Der Grat by JolinarJackson
Summary: Daniels Konzentration und Fitness lassen nach, doch niemand kann sich erklären, warum. Während sich sein Zustand rapide verschlechtert, finden die anderen heraus, dass der Schlüssel in einer früheren Mission liegt.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Janet Fraiser, Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1)
Genre: Friendship, General, Hurt/Comfort
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 16595 Read: 2068 Published: 28.01.13 Updated: 28.01.13
Story Notes:


Spoiler: ‘Fire and water – Feuer und Wasser’, ‘The first commandment – Das erste Gebot’, ‘Hathor – Der Kuss der Göttin'

1. Kapitel 1 by JolinarJackson

Kapitel 1 by JolinarJackson
Der Grat


“Okay, welche Art Kopfschmerz ist es?“, fragte Dr. Janet Fraiser und leuchtete Daniel in die Augen.

“Stechend“, antwortete der junge Mann.

Janet nickte langsam: “Ihr Augenreflexe sind normal. Sie leiden unter Migräneanfällen, nicht wahr?“

Daniel nickte, bereute die Bewegung gleich darauf aber wieder und antwortete: “Aber das ist schlimmer.“

“Wie lange haben Sie es schon?“

Daniel überlegte, dann antwortete er: “Eigentlich seit drei Tagen. Ich dachte, es wäre Migräne und habe Tabletten genommen, aber es hat nicht geholfen und es geht auch nicht weg.“

“Was denken Sie, Doc?“, wollte Jack O’Neill wissen und stieß sich von der Wand neben dem Bett ab, auf dem Daniel saß.

Janet schüttelte den Kopf: “Ohne genauere Untersuchungen würde ich auf gar nichts tippen, aber ich sehe keinen Anlass dafür. Seine Reflexe sind normal, sein Puls regelmäßig ...“ Sie zuckte mit den Schultern und trug etwas in Daniels Krankenblatt ein.

“Na ja, Tatsache ist, dass er sich nicht mehr konzentrieren kann. Sogar Hammond ist es aufgefallen und ich dachte, ich bringe ihn mal vorbei.“

“Würde es euch etwas ausmachen, nicht so über mich zu reden, als wäre ich nicht da?“, fragte Daniel matt. Jack schenkte ihm nur einen kurzen Seitenblick.

“Vielleicht sind Sie überarbeitet, Daniel?“, hakte Janet nach.

Daniel zog die Augenbrauen hoch: “Eigentlich nicht.“

“Seit dem Hathor-Zwischenfall befinden wir uns wie alle anderen SG-Teams noch im leichten Dienst. Anordnung von ganz oben. Erst am Dienstag geht es wieder richtig los.“

Janet nickte: “Habe ich gehört.“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf: “Tja, ich kann Ihnen ein stärkeres Schmerzmittel geben und ich ermahne Sie, den leichten Dienst auch als solchen zu nehmen. Vielleicht ist es der gesamte Stress der letzten Wochen.“

Daniel nickte zustimmend: “In Ordnung!“

“Gut“, Janet lächelte und händigte ihm aus einem Schrank in der Nähe eine Packung mit Kopfschmerztabletten aus, “Die sind sehr stark, also nach dem Einnehmen kein Auto fahren und hinlegen oder hinsetzen – für mindestens zwei Stunden. Höchstens eine davon innerhalb von sechs Stunden. Morgen sehen wir uns noch mal, in Ordnung? Wenn es dann nicht besser ist, werden wir wohl Tests machen müssen.“

“Klar!“, antwortete Daniel.

“Ich sorge dafür“, mischte Jack sich ein. Daniel verdrehte die Augen und verstaute die Tabletten in seiner Brusttasche.

***

“Du musst zugeben, diese Kopfschmerzen sind seltsam.“

“Jack!“, seufzte Daniel und lehnte sich gegen die Wand im Fahrstuhl, rieb sich die Stirn, hinter der sich der stechende Schmerz ungerührt weiter abspielte.

“Weißt du was? Wie gehen jetzt wie geplant mit Carter und Teal’c was essen und dann nimmst du eine dieser Tabletten und legst dich etwas hin! In zwei Stunden ist Dienstschluss und dann bringe ich dich nach Hause.“

Daniel seufzte unwillig. Sie verließen den Fahrstuhl, doch Jack legte eine Hand auf Daniels Schulter und drehte ihn zu sich. “Daniel ... bitte! Man wird dich am Dienstag nicht auf Mission lassen, wenn das so weiter geht.“

Daniel senkte den Blick und sagte widerwillig: “Okay.“

***

Vielleicht sollte er Janet gleich um eine genauere Untersuchung bitten, überlegte Daniel, denn als er mit Jack zwei Stunden nach ihrem Essen ins Auto stieg, waren die Schmerzen noch immer da. Er starrte aus dem Fenster, während Jack den Wagen Richtung Stadt lenkte. Daniel seufzte. Vielleicht war es aber auch gar nicht physisch, sondern psychisch. Er vermisste Sha’re und die ganze Geschichte mit Hathor hatte ihn immens durcheinander gebracht. Er akzeptierte nicht die einfache Erklärung, die Janet und Jack ihm immer wieder gaben: Er hatte unter Drogen gestanden und nicht gewusst, was er tat.

Er hatte wahr genommen, was er tat. Daniel wusste nicht, woran es lag. Jack hatte erklärt, er wäre absolut überzeugt davon gewesen, dass Hathor seine Göttin sei. Und allen anderen Männern war es ebenso ergangen. Nur hatte er scheinbar irgendwann angefangen eigenständig zu denken. Doch leider hatte er die Kontrolle über seinen Körper nicht zurückgewinnen können. Auf merkwürdige Art und Weise war die Verbindung zwischen seinem Geist und seinem Körper gekappt worden. Er hatte sich wehren wollen, aber war offen für jede Art der Manipulation von außen gewesen. Vielleicht hatte er zu viel von ihrer Chemikalie abbekommen – laut Janet immerhin mehr als alle anderen Männer auf der Basis.

Möglicherweise wurde der Geist irgendwann immun und deshalb hatte er wieder eigenständig und wie er selbst denken können. Hathor hatte es gemerkt, sich geholt, was sie brauchte – ihn gebrochen - und ihn anschließend für eine Weile ihn Ruhe gelassen. Als sie zurückkam, hatte sie ihn wieder angehaucht und von da an erinnerte er sich nur noch, ’aufgewacht’ zu sein. Alles, was ihm aus der Zeit mit Hathor in Erinnerung blieb, war, dass er sie am Anfang losgebunden hatte und als nächstes die alptraumhafte Nacht in ihrem Quartier.

Das war alles. Möglicherweise hatte die Droge erst nach einer Weile wieder vollständig gewirkt, weil sein Körper sich kurzzeitig beinahe daran gewöhnt hatte. Janet wusste es auch nicht genau. Tatsache war, dass Daniel seit dem Hathor-Zwischenfall starke Kopfschmerzen hatte. Ein Rütteln an der Schulter und ein ungeduldiges “Daniel!“ brachten ihn in die Gegenwart zurück.

“Was?“ Er starrte Jack erschrocken an.

“Willst du nicht aussteigen?“

“Aussteigen?“ Daniel schaute nach draußen und erkannte sein Apartmenthaus. “Oh, aussteigen, klar!“

“Daniel?“ Diesmal hielt die Hand ihn zurück. “Alles in Ordnung?“

Er lächelte kurz und antwortete zaghaft: “Kopfweh?“

“Immer noch?“

Daniel zuckte mit den Schultern und Jack kniff besorgt die Augen zusammen. “Das ist merkwürdig. Die Tabletten sollten dich doch eigentlich umhauen.“

Daniel nickte: “Das haben sie auch eine Weile lang, aber die Kopfschmerzen sind noch immer da.“ Er winkte ab. “Ich nehme nachher noch mal eine, bevor ich schlafen gehe“, erklärte er und tastete nach dem Türgriff. Erschrocken merkte er, dass seine Hand zitterte. Schnell stieg er aus und hoffe, Jack hätte es nicht gesehen. “Wir sehen uns spätestens Dienstag, Jack.“

“Du gehst doch morgen zu Fraiser, wenn es nicht besser ist?“, erkundigte der Colonel sich misstrauisch.

“Klar!“, lächelte Daniel und warf die Tür zu. Er zog seinen Hauschlüssel und hörte Jack davonfahren. Er sah ihm kurz nach, bevor er sich wieder auf den Schlüssel und die Tür konzentrierte. Seine Hand zitterte wieder stark und er ließ den Schlüssel fallen. Daniel starrte auf seine Hand und schüttelte sie. Als er den zweiten Versuch startete, war sie vollkommen ruhig.

***

Nachdem Daniel ein paar Stunden geschlafen hatte, ging es ihm wieder bedeutend besser. Er atmete erleichtert auf, als er die Augen öffnete und die stechenden Kopfschmerzen endlich verschwunden waren. Außerdem fühlte er sich wieder wacher und bereit, einen Arbeitstag zu beginnen. Also duschte er, zog sich an und machte sich ein kleines Frühstück. Das Telefon klingelte, als er sich Kaffee eingoss. “Jackson?“

“Hey, Daniel, ich bin’s!“

“Morgen, Sam“, grüßte er. Er setzte sich und überflog die Titelseite der Zeitung.

“Kommen Sie heute in den Mountain?“

“Uh ... ja, ich dachte schon“, antwortete Daniel, etwas abgelenkt von einem Artikel über einen Diebstahl nur ein paar Straßen entfernt. Die kleinen Buchstaben verschwammen vor seinen Augen und er begann, seine Brille zu suchen. “Warum?“, fragte er, während er das Wohnzimmer nach der Sehhilfe durchsuchte.

“Ich hätte ein paar interessante Fotos von SG-2, die heute endlich entwickelt wurden und Ferretti dachte, wir beide könnten mal einen Blick drauf werfen.“

“Oh, okay, alles klar!“, antwortete Daniel und gab seine Suche im Schlafzimmer auf.

“Gut, bis nachher!“

“Ja, bis dann!“ Er legte auf und seufzte. “Ich schaffe es auch immer wieder, das Ding zu verlegen“, murmelte er und fuhr sich durch die Haare. Dabei fiel ihm auf, dass er die Brille bereits auf der Nase trug. Stirnrunzelnd nahm er sie ab und ging in die Küche, um sie putzen, dann las er wieder den Artikel über den Einbruch. Diesmal blieben die Buchstaben scharf und verschwammen nicht vor seinen Augen. Kopfschüttelnd seufzte Daniel und schob den Vorfall auf schmutzige Gläser, bevor er in den Mountain fuhr.

***

Daniel starrte auf die in Stein gemeißelten Schriftzeichen vor ihm, nahm die Brille ab und rieb sich die Augen, setzte sie dann wieder auf. Die Zeichen blieben verschwommen. Seit dem Vorfall mit der Zeitung vor ein paar Tagen war alles in Ordnung gewesen und auch eine Untersuchung von Janet war nicht mehr nötig gewesen. Die Sonne des Planeten schien heiß auf die weite Ebene hinab und ein kühler Wind ließ das hohe, weiche Gras wie Wellen schaukeln, brachte aber kaum Abkühlung. Der Obelisk stand mitten darin, das Tor nur wenige Meter entfernt. Und Daniel konnte die Zeichen nicht erkennen. Erneut rieb er sich frustriert über die Augen, stampfte jegliche Angst, die sich wegen seinem Zustand zu formen begann, entschlossen zu Boden.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter und Daniel fuhr zusammen.

“Alles klar bei Ihnen?“, wollte Sam wissen und Daniel nickte rasch.

“Klar!“ Er lächelte versichernd.

“Sie wirken müde“, meinte Sam.

Daniel seufzte: “Das bin ich. Ich ... habe nicht sonderlich gut geschlafen.“ Das war eine glatte Lüge, aber wenn Sam sein Augenreiben auf Müdigkeit zurückführen wollte, fand Daniel das in Ordnung.

“Wie lange werden Sie noch brauchen? Der Colonel scharrt schon mit den Hufen.“

Daniel stieß die Luft aus. “Ich mache Videoaufnahmen und sehe es mir zu Hause noch mal genauer an. In ein paar Minuten können wir los.“

Sam nickte. “Hört sich gut an.“

***

General Hammonds Stimme war nichts weiter als ein gedämpftes, gleichmäßiges Geräusch. Daniel verstand kein Wort. Er atmete schwer und klammerte sich mit einer Hand an der Armlehne des Stuhls im Konferenzraum fest, die andere lag flach auf dem blank polierten Tisch. Er fühlte sich plötzlich beobachtet, sah auf und erkannte eine sehr verschwommene Sam, die ihn nachdenklich musterte, während nun Jack zu sprechen schien.

“Insgesamt gesehen war der Trip recht langweilig, Sir. Carter sammelte Proben, Daniel starrte auf einen Obelisken und Teal’c hat sich im Spuren suchen geübt. Alle sind glücklich.“ Flapsig lächelte Jack und lehnte sich zurück, die Hände zufrieden auf der Tischkante ruhend.

“Ein weiterer Besuch lohnt sich also nicht?“, wollte Hammond wissen.

“Nein. Keine Zivilisation, oder, Daniel?“, wollte Jack wissen und wandte den Blick zu seinem Archäologen. Dieser schaute erschrocken auf. Er antwortete nicht, sondern ließ seinen Blick auf Jack geheftet. “Oder, Daniel?“, wiederholte Jack, kniff irritiert die Augen zusammen.

Daniel wirkte verkrampft, wie er so in seinem Stuhl saß und die Hand auf dem Tisch zitterte leicht. “Zivilisation? Keine ... keine Zivilisation ... glaube ich ... Sir“, stammelte der junge Mann und senkte dann beinahe beschämt den Blick.

“Ja“, meinte Jack abgelenkt. Hammond hatte seinen Blick auf dem Missionsbericht gesenkt, als Daniel zu sprechen begann und schien die Stammelei des Archäologen nicht als außergewöhnlich anzusehen. Um ehrlich zu sein musste Jack sagen, dass es öfter vorkam, dass Daniel über Worte stolperte, wenn er nervös oder besonders leidenschaftlich von etwas überzeugt war, doch dieses Phänomen legte sich, je länger er im Team arbeitete. Daniel warf ihm einen Blick zu und lächelte und Jack ließ seine Bedenken fallen.

Vielleicht war Daniel nur müde.

“Und keine Signaturen, Captain Carter?“, hakte Hammond nach.

Sam antwortete nicht und Jack musste sie anstoßen, damit sie ihren Blick von Daniel riss und verwirrt fragte: “Was?“

Hammond blickte auf und nun wusste Jack, dass der General sehr wohl Daniels Konzentrationsprobleme bemerkt hatte. “Kann man Ihnen beiden vielleicht irgendwie behilflich sein?“, wollte er lauernd wissen. Daniel starrte ihn nur verständnislos an, schien nach dem Sinn seiner Worte zu suchen und Jack fiel nun zum ersten Mal der schwere Atem des Wissenschaftlers auf.

“Sir, ich ...“ Sam schluckte, dann richtete sie ihren Blick auf den Tisch und antwortete: “Nein, Sir. Tut mir leid, ich war nur unkonzentriert.“

“Dann konzentrieren Sie sich jetzt bitte! Wir sind in einer militärischen Einrichtung, nicht in der Schule.“

Sam nickte. “Jawohl, Sir.“

Hammond ließ Daniel nach einem weiteren bösen Blick vom Haken und lauschte Sams Bericht, doch Jack konzentrierte sich jetzt näher auf den Archäologen. Schweiß war auf Daniels Stirn getreten und er starrte auf den Missionsbericht vor ihm, als wäre es sein Lebensfaden. Jack wusste, wer nach der Konferenz von ihm abgefangen und auf die Krankenstation gebracht wurde.

“Also, Colonel,“ und Jack richtete seine Aufmerksamkeit widerwillig auf den Kommandanten, “dann hat Ihr Team morgen die geplante Mission nach P8J-738.“

“Ja, Sir.“

“Sie werden um -“

“Daniel?!“

Jack schaute zu Sam, die aufgestanden war und um den Tisch eilte. Teal’c hatte sich dem Archäologen zugewandt und hielt ihn aufrecht, als dieser nach vorne sackte.

“Dr. Jackson!“, entfuhr es Hammond.

Jack sprang auf und eilte zu seinem jüngsten Teammitglied. “Daniel!“

Teal’c lehnte den Mann zurück und Jack erkannte, dass er bewusstlos war. Sam nahm seinen Puls. Hammond war bereits zum Telefon an der Wand geeilt. “Wir brauchen auf der Stelle Sanitäter im Konferenzraum auf Ebene 28.“ Er hängte auf. “Colonel?“

“Er war bei der Nachuntersuchung, General. Ich war mit ihm zusammen da“, erklärte Jack. Besorgt sah er zu Daniel, der blass in dem schwarzen Ledersessel hing.

***

Jack legte die Pinzette zur Seite, mit der gespielt hatte, als Daniel langsam die Augen aufschlug. Sam ergriff die Hand des Archäologen und beugte sich über ihn. “Daniel?“

Er stöhnte zur Antwort und fragte dann leise: “Was ist passiert?“

Jack erklärte: “Du bist während dem Debriefing zusammengebrochen. Du hast uns einen ziemlichen Schreck eingejagt. Tu das nie wieder, okay?“ Erleichtert klopfte er freundschaftlich auf Daniels Schulter und sah zu Sam, die Daniels Finger streichelte. Die beiden waren beinahe wie Geschwister. Jack bemerkte, wie häufig Sam sich Daniel zuwandte, wenn sie ein Problem hatte. Erst recht, wenn es Kommentare von Soldaten anging, die Frauen im Militär als überflüssig ansahen. Mit etwas Stolz konnte Jack jedoch von sich behaupten, dass Daniel mit eigenen Problemen zu ihm kam, falls er überhaupt darüber sprach.

“Oh“, murmelte Daniel, “Tut mir Leid.“

“Das lag nicht in deiner Absicht Daniel Jackson. Es besteht keine Notwendigkeit, sich zu entschuldigen“, meinte Teal’c und warf Jack einen missbilligenden Blick zu.

“Was? Das sagt man doch nur so!“, erklärte der Colonel mit hochgezogenen Augenbrauen. Sich ungerecht behandelt fühlend steckte er die Hände in seine Hosentaschen. Daniel warf ihm ein leichtes Lächeln zu.

Das Klackern hoher Absätze verriet Janets Ankunft in dem Zimmer und nur einen Moment später wurde der Vorhang um Daniels Bett zur Seite geschoben. “Ah, Sie sind wach“, stellte die Ärztin erfreut fest und nahm Daniel Puls, “Wie fühlen Sie sich?“ Der junge Mann schluckte und antwortete: “Ziemlich müde, um ehrlich zu sein.“

“Das ist nicht ungewöhnlich. Kopfschmerzen?“

“Etwas.“

“Etwas?“

“Na ja, schon ziemlich schlimm.“

Janet seufzte und notierte etwas auf ihrem Klemmbrett, dann presste sie es gegen ihren Oberkörper und fragte: “Stechend wie vor ein paar Tagen?“ Daniel nickte. Jack verzog besorgt das Gesicht. Er bekam immer mehr das Gefühl, dass etwas Merkwürdiges vorging. Daniel beschwerte sich nie über Schmerzen. Sie mussten schon schlimm sein, damit er das tat.

“Aber sie waren verschwunden übers Wochenende“, beteuerte der Archäologe, als Janet ihn anklagend ansah. Sie nickte langsam, beschloss anscheinend, ihm zu glauben.

“Gut, dann werden wir jetzt ein paar Tests machen.“

“Glauben Sie, die Kopfschmerzen und der Zusammenbruch hängen miteinander zusammen?“, wollte Sam wissen.

Janet trommelte mit ihrem Zeigefinger gegen das Klemmbrett: “Wir müssen es annehmen, bis wir das Gegenteil bewiesen haben. Ich habe hier schon genug erlebt, um nicht vorsichtig zu sein.“ Jack nickte zustimmend und verschränkte die Arme. “Sie sollten alle gehen. Ich würde die Tests gerne ohne Publikum durchführen.“

“Was steht auf dem Plan?“, fragte Jack und beobachtete, wie Daniel nervös mit dem Laken spielte. Der junge Mann hasste Tests genauso sehr wie Jack selbst.

“PET-Scan, EEG, EKG -“

“Schon gut“, unterbrach der Archäologe.

“Wir kommen übermorgen wieder und hoffen einfach, die Tests sind dann beendet“, lächelte Jack und fing sich einen bösen Blick von der Ärztin ein.

***

Daniel saß alleine am Konferenztisch und starrte in eine Kaffeetasse, als der Rest von SG-1 ein paar Stunden später eintrat. “Sie wurden entlassen?“, vermutete Sam.

Daniel zuckte mit den Schultern. “Wie Janet es gleich noch mal erklären wird, waren die Tests negativ.“

“Das ist doch ... positiv“, antwortete Jack und Daniel seufzte.

Hammond und Janet traten aus dem Büro des Generals dazu und Hammond begann: “Die Tests waren negativ. Dr. Fraiser empfiehlt trotzdem, die angesetzte Mission nach P8J-738 zu verschieben und ich stimme ihr vollkommen zu.“

“Also keine Mission morgen“, verdeutlichte Jack und Sam verschränkte enttäuscht die Arme.

“Sir, die Energie-Signaturen -“

“Keine Widerrede, Captain. Die Mission wurde nur verschoben. SG-1 wird weiterhin mit ihr betraut sein, sobald geklärt ist, dass es Dr. Jackson besser geht.“

Janet nickte: “Daniel, ich würde sagen, Sie bleiben die nächsten Tage zu Hause und ruhen sich aus. Am besten unter Beobachtung.“

Daniel stand auf. “Aber mir geht es doch gut“, erwiderte er trotzig.

“Das sagen die Tests, aber Ihre Kopfschmerzen und der Zusammenbruch sprechen da eine ganz andere Sprache.“

Daniel schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr.

***

Jack trat drei Tage später abends in sein Hauses und fand Daniel im Wohnzimmer, wie er die Fernsehzeitung studierte. “Hey!“, sagte er. Überrascht drehte Daniel sich zu ihm um.

“Hey!“ Er lächelte. “Gibt’s was neues im SGC? Was hat Dr. Fraiser gesagt? Darf ich morgen wieder arbeiten?“

Jack grinste. “Drei Tage Untätigkeit reichen dir wohl.“

“Drei Tage sind mehr als genug“, bestätigte Daniel heftig nickend, “Vor allem, wenn es so sinnlos ist. Ich habe keine Kopfschmerzen mehr, ich bin nicht ein Mal zusammen gebrochen ... nicht mal schwindelig war mir.“

“Fraiser meinte, du könntest morgen ruhig arbeiten kommen.“

Daniel atmete erleichtert aus. “Wirklich?“

“Würde ich das sagen, wenn es nicht so wäre?“, versetzte Jack.

“Ja.“ Daniel lächelte.

Jack verdrehte nur die Augen und fragte: “Pizza?“

“Schon wieder?“, antwortete Daniel widerwillig.

Jack schüttelte missbilligend den Kopf. “Du weißt nicht, was gut ist. Ich bestelle die Pizza und du kannst ja mal die Jalousien runterlassen.“

“Okay“, antwortete Daniel. Jack ging in die Küche, um die Speisekarte der Pizzeria zu überfliegen und Daniel stand auf und schloss die Rollläden. “Darf ich mir meine Pizza wenigstens selbst aussuchen?!“, rief er in die Küche.

“Nein!“

“Warum nicht?!“

“Weil Pizza Margherita keine richtige Pizza ist!“

“Ist es wohl“, murmelte Daniel und betätigte den Lichtschalter. Er keuchte und schlug die Hände vor die Augen, wich zurück und drückte sich an die Wand hinter ihm. Entsetzliche Schmerzen durchzuckten seinen Kopf und er rieb sich die Augen. Das unnatürlich grelle Licht, das durch den Raum flutete, bereitete ihm Schmerzen. Er hörte Jack rufen: “Ich weiß nicht, irgendwie sieht das heute alles nicht so appetitlich aus! Hast du Lust auf chinesisch?!“ Er nahm langsam die Hände runter und stellte fest, dass ihm das Licht gleich viel weniger grell vorkam.

“Daniel?! Chinesisch?!“

“J ... Ja!“, antwortete er.

“Hey! Ist alles klar?!“, rief Jack aus der Küche.

“Ja! Alles bestens!“ Daniel starrte an die gegenüberliegende Wand und hob dann den Blick zu den Glühbirnen der Lampe. Seine Augen begannen zu tränen und er wandte rasch den Blick wieder ab. Jacks Lampen waren nicht so grell. Das war unmöglich!

“Komm schon! Du musst dir was aussuchen, sonst kann ich nicht bestellen!“

Sollte er es Jack sagen? Erneut wandte er den Blick an die Lampe an der Decke, doch nichts geschah. Er schüttelte erneut den Kopf. Wahrscheinlich war er nur geblendet gewesen. Janets Tests waren negativ gewesen. “Ich komme!“ Er machte sich auf den Weg in die Küche.

***

Nach ein paar Tagen versammelte SG-1 sich wieder zu einem Briefing. Hammond nahm in seinem angestammten Stuhl Platz. “Wo es Dr. Jackson jetzt besser geht, können wir auch endlich die Mission nach P8J-738 in Angriff nehmen. Captain Carter?“

Sam nickte dem General dankbar zu und begann: “Etwa 10 Meilen westlich des Stargates habe ich Energie-Signaturen aufzeichnen können. Ich nehme an, dass sich dort eine Energiequelle befindet.“

“Was auch die Anwesenheit einer Zivilisation möglich macht“, nickte Daniel.

“Richtig“, stimmte Sam zu, “Einer fortschrittlichen Zivilisation.“

“Wie lange werden wir dorthin brauchen?“, fragte Daniel.

“Bei dem Gelände? Vielleicht drei oder vier Stunden. Der Planet ist sehr felsig. Wir müssen vorsichtig sein“, meinte Sam.

“Goa’uld?“, hakte Jack nach.

“Das halte ich kaum für möglich. Ich habe mir die UAV-Bilder angesehen und bin der Meinung, dass ein Planet dieser Art nichts Interessantes bieten kann“, meinte Teal’c.

Hammond lehnte sich vor: “Wie kommt dann Zivilisation dorthin?“

“Nun ja, General“, lächelte Daniel, “Wenn wir Glück haben, begegnen wir einem Volk wie den ...“ Er senkte den Blick und rieb sich die Stirn. “Die ... die Nox.“ Er schaute wieder auf und lächelte.

Jack zog misstrauisch die Stirn in Falten. “Daniel, alles klar?“

“Sicher“, antwortete der Archäologe schnell, “Ich habe nicht gut geschlafen.“

“In Ordnung, Leute“, schloss General Hammond, “Dann ist alles klar! Sie brechen in zwei Stunden auf.“ Sie standen auf und der General ging in sein Büro.

“Hey! Wer hat Hunger? Wir haben noch Zeit für ein Mittagessen“, meinte Jack. Die anderen nickten.

***

Jack blickte von dem Felsplateau, auf dem das Stargate stand, zu dem Gebirge in der Ferne und die felsigen, sich überall erstreckenden Hügel direkt vor ihm. Es gab nicht einen Grashalm zu sehen. Ab und zu zeigten sich ein paar verdorrte Bäume ohne Blätter. Jack zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. “Niemand hat gesagt, dass es hier so kalt sein würde“, und er schaute Sam vorwurfsvoll an, während Daniel neben ihm zitternd die Handschuhe aus dem Rucksack kramte. Sam hatte ihre bereits angezogen und begegnete dem Blick des Colonels ohne eine Spur Reue.

“Das UAV ist noch nicht ganz fertig entwickelt, Sir. Wir arbeiten an Details.“

“Wir können froh sein, dass es Sauerstoff feststellen kann, ha?“

Sam verbiss sich einen weiteren Kommentar dazu.

“Okay, dann lasst uns mal losziehen“, meinte Jack und biss die Zähne zusammen, als ihn der eisige Wind ins Gesicht traf. “Seid vorsichtig!“, rief er, als er ein paar Meter vom Tor entfernt beinahe in eine der zahlreichen Felsspalten stolperte. Er schaute hinunter und konnte den Boden nicht erkennen. “Oh, Mann! Das wird ein Spaß!“

***

“Carter, könnten Sie das bitte wiederholen? Ich glaubte grade zu hören, dass wir umsonst stundenlang durch diese verdammt kalte Felsenwüste gelaufen sind“, zischte Jack und Sam trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als sie seinem wütenden Starren begegnete.

“Nun, Sir. Ja.“

“Wie kommt das?“, fragte Jack und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Er war nicht wirklich wütend, weil sie umsonst den ganzen Weg gelaufen waren. Er war nur verärgert, weil es bereits dunkel wurde und sie die Nacht in dieser kargen Felsenwüste verbringen mussten. Das war nicht gerade sein Plan gewesen.

Daniel seufzte. “Aber wo kommen die Energiesignaturen her?“

Jack fiel auf, dass Sam noch nicht auf seine Frage geantwortet hatte und blickte zu ihr. Sie sah konzentriert auf ihren kleinen, technischen Spielkameraden und erklärte: “Die Signatur wird noch immer angezeigt. Ich verstehe das nicht.“

“Es ... könnten keine Höhlen sein, oder?“, fragte Daniel plötzlich. Sam starrte ihn an.

“Höhlen?“, wiederholte sie.

Daniel zuckte mit den Schultern. “Nur so ein Gedanke.“

“Der ist genial!“, antwortete Sam.

“Aber wo soll man denn in diese Höhle hineinkommen?“, fragte Jack.

“Die ganzen Felsspalten. Wenn man einen versteckten Eingang anbringen will, dann könnte er sich dort befinden“, antwortete Daniel, hatte seine Theorie wie immer genau durchdacht, bevor er sie äußerte.

Teal’c nickte. “Das erscheint mir sehr wahrscheinlich“, erklärte er.

Jack seufzte. “In Ordnung. Morgen seilen wir uns ab. Jetzt wird es bereits dunkel.“ Seine Teamkameraden nickten. “Lasst uns ein Lager aufschlagen“, meinte Jack.

***

Es knallte und Jack schreckte aus dem Schlaf. Der Knall wiederholte sich. Schüsse! Im Zelt war es stockdunkel und Jack griff zu Daniels Seite hinüber, bemerkte den leeren Schlafsack. Verdammt! Dieser Planet war doch friedlich.

Wer zum Teufel griff sie an?

Er griff nach seiner Waffe. Sein Funkgerät erwachte zum Leben. Sam rief etwas, doch er konnte es wegen dem Waffenlärm nicht verstehen. “Wiederholen Sie!“, schrie er und stieg in seine Stiefel, hatte sie innerhalb von Sekunden geschnürt.

“Nicht schießen! Sir, nicht schießen! Ich bin es!“

Jack erstarrte, im selben Augenblick verstummten die Schüsse.

“Nein!“, hörte er Daniel rufen, “Jack! Jack!“ Dann wurde es ruhig. Jack packte seine Waffe fester und schlich aus dem Zelt, erstarrte, als er Teal’c erkannte, der Daniel festhielt. Der Archäologe schien bewusstlos zu sein und neben Teal’c lag eine leere Injektion am Boden.

“Was zum Teufel geht hier vor?!“, rief Jack.

Teal’c griff völlig ruhig zu seinem Funkgerät. “Captain Carter, du kannst nun kommen!“ Dann nahm er Daniel auf die Arme und blickte Jack aufmerksam an. “Daniel Jackson hat auf Captain Carter geschossen. Ich musste ihn betäuben.“

“Was redest du da für einen Unsinn?!“ Jack hasste es, wenn er Dinge nicht mitbekam. Und das hörte sich einfach absurd an. Und er ärgerte sich. Er hatte innerlich los gelassen, war nicht so wachsam wie sonst gewesen, weil es in dieser Felsenwüste nichts gab, vor dem man sich fürchten musste.

Sam kam in den Schein des Lagerfeuers gelaufen. “Daniel?“, fragte sie sofort und blickte Jack fragend an.

“Teal’c weiß, was los ist. Ich habe keine Ahnung“, antwortete der Colonel auf ihre unausgesprochene Frage.

“Captain Carter wachte auf, während ich Daniel Jackson bei seiner Wache Gesellschaft leistete.“

“Ich wollte nur mal ...“ Sam zuckte mit den Schultern und winkte in die unbestimmte Richtung einiger kleiner Sträucher. Jack nickte verstehend.

“Ich ging ins Zelt, um mich dem Kel’no’reem zu widmen, da hörte ich Daniel Jackson plötzlich schießen.“

“Das war Daniel?“

“Er glaubte, Jaffa gesehen zu haben.“

Sam fuhr sich durch die Haare. “Aber da war nur ich.“

“Daniel hat auf Sie geschossen?“, wiederholte Jack.

Teal’c nickte an Sams Stelle: “Ich versuchte, ihn davon abzuhalten, aber er schien überzeugt davon, Jaffa zu sehen.“

“Halluzinationen?“

“Er wusste, ich bin in die Richtung gegangen. Er hätte niemals auf mich geschossen.“

“In Ordnung! Teal’c, bring ihn ins Zelt! Ich bin gleich da! Packt zusammen! Sobald er wach wird, machen wir uns auf den Weg nach Hause.“

***

“Jack?“, fragte Daniel leise, als er den Colonel neben seinem Lager erkannte. Ernst nickte sein Freund ihm zu.

“Hey! Wie geht’s?“

“Als würde ein Bulldozer hinter meiner Stirn baggern! Was ist passiert?“

Sam steckte den Kopf ins Zelt. “Wir haben alles, Sir. Es fehlt nur noch das Zelt hier und Daniels Schlafsack.“

Jack nickte. “Danke, Captain.“

Sie verschwand und Jack hörte sie mit Teal’c sprechen.

“Gehen wir nach Hause?“, fragte Daniel. Jack seufzte und rieb sich müde die Augen, bevor er Daniel zunickte. “Wieso?“ Der Archäologe bemerkte erst jetzt, dass etwas nicht stimmte und er schien der einzigste zu sein, der alles verpasst hatte. Kalte Angst machte sich in ihm breit. “Was habe ich getan?“ Jack seufzte: “Du erinnerst dich nicht.“ Es war eine Feststellung.

“Nein“, antwortete Daniel. “Jack?“, fragte er zögerlich, verlangte eine Erklärung.

“Du hast auf Carter geschossen“, kam diese auch sofort.

“Ich habe ... ich habe ... nein! Nein, das würde ich nie tun!“

Jack legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Du warst wohl der Überzeugung, Jaffa zu sehen.“

“Soll das heißen, ich hatte Halluzinationen?!“, fragte Daniel panisch.

Was war nur los mit ihm? Was war nur los?

“Wir gehen nach Hause und lassen es Fraiser rausfinden“, erklärte Jack.

Daniel schluckte. “Ich ... Jack, ich ... ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“

“Schon okay.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Nein. Das ist nicht okay. So bin ich für das Team nicht tragbar.“

Jack schwieg.

***

“Tja, die Ergebnisse sind negativ“, verkündete Janet und Hammond kniff die Augen zusammen, während er ihren Bericht entgegen nahm.

Jack steckte seine Hände in die Hosentaschen und stellte sich hinter Daniels Stuhl in dem kleinen Büro des Generals, als wollte er ihm zusätzlich den Rücken stärken. “Das ist unmöglich“, sagte er.

“Tja, Sir, aber so ist es nun mal!“

“Ich kann mich nicht mehr erinnern, was passiert ist“, erklärte Daniel wiederholt, starrte Janet flehend an.

“Das ist zwar merkwürdig, aber die Befunde sind eindeutig, Daniel. Mit Ihnen ist alles in Ordnung.“

Daniel stützte den Kopf in die Hände und rieb sich müde über die Augen. “Was, wenn es psychisch ist?“, fragte er leise.

Janet nickte. “Daran habe ich auch gedacht und ich denke, wir sollten Dr. McKenzie hinzuziehen.“

Hammond nickte. “Tun Sie das! In der Zwischenzeit sind Sie vom Dienst suspendiert, Doktor. Keine Übersetzungen, keine Missionen.“

“Ja, Sir“, antwortete Daniel.

“Jack, ich werde Ihnen vorerst Dr. Jameson zuteilen.“

Der Colonel nickte. “Ja, Sir.“ Er zögerte einen Moment, dann fragte er: “Und wenn Dr. McKenzie nichts findet und Daniel keine Beschwerden mehr hat?“

“Dann wird SG-1 gemeinsam einige einfache Missionen übernehmen und sollte sich dann immer noch nicht zeigen, dass Dr. Jackson weiterhin gefährdet ist, habe ich keinen Grund, ihn auf der Erde zu behalten.“ Der General wandte sich an Daniel. “Ihre Kenntnisse sind unersetzbar, Doktor. Ich wäre sehr froh, wenn es Ihnen bald wieder besser ginge.“

Daniel nickte. “Ich auch, Sir.“

***

“Die Frage ist doch, Doktor, wie wirkt sich das auf Ihr momentanes Leben aus? Was empfinden Sie bei dem Gedanken an Ihre Eltern?“

Daniel lachte humorlos. “Das meinen Sie nicht ernst, oder? Meine Eltern sind seit 20 Jahren tot und ich soll jetzt Halluzinationen von Jaffa-Kriegern deswegen bekommen?“

McKenzie lehnte sich zurück und zückte den Kugelschreiber.

“Jetzt bin ich gespannt. Was lesen Sie aus meiner Reaktion?“, wollte Daniel spöttisch wissen.

“Nur, dass wir diese Sitzungen nicht weiterführen können, wenn Sie sich weiterhin so sehr dagegen wehren, mit mir zu sprechen!“

“Dr. McKenzie, ich weigere mich, mit Ihnen über meine Eltern zu sprechen, weil ich das schon damals mit einer Psychologin gemacht habe. Verstehen Sie? Ich wurde nach dem Tod meiner Eltern zu einer Spezialistin geschickt und wir haben alles besprochen und sie hat mich als gesund entlassen.“

“Sind Sie wütend?“

“Wütend?! Ich bin nicht wütend!“

“Sie klingen gereizt.“

“Weil wir das jetzt schon zum dritten Mal durchsprechen! Ich gebe mir nicht die Schuld am Tod meiner Eltern und – nein! – die ganze Sache hat nichts mit dem zu tun, was jetzt gerade mit mir passiert.“ Er sah auf die Uhr. “Meine Güte, die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn man Spaß hat. Bis morgen!“ Daniel stand auf und verließ das Büro, ehe McKenzie noch etwas sagen konnte. Dieser schüttelte stumm den Kopf und griff zum Telefon.

***

“Daniel?“, fragte Jack, als er mit Janet eintrat und den Archäologen unentschlossen in dessen vollgestopften Büro stehen sah. Bücher stapelten sich auf den Regalen, doch der Schreibtisch war ungewöhnlich leer, der Computer ausgeschaltet. Daniels Projekte waren an andere abgegeben worden.

Daniel seufzte schwer. “Ich habe gar nichts zu tun. Keine Übersetzung, keine Berichte ...“ Daniel brach ab. Hilflos setzte er sich. Jack lehnte sich an den Schreibtisch, die Hände in den Hosentaschen, während Janet sich mit verschränkten Armen neben ihn stellte. “Sie kommen, um mich davon zu überzeugen, weiterhin seine Sitzungen zu besuchen, in denen ich mir anhören darf, dass der Tod meiner Eltern diese ganz Sache auslöst.“ Er sah auf und Jack verdrehte etwas die Augen.

Janet räusperte sich. “Dr. McKenzie denkt, Sie würden mehr Fortschritte machen, wenn Sie ihn an sich heran lassen würden.“

Daniel senkte den Blick: “McKenzie ist ein Idiot. Es ist jetzt schon eine Woche! Ich halte diese Untätigkeit nicht aus!“

“McKenzie ist tatsächlich ein Idiot“, meinte Jack und zuckte auf Janets gehobene Augenbrauen hin die Schultern. Sie hatten sich geeinigt, Daniel aufzumuntern und ihn dazu zu bringen, weiterhin in die Sitzungen zu gehen. Janet hatte Jack gleich angerufen, nachdem McKenzie sich bei ihr über Daniels Verhalten beschwert hatte. Sie wusste, dass Daniel eher auf den Colonel hören würde als auf sie allein. Die Ärztin schüttelte verständnisvoll den Kopf und meine zu Daniel: “Ich kann Sie verstehen. Aber es ist gut, dass Sie bisher keine weiteren Anzeichen für einen Rückfall gezeigt haben. Ich bin zufrieden mit den Testergebnissen und jetzt geht es Ihnen sogar noch besser als vor Ihrem ... Urlaub. Wahrscheinlich der zusätzliche Schlaf und der wenige Stress.“

Daniel seufzte missmutig. “Oh, klasse! Wenigstens etwas!“

Janet zuckte mit den Schultern. “Ich weiß, wie viel Ihnen die Reisen durch das Tor bedeuten, Daniel. Ich würde Ihnen kein Verbot erteilen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass es das Richtige ist. Sie brauchen etwas Ruhe. Es wird Ihnen gut tun. Versuchen Sie, die freie Zeit zu genießen – mit Freunden.“

Daniel sah zu ihr auf und dann zu Jack. “Kann nicht gerade sagen, dass mein Freundeskreis groß ist.“

Jack mimte den Beleidigten. “Was stimmt mit meiner Gesellschaft nicht?“

“Ihr geht morgen auf Mission, Jack. Mit ... Dr. Jameson, der so stolz auf seine Position ist und ...“ Er brach ab. “Verdammt, er ist ein guter Archäologe!“

Janet lächelte. “Aber er ist nur ein Ersatz.“

Jack nickte rasch. “Stell dir vor: Er hat gute Laune, wenn er aufsteht. Er sagt sogar ’Guten Morgen’. Richtig eklig! Ich habe mich so an dein übellauniges, morgendliches ’Kaffee!’ gewöhnt.“

Daniel ließ ein leichtes Lächeln sehen und Janet blickte Jack dankbar an. Wenn Daniel weiterhin so unmotiviert sein würde, wäre das eine Katastrophe. Nichts würde einer Genesung mehr im Wege stehen. Daniel wurde wieder ernst. “Und wenn der General beschließt, dass das Team mit Jameson mehr Ergebnisse bringt?“

Janet lehnte sich vor, sprach etwas leiser: “Daniel, Sie sind bei SG-1. Das kann Jameson nicht ändern.“ Daniel biss sich auf die Unterlippe. “Gehen Sie zu McKenzie, Daniel. Bitte.“ Er zuckte mit den Schultern.

Jack legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Daniel?“

“Meinetwegen.“

Janet fügte tröstend hinzu: “Und wenn Sie sich einsam fühlen, dann kommen Sie auf die Krankenstation.“ Daniel sah auf. “Okay?“, hakte Janet nach. Daniel nickte.

***

Eine Woche später hatte Daniel sechs weitere Sitzungen mit dem Psychologen hinter sich gebracht und war drei Mal auf der Krankenstation gewesen, um sich sämtlichen verfügbaren Tests zu unterziehen. Doch weder McKenzie, noch Fraiser hatten etwas gefunden und auch Daniel konnte beruhigt sagen, keine weiteren Halluzinationen oder ähnliche Dinge erlebt zu haben. Morgen würde SG-1 sich gemeinsam auf eine Verhandlung mit Indianern auf P3X-856 begeben, die von den Apachen abzustammen schienen. Daniel hatte den gesamten Nachmittag damit zugebracht, die Missionsberichte des SG-7-Teams zu lesen, die den Erstkontakt aufgebaut hatten.

Doch da es dem Team an einem Sprachwissenschaftler fehlte, hatte Hammond die Mission an SG-1 weitergereicht, damit sich wenigstens eines der Teammitglieder verbal mit den Dorfältesten verständigen konnte. Daniel freute sich auf die Mission. Der Planet war ruhig, grün und angenehm warm. Nicht nur würde er in seiner Arbeit aufgehen können, Sam hatte die Möglichkeit Pflanzen auf medizinische Wirkstoffe zu untersuchen und Jack und Teal’c konnten etwas entspannen. Die Absichten der Indianer waren gut, ihre Sprache simpel und es versprach bereits jetzt, eine einfache Mission zu werden.

***

“Besser?“, fragte Jack und Sam nickte mühsam, seufzte erleichtert, als die Schmerzmittel zu wirken begannen. Sie ließ ihren Kopf auf die Jacke des Colonels zurücksinken und schloss die Augen. Jack zog den Knoten in den Resten aus Teal’cs Jacke etwas fester, um die Blutung in Sams Schulter endgültig zu stillen. Teal’c beobachtete die Vorgänge vor ihrem Gefängnis und schüttelte den Kopf, als er die vielen Krieger sah, die das Team bewachten.

“Es wäre einfach, die Hütte zu verlassen, aber ohne Waffen haben wir keine Chance, O’Neill“, stellte er fest.

“Das habe ich mir beinahe gedacht, Teal’c“, antwortete Jack. Die Gitter in der Tür bestanden aus einfachem Bambus und die runde Hütte war aus elastischen Zweigen gefertigt und mit Fell und Wolle abgedeckt. Etwas körperliche Anstrengung und sie wären draußen, aber sie standen unter scharfer Beobachtung und Sam war verletzt. Außerdem schienen die Indianer noch immer bereit zu sein, diplomatische Kontakte aufrecht zu halten. Ein Ausbruch käme dem nur in die Quere. Teal’c kehrte zu Jack und Sam zurück.

Er verschränkte die muskulösen Arme hinter seinem Rücken. “Wir werden auf ein Team warten müssen. Dieser Stamm scheint nicht vorzuhaben, uns zu töten.“

“Wenigstens haben die Hammond kontaktiert“, meinte Jack. Ihre Rucksäcke und Waffen waren in Jacks Gegenwart auf die Erde zurückgeschickt worden. Ein eindeutiges Zeichen für das SGC. Jack war sich sicher, dass Hammond entweder bereits eine Rettungsmission organisierte oder eine diplomatische Abordnung zusammenstellte.

“Jack?“

Der Colonel blickte zu Daniel hinüber. Der Archäologe hatte sich auf die gegenüberliegende Seite der Hütte zurückgezogen und die Beine an den Körper gezogen. “Es tut mir leid.“

“Das sagst du jetzt schon zum dritten Mal“, antwortete Jack.

Daniel schüttelte den Kopf. “Ich weiß nicht ... ich ... ich habe die Berichte doch studiert. Ich habe die Sprache gelernt. Sie ist simpel, sie ist so verdammt simpel, ich kapiere nicht -“

“Es gibt eine Menge, was du im Moment nicht kapierst, Daniel. Tatsache ist, dass Carter verletzt wurde.“

Daniel senkte den Blick. “Ich schwöre -“

“Tu es nicht! Was war in der letzten Zeit los? Hattest du Schwierigkeiten und hast es uns verschwiegen, um wieder auf Mission zu können?!“, wollte Jack wissen.

“O’Neill“, ging Teal’c dazwischen.

“Schon gut, Teal’c!“, murmelte Daniel. Er sah Jack direkt an. “Keine Schwierigkeiten! Nicht eine! Ich würde niemals andere gefährden, Jack. Und das weißt du!“

“Ich weiß nur, dass deine Probleme meistens auf Missionen auftauchen und immer dann, wenn wir es nicht gebrauchen können. Wie lange soll ich für dich noch den Kopf vor Hammond hinhalten?!“

“Vor der Mission hast du dich anders angehört.“

“Vor der Mission dachte ich auch noch, das alles wäre nur Stress gewesen!“ Jack stand auf. “Vor der Mission hätte ich niemals gedacht, dass du unser Leben gefährdest, nur um weiter durch das Tor gehen zu können!“

“Das ist nicht wahr!“

“Sieh dir Carter an, Daniel! Es reicht mir! Vor ein paar Wochen hättest du sie beinahe erschossen und jetzt sorgst du dafür, dass diese Leute hier wütend auf uns werden! Wenn du deinen Job nicht machen kannst, dann gib es zu! Und wenn Dr. Fraiser feststellt, dass alles in Ordnung mit dir ist, dann ist es psychisch, Daniel! Und das kann ich im Team nicht gebrauchen! Das kann das gesamte SGC nicht gebrauchen!“

“O’Neill!“ Teal’c packte seinen Anführer bei den Schultern und drehte ihn zu sich um. Leise sagte er: “Wir machen uns alle Sorgen um Captain Carter. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, Verantwortliche zu suchen.“ Jack riss sich los und kehrte wieder zu der schlafenden Sam zurück. Daniel hielt den Blick gesenkt und schluckte hart. Teal’c ging zu ihm hinüber und stellte sich neben ihn. Ein Seitenblick aus der Tür zeigte ihm, worauf sie alle gewartet hatten. “Das SGC hat ein Team geschickt“, verkündete er.

***

“Kopfschmerzen?“, fragte Janet und Daniel schüttelte gedrückt den Kopf. Sie nahm seinen Puls, beobachtete ihn prüfend. Er war merkwürdig ruhig. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Daniel gegenüber. “Was ist los?“

Daniel blickte auf und seufzte, dann fragte er: “Haben Sie in der Schule schon mal eine Arbeit geschrieben, alles dafür gelernt, den Stoff perfekt drauf gehabt, aber wenn Sie dann davor sitzen ...“ Er zuckte mit den Schultern.

Janet lächelte leicht. “Amerikanische Literatur. Ich habe alles gekonnt, aber der Stoff war einfach weg, als ich davor saß.“

“Es war genau so“, murmelte Daniel. Er war einen Moment ruhig, dann fragte er plötzlich: “Sind Sie sicher, dass Hathor -“

“Es hat nichts mit Hathor zu tun, Daniel. Ich bin mir ganz sicher.“

“Dann liegt es an mir. Gott! Irgendwas stimmt mit mir nicht. Jack hatte Recht!“

Janet legte ihm tröstend eine Hand auf den Arm und fragte: “Was soll ich jetzt mit Ihnen machen? Sie können so nicht auf Missionen gehen und ich würde mich nicht wohl fühlen, Ihnen wichtige Übersetzungen anzuvertrauen ... das klingt hart, ich weiß.“

Daniel winkte ab. “Ich muss jetzt erst mal das Briefing hinter mich bringen. Das wird ein Spaß!“

Janet lächelte aufmunternd. “Captain Carter geht es gut, Daniel.“

“Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich verantwortlich dafür bin, was passiert ist. Ich habe das Wort verwechselt. Ich ... habe meinen Job nicht gemacht.“

Janet seufzte. “Ich mache gerne noch mal alle nötigen Tests, wenn es Sie beruhigt.“

Daniel schaute zu ihr auf. “Es würde mich nur beruhigen, wenn Sie dabei etwas finden.“

Janet biss sich betroffen auf die Unterlippe.

***

Daniel klopfte zaghaft an die Tür zu dem Zimmer, in dem Sam untergebracht worden war. Sie öffnete die Augen und lächelte ihn an. “Hey, Daniel. Kommen Sie rein!“

Er trat an ihr Bett, verschränkte die Arme. “Wie geht’s Ihnen?“, fragte er.

“Oh!“ Sam zuckte mit den Schultern, verzog dann vor Schmerz das Gesicht. “Na ja, ich kann heute Nachmittag wieder gehen. Dr. Fraiser sagt, ich hätte Glück gehabt. Eine Fleischwunde – schmerzhaft, aber ungefährlich. Ein paar Tage Schmerzmittel, eine Woche keine Torreisen und das war’s.“

Daniel nickte. “Gut.“ Er sah zu Boden. “Es tut mir leid, Sam.“ Sie schüttelte den Kopf.

“Nicht nötig, Daniel. Wirklich!“

“Doch.“ Er biss sich auf die Unterlippe.

“Daniel“, sie stieß die Luft aus, “Ich habe mit dem Colonel gesprochen. Möglicherweise steckt mehr hinter diesen Vorfällen.“

Daniel sah verwirrt auf. “Mehr?“

Sie nickte. “Wir sollten unsere Missionen einer nach der anderen noch einmal durchgehen. Und der Colonel sieht das genau so. Er wird es dem General in dem De-Briefing vorschlagen.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Sam ...“

Sie unterbrach ihn, indem sie eine Hand hob. “Wir finden die Lösung“, versprach sie. Daniel stieß die Luft aus und zuckte nicht überzeugt mit den Schultern.

***

“Daniel!“

Er zuckte zusammen, als Jacks Stimme die Stille des Konferenzraumes durchbrach und sah aus den Augenwinkeln, wie der Colonel sich in den Stuhl neben ihn setzte, sich zu ihm drehte. Daniel hatte seinen Gedanken nachgehangen, während er auf das De-Briefing wartete. Janet hatte für den nächsten Tag noch mal einen Termin mit ihm verabredet und war gerade dabei, Hammond in seinem Büro aufzuklären und ihn auch über Sams Zustand zu informieren. Unsicher drehte er seinen Stuhl ebenfalls in Jacks Richtung und starrte auf dessen rechte Armlehne.

“Ich ... uh ...“ Jack räusperte sich und sagte dann schell: “Ich habe möglicherweise etwas überreagiert, Daniel. Tut mir leid.“

Der junge Mann blickte auf und zuckte mit den Schultern, begann, über den Henkel seiner Kaffeetasse zu streichen. “Du hattest Recht und Angst um Sam.“

“Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen. Völlig egal, ob ich Recht habe oder nicht, Daniel. Ich bin in erster Linie dein Freund und ... ich hätte solche Dinge nicht sagen sollen.“

“Okay“, antwortete Daniel.

“Ich ... uh ... ich weiß, dass du ... dass du das Team nicht verlassen kannst wegen ... Sha’re.“

Daniel lachte humorlos. “Jack, wenn der General sagt, dass es zu bedenklich ist, mich auf Missionen zu schicken – und Dr. Fraiser ist bereits auf seiner Seite – dann werde ich nicht auf Missionen gehen. Sha’re spielt dabei keine Rolle. Sie hat doch sowieso unterste Priorität, ich meine ... für den General und das Programm.“

“Nicht für mich. Skaa’ra ist auch da draußen.“

Daniel sah Jack einige Sekunden lang unentschlossen an, dann sagte er: “Ich fliege innerhalb der nächsten Stunde aus dem Team, Jack. Dr. Fraiser hat nichts fest stellen können. Die Tests morgen macht sie auch nur, um mich zu beruhigen, aber ehrlich gesagt habe ich Angst davor, dass nichts dabei raus kommt, denn das bedeutet, dass ich ... psychisch ... ich ...“ Er zuckte hilflos mit den Schultern.

Jack schüttelte den Kopf. “Du fliegst nicht aus dem Team. Du wirst nicht mit auf Missionen gehen, okay, aber ich bin davon überzeugt, dass es einen Grund gibt.“

“Auf dem Planeten ...“

“... habe ich mich wie ein Vollidiot benommen. Ich will dich im SGC und im Team behalten. Du leistest gute Arbeit. Das haben wir doch schon geklärt.“

Daniel biss sich auf die Unterlippe und verschränkte die Arme.

“Warten wir ab!“, sagte Jack eindringlich und legte Daniel eine Hand auf die Schulter.

Der junge Mann nicke langsam. “Okay.“

Jack festigte seinen Griff, bis Daniel ihm in die Augen sah. “Es kommt in Ordnung.“

***

“Tatsache ist, dass ich Sie unter diesen Umständen nicht auf Missionen schicken kann, Dr. Jackson, und Sie verstehen sicher, wenn ich weiterhin sämtliche Übersetzungen an andere Archäologen aus Ihrer Abteilung weiter gebe.“

Daniel nickte langsam, starrte auf die Tischplatte.

“Niemand sagt, dass Sie für diese Einrichtung nicht unglaublich wichtig sind -“

“Schon gut, Sir. Ich verstehe!“, unterbrach Daniel und warf dem General ein leichtes, falsches Lächeln zu.

“Tun Sie das?“, hakte Hammond nach. Sein Tonfall war sanft und er blickte zu Jack, als Daniel mit gesenktem Blick nickte.

“Sir, ich würde vorschlagen, dass wir die letzten Missionen noch mal durchgehen, alle, bei denen insbesondere Daniel in Gefahr geraten ist.“

“Was soll das bringen, Colonel?“, wollte der General wissen.

Jack zuckte mit den Schultern. “Ich bin der Überzeugung, dass da mehr dahinter steckt.“

Janet nickte. “Laut Dr. Jacksons Akte ist niemals zuvor ein psychisches Problem bei ihm aufgefallen. Sein letzter Besuch bei einem Psychologen liegt über 20 Jahre zurück. Und dabei ging es nicht mal um eine psychische Krankheit, sondern um eine Therapie wegen dem Tod seiner Eltern.“

Jack seufzte ungeduldig. “Was mir Kopfzerbrechen bereitet ist, dass es so plötzlich kommt. Und da der Hathor-Zwischenfall noch nicht so weit zurück liegt ...“

“Ich habe mehrere männliche Patienten bekommen, die neuerdings unter Kopfschmerzen leiden, Sir“, bekräftigte Janet nickend. Hammond zog die Augenbrauen hoch: “Und wenn es nicht an Hathor liegt?“ Janet seufzte. Jack lehnte sich vor und erklärte: “Dann haben wir noch genug andere Möglichkeiten, die wir zumindest in Erwägung ziehen sollten. Die Wiederbelebung bei den Nox zum Beispiel oder diese Seuche.“

Daniel räusperte sich leise. “Ich habe Allergien, Sir. Im Prinzip könnte es fast alles sein. Wer weiß schon, wie sich außerirdische Substanzen in der Luft auf den Körper auswirken. Möglicherweise bin ich anfällig“, meinte Daniel und zu Jacks positiver Überraschung wirkte er bereits wieder etwas zuversichtlicher. Hammond dachte einen Augenblick darüber nach, dann entschied er: “In Ordnung! Sie haben freie Bahn, mit Ihrem Team die bereits besuchten Welten nochmals aufzusuchen. Was auch immer dahinter steckt, es könnte eine Gefahr für alle Teams darstellen. Dr. Jackson, Sie bleiben in der Basis oder unter Beobachtung außerhalb. Ich denke, Sie werden ein Arrangement mit Colonel O’Neill treffen können. Eine Woche, dann will ich Ergebnisse sehen.“

Jack lächelte dankbar.

***

Nach Sams Entlassung traf sich das Team in ihrem Labor. “Wir nehmen Proben aus der Luft, von der Vegetation und von den Flüssen, denen wir über den Weg gelaufen sind“, erklärte Sam eifrig und Jack nickte.

“Wo fangen wir an?“

“Am besten von vorne.“

Daniel schüttelte den Kopf. “Nicht Abydos. Erstens ist das Tor versiegelt und zweitens war ich ein Jahr lang ohne Problem dort.“

“Und Chulak können wir auch vergessen“, erwiderte Jack und Teal’c nickte zustimmend.

“Okay, was war das nächste?“, wollte Sam wissen und Daniel ging die Akten durch, die er aus dem Archiv in Sams Labor geholt hatte.

Jack verdrehte die Augen: “Einer meiner Lieblinge: Die Seuche.“

Sam nickte. “Das wäre einen Versuch wert. Daniel war dem Virus einige Zeit ausgesetzt.“

“Wie andere hier“, antwortete Jack und grinste Sam unverschämt an.

Sie wurde rot bei der Erinnerung an ihre spezielle Reaktion auf den Virus, fing sich jedoch rasch wieder. “Aber Daniel war im Lager der Berührten. Wir sollten es versuchen.“

Daniel nahm einen der Missionsberichte auf Sams Tisch zur Hand: “Dann kam der P3X-513.“

Sam nahm den Bericht zur Hand und nickte langsam. “Jonas Hanson“, murmelte sie und schluckte bei der Erinnerung an ihren Ex-Verlobten, der sich auf P3X-513 zum Gott gemacht hatte. Dann konzentrierte sie sich mit einem kurzen Kopfschütteln wieder auf die Gegenwart. “Sie waren als einzigster von uns direkt am Flusswasser, oder?“, wollte Sam wissen.

Daniel dachte kurz nach. “Ich denke schon. Ich habe aber nichts davon getrunken.“

“Kontakt kann genügen“, meinte Sam, “Ich schlage vor, wir ziehen diese Welt vor das Land des Lichts.“

“Okay!“, antwortete Jack. Er beobachtete gemeinsam mit Teal’c, wie seine beiden Wissenschaftler weiter planten und eine Liste der Welten erstellten, auf denen Daniel einer gefährlichen Substanz ausgesetzt gewesen sein könnte. “Ich habe das Gefühl, da fehlen einige Missionen“, meinte Jack nachdenklich, als sie fertig waren.

Daniel nickte. “Ich habe nur die genommen, bei denen uns eine Ansteckung am wahrscheinlichsten erschien. Auf allen anderen Missionen waren wir dem Gleichen ausgesetzt.“

“Okay!“, nickte Jack, “Die können wir ja dazu nehmen, wenn wir sonst nichts finden.“

***

“Ach ja, und sie haben inzwischen rausgefunden, wie man Lehm und Stroh vermischt, um Backsteine herstellen zu können“, erzählte Jack weiter. Daniels Büro bot die üblichen wenigen Sitzplätze, aber den besten Kaffee im Berg, deshalb hatten sich Jack und Teal’c nach der Mission und der Untersuchung hierher begeben, um Daniel und Sam von den Ereignissen auf dem Planeten zu erzählen, auf dem Jonas Hanson regiert hatte. “Das ist natürlich leichter, als die Brocken zu schleppen, die Hanson ihnen für den Tempelbau vorschrieb.“

Sam, die sich neben Daniels Stuhl die einzige, nicht von Büchern belagerte Sitzgelegenheit erkämpft hatte, nickte zustimmend und Jack lehnte sich erschöpft an die Wand zurück. “Heiß ist es dort trotzdem noch wie verrückt – hier übrigens auch. Wozu hast du die Heizung aufgedreht?“ Es wurde still und Jack warf Daniel einen Blick zu. “Daniel?“

Sam blickte auf und Teal’c trat näher an den Archäologen heran, der am Schreibtisch saß, den Kopf auf verschränkte Arme gebettet. “Er schläft, O’Neill“, erklärte er.

“Was? Wir sind den ganzen Tag in sengender Hitze unterwegs und er schläft ein?“ Er stand auf und ging zum Schreibtisch hinüber. “Daniel!“

Sam stand auf und runzelte die Stirn, trat neben Daniel und legte ihm eine Hand auf die Schulter, dann auf die Stirn. “Sir, rufen Sie die Krankenstation!“

“Was?“, fragte Jack erschrocken.

“Er ist eiskalt.“

Jack griff zum Hörer und wählte die Krankenstation an, orderte ein Team in Daniels Büro und legte auf. “Sein Atem geht viel zu langsam“, sagte Sam und Teal’c beförderte Daniel vom Stuhl auf den Boden. Sie tätschelte seine Wange. “Daniel?“

“Aber er war doch hellwach, als wir reinkamen“, meinte Jack hilflos und Sam nickte.

“Es ist als wäre er unterkühlt, Sir.“

Jack schüttelte den Kopf. “Aber vor einer halben Stunde ging es ihm doch gut.“

Das medizinische Team kam an und unterbrach die Diskussion.

***

“So etwas passiert nicht ohne Grund!“, wies Janet auf das Offensichtliche hin und Jack begann, mit der Decke des Bettes zu spielen, auf dem er neben Sam saß.

“Ich verstehe das auch nicht!“, sagte er.

Teal’c hob eine Augenbraue. “Daniel Jackson erwähnte bei unserer Ankunft, ihm wäre kalt.“

“Daniel friert doch fast ständig“, erwiderte Jack.

Janet schüttelte den Kopf. “Colonel, sein inneres Thermostat spielt vollkommen verrückt. In seinem Büro herrschte eine normale Temperatur. Was auch immer diese ... innere Unterkühlung ausgelöst hat, es muss sich langsam entwickelt haben.“

“Teal’c und ich waren den ganzen Tag weg“, erklärte Jack nachdenklich, “Als wir zurückkamen, waren wir hier, duschen, dann bei General Hammond, dann haben wir Carter in ihrem Labor abgeholt und sind zu Daniel.“

“Er meinte, ihm wäre sehr kalt“, wiederholte Teal’c.

Jack nickte: “Um ehrlich zu sein, in seinem Büro war es verdammt warm. Er hatte die Heizung aufgedreht.“ Sam seufzte: “Was passiert jetzt?“

“Er reagiert auf die Heizdecken und ich bin sicher, dass er demnächst aufwachen wird. Eine neue Blutprobe hat nichts gebracht. Keine Spur von Hathors Droge oder sonstigen Abnormalitäten“, erklärte Janet.

Jack zog die Augenbrauen hoch: “Tja, aber psychisch ist das ja wohl nicht. Oder haben Sie schon mal gehört, dass sich jemand selbst erfriert?“ Sam zog bei Jacks Satzbau die Stirn in Falten, hütete sich aber, etwas zu sagen. Sie wusste auch nicht, wie sie es besser ausdrücken konnte.

“Nein, habe ich nicht“, gab Janet zu.

Jack nickte selbstzufrieden: “Hammond erlaubt uns, weiter zu suchen. Was ist aus den Kopfschmerzkandidaten geworden, die Sie erwähnten?“

Janet schüttelte den Kopf. “Keiner zeigt Daniels Symptome und ich habe sie in einen dreitägigen Urlaub geschickt. Scheint nur Stress zu sein.“

“Wir brauchen mehr Leute ... hier arbeitet jeder beinahe ständig“, murmelte Jack.

Sam sprang vom Bett. “Ich gehe jetzt mal runter und sehe nach, was meine Leute und die Biologen aus den Proben gemacht haben, die Sie mitgebracht haben, Sir.“

Jack nickte zustimmend und Sam verschwand. Teal’c entschuldigte sich, um sein Kel’no’reem durchzuführen und Jack ging seinen Bericht schreiben.

***

Janet sah gerade noch einmal Daniels Untersuchungsergebnisse von den zahlreichen Tests am Vormittag durch, als eine der Krankenschwestern ihr Büro betrat. “Dr. Fraiser?“

Sie blickte auf und nickte auffordernd.

“Dr. Jackson ist wach.“

“Danke, Lt. Woods. Verständigen Sie Colonel O’Neill!“

Die junge Schwester nickte und Janet machte sich auf den Weg zu Daniels Bett. Sie schob schwungvoll den Vorhang zur Seite und bemerkte zufrieden, dass die Heizdecke bereits ordentlich gefaltet am Fußende lag. “Daniel, wie geht es Ihnen?“

Er blickte von der Heizdecke zu Janet und antwortete: “Was ist passiert? Lt. Woods meinte, ich wäre zusammengebrochen.“

Janet nickte. “Ihr Team hat die Krankenstation verständigt. Sie sind völlig unterkühlt hier eingeliefert worden. Wollen Sie mir das erklären?“

“Kann ich das denn?“, wollte Daniel verwirrt wissen.

Janet lächelte. “Es scheint wieder alles in Ordnung zu sein“, zwinkerte sie ihm zu und er lächelte leicht zurück.

Jack kam hinzu. “Da ist er ja wieder.“ Erleichtert klopfte er Daniel auf die Schulter. “Einen Moment lang hast du mir echt Angst eingejagt.“

“Wie fühlen Sie sich?“, wiederholte Janet ihre Eingangsfrage und Daniel antwortete: “Etwas zittrig und hungrig. Müde.“

“Schmerzen?“

“Nein.“

“Und was ist das letzte, an das Sie sich erinnern?“

“Jack und Teal’c wollten uns von der Mission erzählen.“

“Hatten Sie da Kopfschmerzen?“

“Ja. Und mir war kalt.“

“Sonst noch was?“

“Nein.“

“Okay.“ Janet wandte sich an Jack. “Ich werde ihn entlassen, hätte ihn aber gerne unter Beobachtung.“

“Darf ich nach Hause?“, wollte Daniel hoffnungsvoll wissen.

“Ich möchte, dass Sie bei einem Teammitglied bleiben und morgen um acht wieder hier sind.“

Jack runzelte die Stirn: “Halten Sie das für eine gute Idee?“

“Er wird Gesellschaft haben. Außerdem gibt es keinen konkreten Grund, ihn festzuhalten. Seine Testergebnisse sind allesamt negativ. Und die stammen von heute morgen.“

“Ich kapiere das nicht“, murmelte Daniel.

“Wir können psychische Gründe ausschließen“, beruhigte Jack ihn und Daniel nickte. “Ich nehme ihn mit“, verkündete der Colonel dann.

“In Ordnung. Ich hatte nichts anderes erwartet, Sir“, antwortete Janet.

***

“Hey, Schlafmütze!“, hörte er Sams Stimme und drehte sich unwillig zur Rückenlehne der Couch, vergrub sein Gesicht in dem Stoff. Sam lachte. “Der Colonel hat Chinesisch bestellt. Wenn Sie etwas ab haben wollen, müssten Sie schon aufstehen.“

“Sie könnten es mir auch bringen“, schlug Daniel mit geschlossenen Augen vor und seufzte, als Sam ihm einen spielerischen Hieb in die Rippen verpasste.

“So verschlafen und schon so frech? Der Colonel meinte, Sie wären bereits ausgeknockt gewesen, als er vom Einkaufen zurückkam. Alles okay?“

“Kopfschmerzen“, antwortete Daniel und kam sich wie ein kaputtes Hörspiel vor.

Jack räusperte sich, als er das Wohnzimmer betrat. “Gerade, weil er so verschlafen ist, ist er so übel gelaunt, Carter. Daniel, in der Küche wartet Kaffee.“ Er spürte wie Sam aufstand und ging. Jacks Schritte verklangen ebenfalls und er rieb sich die brennenden Augen. Er setzte sich auf und fuhr ich durchs Gesicht, bevor er die Augen öffnete.

***

Jack stellte die Thermoskanne mit dem Kaffee demonstrativ auf die Seite des Tisches, auf der Sam und Daniel sitzen würden, bevor er das Essen aus den Pappbehältern auf die Teller verteilte. Sam setzte sich und seufzte: “Irgendwie tut er mir leid.“ Jack wandte sich zu ihr um.

“Hm?“

“Die Kopfschmerzen“, erklärte sein 2IC.

“Es muss in der Tat höchst unangenehm sein“, gab Teal’c seine Meinung ab und setzte sich Sam gegenüber. Jack stellte die Teller auf die vier Plätze und meinte schulterzuckend: “Fraiser findet eine Erklärung und verschreibt ihm ein Medikament und schon ist alles wieder in Ordnung. Er neigt doch zu Migräne.“

Sam nickte langsam. “Stimmt. Jedenfalls hat die Untersuchung des Flusswassers von Hansens Planet nichts ergeben.“

Jack setzte sich ebenfalls und rief: “Daniel, komm schon!“

Sam lauschte auf eine Antwort, doch als keine kam, stand sie auf. “Vielleicht sollte ich -“

“Nein!“ Jack winkte ab und erhob sich ebenfalls. “Ich mache das schon.“ Er ging durch den Flur ins Wohnzimmer und meinte: “Allmählich müsstest du doch mal wach sein.“ Er verschränkte die Arme und blickte seinen Freund auffordernd an, während dieser auf der Kante der Couch saß, die Hände neben sich aufgestützt und in die Polster verkrampft. Jack legte den Kopf schief. “Daniel?“ Der Archäologe wandte ihm den Blick zu.

“Jack?“

Besorgt trat der Colonel näher. “Hey! Alles okay.“

Daniel zuckte zusammen, als Jack ihm eine Hand auf die Schulter legte. Jack setzte sich auf den Kaffeetisch und fragte: “Daniel? Was ist?“ Daniel wandte den Kopf in seine Richtung und auf einmal erkannte Jack, was er aus der Entfernung nicht sofort bemerkt hatte. Daniel sah in seine Richtung, aber er sah ihn nicht an. Jack hob eine Hand und führte sie direkt vor Daniels Gesicht hin und her, doch der Archäologe starrte geradeaus.

“Ich ... ich kann dich nicht sehen.“

Jack fluchte stumm und rief: “Carter! Teal’c!“ Daniel zuckte zusammen und Jack legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Ganz ruhig! Alles okay. Wir bringen dich ins SGC.“ Daniel nickte zitternd.

“Sir?“, fragte Sam, als sie mit Teal’c in der Tür erschien.

“Carter, rufen Sie Fraiser an und sagen Sie ihr, dass wir Daniel reinbringen. Sie soll alles vorbereiten.“

Sam schaute besorgt zu dem jüngsten Teammitglied. “Worauf soll sie sich vorbereiten?“

Jack schluckte hart und er sah Daniel ängstlich nach unten blicken. “Daniel ist blind.“ Er stieß die Luft aus und Sam eilte zum Telefon. “Teal’c, wärm schon mal das Auto auf. Ich habe dir neulich gezeigt, wie es geht.“

Der Jaffa nickte und ging, um Jacks Schlüssel von der Kommode neben der Haustür zu nehmen. Jack griff unter Daniels Arme und zog ihn hoch. “Auf geht’s!“

“Ich kann nicht -“

“Ich führe dich.“ Jack legte einen Arm um Daniels Schultern und half ihm die Stufen zum Flur hinauf, nahm Daniels Jacke und half ihm hinein. “Vertrau mir.“

***

Janet beobachtete, wie Jack dem Archäologen half, sich auf die Bettkante zu setzten und die schneefeuchte Jacke auszuziehen. “Hallo, Daniel!“, sagte sie sanft und er starrte in ihre Richtung, “Legen Sie sich hin.“ Daniel ließ sich vorsichtig zurücksinken und streckte sich auf dem Bett aus, zögerlich blind um sich blickend. “Alles okay“, meinte Janet beruhigend und erklärte: “Ich werde Sie jetzt untersuchen.“ Sie berührte seine Hand und als er wieder Erwarten nicht vor Schreck zusammenzuckte, beugte sie sich über ihn, um ihm in die Augen zu leuchten.

“Sehen Sie das?“

“Nein“, flüsterte Daniel.

Janet schüttelte den Kopf. “Ihre Pupillen reagieren auch nicht.“

Daniel verspannte sich. Janet wandte sich an das Team. “Warten Sie bitte draußen? Ich muss ein paar Tests machen.“

Jack nickte wiederwillig und sie verließen das Untersuchungszimmer.

“Haben Sie Schmerzen?“, wollte Janet wissen.

“Im Moment nicht. Aber bevor das losging, haben meine Augen gebrannt und ich hatte Kopfschmerzen.“

“Den Kopf angeschlagen?“

“Nein.“

“Und wann fing das an?“

“Als ich aufgewacht bin und die Augen öffnete.“

“Das war vor ...“

“Etwa einer Stunde.“

Janet nickte und begann, sich Notizen zu machen. “Ihr Puls ist sehr hoch. Ich werde Ihnen für die weiteren Tests ein leichtes Beruhigungsmittel geben. Es kommt alles in Ordnung, keine Angst.“

“Wenn Sie es sagen“, murmelte Daniel und Janet lächelte leicht.

***

Janet trat zwei Stunden später zu Daniels Team auf den Korridor und führte die drei in ihr Büro. Sam und Jack setzten sich in die beiden Stühle vor Janets Schreibtisch. Teal’c blieb stehen. Janet seufzte. “Ich habe alle Tests wiederholt.“

“Das hat bisher nichts gebracht“, meinte Sam.

Teal’c neigte den Kopf zur Seite. “Bisher wurden die Tests nach Daniel Jacksons Anfällen gemacht.“ Janet nickte: “Richtig. Dieses Mal muss einfach etwas zu sehen sein. Man wird nicht von einer Sekunde auf die andere blind.“ Sie verschränkte die Hände und blickte das Team ernst an. “Wenn die Tests etwas zeigen, werden wir hoffentlich endlich wissen, was die Symptome auslöst.“

“Was nehmen Sie an?“, wollte Jack wissen. Janet stieß die Luft aus.

Sie gab in so ernsten Fällen ungern erratene Diagnosen. “Daniel zeigt viele Symptome, die in unserer Medizin auf einen Hirntumor zurückführen. Verwirrtheit, er vergisst ständig Dinge, er ist müde, Funktionen seines Körpers versagen ...“

“Aber diese Sache mit der Hypothermie passt nicht rein“, meinte Sam langsam.

Janet nickte. “Das stimmt. Und einen Hirntumor hätte ich schon vorher sehen können. Ich tippe mehr denn je auf außerirdischen Einfluss.“

“Wir suchen doch schon“, meinte Jack frustriert und fuhr sich durch die Haare, “aber alles, was er durchgemacht hat und eventuell für das Ganze verantwortlich sein könnte, haben wir auch erlebt.“

Janet seufzte. “Ich weiß es nicht, Sir. Die Situation ist ernst. Wenn sich Daniels Zustand weiterhin verschlechtert ...“

Jack schüttelte den Kopf. “Er kann daran sterben, oder?“

Janet biss sich auf die Unterlippe, bevor sie antwortete: “Unser Körper wird von unserem Gehirn gesteuert, Sir. Jede Bewegung, jedes Empfinden ... wenn sein Gehirn angegriffen wird, könnte es sein, dass er als nächstes die Fähigkeit zu Sprechen verliert oder die, sich zu bewegen. Sein Herz wird weitermachen, aber wenn sein Gehirn abschaltet, ist er klinisch tot.“

Sam schluckte. “Dann gehe ich jetzt wieder an die Arbeit. Ich finde die Mission, die dafür verantwortlich ist.“ Sie stand auf und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Jack wartete, bis Teal’c Sams Sitzplatz eingenommen hatte, bevor er fragte: “Seine Augen? Könnte er wieder ...“

“Wir können nur hoffen, dass es temporär ist, wie die anderen Ausfälle auch“, antwortete Janet.

“Aber du fürchtest, dass es irgendwann nicht mehr so ist?“, fragte Teal’c wissend. Janet nickte.

“Ist er wach?“, fragte Jack.

Janet schüttelte den Kopf. “Er war sehr aufgewühlt. Ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben und er schläft jetzt.“ Jack fühlte sich gezwungen, zu fragen: “Was ist das schlimmst mögliche?“ Janet schluckte und antwortete dann: “Außer dem klinischen Tod? Daniel könnte alles verlieren, was ihn zu dem macht, was er ist. Seine Intelligenz, seine Sprachbegabung, seine Persönlichkeit.“ Jack sah zu Teal’c und dann wieder zu Janet: “Dann gehen wir jetzt Carter helfen, damit das nicht passiert.“

“Ich melde mich, sobald es etwas Neues gibt und die Testergebnisse da sind.“

***

Jack starrte auf den Bildschirm, las sich Daniels Bericht von der Mission im Land des Lichts zum dritten Mal durch, auf der Suche nach Hinweisen. Er stützte den Kopf in die Hände und stieß die Luft aus. Janets Worte kamen ihm wieder in den Sinn und er schüttelte den Kopf. Sie konnten nicht zulassen, dass Daniel sich selbst verlor. Schon die Möglichkeit, dass der jüngere Mann aufwachen könnte und unfähig war, zu sprechen, jagte Jack einen Schauer über den Rücken. Daniels beste Waffe und Fähigkeit war die Sprache.

Daniel war die Sprache. Jemanden, der so brillant und im Prinzip unschuldig war wie Daniel konnte er sich nicht in einem Krankenhaus vorstellen, unfähig zu kommunizieren, möglicherweise gezwungen, alles neu zu erlernen, als hätte er einen Schlaganfall gehabt. Und er würde nie wieder die Intelligenz und die Persönlichkeit haben, die ihn im Moment so wertvoll machte. Noch schlimmer wäre für Daniel, so abhängig von anderen zu sein. Er würde Hilfe bei fast allem brauchen, zumindest am Anfang.

Nein, wenn das passieren sollte, würde sein Team sich um ihn kümmern. Daniel hatte so lange gebraucht, sich in das Team einzufügen, war damit noch nicht fertig. Jack hatte das Gefühl, dass Daniel nicht sehr lange brauchte, um anderen zu vertrauen. Aber er brauchte Ewigkeiten, um sich anderen so zu zeigen, wie er wirklich war. Jack war der einzigste auf der Erde, der Daniel gut genug kannte, um ihn zumindest etwas einschätzen zu können, seine Körpersprache lesen zu können. Und er gestand sich selbst ein, etwas abhängig von Daniels Freundschaft und Gesellschaft geworden zu sein.

Daniel zu verlieren, wenn er ihn noch nicht einmal wirklich kannte ... ihn zu verlieren, obwohl er genau neben ihm saß ...

“Sir?“

Jack schreckte aus seinen Gedanken und schaute zu Sam, die ihn besorgt musterte.

“O’Neill, fühlst du dich nicht gut?“, fragte Teal’c.

“Nein, ich fühle mich gar nicht gut“, antwortete Jack.

Sam senkte den Blick. “Er ist stark, Sir.“

“Er hat das nicht verdient. Und es sieht so aus, als würde er den Kampf verlieren, Carter“, antwortete Jack.

Sie schluckte. “Ich weiß. Aber wir sollten alles tun, um ihn zu ermutigen und ihm zu helfen. Wenn er jetzt blind bleibt ... wird er Hilfe brauchen.“

Jack lächelte. “Klar! Und die wird er zulassen. Er ist stur. Wird ständig drauf bestehen, alleine klar zu kommen.“

Sam lächelte ebenfalls kurz, wurde dann wieder ernst. “Und wenn es schlimmer wird ...“ Sie brach ab. Alle drei schwiegen, bis das Telefon klingelte und Sam ranging. “Carter?“ Sie nickte gedankenverloren. “Danke, wir sind gleich da.“ Sie legte auf.

“Ist er wach?“, fragte Jack und stand auf.

“Nein, aber Dr. Fraiser hat die Ergebnisse. Wir treffen sie in zehn Minuten gemeinsam mit General Hammond auf der Krankenstation.“

***

Janet klemmte das Bild auf die Leuchtwand und deutete auf einen blau eingefärbten Bereich. “Sein Sehzentrum. Es ist inaktiv.“ Sie drehte sich zu den anderen Anwesenden um, nahm bereits ein weiteres Bild zur Hand.

“Was ist der Grund?“, wollte Hammond wissen.

Janet seufzte. “Aus medizinischer Sicht gibt es keinen. Es hat einfach abgeschaltet. Die gute Nachricht ist, dass wir noch immer keinen Tumor finden können. Andererseits hatte ich das erwartet.“

“Bei einem Tumor wüssten wir wenigstens, was Sache ist“, meinte Jack.

“Ja.“

“Irgendwelche Hinweise, ob es temporär ist?“

Janet klemmte das zweite Bild auf die Wand. Dieses Mal war der blaue Bereich kleiner. “Das stammt von vorhin. Ich habe noch mal einen Test machen lassen und dem Labor eingeheizt und sie haben mir das Bild nach einer halben Stunde bereits geliefert. Die Inaktivität lässt nach. Einige Bereiche des Sehzentrums nehmen die Arbeit wieder auf – ohne erkennbaren Grund.“

Jack stieß erleichtert die Luft aus. “Also kann er wieder sehen?“

“Das wird sich zeigen, wenn er aufwacht, aber es sieht ganz so aus.“ Janet nahm ein drittes Bild zur Hand und klemmte es auf die Tafel. “Leider haben wir bei den ersten Tests noch mehr festgestellt“, und sie deutete auf einen rot eingefärbten Bereich, “Das sind inaktive Bereiche in Daniels Gehirn ... Bereiche, die bei jedem von uns nicht genutzt werden. Das rote ist die Krankheit. Es breitet sich aus.“

“Das war erst bei dieser Testreihe zu sehen?“, hakte Sam nach.

Janet nickte. “Es hat mit einzelnen Symptomen angefangen und jetzt beginnt die Krankheit damit, sich auszubreiten.“

Hammond verschränkte die Arme. “Was bedeutet das für die nähere Zukunft?“

“Wir haben eine einfache Simulation gemacht. Sie zeigt, dass sich dieser rote Bereich weiter ausbreiten wird und auf die genutzten Teile von Daniels Gehirn übergehen. Es wird ihm jetzt erst mal wieder besser gehen, aber wenn wir keine Lösung finden, wird er daran sterben.“

***

“Jack“, flüsterte Daniel müde und der Colonel drehte sich zu ihm.

“Du siehst mich“, stellte er leise fest und Daniel nickte, lächelte leicht, “Wie geht’s dir?“

“Ich fühle mich furchtbar. Erschöpft.“

Jack nickte. “Fraiser meint, das sei normal.“

“Gut.“ Daniel schloss die Augen wieder und Jack dachte gerade, er sei eingeschlafen, als Daniel fragte: “Wie viel Zeit bleibt mir noch?“

Jack schluckte. “Das ... das wissen wir nicht. Es ist auch egal, denn wir finden eine Lösung.“

Daniel lächelte humorlos. “Sicher.“

Jack schüttelte den Kopf. “Daniel -“

“Jack.“ Der Archäologe öffnete die Augen und starrte ihn verzweifelt an. “Ich weiß, dass es möglicherweise eine Lösung gibt, aber wie lange werden wir brauchen, um sie zu finden?“

Jack schüttelte den Kopf und setzte ein aufmunterndes Lächeln auf: “Wir finden sie rechtzeitig.“

“Versprich mir nur, dass ihr Sha’re suchen werdet.“

Jack starrte Daniel erschrocken an. “Daniel ...“

Der Archäologe starrte zurück und Jack schwieg. Dann sagte er: “Wenn du mir versprichst, es zu versuchen. Du musst so lange durchhalten wie möglich.“

“Das kann ich tun“, antwortete Daniel nach einer Weile leise.

***

Daniel wurde noch am selben Tag von Janet mit der strikten Anordnung entlassen, das SGC nicht zu verlassen und sich auszuruhen. Während Teal’c dafür sorgte, dass der junge Mann ein vernünftiges Mittagessen zu sich nahm, durchkämmten Sam und Jack weiter die Missionsakten. “Ich glaube inzwischen, dass wir das Land des Lichts nicht ausschließen dürfen“, meinte Jack, “Wer weiß, was Daniel gegessen hat, während er im Lager der Berührten war.“

Sam nickte bestätigend. “Er hatte außerdem eine blutende Wunde. Wenn er damit an eine giftige Pflanze gekommen ist ...“ Sie sprach nicht weiter, sondern fuhr sich müde durch das Gesicht. “Oder es war Hathor.“

Jack blickte auf und Sam zuckte mit den Schultern. “Sie ist eine Goa’uld, wir können nicht mal annähernd einschätzen, über welche Technologien sie verfügt.“

“Warum sollte sie das tun? Daniel war ihr treu ergeben“, erwiderte Jack und Sam schüttelte den Kopf.

“Ich weiß es nicht. Als wir Frauen den Aufstand angezettelt haben, könnte es doch sein, dass sie auf Nummer Sicher gehen wollte. Daniel kannte sie besser als jeder andere. Er mag es nur durch einen Drogennebel gesehen haben, aber er hat so gut wie alles gesehen, was sie tat und besaß. Das macht ihn zu einer Gefahr, sobald sie die Kontrolle verlieren sollte. Sie war nicht dumm und wusste, wir könnten die Männer doch eines Tages überrumpeln.“

Jack zog die Augenbrauen hoch. “Und da lässt sie ihn langsam sterben? Ohne sicher zu gehen, dass es auch wirkt?“

Sam seufzte. “Sie haben Recht.“

“Bitten wir Hammond um eine Mission zum Land des Lichts“, schlug Jack vor.

***

“Wir sammeln Pflanzenproben aus der Umgebung des Berührten-Lagers“, erklärte Sam in der Umkleide und Daniel nickte.

“Das wäre möglich. Ich erinnere mich kaum an etwas von dem, was damals passiert ist.“

Jack verzog das Gesicht: “Sei froh!“

Sam ergriff wieder das Wort und schnallte sich den Rucksack auf. “Wir haben das Land des Lichts völlig außer Acht gelassen. Das einzigste, an das wir dachten, war die Seuche selber.“

Daniel ließ sich auf eine der Bänke im Umkleideraum fallen und beobachtete, wie Jack seine Jacke anzog. “Wann seid ihr wieder zurück?“

“Wir beeilen uns, aber wir müssen auch mit Tuplo und seinen Leuten reden. Vielleicht wissen sie von solchen Vorfällen in ihrem Volk“, erklärte Jack und setzte seine Kappe auf.

Sam lächelte, während sie ihre Waffe fest machte. “Ich habe gehört, Sie dürfen arbeiten?“

Daniel schüttelte den Kopf. “Ein paar private Recherchen und Projekte vorantreiben. So lange ich es nicht übertreibe. An die Projekte des Programms darf ich immer noch nicht.“

Jack zog die Augenbrauen hoch. “Und du wirst es nicht übertreiben, oder?“

Daniel stand auf und antwortete: “Nein, Robert, werde ich nicht.“ Damit und einem letzten Winken verließ er den Raum. Sein Team blickte ihm nach.

“Wer zum Teufel ist Robert?“, wollte Jack wissen.

“Vielleicht war es ein Witz, Sir.“

Jack schaute mit gerunzelter Stirn zu Sam hinüber. “Daniel macht keine Witze.“

Teal’c ergriff das Wort: “Wir müssen aufbrechen.“ Dann fügte er hinzu: “Und Daniel Jackson macht sehr wohl Witze, O’Neill.“

***

Die ereingislose Mission dauerte mehrere Stunden an und das SG-1-Team landete erst kurz nach Mitternacht unversehrt zurück auf der Erde. Sam übergab die Proben noch im Torraum an einen übereifrigen Laborassistenten und wandte sich dann wie ihre beiden Kollegen General Hammond zu. “Alles ruhig verlaufen, Sir“, erklärte Jack gerade und Hammond nickte.

“Besprechung morgen um 0800. Wegtreten!“

Die drei machten sich auf den Weg zur Krankenstation. Janet nickte ihnen grüßend zu. “Doc, wie geht’s Daniel?“, wollte Jack sofort wissen. Die letzten Worte des Archäologe hatten ihn nicht mehr losgelassen. Etwas stimmte nicht.

Janet zog den Vorhang um das Bett zu und Jack reichte ihr gehorsam sein Handgelenk. “Den Umständen entsprechend. Leider hat sich da ein Problem ergeben.“

“Problem? Was für ein Problem?“

“Er verwechselt Dinge – Namen meistens.“

Jack nickte. “Wissen wir. Wir haben es nicht ernst genommen, aber vor unserer Abreise nannte er mich Robert. Wir hielten es für einen Witz.“

Janet schüttelte den Kopf. “Ist es nicht. Das war es auch nicht, als er mich heute beim Abendessen Sam nannte.“

Jack rieb sich die Stirn. “Verdammt.“

“Wir haben Tests gemacht und mussten feststellen, dass die Krankheit schneller voranschreitet als gedacht. Sein Erinnerungsvermögen ist auch schon beeinträchtigt. Er konnte mir heute morgen nicht einmal beantworten, wo Sie drei sind. Doch andere Dinge hat er noch im Kopf. Es scheint recht willkürlich zu geschehen.“

“Aber letztlich werden alle Erinnerungen verschwinden, nicht wahr?“

Janet nickte seufzend. “Vor ein paar Stunden haben wir noch einmal Blutproben genommen. Ich habe ihn in sein Quartier geschickt, um sich auszuruhen.“

“Ich sehe gleich mal nach ihm, dann haue ich mich bis morgen früh aufs Ohr“, meinte Jack.

***

Jack klopfte an Daniels Quartiertür und öffnete vorsichtig, als er keine Antwort hörte. Er erwartete, den Archäologen schlafend auf dem Bett vorzufinden, doch Daniel schien gar nicht da zu sein. Das Bett wirkte unbenutzt. “Daniel?“, fragte Jack unsicher. Dann ging er hinein und griff zum Telefon auf dem Nachttisch, wählte hektisch.

“Fraiser?“

“Doc, er ist nicht hier.“

Es war kurz ruhig, dann antwortete Janet: “Er hat mir versichert, sofort schlafen zu gehen. Ich habe ihm geglaubt. Er war sowieso sehr müde und hatte Kopfschmerzen.“

“Ich checke sein Büro und auch die anderen seiner Abteilung.“

“In Ordnung! Melden Sie sich, wenn Sie ihn gefunden haben oder er nicht aufzutreiben ist.“

Jack legte auf und machte sich auf den Weg in die archäologische Abteilung.

***

Sam stieß eine halbe Stunde später die Tür zum Archiv auf. “Daniel?!“ Sie schaltete das Licht ein und sah sich um, schaute in jede Ecke und verließ den Raum dann wieder. Sie griff zu ihrem Funkgerät. “Keine Spur in den archäologischen Archiven.“

“Nichts auf Ebene 28“ , antwortete Jack. Sam überlegte einen Moment, dann meinte sie: “Ich gehe zu Dr. Lee. Vielleicht ist er dort.“

“In Ordnung“ , war Jacks Antwort. Sie lauschte auf Teal’cs Nachricht, dass Daniel auch in der Kantine nicht gewesen wäre und keiner ihn gesehen hatte, während sie den Lift betrat. Die Suche dauerte inzwischen eine halbe Stunde an. Hammond hatte ihnen gestattet, für eine Stunde allein nach dem vermissten Archäologen zu suchen, bevor er auch einige Soldaten für eine Suche rufen wollte. Janet sah sich die Aufnahmen der Überwachungskameras in den Fluren an. Daniel war scheinbar nie in dem Quartier angekommen. Er verließ die Krankenstation und war auf Ebene 19 noch kurz zu sehen, als er den Fahrstuhl verließ. Die Kamera zwei Ecken weiter hatte ihn nicht entdecken können.

***

Jack rieb sich die Stirn, während er auf den Aufzug wartete und Janets Bericht über Funk lauschte. Er antwortete: “Ebene 19, ja? Nicht weit vom Fahrstuhl ist der Fluchtschacht. In den Dingern gibt es keine Kameras.“ Er seufzte, dann sprach er wieder ins Funkgerät. “Könnte er den genommen haben?“ Janet schwieg einen Augenblick, dann antwortete sie: “In seinem Zustand durchaus möglich. Er denkt nicht wie der Daniel, den wir kennen. Zumindest etappenweise nicht. Wir sollten davon ausgehen, dass er die Basis über den Schacht verlassen haben könnte.“

Jack reichte das: “Ich gehe raus.“

“Sir, das Gebiet ist zu groß“ , erwiderte Sam und Jack antwortete: “Ihr könnt nachkommen, sobald ihr hier fertig seid. In einer halben Stunde bekommen wir die Unterstützung.“ Damit stieg er in den Lift und ließ sich nach oben bringen. Er verließ den Komplex und brachte eine Anhöhe hinter sich, bevor er in den Wald gelangte. “Daniel!“ Er joggte weiter in den Wald hinein und sah sich um. Der Mond schien durch das Dach des Laub- und Nadelwaldes und malte weiße Flecken auf den Boden.

“Daniel?“ Es war eiskalt und Jack wünschte sich plötzlich, er hätte seine Jacke mitgenommen und auch eine Taschenlampe. “Daniel!“

Wie lange war der Archäologe inzwischen verschwunden?

Sechs Stunden? Sieben? Jack wandte sich um und ging in eine andere Richtung weiter. Er musste bereits zwanzig Minuten unterwegs gewesen sein, als er Daniel fand. Der junge Mann saß gegen einen Baum gelehnt, die Beine angezogen, den Kopf auf den Knien. “Daniel“, murmelte Jack und sprach ins Funkgerät: “Ich habe ihn. Ich schalte den Peilsender am Funkgerät ein. Bringt Fraiser mit!“

“Ja, Sir“ , antwortete Sam.

Jack legte Daniel eine Hand auf die Schulter, lehnte sich vor, um ihm ins Gesicht sehen zu können. “Daniel? Wach auf! Hey, komm schon!“

Daniel schlug die Augen auf und begann sofort zu zittern. “Jack?“

“Hey. Was machst du denn?“, fragte der Colonel und rieb Daniels Arme, um ihn zu wärmen. Wie er trug der Archäologe nur seine gewöhnliche Uniform und keine dickere Jacke. Daniel sah sich desorientiert um, dann konzentrierte er sich auf Jack.

“Ich habe mich verlaufen. Ich dachte, ich finde nie zurück. Ich wollte nur kurz zum Auto.“

“Schon gut! Bist du verletzt?“

Daniel schüttelte den Kopf. Er verzog das Gesicht und kniff die Augen zusammen.

“Kopfschmerzen“, interpretierte Jack. Er griff unter Daniels Arme und zog ihn hoch. “Gehen wir den anderen entgegen.“ Er behielt einen Arm um Daniels Schultern und steckte das Funkgerät ein. Sie gingen einige Schritte, bevor Daniels Beine nachgaben und er den unvorbereiteten Jack mit zu Boden zog. “Daniel?“

Der junge Mann schüttelte den Kopf, verzog das Gesicht vor Schmerz.

“Verdammt!“, murmelte Jack und griff zum Funkgerät: “Carter, wo sind Sie?“

“Wir verlassen gerade den Mountain, Sir. Aber es wird noch etwas dauern. Vielleicht eine viertel Stunde.“

“Beeilen Sie sich!“ Jack ergriff Daniels Schultern. “Was ist?“

“Ich kann nicht ... meine Beine ...“, flüsterte Daniel und Jack zog ihn wieder hoch.

“Wir haben es gleich“, murmelte er. Doch Daniel brach wieder zusammen. Jack setzte ihn vorsichtig ab und lehnte ihn gegen einen Baum, dann tastete er Daniels Beine ab. “Daniel, alles ist in Ordnung. Da ist nichts!“

“Ich spüre sie nicht.“

“Daniel ...“

“Oh Gott, Jack!“ Daniel verzog das Gesicht und Jack lehnte sich näher zu ihm.

“Daniel?“

Der Archäologe griff nach Jacks Uniform, verkrampfte seine Hand in dem Stoff. Jack schrie ins Funkgerät: “Fraiser!“

“Wir beeilen uns, Sir.“

Rohe Panik ergriff Jack, als Daniels Hand sich löste und kraftlos zu Boden fiel. “Daniel?“

“Ich kann mich nicht bewegen, Jack. Jack?“

Jack zog Daniel näher an sich, hielt ihn fest. “Fraiser kommt. Sie ist gleich da“, murmelte Jack beruhigend.

“Jack?... Nem“, flüsterte Daniel, bevor er vollkommen in Jacks Griff erschlaffte.

“Was? Was meinst du?“, antwortete Jack. Mit Entsetzen wurde er sich plötzlich bewusst, dass Daniel nicht mehr atmete. “Daniel?“ Er legte ihn auf dem Waldboden ab und fühlte nach einem Puls. “Oh Gott“, murmelte er, griff ein letztes Mal zum Funkgerät: “Er atmet nicht mehr!“ Dann konzentrierte er sich nur noch darauf, Daniel wiederzubeleben.

***

Janet trat eine Stunde später zu dem vor Daniels Zimmer versammelten SG-1-Team. “Ich habe getan, was ich konnte. Im Moment ist er stabil. Er atmet alleine, aber zur Unterstützung führen wir ihm Sauerstoff zu. Die Ergebnisse des EEGs müssten wir demnächst bekommen.“ Sie blickte die drei Anwesenden erwartungsvoll an, gab ihnen Zeit, Fragen zu stellen. Jack begann: “Was ist da passiert?“

“Was Sie mir berichtet haben und Daniels Zustand der letzten Stunde nach zu urteilen, hatte er einen kompletten Ausfall des Systems. Desorientierung, Verwirrung, Lähmung, Atemstillstand. Im Moment wirkt er normal, aber ich kann nicht sagen, wie lange das noch so bleiben wird, wenn sich diese Krankheit weiter ausbreitet.“

Sam schluckte: “Und das heißt?“

“Das heißt, dass ich mich nur wiederholen kann. Wir könnten es entweder mit einem Daniel zu tun bekommen, der alles verloren hat, was er ist: Seine Sprache, seine Persönlichkeit ...“

“Ein Schlaganfall“, verdeutlichte Sam. Janet schüttelte den Kopf: “Nur die Symptome eines Schlaganfalls.“ Teal’c zog eine Augenbraue hoch: “Und die andere Möglichkeit?“ Janet verschränkte die Arme: “Wie ich auch schon sagte, besteht die Möglichkeit, dass er es nicht überleben wird.“ Jack stieß die Luft aus: “Doc. Daniel hat etwas gesagt, bevor er das Bewusstsein verlor. Ich habe es erst nur für ... wirres Zug oder so was gehalten, aber er erwähnte Nem.“ Janet legte überrascht die Stirn in Falten: “Nem?“

“Könnten Sie noch mal in die Untersuchungsergebnisse sehen, die nach der Mission raus kamen?“

Janet schüttelte den Kopf: “Wenn dort etwas zu finden gewesen wäre, dann wäre Daniel nicht wieder für den aktiven Dienst frei gegeben worden.“ Sam runzelte die Stirn: “In seinem Bericht stand auch nichts, dass auf den Ursprung dieser Krankheit schließen könnte, oder? Ich meine, wir wurden dieser Maschine ausgesetzt, aber Daniel doch nicht.“

Jack stöhnte und rieb sich die Stirn. “Nein. Es steht nicht in seinem Bericht. Eigentlich hat Daniel zu dieser Mission nur einen sehr knappen Bericht abgegeben. Der General meinte, die Untersuchungsergebnisse wären negativ und er wollte diese Mission nur so schnell wie möglich abschließen, weil die Betonköpfe aus Washington auf Aufklärung warteten. Daniel hat nur eine kurze Zusammenfassung geliefert. Mir hat er aber gesagt, er hätte Nem geholfen, das Schicksal seiner Gefährtin rauszufinden. Dafür musste er in die Maschine. Aber ich habe bisher nicht dran gedacht, ich meine ... uns ging es genauso und es schien keine Nachwirkungen zu haben.“

“Aber, Sir“, meinte Sam plötzlich, “das ist fast drei Monate her.“ Sie schaute fragend zu Janet. “Oder wäre das möglich?“

Janet nickte langsam. “Wir haben es mit außerirdischer Technologie zu tun.“

Jack sprang auf. “Daniel ist wach, oder?“

Janet nickte. “Aber er bekommt Beruhigungsmittel, Colonel.“

“Er weiß, was Sache ist, nicht wahr?“, wollte Jack wissen.

Janet stieß die Luft aus. “Gerade eben wirkte er recht zusammenhängend.“

Jack wandte sich an Sam und Teal’c. “Geht zu Hammond. Wir brauchen eine Mission zu Nems Planeten.“ Er schaute wieder zu Janet, suchte ihr Einverständnis, während er sagte: “Ich spreche kurz mit Daniel.“

***

Jack setzte sich auf den freien Stuhl neben Daniels Bett und blickte den blassen, unter den ganzen Gerätschaften sehr klein und hilflos wirkenden, Archäologen einige Momente an, bevor er die Hand ausstreckte und sie auf Daniels Schulter legte. “Hey, Daniel!“

Der junge Mann schlug trübe Augen auf und blickte Jack einige Sekunden an, bevor er ihn zu erkennen schien. “Hey“, flüsterte er. Jack lächelte aufmunternd. Dann sagte er: “Du erwähntest im Wald Nem.“

“Im Wald?“, fragte Daniel leise, dann zog er die Stirn in Falten, “Wann habe ich das gesagt?“ Jack kniff die Lippen zusammen und antwortete schließlich: “Vor deinem Zusammenbruch.“ Als Daniel darauf stumm blieb, beschloss er, Daniels Gedächtnis etwas anzuregen. “Könnte er vielleicht wissen, was mit dir passiert?“

“Nem?“, wiederholte Daniel und schloss unfokussierte Augen kurz, dann antwortete er: “Die Maschine. Er hat mich an die Maschine angeschlossen. Es tat so weh.“ Sein Blick fand wieder den von Jack: “Danach wurden meine Migränen schlimmer. Dr. Fraiser hat nichts fest gestellt, nur die Medikation erhöht. Dann ging es wieder. Ich habe mir nichts dabei gedacht.“

“Wir versuchen, Hammond dazu zu bringen, uns noch eine Mission dorthin zu gewähren.“

Daniel nickte langsam. “Gut.“

Jack stand auf. “Nur durchhalten, ja?“

“Jack?“

“Was?“

Daniel wirkte unentschlossen, dann stieß er die Luft aus und antwortete: “Danke!“

“Hey, kein Thema“, antwortete Jack lächelnd. Dann verließ er die Station, um zu seinen beiden Kameraden aufzuschließen.

***

Sam und Teal’c kamen ihm entgegen. Ohne Umschweife sagte Sam: “Wir kriegen die Mission. In einer viertel Stunde brechen wir auf!“

“Gut“, antwortete Jack. Teal’c rief den Lift und fragte: “Wie geht es Daniel Jackson?“

“Er hält durch“, antwortete Jack und trat mit seinen Freunden in die Kabine, “Er ist ziemlich schwach und müde. Aber er atmet.“

“Ich hoffe nur, wir finden die Lösung rechtzeitig“, meinte Sam und verließ vor den beiden Männern den Aufzug.

“Das klappt schon, Carter.“ Sie betraten den Umkleideraum.

***

Der Strand lag verlassen da. “Bis auf die Krater ist es hier echt nett“, meinte Jack und setzte seine Sonnenbrille auf, blickte angestrengt aufs Wasser. “Er wird bald auftauchen“, murmelte er und Sam nickte zustimmend.

“Wie die letzten beiden Male.“

Teal’c deutete auf das Wasser. “Dort!“

Jack folgte Teal’cs Anzeige und sah Luftblasen aus dem Meer aufsteigen, dann Nem. Der Außerirdische schritt langsam auf sie zu. Stockend sagte er: “Ich kenne euch.“

“Allerdings“, antwortete Jack barsch, “Du hast vor ein paar Monaten Daniel Jackson entführt und an eine Maschine angeschlossen, um sein Gedächtnis zu durchsuchen.“ Nem schien zu überlegen, dann antwortete er langsam: “Richtig. Daniel Jackson. Was ist mit Sha’re?“

Sam schüttelte den Kopf: “Wir haben sie noch nicht finden können.“

“Und Daniel wird den Tag, an dem wir sie finden, nicht erleben, wenn du uns nicht Zugriff auf diese Maschine gibst“, ergänzte Jack. Er wusste, Daniel würde ihn in die Seite stoßen und mit Blicken für seine unfreundliche Art strafen, doch sie hatten keine Zeit für Nettigkeiten. Daniel hatte keine Zeit dafür. Und, dachte Jack bitter, Daniel war nicht hier.

“Daniel ist krank?“, fragte Nem langsam.

Teal’c nickte. “Schwer krank.“ Sam ergänzte: “Er wird sterben, wenn du uns nicht hilfst, Nem. Wir glauben, dass deine Maschine ihn krank gemacht hat.“

“Ich habe ihn gewarnt“, antwortete Nem und Sam nickte: “Das wissen wir.“

“Er wollte zurück nach Hause“, verteidigte Jack Daniels Entscheidung.

Nem schüttelte traurig den Kopf. “Ich kann den Prozess nicht rückgängig machen.“

Jack verkrampfte seine Finger um die P-90. “Du musst. Du bist es ihm schuldig.“

Nem schüttelte den Kopf. “Ich war nur ein Beobachter, als meine Gefährtin den Prozess einmal umkehrte. Es erfordert viel Geschick und Geduld. Ich bin nicht sicher, ob ich es tun kann.“

Sam senkte kurz den Blick. “Dann gib uns Zugriff auf die Maschine. Erkläre uns, wie sie funktioniert.“

“Das kann ich nicht. Sie ist nicht meine Kreation allein.“

Jack schnaubte: “Willst du damit sagen, dass du nur die Hälfte der Bedienungsanleitung hast?“

“Sir ...“, versuchte Sam, ihn zu unterbrechen, doch Jack schüttelte den Kopf.

“Nein, Captain. Daniel stirbt an den Auswirkungen dieses Mistdinges. Er stirbt, weil er dem Riesen-Sushi hier helfen wollte!“

“O’Neill“, ging Teal’c ruhig dazwischen. Jack trat näher an Nem heran: “Du wirst es versuchen.“

Nem schüttelte den Kopf.

“Was ist das Risiko? Daniel stirbt sowieso an der Krankheit.“

“Er würde nicht sterben, wenn ich versage“, antwortete Nem.

Sam schluckte: “Sondern?“

“Er wäre ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Sein Gehirn wäre zerstört. Daniel Jackson wäre nicht mehr derselbe.“

Das Team sah sich unentschlossen an.

“Ich brauche sein Einverständnis“, meinte Nem.

Jack nickte hart. “Du kriegst es. Wir kommen wieder.“ Damit wandte er sich um und ging mit entschlossener Miene zum Tor zurück.

***

Das Stargate schloss sich hinter den Ankömmlingen. Janet Fraiser erwartete sie gemeinsam mit General Hammond am Fuß der Rampe. Jack begann sofort mit einer Erklärung: “Er will Daniels Einverständnis ... dann hilft er ihm.“ Sam fügte hinzu: “Aber er ist nicht sicher, ob es funktionieren wird. Er selbst hat es wohl noch nie getan.“

Janet nickte verstehend. “Sie können versuchen, mit Daniel zu reden, aber er ist ziemlich schwach, Colonel.“

Jack kniff die Lippen zusammen. “Es wird nicht lange dauern. Können Sie alles für eine Abreise vorbereiten?“

“Wir werden ihn in seinem Zustand nur schwer transportieren können.“

“Hält er lange genug durch, wenn wir ihn mit einer Trage befördern?“

Janet dachte einen Augenblick nach. “Er ist nicht an die Beatmung angeschlossen, aber er erhält einige Infusionen.“

“Hält er durch?“, fragte Jack ungeduldig.

Janet nickte zögernd. “Ich denke schon.“

Hammond mischte sich ein: “Sie machen sich ebenfalls abreisebereit, Doktor.“

“Ja, Sir.“

***

Jack ließ Sam und Teal’c mit Janet zurück, um die Reise vorzubereiten und trat an Daniels Bett. “Daniel“, flüsterte er und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Daniel öffnete müde die Augen und schaute zu ihm auf. “Wir waren bei Nem. Er könnte dir helfen.“

Daniel schloss die Augen und schluckte, bevor er leise fragte: “Was könnte er tun?“

“Ich weiß es nicht, wenn ich ehrlich bin. Und um noch ehrlicher zu sein: Er weiß nicht, ob es funktionieren wird.“

Daniel drehte das Gesicht in sein Kissen und Jack sah, wie er sich auf die Unterlippe biss. “Kopfschmerzen?“

Daniel nickte. Als er die Augen wieder öffnete, glitzerten unterdrückte Tränen darin. “Ich kann nicht fassen, dass es das war.“

Jack schüttelte den Kopf. “Daniel ...“ Er brach ab und legte ihm eine Hand auf die Stirn, strich die Haare zurück. “Lass es Nem versuchen.“

Daniel zögerte einen Moment und Jack flüsterte eindringlich: “Bitte!“ Daniel nickte.

***

Bis sie Daniel reisefertig gemacht und Janet sich ebenfalls umgezogen hatte, verging eine weitere Stunde. Jack stand am hinteren Ende der Trage und nickte Walter zu, als Janet in den Torraum und auf ihren Patienten zueilte. “In Ordnung“, murmelte sie und kontrollierte Daniels Zustand.

“Wie sieht’s aus?“, fragte Jack, starrte besorgt auf die geschlossenen Augen und das blasse Gesicht.

“Wir müssen uns beeilen“, antwortete Janet und steckte die Decke um ihren Patienten noch einmal fest.

Jack ergriff seine Seite der Trage, während Teal’c vorne anhob. “Dann mal los!“, murmelte der Colonel mehr zu sich selbst und sie folgten Sam durch den Ereignishorizont. Janet blieb die ganze Strecke bis zum Strand neben Daniel und kontrollierte im Gehen seine Vitalzeichen.

“Nem!“, rief Sam, sobald sie am Strand ankamen und über das Wasser blickten.

Jack sah, wie Daniel den Kopf drehte und die Augen leicht öffnete. “Hey!“, sagte er, um die Aufmerksamkeit des jungen Mannes auf sich zu ziehen. Daniel schaute zu ihm auf. “Du musst Nem wahrscheinlich gleich bestätigen, dass du das wirklich willst.“

Daniel schluckte. “Ich kann kaum atmen.“

Janet beugte sich sofort über ihn und begann, ihn mit leisen Fragen zu löchern, während sie seinen Herzschlag abhörte. Jack schaute auf das Meer hinaus und sah den typischen Strudel, der die Ankunft des Außerirdischen ankündigte.

“Colonel.“

Er schaute zu Janet. Ihre Augen drückten große Sorge aus. “Sein Körper strengt sich zu sehr an, um dieses Virus zu bekämpfen. Sein Kreislauf versagt.“

Nem trat aus dem Wasser. “Ihr seid zurück“, stellte er fest.

Jack drückte die Trage vorwärts und Teal’c nahm es als Zeichen, loszulaufen. “Er hat zugestimmt. Er kann es dir persönlich bestätigen. Lass uns anfangen.“

Nem trat neben die Trage. “Daniel Jackson“, sagte er. Daniel schaute zu ihm hoch. “Ich habe dich gewarnt.“

“Ich weiß“, antwortete Daniel.

Jack ergriff die Trage wütend fester. “Könnten wir mit der Predigt aufhören und mit der Heilung anfangen?!“

“Jack!“, tadelte Daniel mit einem Flüstern. Jack kniff bei dieser allzu bekannten Situation die Lippen zusammen. Es konnte nicht sein, dass Daniel jetzt so einfach starb. Er war viel jünger als Jack, er hatte eine wunderschöne Frau, auf Abydos erwartete ihn ein Leben als zukünftiger Stammesführer. Und Jack brauchte ihn, wenn er mal wieder nur halb so diplomatisch war wie angebracht und Daniel ihn vor schlimmerem als bösen Blicken bewahrte. SG-1 brauchte ihn. Und das SGC. Wie konnten sie zulassen, dass er jetzt einfach ging?

“Lass uns anfangen!“, verlangte er von Nem und schenkte Daniel dann ein kurzes Lächeln. Sam wandte sich in einem versöhnlicheren Ton an den Außerirdischen: “Wie kommen wir in dein Labor?“ Nem antwortete: “Ich habe euch damals einzeln runter gebracht. Ihr könnt hinunter tauchen. Es ist nicht weit.“

Jack wünschte sich, er könne seine Waffe ziehen. “Wie stellst du dir das vor?!“

“Colonel!“, ging Janet dazwischen. Er wandte sich an sie: “Wie sollen wir das machen? Daniel kann nicht mal laufen.“

Sam wandte sich an Jack: “Sie werden ihm helfen müssen. Oder Teal’c.“

Jack amtete tief durch und Teal’c drehte den Oberkörper zu ihm, fragte: “Willst du Daniel Jackson assistieren, O’Neill?“

Jack nickte. “Bleib in unserer Nähe. Ich weiß nicht, ob ich das alleine hinkriege.“

“In der Tat“, antwortete Teal’c.

“In Ordnung. Los geht’s!“ Sie setzten die Trage ab und Janet löste die Gurte. Jack ging neben Daniel in die Hocke und schlug die Decke zurück. “In Ordnung, Daniel. Auf geht’s!“ Er zog den Archäologen in eine sitzende Position und schaute dann zu Teal’c hoch. “Kannst du ihn zum Wasser bringen?“

Teal’c nickte und Jack strich Daniels Haare aus der Stirn. “Daniel? Danny?“

Er stöhnte leise.

“Bleib bei uns, okay?“

Teal’c nahm Daniel hoch und ging mit ihm zum Wasser. Jack legte seine Waffe ab. “Captain“, wandte er sich an Sam, “Wenn wir in einer Stunde nicht wieder da sind oder keine Nachricht geschickt haben, holen Sie Verstärkung!“ Verwirrt schaute sie ihn an.

“Sir?“

“Sie bleiben hier!“

“Aber, Colonel, ich -“

“Carter?“

Sie senkte den Blick. “Ja, Sir.“

Er winkte Janet, ihm, Teal’c und Nem zu folgen und watete ins Wasser. Teal’c übergab Daniel an ihn und Jack beobachtete, wie Nem im tieferen Wasser verschwand. “Verdammt, ist das kalt“, murmelte er, barg Daniels Kopf an seiner Schulter und schwamm rückwärts einige Meter hinaus. “Okay, Daniel. Einatmen!“

Daniel schaute etwas ängstlich zu ihm auf. “Jack -“

“Einatmen! Vertrau mir!“

Janet holte Luft und tauchte ab. Teal’c wartete. Daniel atmete tief ein und Jack legte ihm die Hand über Mund und Nase, bevor er abtauchte. Er hörte dumpf, wie auch Teal’c sich auf den Weg machte und tauchte weiter geradeaus. Daniel begann zu zappeln und Jack spürte Teal’c an seinem Arm, dann schwamm der Jaffa an Daniels andere Seite und half Jack, weiterzutauchen. Plötzlich prallten sie gegen einen Widerstand und dann waren sie aus dem Wasser draußen und fielen. Der Aufschlag war hart und Jack keuchte, bevor er daran dachte, Daniel wieder atmen zu lassen. Der Archäologe begann zu husten. Janet war sofort an seiner Seite und Jack schaute einen Augenblick kraftlos an die Decke des unterirdischen Labors, durch die sie gestürzt waren.

“O’Neill?“

Er nickte Teal’c zu und tippte fragend Janets Schulter an. “Es hat ihm nicht gerade gut getan“, meinte sie und Jack hörte deutliche Aussetzer in Daniels Atmung.

“Fang an!“, verlangte er schroff von Nem.

“Hier“, antwortete dieser ruhig und deutete auf eine durchsichtige Liege, die wirkte, als sei sie aus Plastik hergestellt. Teal’c nahm den keuchenden Daniel hoch und legte ihn auf dem Stuhl ab. Daniel zitterte und auch Jack fühlte die Kälte des Wassers. Janet hatte bereits die Arme um ihren Oberkörper geschlungen. Teal’c zog seine Jacke aus und legte sie der kleinen Ärztin um die Schultern. Sie lächelte ihn dankbar an. Nem schnallte Daniel fest.

“Was machst du jetzt?“, wollte Jack skeptisch wissen und trat neben Daniel.

“Es wird weh tun. Er muss still halten“, erklärte Nem.

Daniel hustete und Jack nahm besorgt die kalte Haut wahr, während er ihm die feuchten Haarsträhnen aus den Augen strich. “Gib dir Mühe!“, verlangte er. Nem schaltete die Maschine ein und Daniel zuckte zusammen.

“Wie lange wird das dauern?“, fragte Janet und trat näher heran.

“Ich weiß es nicht“, antwortete Nem und starrte auf eine Anzeige vor ihm. Jack verstand, dass er sich konzentrieren musste und schwieg, während Janet die Maschine musterte. “Die Krankheit ist weit fortgeschritten.“

“Was du nicht sagst“, murmelte Jack. Nem ignorierte ihn. Daniel wimmerte leise. Er hatte die Augen zugekniffen und keuchte leise. Nem betätigte einen Hebel und das Summen der Maschine wurde lauter. Daniel schrie leise auf und Jack trat einen Schritt zurück. Daniel versuchte, sich zusammenzukrümmen, doch die Fesseln hielten ihn ausgestreckt. Er öffnete die Augen einen Spalt und Jack blickte ihn direkt an, versuchte, ihn so zu beruhigen. Janet stellte sich neben Nem, warf einen Blick auf die Anzeigen und gab sofort wieder auf. Nem schaltete eine Stufe höher und Daniel bäumte sich mit einem Aufschrei gegen die Fesseln.

“Verdammt noch mal, was tust du da eigentlich?“, entfuhr es Jack.

Janet schüttelte den Kopf und hob eine Hand. “Colonel -“

“Er quält ihn!“

Tränen liefen über Daniels Gesicht. Jack ergriff Daniels Hand und verzog das Gesicht, als sich Daniels Finger krampfhaft darum schlossen. Nem schaltete die Maschine ab und Daniels Körper erschlaffte vollkommen.

“Daniel?“ Jack streifte die Fixierung an Daniels Stirn ab und beugte sich über ihn. “Daniel?“

Janet kontrollierte den Puls des jungen Mannes, dann seine Augenreflexe. “Er lebt. Sein Puls ist sehr schnell, aber das werden wohl die Schmerzen sein. Wir sollten noch ein paar Minuten warten und ihn dann nach Hause bringen.“

Nem schaltete sich ein. “Er wird gesund werden.“

Jack schaute zu Nem auf. “Danke“, sagte er leise. Janet nickte Nem zu und Teal’c löste die restlichen Fixierungen. Daniel drehte leicht den Kopf und öffnete etwas die Augen. Jack nickte ihm zu. Daniel schluckte und lächelte als Antwort.

***
***

EPILOG

“Hey!“

Jack wandte sich zu Daniel um und lächelte zur Antwort. “Hey! Fraiser hat dich entlassen?“

Daniel zuckte mit den Schultern. “Scheinbar geht es mir schon viel besser. Ich weiß nur, dass ich ziemlich müde bin.“ Er trat neben Jack und grub seine Schuhspitze in den feuchten Waldboden. “Ich wollte gerade nach Hause. Ich hab dich gesehen, wie du hier im Wald verschwunden bist.“

Jack seufzte und steckte die Hände in die Jackentaschen. “Ich habe nicht gemerkt, dass du mir gefolgt bist.“ Er sog die frische Luft ein und sah dann in Daniels Augen, die ihn prüfend musterten. “Du wärst hier beinahe gestorben.“

Daniel senkte rasch den Blick, sah sich um. “Das war hier?“

“Ungefähr.“

Daniel verschränkte die Arme. Jack starrte auf den Waldboden. Er war nicht der Typ für Gefühlsduseleien. Er hasste Gespräche über Gefühle und er redete nur ungern über sich selbst. Aber in diesem Moment musste er etwas zu den letzten Tagen sagen. Etwas, das Daniel seiner Meinung nach wissen sollte.

“Ich hatte Angst.“

Daniel blickte etwas überrascht zu ihm auf. “Angst?“

“Große Angst. Panik, eigentlich.“ Er räusperte sich und schluckte mühsam, sah dann wieder zu seinem Freund. “Wegen dir. Weil du so krank warst und wir keinen Grund dafür sahen. Weil ich dich in dieser Hütte so angefahren habe. Und weil du dabei warst zu sterben und eigentlich noch viel zu jung dafür bist.“ Daniel wollte etwas sagen, doch Jack schnitt ihm mit einer erhobenen Hand das Wort ab. “Weil du hier gelegen und nicht mehr geatmet hast. Und weil du, wenn wir dich nicht gefunden hätten, hier ganz alleine gestorben wärst.“

“Aber ihr habt mich gefunden und es hat sich alles geklärt“, erwiderte Daniel, legte Jack eine Hand auf die Schulter. Es begann zu regnen.

Jack schluckte. “Und weil du mein bester Freund bist“, murmelte er, “Und vermutlich nicht einmal kapierst, wie viel du uns bedeutest.“

Daniel zog die Stirn in Falten. “Jack ... das weiß ich doch. Ich habe nur wegen Sha’re mit den Torreisen angefangen und ich weiß, dass manche der Leute Pentagon glauben, ich sei deswegen nur noch da. Aber ich liebe, was ich tue. Natürlich will ich Sha’re finden und auch Skaa’ra, aber ich weiß auch, dass ich nicht nur im Team geduldet werde. Das weiß ich seit wir das erste Mal Nem begegneten. Ihr seid zurück gekommen, Jack. Für mich.“

Jack nickte, dann lächelte er leicht. “Es ist gut ausgegangen“, murmelte er mehr zu sich selbst als Daniel und schüttelte dann die trüben ’Was-wäre-wenn-’Gedanken ab. Er legte einen Arm um Daniels Schultern und manövrierte ihn Richtung Parkplatz. “Weißt du was, Dannyboy? Ich glaube, das schreit alles nach einem Teamabend.“

Daniel seufzte. “Das sagst du nur, weil du keine Lust hast, das Endspiel alleine zu sehen.“

“Beschwer dich nicht. Ich stelle schließlich immer Essen und Getränke.“

“Oh, richtig. Tatsache ist aber, dass Sam und ich am Ende immer alles aufräumen müssen, Herr Gastgeber.“

“Niemand zwingt euch, darum zu wetten. Und wenn ihr verliert, dann ist das Pech. Ihr setzt eben immer auf das falsche Team.“

“Weil Sam lieber Motorradrennen sieht und ich Sport im Allgemeinen recht langweilig finde.“

“Euer Verlust. Motorradrennen!“, entrüstete Jack sich, “Hockey, Baseball – das ist Sport!“

“Ach, halt die Klappe, Jack!“

Glücklich drückte Jack seinen Freund einen Moment enger an sich, bevor er ihn los ließ. “Für dich, Danny, doch immer.“

Ende

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