut genug, immerhin hatte er den zuständigen Arzt über den Zustand seines Freundes gelöchert, selbst wenn er nicht die Stärke hatte, ihn persönlich zu besuchen.

Daniel konnte ihm nicht in die Augen sehen.

"Kann mich nicht beklagen, und was ist mit dir? Teal`c hat gemeint du ziehst gerade wieder deine "Fass mich nicht an- Lass mich in Ruhe" -Nummer durch..."

Jacks Stimme war verräterisch still wenn man den Inhalt seiner Worte bedachte. Sie waren alle angeschlagen, jedes Mitglied im SGC hatte unter dem Verlust von Janet Fraiser gelitten und nun fühlte sich Daniel so, als würden ihn alle vorwurfsvoll anstarren, selbst wenn das nicht der Fall war.

"Ich habe keine Zeit dafür, ich muss in mein Büro.", entgegnete er, doch O'Neills Arm blieb an seiner Schulter haften.

"Nicht mit mir, Daniel. Wir wissen beide gut genug, dass deine Spielchen bei mir nicht funktionieren...ich glaube, wir sollten reden."

Damit deutete er auf den Eingang zu seinem Quartier, das am Ende des Korridors lag.

"Ich wüsste nicht, worüber wir reden sollten...außerdem, solltest du nicht auf der Krankenstation im Bett liegen?"

Die Blicke der beiden Männer trafen sich zum ersten Mal. Jeder sah die Schmerzen des jeweils anderen, ebenso die Sorgen und Ängste.

Ewige Diskussionen konnten sie so austragen, ohne auch nur ein einziges Wort zu sprechen.

Jack ließ seine Hand auf Daniels Schulter und spürte die angespannten Muskeln. Er wusste, wie er sich jetzt fühlte, hatte es selbst längst schon zu viele Male durchgemacht, zuletzt nach Daniels Aufstieg.

"...Lass uns ein Hockeyspiel ansehen. Es wird dir gut tun, glaub mir."

O'Neills Stimme klang jetzt eher wie die eines besorgten Vaters. Obwohl Daniel es nicht wollte, willigte er schließlich ein. Was sollte er auch sonst tun? Für seine Arbeit war er zu unkonzentriert, Sport war momentan Zeitverschwendung und wenn er daheim oder im Büro war, konnte er sowieso nur an sie denken...

Jacks Arm schlang sich bald um beide Schultern und schob ihn langsam Richtung Quartier.

Daniel kannte seine Intention und wusste sehr gut, dass das Hockeyspiel garantiert nicht der Hauptzweck seines Besuchs sein würde. Aber es war ihm egal. Wenn die Diskussion zu persönlich wurde, konnte er jederzeit gehen. Dies war ein freies Land und er war kein Militär.

Müde beugte er sich seinem Freund und folgte ihm in dessen Quartier.

+++

Daniel konnte kaum glauben, wie schnell O'Neill sich wieder von seiner Verletzung erholt hatte. Zwar waren noch immer dicke Verbände um seinen Oberköper geschlungen, dennoch schien er all seine Energie zurückgewonnen zu haben.

Nun saßen beide mit einem Eimer Popkorn und Cola vor dem Fernseher und verfolgten ein Spiel von O'Neills Lieblingsmannschaft.

Während der Colonel sich alle Mühe gab, begeistert zu wirken und dann und wann etwas von ihrem Proviant zu sich nahm, saß Daniel nur still da, starrte in den Bildschirm und dachte nach.

Egal was er tat oder worauf er sich konzentrieren wollte, letztendlich landete er immer wieder bei demselben Thema...

Gerade war die Halbzeitpause ausgerufen worden, als O'Neill den Fernseher ausschaltete.

Sofort war auch Daniel wieder komplett wach und starrte den Colonel entgeistert an.

"Was ist los?", fragte er, obwohl er die Antwort kannte.

O'Neill blickte ihn durchdringend an, bevor er sprach.

"Es war nicht deine Schuld."

Sofort tat Daniel alles, um von diesem Thema wieder wegzukommen. Er hielt das sonst nicht mehr aus.

"Ich dachte, wir wollten uns ein Hockeyspiel ansehen."

"Das dachte ich auch.", damit deutete Jack auf die Flasche Cola auf dem Tisch, die Daniel nicht einmal geöffnet hatte, "Du musst damit aufhören, es war nicht deine Schuld, du hättest nichts tun können."

"Ich will nicht darüber reden, Jack.", warnte Daniel, doch er wurde ignoriert.

"Was hättest du tun wollen? Dich zwischen sie und die Energieentladung werfen, damit du stirbst? Wem hätte das etwas genutzt?"

"Ihr.", erwiderte Daniel tonlos und stieg auf. Er musste hier raus, raus aus allem, was ihn an Janet erinnerte und vor allem weg von all den Leuten, die unbedingt meinten, mit ihm reden zu müssen.

Er wollte nicht darüber reden. Die Wunde war noch immer zu tief.

Jack blieb entgeistert auf der Couch sitzen, fasste dann aber noch Mut für einen weiteren Versuch.

"Du hattest nicht genug Zeit, Daniel.", er hatte bereits von einem der Soldaten gehört, wie es abgelaufen war, "Der Jaffa ist zu schnell aufgetaucht."

Der Archäologe schüttelte leicht den Kopf.

"Du liegst schon wieder falsch Jack.", kurz vor dem Verlassen des Raumes drehte er sich noch einmal um, "Ich hatte 0,8 Sekunden."

+++

Schon wieder war Daniel aus einem Raum gestürzt.

Schon wieder vor der Erinnerung weggelaufen...

Wenn Janets Geist noch immer hier irgendwo war, musste sie sich ernsthaft Sorgen um seine Psyche machen. Daniel agierte wie ein paranoider Geisteskranker, der unschlüssig von einem Platz zum anderen wanderte.

Jack hatte es nur gut mit ihm gemeint, trotzdem wollte Daniel nichts lieber als wegzulaufen. Er wollte so tun, als sei alles nur ein böser Albtraum, zumindest so lange, bis er den Fakt über Janets Tod ohne diesen wiederkehrenden inneren Schmerz verdauen konnte.

Jedes Mal, als er im Geiste wieder in ihre toten Augen blickte, traf es ihn wie einen Tritt in den Magen.

Die aufkommende Wut machte es nur noch schlimmer.

Wie konnte er diese Gefühle im Moment mit irgendjemand teilen? Dann würde er die andere Person ebenfalls in diese Misere stürzen.

Das konnte er nicht tun.

Daniel stieg in den Fahrstuhl und drückte die Taste für eine der untersten Ebenen. Diesmal wusste er, wohin ihn der Weg führen würde.

+++

Wenige Minuten später erreichte Daniel sein Ziel und folgte dem Korridor zu einer relativ großen Halle, vor der ein Wachposten stand.

"Daniel Jackson, SG-1.", wies er sich aus und reichte dem Wachposten seine ID.

Der Mann ließ ihn einige Sicherheitshinweise unterschreiben und Daniel betrat den Raum.

Neben ihm waren zwei Ärzte beschäftigt, Daniel kannte sie. Beide fuhren eine leere Bahre davon, scheinbar war wieder jemand gestorben.

Er machte sich auf den Weg zum Schreibtisch des zuständigen Arztes und fand den grauhaarigen Mann tief über seine Akten gebeugt sitzen.

Ohne Aufzusehen schien der zu wissen, was Daniel hier wollte.

"Wo ist sie?", fragte der Archäologe und endlich sah der Arzt auf.

"Sind sie sicher, Doktor Jackson?...Sie ist nicht mehr...sie."

Diese einfühlsamen Worte klangen fremd aus dem Mund eines Gerichtsmediziners, doch Daniel nickte vehement.

"Ich will sie sehen."

"Also gut...", der Arzt stieg von seinem Platz auf und machte sich auf den Weg in einen kleineren, angrenzenden Raum, dessen Wände aus herausziehbaren Leichenfächern bestanden.

Der geflieste Boden hier war extrem kalt und das matte Licht der zwei Lampen tat ihr übriges hinzu.

Daniel fühlte eine Gänsehaut, die ihn unweigerlich überkam, als der Arzt nach dem richtigen Fach suchte. Doch er musste sich der Tatsache stellen, egal wie sehr es weh tat.

Teal`c hatte recht, Janet hatte es nicht verdient, dass er sie jetzt einfach zu ignorieren versuchte...

"Hier...", der Arzt zog eines der Schubfächer auf, überprüfte kurz die Nummer und verschwand dann, ohne das Tuch über der Leiche zu bewegen.

Daniel fühlte sich unsagbar allein, als er plötzlich vor dem bedeckten Körper stand und bereits die Umrisse einer seiner besten Freundinnen sah.

Was war nur geschehen?

Die letzte Hoffnung, dass die vergangenen Stunden ein absolut bizarrer Albtraum waren, wichen aus ihm.

Janet war tot, er war dabei gewesen und hatte sie nicht retten können.

Gott, wie konnte das nur passieren? Und das bei einer solch...simplen Mission. Er hatte zuvor schon mit Wells gesprochen und ihm die Vorwürfe ausgeredet, dass er für all das verantwortlich sei. Er war es nicht. Der Junge war nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.

Das erinnerte ihn zeitgleich an den Moment seines Aufstiegs. Als sein Herz zu schlagen aufhörte und sich das warme Licht um seinen Körper legte, hatte er deutlicher denn je Janets Sorge gespürt. Sie wollte ihn nicht gehen lassen und wandte sich ein letztes Mal an O'Neill.

"Colonel?"

Ihr verzweifeltes Flehen klang noch immer in seinen Gedanken nach.

Daniel wusste, sie hätte alles in ihrer Macht stehende getan, um ihn am Leben zu erhalten, oder falls es sein musste, sein Leiden zu beenden. Aber einfach so aufgeben, das war nie eine von Janet Fraisers Tugenden gewesen.

Dafür hatte er sie immer hoch angesehen.

Eine kleine Frau, die doch so viele Menschen an geistiger Größe überragte...

"Warum bekam ich so oft eine zweite Chance...und du nicht?", flüsterte Daniel leise und suchte nach einer Antwort. Doch, wie Omah es sagen würde, lag diese ausserhalb seines geistigen Horizontes

Aber ob es nun Vorherbestimmung war oder nicht, die wunderbare Ärztin und Herz des SGC war verschwunden, und das auf ewig.

Daniel biss sich auf die Lippe, konnte aber die Tränen nicht mehr aufhalten, die über seine Wangen strömten.

Was sollte er nun tun?

Sie waren sich doch so nahe gewesen...

Er erinnerte sich an ihre Freude, als sie ihn auf Vis Uban wiedergefunden hatten. Natürlich war jeder glücklich, doch Janet hatte noch nie, seit er sie kannte, so fröhlich ausgesehen.

Nachdem sie ihn auf der Krankenstation durchgecheckte hatte und niemand in der Nähe war, schloss sie ihn in eine feste Umarmung. Zwar konnte er sich damals an nichts erinnern, doch seine Gefühle sagten ihm, dass er es erwidern sollte.

Und so hatten beide für eine Weile nur dagesessen und sich festgehalten.

Erst als Jack kam um ihn abzuholen, hatte sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Stirn gegeben und war wieder in ihrem Büro verschwunden.

Er hatte die zierliche Ärztin in den letzten Jahren wirklich zu schätzen und zu lieben gelernt...

"Was sollen wir denn jetzt ohne dich machen?", seufzte er und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel seiner Jacke weg.

Seine "auferstandene" Hälfte verlangte von ihm, sie gehen zu lassen, ihren Geist in Frieden ruhen zu lassen, doch sein Herz konnte das nicht.

Wie sollte er sie loslassen, waren sie doch so miteinander verbunden?

Wie oft schon stand sein Leben auf Messers Schneide und nur sie allein sorgte dafür, dass er es schaffte? Und nun bekam sie nicht einmal diese Chance.

Ein einziger Schuss...und alles war aus.

Er hatte nicht einmal die Chance gehabt, sich von ihr zu verabschieden, kein Wort der Bewunderung bevor sie starb, keine feste Umarmung.

Das alles war nicht fair.

Wie konnte sein Leben wertvoller sein als ihres?

Wo waren die Lichtwesen, die ihr helfen konnten aufzusteigen?

Eine unsägliche Leere breitet sich in ihm aus und begann, ihn von innen her aufzufressen. Alles schmerzte bei dem Gedanken, diese wunderbare Persönlichkeit jetzt für immer gehen zulassen.

Daniel fasste sich Mut und schob das weiße Laken etwas nach unten, nur soweit, um ihr Gesicht zu zeigen. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht grau verfärbt.

Trotzdem schien sie nur zu schlafen.

Daniel wünschte sich so sehr, dass dies der Fall war.

Wieder erinnerte er sich daran, wie er sie zurück zum Gate trug, während ihr warmes Blut über seine Uniform strömte.

Gott, warum war er nicht dazwischen gesprungen? Warum hatte er die Entladung nicht abgefangen?

Er musste sich wohl oder übel damit zufrieden geben, dass es keine Antworten auf seine Fragen gab. Vielmehr musste er die Situation ertragen, so schlimm sie auch war.

Daniels Hand berührte ihre kalte Wange und tätschelte sie zärtlich. Wie oft musste sie das getan haben, während er im Koma, in der Bewusstlosigkeit oder im Sterben gelegen hatte?

Wie viele schlaflose Nächte hatte er sie wohl gekostet?

Und dann plötzlich, ohne Vorwarnung war sie aus seinem Leben verschwunden...

Eine von Daniels Tränen tropfte auf ihr Gesicht und er wischte sie behutsam weg.

Vorsichtig beugte er sich zu ihr hinunter. Zwischen all dem Desinfektionsgeruch konnte er noch immer ihr Parfum ausmachen.

Für einige Sekunden blieb er einfach in der Haltung, genoss die Nähe zu seiner Freundin und gab ihr anschließend einen Kuss auf die kalte Stirn.

"Ich werde dich vermissen.", flüsterte er dann und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.

Erschöpft stand er wieder auf.

Er wollte sie nicht gehen lassen, doch er musste. Janet hätte es so gewollt und er wusste es.

Eigentlich würde sie ihm momentan sogar den Hintern versohlen, weil er seit ihrer Rückkehr kein einziges Auge zubekommen, geschweige denn irgendetwas gegessen hatte...vielleicht wäre sie ihm aber auch nur unendlich dankbar.

Daniel stellte sich vor, was sie wohl sagen würde, wenn sie jetzt neben ihm stände, gekleidet in der typische Militär- Uniform mit ihrer Kappe auf dem Kopf und dem Stethoskop um den Hals geschlungen.

Vermutlich würde sie ihr strahlendstes Lächeln aufsetzen, um die anderen davon abzuhalten, um sie zu trauern.

"Daniel, gerade du müsstest wissen, dass es nur ein Abschied auf Zeit ist. Wir werden uns wiedersehen, vielleicht in einem anderen Leben, vielleicht aber auch nur auf einer anderen Ebene der Existenz."

Er musste unweigerlich lächeln, doch sofort kamen die Schmerzen in ihm wieder auf.

"Ich will aber nicht Abschied von dir nehmen. Ich will dich einfach nur zurück."

"Dann weißt du jetzt, wie ich mich all die Monate gefühlt habe, als wir dachten, du seiest tot."


Daniel atmete tief durch und bedeckte Janets Gesicht wieder mit dem weißen Laken. Noch immer strömten Tränen ungehindert aus seinen Augen und auch sein Ärmel war mittlerweile feucht geworden, so oft hatte er sie versucht wegzuwischen.

"Das hier ist nicht umsonst geschehen, hörst du? Wir werden den Krieg gewinnen, selbst wenn es noch mehr Opfer geben wird. Du bist nicht umsonst gestorben...", damit senkte er noch einmal den Kopf vor der aufgebahrten Leiche, "Wir werden uns wiedersehen."

+++

Nur wenige Minuten später fand Daniel sich einige Ebenen höher wieder, wie er in den Raum eintrat, in dem er vor etwas mehr als einem Jahr gestorben war.

Alles war dunkel und gespenstisch still.

Jegliche medizinischen Gerätschaften und Überwachungskameras waren ausgeschaltet oder standen auf Stand By.

Daniel genoss die Ruhe und Dunkelheit und kauerte sich in die Ecke, von der er annahm, sie sei am verborgensten, wenn jemand nach ihm suchte.

Noch immer war er nicht ganz über all das hinweg, brauchte Zeit für sich, um alles zu verstehen und wieder zu seiner Ruhe zurückzufinden. Daher hatte er sich weder bei Jack, Sam oder Teal`c gemeldet, sondern war einen großen Umweg um ihrer Quartiere herum gelaufen.

Er sah sich wieder auf der Bahre, spürte, wie sein eigenes Fleisch langsam aber sicher vor sich hin röstete, Blut in seine Lungen eintrat und das Atmen zu einer unmenschlichen Tortur machte.

Auch die Verbände stoppten diesen Prozess nicht, überall riss seine Haut auf und die Stellen darunter fühlten sie wie Feuer an, dass alles von ihm verbrennen wollte.

Janet hatte ihn nicht angelogen, kurz nachdem sie von Kelowna zurückgekehrt waren. Sie hatte ihm unter Tränen gestanden, dass er einer äußerst...äußerst tödlichen Dosis radioaktiver Strahlung ausgesetzt war und das es sehr unwahrscheinlich war, dass er mithilfe irdischer Mittel die nächsten Stunden überleben würde.

Dabei war eine Träne an ihrer Wange herunter gerollt und Daniel hatte sie vorsichtig weggewischt.

"Es tut mir so Leid." , hatte sie dann gesagt und seine Hand festgehalten.

"Es ist ok. Ich weiß, dass du alles in deiner Macht stehende tun wirst. Wenn mir jemand helfen kann, dann du."

"Aber du wirst sterben und mir fällt kein Mittel ein, was das verhindern könnte!"

"Es ist ok, Janet."
, hatte er ihr verdeutlicht und die Ärztin schien zu verstehen. Es gab keine Rettung, doch sie konnte zumindest für ihn da sein. Genau das hatte er ihr sagen wollen.

Danach hatte sie sich abgewandt und war für einige Zeit in ihrem Büro verschwunden.

Doch jetzt war dieser Raum wieder so kalt und leer, als hätte hier nie eine solche Tragödie stattgefunden.

Janets Menschlichkeit fehlte, die den dunkelsten Tag erhellen konnte…

Plötzlich hörte Daniel, wie jemand den Raum betrat. Er gab sich keinerlei Mühe herauszufinden, um wen es sich handelte. Es war ihm schlichtweg egal.

Erst als er ein leises Räuspern hörte, erkannte er, dass es Bregman war. Er hatte nicht erwartet, ihn noch einmal wiederzusehen.

"Ich bin hier drüben.", sprach er dann leise und wischte sich schnell eine Träne weg. Dieser Mensch würde nie seine wahren Gefühle sehen können.

Er blieb sitzen und erkannte noch, wie Bregman unschlüssig in seine Richtung sah, bevor er ihn überhaupt erkannte.

"Ah...man hat mir gesagt, dass ich sie vielleicht hier finden würde."

Dann hatte ihn wohl doch jemand beobachtet...

"Ja...", seufzte er leicht.

"Ich bin nur gekommen, um ihnen das zurückzugeben."

Damit trat Bregman tiefer in den Raum hinein und blieb vor der Liege stehen. Wahrscheinlich bemerkte er Daniels Nachdenklichkeit.

"Ich werde es nicht verwenden."

Vorsichtig warf er die kleine Videokassette auf das grüne Laken der Bahre und drehte sich um, um den Raum zu verlassen. Überrascht sprang Daniel auf und trat vor die Liege, die noch immer ein Meer an Emotionen in ihm weckte, obwohl er doch lieber in seiner kleinen, verlassenen Ecke geblieben wäre.

"Warten sie.", rief er ihn zurück. Irgendetwas drängte ihn dazu, diesen verhassten Mann nicht ohne das Band gehen zu lassen.

Hätte Janet es gewollt?

"Ich möchte es aber."

Ja, sie hätte es gewollt.

Unruhig steckte er seine Hände in die Taschen seiner Hose und wanderte entlang der Bahre, behielt Bregman aber im Auge.

Wieder sah er sich in dicke Verbände gehüllt, die schon bald von Blut und Wundsekreten vollgelaufen waren, die letzten Versuche seines Körpers, sich gegen die tödliche Strahlung aufzubäumen. Doch es war ein verlorener Kampf.

"Ich bin in diesem Raum gestorben...transzendiert. Doktor Fraiser hat alles getan, was sie konnte. Ich glaube, sie konnte drei Nächte lang nicht schlafen. Sie wollte mich einfach nicht gehen lassen."

Die Schmerzen über ihren Verlust kamen bei dieser Einsicht wieder zurück. Auch er wollte sie nicht gehen lassen.

"Ich schuldete ihr mehr...als ich je zurückgeben konnte."

Damit nahm er sich wieder eine halbe Sekunde Zeit um Stärke zu sammeln, andernfalls würde er die Beherrschung verlieren. Er durfte das nicht zulassen, nicht jetzt.

"Ich hab über ihre Geschichte über Kristophsky nachgedacht.", begann er wieder, um sich etwas von dem heiklen Thema zu entfernen, "Ich glaube, das hier zeigt, was Janet Fraiser für ein Mensch war."

Bregman nickte. Plötzlich zeichnete sich eine Einsichtigkeit auf seinem Gesicht ab, wie Daniel sie noch nie gesehen hatte. Er wusste nun, dass das Band in gute Hände kommen würde. Auch Bregman hatte die zierliche Ärztin offenbar kennen und lieben gelernt, so wie jeder auf dem Stützpunkt.

So sehr hatte er danach geächzt zu erfahren, was denn tatsächlich geschehen war, doch plötzlich wirkten die Ereignisse für ihn wie ein Eigentor, wie eine schmerzende Ohrfeige, die ihn für seine Neugier bestrafte. Er hatte gelernt, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren und wie viel
Verständnis man für solche Situationen aufwenden sollte. Allein schon deshalb würde er gut auf das Band Acht geben.

"Das ist wahr."

"Ich will, dass es noch mehr Leute erfahren"

Damit reichte Daniel ihm die Kassette entschlossen zurück. Er hatte seine Entscheidung gefällt.

Janet hätte genau das gewollt, hätte andere Leute an ihrem Schicksal teilhaben lassen wollen, sodass auch sie lernten, das Leben und die Freiheit nicht als gegebenes Gut zu betrachten, sondern stattdessen jeden Tag zu genießen, der ihnen geschenkt wurde.

Das war Janet Fraiser.

Bregman nahm die Kassette an sich, schien noch etwas sagen zu wollen, doch verschwand dann im Korridor.

Wahrscheinlich hatte diese Geste auch ihn überwältigt.

Daniel seufzte. Endlich war er wieder allein.

Aber plötzlich…es war so als…als hätte es ihn entlastet. Der stechende Schmerz in seinem Inneren war verschwunden und nur ein dumpfes Wohlgefühl blieb zurück.

Daniel konnte nicht anders, als nach oben zu sehen.

War sie das gewesen?

Hatte sie seine Handlung beeinflusst? War sie doch immer noch irgendwo da draußen?

Unwillkürlich legte er seine Hand auf die Liege und atmete tief durch, konnte fast ihre Präsenz neben sich spüren.

Er hatte Janet Fraiser vielleicht körperlich verloren, doch sie würde immer einen großen Platz in seinem Herzen einnehmen. Egal wohin er ging, sie war bei ihm.

Allein diese Tatsache tröstete ihn ungemein.

Daniel atmete noch einmal tief ein und aus und blickte dann neben die Liege, dort, wo Janet so oft gestanden hatte, als er vor seinem Aufstieg ständig zwischen Traumwelt und Realität wechselte.

Dort hatte sie gestanden und seine Dämonen zusammen mit ihm bekämpft.

Sie war eben doch eine Heldin…

"Auf Wiedersehen, Janet.", sprach er dann und verließ erleichtert den Raum.

Zu schade, dass er nicht mehr den seichten Windhauch spürte, der ihm bis zum Ausgang folgte und dann wieder verschwand. Aber letztendlich war es ja schließlich nur Luft, oder?

Ende


Epilog:


Wenige Tage später fand Daniel sich auf dem Ortsfriedhof von Colorado Springs wieder. Dort, so hatten sie entschieden, sollte Janet beigesetzt werden, sodass jeder, der sie kannte, jederzeit ihr Grab besuchen konnte.

Die Trauerfeier und Beisetzung war wundervoll gewesen, viele der Leute, die sie in den letzten Jahren gerettet hatte, waren gekommen, unter anderem auch Wells.

Er hatte sogar seine Frau und Tochter mitgebracht, obwohl diese erst vor wenigen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden waren.

Wahrscheinlich hatte der Friedhof noch nie so viele Besucher gesehen, wie an diesem Tag.

Janets aufgebahrter Sarg wurde von unzähligen Leuten umringt, die meisten aus dem SGC, aber auch private Bekannte waren gekommen, Freunde ihrer Tochter, ja sogar eine Verwandte aus New York.

Einer der ansässigen Priester hatte einen kleinen Gottesdienst organisiert und nun war Daniel es, der die Abschlussrede hielt.

Zwar wollte Sam es tun, doch er wusste, dass es seine Aufgabe war. Zu eng war er mit der Ärztin verbunden gewesen, um sich diese Chance jetzt nehmen zu lassen.

Nun stand er vor dem kleinen Podest, hatte sich seine Worte gemerkt und starrte auf den Sarg, der vor ihnen aufgebahrt war.

"In einer solchen Situation die richtigen Worte zu finden, ist immer schwer. Umso mehr habe ich überlegt, was man über einen Menschen wie Janet Fraiser sagen kann...", damit blickte er auf das Portrait der Ärztin, das neben dem Sarg stand.

Sie sah noch so jung aus...

Vermutlich wurde das Bild kurz nach der Wieder- Inbetriebnahme des Stargates aufgenommen, als er noch immer auf Abydos lebte.

"Sie war mit Sicherheit eine Kämpferin...Janet gab nie einfach so auf. Wenn es darum ging, ein Menschenleben zu retten, stand sie jederzeit auf der Matte, um den Kampf gegen den Tod zu gewinnen."

Der Wind frischte etwas auf und vereinzelte Sonnenstrahlen drangen dann und wann zwischen den dicken Regenwolken hindurch.

"Gerade ich war viel zu oft Stammgast in ihrer Krankenstation."

Daniel erkannte, wie ein Lächeln über Sams Lippen huschte.

"Selbst zuletzt...", er sprach bewusst nicht von seinem Aufstieg, trotzdem war jedem SG- Mitglied klar, was er meinte, "...als es scheinbar keine Hoffnung mehr gab, arbeitete sie weiter auf Hochtouren, Tag und Nacht. Ich erinnere mich nicht mehr an allzu viel dessen, was damals passiert ist, aber ich weiß noch, wie sie jede halbe Stunde zu mir kam, die Verbände überprüfte und mit mir sprach. Als es sich dem Ende zuneigte, beugte sie sich zu mir herunter und berührte vorsichtig meine Hand. "Wir werden es schaffen." , sagte sie dann hoffnungsvoll und stand wieder auf. Ich wusste es besser und gab ihr ein Zeichen noch da zu bleiben. Als wir beide dann allein waren..."

Daniel fiel es schwer, die folgenden Worte zu sagen.

"...dann bat ich sie, dem eine Ende zu bereiten."

Ein Raunen ging durch die Gruppe. Selbst Sam und Jack schienen das nicht erwartet zu haben.

"Jeder der Janet kennt, weiß, wie sie dann reagierte: "Daniel Jackson!", sagte sie entrüstet, "Das hier ist meine Krankenstation, hier stirbt niemand, ohne das ich nicht alles in meiner Macht stehende getan habe, um es zu verhindern! Und jetzt hör auf mit dem Blödsinn, oder ich sage es dem Colonel."

Damit erhob er den Zeigefinger so, wie sie es immer getan hatte.

Einige Anwesende kicherten leicht auf seine Parodie, doch Daniel konnte nicht anders und begann, seinen Tränen freien Lauf zu lassen.

"Sie war unser Engel. Wenn nichts mehr ging, gab uns Janet immer wieder neue Hoffnung. Und genau so sollten wir sie in Erinnerung behalten....Solche Mensche sind heutzutage schwer zu finden und wir sollten uns glücklich schätzen, einen von ihnen kennen gelernt zu haben."

Plötzlich erkannte Daniel zum ersten Mal Bregman, der- ohne Kamera- an einem Baum hinter der Gruppe stand und der Beisetzungsrede zuhörte.

"Ich bin mir bewusst, dass ich der Letzte war, der sie lebend gesehen hat. Ich weiß auch, dass jegliche Vorwürfe unzweckmäßig sind, denn es hätte genauso mich oder irgendjemanden anders treffen können. Es war einfach ein...Unfall. Das ironische daran war, dass ich zu dem Zeitpunkt meine
Kamera laufen ließ. Janet hatte mir ein Zeichen gegeben, dass es um Airman Wells nicht besonders gut stand und ich wollte seine Wort aufnehmen, damit seine Frau später etwas in der Hand halten konnte. Sie sollte wissen, dass die möglicherweise letzten Gedanken ihres Mannes ihr und dem Baby galten."

Bei diesen Worten erreichte Daniel ein dankbares Nicken von Wells Frau.

"Aus irgendeinem höheren Grund passierte das Unglück genau in dem Moment, in dem ich die Kamera auf Janet richtete. Für eine lange Zeit wusste ich nicht, welcher Logik das folgte, warum alles so geschah und nicht anders, bis mir jemand eine Geschichte über einen Soldaten erzählte. Die Situation war ähnlich und auch wie dessen Freund, wollte ich den Film in der Kamera nicht hergeben...Es war das letzte, was mich mit Janet verband, bis ich feststellte, dass diese simple Videokassette genau das wiedergab, was sie wirklich war. Deshalb wollte ich diese Erinnerung teilen. Janet ist für ihre Arbeit gestorben, sie hätte, und das wissen wir alle, für jeden von uns ihr Leben gegeben. Statt weiterhin die Sinnlosigkeit ihres Todes anzuklagen, sollten wir uns lieber wieder dem zuwenden, was wir von ihr gelernt haben."

Daniel atmete noch einmal tief durch und blickte in Jacks Augen. Der Colonel stand in dunkelblauer Militärmontur nur wenige Meter von ihm weg und nickte ihm aufmunternd zu.

"In meinem Fall ist dies die Hoffnung. Jeder von uns wusste, dass alles OK sein würde, wenn unser 1,50m Kampfzwerg die Krankenstation betrat."

Wieder ging ein Kichern durch die Reihen und auch Daniel lächelte.

"Und das sollten wir auch zukünftig niemals vergessen. Wann immer wir auf Mission gehen werden, wird sie uns begleiten. Ihr Geist wird auf ewig mit der Geschichte...unseres Programms verankert sein. Danke, Janet."

Damit trat er vom Podest zurück und hinterließ eine stumme Menge von Leuten.

Jeder von ihnen schien tief in sich gegangen zu sein, nur Bregman suchte seinen Blick. Als Daniel auf ihn aufmerksam wurde, erhielt er ein dankendes Nicken.

Er wandte sich der Gruppe ab und stellte sich wieder neben SG-1, seine Familie. Sofort spürte er Sams Arm um seine Taille und die Astrophysikerin drückte sich weinend an ihn. Auch Cassandra, die bisher neben ihr gestanden hatte, folgte nun ihrem Beispiel.

Daniel tat alles, um nicht weiter die Kontrolle zu verlieren und verfolgte die letzten kurzen Zeremonien, bis der Sarg schließlich in die Erde gelassen wurde.

Aus vielen verschiedenen Richtungen drangen nun Seufzer und Weinen, doch Daniel blieb stark. Er hatte es Janet versprochen.

Nach und nach löste sich die Gruppe auf, um für den Leichenschmaus in ein anliegendes Restaurant zufahren. Daniel mochte diese Tradition nicht besonders, doch er tat es für die Ärztin.

Auch Sam und Cassandra hatten sich wieder von ihm gelöst und unterhielten sich mit einigen Gästen.

Viele seiner Kollegen kamen auf ihn zu, als sich die Trauerfeier dem Ende zuwandte, und bedankten sich für die Rede. Das machte ihm Hoffnung, das richtige gesagt zu haben.

Auch Airman Wells und seine Frau waren unter ihnen und reichten ihm die Hand. Diese Geste bedeutete für Daniel mehr als alles andere. Er und Wells wussten, dass Janet ihr Leben für das des jungen Mannes geopfert hatte, und ihr Opfer war nicht sinnlos gewesen.

Es dauerte nicht lange, bis auch Bregman nervös vor ihm stand.

"Das war beeindruckend, Doktor.", erklärte der Reporter und reichte ihm die Hand.

Daniel ergriff sie mit einem Nicken und spürte das Zittern des Mannes. Sie hatten sich von Anfang an nicht leiden können, doch nun verband sie dasselbe Schicksal.

"Sie war eine ganz besondere Frau.", erklärte Bregman dann und plötzlich rollte eine Träne an der Wange des sonst so kontrollierten Reporters herunter. Sofort wischte er sie mit einem Taschentuch weg.

Daniel traute seinen Augen kaum. Hatte er sich doch so in diesem Mann täuschen können?
"Das war sie. Behalten sie ihr Erbe in Ehren.", damit deutete er auf die linke Tasche, in der Bregmans Hand steckte. Aus irgendeinem Grund wusste Daniel, dass das Videoband dort steckte.

"Das werde ich.", erklärte der Reporter und stapfte traurig davon.

Daniel seufzte und blickte sich nach seinen Freunden um. Sam bedeutete ihm, dass sie mit Cassi nun losfahren würde, und Teal`c stand bei General Hammond.

Nur O'Neill blieb weiterhin neben ihm, wie ein Fels in der Brandung. Und eben das brauchte Daniel im Moment auch.

Der Colonel hatte seine Stille bemerkt und legte ihm wieder einen aufmunternden Arm um die Schultern.

"In der Tat beeindruckend, Daniel.", sprach er dann vor sich hin und meinte natürlich seine Abschlussrede.

Daniel entspannte sich endlich. Er hatte Janet die gebührende letzte Ehre erwiesen und nicht gelogen, als er meinte, dass sie SG-1 von nun an auf jeder Mission begleitete.

"Jack?"

"Was?"

"Ich will darüber reden."

Damit schlang der Colonel ihn in eine feste Umarmung, ungestört der paar Leute, die sie dabei beobachteten.

"Ich weiß.", entgegnete dieser dann und sie machten sich auf den Weg zum Wagen. Gerade, als sie den schwarzen SUV erreichten, riss der verregnete Himmel endgültig auf und die Sonne schenkte ihnen ihr strahlendstes Gesicht.

Was für ein wundervoller Tag, um sich an sie zu erinnern.


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