In the Line of Duty: (3) The End of the Line by Sally Reeve, Destiny
Summary: Als SG-1 losgeschickt wird, um Maybourne aus einem Goa’uld-Sklavenlager zu befreien, haben die Auswirkungen dauerhafte Konsequenzen für das Team.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Action, Friendship, General, Romance
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 9 Completed: Ja Word count: 45472 Read: 57709 Published: 17.04.12 Updated: 17.04.12
Story Notes:


FanFiction by: Sally Reeve
Ãœbersetzt von: Destiny

Anmerkung der Autorin: Auch wenn man diese FF als ein Stand-Alone betrachten kann, bildet es das Abschlusslicht in meiner “Crossing the Line” und “Holding the Line” Serie.

1. Prolog by Sally Reeve

2. Kapitel 1 by Sally Reeve

3. Kapitel 2 by Sally Reeve

4. Kapitel 3 by Sally Reeve

5. Kapitel 4 by Sally Reeve

6. Kapitel 5 by Sally Reeve

7. Kapitel 6 by Sally Reeve

8. Kapitel 7 by Sally Reeve

9. Epilog by Sally Reeve

Prolog by Sally Reeve
In the Line of Duty:
3. The End of the Line


Prolog

P3T-850 war warm, feucht und Insekten summten schwer in der witternden Luft und füllten die Nacht mit ihren Gebrumme.

Gedankenverloren saß Jack nahe dem Eingang der kleinen Höhle auf der Anhöhe eines Felsens und lauschte der exotischen Musik der Nacht.
Die Ironie hier auf diesen bestimmten Planeten zu sein, aus einem bestimmten Grund, in dieser bestimmten Nacht, ging nicht an ihm vorbei. Es war nicht, weil er Urlaub gehabt hätte. Aber als SG-3 vor zwei Tagen zurückkamen und berichteten, dass sie Harry Maybourne in einem Goa’uld-Sklavenlager auf ’850 gesehen hatten, war es jetzt die Aufgabe von SG-1 ihn nach Hause zu bringen.

„Können wir ihn nicht einfach dort lassen?“, hatte Jack halb scherzend den General angebettelt.

Hammond hatte nur die Stirn gerunzelt, aber Jack konnte einen Schimmer von Verständnis in seinen Augen sehen. „Ich weiß, was er Ihrem Team angetan hat, Colonel. Aber ich bin mir sicher, dass Sie das Sicherheitsrisiko verstehen, welches er dort draußen darstellt.“

Jack hatte es verstanden und trotz der Tatsache, wie Sam aschfahl wurde und erstarrte, hatte er die Mission angenommen. Trotz allem gab es da noch ein paar Dinge, die er Maybourne persönlich sagen wollte – und keine davon waren freundlich.

Seine Gedanken an Maybourne zogen ihn zurück zu der Ironie des Timings – ausgerechnet heute, wo es doch eine Art Jahrestag war. Vor einem Jahr, seit dieser einen Nacht, da hatte ihn so was wie der Wahnsinn gepackt. Für ein paar Stunden hatte er seine Vernunft über Bord geworfen gehabt, hatte all die Stimmen zum Schweigen gebracht und er hatte sich der Versuchung hingegeben. Mit zitternder Erwartung hatte er Sam ohne den Bedarf von Worten in seine Arme geschlossen. Alles, was er spürte, lag in seinem Herzen. Und es war unglaublich in seiner zarten Leidenschaft, eine Nacht, die er trotz der Auswirkungen nicht vergessen wollte. Die Erinnerung an ihre Berührung, ihrer Anmut und der überwältigenden Zärtlichkeit jagte noch immer seine Träume, egal ob schlafend oder wachend.

Aber die Freude war auf viele Art und Weise bitter gewesen. Abgesehen von der schmerzhaften, leisen Trennung am nächsten Morgen und der Leere, hatte ihre Indiskretion sie fast zerstört – alle, das gesamte Team und potenziell das gesamte SGC. Und doch hatte sie vor einem Jahr in seinen Armen gelegen, drei Monate später war er fast durch ihre Hand gestorben, ein Opfer des Goa’uld Hakraa, aber auch ein Opfer ihrer Indiskretion. Es war ein Fehler, den Maybourne entdeckt und ausgearbeitet hatte. Er hatte Sam dadurch benutzt in eine Goa’uld-Falle zu geraten, die sie und fast das zerstört hätte, wofür sie gekämpft hatte.

Er schüttelte diese Gedanken ab, setzte sich etwas aufrechter hin und griff nach der Wasserflasche neben sich. Verdammt, aber dieser Planet war heiß. Selbst in der relativen Kälte der Höhle war die Hitze erdrückend.

Als er sich bewegte, wurden seine Augen auf Sam gezogen, die schlafend in seiner Nähe lag und er musste lächeln. In den letzten Tagen hatte er sie oft im Schlaf beobachtet, seine Augen fuhren die zarten Linien ihres Gesichts entlang und er erinnerte sich, wie sich ihre Haut unter seinen Fingerspitzen angefühlt hatte. Aber es war ein verbotener Genuss, gestohlen in der Nacht, wenn er Wache hielt oder nicht schlafen konnte. Im kalten Licht des Tages, da war ihre Beziehung so professionell wie eh und je. Sogar noch mehr, wenn man es genau betrachtete. Daniels Beschuldigung sie zu bevorzugen war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen; das Letzte, was er je wollte, war SG-1 auf irgendeine Art zu schaden. Mit diesen Menschen zu arbeiten, war wahrscheinlich die beste Sache, die ihm passieren konnte und er würde eher seinen rechten Arm abschneiden, bevor er auch nur das bedrohte, was sie sich zusammen aufgebaut hatten. Und so hatte sich ein taktisches Einverständnis zwischen ihm und Sam entwickelt, in welchem sie versuchten ihre Gefühle außen vor und zusammen als Team weiterzumachen. Genau das haben sie die letzten neun Monate getan; am Team gearbeitet, versucht das Vertrauen wieder aufzubauen, von dem er schon gefürchtet hatte, es verloren zu haben.Er wusste, dass dies die richtige Entscheidung war, aber trotzdem vermisste er sie. Er vermisste das vertraute Lächeln, die wenigen geteilten Momente der Ehrlichkeit, die gelegentlichen Berührungen, die so viel mehr bedeuteten als ihre unschuldige Erscheinung verrieten. Verdammt, sie waren die letzten Monate kaum mal alleine gewesen und er vermisste ganz schlicht und einfach ihre Gesellschaft.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Dschungel hinter der Höhle und zwang seine Gedanken in die Gegenwart zurückzukehren. Sie waren nur noch ein paar Stunden von dem Goa’uld-Lager entfernt, aber er hatte entschieden, dass es nicht sehr klug wäre, sich nachts einen Weg durch das Dschungelwirrwarr zu erzwingen. Also hatten sie sich für diese Nacht niedergelassen und das verärgerte ihn. Er wollte diese verdammte Mission endlich hinter sich bringen und nach Hause zurückkehren. Er schaute hinunter auf seine Uhr, das Display leuchtete sanft in der Nacht auf; 0130. Schon Dienstag. Er schätze, dass sie Maybourne heute finden, einen genauen Plan ausarbeiten und ihn dann diese Nacht ausführen würden; wo sie dann noch gute vierundzwanzig Stunden hätten, um wieder zurück zum Tor zu kommen. Somit wären sie am späten Mittwochnachmittag wieder zu Hause, was ihm genug Zeit geben würde. Den Umständen entsprechend würde George die Besprechung bestimmt verschieben, wenn es nötig sein würde.

Er seufzte, als er an Donnerstag dachte. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem er einfach auf der Erde sein *musste* und genau um vierzehn-dreißig am Mountain View Garten der Ruhe. Und nichts, weder Maybourne noch diese Goa’uld konnte ihn davon abhalten. Nichts und niemand.



*******************



Die Hitze zog Sam aus ihren ruhelosen Schlaf und die Minute, die sie die Augen aufgeschlagen hatte, war sie hellwach. Neben sich hörte sie Daniel leise schnarchen, während sie am Eingang der Höhle O’Neill im Schatten sitzen sah. Als sie ihn beobachtete, fuhr ihre Hand automatisch zu der Kette um ihren Hals, die, die er ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Die goldene Kette war ein stummes Testament für etwas, was zwischen ihnen nicht mehr zugegeben werden konnte und genauso war dies ihr liebst gehüteter Besitz.

Noch während ihre Finger sich um die Kette schlangen, fragte sie sich, ob er sich an die Bedeutung dieses Tages erinnerte. Die meisten Männer taten es nicht, da war sie sich sicher. Verdammt, die meisten Kerle vergaßen Geburtstage und Jahrestage, als ob es nur eine Alltäglichkeit wäre. *Das* wusste sie aus Erfahrung! Also, sagte sie sich, wäre sie nicht überrascht, wenn er es vergessen hätte. Aber sie konnte einfach nicht aufhören sich zu wundern…

Jack fuchtelte erneut mit seinen Händen herum und schaute auf seine Uhr, was Sam dazu veranlasste hatte, es ihm nachzumachen. Huh, dachte sie, halb zwei. Nicht mehr lange bis zu ihrer Schicht. Sie spielte mit dem Gedanken wieder zu versuchen einzuschlafen, aber sie war bereits zu wach und wusste, dass es sinnlos wäre. Außerdem schien heute Nacht eine leise Unterhaltung mit dem Colonel ganz passend zu sein. Es war schon zu lange her seit sie das letzte Mal richtig miteinander geredet hatten.

Leise setzte sie sich auf. Dieser Planet war durchgehend heiß, sodass ihre Haut permanent mit Schweiß bedeckt war und alles schrecklich an ihr klebte. Sie verzog das Gesicht, als sie aufstand, duckte sich, um mit dem Kopf nicht an die Decke zu stoßen und machte sich auf den Weg zum Eingang. Sobald sie den ersten Schritt getan hatte, drehte sich Jack zu ihr um und beobachtete sie neugierig.

„Sie sind früh“, flüsterte er, als sie sich neben ihn setzte.

„Konnte nicht mehr schlafen“, erklärte sie. „Zu heiß.“

„Im Ernst?“, stimmte Jack ihr mit einem Blick hinaus in die Nacht zu.

„Wenn Sie jetzt rein gehen wollen“, bot Sam ihn an, „dann ist das schon in Ordnung.“

Er schwieg einen Moment, aber als er sprach, war seine Stimme sehr sanft. „Ich denke, ich werde noch eine Weile hier bleiben, wenn das okay ist?“

„Sicher“, nickte sie, erfreut und seltsam angezogen von seinem ungewöhnlichen sanften Ton.

Dann fielen sie wieder ins Schweigen und ihre Gedanken schweiften zurück zu der Nacht vor einem Jahr. Es war damals kalt gewesen. Ein knuspriger Herbstabend, in dem die Luft nach verbranntem Holz roch und so klar, dass die Sterne die Nacht erhellt hatten. Sie seufzte leise, als die Erinnerungen seiner warmen Lippen gegen ihre kalte Haut bei ihrem ersten Kuss, zurückkehrten. Es war… magisch gewesen.

„Es war ein langes Jahr“, sagte Jack plötzlich, so als ob er ihre Gedanken lesen würde.

Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung und ein Wärmeschauer erfasste sie, als sie merkte, dass er es nicht vergessen hatte. Sie war der Dunkelheit dankbar, dass diese ihre geröteten Wangen versteckten. „Ja, Sir“, antwortete sie flüstern.

„Sir?“, echote er mit einem leichten Kopfschütteln.

Sam verzog ihr Gesicht. „So ist es nun mal“, murmelte sie.

Offensichtlich frustriert nickte er und runzelte die Stirn, so als ob er sich auf die Zunge biss. Dann mit einem weiteren Kopfschütteln nahm er seine Feldflasche und nahm einen langen Schluck. Als er sich mit seinem Handrücken über den Mund fuhr, holte er einmal tief Luft. „Also ist diese ganze Maybourne-Sache okay für Sie?“

„Nicht wirklich“, sagte sie ihm ernst, „aber ich schätze mal, dass irgendjemand seinen Hintern wohl retten muss.“

Jack lachte leise. „Ja… ich hätte nie gedacht, dass *ich* seinen Hintern mal wieder retten würde. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, da habe ich ihn versprochen ihn umzubringen.“

„Haben Sie?“

Er nickte. „Als wir in Hakraas Zelle waren, da hatte er uns einen Hausbesuch abgestattet – er sah da noch ziemlich geschniegelt aus. Ich schwöre Ihnen, wenn ich da nicht so geschwächt gewesen wäre…“ Er verstummte mit einem leichten Stirnrunzeln. Er hatte nie viel über die Auswirkungen der Folter gesprochen, und sie wusste, dass er es ihr zuliebe tat, um sie von dem Schlimmsten zu bewahren. Nicht, dass sie nicht alles wüsste – trotz allem, sie hatte durch ihre eigenen Augen mit ansehen müssen, wie Hakraa ihn schreiend in die Knie gezwungen hatte. Bei dem Gedanken daran erzitterte sie und zog ihre Knie an ihre Brust. Es waren schlimme Zeiten gewesen, albtraumartige Erinnerungen.

„Ich habe ihm ebenfalls versprochen ihn umzubringen“, flüsterte sie und beobachtete Jack aus ihrem Augenwinkel heraus. „Als ich erkannte, was sie mit mir machen wollten und was er mir bereits alles angetan hatte.“

Jack nickte. „Manchmal“, sagte er leise und rutschte etwas näher zu ihr, sodass sich ihre Hüften leicht berührten. „Manchmal wünschte ich mir, dass ich nicht so gut darin wäre, Befehle zu befolgen. Von allen Schleimscheißern, die ich bereits kenne, verdient niemand so sehr wie Maybourne eine Kugel in seinem Hinterkopf.“

Sam nickte. „Zufälle können schon schlimm sein“, sagte sie mit einem grimmigen Lächeln.

„Zufälle?“, fragte Jack und traf ihr Lächeln mit etwas Dunkleren. „Denke Sie, dass es das ist?“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Ist es das nicht?“

„Wenn Sie denken, dass ich mich auch nur eine Sekunde schuldig fühle, Maybourne umzulegen, dann irren Sie sich, Carter. Ich würde es einfach so tun“, sagte er und schnappte mit seinen Fingern.

„Warum tun Sie es dann nicht?“, fragte sie etwas verwirrt von der Kälte in seiner Stimme.

Er zuckte mit den Schultern. „Vorschriften“, sagte er und verzog seine Lippen zu einem bitteren Lächeln. „Befehle. Disziplin. Wir haben den Befehl ihn nach Hause zu bringen und genau das werde ich auch tun.“

„Dann kann sich Maybourne glücklich schätzen“, sagte sie.

„Vermutlich“, stimmte er zu. Und dann nach einem Moment wurde sein Lächeln breiter. „Obwohl, was ich vom Gefängnis weiß, wird es dort für einen so netten Jungen wie Harry bestimmt kein Zuckerschlecken werden.“

Sam lachte leicht bei dem Gedanken daran. „Ich denke, das gibt mir *etwas* Genugtuung“, antwortete sie.

„Und sein Zellenmitbewohner wird wahrscheinlich ein lebenslänglich verurteilter Häftling namens Rocco sein, der seit gut zwanzig Jahren keine Frau mehr zu Gesicht bekommen hat“, versicherte Jack ihr. „Ich werde vielleicht mal ein paar Worte wechseln“, sagte er mit einem Augenverdrehen Richtung Himmel. „Nur um mal zu sehen, was ich so alles arrangieren kann.“

„Das können Sie nicht“, schnappte Sam nach Luft. „Oder doch?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Na ja, ein Versuch ist es wert.“

Mit einem skeptischen Blick schüttelte Sam nur lächelnd den Kopf. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm auch wirklich glauben konnte, aber sie genoss einfach nur den seltenen Moment der Wärme zwischen ihnen. Es war bereits zu lange her und sie vermisste ihn. Sie vermisste das hier.

Sie schaute zu ihm hinüber und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, ein richtiges, von Herzen kommendes Grinsen, welches ihm immer lächeln ließ. Diesmal war es nicht anders. Das Sternenlicht ließ seine Augen schwarz leuchten und in ihren Tiefen lagen Gefühle, die ihr Herz zum Rasen brachten. Unfreiwillig berührten ihre Finger die Kette um ihren Hals und er lächelte sie schon fast traurig an, als sein Blick zu ihrem Hals hinunter fuhr. „Ich denke, dass es jetzt Ihre Wache ist, Carter“, sagte er aber stattdessen.

Sie nickte. „Schlafen Sie gut, Sir.“

„Ja“, murmelte er; sein Blick wanderte wieder hoch zu ihren Augen und schaute sie einen langen Moment nur an. „Fröhliches neues Jahr, Carter“, flüsterte er, als er aufstand.

Sam lächelte zu ihm auf. „Ihnen auch, Sir“, sagte sie. „Hoffentlich wird es ein besseres.“

„Ich glaube kaum, dass es noch schlimmer werden kann“, sagte er mit einem Lächeln. „Nacht, Carter.“

„Nacht, Sir.“

Und dann drehte er sich um und verschwand in der Höhle. Sam beobachtete ihn nicht dabei, wie er in der Dunkelheit herumhantierte, sondern starrte einfach nur hinaus in den sternenklaren Nachthimmel und fragte sich, was die Zukunft für sie beide doch versprochen hielt.


weiter: Kapitel 1
Kapitel 1 by Sally Reeve
Teil 1

Erst am späten Morgen erreichten sie den Rand des Dschungels. Die Sonne stach nicht auf sie hinunter, aber der Hitze tat das keinen Abbruch. Sam T-Shirt war schweißnass und klebrig und ihr durchnässter Hut hinderte den Schweiß kaum daran in ihre Augen zu fließen. Verdammt, das hier war aber auch ein ätzender Planet.

Vor ihr hatte sich O’Neill hinter einem großen Baum versteckt und sah durch sein Fernglas auf das Goa’uld-Lager unter ihnen. Sie saßen auf einer abschüssigen Klippe, was ihnen natürlich keinen einfachen Zutritt zum Lager erlauben würde. Vorsichtig und leise schlich sie zu ihm und kniete sich an seine Seite. Sogar ohne ein Fernglas konnte sie die Jaffa- Patrouillen sehen.

„Wir müssen warten, bis es Nacht ist“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihm.

„Sieht so aus“, kam die leise Antwort.

Doch dann wurde ihr Aufmerksamkeit auf eine kleine Aufruhr am anderen Ende des Lagers gezogen. Eine geschlossene Gruppe von Jaffa kam aus einem Zelt heraus, in ihrer Mitte befand sich eine Person. Sie eskortierten ihn durch die arbeitenden Sklaven.

„Ich denke, ich habe unseren Goa’uld“, murmelte Jack neben ihr. „Verdammter Mistkerl.“

Als Sam sie beobachtete, hielten die Jaffa an ihrem umschlossenen Kreis fest. Einen Moment rührten sie sich nicht, bis sie plötzlich von einem Licht und Transportringe umfasst wurden und dann verschwanden.

„Verdammt“, zischte der Colonel. „Das ist nicht gut.“

„Sie haben ein Schiff in der Umlaufbahn“, beobachtete Teal’c.

„Ich schätze, das erklärt dann auch, warum das Stargate nicht bewacht wurde“, murmelte Sam etwas zufrieden, dass sie immerhin ein Problem an diesem Morgen gelöst hatte.

„Es ist gut möglich, dass sie die Evakuierung vorbereiten“, fährt Teal’c fort.

O’Neill steckte das Fernglas zurück an seinen Platz, drehte sich um und lehnte sich gegen den Baum. „Und wie lange wird das dauern?“, fragte er. „Werden sie all diese Menschen abtransportieren?“

„Das wäre sehr zeit – und energieaufwendig“, antwortete Teal’c. „Es ist wahrscheinlicher, dass sie das Schiff landen werden, um dann die Sklaven an Bord zu bringen.“

Jack schaute blinzelt hinauf in den grauen Himmel. „Wie lange?“

„Das kann ich nicht sagen“, entgegnete Teal’c. „Jedoch ist Major Carters Beurteilung richtig. Wir müssen warten, bis es dunkel ist.“

O’Neill nickte. „Ich weiß“, antwortete er und wischte sich gleichzeitig mit der Hand über seine Stirn. „Ich hoffe nur, dass es bis dahin nicht bereits zu spät ist.“

Sam seufzte und ein Teil in ihr fragte sich, wie schlimm es wohl wäre, wenn Maybourne einfach erneut verschwinden würde. Es würde sie mit Sicherheit vor jede Menge Schmerzen bewahren. Jack muss sie gehört haben, denn er schaute mit einem knappen Lächeln zu ihr. „Wissen Sie“, flüsterte er, „Ich kann einfach nicht aufhören daran zu denken, dass eine Kugel uns jede Menge Arbeit ersparen würde.“

Sams Lächeln war düster, aber alles, was sie vielleicht gesagt hätte, wurde durch ein aufgebrachter, wenn auch leiser Aufschrei von Daniel unterbrochen. „Was?“

„Du weißt schon“, sagte Jack und deutete mit seiner Hand einen Schuss an. „Sauber, einfach… Wir könnten es schon fast von hier oben aus tun und zum Spiel heute Abend wieder zu Hause sein.“

„Ich nehme mal an“, sagte Daniel hitzig, „ dass das nur ein Scherz ist? Nicht wahr?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Ich sage ja nur… Maybourne würde den Steuerzahler der Vereinigten Staaten einiges kosten, und da unsere einzige Mission hier ist, zu verhindern, dass sein Wissen in die Hände der Goa’uld fällt…“

„Mord?“, fragte Daniel zugleich skeptisch als auch etwas verängstigt.

Mit einem Kopfschütteln stand der Colonel auf. „Ich werde es nicht machen“, versicherte er seinem Freund und verschwand wieder hinter seinem Baum, von wo aus er auf das Lager hinunter schauen konnte. „Ich habe kein Scharfschützengewehr bei mir.“

Daniels Mund hing offen, die Worte lagen tot auf seinen Lippen.
Sam berührte leicht lächelnd seine Schulter. „Er macht nur Witze“, versicherte sie ihm, als sie aufstand.

„Wirklich?“, fragte Daniel, als er ihr folgte. „Ich wette, dass es nicht das erste Mal für ihn sein würde.“

„Nein“, stimmte Sam ihm zu. „Ich denke, er hat schon oft den Befehl erhalten es zu machen. Das ist ein Unterschied.“

Daniel verdrehte seine Augen. „Ja klar, nur Befehle befolgen?“, fragte er. „Und ich dachte, sie hätten diesen Teil der Verteidigung in Nürnberg eingeschränkt.“

Sam antwortete ihm nicht. Ihr war viel zu warm und sie war viel zu müde, als sich jetzt noch darüber zu streiten. Daniels fundamentalistische Probleme mit dem Militär würden sich nie ändern, auch dann nicht, wenn ihr Gesicht bereits blau angelaufen war.



*******************



Daniel nahm einen Schluck von dem Wasser aus seiner Flasche und verzog bei dem chemischen Geschmack augenblicklich sein Gesicht. Er hasste diese elenden Wasserreinigungstabletten, obwohl die Alternative wahrscheinlich noch viel schlimmer war. Wer konnte schon wissen, welche Art von Insekten dieser warme, feuchte Planet zum Vorschein brachte. Bestimmt ganz Scheußliche.

Er ging hinter Jack her und konnte Teal’cs konstante Gegenwart neben sich spüren. Sam bildete das Schlusslicht. Doch abgesehen von ihrem kleinen Ausflug in die Abgründe der militärischen Ethikgrundsätze, marschierten sie die meiste Zeit über in einem konstanten Schweigen. Es war viel zu heiß, um eine richtige Unterhaltung zu führen, ganz zu schweigen von der Anspannung. Die Horde der Jaffa irgendwo hinter den Bäumen unterdrückten das gewöhnliche Geplänkel noch zusätzlich. Nichtsdestotrotz konnte er spüren, wie eine unterschwellige Anspannung von Jack ausging und er wusste, dass es nicht nur diese Mission, die Hitze oder sogar die ständig summenden Insekten waren.
Etwas stimmte nicht und er wurde einfach nicht das Gefühl los, dass er die Ursache kennen sollte. Er glaubte, dass es diesmal ausnahmsweise nichts mit Sam zutun hatte. Sicherlich, zwischen ihnen war eine gewisse Anspannung, aber das hier war anders – es war tiefer, dunkler, eine Anspannung, die von Innen kam. Etwas beschäftigte Jack, etwas Tiefgründiges.

Er wurde von der Person, über die er nachdachte, aus seinen Gedanken gerissen. Jack zischte laut und wedelte leicht geschockt mit seiner linken Hand in der Luft herum. „Verdammt noch mal!“, fluchte er schüttelnd und betrachtete sie dann vorsichtig.

„Was ist passiert?“, fragte Daniel, als er zu ihm aufschloss.

„Etwas hat mich gestochen“, murmelte er, als er seine verletzte Hand hielt. „Verdammt, das tut weh!“

Daniel konnte bereits die große, böse Anschwellung auf Jacks Handfläche sehen und zuckte bei dem Anblick leicht zusammen. „Hast du gesehen, was dich gestochen hat?“, fragte er und sah sich behutsam um.

„Nein“, antwortete Jack. Er bewegte seine Finger und verzog sein Gesicht. „Autsch!“

„Sir?“ Sam war jetzt ebenfalls an seiner Seite. „Was ist los?“

„Nur ein Stich“, sagte Jack ihr und schüttelte seine Hand, um so den Schmerz etwas zu lindern.

„Lassen Sie mich mal sehen“, antwortete Sam und nahm seine Hand in ihre beiden, um sie stillzuhalten. „Das sieht böse aus“, entschied sie nach einem geprüften Blick und schaute zu ihm auf. „Wir sollten es verbinden.“

„Es ist ein Mückenstich!“, protestierte er, obwohl er erst gar nicht versuchte seine Hand aus ihrem Griff zu befreien.

Sam lächelte leicht. „Eine große Mücke“, kommentierte sie. „Und bei diesem Klima hier, Sir, sollten wir versuchen zu vermeiden, dass es sich infiziert.“

Widerwillig akzeptierte er ihren Standpunkt und begann damit seinen Rucksack abzusetzen. „Teal’c“, rief er, als das Gepäck schwer auf den Boden fiel. „Halte die Augen offen. Wir sind nicht mehr weit vom Lager entfernt.“

Leise hielt Teal’c Ausschau, während Daniel das Beste aus dieser Möglichkeit machte, um sich auszuruhen und setzte sich neben Jack. Er beobachtete ihn mit einem Seitenblick und kam nicht drum herum eine gewisse Blässe in dem Gesicht seines Freundes zu sehen, was ihn zu der Schlussfolgerung verließ, dass er ein paar Schmerzen haben musste.

„Wird’s gehen?“, fragte er, während Sam nach ihrem Erste-Hilfekoffer suchte.

„Es ist ein Insektenstich, Daniel.“

„Es sieht aber wirklich böse aus.“

Jack zuckte mit den Schultern. „Ich hatte schon Schlimmere.“

Als sie den Erste-Hilfekasten herauszog, kniete sie sich vor Jack. „Zeigen Sie mal her, Sir“, sagte sie. „Ich muss es erst säubern.“

Gehorsam streckte Jack seine Hand aus und ließ Sam vorsichtig auf den geschwollenen Stich herumtupfen. Sein Blick war die gesamte Zeit auf sie gerichtet, obwohl er kein Wort sprach. Vorsichtig wickelte Sam einen Verband um die Hand und festigte ihn. „So“, sagte sie, als sie fertig war. „Jetzt dürfte es sich eigentlich nicht infizieren, Sir. Und Sie sollten die hier nehmen“, fügte sie noch hinzu, als sie ihn ein paar Tabletten in die Hand schüttete. „Das ist Antihistaminikum, nur für alle Fälle.“

„Ein paar Nachhilfestunden von Fraiser?“, fragte Jack, als er seinen Kopf nach hinten kippte und die Tabletten hinunterschluckte.

Sam lächelte. „Erste Lektion in der Feldmedizin, Sir“, sagte sie ihm. „Vorsorge ist besser als Heilung.“

„Dann bin ich ja froh, dass Sie schön aufmerksam waren“, antwortete er mit einem leichten Lächeln. „Danke.“

Sie nickte nur, bevor sie den Kasten wieder zurück in ihren Rucksack stopfte und ihn schulterte. „Fertig, Sir?“

„Dann mal los“, seufzte er und musste die Zähne zusammenbeißen, als er sich aufrichtete.



*******************



Das Lager war nicht sehr groß, aber voller Menschen. Die Sklaven arbeiteten in offenen Minen, die, wie Sam entschied, sicherlich Naquadah enthielten. Sie schaute über das Gefälle, welches sie versteckte. Ein paar der Sklaven bauten noch immer an den Kliffen das Material ab, obwohl die Mehrheit bereits große Container zu den Transportringen zogen.

„Sie haben sich genommen, was sie brauchten“, flüsterte Teal’c ihr zu. „Und jetzt bereiten sie sich darauf vor diesen Planeten zu verlassen.“

„Flüchtiges Minen?“, fragte Sam mit einem Kopfschütteln. „Hört sich nicht gerade sehr kosteneffektiv an.“

„Eine Operation wie diese hier ist ziemlich schwer zu verteidigen“, erklärte Teal’c. „Kein Goa’uld würde seine Kräfte dauerhaft ausschöpfen. Also nehmen sie sich, was sie schnell und einfach bekommen können und verschwinden dann.“

Sam zuckte mit den Schultern, als sie darüber nachdachte. „Ich habe die Goa’uld nie als ein Nomadenvolk gesehen“, kommentierte sie.

„Viele der nicht so mächtigen Goa’uld sind nomadisch“, sagte Teal’c. „Nur die wirklich mächtigen Goa’uld, wie Hathor oder Sokar können einen Heimatplaneten verteidigen.“

Gerade in diesen Moment erwachte ihr Funkgerät zum Leben. „Carter, hören Sie mich?“

„Fahren Sie fort, Sir“, murmelte sie.

„Sind Sie auf Position?“

„Ja, Sir, aber bisher konnte ich Maybourne noch nicht ausfindig machen.“

Eine Weile herrschte nur statisches Rauschen. „… wo sie die Nacht verbringen.“

„Wiederholen Sie das, Sir“, antwortete Sam. „Ich habe es nicht verstanden.“

„Wir haben das Lager der Sklaven gefunden“, wiederholte O’Neill durch das Rauschen, „wo sie die Nacht verbringen. Dort werden wir vermutlich am meisten Glück haben.“

Sam nickte. „Ja, Sir.“

„Beenden Sie Ihren Rundgang, Major“, sagte der Colonel. „Bevor wir da rein gehen, müssen wir Maybourne identifiziert haben. Ich riskiere nicht unsere Leben für ein vielleicht.“

„Ja, Sir.“

„O’Neill, Ende.“

Das Funkgerät verstummte und sie tauschte einen Blick mit Teal’c aus. „Halte deine Augen offen“, riet sie ihm. Teal’c zog nur eine Augenbraue hoch, aber erwiderte nichts und gemeinsam setzten sie ihren Weg fort.

Gebückt schlichen sie den Umkreis des Lagers ab. Die Luft war gefüllt mit Stimmen und Schreie der Arbeit, punktiert mit gelegentlichen Schmerzensschreien. Sam konnte innerhalb des Lagers schauen und sie sah die Sklaven arbeiten, wie sie große Schlitten, die gefüllt mit Steinen waren, zu den Ringen zogen. Hinter einen großen Fels versteckt, griff sie nach ihrem Fernglas, um sich die Lage genauer anzusehen. Die Sklaven waren schon fast unterernährt, ihre Haut hing schlaff an ihren Körpern. Es waren überwiegend Männer, auch wenn sie gelegentlich mal eine Frau unter ihnen erblickte. Und sie arbeiteten in einem kollektiven Schweigen; die einzigen Geräusche waren verteiltes Stöhnen, als sie die Steine über den unebenen Boden zogen und die Schreie der Jaffa, die die Arbeit überwachten. Langsam senkte sie das Fernglas und warf einen Blick über das gesamte Lager und hinüber zu dem Gefälle, wo sie noch am Morgen gestanden hatten. Es lag über den Klippen, die die Sklaven freigelegt hatten und von diesem Blickwinkel aus, konnte sie die hässlichen Narben erkennen, die der Abbau der Landschaft zugefügt hatte.

Mit einem Seufzen fragte sich Sam, wie sie nur Maybourne unter den Hunderten von Sklaven ausfindig machen sollten – falls er noch am Leben war – als sie Teal’cs Hand auf ihren Arm spürte.

„Major Carter“, flüsterte er und deutete mit seiner Hand auf einen Punkt. „Schau.“

Stirnrunzelnd folgte sie seinem Finger. Der Mann, auf den er zeigte, war gebeugt, ein Arm lag in einem schiefen Winkel, so als ob er gebrochen und schlecht verheilt wäre. Sein Gesicht war dünn und eingefallen. Durch ihr Fernglas betrachtete sie die Person genauer und genau in diesem Moment schaute er auf. Sie sah seine Augen und wusste, dass Teal’c recht hatte. Es war Maybourne, und er schien in schlechter Verfassung zu sein. Seine Haare waren lang und strohig und als er an einen der Seile zog, um den Schlitten zu ziehen, sah Sam, dass er ein verstauchtes Fußgelenk zu haben schien. Das Leben, so schien es, war nicht sehr freundlich zum Colonel gewesen. Sam biss die Zähne zusammen, entschlossen kein Mitleid für diesen Mann zu empfinden, welcher sie alle betrogen und fast zerstört hatte. Und dennoch musste sie zugeben, dass er einen ziemlich erbärmlichen Anblick bot.

Mit einem Nicken senkte sie erneut das Fernglas. „Gut gesehen“, murmelte sie und hantierte bereits mit dem Funkgerät. „Colonel O’Neill, hier ist Carter, hören Sie mich, Sir?“

Erst Stille, dann Knacken und dann: „Was gibt’s, Carter?“

„Wir haben Maybourne ausfindig gemacht, Sir.“

„Verstanden, Carter“, antwortete der Colonel. „Kommen Sie zurück zum Basislager und achten Sie darauf nicht entdeckt zu werden.“

„Ja, Sir“, antwortete sie. „Carter, Ende.“

Sie drückte leicht Teal’cs Schulter und nickte auf die Bäume hinter sich. „Mit mehr Deckung können wir uns schneller fortbewegen“, schlug sie vor. „Lass uns zurück in den Wald gehen.“

Er nickte und machte sich auf den Weg. Er bewegte sich schneller, als seine markante Gestalt vermuten ließ. Sam folgte ihm, aber ihre Gedanken waren bereits in der Nacht, die noch vor ihnen lag. Mayourne aus diesem Lager zu bekommen und dann zurück zum Tor zu gehen, das war ein schwieriges Unterfangen und es würde *nicht* einfach werden.



*******************



Mit der Zeit, in der Jack den Ort erreichte, den er als ihr Basislager auserkoren hatte – nicht mehr als ein paar Stöcke markierten die Gegend – war er mehr als froh sich ausruhen zu können. Er hatte es Daniel gegenüber nicht erwähnt, aber der Schmerz in seiner Hand war schon fast unerträglich. Die Schwellung war inzwischen schon so groß, dass er Probleme hatte, seine Finger zu bewegen. Und um dem Ganzen noch eins draufzusetzen, machte sich ein unangenehmes Pochen in seinem Kopf breit. Keines von beiden ließ etwas Gutes verheißen für ihre nächtliche Rettungsaktion.

„Sieht so aus, als hätten wir recht gehabt“, sagte Daniel, als er Ausschau nach Carter und Teal’c hielt.

„Ja“, seufzte Jack, als er sich auf einen Baumstamm setzte. Das gewöhnliche Unbehagen, wenn irgendjemand aus seinem Team noch nicht zugegen war, breitete sich in seinem Bauch aus, aber es war ein vertrautes Gefühl, welches er kaum Aufmerksamkeit schenkte. Wenn sie in Schwierigkeiten stecken würden, dann wüsste er das. Er schloss seine Augen und stützte den Schmerz beschwörend seinen Kopf auf seiner gesunden Hand ab.

„Jack?“ Daniels Stimme klang extrem besorgt. „Was ist los?“

„Kopfschmerzen“, sagte Jack ihm und lächelte ihn grimmig an, als er aufschaute. „Hast du 'ne Aspirin?“

„Ja“, antwortete Daniel, als er seinen Rucksack abstellte und darin herumwühlte. Er war noch immer am Suchen, als ein Rascheln hinter ihnen Jack aufspringen ließ, seine MP schussbereit in der Hand. Er zuckte leicht unter den Schmerzen in seiner linken Hand zusammen, als sich seine Hand um die Waffen legte, aber lockerte den Griff nicht.

Nach einem Moment erblickte er Carters vertrautes Gesicht zwischen den Bäumen. „Wir sind’s nur“, sagte sie und hob ihre Hände leicht, so als ob sie erwartet hatte, dass er auf sie schießen würde. Und dann verengten sich ihre Augen blitzartig. „Sir? Was ist los?”

Er blinzelte. „Nichts. Wieso?”

„Sie sehen nicht besonders gut aus“, sagte sie und ihr Blick wanderte zu seiner linken Hand, die jetzt schlaff an seiner Seite hing. „Stört Sie das?“

Verdammt, warum musste sie immer so schnell sein? Er verzog leicht sein Gesicht. „Etwas“, gab er zu. „Daniel sucht mir gerade 'ne Aspirin.“ Und dann änderte er schnell das Thema. „Also, was habt ihr rausgefunden?“

Sam beobachtet ihn vorsichtig, aber antwortete auf seine Frage. „Maybourne ist hier, aber ist in ziemlich schlechter Verfassung.“

„Mein Herz blutet“, murmelte Jack und entschied sich lieber wieder hinzusetzen, bevor seine Kopfschmerzen ihn noch in die Knie zwangen. „Sonst noch was?“

„Nicht viel“, sagte ihm Carter und beobachtete ihn weiterhin durch zusammengekniffene Augen. „Er ist unter den Arbeitern, die die Schlitten zu den Ringen ziehen.“

„Hier“, sagte Daniel schließlich und streckte seine Hand Richtung Jack aus. „Aspirin.“

Er nahm die Flasche an sich, doch Jack hielt kurz inne, bevor er versucht den Deckel zu lösen. Seine linke Hand war steif und geschwollen, aber er schaffte es gerade eben so die Flasche in seinen Fingern zu halten, bevor Carter zu ihm eilte.

„Colonel!“, rief sie, als sie seine Hand sah. „Ach du meine Güte!“

Er zuckte bei ihrem Ausbruch leicht zusammen und schaute hinunter auf die rote Schwellung, die sich unter dem Verband noch weiter ausgebreitet hatte. „Es ist etwas geschwollen“, gab er zu.

„Lassen Sie mich das ansehen“, schnappte sie und setzte sich neben ihn auf den Baumstamm. Ihre Hände fühlten sich so sanft und kalt gegen seine Haut an und er musste zugeben, dass er ihre Berührung genoss. Vorsichtig entfernte sie den Verband und selbst er zuckte zusammen, als er sah, was sich darunter verbarg. Der Stich war rot und böse, während sich in der Mitte ein dunkler Fleck bildete. Er berührte es zögernd, aber spürte nichts. Es war vollkommen taub.

Carter biss sich besorgt auf die Lippe. „Sir“, sagte sie. „Ich denke, wir sollten Sie zurück zum Tor bringen. Sofort.“

Jack lachte schnaubend auf. „Das glaube ich nicht, Carter“, sagte er ihr. „Nicht ohne Maybourne.“

„Aber, Colonel, das sieht wirklich schlimm aus“, antwortete sie und schaute von seiner Hand zu ihm auf. Er konnte die Sorge in ihren Augen sehen und lächelte ihr beruhigend zu.

„Es ist nur ein Stich“, sagte er. „Ein böser, das gebe ich zu. Aber wir verschwinden nicht ohne Maybourne von hier. Das wird vermutlich unsere einzige Chance sein, um ihn hier raus zu bringen und ich denke, dass wir beide besser schlafen werden, wenn wir wissen, dass er hinter Schloss und Riegel ist.“

Sie senkte ihren Blick bei seiner verschleierten Andeutung, aber hielt weiterhin seine Hand. „Ich mag wirklich nicht, wie das hier aussieht, Sir. Ich denke, dass es bereits infiziert ist. Es könnte sogar vergiftet sein.“

„Hier steht jede Menge auf dem Spiel“, erinnerte er sie leise. „Lassen Sie uns hier unseren Job erledigen und danach können Sie von mir aus Fraiser anweisen mich zu Tode zu spritzen, wenn wir wieder zurück sind. Und Kopf hoch“, fügte er hinzu. „Es ist ja nicht gerade so, als ob Menschen von winzigen Insektenstichen sterben, oder?“

Carter starrte ihn nur an. „Soll ich die Menschen, die an Malaria sterben mit einbeziehen oder ausschließen, Sir?“, fragte sie bestimmt.



*******************



Bereits seit Beginn dieser Mission, verspürte Teal’c das unangenehme Gefühl der Vorahnung und als er sich in der Dunkelheit neben O’Neill kniete, wurde sie immer stärker. Und es hatte nicht sehr viel mit der Jaffa – Patrouille zutun, die gerade an ihnen vorbeigegangen war.
Sein Freund war krank; er konnte einen ungesunden Schimmer in seinen Augen erkennen und seine Haut war viel zu blass. „Haltet euch bereit“, flüsterte der Colonel, als er leicht sein Gewicht verlagerte und für einen Moment angespannt innehielt. „Auf mein Zeichen.“

Teal’c bereitete sich vor, seine Aufmerksamkeit vollends auf die unmittelbare Situation gerichtet. Vor ihnen lag das Sklavenlager, inzwischen von den Männern und Frauen belagert, die sich von ihrer schweren Arbeit ausruhten. Major Carter war der hölzernen Barriere nahe, leise kroch sie im Schutz des Schattens, als sie versuchte Maybourne ausfindig zu machen. O’Neills Blick ruhte auf ihr, er wartete auf ihr Signal. Mit einer Hand hielt er seine Waffe, während die andere nutzlos an seiner Seite hinunter hing, aber nichtsdestotrotz konnte Teal’c erkennen, wie die Waffe leicht wackelte und sein Herz begann vor Besorgnis zu pochen.

„O’Neill“, flüsterte er. „Geht’s dir gut?“

„Shhh“, zischte der Colonel. Er veränderte erneut seine Position, diesmal stützte er sich auf einem Knie ab. Sein Kopf fiel für einen Moment nach vorne auf seine Brust und mit seinem gesunden Unterarm verdeckte er kurzzeitig seine Augen. „Verdammte Kopfschmerzen“, murmelte er.

Augenblicklich hatte Teal’c seine Entscheidung getroffen. Entschlossen umfasste er die Schulter des Colonels. „Brich die Mission ab“, flüsterte er. „Du bist dazu nicht in der Verfassung.“

„Was?!“, erwiderte O’Neill und drehte sich unter seinem Griff zu Teal’c um. „Bist du verrückt?“

„Du gefährdest die Mission“, beharrte Teal’c und hielt ihn bestimmt fest. „Du wirst nicht in der Lage sein vor den Jaffa zu flüchten, wenn Major Carter erst einmal Colonel Maybourne ausfindig gemacht hat. Und du weißt, dass sie dich nicht zurücklassen wird. Damit gefährdest du uns alle.“ Seine Wortwahl war nicht unbeabsichtigt und hatte auch sofort seine erwünschte Wirkung.

O’Neill schloss seine Augen, seine Lippen verzogen sich frustriert zu einer dünnen Linie. Nach einem Moment nickte er schließlich knapp und richtete seinen Blick wieder auf Carter. „Hohl Daniel“, befahl er Teal’c. „Ich hohle Carter zurück. Wir treffen uns im Basislager.“

Aber Teal’c rührte sich nicht. Er wollte seinen Freund nicht alleine lassen. Verärgert schaute O’Neill über seine Schulter in seine Richtung, aber schon bald wurde der Ärger durch Schmerz ersetzt. Als sie sich zurück zum Lager umdrehten, sahen sie, wie Carter aus dem Schatten heraus trat. Sie machte eine kurze, triumphierende Geste, die ihnen zeigte, dass sie Maybourne entdeckt hatte und Teal’c beobachtete O’Neill dabei, wie er widerwillig den Plan rückgängig machte. Verwirrt hielt Carter in ihrer Bewegung inne, als sie seine abrupte, wedelnde Geste mit seiner Hand an seinem Hals sah, aber nur wenige Sekunden später war sie schon wieder in Bewegung. Sie sprintete hinüber und ließ sich neben ihnen auf den Boden fallen.

„Was ist passiert?“, flüsterte sie atemlos.

O’Neill antwortete ihr nicht und so ergriff Teal’c das Wort. „Colonel O’Neill fühlt sich nicht wohl und ist nicht in der Lage die Mission zu beenden“, sagte er.

„Sir?“ Ihre Stimme war besorgt und vollkommen ergriffen, als sie durch die Dunkelheit versuchte ihn richtig anzusehen.

„Wir brauchen einen neuen Plan“, erklärte er widerwillig. „Einen, der wohl offensichtlich nicht mich beinhaltet.“

Carter nickte schweigend. „Wir sollten zurück zum Basislager“, schlug sie vor. „Wo ist Daniel?“

„Ich sollte ihn zurückholen“, sagte Teal’c, als er aufstand. „Du solltest O’Neill helfen.“

„Ich brauche keine Hilfe!“, murmelte der Colonel, obwohl von der Art und Weise wie seine Worte undeutlich über die Lippen kamen, bezweifelte Teal’c dies stark.

Als er in der Dunkelheit verschwand, warf Teal’c noch einen letzten Blick über seine Schulter und er sah, wie Carter O’Neill auf die Füße half. Sie flüsterten leise, bevor sie sich in Bewegung setzten, aber der Colonel war keine zwei Schritte gegangen, als er fast sein Gleichgewicht verlor. Carter schaffte es gerade eben noch ihm davon abzuhalten auf den Boden zu fallen und ihre Hand lag entschlossen auf seinem Arm, als sie zusammen in der Nacht verschwanden.

Mit einem Stirnrunzeln wandte sich Teal’c von ihnen ab. Es war richtig gewesen, die Mission abzubrechen, aber dennoch wurde er immer noch von dem Gefühl verfolgt, dass *etwas* passieren würde. Schnell verdrängt er den Gedanken, als er sich auf die Suche nach Daniel machte. Vielleicht würde die böse Vorahnung verschwinden, wenn sie erst einmal wieder zu Hause waren.



*******************



Jack hatte es geschafft vor ihrer Rückkehr ins Basislager seinen gesamten Mageninhalt zu entleeren und nun lag er zusammengerollt, zitternd und mit Fieber auf Sams Matte. Ihre Hand ruhte kurz auf seiner Stirn und sie wusste, dass es schlimm war. Sie spürte keinen Schweiß. Trotz des feuchten Klimas war er heiß und trocken.

„Colonel“, flüsterte sie, „Sie müssen etwas trinken.“

Mit einer zitternden Hand nahm er die Feldflasche, die sie ihm entgegen hielt, und führte sie an seine Lippen. Er nahm ein paar Schlucke, bevor er zurück auf die Decken sank. „Ich fühl mich schrecklich“, murmelte er, während er mit dem gesunden Arm gegen seinen Kopf drückte. „Was zum Teufel ist das?“

„Ihre Hand ist infiziert“, sagte Sam ihm. „Und Sie haben hohes Fieber.“

„Ich wusste doch, dass ich mein Insektenspray hätte einpacken sollen“, murmelte er, als er unter Schmerzen seine Augen schloss.

Sam beobachte ihn nur unsicher, sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte. Sie hatte bereits den Verband gewechselt und hatte bemerkt, dass der schwarze Fleck in der Mitte größer geworden war. Ein Teil von ihr wollte geradewegs zurück zum Tor marschieren, aber sie hatte Angst auf diesen Teil ihres Kopfes zu hören, da er von Gefühlen beeinflusst wurde, die keinen Platz in ihrem militärischen Leben hatten. Und sie war Maybourne so nahe gewesen! Sie hätte ihn schon fast berühren können; sie wusste, dass sie, Teal’c und Daniel ihn daraus holen konnten. Es würde noch nicht mal lange dauern. Frustriert und verängstigt seufzte sie. Wenn sie Maybourne entwischen ließen, dann würden sie damit eine Menge riskieren, ganz abgesehen von der persönlichen Bloßstellung. Vielleicht hatte Jack ja recht, vielleicht würde eine Kugel viel einfacher sein…?

„Carter?“ Seine Stimme war schwach und undeutlich.

„Gleich hier, Sir“, flüsterte sie, als sie seine gesunde Hand umfasste.

Er blinzelte und fixierte sie mit einem bedachten, wenn auch leicht abwesenden Blick. „Major“, flüsterte er und festigte seinen Griff um ihre Hand. „Ich denke, das hier kann als Untauglichkeit eingestuft werden.“ Sam schluckte, sehr wohl wissen, was folgen würde. „Sie haben das Kommando, Major.“

„Sir…“, begann sie zu protestieren, aber verstummte, als sich seine Augen wieder schlossen und sein Griff schlaff wurde. „Sir?“

Seine Lippen bewegten sich leicht, aber es kam kein Ton heraus, als er ins Land des Vergessens abdriftete. Sie drückte ein letztes Mal seine Hand und legte sie behutsam auf den Boden, als sie schließlich aufstand. Sie hatte das Kommando. Trotz der Umstände durchfuhr sie der vertraute Schwall von Adrenalin. Kommando. Alles ruhte jetzt auf ihren Schultern; Jack zurück zum SGC zu bringen, Maybourne zu befreien und die Mission zu erfüllen. „Ich werde Sie nicht enttäuschen, Sir“, flüsterte sie. „Ich verspreche es.“


weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by Sally Reeve
Teil 2

Als Daniel das Lager erreichte, hatte sich Jacks Verfassung verschlechtert. Zusammengerollt lag er entweder schlafend oder bewusstlos auf der Seite auf einer Matte und selbst in der Dunkelheit konnte Daniel sehen, wie schlimm seine Hand geschwollen war.

„Okay“, sagte er, als er sich neben Sam setzte, „das sieht nicht gut aus.“ Sie schaute zu ihm hinüber, aber antwortete ihm nicht. Ein von Schmerz erfüllter Gesichtsausdruck zierte lediglich ihr Gesicht. „Was ist?“, fragte er, als es offensichtlich war, dass sie ihm nicht antworten würde.

Sam runzelte die Stirn und verdeckte für einen Moment ihre Augen mit der Hand. „Er hat mir das Kommando übergeben.“

„Hört sich vernünftig an“, stimmte Daniel ihm zu und sein Blick schweifte hinüber zu Jack. „Also, denke ich mal… was jetzt?“

Sam sah ihn unsicher an. „Wenn wir jetzt gehen, dann haben wir vermutlich nie wieder eine Chance Mayboune zurückzuholen“, sagte sie.

„Und wenn wir bleiben?“, fragte Daniel. „Jack sieht nicht so aus, als ob er laufen kann. Wenn wir verfolgt werden…?“ Er ließ es in der Luft hängen, da er wusste, dass sich Sam bereits über diese Frage den Kopf zerbrochen hatte.

Sam drehte sich zu Teal’c um. „Wie wahrscheinlich ist es, dass sie für einen Sklaven eine Großsuche starten werden?“

Teal’c, der noch immer stand, schaute mit einem Schulterzucken zu ihnen hinunter. „Sie würden sicherlich nicht wollen, dass die anderen Sklaven denken, dass sie eine Chance hätten, zu fliehen“, antwortete er, „jedoch glaube ich nicht, dass sie vor der Abreise viel Zeit mit der Suche verschwenden werden.“

Sam nickte. „Das hatte ich gehofft“, sagte sie mit gezügeltem Enthusiasmus. „Alles was wir tun müssen, ist uns für ein paar Stunden verdeckt zu halten, bis die Jaffa die Suche abbrechen und dann gehen wir wie gehabt zurück zum Tor. Es wird uns nur ein paar Stunden kosten – höchstens einen halben Tag.“

Daniel rutschte unruhig hin und her, sein Blick lag noch immer auf Jack. Sein Gesicht war blass und abgesehen von dem Heben und Senken seiner Brust lag er bewegungslos auf dem Boden. „Wie krank ist er?“, fragte Daniel. „Wird ein halber Tag da etwas ausmachen?“

Unschlüssig starrte Sam zu Jack hinüber, bevor sie nach einem langen Schweigen zu sprechen begann. „Das denke ich nicht“, sagte sie schließlich. „Ihm geht es momentan vermutlich ziemlich schlecht, aber ich habe ihn auf Antibiotika gesetzt, um die Infizierung zu kontrollieren und im Moment ist es das Beste, wenn er sich ausruht.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wer weiß? Vielleicht wird es ihm ja sogar schon besser gehen, bevor wir zurück zum Tor gehen?“

„Vielleicht aber auch nicht“, fügte Daniel dunkel hinzu. „Ich finde es ziemlich riskant.“

Sam schwieg erneut, ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie über ihre Möglichkeiten nachdachte. Für Daniel war es offensichtlich, dass in ihrem Inneren ein Krieg tobte – ihr angeborenes Bedürfnis ihre Aufgabe zu erfüllen gegen ihr mehr persönlicheres Verlangen Jack sicher zu sehen. Aber als sich ihre Schultern anspannten und sie ihr Kinn hob, wusste er, welche Seite gewonnen hatte. „Der Colonel würde von uns wollen, dass wir die Mission zu Ende führen, wenn wir es können“, sagte sie ernst.

„Er würde auch verstehen, wenn wir es nicht könnten“, sagte Teal’c ihr. „Du musst nichts beweisen, Major Carter.“

Ein leicht verärgerte Blick wanderte in Teal’cs Richtung. „Ich versuche gar nichts zu beweisen“, erwiderte sie gereizt. „Ich versuche lediglich das Richtige zu tun.“

„Für wen?“

„Für uns alle“, war ihre grobe Antwort, als eine Hand durch ihre Haare fuhr. Für einen kurzen Moment zierte erneutes Zögern ihr Gesicht, bis es sich zu einer grimmigen Entschlossenheit verzog. „Okay, wir werden es tun“, entschied sie und setzte sich auf. „Teal’c, du bringst den Colonel zurück zu der Höhle, in der wir gestern Nacht Rast gemacht haben. Es ist nicht allzu weit und er sollte es bis dahin schaffen. In der Zwischenzeit werden Daniel und ich Maybourne daraus holen und wir werden euch dann sobald wie möglich dort treffen.“ Sie schaute hinunter auf ihre Uhr. „Aber wenn wir in zwölf Stunden nicht dort sind, dann bring euch beide zurück zum Tor.“

Was auch immer Teal’c gefühlt haben mochte, er tat nicht mehr als seinen Kopf leicht zustimmend zur Seite zu beugen. „Ich verstehe, Major Carter“, sagte er besonnen.

Daniel war weniger zuversichtlich. „Du und ich gegen ein ganzes Lager voll mit Jaffa?“, fragte er zweifelnd.

Ein kurzlebiges Lächeln erhellte Sams Gesicht. „Sicher“, sagte sie, „warum nicht?“

„Weil es… verrückt ist?“

Sam schüttelte den Kopf. „Es ist dunkel, die Jaffa sind dabei diesen Planeten zu verlassen und die Sklaven sind nicht besonders viel wert… das wird ein Spaziergang.“

„Weißt du“, sagte Daniel, als er aufstand und auf sie hinunter schaute, „du hörst dich schon ganz wie Jack an.“

Das Lächeln verschwand, ihre Lippen verzogen sich zu einer Linie. Sie schaute erneut hinüber zum schlafenden O’Neill. „Das hoffe ich doch.“

Sie hatte Angst, erkannte Daniel plötzlich. Angst, dass ihre Entscheidung wohlmöglich falsch war, Angst, dass sie dadurch Jacks Leben aufs Spiel setzte und Angst davor, dass sie ihren eigenen riesigen Erwartungen an sich selbst nicht gerecht werden konnte. Die eine Person, die sich weigerte noch weniger von Sam Carter zu tolerieren war Sam Carter selbst. Daniel legte eine beruhigende Hand auf ihre Schulter. „Er würde vermutlich dasselbe tun“, versicherte er ihr.

Sie nickte und sah mit einem dankbaren Lächeln zu ihm auf. „Vermutlich“, stimmte sie ihm zu. Und dann stand sie auf und griff nach ihrem Rucksack. „Teal’c“, sagte sie, als sie das Gepäck auf ihren Rücken setzte, „pass gut auf ihn auf.“

Der Jaffa nickte. „Wie auf meinen Bruder“, versicherte er ihr ernst. „Ich gebe dir mein Wort.“



*******************



Das Vergessen, welches der Schlaf mit sich brachte, war ein seltener Luxus. Die Chance zu entfliehen, nur für ein paar Stunden, von der ständigen Angst, dem Schmerz und der bitteren, bitteren Wut, war ein begehrtes Privileg, um welches Harry Maybourne jedem beneidete. Und ausgerechnet heute Nacht hatte ihn etwas aus dieser kostbaren Zuflucht gerissen. Es war nicht die an den Knochen nagende Müdigkeit, die seine Muskeln verkrampfen ließen oder der Gestank aus dem Gefangenenlager. Beides war inzwischen schon zu seiner zweiten Haut geworden, dass er sie kaum noch beachtete. Nein, es war etwas aus seinem vergangenen Leben, wo er noch gut durchtrainiert war, wo er noch respektiert wurde, wo es ihm noch gut ging.

Was auch immer der Grund sein mochte, jetzt lag er auf dem Rücken und starrte hinauf in die warme Nacht, jede Faser seines Körpers war angespannt. Etwas war dort draußen. Er rührte nicht einen Muskel, als sich all seine Sinne schärften – und dann hörte er es. Ein leises Knacken von einem Fuß, der vorsichtig auf dem Boden gesetzt wurde. Jemand schlich im Lager herum. Er benetzte seine trockenen Lippen, hin und her gerissen, ob er Alarm schlagen oder einfach nur stillliegen bleiben sollte, in der Hoffnung, dass wer auch immer es war, einfach an ihm vorbeiging. Aber das Glück war nicht auf seiner Seite. Die Schritte stoppten an seinem Kopfende. Er hielt seine Luft an, schloss seine Augen und hoffte, dass…

„Maybourne!“

Sein Name! Er konnte sich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann er ihn zuletzt gehört hatte. Seine Augen flogen auf und er drehte seinen Kopf. Durch das gedämpfte Licht konnte er ein blasses Gesicht ausmachen, ein Schopf von blondem Haar, welches halb versteckt unter einer Kappe lag und das dumpfe Glitzern von Metall.

„Carter“, flüsterte er mit kratziger Stimme. Carter – das Miststück, dessen dickköpfige Unnachgiebigkeit ihn zu dieser Hölle hier verurteilt hatte. Er hatte sich geschworen, dass dieses Miststück für all seinen Schmerz und Qualen büßen würde. Sie wird für das bezahlen, was er erleiden musste, nachdem sie den Goa’uldHakraa getötet und ihn in den Händen von Apophis zurückgelassen hatte. Er hatte Glück gehabt noch am Leben zu sein; sie wird es nicht sein.

„Stehen Sie auf“, zischte sie. „Wir holen Sie hier raus.“

Oh, war für eine Ironie des Schicksals! „Warum?“, zischte er zurück. „Um mich ins Gefängnis zu stecken?“

„Würden Sie lieber hier bleiben?“, schnauzte sie leise, als sie ihm noch ein Stückchen näher kam.

„Gefängnis ist Gefängnis“, log er.

„Hören Sie, Maybourne“, sagte eine andere Stimme ebenso angespannt wie ruhelos. „Tatsache ist, Sie sind ein Sicherheitsrisiko. Also, entweder bringen wir Sie lebend zurück oder wir stellen sicher, dass Sie uns keinerlei Schwierigkeiten mehr machen können. Verstanden?“

Maybourne zuckte bei der Drohung leicht zusammen, verärgert, dass er die Stimme nicht ganz zuordnen konnte. Sie hörte sich vertraut an… aber es war bereits viel zu lange her. Seine Erinnerungen an dieses andere Leben waren ziemlich verschwommen. Aber wer auch immer es war seine Argumentation war einwandfrei – damals hatte er nicht andere Befehle erteilt. Vorsichtig setzte er sich auf und schaute hinüber zu seinen schlafenden Kameraden. Er kannte ihre Namen nicht, sie sprachen nicht mal dieselbe Sprache und er hegte keinerlei Gewissensbisse, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Sein eigenes sah nicht besser aus. Aber trotz seiner verschwommenen Erinnerungen konnte er sich noch gut daran erinnern, dass das Leben in einem Bundesgefängnis um einiges angenehmer sein würde, als den Ort, an den er die letzten Nur – Gott – alleine – wusste wie viele Monate verbracht hatte.

„Ist O’Neill auch hier?“, fragte er vor seiner nächsten Bewegung.

Carter antwortete ihm zunächst nicht, bevor sie es sich schließlich anders überlegte. „Ja.“

Zittrig stand er auf. Maybourne verzog vor Schmerzen in seinem rechten Bein das Gesicht und murmelte nur: „Na ja, dann lassen Sie nur nicht zu, dass er mich umbringt, ja?“

Ein weiteres längeres Schweigen folgte. „Ich werde mein bestes tun“, war die kalte Antwort. „Jetzt lasst uns von hier verschwinden, bevor ich Sie töte.“

Er lächelte ihr kurz zu, da er wusste, dass sie es hasste, aber er antwortete ihr nicht. 'Ich frage mich‘, dachte er, als er zum Rande des Lagers humpelte, 'ob du mich genauso hasst, wie ich dich hasse, Samantha Carter?’



*******************



Bei dem mühsamen Versuch den Weg hinauf in die Höhle zu klettern, begannen Jacks Beine zu zittern und der Schmerz in seiner Hand war schon fast unerträglich und wurde lediglich durch die stechenden Kopfschmerzen in den Hintergrund gedrückt. Es zerrte an seinen Kräften und es war ihm nicht mehr möglich noch etwas in der mondlosen Nacht auszumachen. Deshalb beschäftigte er sich mit dem Schmerz, der wie ein roter Schleier vor seinen Augen zu schweben schien und ihm die Sicht auf alles andere verdeckte. Er hatte sich schon schlechter gefühlt, redete er sich ein, als seine Knie leicht unter ihm nachgaben und nur Teal’cs starke Hand auf seinem Arm ihm davon abhielt den ganzen Weg wieder hinunter zu fallen. Er hatte sich schon schlechter gefühlt, aber nicht so sehr und es kam auch nicht besonders oft vor.

„Wir haben unser Ziel fast erreicht“, versicherte Teal’c ihm mit einem festen Griff um seinen Arm.

„Wirklich?“, murmelte Jack und schluckte hart gegen das trockene Würgen in seinem Halse an, welches der Schmerz hervorrief. „Schon so bald?“

Seine Versuche die Stimmung etwas zu heben, hatten auf Teal’c keinerlei Auswirkungen, welcher ihn lediglich schweigend auf das Gefälle der Anhöhe zog und mit einem Male umgab Jack die angenehme Kälte der Höhle. Danke Gott! Dankend sank er zu Boden, als sein Körper unkontrolliert zu zittern begann. Er hatte es kaum bis hier hergeschafft und er wusste mit absoluter Sicherheit, dass er es auf gar keinen Fall noch weiter schaffen würde. Neben sich hörte er, wie Teal’c in der Dunkelheit herumhantierte und dann lag seine Hand auf Jacks Schulter. „Leg dich hier hin“, wies er ihn an und mit einer überraschenden Vorsicht, führte er ihn zu eine der Matten, die er dort ausgebreitet hatte.

Mit einem Seufzen legte Jack seinen schmerzenden Körper auf dem Boden, sowohl frustriert über seine Untauglichkeit als auch resigniert über die Tatsache, dass er absolut nichts dagegen tun konnte. „Colonel O’Neill?“, fragte Teal’c schließlich und rüttelte leicht seine Schultern. „Du musst noch etwas trinken, bevor du einschläfst. Dein Fieber ist sehr stark.“

Mühselig stützte sich Jack auf seinem Ellbogen ab und streckte seine gesunde Hand aus. Sie zitterte, als er den kleinen Becher umklammerte, den Teal’c ihm entgegen hielt, aber er schaffte es trotz des Widerstandes in seinem Magen ein paar größere Schlucke zu nehmen. „Danke“, murmelte er, als er sich wieder hinlegte, und wunderte sich über die Fremdartigkeit von Teal’cs so offenkundiger Sorge. Und schon fast zeichnete sich ein Lächeln auf seinen Lippen ab, aber dann schoss ihn ein anderer Gedanke durch den Kopf. „Wo ist Carter?“, fragte er, während sich seine schweren Augenlider langsam schlossen. Mensch war er müde.

Teal’c antwortete ihm nach einem kurzen Schweigen. „Sie holt Colonel Maybourne zurück“, sagte er. „Kannst du dich nicht erinnern, wie ich dir von ihrem Plan erzählt habe?“

„Mayborune?“, fragte Jack zunehmend verwirrt. „Ich dachte der wäre tot?“

Ein weiteres Schweigen. „Schlaf jetzt, O’Neill. Ich werde Wache halten.”

„Ja“, schaffte Jack noch zu seufzen, als er sich langsam dem Schmerz entzog, der auf ihn einschlug. „Tu das.“



*******************



Die Schüsse aus den Stabwaffen prallten durch die Bäume, tauchten die Nacht für ein paar Sekunden in helles Licht. Sam lag flach auf ihrem Bauch, eine Hand drückte Maybourne neben sich in den Dreck. Daniel lag auf der anderen Seite von Maybourne, seine Arme lagen schützend über seinem Kopf geschlungen.
„Das war knapp“, murmelte er.

„Sie haben uns nicht gesehen“, versicherte Sam ihm. „Sie feuern ziellos in dem Versuch Maybourne aus seinem Versteck zu locken. Vergiss nicht, sie wissen nicht, dass wir hier sind.“

Unter ihrer Hand spürte sie, wie sich Maybournes abgemagerte Gestalt leicht bewegte. Sie musste zugeben, dass sie auf eine gewisse Art und Weise geschockt von seiner momentanen körperlichen Verfassung war, aber seine stichelnden Bemerkungen und das Fehlen jeglicher Menschlichkeit, ließ schon bald ihr Mitgefühl für ihn schwinden. „Das nennen Sie eine Rettung?“, knurrte er sich unter ihrem Griff windend.

„Halten Sie die Klappe, Maybourne“, zischte Daniel und ersparte ihr somit die Mühe.

Plötzlich hallte eine Stimme durch die Nacht. Es war ein Jaffa. Er rief etwas, was Sam nicht verstehen konnte. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie zu Daniel hinüber. „Daniel?“

„Uhm“, nickte er und starrte hinaus in die Dunkelheit. „Grob übersetzt… ‚Da entlang.’“

Mist. Sam nickte. „Dann können wir nicht hier bleiben“, flüsterte sie. „Halte dich bereit. Wir gehen Richtung Osten, bis wir sie abgeschüttelt haben, dann machen wir kehrt und gehen zurück zur Höhle.“

Daniel nickte, obwohl sie wusste, dass er keine Ahnung hatte, wo rechts und links war, ganz zu schweigen von Osten und Westen. Aber sie wusste auch, dass er ihr vertraute und dafür war sie ihm dankbar. Als sie aufstand, zog sie Maybourne mit sich aus dem Dreck. „Sie werden rennen“, sagte sie ihm, ihr Griff fest um seinen Arm. „Und es ist mir egal, wie sehr es Ihnen wehtut…“

Er starrte sie an. Die Missgunst sickerte aus jeder Pore, aber er hielt seinen Mund und nickte nur knapp. Sam erschauderte. Dieser Mann hatte Augen wie eine Klapperschlange und sein Charakter war nicht weit davon entfernt.



*******************



Teal’c saß in der Mitte der niedrigen Höhle, sein Blick starr auf den Eingang und die Dunkelheit dahinter gerichtet. Es waren bereits drei Stunden vergangen seit er und O’Neill hier angekommen waren und noch immer gab es kein Zeichen von Major Carter oder Daniel Jackson. In der Ferne echoten die Einschläge der Stabwaffen durch die Nacht und Teal’cs Kiefermuskeln spannten sich weiter an. Es nagte an ihm nur dazusitzen, während seine Freunde dort draußen der Gefahr ausgesetzt waren und dennoch… Er schaute kurz hinüber zu der Person, die neben ihm lag und er wusste, dass er nicht gehen konnte. O’Neill brauchte ihn, vermutlich sogar noch mehr als die anderen. Dass sein Freund so krank war, störte ihn gewaltig. Und als er O’Neill beobachtete, wie er sich in seinen Fieberträumen hin und her warf, erfasste ihn erneut die Vorahnung, die ihn schon seit Beginn der Mission begleitet hatte. Sie war kalt und erdrückend und wisperte vom Ende.

Er legte eine beruhigende Hand auf O’Neills Arm. „Sei stark, mein Freund“, sagte er ihm. „Ich werde nicht zulassen, dass es hier enden wird.“



*******************



„Verdammt“, murmelte Sam, als sie das flache Gefälle hinunterschaute und die teilweise glänzende Rüstung, der Jaffa durch die Bäume ausfindig machen konnte. „Ich hatte nicht geglaubt, dass sie sich so lange mit der Suche aufhalten würden.“

„Es sind gerade mal drei Stunden“, flüsterte Daniel von seinem Versteck hinter der kleinen Anhöhe aus, während sein Blick auf Maybourne gerichtet war.

Drei Stunden. Sams Gedanken wanderte zurück zu Jack, er war so blass und krank gewesen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Was, wenn es ihm jetzt noch schlechter ging? Was, wenn die Jaffa die Höhle gefunden hatten? Teal’c konnte sie nicht beide verteidigen und es bestand keinerlei Chancen, dass Jack in seinem Zustand fliehen konnte. Sie hätte nie gehen sollen, sie hätte das Team nie auf feindlichem Terrain trennen sollen, sie hätte…

„Sam?“, fragte Daniel offensichtlich nicht schon zum ersten Male.

Blinzelnd schüttelte sie sich aus ihren düsteren Gedanken. „Ja, entschuldige, was?“

„Schau“, sagte er mit einem Nicken Richtung der Jaffa. „Ich denke, sie gehen zurück zum Lager.“

Als sie zu den Bäumen schaute, konnte sie nichts ausmachen. Der Dschungel war ruhig, abgesehen von den nächtlichen Klängen der Kreaturen, die hier lebten. Sie hielt ihren Atem an, zählte bis zehn – noch immer nichts. „Endlich“, flüsterte sie und atmete langsam wieder aus.

„Ich muss schon sagen“, erklang Maybourns sarkastische Stimme, „das ist vermutlich die schlechteste Rettungsaktion, die ich bisher unglücklicherweise miterlebt habe.“

„Halten Sie Ihre gottverdammte Klappe“, sagte sie ihm und gesellte sich zu Daniel und Maybourne. Sie wandte sich an Daniel. „Ich werde nicht riskieren direkt zur Höhle zurück zu gehen. Wenn wir von hier aus Richtung Süden gehen, können wir das Gebiet, welches die Jaffa durchsucht haben, umgehen. Es wird vermutlich länger dauern, aber ich werde auf keinen Fall riskieren sie zu Ja… zu den anderen zu führen.“

Maybourne lachte leicht. „Haben wir immer noch unsere Geheimnisse, Samantha?“, stichelte er. „Sie sollten vorsichtig sein. Geheimnissen können ziemlich gefährlich sein, wissen Sie. Jemand könnte sie eventuell gegen einem benutzen.“

Das Verlangen zu ihm herum zu wirbeln war so groß, dass Sam sich bewusst stoppen musste, um ihm nicht eine runter zu hauen. „Bedenken Sie nur eines, Maybourne“, sagte sie ohne ihn anzusehen, „dass ich nicht denke, dass General Hammond *wirklich* allzu verärgert wäre, wenn Sie während der Flucht von ein paar Jaffas getötet werden.“ Schließlich schaute sie doch in seine Richtung und verlagerte ihre Waffe, so, dass sie bequem in ihrer Hand lag. „Verstehen Sie, was ich damit sagen will?“

Er erblasste leicht, aber in seinen Augen konnte sie den puren Hass sehen. „Herzlichen Glückwunsch, Major“, lächelte er spöttisch, „Sie sind mir gar nicht mehr so unähnlich.“

Mistkerl! Aber sie weigerte sich, sich darüber aufzuregen. „Daniel“, sagte sie stattdessen. „Behalte ihm im Auge.“ Und dann, ohne einen weiteren Blick, führte sie sie zurück in den Wald und in die dunkle, feuchte Nacht.



*******************



Jack tauchte hinab in eine merkwürdige, vernebelte Welt. Der Schmerz in seinem Kopf war immer noch penetrant, aber seine Hand bereitete ihm keinerlei Schwierigkeiten mehr. Und dafür war abgrundtief dankbar. Nach einer Weile bemerkte er, dass er an die Decke der Höhle starrte und drehte seinen Kopf in die Richtung aus der, die leichte Luftbriese zu schweben schien. Dunkle Bäume umgeben von Felsen waren lediglich Silhouetten gegen den Nachthimmel. Er erkannte diesen Ort. Er war schon einmal hier gewesen - mit Carter. Sie hatten hier geredet. Wann war das gewesen?

„Carter?“, flüsterte er und fragte sich, wohin sie gegangen sein mochte. Aber seine Stimme war nur ein Krächzen und er bezweifelte, dass sie ihn gehört hatte. Er wollte einen neuen Versuch starten, als er eine andere Stimme hörte.

„Colonel O’Neill.“

Jack lächelte leicht, als er die Teal’cs stetige Stimme erkannte. Ja, jetzt erinnerte er sich. Teal’c war hier bei ihm und Carter rettete gerade Maybournes Hintern.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Teal’c schließlich und kroch neben ihm.

Jack dachte einen Moment darüber nach. „Ich habe höllische Kopfschmerzen“, antwortete er mit kratziger Stimme, „aber ich denke, meiner Hand geht’s schon besser. Es tut nicht mehr weh.“

Über die Hälfte von Teal’cs Gesicht lag im Schatten, aber auch durch die Dunkelheit hindurch konnte Jack sein Unbehagen spüren. „Wir werden so bald wie möglich zum Stargate zurückkehren“, sagte er leise. „Dann wird es dir gut gehen.“

„Ja“, stimmte Jack ihm zu und rollte sich auf dem harten Boden herum, um eine bequemere Position zu finden. „Wie lang ist Carter jetzt schon weg?“, fragte er schließlich.

Teal’c antwortete ihm nicht sofort. „Ein paar Stunden“, antwortete er unbestimmt.

Augenblicklich begannen die Alarmglocken in ihm zu schrillen. „Wie viele Stunden?“

„Fünf“, war die ruhige Antwort. „Ich habe Schüsse gehört, aber das war vor zwei Stunden.“

Jack schloss seine Augen und versuchte sich nicht das Schlimmste auszumalen. „Sie werden es schaffen“, flüsterte er und betete, dass er die Wahrheit sprach. „Carter ist viel zu klug, um sich von ein paar dummen Jaffas gefangen nehmen zu lassen.“ Er schielte zu Teal’c. „Nichts für ungut.“

„Schon in Ordnung“, versicherte Teal’c ihm mit dem Hauch eines Lächelns. Und dann fügte er ernster hinzu: „Du solltest dich jetzt ausruhen. Die Reise zurück zum Tor wird ziemlich anstrengend für dich werden.“

Jack schnaubte leicht. „Was du nicht sagst“, murmelte er und ließ sich erneut zurück in die stille, schmerzfreie Vergessenheit reißen. Seine letzten, ängstlichen Gedanken jedoch, galten Carter.



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Das erste Tageslicht entzog dem Himmel seine Farbe, als Daniel Maybourne in Richtung des felsigen Abhanges schubste, der ihnen letzte Nacht als Unterschlupf gedient hatte. Er war erschöpft und hungrig, aber erleichtert, dass ihnen keine weiteren Jaffas über den Weg gelaufen waren. Teal’c, so schien es, hatte recht behalten – die Suche war nur kurz und halbherzig gewesen.

„Sie erwarten, dass ich da raufklettere?“, beschwerte sich Maybourne sauer und blieb direkt vor dem Abhang stehen.

„Es ist nicht weit“, sagte Daniel ihm matt, da er das ständige Gemecker dieses Mannes so leid war. „Sie werden das schon schaffen.“

„Mit diesem Arm?“, fragte er und hielt seinen gekrümmten Arm hoch. „Ein Geschenk von Apophis übrigens“, sagte er mit einem wütenden Blick Richtung Sam, welche etwas abseits von ihnen stand und hinauf zu dem dunklen Maul der Höhle starrte.

„Na ja“, seufzte Daniel, „es ist nicht gerade so, als ob Sie eine Wahl haben, also könnten Sie auch gleich…“

„Oder was?“, wollte er wissen. „Sie denken doch nicht wirklich, dass Sie mich da raufschleifen können, oder?“

Mit bedachter Langsamkeit tastete Daniels Blick Maybournes mageren Körper ab. „Ich denke schon…“, antwortete er ihm und sah ihn schließlich bestimmt an.

„Mach dir keine Mühe“, sagte Sam schließlich, als sie sich von dem felsigen Gesicht abwandte und die beiden ansah. Ihre Gesichtszüge waren hart und wütend und Daniel konnte mit Sicherheit sagen, dass der kleine Anteil von Geduld, den sie für Maybourne übrig hatte, schon längst ausgeschöpft war. „Wenn er nicht mit uns dort hinaufklettert, dann fesseln wir ihn einfach an einen der Bäume hier und binden ihn erst wieder los, wenn wir bereit sind, zurück zum Tor zu gehen.“ Ihre blauen Augen waren aus purem Eis, als sie ihren Blick auf Maybourne richtete. „Ganz wie Sie wollen“, sagte sie ihm.

Maybournes Gesicht verzog sich, und als er seinen Mund öffnete, um etwas zu erwidern, füllte sich die Luft mit einem lauten Geräusch, das sogar die Erde zum Beben brachte. Ein Schatten flog über Daniel hinweg. Er schaute hinauf und sein Herz sank so schnell, dass es fast in seinen Zehen landete. Es war ein Schiff. Ein riesiges, gottverdammtes Mutterschiff.

„Es landet!“, schrie Sam über den ohrenbetäubenden Lärm hinweg. „Los, wir müssen in die Höhle! SOFORT!“

Daniel lachte schon fast bei dem Anblick von Maybourne, wie er über die Felsen krabbelte. Er war auf einmal so schnell, dass er wie eine Bergziege aussah. Aber der Gedanke von einem Mutterschiff voll mit Jaffa, das nur wenige Meter von ihnen landeten, versetzten seiner Belustigung einen Dämpfer und er eilte mit mehr Grazie hinter Maybourne her. Ihre einzige Chance war sich zu verstecken.



*******************



Teal’c musste die Höhle nicht verlassen, um zu wissen, was dieses Geräusch bedeutete. Der Goa’uld landete sein Schiff, um seine restlichen Arbeitskräfte einzusammeln, wenn Major Carter gescheitert war, in ihrer Mission Maybourne zu befreien, dann würde sie keine zweite Chance bekommen. Hinten am Horizont konnte der den Sonnenaufgang sehen. Im weichen Licht fiel sein Blick auf O’Neills blasses Gesicht, wo er schlafend an seiner Seite lag. Vorsichtig berührte er die Stirn des Mannes und die erhitzte Haut ließ sein Unbehagen nur noch vertiefen. Trotz seiner kurzen Klarheit wusste Teal’c, dass sich O’Neill Zustand verschlechterte und nicht verbesserte. Unweigerlich wanderte sein Blick zu der geschwollenen Hand des Colonels. Inzwischen war aus dem Rot ein dunkles Lila geworden. Das war schlecht, sagten ihm seine Jahre der Erfahrung. Sehr schlecht.

Ein Geräusch von außerhalb der Höhle, riss seinen Blick zurück zum Eingang, seine Hand griff automatisch nach seiner Waffe. Langsam und lautlos stand er auf. Er versteckte sich im Schutz des Schattens und stellte sich an eine Stelle am Eingang, von wo aus er den besten Überblick hatte. Für einen kurzen Moment festigte sich sein Griff um seine Waffe, als er sah, wie ein Mann vorsichtig das Geröll hinaufkletterte. Aber dann sah er Daniel, der direkt hinter dem Fremden war und hinter ihnen beiden kletterte Major Carter. Ihr Blick wanderte zwischen dem Himmel und der Höhle hin und her. Der Fremde, erkannte Teal’c schließlich, war Maybourne, auch wenn es ihm schwerfiel, den Mann in ihm zu sehen, den er kannte.

„Teal’c!“, rief Carter augenblicklich. „Du hast es geschafft!”
Ihre Erleichterung spiegelte sich kurzeitig in ihrem breiten Lächeln wieder, bevor es von einem Stirnrunzeln ersetzt wurde. „Sie landen das Schiff“, rief sie, als sie sich zu ihm hinaufzog.

„Ich habe es bemerkt“, sagte er ihr und sie lächelte aufgrund der Ironie in seiner Stimme.

Auch als er sich zu Maybourne umdrehte, senkte er seine Waffe nicht, als dieser sich nach oben zog. Er schwitzte und war vollkommen außer Atem. Nichtsdestotrotz behandelte Teal’c den Mann mit dem Argwohn, den er verdient hatte. „Colonel Maybourne“, sagte er schließlich und begutachtete das ausgemergelte Gesicht.

„Teal’c“, antwortete Maybourne, als er tief ein und ausatmete. Bedacht sah er sich um, so als ob er erwarten würde jeden Moment einer Gefahr ausgesetzt zu sein. Teal’c lächelte leicht – er hielt offensichtlich Ausschau nach O’Neill.

„Wir sollten rein gehen“, sagte Daniel Jackson schließlich, als er oben ankam.

„Dem stimme ich zu“, antwortete Teal’c, als er einen Schritt zur Seite ging. „Ich werde noch auf Major Carter warten.“

Daniel nickte knapp und mit einer Hand auf Maybournes Schulter, stieß er ihn in die Dunkelheit.

„Teal’c?“ Die Stimme gehörte Carter. „Wie geht’s Colonel O’Neill?“, fragte sie augenblicklich, als sie schließlich neben ihm stand. Sie gab ihr Bestes teilnahmslos zu wirken, aber Teal’c konnte die Sorge in ihren Augen sehen.

Ihm tat es so leid, dass er keine besseren Neuigkeiten hatte. „Ihm geht es schlecht“, sagte er ihr die geradewegs heraus. „Er hat noch immer hohes Fieber, er ist kaum bei klarem Verstand… und er hat jegliches Gefühl aus seiner Hand verloren…“

„Mist!“, zischte Carter und überraschte ihn mit der Wucht ihres plötzlichen Ausbruches. Für einen kurzen Moment schloss sie kopfschüttelnd ihre Augen, um die Kontrolle wieder zu erlangen, bevor sie ihn erneut ansah. „Tut mir leid“, murmelte sie. „Er kann seine Hand nicht spüren?“

„Das letzte Mal, als er aufgewacht war“, erklärte Teal’c, „da hat er mir gesagt, dass er keinen Schmerz mehr spürte – jedoch ist seine Hand ernsthaft infiziert, vielleicht sogar noch schlimmer.“

„Schlimmer?“ Ihre Stimme war nur noch ein ängstliches Flüstern.
„Wir müssen sobald wie möglich zum SGC zurückkehren“, schlug Teal’c vor, da er ihre Vorstellungen nicht noch weiter füttern wollte.

„Ja“, nickte Carter. „Aber glaubst, du wir können es riskieren tagsüber zu gehen?“

Sein Blick ruhte auf dem langsam landenden Schiff, während er einmal tief einatmete. „Ich befürchte, dass das Risiko es nicht zu versuchen, eventuell viel schlimmer sein könnte“, sagte er. „Colonel O’Neill ist sehr krank.“



*******************



Seit Stunden saßen sie jetzt schon in dieser stinkenden Höhle fest, während draußen die Sonne durch die Wolken gebrochen war und der Dschungel in der Hitze glänzte. Nicht dass sich Maybourne beschweren würde. Nach der Nacht, die sie ihm zugemutet hatten, da brauchte er die Ruhe. Also saß er mit dem Rücken an der Wand gelehnt und kaute auf dem Essen herum, welches Jackson ihm widerwillig gegeben hatte – die Essensrationen des Militärs waren noch nie so köstlich gewesen!

Als er jeden Bissen genoss, beobachtete er das erbärmliche kleine Drama, welches sich vor seinen Augen abspielte und ihn mit Zufriedenheit erfüllte. O’Neill, so schien es, war krank. Maybourne hatte nur kurz seine geschwollene Hand gesehen, als Jackson ihn grob in die Höhle gestoßen hatte und selbst er war bei diesem Anblick leicht zusammengezuckt. Wenn es nicht O’Neill gewesen wäre, dann hätte er vermutlich sogar so etwas wie Mitleid empfunden. Aber das war nicht der Fall und so lachte er leise in sich hinein. „Herr Gott, Jack, Sie sehen ja noch schrecklicher aus als ich.“

Bei diesem Kommentar hatte Jack seine Augen geöffnet, sein Blick war verschwommen und desorientiert und dennoch hatte er nichts von seiner scharfen Intelligenz eingebüßt. „Maybourne“, krächzte er. „Ich hätte Sie schon vor Jahren töten sollen.“

„Das beruht wohl auf Gegenseitigkeit“, war seine Antwort gewesen, als Jackson ihn auf den Boden gedrückt hatte.

„Bleiben Sie dort sitzen und halten Sie Ihre Klappe“, war alles, was Daniel sagte und er wandte sich augenblicklich an O’Neill.

„Jack?“, hatte er mit weicherer Stimme gefragt und war neben ihn gekrochen. „Wie geht’s dir?“

„Großartig“, hatte O’Neill mit seinem typisch trockenen Humor geantwortet. „Mir ging’s noch nie besser.“ Und dann hatte er sich verraten. Unruhig hatte er gefragt: „Wo ist Carter?“

„Noch draußen bei Teal’c“, hatte Jackson ihm geantwortet. „Ihr geht’s gut, aber…“

„Aber?“, kam die schwache Nachfrage.

„Das Goa’uld-Mutterschiff landet gerade, also…“

O’Neill hatte schwer geseufzt. „Also, bleiben wir wohl noch ein bisschen länger?“

Daniel nickte. „Du wirst es schaffen?“

„Habe ich denn eine Wahl?“

„Nein“, antwortete Daniel langsam. „Nicht wirklich.“

Und so vergingen die Stunden. O’Neill erlangte hin und wieder das Bewusstsein und sein loyales Team saß immer abwechselnd bei ihm, sie ermutigten ihn etwas zu trinken oder versuchten sein Fieber mit kalter, nasser Kleidung zu lindern. Es war eine verabscheuende Darstellung von Gefühlsduselei, die Maybourne schon fast in Versuchung führte mit den Jaffas mitzugehen. Fast.

Jetzt saß Carter bei Jack, eine Hand ruhte schon fast abwesend auf seinem gesunden Arm, als sie mit Teal’c flüsterte. „Auf gar keinen Fall kann er in dieser Verfassung laufen“, sagte sie. „Denkst du, du könntest ihn den gesamten Weg zurücktragen?“

„Colonel O’Neill ist nicht leicht“, gab Teal’c mit seiner gewöhnlichen Untertreibung zu. „Jedoch glaube ich, dass ich es schaffen könnte.“

Carter nickte. „Wir werden nur langsam vorankommen“, hob sie hervor. „Vielleicht sollte ich alleine gehen und ein medizinisches Evakuierungsteam holen?“

„Das wäre auch nicht schneller“, sagte Teal’c mit einem Kopfschütteln.

Offensichtlich frustriert schloss Carter ihre Augen. „Verdammt“, murmelte sie. „Ich hätte ihn letzte Nacht direkt zurück zum Tor bringen sollen. Das ist alles nur meine Schuld.“

„Du konntest nicht wissen, dass sich sein Zustand so schnell verschlechtert“, antwortete Teal’c. „Oder, dass das Goa’uld-Schiff so bald hier landen würde.“

Leugnend schüttelte sie den Kopf. „Er war bereits sehr krank gewesen, Teal’c“, flüsterte sie. „Er hatte mir das Kommando gegeben! Ich hätte es wissen müssen.“ Sie verstummte kurz und haute mit ihrer Faust gegen ihr Bein. „Verdammt noch mal, ich hatte es gewusst! Aber ich war so entschlossen nicht meine…“ Wütend schnitt sie sich selbst das Wort ab. „Ich war ein Idiot und der Colonel bezahlt jetzt den Preis dafür.“

„Ich glaube nicht, dass Colonel O’Neill es so sehen würde“, versicherte Teal’c ihr.

„Ganz richtig“, mischte sich jetzt Maybourne ein, sodass ihre beiden Köpfe in seine Richtung flogen. Er zuckte leicht mit den Schultern. „Jack würde seiner kleinen Majorette nie für irgendwas die Schuld geben, nicht wahr, Sam?“

Ihre Augen verzogen sich zu eisigen Schlitzen. „Sie können mich mal, Maybourne“, stieß sie verächtlich hervor.

Er begann anzüglich zu grinsen. „Also verstehe ich das jetzt richtig, dass Sie jetzt *jedem* Senior Officer Ihre speziellen Dienste anbieten, Major?“

Es amüsierte Maybourne zutiefst die Mischung aus Schock, Wut und totaler Verlegenheit auf ihrem Gesicht zu sehen. Doch das hatte ihn von Teal’c abgelenkt, bis dieser ihn hart gegen die Wand presste, sein Unterarm drückte ihm die Luftzufuhr ab. „Wenn du noch einmal“, flüsterte Teal’c scharf, „respektlos von Major Carter sprichst, dann werde ich dir deine Zunge herausreißen und sie stückweise an dich verfüttern. Verstanden?“

So gut es ging nickte er, doch er schaffte es nicht den Arm, der wohl aus Stahl zu bestehen schien, von seinem Hals zu entfernen. Maybourne schaute in Teal’cs unnachgiebigen Augen. „Ja…“, krächzte er. „… ich verstehe.“

„Ich mag dich nicht, Colonel Maybourne“, fügte Teal’c hinzu ohne seinen Griff auch nur einen Millimeter zu lösen. „Es wäre ratsam für dich, wenn du mich nicht noch einmal provozierst.“

Maybourne begann schon Sterne zu sehen und seine Finger kratzten schwach gegen Teal’cs Arm, als er sich plötzlich ohne Halt und nach Luft schnappend zu Boden fiel.

„Schweig“, befahl Teal’c ihm, als er seine Aufmerksamkeit wieder auf Carter richtete.

Mayboune sah, wie sie Teal’c ein knappes, verlegendes Lächeln schenkte und er nickte ihr kaum merklich zu. Ihre Unterhaltung kehrte wieder zu ihrem Ursprung zurück, wie sie die medizinische Versorgung bekamen, die O’Neill angeblich so sehr brauchte, aber Maybourne verspürte eine mürrische Befriedigung, als er sah, wie Carter bewusst ihre Hand von seinem Arm gezogen und noch mehr Distanz zwischen sich und ihm gebracht hatte. Er lächelte freudlos. Offensichtlich hatte sich seit ihrem letzten Treffen nichts zwischen den beiden geändert, was er vielleicht ansatzweise für sich ausnutzen konnte. Vermutlich noch nicht zu diesem Zeitpunkt, aber später. Wenn sie es schafften, ihn zurück zur Erde und ins Gefängnis zu bringen, besaß er zumindest etwas gegen die zwei Vorzeigemarionetten des SGC. Dieser Gedanke gab ihm etwas Trost. Natürlich hegte er nicht wirklich die Absicht, dass sie ihn auch nur in die Nähe der Erde brachten, aber dafür hatte er später auch noch genügend Zeit…


weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by Sally Reeve
Teil 3

Gegen Mitternacht war Sam drauf und dran aus ihrer Haut zu fahren, so stark war ihr Verlangen zu handeln, etwas zu tun, irgendwas, um Jack zu helfen. Er war ein paar Mal seit ihrer Rückkehr aufgewacht und beim ersten Mal hatte er sie leicht angelächelt. Beim zweiten Mal jedoch bezweifelte sie, dass er sie überhaupt erkannt hatte.

„Was für ein Tag ist heute?“, fragte er, als er dringend an ihrem Arm zog, und versuchte sich aufzusetzen. „Was für ein Tag…?“

„Shhh“, hatte sie gemurmelte und ihn zurück auf die Decken gedrückt. „Ist schon okay, Sir.“

„Nein“, beharrte er immer aufgewühlter. „Ich muss es wissen… Sagen Sie mir, was für ein Tag heute ist!”

„Mittwoch“, hatte sie schließlich geflüstert.

Er blinzelte kurz und schüttelte dann seinen Kopf. „Ich muss gehen“, hatte er plötzlich verkündet und sich aufgerichtet. Sam hätte ihn fast nicht mehr rechtzeitig auffangen können, als er schwankend sein Gleichgewicht verlor und sie ihn vorsichtig wieder zurück auf den Boden setzte.

„Noch nicht“, hatte sie ihm gesagt und achtlos unter Maybournes neugierigen Augen sein Gesicht berührt. „Nur noch eine Weile, Colonel.“

„Sie verstehen nicht“, hatte er sie angeschnauzt und grob ihre Hand zur Seite geschlagen. „Ich muss jetzt gehen…“

„Sir, bitte…“

„Charlie wartet“, hatte er sie unterbrochen, ein wütender Blick ruhte auf ihr. „Ich hatte es versprochen…“

Ihr Herz zog sich von einem plötzlichen Schmerz zusammen und Stille hatte die kleine, feuchte Höhle gefüllt. Jeder hatte zugehört, unbehaglich und aufgewühlt von seinen fieberhaften Worten. „Es ist okay“, war ihre hilflose Antwort gewesen. „Ruhen Sie sich jetzt aus.“

„Ich hatte versprochen dort zu sein“, hatte er gemurmelt und griff nach ihrer Hand. „Sie müssen mir helfen… Charlie…“

„Das werde ich“, versprach sie ihm, da sie nicht gewusst hatte, was sie ihm sonst hätte antworten sollen. „Aber Sie müssen sich jetzt ausruhen. Charlie würde es verstehen.“

Mit einem schwachen Kopfschütteln schloss er seine Augen. „Er ist doch noch ein Kind… er ist zu jung…“

Und dann hatte ihn der Schlaf wieder übermannt und seine Finger fielen lose von ihrer Hand. Sie musste hart mit sich kämpfen die Tränen hinunterzuschlucken, die ihr die Kehle zuschnürten, aber die schon fast panische Verzweiflung ihn endlich nach Hause zu bringen, war nicht so einfach zu kontrollieren. Und es fraß sie auf, nagte an ihren Nerven, bis sie dachte, dass sie reißen würden.

Draußen stach die Sonne auf die Bäume, aber sie hatten bisher keine Anzeichen von irgendwelchen Jaffas gesehen. Sie fragte sich, ob es das Risiko wert war jetzt im hellen Tageslicht mit dem Mutterschiff, welches über ihnen schwebte, aufzubrechen? Aber konnten sie noch länger warten? Konnte Jack?

„Sam?“, riss Daniel sie flüsternd aus ihren Gedanken.

Sie drehte sich zu ihm um. „Ja?“

Sein Gesicht verzog sich leicht zu einer Grimasse, als er vorsichtig das Thema ansprach. „Ich glaube nicht, dass es Jack besonders gut geht.“

„Nein“, stimmte sie ihm zu. „Geht es nicht.“

„Ich denke, dass wir jetzt vielleicht aufbrechen sollten.“

„Mein Gedanke“, sagte sie ihm. Aber als sie hinüber zum Colonel sah, der sich ruhelos in seinem Schlaf hin und her warf, schüttelte sie ihren Kopf. „Wir werden unglaublich angreifbar dort draußen sein.“

„Ja“, nickte Daniel. „Aber was ist die Alternative?“

„Es gibt keine“, entschied Sam und lächelte Daniel angespannt an. „Komm schon“, sagte sie schließlich, als sie aufstand. „Ich brauche deine Hilfe.“ Sie machte einen großen Schritt über Jack hinüber und erreichte den Eingang der Höhle mit wenigen Schritten. „Teal’c“, sagte sie. „Behalte Maybourne im Auge. Und halte dich bereit. In einer halben Stunde brechen wir auf.”

„Natürlich, Major Carter“, versichere er ihr, als er seinen Kopf leicht zur Seite legte. „Darf ich vielleicht fragen, warum du Daniel Jackson mit dir mitnimmst?“

„Wir werden etwas zusammenbasteln, mit dem wir Colonel O’Neill tragen können“, war ihre Antwort und sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie seinen belustigen Blick sah. Dann wandte sie sich zurück an Daniel. „Nimm deine Jacke und die des Colonels mit.“ Sie schnappte sich ihre Eigene und drehte sich erneut zu Teal’c um. „Falls du irgendwelche Jaffa sehen solltest, dann versuch nicht uns zu erreichen. Haltet euch verdeckt.“

„Wie du wünschst“, antwortet Teal’c und trat einen Schritt zur Seite, damit sie an ihm vorbeigehen konnte.

Mit Daniel auf ihren Fersen kletterte sie die Felsen wieder hinunter und zurück in das dichte Gestrüpp. Die Hitze der Sonne war stickig und der gesamte Dschungel war ein einziger Ofen; es war so feucht, dass es ihr schon fast unmöglich war zu atmen.

„Okay“, sagte Daniel, als er die Jacken auf dem Boden fallen ließ. „Dann gehe ich mal recht in der Annahme davon aus, dass wir diese hier nicht mehr tragen werden?“

Sam lächelte. „Nein, wir werden eine Trage basteln. Zunächst müssen wir ein paar gerade Äste finden, ungefähr zwei Meter lang.”
Es dauerte etwas inmitten des Gestrüpps das Passende zu finden, aber schließlich fanden sie das, was sie brauchten. Sam nahm ihr Taschenmesser und richtete die Äste so gut es ging damit her. „Daniel“, sagte sie, als sie arbeitete, „öffne alle Reisverschlüsse an den Jacken.“

Als sie fertig war, ließ sie grob geschnitzten Stangen auf den Boden fallen und fuhr sich mit einer Hand über ihre schweißbedeckte Stirn. „Gott, ist das heiß“, brummte sie.

„Und was jetzt?“, fragte Daniel und runzelte nur bei dem Anblick von dem Haufen der Jacken und den hölzernen Stangen die Stirn.

Sam lächelte. „Langsam“, sagte sie. „Wir binden die Jacken einfach um die Stangen und – Simsalabim – eine Trage.“

Daniel zog anerkennend seine Augenbrauen hoch. „Das ist clever“, gab er zu. „Ich hätte nie dran gedacht.“

Sam lachte, als sie damit begannen die erste Stange durch den Ärmel ihrer Jacke zu schieben. „Na ja, mir gehört nicht das Lob“, versicherte sie ihm. „Es ist ein allgemeines Verfahren.“

Schon bald waren alle drei Jacken fest an den Stangen befestigt und sie hatten eine brauchbare Trage und Sam nickte zufrieden. „Okay“, seufzte sie schließlich, als sie nach ihrer halb leeren Wasserflasche griff. „Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, wie in Gottes Namen wir den Colonel von der Höhle hier runter bekommen.“

Daniel schielte den felsigen Abhang hinauf. „Ich nominiere Teal’c“, sagte er nach einem Moment.

„Es ist ziemlich steil“, bemerkte Sam, als sie ein Schluck von ihrem Wasser nahm. „Selbst für Teal’c dürfte es schwierig werden. Und Jack ist nicht gerade leicht.“

„Ich werde ihm helfen“, bot sich Daniel an und sah sie über seinen Brillenrand hinweg an. „Während du Maybourne im Auge behältst.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich traue ihm kein Stück.“

„Genauso wenig wie ich“, versicherte sie ihm. Dann seufzte sie mit einem Kopfschütteln. „Und all das nur um diesen Mistkerl zu retten“, sagte sie müde. „Wenn Jack irgendwas passieren sollte…“ Sie verstummte, wütend darüber, dass sie seinen Namen vor Daniel benutzt hatte.

Aber Daniel schien es nicht bemerkt zu haben, er legte lediglich eine beruhigende Hand auf ihre Schultern. „Ihm wird es gut gehen, Sam. Tut es das nicht immer?“

„Fast immer“, stimmte sie ihm zu. „Aber…“

„Komm schon“, unterbrach er sie. „Lass uns jetzt gehen. Je eher wir ihn in Janets barmherzige Hände übergeben, desto besser.“

Sam lachte leicht, als sie sich auf den Weg zurück zur Höhle machten. „Janet wird uns umbringen“, sagte sie ihm. „Letzte Woche hat sie mir erzählt, dass sie ihren Urlaub so arrangieren wird, dass er mit dem Rückkehrplan von SG-1 übereinstimmt.“

„Im Grunde“, antwortete Daniel, „glaube ich, dass sie die neuen Herausforderungen, die wir ihr immer durch das Stargate mitbringen, richtig genießt. Du und ich, wir bekommen die Technologie und Artefakte und Janet bekommt die ganzen außerirdischen Plagen und Insektenstiche.“

Lächelnd begann sie damit die Felsen wieder hinaufzuklettern, dankbar für Daniels beständige Freundschaft. Er hatte schon immer die richtigen Worte gewusst. Sie hoffe nur, dass er recht hatte, denn wenn Jack es nicht schaffen würde… Sie schluckte hart und verdrängte diesen Gedanken. Ihn nach Hause zu bringen, war alles, was jetzt zählte. Im Moment war es das Beste und auch Einzige, was sie für ihn tun konnte.



*******************



Janet Fraiser würde niemals zugeben so etwas wie Vorahnungen zu haben. Sie glaubte nicht an diesen Schwachsinn. Aber gelegentlich erwachte ein Pulsieren in ihrer Brust; eine gewisse Unruhe, die sich von nichts ablenken ließ. Etwas, flüsterte eine Stimme in ihr, würde passieren. Etwas Großes. Etwas Schlimmes. Und egal wie oft sie sich schon eingeredet hatte, nicht so lächerlich zu sein, pulsierte diese Unruhe in ihr immer weiter.

Und so schweifte sie mit ein paar Akten unterm Arm geklemmt rein zufällig durch den Kontrollraum und schielte ganz beiläufig über die Schulter von Lieutenant Khan.

„Kann ich Ihnen behilflich sein, Doctor?“, fragte der Lieutenant mit einem neugierigen Blick.

„Uhm“, nickte Janet mit einer Lässigkeit, die sie in Wirklichkeit nicht besaß. „Ich habe mich nur gefragt, welche Teams gerade draußen sind.“

Khan lächelte. „Eins, vier und acht“, antwortete sie augenblicklich. „SG-1 wird heute Abend zurückerwartet, SG-4 und SG-8 nicht innerhalb der nächsten sechsunddreißig Stunden.“

Janet nickte. SG-1. Natürlich. „Haben wir schon was von Colonel O’Neill gehört?“, fragte sie.

„Nein, Ma’am“, antwortete der Lieutenant. „Nichts.“ Dann runzelte sie besorgt die Stirn. „Gibt es ein Problem?“

„Nein“, versicherte ihr Janet schnell. „Kein Problem.“ Hoffe ich zumindest, fügte sie noch schweigend hinzu. Erst jetzt war sie sich bewusst, dass die anfängliche Unruhe in ihrer Brust bereits zu einem schrillenden Alarm mutiert war. SG-1. Warum musste es immer SG-1 sein?



*******************



Teal’c war erschöpft. Sie marschierten jetzt bereits seit fast acht Stunden und davon die Letzten beiden in vollkommener Dunkelheit. Und all die acht Stunden über hatte er ein Ende der Trage gehalten, auf der Colonel O’Neill lag. Seine Schultern schmerzten, auf seinen Händen befanden sich von rauem, geschnitzten Holz Blasen und…

„Meine Arme bringen mich um“, murmelte Daniel vom anderen Ende der Trage aus. „Teal’c, ich muss für eine Minute anhalten.“

„Gerne“, stimmte Teal’c ihm diesmal schneller als normal zu. „Major Carter“, rief er sie leise. „Wir halten an.“

Vor ihm sah er, wie sie sich im Schatten zu ihnen herumdrehte. Es war ein blasses Gesicht, welches sich gegen die Dunkelheit abzeichnete. „Ja“, seufzte sie, als sie die paar Schritte zwischen ihnen schloss. „Gute Idee.“

Vorsichtig setzten er und Daniel die Trage ab. O’Neill rührte sich nicht. Er war noch immer von dem Fieber und dem Schlaf vollkommen übermannt. Es waren bereits einige Stunden her, seit er das letzte Mal aufgewacht war und dann war er kaum ansprechbar gewesen. Als sich Teal’c dankend auf dem Boden setzte, sah er, wie Maybourne erschöpft wie ein nasser Sack nicht weit entfernt von Daniel auf den Boden fiel, der sich seine Schulter massierte. Maybournes Augen glitzerten dunkel, aber er sagte nichts, sondern beobachtete sie alle nur in einem betrübten Schweigen. Teal’c war wachsam. Er erkannte Schwierigkeiten, wenn sie ihn direkt anstarrten.

„Wie geht’s ihm?“, fragte Carter, die neben Teal’c kroch.

„Er hält durch“, antwortete Teal’c vorsichtig, da ihn nicht wirklich irgendwelche passenden Worte einfielen.

Der Major verzog das Gesicht und wischte sich mit einer Hand über ihr verschwitztes Gesicht, wodurch sie nur noch mehr Dreck auf ihrer Stirn verteilte. Mit einem Seufzen nickte sie, während sie zu Daniel und Maybourne hinüberschaute und schließlich ihren Blick zurück auf Teal’c richtete. Frustration spiegelte sich in jeder ihrer Bewegungen wieder, als sie mit einer Hand durch ihre verfilzten Haare fuhr. „Wir sind alle erschöpft“, sagte sie ihm. „Und der Dschungel wird immer dichter und dichter. Wir müssen uns ausruhen.“

Teal’c stimmte ihr zu, doch trotzdem teilte er ihr Unbehagen, die diese Verspätung mit sich brachte. „Wir werden schneller vorankommen, wenn wir uns erst einmal ausgeruht haben“, versicherte er ihr.

„Ja“, nickte sie mit gezwungener Zuversicht. „Das werden wir sicherlich.“ Dann schielte sie zu Daniel hinüber und sprach mit etwas lauterer Stimme. „Daniel, ruh dich etwas aus. Wir machen für 'ne Weile Pause.“

„Pause?“, fragte er mit einem verunsicherten Blick Richtung O’Neill. „Ist das klug?“

„Nur ein paar Stunden“, versicherte sie ihm. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, und solange es dunkel ist, können wir uns vielleicht auch etwas ausruhen. Es wird einfacher sein durch das Dickicht zu kommen, wenn wir erst einmal wieder sehen, was wir überhaupt tun.“

Widerspenstig nickte Daniel. „Vermutlich“, antwortete er und rieb sich abwesend über seine Schulter. „Im Grunde könnte ich eine Pause ganz gut gebrauchen.“

„Versuch zu schlafen“, riet ihm Carter und mit einem Blick zu ihrem Gefangenen fügte sie hinzu: „Sie auch, Maybourne. Ich will nicht, dass Sie hinterherhinken.“

„Sind Sie auch sicher, dass Sie nicht wollen, dass ich die Wache übernehme?“, fragte er. „Dann können Sie auch schlafen, Samantha.“

„Da schlafe ich lieber neben einer Klapperschlange“, knurrte Carter, als sie aufstand. „Ruht euch aus“, sagte sie ihnen etwas lauter. „Bei Morgengrauen geht’s weiter.“

„Ich werde die erste Wache übernehmen“, bot Teal’c ihr an, da er wusste, dass sie und Daniel den Schlaf nötiger hatten.

Carter nickte. „Danke“, sagte sie, während sie ihre Schlafmatte von ihrem Gepäck löste und sie in der Nähe von O’Neill ausbreitete. „Weck mich, wenn du Schlaf brauchst.“

„Das werde ich“, versicherte er ihr.

Als er sich er sich mit seiner Waffe in Reichweite an einen Baum gelehnt hinsetzte, ließ Teal’c seinen Blick über seine erschöpften Freunde schweifen, bis er schließlich auf Maybourne liegen blieb. Wenn er auf irgendwas diese Nacht aufpassen musste, dann war es er. Die Augen des Colonels trafen ihn flüchtig, bevor er feige seinen Blick von ihm abwandte. Aber Teal’c hatte die Wut in diesen Augen gesehen und er wusste, das Maybourne immer noch genauso verräterisch war wie damals.



*******************



Sam driftete zwischen Schlaf und Wachen hin und her. Während die eine Hälfte in ihr sich durch ihre unzähligen Ängste wandte, war die andere für jedes neue Geräusch, jede neue Gefahr in Alarmbereitschaft.

Und so hörte sie eine leise Bewegung neben sich. Sie war hellwach und innerhalb einer Sekunde saß sie mit pochenden Herzen aufrecht. Aber in ihrem Lager war es ruhig. Teal’c saß ganz in der Nähe, er beobachtete sie mit einem neugierigen Blick und neben sich sah sie, dass Jack sich bewegt hatte. Ein Bein hing über der Kante und sein Fuß lag auf dem lehmigen Boden.

„Major Carter?“, flüsterte Teal’c.

Als sie sich über ihren Nacken rieb, schüttelte sie nur den Kopf. Sie war vor Anspannung schon vollkommen steif. „Nichts“, seufzte sie. „Ich dachte nur, ich hätte was gehört.“

„Alles ist ruhig“, versicherte er ihr. „Selbst Maybourne schläft.“

Ihr lag bereits ein grimmiger Kommentar auf den Lippen, als sich Jack erneut bewegte, diesmal fiel sein Arm über die Kante und seine gesunde Hand landete auf ihrem Bein. Der Kontakt erschreckte sie beide, denn er blinzelte kurz und für einen Moment lag er einfach nur da und starrte sie an.

„Hey“, flüsterte sie und musste der Versuchung widerstehen seine Hand zu halten. „Wie geht’s Ihnen?“

Er blinzelte erneut. „Ich habe geschlafen“, krächzte er in einem Flüstern.

„Ja“, nickte sie mit einem leichten Lächeln, als sie seinen verlorenen Ausdruck auf seinem Gesicht sah.

Dann schloss er erneut seine Augen und rührte sich nicht. Er schwieg so lange, dass Sam schon annahm, dass er wieder in seinem Fieber gefangen war und so hob sie vorsichtig seine Hand von ihrem Bein und legte sie neben seine Seite. Aber bevor sie ihre Hand wegziehen konnte, festigten sich seine Finger um ihre und er öffnete seine Augen. „Was für ein Tag ist heute?“, fragte er sie.

Sam runzelte die Stirn. Was sollte das mit dem Tag schon wieder? „Mittwoch“, sagte sie ihm. „Mittwochnacht.“

Er drückte seine Augen zu, während er leicht mit dem Kopf schüttelte. Er murmelte etwas, aber Sam konnte es nicht ausmachen. „Ist schon okay, Sir“, beruhigte sie ihm, ihr Daumen streichelte über seine Hand. „Alles wird wieder gut.“

Aber Jack schüttelte erneut seinen Kopf und sein Mund bewegte sich leicht, sein Atem verließ seine Lippen in einem Flüstern.
„Sir?“, fragte sie und beugte sich näher zu ihm hin, um ihn zu verstehen.

„Sa…“, flüsterte er und mit einem Lächeln drückte sie leicht seine Finger.

„Hier“, antwortete sie leise. „Ich bin hier.“

Seine Augen öffneten sich ein weiteres Mal und durch einen Schleier des Fiebers sah er zu ihr hoch. „Sara“, flüsterte er. „Ich muss Sara sehen…“

Alles erstarrte. Trotz der Hitze, erstarrte alles; ihr Herz, ihr Blut, jeder Muskel in ihrem Körper. Einfach alles. Sara. Er fragte nach Sara. Sie brauchte eine ganze Weile, bevor sie auch nur annähernd ihre Sprache wieder fand. „Sara ist nicht hier, Sir.“

„Sagen Sie ihr, dass es mir leid tut“, drängte er sie dann, seine Finger festigten sich um ihre. „Bitte, Sagen Sie Sara, dass es mir leid tut…“

Sam schloss ihre Augen, sie war müde und erschöpft und die wütende Welle der Eifersucht drohte jede Sekunde sie zu überrollen. Sara. Er wollte Sara. Sie hatte Schwierigkeiten durch den Klumpen in ihrem Hals hindurch zu sprechen, aber sie schaffte dennoch ihre Stimme einigermaßen normal klingen zu lassen. „Das können Sie ihr selbst sagen, Sir. Wenn wir zurück sind.“

„Zu spät“, murmelte er. „Immer zu spät…“

„Schlafen Sie jetzt“, antwortete Sam, als sie seine Hand auf seine Brust legte und ihre Hand aus seinem Griff befreite. „Bald werden Sie zu Hause sein. Das verspreche ich, Sir. Bald.”

„Zu spät“, wiederholte er. „Es ist zu spät, Sam.“

Sam. Ihr Herz zerschellte in tausend Stücke. Er wusste, wer sie war und trotzdem fragte er nach Sara. 'Ich habe ihn verloren’, dachte sie wild. Und dann, mit einer bitteren Erkenntnis verstand sie die Wahrheit. 'Ich hatte ihn nie gehabt. All die Zeit über wollte er nur Sara.’

Tränen stachen in ihren Augen und sie wandte sich von ihm ab, legte sich zurück auf die Matte, rollte sich zusammen und starrte hinaus in die Dunkelheit. Er wollte sie nicht. Wenn es hart auf hart kam, dann wollte er Sara. Sara war es, die er *brauchte*. Und es tat weh. Gott im Himmel, es tat einfach nur weh.



*******************



„Ich weiß, dass du aufgeregt bist, Schatz“, sagte General Hammond, als er den Hörer zwischen Ohr und Schulter klemmte, um nach dem Bericht zu suchen, der noch auf einem Stapel lag. „Aber je eher du ins Bett gehst, desto früher ist dein Geburtstag.“

„Aber ich kann nicht schlafen“, war die klagende Antwort. „Ich bin so aufgeregt, weil Mom hat gesagt, dass…“

Ein scharfes Klopfen an seiner Tür entzog seine Aufmerksamkeit der aufgeregten Erzählung seiner Nichte. „Warte einen Augenblick, Schatz“, sagte er, als er den Hörer senkte und ein „Eintreten“, rief.

Captain Philips betrat den Raum. „General Hammond“, sagte er. „Ich dachte mir, dass Sie vielleicht wissen sollten, dass SG-1 ihre voraussichtliche Ankunftszeit bereits um mehr als eine Stunde überzogen hat, Sir.“

Hammond hatte Gefühl, dass sein Herz wie ein Stein zu Boden fiel. „Ich bin sofort da“, sagte er dem Captain, nickte ihm zu, dass er wegtreten könnte und hob dann den Hörer wieder an sein Ohr. „Ich muss jetzt gehen, Liebling. Ich sehe dich dann morgen.“ Er verzog bei den Worten sein Gesicht, da er hoffte dieses Versprechen auch einhalten zu können. Es war *nie* ein gutes Zeichen, wenn SG-1 zu spät war.

Sobald er aufgelegt hatte, war auch schon auf den Weg zum Kontrollraum. Zu seiner Überraschung sah er Janet Fraiser dort stehen, wie sie gedankenverloren auf das ruhende Stargate schaute.

„Doktor?“, fragte er, als er die Treppe hinunter kam.

„General Hammond“, nickte sie ihm zu und drehte sich langsam zu ihm um.

„Kann ich irgendwas für Sie tun?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Sir“, antwortete sie. „Ich war gerade in der Nähe und ich dachte mir, dass ich mal nachsehe, wann die voraussichtliche Ankunftszeit von SG-1 ist.“

Er runzelte leicht die Stirn. Das war ungewöhnlich. „Sie sind spät, Doktor.“

„Ja“, stimmte sie zu. „Das sind sie.“

„Das ist nicht vollkommen unerwartet“, hielt er ihr vor Augen.

„Nein“, nickte sie, „aber…“ Mit einem Kopfschütteln seufzte sie und verstummte.

„Aber was?“, wollte der General neugierig wissen.

Fraiser zuckte mit den Schultern. „Ich denke, ich habe hierbei einfach nur ein schlechtes Gefühl.“

„Ah“, antwortete er verstehend. „Ich verstehe.“

Sie sah ihn überrascht an. „Tun Sie?“

„Bauchgefühl, Doctor“, antwortete er. „Es ist immer richtig darauf zu hören.“

Mit hochgezogenen Augenbrauen schüttelte sie lediglich den Kopf. „In diesem Fall, Sir, hoffe ich, dass es falsch ist. Sehr, sehr falsch.“

Als er über ihren Kopf hinweg zum Stargate schaute, atmete Hammond einmal tief ein. Sein eigenes Bauchgefühl begann bereits zu stechen. „Das hoffe ich auch“, flüsterte er. „Das sind gute Menschen dort draußen.“

„Ja. Sir“, antwortete sie und sah ebenfalls zum schweigenden Tor. „Das sind sie.“



*******************



Der Morgen kam nur langsam, er nahm sich die Zeit durch die dicken Blätter der Bäume durchzudringen. Und als das fahle Licht über seine schlafenden Freunde fuhr, stand Daniel von seinem Platz auf, von wo aus er Wache gehalten hatte und machte sich dran sie zu wecken.

„Sam“, sagte er und rüttelte leicht ihre Schulter. „Es ist Morgen.“ Benommen öffnete sie ihre Augen, beringt mit Erschöpfung. Aber augenblicklich erkannte er, dass da noch etwas war, ein dunkler Schatten, der ihre blauen Augen grau erschienen ließ. Er runzelte die Stirn. „Alles in Ordnung?“

Sie schüttelte nur den Kopf und setzte sich auf. „Das wird es, wenn wir erst einmal zu Hause sind“, versicherte sie ihm. Als sie sprach, glitt ihr Blick kurz in Jacks Richtung und dann wieder zurück, so als ob dieser Anblick sie erstechen würde.

„Ja“, stimmte er ihr zu, verwirrt und nicht gerade wenig besorgt von ihrem Verhalten. „Wie lange glaubst du werden wir noch brauchen, bis wir beim Tor sind?“

Eine Hand fuhr durch ihre Haare, als sie aufstand. „Fünf oder sechs Stunden“, antwortete sie. Und dann sah sie hinüber zu Teal’c. „Hey, Teal’c, bereit, um weiterzugehen?“

Teal’c öffnete sofort seine Augen und in einer geschmeidigen Bewegung stand er auf. „Das bin ich“, bejahte er. „Jedoch glaube ich, dass Colonel Maybourne mehr Unterstützung braucht.“

Daniel schaute zu Maybourne hinüber, der ausgestreckt auf dem Boden lag. Mit nur wenigen Schritten war Sam an seiner Seite und stieß ihn mit ihrer Fußspitze in die Brust. „Aufstehen“, rief sie. „Wir brechen auf.“

Seine Augen öffneten sich, aber sein Gesicht blieb vollkommen gefühlskalt. „Auch Ihnen einen schönen guten Morgen, Samantha.“

Sie ignorierte seine Worte. „Keine Trödelei“, warnte sie ihn, bevor sie damit begann ihre Matte einzurollen und wieder an ihren Rucksack zu schnallen.

„Wie geht es Colonel O’Neill“, fragte Teal’c schließlich, als dieser neben Daniel stehen bleibt.

Mit einem Seufzen schüttelte Daniel nur den Kopf. „Keine Veränderung“, flüsterte er, sein Blick lag jedoch auf Sam, als sie verbittert ihre unkooperative Matte anknurrte. „Vor einer Stunde habe ich versucht ihm etwas Wasser zu geben, aber er hat es gleich wieder ausgespuckt.“

„Dann können wir von Glück sprechen“, antwortete Teal’c, „dass wir bald am Stargate sind. O’Neill braucht mehr medizinische Versorgung als wir ihm bieten können.“

„Ja“, nickte Daniel. „Stimmt.“

Sam stand auf und schwang ihren Rucksack auf den Rücken. „Genug geredet“, sagte sie ihnen grob. „Lasst uns gehen“ und dann etwas lauter: „Mabourne! Stehen Sie auf!“

Maybourne brummte irgendwas Unverständliches und stand auf, während Teal’c und Daniel nur einen neugierigen Blick austauschten. „Major Carter scheint diesen Morgen unzufrieden zu sein“, beobachtete er, als sie erneut die Trage hochhoben.

„Sie macht sich Sorgen um Jack“, antwortete Daniel, sein Blick auf Sam gerichtet, als sich in den dichten Dschungel kämpft.

„Genau wie wir alle.“

Daniel nickte nur. Er griff nach den hölzernen Griffen der Trage und ignorierte den Protest in seinen Schultern, als er sie hochhob. „Weißt du“, sagte er, als sie sich in Bewegung setzten, „wenn wir wieder zurück sind, dann werde ich erst einmal mit Jack darüber reden etwas abzunehmen. Es ist einfach unmöglich, dass er *so* schwer ist.“

„Vielleicht“, antwortete Teal’c, „solltest du mal in Erwägung ziehen stattdessen deine Muskeln zu trainieren. Der Fitnessraum im SGC ist da sehr effektiv.“

Daniel lachte auf. „Der Tag, an dem du mich dort trainieren sehen wirst, wird in der Hölle verdammt kalt sein.“

„Ich glaube, es ist niemals kalt in der Hölle.“

„Ah, ja“, antwortete Daniel mit einem Lächeln, „das war mein Punkt.“



*******************



Harry Maybourne schleppte sich hinter Jackson her und beobachtete ihn und Teal’c, wie sie damit kämpften ihre selbst gebastelte Trage durch das Dickicht zu manövrieren. Vor ihnen beseitigte Carter so gut es ging die Blätter, um ihnen ihren Weg zu erleichtern. 'Wende niemals deinem Feind den Rücken zu, Samantha’, warnte er sie schweigend. Seine Hand fuhr zu seinem Rücken, wo sie zuversichtlich gegen das tödliche Metallobjekt klopfte, welches sich gegen seine Haut drückte. 'Hat Jack dir denn gar nichts beigebracht?’

Sie schienen bereits seit Stunden unterwegs zu sein und die Sonne stand jetzt hoch am Himmel. Sie mussten dem Tor schon ziemlich nahe sein, was bedeutete, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, um seinen zu Plan gestalten. Er hatte bereits ein paar Vorteile und er war sich seines Erfolges sicher. Erstens unterschätzend sie ihn, beides, seine Kraft und sein Verlangen nach Rache. Zweitens waren sie alle erschöpft, sowohl von der Hitze als auch von den Unerbittlichkeiten der Mission. Er auf der anderen Seite hatte sich dieser Hitze bereits angepasst und hatte sich durch die Monate seiner Gefangenschaft bereits daran gewöhnt. Drittens würde er lieber sterben als ins Gefängnis zurückzukehren. Aber sie würden nicht das Leben des jeweils anderen riskieren, um ihn davon abzuhalten.

Die Chancen, so glaubte er, waren ziemlich ausgeglichen, auch wenn sie nicht ganz auf seiner Seite standen. Alles was er tun musste, war seine Augen offen zu halten und auf den richtigen Moment zu warten und dann…? Dann tat er was auch immer nötig war, um von diesem stinkenden Planeten zu entkommen und sich an dem so hochgeschätzten und mutigen SG-1-Team zu rächen.


weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by Sally Reeve
Teil 4

Janet schritt nervös durch die Krankenstation. Sie wünschte sich, dass sie ein paar Patienten hätte, um sich so von der langen Warterei abzulenken.

Zwölf Stunden. Das war es, was Hammond ihr letzte Nacht gesagt hatte. Such-und Rettungsteams würden erst nach mindestens zwölf Stunden der überschrittenen Ankunftszeit losgeschickt werden.
„Wir können nicht jedes Mal die Truppen losschicken, wenn ein Team überfällig ist, Doktor“, hatte er ihr gesagt. „Wenn sie in zwölf Stunden nicht zurück sind, dann fangen wir an uns Sorgen zu machen.“

Obwohl sich während des Sprechens seine Augenbrauen immer weiter hochgezogen hatten, fragte sich Janet, wen er eigentlich veräppeln wollte. Sich Sorgen zu machen, war das, was Leute wie er taten. Oh, es war einfach für die Teams dort draußen, sie reisten unbekümmert durch die Galaxis. Aber die Besatzungen hier auf dem Stützpunkt, die immer die Stückchen aufsammeln durften, für die gehörte es sich Sorgen zu machen bereits zum Leben dazu.

Nur war es diesmal anders. Diesmal hatte sie Angst die Stückchen nicht mehr alle zusammensetzen zu können.

„Du bist lächerlich“, sagte sie sich selbst und ging in ihr Büro. Die Krankenstation war auf alles vorbereitet, also gab es keinen Grund hier wie eine verlorene Seele herumzulungern. Sie hatte noch eine Tonne von Papierkram, den sie durcharbeiten musste und soweit sie es wusste, würde SG-1 gleich jede Sekunde zurückkehren und ihr sagen, dass sie sich verlaufen oder sich dem lokalen Gebräu hingegeben hatten und mit der Mutter aller Kater aufgewacht waren.

„Natürlich“, murmelte sie, als sie sich an ihren Tisch setzte, „wenn das der Fall sein sollte, dann bringe ich sie um. Langsam und schmerzvoll.“

Aber der trockene Kommentar fiel flach, selbst für sie. 'Bitte lass sie nicht tot sein’, betete sie schweigend. Nicht Sam mit ihrer so ansteckenden Lebensfreude oder O’Neill, welcher mehr als jeder andere eine zweite Chance für ein glückliches Leben verdient hatte, wenn er es doch nur zulassen würde. Und auch nicht Daniel, welcher noch so viel zu geben hatte oder Teal’c, ein Mann, der noch immer kämpfte, um seine Leute zu befreien und seine Ehre zu bewahren. Sie waren alle zu wichtig, noch so voller Leben um ihnen jetzt genommen zu werden.

Sie schaute auf ihre Uhr und seufzte. Noch vier Stunden bevor eine Suche gestartet werden würde. Mit einem erneuten Seufzen, nahm sie sich die erste Akte von dem Stapel und begann sie zu lesen, in der Hoffnung, dass jede Minute der Alarm losgehen würde, der ihr ankündigte, dass das Tor aktiviert wurde.



*******************



Es war schon lustig, wie sich heute alles noch hundertmal schlimmer anfühlte, dachte Sam düster, als sie sich durch die Sträucher kämpfte. Es war heißer, ihre Beine brachten sie fast um, das Wasser schmeckte noch schrecklicher und die verdammten Bäume schienen noch zugewachsener und undurchdringlicher zu sein.

Natürlich kannte sie den Grund. Sara. Ihr Name auf seinen Lippen war ein gewaltiger Hieb in die Magengrube gewesen. Sie schüttelte den Kopf und kam sich wie der letzte Idiot vor. Je mehr sie darüber nachdachte, desto offensichtlicher wurde es. Trotz allem war er mit dieser Frau zehn Jahre verheiratet gewesen. Sie hatten ein Kind zusammengehabt. Wie konnte *sie* ihm jemals so viel bedeuten, wie es Sara tat? Um Gottes willen sie war seine Frau gewesen. Ein paar gemeinsame Abenteuer und Berührungen mit dem Tode konnte man nicht mit zehn Jahre Ehe vergleichen! Und so krank, wie er war, war Jack wohl zu demselben Entschluss gekommen, genau wie schon vor drei Jahren in der Antarktis.

Sam seufzte, als sie einen Ast zur Seite schlug, um Daniel und Teal’c einen Weg frei zuschlagen. Sie wünschte sich, dass sie wütend auf ihn sein konnte, aber sie konnte es nicht. Sie zweifelte nicht an der Ehrlichkeit seiner Gefühle ihr gegenüber. Es war einfach nur, dass Sara einen ultimativen Platz in seinem Herzen hatte, welchen sie niemals einnehmen würde, können. Sara O’Neill war die Mutter seines Sohnes. Sam Carter war sein 2IC. Sara O’Neill war für zehn Jahre seine Frau gewesen. Sam Carter hatte für nur eine Nacht sein Bett mit ihm geteilt. Da gab es keinerlei Vergleich und sie war ein Idiot gewesen das nicht zu erkennen.

Zum ersten Mal seit dieser Nacht vor einem Jahr war sie unglaublich dankbar, dass die Regeln fest zwischen ihnen standen. Sie dachte nicht, dass sie es ertragen hätte, mit ihm in einer Beziehung zu sein, nur um dann herauszufinden, dass sie nur zweite Wahl war. Auf diesem Wege konnte sie sich wenigstens einen Teil ihrer Würde bewahren, auch wenn es nur ein kalter Trost war.

„Major Carter!“ Teal’cs Stimme erklang hinter ihr und sie drehte sich mit ihrer Waffe in ihrer Hand zu ihm um.

„Was?“

Aber Teal’c lächelte leicht und nickte auf etwas, das hinter ihr lag. „Schau.“

Als sie sich wieder zurückdrehte, schaute Sam auf und zu ihrer Überraschung, konnte sie einen flüchtigen Blick auf das Stargate durch die verwilderten Bäume erhaschen. Sie hatten es fast geschafft. „Endlich“, seufzte sie, die Erleichterung ließ sie lächeln. Jetzt war es fast vorbei.

„Danke Gott“, kam Daniels inbrünstige Antwort.

Sam schob den letzten Ast zur Seite und trat hinaus auf die kleine Lichtung, die das Stargate umgab. Hinter ihr tauchten Daniel und Teal’c auf und stellten vorsichtig die Trage mit Jack ab. Er rührte sich nicht.
Maybourne schlich hinter ihnen aus dem Dschungel und ließ sich neben der Trage auf den Boden fallen, während er sie teilnahmslos beobachtete.

„Ich hatte irgendwie halbwegs erwartet ein Empfangskomitee vorzufinden“, sagte Daniel, als er sich seine wunden Hände rieb. „Wir haben unsere voraussichtliche Ankunftszeit bereits überschritten.“

„Es ist noch nicht spät genug“, antwortete Sam und schaute hinunter auf ihre Uhr. Aber fast erkannte sie. Sie hatten noch ungefähr eine halbe Stunde. „Dann lasst sie nicht nach uns suchen“, schlug sie vor. „Daniel, würdest du bitte anwählen?“

Er nickte, ging um Jack herum zum DHD. Sam bemerkte, dass er leicht humpelte, und fragte sich, warum er nichts gesagt hatte. Und dann schaute sie an ihren eigenen Armen hinunter, zerkratzt und übersäht mit Schrammen von ihrer Bemühung sich durch das Dickicht des Dschungels zu kämpfen und sie erkannte, dass sie alle ziemlich angeschlagen waren. Ein paar Meter vor ihr, bog Teal’c seine Schultern und beseitigte die Knoten, die von fünf Stunden Tragen entstanden waren. Und sie wusste, wenn selbst Teal’c es fühlte, dann mussten es wirklich drei harte Tage gewesen sein. Vor ihr leuchtete das DHD auf, als Daniel die Koordinaten eingab und sie seufzte langsam erleichtert auf. Sie hatten es geschafft. Nach allem, was geschehen…

Mit einer unglaublichen Schnelle umfasste ein fester, drahtiger Arm ihren Hals, so dass ihr die Luft wegblieb. Und dann drückte etwas Hartes und Metallisches schmerzhaft gegen die Seite ihres Kopfes und ein Stimme krächzte in ihr Ohr: „Sagen Sie ihm, dass er aufhören soll, Samantha, oder ich bringe Sie um. Und glauben Sie nicht, ich würde es nicht genießen.“

Maybourne.



*******************



General Hammond stand schweigend im Kontrollraum und beobachtete teilnahmslos das Tor, wie es… gar nichts tat.

'Kommen Sie schon, Jack’, schallte er stumm, 'tun Sie mir das nicht schon wieder an!’

Aber es gab keine Antwort, das Stargate blieb hartnäckig stumm und die Minuten verstrichen. Elfeinhalb Stunden überfällig. Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand über seinen Kopf. Bereits zum hundertsten Male fragte er sich, ob er nicht zu alt für diesen Job war. Und dann, wie aufs Stichwort, betrat Janet Fraiser den Kontrollraum. Ihr Blick war so verängstigt wie sein eigener, als sie ihn fragend anschaute.

„Nichts“, sagte er ihr, bevor sie fragen konnte. „Es tut mir leid.“

Fraiser nickte nur. „Mein Team ist bereit“, sagte sie. „Haben Sie die Such- und Rettungsaktion bereits genehmigt, Sir?“

„Ich bin jetzt dabei es zu tun, Doktor“, versicherte er ihr, schon fast amüsiert über ihre Beharrlichkeit.

„Ich gehe und sammle meine Leute ein“, antwortete der Doktor. Ihre Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. „Wie lange, Sir?“

„Sobald ich Colonel Dempsey gerufen habe“, sagte er ihr. „Sie werden sofort aufbrechen.“

Sie nickte erneut. „Wir werden bereit sein.“

„Ich weiß, Doktor“, sagte er. „Aber ich hoffe, dass wir Ihr Team nicht benötigen werden.“

„Sie und ich, wir beide, Sir“, antwortete sie grimmig. Und dann mit einem letzten, knappen Nicken, wandte sich von ihm ab und verließ eilig den Raum. Sie ließ Hammond zurück, nur damit dieser ein weiteres Mal auf das ruhende Stargate schauen konnte. Fraiser hatte ein schlechtes Gefühl und er begann es zu teilen. Etwas war passiert. Etwas Großes. Er konnte es fühlen. Ein paar Dinge würden sich ändern…



*******************



„Daniel!“, rief Sam so laut sie konnte mit Mayborunes Arm um ihren Hals. „Hör auf!“

Daniel drehte sich mit der Hand über der Mitte des DHDs schwebend zu ihr um. Er starrte einfach nur, da er offensichtlich einen Moment brauchte, um zu verstehen, was er da vor sich sah und dann ließ er verzweifelt seine Hand an seine Seite fallen und Sam erkannte, dass seine Waffe verschwunden war. „Scheiße“, zischte sie.

Teal’c hatte sich bereits umgedreht, bevor Daniel ihr antworten konnte und Sam konnte den Schock und die Wut in seinem Gesicht sehen, die kurz über seine Züge huschten.

„Niemand bewegt sich“, sagte Maybourne und festigte nur seinen Griff um Sams Hals.

„Was zum Teufel tun Sie da, Maybourne?“, fragte Daniel. „Sie können nirgends hingehen.“

Er lachte, sein Atem heiß gegen ihr Gesicht und es war nicht sehr angenehm. „Kommen Sie schon, Dr. Jackson“, antwortete er. „Sie wissen genauso gut wie ich, dass ich so ziemlich überall in der Galaxie hingehen kann.“

Daniel riss seine Augen auf. „Sie wollen durch das Stargate?“
„Wirklich scharfsinnig“, war die Antwort. „Ich habe noch immer ein paar Freunde dort draußen.“

„Das kann ich mir nur sehr schwer vorstellen“, erwiderte Daniel.

Als er einen Schritt nach vorne ging, versuchte er damit Sam dazu zubringen sich zu bewegen. „Ich werde Ihnen nicht helfen“, beharrte sie und wehrte sich gegen ihn.

Aber er presste die Pistole nur noch fester gegen ihren Kopf und sagte: „Würden Sie lieber Ihr Gehirn auf dem Boden sehen, Major?“ Er drückte diesmal stärker gegen ihren Rücken und sie gingen ein paar stolpernde Schritte. „Doktor Jackson“, rief er. „Entfernen Sie sich vom DHD.“ Daniel runzelte die Stirn und schaute zu Teal’c hinüber, dann wieder zurück zu Maybourne, aber er bewegte sich nicht. Neben ihrem Ohr hörte Sam, wie sich die Sicherung löste. „Tun Sie es!“, schrie Maybourne und schubste Sams Kopf unter dem Druck der Pistole grob zur Seite.

„Okay!“, antwortete Daniel eifrig, als er leicht seine Hände hob und sich ein paar Schritte vom DHD entfernte.

„Und jetzt legen Sie sich auf den Boden“, bellte Maybourne. Dann drehte er sich zu Teal’c um, der um einiges näher stand und sie drohend beobachtete. „Du auch“, sagte er. „Leg dich neben Jackson.“

„Wenn du Major Carter verletzt“, warnte Teal’c ihm ruhig, „dann wirst du sterben.“

„Oh, erspare mir die leeren Drohungen, Teal’c“, zischte Maybourne. „Und jetzt leg dich auf den Boden oder sie stirbt, und zwar sofort.“

„Teal’c“, keuchte Sam. „Lass ihn nicht… argh!“ Sein Arm zog sich gewaltsam um ihren Hals, sodass sie gegen ihn stieß. Die Pistole, die an ihrem Kopf gedrückt war, begann zu zittern.

„Führe mich nicht in Versuchung, Samantha“, warnte er sie wütend. „Denn ich bin *so* kurz davor abzudrücken.“ Sam versuchte seinen Arm von ihrem Hals zu zerren, aber trotzt seines knochigen Erscheinungsbildes, schienen seine Muskeln aus Stahl zu bestehen und ihre Finger kratzten nutzlos gegen seinen Griff. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was sie mir angetan haben?“, zischte er plötzlich in ihr Ohr. „Wie sie mich gefoltert haben, als du Hakraa ermordet hast? Sie dachten, dass ich dein Komplize wäre!“ Er lachte schon fast hysterisch. „Verdammt ironisch, nicht wahr?“

„Das ist es, was Sie bekommen“, schnappte Sam nach Luft, „wenn Sie sich mit dem Teufel einlassen.“

„Ich habe versucht den Planeten zu verteidigen!“, schrie er. „Hakraa hätte uns gegeben, was wir gebraucht hätten, wenn du nur kooperiert hättest.“

„Kooperiert!“, keuchte Sam. „Um ein Wirt zu werden?!“ Verdammt, der Mann war vollkommen übergeschnappt! Aber übergeschnappt oder nicht, sie konnte spüren, wie sich die Hitze seiner Wut durch seinen stahlharten Griff in sie hinein brannte und Angst umklammerte mit kalten Fingern ihr Herz. Er wollte sie tot sehen, da hatte sie keinerlei Zweifel.

„Schiffe, Technologie“, zischte er und drückte sie noch ein paar Schritte Richtung DHD. „Wir hätten uns selbst verteidigen können, anstatt unter dem Tisch die Brotkrümel aufzusammeln, die die Asgard und Tok’ra fallen ließen!“

„Sie irren sich“, sagte Sam, ihre Stimme wurde immer flacher, als sie langsam begann alles nur noch verschwommen zu sehen, „sie hätte Sie umgebracht, wenn sie erst einmal das gehabt hätte, was sie brauchte.“

Sein Griff festigte sich weiter. „Wir hatten eine Vereinbarung“, zischte er. „Eine Vereinbarung, die *du* zerstört hast!“

Teal’c beobachtete sie. Noch immer nicht hatte er sich in Richtung Daniel bewegt, wo dieser auf dem Boden kniete und Maybournes Aufmerksamkeit kehrte zu ihm zurück. „Ich habe gesagt auf den Boden!“, schrie er.

„Ich kann dich nicht vorbeilassen“, beharrte Teal’c, seine Gesichtszüge so hart wie Granit.

„Ich bringe sie um“, knurrte Maybourne. „Ich habe bereits seit Monaten davon geträumt sie umzubringen.“

„Wenn du sie tötest“, sagte Teal’c ihm. „Dann werde ich dich töten. Aber ich kann dich nicht vorbeilassen.“

Selbst als sie kaum noch Luft bekam und immer schwächer wurde, konnte sie nicht verhindern, dass sie aufgrund von Teal’cs Beharrlichkeit ein Schwall von Stolz durchflutete. Besser tot als rot, nicht wahr?, dachte sie verwirrt. Besser tot als ein Wirt. Besser tot als…
Hinter sich hörte sie, wie eine Pistole entsichert wurde. „Lassen Sie sie gehen, Maybourne.“ Eine Stimme ganz dicht hinter ihr durchdrang den dichten Nebel in ihrem Kopf. Es hörte sich an wie… „Ich sagte, lassen Sie sie gehen.“ Jack!

Maybourne drehte sich erschrocken um und sein Griff lockerte sich so weit um ihren Hals, dass sie einmal tief durchatmen konnte. Es war alles, was sie brauchte. Sie nutzte Maybournes momentane Ablenkung, wirbelte herum, griff nach dem Arm mit der Pistole und zog ihn grob hinunter, als sie ihr Knie hob. Seine Hand prallte gegen ihr Bein und beförderte damit die Waffe auf Boden.

Fluchend krabbelte er auf dem Boden, um sie wieder zu greifen, aber ein heftiger Tritt in seinen Magen mit ihren Stiefeln, stieß ihn nach Luft schnappend zu Boden. Keinen Moment später war Teal’c bereits auf ihm, er riss seine Hände hinter seinen Rücken hoch und zog Maybourne auf seine Knie.

Aber Sam hatte keine Zeit sich das Spektakel mit anzusehen, als sie sich umdrehte und den Colonel schwankend vor ihr stehen sah, seine Pistole hing lose in seiner Hand. Sein Gesicht war aschfahl, aber er schaffte es schwach zu lächeln. „Carter“, murmelte er, bevor sich seine Augen verdrehten und seine Knie unter ihm nachgaben. Schwach taumelte er auf sie zu. Sam schaffte es gerade noch, dass sein totes Gewicht sie nicht beide zu Boden riss, als sie ihn auffing. Aber dann war Daniel an ihrer Seite und zusammen legten sie Jack behutsam auf den Boden.

„Sir“, rief Sam, ihre Finger berührten seinen Hals. Er hatte noch immer Puls, auch wenn er unter ihren Fingerspitzen raste.

„Wie zum Teufel hat er das gemacht?“, flüsterte Daniel. „Ich dachte, er wäre bewusstlos.“

Sam schüttelte nur den Kopf. „Ich habe nicht die geringste Ahnung“, hauchte sie, nicht in der Lage den liebevollen Stolz zu unterdrücken, als sie in sein blasses Gesicht sah. „Er ist voller Überraschungen.“

„Major Carter“, rief Teal’c sie dann und rissen ihre und Daniels Aufmerksamkeit von Jack. „Ich glaube, es ist an der Zeit zurückzukehren.“

„Ja“, nickte Sam dankbar. „Lasst uns nach Hause gehen.“



*******************



SG-6 und SG-3 standen starbereit im Torraum. Im Kontrollraum stand neben General Hammond Janet Fraiser, die sie mit einem mulmigen Gefühl durch das Fenster hindurch beobachteten.

Hammond nickte Lieutenant Fisher zu. „Wählen Sie das Tor an.“
„Ja, Sir“, antwortete Fischer, seine Finger bewegten sich schnell über die Tastatur.

„Chevron eins aktiviert“, berichtete er, sein Blick war sowohl auf dem Bildschirm vor sich als auch auf das rotierende Tor gerichtet.

Janets Team stand bereit in der Krankenstation, auch wenn sie wusste, dass SG-6 und SG-3 Tage brauchen könnten, bevor sie zurückkehrten. Nichtsdestotrotz hatte sie sich bereits auf alle möglichen Fälle, an die sie denken konnte, vorbereitet. Und als sie das rotierende Tor beobachtete, ging sie noch einmal in ihrem Kopf ihre Liste durch…
„Chevron zwei akt…“ Plötzlich, ohne jegliche Warnung, etablierte sich ein Wurmloch und die Iris fuhr schützend über den Ereignishorizont. „Jemand hat eingewählt, Sir“, berichtete Fischer, als er auf den Bildschirm vor sich schaute.

„SG-1?“, fragte Hammond so angespannt, wie Janet sich fühlte. Seine Hände hinter seinem Rücken hatte er so fest zusammengepresst, dass sie sich weiß färbten.

Janet hielt den Atem an, als sie auf die Antwort des Lieutenants wartete. „Wir erhalten eine Identifikation, Sir“, sagte er schließlich und nach einer quälenden Pause: „Es ist SG-1.“

„Iris öffnen!“, bellte Hammond, als Janet nach dem Lautsprecher griff.

„Sanitätsteam sofort zum Torraum“, befahl sie, bevor sie dem General dicht auf den Fersen folgte.

Als sie in den Torraum rannte, war sie gerade rechtzeitig da, um zu sehen wie Teal’c durch das Tor trat und vor sich einen Mann herschubste, der wohl Maybourne sein musste, obwohl der drahtige und knochige Anblick nicht das Abbild des Mannes war, den sie kannte. Aber Teal’c war noch in einem Stück und das nahm ihr etwas die Anspannung.

Aber dann schimmerte das Wurmloch erneut und all ihre bösen Vorahnungen kehrten zurück, als sie Sam und Daniel sah, wie sie O’Neill zwischen ihnen durch das Tor schleiften. Hinter sich hörte sie die Sanitäter ankommen, aber sie drehte sich nicht um, als sie die Rampe hinaufeilte, wo Sam und Daniel den Colonel auf den Boden legten.

„Was ist passiert?“, fragte sie augenblicklich, als sie sich neben ihn kniete. Eine kurze Berührung mit seiner Stirn sagte ihr, dass er Fieber hatte und die Blässe seines Gesichts war alles andere als ermutigend.

„Etwas hat ihn gestochen“, sagte Daniel ihr.

„Seine Hand“, fügte Sam hinzu.

Als sie seine linke Hand sah, angeschwollen und ganz rot, musste Janet den Fluch zurückhalten, der bereits auf ihren Lippen lag. Sie drehte sie um und betrachtete sich den unzureichenden Verband. Die Haut darunter war schon fast schwarz und ihr Magen zog sich zusammen. „Wie lange?“, fragte sie und war sich der Anspannung in ihrer Stimme mehr als bewusst.

„Seit er gebissen wurde?“, fragte Sam. Janet nickte. „Ungefähr sechsunddreißig Stunden.“

Mist. „Ich wünschte, ihr hättet ihn früher zurückgebracht“, murmelte sie aufstehend. „Philipps“, rief sie. „Bringen Sie die fahrbare Krankentrage.“

„Warum?“, fragte Sam mit einem Flüstern, die noch immer neben O’Neill kniete. „Was meinst du?“

„Die Infektion ist sehr schlimm“, war alles, was Janet bereit war zu sagen. „Ich muss ihn sofort behandeln.“

Als Philips und Jameson sie mit der Trage erreichten, hievten sie O’Neill auf das schmale Bett. Janet wandte sich an Sam. „Was ist mit euch?”, fragte sie. „Sollte ich etwas wissen?“

Sam schüttelte den Kopf. „Nur ein paar Kratzer und Schürfwunden“, versicherte sie ihr, aber ihr Blick war abgelenkt, als sie den Colonel über Janets Schulter aus beobachtete. Ihr Gesicht verzog sich leicht. „Er ist wach.“

„Los! Ab mit ihm auf die Krankenstation“, befahl Janet, aber als sie gerade die Trage in Bewegung setzten, streckte O’Neill seine gesunde Hand in Sams Richtung aus.

„Carter“, krächzte er.

„Hier, Sir“, antwortete sie, als sie sich zu ihm kämpfte und mit der rollenden Trage Schritt hielt. „Wir haben es geschafft.“

Er nickte leicht, aber er war kaum bei Bewusstsein. „Maybourne?“

„Teal’c hat ihn, Sir.“

Für einen Moment schloss O’Neill die Augen und seine Hand griff schwach nach Sams Handgelenk. „Carter“, hauchte er, als sie die Türen des Torraumes erreichten. „Sagen sie Sara…“

Sams Gesicht erstarrte kurz, ihre Kiefermuskeln spannten sich an, aber ihre Stimme war sanft, als sie ihm antwortete. „Ich soll ihr was sagen?“

„Sagen Sie ihr was passiert ist… Sagen Sie ihr, dass es mir leid tut.“

„Ja, Sir.“ Ihre Antwort war so leise, dass es fast nur noch ein Flüstern war. Und dann ließ seine Hand ihr Gelenk los und landete mit einem dumpfen Aufprall an seiner Seite.

Sara? Seine Exfrau? Janet konnte nicht anders, als Sam einen neugierigen Seitenblick zuzuwerfen, welche nur mit den Schultern zuckte. Aber sie hatte jetzt keine Zeit sich über diese merkwürdige Unterhaltung Gedanken zu machen. Sie legte eine Hand auf Sams Schulter, als Philips und Jameson O’Neill eilig zur Krankenstation rollten. „Sam, geh duschen. Ich werde mit dem Colonel eine Weile beschäftigt sein, also kann deine Untersuchung noch etwas warten.“

„Ihm wird’s doch wieder gut gehen?“, fragte Daniel, der jetzt neben Sam stand, als er den Sanitätern nachschaute.

„Ich hoffe es“, antwortete Janet.

Sein scharfer Blick lag augenblicklich auf ihr. „Sie *wissen* es nicht?“

„Seine Verfassung ist sehr schlecht“, gab sie ehrlich zu. „Aber ich kann euch nichts mit Sicherheit sagen, bevor ich ihn nicht untersucht habe. Kommt vorbei, wenn ihr fertig seid, dann kann ich euch vielleicht mehr sagen.“

„Okay“, stimmte Daniel offensichtlich widerwillig zu, während Sam nur schweigend nickte.

Sie drückte kurz die Schulter ihrer Freundin und machte sich dann ebenfalls auf den Weg zur Krankenstation. Und obwohl sich in ihrem Kopf alles um den Zustand des Colonels drehte, eine kleine Ecke davon konnte einfach nicht aufhören sich zu wundern… Sara?



*******************



Bewegungslos stand Sam unter der Dusche, sie ließ das heiße Wasser den Schweiß und Schmutz von ihrem Körper waschen, den sie bereits seit drei Tagen mit sich herumgetragen hatte. Eine Hälfte in ihrem Kopf schrie sie an sich zu beeilen, um zur Krankenstation zu gehen – sie hatte Janets grimmigen Blick nicht gebraucht, um zu wissen, wie es um den Colonel stand. Aber die andere Hälfte fühlte sich merkwürdig taub an, so als ob sie wie paralysiert von den Worten wäre, die Janet ihr gesagt hatte: 'Ich wünschte, ihr hättet ihn früher zurückgebracht.’ Und dann Jacks 'Sagen Sie Sara, was passiert ist… Sagen Sie ihr, dass es mir leidtut.’

Schuldgefühle jagten Janets Worte. Sie *hätte* ihn früher nach Hause bringen können, vermutlich ganze vierundzwanzig Stunden früher. Hatte sie sein Leben gefährdet, als sie darauf bestanden hatte die Mission zu erfüllen? Wenn das der Fall war und er es nicht schaffen würde…? Ihre Kehle zog sich vor Angst zusammen und sie stützte sich mit einer Hand gegen die kalte Duschwand ab, bis die Panikwelle an ihr vorüber war. Ihm würde es gut gehen. Jack O’Neill ging es immer gut. Er hatte bereits zu viel überlebt, um jetzt an einem gottverdammten Insektenstich zu sterben! Ihm würde es gut gehen und in ein paar Wochen war er wieder zurück. Was seine Worte wieder in den Vordergrund drängten. Sara. 'Sagen Sie ihr, dass es mir leidtut.’ Dass ihm was leidtat, fragte sich Sam. Charlie? Das Ende ihrer Ehe? Oder etwas anderes, etwas, was vielleicht noch gar nicht so lange zurücklag…?

Sie griff nach dem Shampoo und begann es gleichmäßig in ihren Haaren zu verteilen. Die Wahrheit war, erkannte sie, dass irgendwas während dieser Mission ihr Ende gefunden hatte. Und der Schmerz, der diesen Verlust mit sich brachte, war tief und unvorbereitet. Sie konnte einfach nicht die Tatsache ignorieren, dass trotz allem, was zwischen ihnen passiert war, Sara der Name auf seinen Lippen gewesen war. Sara war diejenige, die er wollte. Sara war diejenige gewesen, an die er gedacht hatte. Nicht sie. Schon vor ein paar Jahren in der Antarktis war es dasselbe gewesen und sie hatte sich nur zum Narren gemacht, als sie angenommen hatte, dass sich seine Gefühle ändern würden. Sie konnte immer nur die zweite Wahl sein und für Sam Carter war es nicht akzeptierbar nur die zweite Wahl zu sein. Also musste sie sich damit zufriedengeben, dass sie sein bester 2IC war, denn für irgendwas anderes hatte sie jetzt aus dem Rennen verabschiedet. Die Regeln mal unbeachtet, war sie sich sicher, dass ihre Beziehung zu Colonel O’Neill nie wieder diese Grenze zwischen Professionalität und Persönlichen überschreiten würde und sie beraubt zurückließ. Die Hoffnung war gestorben, endgültig gestorben.

Sie hielt ihren Kopf unter den Wasserstrahl und ließ die Seife über ihren Körper gleiten, als das Wasser sie reinwusch und dann drehte sie den Hahn zu, schnappte sich ein Handtuch und ging zurück in den Umkleideraum. Aber als sie sich abtrocknete, berührte ihre Hand die goldene Kette, die Jack ihr geschenkt hatte und diese simple Berührung traf sie hart. 'Ewige Liebe und Loyalität’ hatte die Kette ihr versprochen, aber jetzt schienen diese unausgesprochenen Worte hohl und verstaubt zu sein. Hatte er diese Worte damals wirklich so gemeint oder hatte er sich genauso sehr getäuscht, wie er sie getäuscht hatte? Die Antwort war vollkommen egal, entschied sie. Was auch immer seine Absichten gewesen waren, die letzten Tage hatten die Wahrheit ans Licht gezerrt. Tränen stachen in ihren Augen, aber sie gab ihnen keine Chance, als sie ihre Hände hob und den Verschluss der Kette öffnete. Die Kette lag in ihrer Hand und ihr Blick verharrte einige Sekunde drauf, bevor sie sie in ihre Jackentasche stopfte, die über der Bank lag. Es war vorbei, erinnerte sie sich, als der Schmerz immer schlimmer wurde; billiger Schmuck und Andenken würden ihr auch nichts Gutes tun. Es war vorbei.

Dann zog sie sich effizient an, die eine Hälfte in ihr drängte sie immer noch sich zu beeilen und mit noch nassen Haaren, verließ Sam den Umkleideraum, um sich auf den Weg zur Krankenstation zu machen.

Daniel traf sie auf halbem Wege, in seinen beiden Händen hielt er jeweils eine Tasse Kaffee. „Hier“, sagte er und gab ihr ihre Tasse, die sie mit einem dankenden Nicken annahm.

„Wie geht’s dem Colonel?“, fragte sie; ihre Sorge um ihn schüttelte sie langsam aus ihrer persönlichen Enttäuschung.

„Als ich dort war, hat Janet ihn noch immer untersucht, also dachte ich mir, dass ich uns die hier hole, während wir warten.“

Sam nickte. „Ihm wird es gut gehen“, sagte sie und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. Unweigerlich verzog sie das Gesicht. Es schmeckte nach Asche.

„Sicher“, antwortete Daniel mit zu viel Zuversicht, als es glaubwürdig wäre.

Sie schaute zu ihm hinüber und ihre Blicke trafen sich. „Wenn nicht“, flüsterte sie, „dann ist es meine Schuld.“

Daniel zog seine Augenbrauen hoch. „Warum?“

„Dafür, dass ich ihn nicht früher zurückgebracht habe. Dafür, dass ich sein Leben riskiert habe, um Maybourne zu befreien.“

„Na ja“, sagte Daniel und sah sie etwas unwohl an. „Vielleicht sollten wir einfach nur warten und sehen, was Janet sagt?“

Nickend wandte Sam ihren Blick von ihm ab, sie konnte einfach nicht die Wahrheit in Daniels Augen ertragen. Er konnte ihre Behauptung nicht verneinen und sie konnte es ihm nicht verübeln, denn es war die Wahrheit. Sie war ein Risiko eingegangen und Jacks Leben könnte wohlmöglich der Preis dafür sein.

Eine leichte Berührung auf ihrem Arm holte sie zurück und sie erkannte, dass sie vor der Krankenstation standen. „Komm schon“, sagte Daniel, „lass uns nach Jack schauen.“

„Ja“, antwortete Sam, ihre Stimme nur noch ein Flüstern. „Lass uns nach ihm sehen.“



*******************



Nun, zu Daniels Verärgerung hatten sie Jack nicht gesehen. Was sie gesehen hatten, war eine fast ausgestorbene Krankenstation. Daniel hatte schließlich eine Schwester gefunden, die ihnen gesagt hatte, dass Jack gerade in den Operationssaal gebracht worden war und dass sie draußen warten sollten, da Janet jegliche Zuschauer verboten hatte.

Und so hatten sie gewartet. Und so warteten sie noch immer.

Teal’c war schon bald nach dem Beginn ihrer Nachtwache zu ihnen gestoßen und die Drei saßen schweigend auf den harten, unbequemen Plastikstühlen in dem Korridor vor dem Operationssaal.

„Was zum Teufel tun die nur da drinnen?“, fragte Sam wahrscheinlich schon zum zehnten Male. Sie saß gegenüber von Daniel, ihre Ellbogen hatte sie auf ihren Knien abgestützt und ihren Kopf in ihren Händen vergraben.

Da Daniel keine Antwort hatte, schwieg er. Teal’c jedoch verspürte das Bedürfnis ihr zu antworten. „Sobald es irgendwelche Neuigkeiten gibt, Major Carter, werden wir informiert werden.“

Sie verzog aufgrund seiner Beschwichtigung ihr Gesicht. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als sie abrupt aufstand und hinüber zu den Türen der Beobachtungszone ging. „Ich habe genug davon“, knurrte sie.

„Sam“, warnte Daniel, der ebenfalls aufstand. „Wir sollten sie nicht von ihrer Arbeit ablenken.“

Sie hielt inne und fuhr sich mit einer Hand durch ihre zerzausten Haare. „Es sind jetzt fast zwei Stunden“, sagte sie gereizt. „Sie müssen uns doch etwas sagen.“

„Das werden sie“, versicherte Daniel ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Komm schon, lass uns noch einen Kaffee…“

„Mir ist schon schlecht vom ganzen Kaffee“, schnappte Sam, als sie ihn mit einem düsteren Blick bedachte. „Daniel… was wenn…?“, begann sie und er konnte die Tränen in ihren Augen glitzern sehen.

„Das wird es nicht“, unterbrach er sie, bevor sie den Satz auch nur vollenden konnte. Er wollte das nicht hören. „Das wird nicht passieren. Jack wird es gut gehen.”

Sam nickte und versuchte die Kontrolle wieder zur erlangen, aber er konnte sehen, dass es ein Kampf war. Und er konnte ihr nicht helfen. Seine eigenen Gefühle standen kurz davor die Kontrolle zu übernehmen und er hatte nichts mehr, was er Sam anbieten könnte.

„Daniel Jackson“, sagte Teal’c dann mit einer merkwürdigen Anspannung in seiner Stimme, die Daniels Aufmerksamkeit erregte. Er schaute zu Teal’c hinüber und sah, wie Janet neben ihm stand.

„Janet!“, rief Sam augenblicklich und rannte zu dem Doktor. „Geht’s ihm gut? Was ist passiert? Warum war er…?”

Fraiser hob ihre Hand, um den Schwall von Fragen zu unterbrechen. „Sam“, sagte sie. „Warte.“ Ihr Blick war grimmig und Daniel spürte sein Herz aussetzen, als er ihre angespannten Gesichtszüge sah und den leicht gehetzten Blick in ihren Augen. „Lasst uns erst einmal hinsetzten“, flüsterte sie.

„Oh Gott“, schnappte Sam nach Luft, ihre Hände pressten sie über den Mund, während ihre Augen vor Schock weit aufgerissen waren.

„Nein“, versicherte Janet ihr eifrig, als sie Sam am Arm berührte und sie auf den Stuhl setzte. „Es ist nicht das, was du denkst, Sam. Der Colonel ist noch immer unter uns. Er wird sich… er wird sich erholen. Aber…”, seufzte sie, „aber ich fürchte es gibt trotzdem ein paar schlechte Nachrichten.“

Sam vergrub ihren Kopf in ihren zitternden Händen, aber sie sagte kein Wort.

„Schlechte Neuigkeiten?“, fragte Daniel.

Während sie beruhigend über Sams Rücken streichelte, nickte Janet. „Die Hand des Colonels war schlimm infiziert. Von dem, was wir sagen können, das, was auch immer ihn gestochen hatte, es hat irgendwelche nekrosierende Bakterien in die Wunde injiziert. Ein beträchtlicher Teil von seinem Handgewebe war bereits befallen…“

„Doktor Fraiser“, unterbrach Teal’c sie. „Ich verstehe nicht. Nekrosiert?“

„Tot, Teal’c“, sagte sie ihm. „Die Bakterien töteten einige der Zellen in seiner Hand ab und sein Körper war nicht mehr in der Lage sie zu reparieren.“

Sam rührte sich unter Janets Berührung, als sie ihren Kopf hob. „Was hast du gemacht?“, fragte sie und von dem vollkommen verzweifelten Blick, vermutete Daniel, dass sie zu demselben Schluss gekommen war, der permanent in seinem Kopf hämmerte.

„Wir mussten seine Hand amputieren, Sam. Es tut mir leid, aber es gab keine Möglichkeit, wie wir sie hätten retten können. Die Infektion hatte sich zu schnell ausgebreitet, um eine weniger drastische Behandlung zu ermöglichen. Er hätte sterben können.“

Sam schloss ihre Augen und ihr Kopf sank zurück in ihre Hände. Sie sagte nichts, aber Daniel konnte schon praktisch die Schuld sehen, die aus jeder Faser ihres Körpers austrat. Er selbst fühlte sich ziemlich taub. Jack war nicht tot und dafür war unendlich dankbar. Aber dennoch auf gewisse Weise war Jack verschwunden. Ohne Frage, er würde nicht mehr in der Air Force bleiben und SG-1 hatte ihren Anführer verloren und es war genauso, als ob er tot auf der Krankenstation liegen würde. Und Jack…? Daniel schauderte bei dem Gedanken, wie Jack damit umgehen würde nicht mehr ein Teil des Stargate-Programms zu sein. Es war für die letzten vier Jahre sein Leben, seine Familie gewesen. Es hatte ihn nach dem Tod seines Sohnes vor sich selbst gerettet – und jetzt hatte er alles verloren.

„Weiß er es schon?“, flüsterte Sam durch ihre Hände hindurch.

„Noch nicht“, antwortete Janet sanft. „Er ist noch nicht bei Bewusstsein und wird es für die nächsten paar Stunden auch nicht sein.“

Sam nickte, zog ihre Hände von ihrem Gesicht und setzte sich auf. Daniel war überrascht nicht eine einzige Träne zu sehen, aber ihre Augen waren trocken, ihr Gesicht düster, als sie plötzlich aufstand.
„Ihr könnt ruhig zu ihm, wenn ihr wollt“, sagte Janet ihnen allen, obwohl ihr Blick auf Sam gerichtet war.

Aber Sam schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte sie. „Ich muss zuerst noch etwas erledigen. Ich komme später vorbei.”

„Sam?“, fragte Daniel, als er ebenfalls aufstand. Etwas erledigen? Was zum Teufel konnte den bitte schön wichtiger sein als das hier? „Kann das nicht warten?“

Aber sie schüttelte nur schwer schluckend den Kopf. „Nein“, flüsterte sie. „Der Colonel hat mich gebeten seine Frau anzurufen… seine Exfrau. Ich sollte das jetzt wohl tun.”

Daniel zuckte bei dem plötzlichen Schmerz in Sams Augen zusammen und er fragte sich, was in Gottes Namen hier nur los war. Er wagte es nicht zu fragen. Aber Janet war weniger umsichtig.

„Ich hatte nicht gewusst, dass sie noch immer in Kontakt stehen“, sagte sie und bedachte Sam mit einem neugierigen Blick.

„Genauso wenig wie ich“, antwortete Sam mit flacher Stimme und dann zuckte sie leicht mit den Schultern. „Aber es gibt ja auch keinen Grund, warum wir es wissen sollten, nicht wahr? Der Colonel hält sich immer sehr verschlossen.“

Janet riss ihre Augen auf, aber nickte dann nur. „Uhm, okay. Na ja, wenn du sie anrufst, Sam“, sagte sie, „dann kannst du ihr sagen, dass er in ein, zwei Tagen ins Militärkrankenhaus verlegt wird. Dort kann sie ihn dann besuchen.“

„Danke“, antwortete Sam mit nicht mal dem Hauch eines Lächelns, als sie sich umdrehte und die anderen im betäubten Schweigen stehen ließ.
Schließlich war es Teal’c, der das Wort ergriff. „Heute ist ein dunkler Tag für das SGC“, beobachtete er ernst. „Colonel O’Neills Anwesenheit wird hier sehr vermisst werden.“

Daniel schüttelte nur den Kopf und ließ sich schwer auf den Stuhl fallen. „Ich kann’s einfach nicht glauben“, murmelte er. „Ich kann einfach nicht glauben, dass wir ihn verloren haben.“


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Kapitel 5 by Sally Reeve
Teil 5

Sam saß in ihrem Büro und starrte bereits seit gut einer halben Stunde das Telefon an. Die Nummer, die sie wählen musste, war auf einem kleinen Zettel gekritzelt und klebte am Tisch. General Hammond hatte sie ihr ohne irgendwelche Fragen aus Jacks Akte der nächststehenden Angehörigen gegeben und jetzt musste sie nur noch wählen. Und dennoch zögerte sie.

Sie hatte Sara einmal vor Jahren getroffen. Es war in dem Krankenhaus, wo die Kristallentität in Jacks Form gelandet war. Sie schien… nett zu sein. Wenn sie ehrlich war, dann hatte sie dem nicht viel Aufmerksamkeit gezollt, aber sie erinnerte sich daran, dass sie überrascht gewesen, dass Sara so… gewöhnlich zu sein schien. So bodenständig und nahe an der Wirklichkeit, so anders als der launenhafte O’Neill.

Und so saß sie hier jetzt, drei Jahre später, und musste sie anrufen, um ihr zu sagen, dass ihr Mann – Exmann oder was auch immer sie im Moment waren – fast gestorben wäre. Und dass seine Karriere jetzt beendet war. Ihr Herz machte einen kleinen Aussetzer und dann zerrte sie ihre Gedanken von diesem Pfad fort. Sie konnte sich jetzt nicht mit all den Verwicklungen auseinandersetzen. Die Schuld war zu überwältigend und sie wusste, wenn sie aufhörte, darüber nachzudenken, dann würde sie über sie hineinbrechen. Also machte sie weiter, verdrängte die Gedanken und handelte einfach nur.

Sie nahm den Hörer ab, ihre Finger zitterten nur leicht, als sie zu wählen begann. Es klingelte drei Mal, bevor abgenommen wurde.
„Hallo?“, antwortete eine Frauenstimme und Sams Magen zog sich zusammen.

„Spreche ich mit Sara O’Neill?“, fragte sie nach und schaffte es zumindest einigermaßen professionell zu klingen.

Es herrschte ein kurzes Schweigen, bevor die Frau antwortete. „Ja. Und mit wem spreche ich?“

„Mein Name ist Major Samantha Carter, Ma’am“, antwortete sie mit perfekter militärischer Höflichkeit.

Ein weiters Schweigen. Und dann war ihre Stimme nur ein Flüstern. „Was ist ihm passiert?“

„Ich befürchte Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Colonel verletzt wurde“, sagte Sam, als sie sich einen Kugelschreiber schnappte und damit nervös auf dem Zettel tippte. „Er…“ Sie zögerte und verfluchte sich selbst dafür. „Er hat mich gebeten Sie zu kontaktieren und Ihnen zu sagen, was geschehen ist. Und… und er wollte, dass ich Ihnen mitteile, dass es ihm leidtut. Er hatte zwar nicht wirklich gesagt, um was es ging, aber…“

„Ist in Ordnung“, versicherte Sara ihr. „Ich weiß wofür.“ Sie schwieg erneut und fragte dann in einer merkwürdig gelösten Stimme. „Wird es ihm gut gehen?“

„Ja, wird es“, sagte Sam und fügte dann hinzu: „Aber, ähm, Sie sollten wohl besser zum Krankenhaus kommen.“

Sara seufzte leise. „Welches Krankenhaus?“

„Das Militärkrankenhaus“, sagte Sam ihr. „Aber im Moment… befindet er sich noch woanders. In ein paar Tagen wird er dorthin verlegt.“

„Ich verstehe“, sagte Sara und war wohl weniger überrascht von den militärischen Geheimnissen. „Könnten Sie ihm dann eine Nachricht von mir übermitteln, Major Carter?“

„Natürlich.“

„Sagen Sie ihm, dass es in Ordnung ist. Dass ich denke, dass wohl etwas Unvermeidliches dazwischen gekommen sein muss und dass ich weiß, dass er da gewesen wäre, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte.“

„Ich werde es ihm ausrichten“, versprach Sam.

„Danke“, antwortete Sara. „Und danke, dass Sie mich angerufen haben, Major Carter. Ich bin froh, dass es ihm gut gehen wird.“

„Ja, ich auch“, antwortete sie mit mehr Gefühl, als sie beabsichtigt hatte.

Sara gab ein Geräusch von sich. Es hätte ein Lachen oder ein Seufzen sein können. „Gott“, sagte sie. „Ich habe die letzten Jahre diese Anrufe nicht gerade vermisst.“

„Oh?“, murmelte Sam etwas unsicher.

„Die Anrufe, die mir sagen, dass Jack verletzt ist oder vermisst wird oder verletzt und vermisst ist“, erklärte sie mit einem trockenen Humor, den Sam überraschte. „Sagen Sie ihm, dass ich vorbeischaue und ihn bald besuchen werde.“ Und dann fügte sie noch hinzu: „Und nochmals danke, dass sie angerufen haben, Major.“

„Gern geschehen“, sagte Sam ihr.

„Okay. Nun dann… Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen“, murmelte Sam, bevor es Klick machte und ein monotones Freizeichen an ihr Ohr drang.

Sie atmete einmal tief aus und legte auf. Sie war sich nicht wirklich sicher, was sie von dieser Unterhaltung halten sollte.



*******************



Daniel und Teal’c waren noch immer auf der Krankenstation, als Sam schließlich zurückkehrte. Ihre Füße schleiften sie nur widerwillig vorwärts. Sie betrat den Raum und blieb wie vor die Wand gelaufen stehen, als sie Jack regungslos im Bett liegen sah. Sein linker Arm lag in einem Verband und seine Hand war… verschwunden. Sie musste bei diesem Anblick schwer schlucken, ihre Augen hin und her gerissen, einfach nur wegzuschauen oder mit erschreckender Faszination darauf zu starren. Sie hatte ihm das angetan. Sie hatte seine Karriere zerstört, sein Leben. Ihre Entscheidung. Ihr Fehler.

Es war alles, was sie dazu gebracht hätte, aus diesem Raum zu flüchten, aber ihre Pflicht hielt sie fest und zwang sie langsam auf sein Bett zuzugehen. Daniel hörte sie und schaute neugierig über seine Schulter in ihre Richtung. „Geht’s dir gut?“, fragte er, obwohl er genauso trostlos aussah, wie sie sich fühlte und sie hätte ihm dieselbe Frage stellen können.

„Nicht wirklich“, antwortete sie.

„Nein“, sagte Daniel und drehte sich zurück zu Jack um. „Dumme Frage.“

„Wie geht’s ihm?“, fragte Sam, als sie an Jacks Seite stand.

„Janet sagte, dass er sich jetzt erholt, wo die Quelle der Infektion… verschwunden ist“, bemerkt er und zuckt bei den letzten Worten leicht zusammen. „Aber er schläft noch immer von der Narkose.“

Sam nickte nur und sie verfielen wieder ins Schweigen, jeder Einzelne versunken in seinen eigenen Gedanken. Nach ein paar Minuten rührte sich Daniel und fuhr mit einer Hand durch seine Haare. „Zumindest ist es nicht seine rechte Hand“, murmelte er, als ob er in einer stummen Unterhaltung mit sich selbst stecken würde.

Teal’c sah ihn an. „Warum ist das von Bedeutung?“

Daniel zuckte mit den Schultern. „Na ja, du weißt schon… du benutzt doch deine rechte Hand auch öfters, nicht wahr?“

„Nein, tue ich nicht“, antwortete Teal’c.

„Nun“, seufzte Daniel. „Jack hat es gemacht… Menschen tun es. Die meisten.“

Sam zollte ihrer Unterhaltung nicht viel Aufmerksamkeit, ihr Blick war nur auf Jack gerichtet. Er sah älter aus, dachte sie. Seine grauen Haare und farblosen Lippen schien das Leben aus seinen Gesichtszügen gezogen zu haben und ohne seine dunklen, lebhaften Augen, die sein Gesicht immer erwärmten, sah er alt und kalt aus. Er sah kaum noch so aus, wie sie ihn kannte. Und sie fragte sich, ob er es je wieder tun würde, wenn er erst einmal erfahren hatte, was geschehen war. Was sie getan hatte. 'Es tut mir leid’, sagte sie ihm stumm und spürte die heißen Tränen in ihren Augen. 'Es tut mir so leid, Jack.’

Eine behutsame Berührung auf ihrem Arm erinnerte sie daran, dass Daniel noch immer neben ihr stand. „Warum setzt du dich nicht?“, schlug er vor. „Teal’c und ich wollten gerade in die Cafeteria gehen. Sollen wir dir etwas mitbringen? Ein Sandwich?“

„Nein“, murmelte Sam und der Gedanke an Essen ließ ihr Magen Purzelbäume schlagen. „Danke.“

Daniel drückte leicht ihren Arm, als sie sich auf den Plastikstuhl setzte, bevor er und Teal’c sie leise mit Jack alleine ließ. Sie wusste, dass ihr Verschwinden nicht rein zufällig war und sie war dankbar für die Zeit. Auf irgendeine Art und Weise verabschiedete sie sich. Nicht nur, dass sie erkannt hatte, dass Sara bei ihm an erster Stelle stand, jetzt hatte sie ihn auch noch als ihren CO verloren. Selbst wenn er ihr für das vergeben konnte, was passiert war, wusste sie, dass sie sich jetzt nur noch selten sehen würden. Jack war nicht mehr im SGC und somit aus ihrem Leben verschwunden.

Mit ihrem Finger fuhr sie leicht über seine Rückhand. „Ich werde dich vermissen, Jack“, flüsterte sie. „Und es tut mir leid. Es tut mir so leid.“



*******************



„Janet!“ Sams dringender Ruf ließ Janet augenblicklich aufspringen. Es lag so etwas wie Panik in ihrer Stimme.

Sie stürmte aus ihrem Büro in die Krankenstation und sah Sam alleine an Jacks Bettseite stehen. Sie blickte sie mit erschrockenen, weit aufgerissenen Augen an. Für einen grausamen Moment befürchtete sie irgendwelche Komplikationen, aber als sie zu Sam eilte, sagte sie lediglich: „Er ist wach, Janet. Er sagt, dass ihm seine Hand wehtut.“ Ihre Stimme zitterte und Janet verstand den Grund. Sie wollte nicht diejenige sein, die es ihm sagte.

Müde und mit einem benommenen Blinzeln, drehte der Colonel seinen Kopf in ihre Richtung. „Hey, Doc.“

Janet holte einmal tief Luft. „Sam, würdest du bitte für einen Augenblick draußen warten?“

Trotz ihrer plötzlichen Furcht vor der bevorstehenden Unterhaltung zögerte Sam. „Ich… vielleicht sollte ich…?“

„Gib uns nur ein paar Minuten“, schlug Janet vor, da sie wusste, dass dies einfacher werden würde, wenn sie beide alleine waren. Nicht, dass er sich vermutlich noch an diese Unterhaltung erinnern würde, aber es war immer das Beste mit der Wahrheit anzufangen.

Sam entfernte sich etwas und Janet zog sich einen Stuhl an Jacks Bett heran, um sich zu setzen. „Wie fühlen Sie sich?“, fragte sie ihn.

„Beschissen“, murmelte er und war kaum noch in der Lage seine Augen offen zu halten. „Meine Hand tut verdammt weh.“

Janet nickte. „Ich werde Ihnen etwas gegen den Schmerz geben“, sagte sie ihm. „Aber es wird Sie müde machen.“

„Gut“, seufzte er. „Ich habe nichts dagegen mal wieder auszuschlafen.“

Sie lächelte leicht und sagte schließlich: „Colonel, da gibt es etwas, was Sie wissen sollten.“

Jack kämpfte damit seine Augen offen zu halten. „Was?“, fragte er. „Mein Team…?“

„Ihnen geht es allen gut“, versicherte sie ihm. „Es betrifft Sie.“

„Oh.“

„Ihre Hand war sehr schwer infiziert, Jack“, sagte sie und ließ den Rank bewusst außen vor. „Die Infektion begann sich in Ihren Arm auszubreiten und wir hatten keine Möglichkeit gehabt es zu behandeln. Es hätte sie getötet und so hatten wir keine andere Wahl gehabt, als Ihre Hand zu amputieren.“

Er starrte sie einfach nur an und schüttelte dann seinen Kopf. „Schwachsinn“, murmelte er. „Ich kann sie fühlen. Es tut weh.”

„Das ist nicht ungewöhnlich“, sagte sie ihm. „Wir nennen es Phantomschmerz.“

„Nein“, atmete Jack einmal aus und schloss seine Augen. „Das ist nicht wahr… nur ein Traum. Nur ein Traum.“

Janet legte eine Hand auf seine Schulter. „Es tut mir leid, Colonel, aber es ist wahr. Sie haben Ihre Hand verloren, Sir.“

Er schüttelte den Kopf. „Nur ein Traum“, murmelte er, als er zurück in den Schlaf sank. „Nur ein Traum.“

Es war dann, als Janet das erstickte nach Luftschnappen von der Tür hörte, welches sie als das von Sam erkannte, die diese Szene mit tiefer Bestürzung beobachtet hatte. Ihre Blicke trafen sich. „Janet“, würgte Sam mit einer Hand über den Mund. „Das ist alles meine Schuld.“

„Nein“, versicherte Janet ihr und stand auf.

„Das ist es“, beharrte Sam. „Ich hätte ihn bereits gestern zurückbringen können.“

Oh. Mist. „Warum hast du es nicht?“, fragte sie in einem Flüstern.

„Wegen der Mission“, erklärte Sam immer verzweifelter. „Weil ich nicht wollte, dass jemand dachte, dass ich die Mission aus falschen Gründen… abbrechen würde.“

Janet schloss für einen Moment ihre Augen. Die falschen Gründe waren natürlich Jack und die Gefühle ihrer Freundin für ihn. „Ich verstehe“, war alles, was sie sagte und dann, weil sie wusste, dass Sam nichts als die Wahrheit akzeptieren würde, fügte sie hinzu: „Na ja, du hast vielleicht recht. Wenn du ihn vor vierundzwanzig Stunden zurückgebracht hättest, dann hätte ich vielleicht seine Hand retten können. Oder vielleicht auch nicht. Ich kann dir unmöglich sagen, wie die außerirdischen Bakterien auf unser Antibiotika reagiert hätten.“

„Aber er hätte eine bessere Chance gehabt?“, bohrte Sam weiter.

„Vielleicht“, antwortete Janet. „Aber Sam, jetzt ist es vorbei. Das Beste, was du jetzt für ihn tun kannst, ist ihm zu helfen weiter zu machen… sein Leben ist nicht vorbei, nur seine Karriere innerhalb der Air Force.“ Sie beobachtete Sam, als sie sprach und Janet fragte sich, ob sie überhaupt in der Lage gewesen war über ihre Trauer und schlechten Gewissen hinwegzusehen, die so offensichtlich wie Sturmwolken über ihren Kopf schwebten.

Aber Sams Gesicht war verschlossen, so als ob sich Rollladen vor ihre Augen schieben würden. „Denke ich mal“, war alles, was sie sagte, aber ihre Stimme war matt und sagte Janet rein gar nichts.

„Warum ruhst du dich nicht etwas aus?“, Schlug sie vor. „Du siehst erschöpft aus und Colonel O’Neill wird vermutlich den Großteil der Nacht durchschlafen.“

Sam nickte. „Ja“, sagte sie. „Sicher.“ Und mit einem letzten, ernsten Blick auf Jack, drehte sie sich um und verschwand. Janet seufzte, da sie sich nicht sicher war, wer ihr Mitleid mehr verdient hatte, Sam oder O’Neill.


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Kapitel 6 by Sally Reeve
Teil 6

Das Militärkrankenhaus stank ihm gewaltig, entschied Jack. Er war bereits seit über einer Woche hier und zu Tode gelangweilt. Zumindest, wenn er wach war, war ihm langweilig. Aber er wurde noch immer so mit Drogen zugepumpt, dass der Tag meistens nur in einem verschwommen Nebel gelegentlich mal durch einen Besucher und seiner eigenen vernunftswidriger Wut, durchbrochen wurde.

Selbst jetzt noch, eine Woche danach, wenn er hinunter auf den bandagierten Klumpen schaute, der einst mal seine Hand gewesen war, musste er seinen Blick abwenden. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, was sich unter dem Verband befinden würde, obwohl er in seinem Leben schon auf genug Schlachtfeldern war, um einen ziemlich guten Eindruck davon zu haben. Nicht, dass es ihn damals gestört hätte. Aber seinen eigenen Arm so beschädigt und verformt zu sehen, war mehr als bestürzend. Es war schlichtweg entsetzlich. Er hasste es. Er hasste es abgrundtief.

Und was es noch schlimmer machte, was wirklich an seinem Stolz kratzte, war, *wie* es passiert war. Kein ruhmvoller Akt von Heldentum, keine Rettung des Planeten; er hatte seine Karriere damit beendet Maybournes Hintern aus einem Dschungel voller Jaffa zu retten und hatte seine Hand durch einen gottverdammten Insektenstich verloren. Ein Insektenstich! Es war so… würdelos.

Doch im Grunde hatten er und Daniel am gestrigen Tag ein paar Stunden damit verbracht, sich Geschichten auszudenken, die die Frauen beeindrucken würden – Krokodiele, menschfressende Haie, diese Art von Dingen. Obwohl sie beide sehr wohl wussten, dass die einzige Frau, die er beeindrucken wollte, sehr wohl mit der Wahrheit vertraut war. So sehr sogar, dass sie angeblich im SGC in einem Sumpf von Schuld versank, den niemand durchdringen konnte. Sie hatte ihn erst einmal besucht und selbst dieser Besuch war nur sehr kurz und unangenehm angespannt gewesen.

„Ich habe mit Sara gesprochen“, hatte sie ihm abrupt gesagt, als sie verlegen neben seinem Bett stand.

„Sara?“, hatte er ziemlich perplex geantwortet. „Warum?“

Sie hatte sich sichtlich unwohl in ihrer Haut gefühlt und seinen Blick vermieden, als sie ihm geantwortet hatte. „Weil Sie mich darum gebeten hatten, Sir. Sie hatten mich gebeten ihr auszurichten, was geschehen war und ihr zu sagen, dass es Ihnen leidtut.“

Er zuckte leicht zusammen. Er hatte nicht die geringsten Erinnerungen daran, wie er Sam in diese wirklich prekäre Lage gebracht hatte. „Entschuldigung, Carter“, hatte er gesagt und ihr Gesicht war noch ein wenig mehr erstarrt. „Ich hatte nicht wirklich gewusst, was ich eigentlich von mir gegeben hatte…“

„Es ist kein Problem, Sir“, hatte sie ihn mit einem falschen Lächeln versichert. „Sara hatte mich gebeten Ihnen auszurichten, dass es in Ordnung war und sie wusste, dass Sie dort gewesen wären, wenn Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten.“

Er hatte nur genickt, als er sich die resignierte Enttäuschung auf Saras Gesicht vorstellte, wie sie vergebens vor dem Friedhof auf ihn gewartet hatte. Der einzige Tag im Jahr, wo er wirklich irgendwo sein *musste* und er hatte es vermasselt! Er hatte in einem gottverdammten Dschungel mit Maybourne und fleischfressenden Insekten festgesessen. Sein vergängliches Glück war so typisch gewesen. Und genauso typisch war auch Saras Geduld, dass sie es verstand. Aber sie hatte ja auch ein ganzes Jahrzehnt Zeit gehabt sich daran zu gewöhnen.

Seine Gedanken schweiften von Sara zurück zu Sam. Er wusste, dass sie sich schuldig fühlte, Maybourne gerettet zu haben, anstatt ihn zurückzubringen, aber egal, mit wie viel Nachdruck er ihr auch versichert hatte, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, weigerte sie sich stur sich zu beruhigen. Was ganz und gar nicht ihre Art war. Carter war für gewöhnlich viel vernünftiger. Er vermutete schon fast, dass es da noch etwas anderes neben ihrer Schuld gab, aber er hatte keine Ahnung, was das sein könnte und sie schien während ihres kurzen, unangenehmen Besuches zu distanziert gewesen zu sein, als das er gefragt hätte.

Jack seufzte und schaute zu dem Glas mit Wasser hinüber auf dem Tablett und fragte sich, ob er die Energie hatte seine Hand danach auszustrecken. Er hatte sich gerade für das Ja entschieden, als es vorsichtig an der Tür klopfte. „Es ist offen“, rief er und gab sich alle Mühe nicht so schwach zu klingen, wie er sich fühlte.

Die Tür öffnete sich und zu seiner vollkommenen Überraschung, lugte ein vertrautes Gesicht durch den Spalt. Sie lächelte, als sie ihn sah und trat in den Raum. „Jack“, sagte sie mit einem leichten Kopfschütteln.

„Sara“, antwortete er verblüfft. „Was tust du hier?“

Ein trockenes Lächeln zeichnete ihre Lippen auf den Weg zu seinem Bett. „Wie ich sehe, hast du deinen natürlichen Charme nicht verloren“, beobachtete sie.

„Ich bin nur etwas überrascht“, gestand er und beäugte sie. „Nicht, dass es mir nicht ein Vergnügen ist, dich zu sehen, aber…?“

„Ich wurde von Major Samantha Carter angerufen“, erklärte Sara. „Sie sagte mir, dass ich zum Krankenhaus kommen sollte.“

Jack blinzelte. „Carter hat dir das gesagt?“

„Sie sagte, dass du verletzt wurdest und dass ich… Oh Jack.“ Das Lächeln verschwand plötzlich aus ihrem Gesicht und er erkannte, das ihr Blick auf seiner linken Hand lag… oder das Fehlen dessen.

Etwas befangen unter ihrem geschockten Blick, rutschte er hin und her. „Ja“, sagte er ohne sie richtig anzusehen, da er sich vor dem fürchtete, was er in ihrem Gesicht erblicken würde. „Diesmal haben sie mich erwischt.“

„Oh, es tut mir so leid“, sagte sie.

Er zuckte mit den Schultern und gab sein bestes teilnahmslos zu wirken. „Ja, na ja, solche Dinge passieren.“

„Nein, das tun sie nicht“, erwiderte sie wütend. „Und du weißt das. Bitte, Jack, jetzt komm mir nicht wieder mit diesem ganzen Militär-Tapferkeit-Getue. Ich habe es dir nie abgekauft.“

„Hey“, sträubte er sich. „Ich habe dich nicht gebeten herzukommen.“

Sie schwieg. Er schwieg. Und dann öffnete sich die Tür. „Sir? Oh… tut mir leid.“ Es war Sam.

Sein Herz machte einen leichten Aussetzer, als er ihre Stimme hörte. „Carter!“, rief er und konnte das Lächeln trotz der verwirrenden Tatsache, dass sich diese beiden Frauen zusammen in einen Raum aufhielten, einfach nicht aus seinem Gesicht verbannen. „Uhm… das ist… Sara. Meine Frau… Exfrau“, verbesserte er sich schnell und lächelte Sara entschuldigend an.

„Major Carter?“, fragte Sara, als sie sich umdrehte.

Sam betrat den Raum, obwohl Jack eher das Gefühl hatte, dass sie sich viel lieber aus dem Staub machen wollte. „Ja“, nickte sie. „Wir haben letzte Woche telefoniert.“

Sara lächelte. „Es ist schön Sie, kennenzulernen. Sie, ähm, Sie arbeiten mit Jack zusammen?”

„Wir sind im selben Team“, antwortete Sam und runzelte dann die Stirn. „Das heißt, wir waren. Bevor der Colonel…“ Ihr Blick fiel auf den Boden und Jack konnte schon die Schuld auf ihren Schultern sehen, die sie praktisch in die Knie zwang. Er hätte sie am liebsten durchgeschüttelt! Das ist nicht deine Schuld! Aber er konnte nichts in der Anwesenheit von Sara sagen. Das war privat, etwas zwischen ihm und Sam.

„Genau“, sagte Sara und auch an ihr ging die Anspannung nicht vorbei, die dieses Thema mit sich brachte. „Ich habe dir etwas mitgebracht, Jack“, sagte sie schließlich und drehte sich zu ihm um, während sie in ihrer Tasche wühlte.

„Sir?“, sagte Sam von der Tür aus.

Jack schaute auf, aber ihr Blick verpasste nur knapp seinen. „Was?“

„Ich werde noch zu Janet gehen“, teilte sie ihm mit und war schon fast aus dem Raum. „Bevor ich nach Hause fahre, schaue ich noch mal vorbei.“

„Okay“, zuckte er mit den Schultern und hoffte nur, dass seine Enttäuschung nicht allzu offensichtlich war. „Sicher.“

Sam nickte. „Es hat mich gefreut, Mrs. O’Neill“, sagte sie und verschwand, ohne ihnen noch einen Blick zuzuwerfen, bevor sie die Tür schloss. Mit Bedauern sah er hinterher. Er wünschte sich, dass es da noch mehr geben würde, dass er tun konnte, um ihr die Schuld zu erleichtern.

Als er seine Aufmerksamkeit wieder auf Sara richtete, beobachtete sie ihm mit einem grüblerischen Blick, aber sie sagte nichts, sondern gab ihm nur ein Jo-Jo. „Ich weiß doch, wie sehr du dich langweilst.“

Er lachte leicht und nahm es ihr ab. „Danke“, sagte er. „Aber das hättest du wirklich nicht tun müssen.“

„Ich weiß“, antwortete sie. Und dann seufzte sie und schüttelte traurig den Kopf. „Ich hatte schon immer angenommen, dass dies eines Tages passieren wird, Jack.“

Er verzog sein Gesicht, ihm war ihr Mitleid unangenehm. „Es hätte auch schlimmer kommen können“, sagte er ihr.

„Na ja, ich denke, du hättest tot sein können“, stimmte sie ihm zu.

Er sah zu ihr auf, betrachtete die einst so vertrauten Züge und wie sie sich mit der Zeit und Trauer verändert hatten. „Was ich meine, ist, dass ich bereits Wichtigeres verloren habe als das hier.“

Sie hielt seinem Blick einen langen Moment Stand, bevor sie wegschaute. „Das nehme ich an.“

„Es tut mir leid, dass ich letzte Woche nicht da war“, sagte er schließlich und sie nickte.

„Ich weiß. Ist schon in Ordnung. Wirklich.”

Er schaute hinunter auf seine Hand, als seine Finger mit der Decke spielten. „Ich hasse den Gedanken, dass du dort alleine gewartet hast…“

„War ich nicht“, flüsterte Sara schon fast vorsichtig. „Anthony war bei mir.“

Für einen Moment stockte ihm der Atem. „Anthony?“, fragte er mit gesenktem Blick.

„Er ist ein… Freund“, sagte sie. „Na ja, eigentlich mehr als ein Freund. Wir sind… du weißt schon. Wir sehen uns. Er ist mein… Ich habe keine Ahnung, wie man so was in unserem Alter nennt.”

Jack lachte leicht. „Bestimmt nicht Freund.“

„Nein“, stimmte Sara ihm zu. „Ganz bestimmt nicht.“

Mit einem leichten Lächeln schaute er zu ihr auf. „Ich bin froh, dass du nicht allein warst.“

„Er war nicht mit bei Charlie“, versicherte sie ihm. „Ich dachte, dass es falsch sein würde. Ich weiß nicht warum, wahrscheinlich ist es total dumm, aber ich… es fühlte sich nicht richtig an.“

Jack nickte. „Ja, ich verstehe.“

Sie verfielen in ein erneutes Schweigen. „Also, was ist mit dir? Hast du…?“ Sie suchte nach dem richtigen Wort und Jack nutzte die Gelegenheit, um sich einzulinken.

„Nein“, sagte er ihr schnell. „Nein, habe ich nicht.“ Er lächelte, sodass sie sich nicht unwohl fühlte. „Zu viel Arbeit weißt du?“

„Richtig“, nickte sie und dann schaute sie hinunter auf seine Hand, „aber ich schätze mal, das wird sich ja jetzt ändern.“

Er folgte ihrem Blick zu dem Überbleibsel seines linken Armes und seufzte. „Ja, denke ich mal.“ Sie hatte recht, eine Menge Dinge würden sich ändern. Und trotz der Wut, die sich durch den Verlust seiner Hand angesammelt hatte, war er der Tatsache gegenüber, dass er nicht länger mehr Sams CO war, nicht blind. Die Regeln, die bisher eine Entwicklung ihrer Beziehung verboten hatten, hatte keinerlei Macht mehr über sie. Was er jedoch noch nicht wusste, war, was das jetzt zu bedeuten hatte. Im Grunde war dieser Gedanke sogar ziemlich erschreckend. Jetzt gab es nichts mehr, hinter das man sich verstecken konnte und er fühlte sich mehr als nur etwas entblößt.

„Jack?“ Saras Stimme unterbrach seine Gedanken und sie wiederholte sich offensichtlich. „Alles in Ordnung? Du siehst müde aus.“

„Ich denke, das bin ich auch“, gab er zu, da er nicht die wahren Abgründe seiner Gedanken offenbaren wollte. „Die pumpen mich hier mit Gott-weiß-was voll und ich habe Schwierigkeiten für länger wach zu bleiben.“

„Dann solltest du schlafen“, sagte sie ihm. „Ich werde jetzt gehen.“

„Danke für deinen Besuch“, sagte er und beobachtete sie liebevoll. „Das hättest du nicht tun müssen.“

„Ich weiß, aber…“ Sie zuckte mit den Schultern. „Du bedeutest mir noch immer was, Jack. Und das wird sich auch nicht ändern.“

„Ja“, nickte er, „du mir auch. Und ich, uhm, ich hoffe, dass es mit Anthony klappt.“

Sara lächelte, aber er dachte so etwas wie Bedauern in ihren Augen gesehen zu haben. Sie *waren* wirklich mal großartig zusammen gewesen, aber diese Tage waren schon lange vorbei und sie beide wussten es. Ihre Wege hatten sich seit Charlies Tod getrennt und jetzt waren sie andere Menschen. „Pass auf dich auf, Jack“, sagte sie ihm und küsste ihn leicht auf die Wange. „Ich sehe dich dann nächstes Jahr?“

Er nickte. „Ganz sicher.“

Und mit einem letzten Lächeln, drehte sie sich um und ließ ihn allein. Für lange Zeit schaute er einfach nur hinaus aus dem Fenster und beobachtete, wie die Blätter langsam zu Boden fielen, bis er bemerkte, dass er wirklich müde war und zurück in seine bittersüße Träume von einem Leben versank, welches er nie wieder wird haben können.



*******************



Obwohl sie die meiste Zeit im SGC verbrachte, hatte Doktor Fraiser auch hier ihr eigenes Büro. Und während O’Neill sich in sehr fähigen Händen befand, betrachtete sie es als persönliche Verpflichtung ein Auge auf seine Genesung zu werfen. Und so hatte sie ihre Nachmittage hier verbracht, noch ein paar Berichte aufgearbeitet und die Behandlung des Colonels beobachtet.

Es war kein großes Büro, gerade mal Platz genug für einen Schreibtisch und ein paar Stühle, von dem einer mit Akten vollgepackt war. Heute jedoch lungerte Sam in diesem Stuhl und starrte düster aus dem Fenster, als sie einen Schluck von dem Kaffee aus ihrem Pappbecher nahm.

„Nun“, sagte Janet, als sich das Schweigen ihrer Meinung nach etwas zu sehr ausstreckte, „so sehr ich auch deine Gesellschaft genieße, Sam, glaube ich nicht, dass du den ganzen Weg hierher gekommen bist, um schlechten Kaffee in meinem Büro zu trinken.“

„Was?“, fragte Sam und schüttelte dann den Kopf, als ob sie ihn so auslüften könnte. „Nein, entschuldige, Janet“, seufzte sie. „Ich bin nur… ich weiß auch nicht.“

Als Janet ihr Kinn auf ihre Hände abstützte, entschied sie direkt zum Punkt zu kommen. „Sag mir ruhig, dass ich mich nicht einmischen soll, wenn du willst“, sagte sie, „aber was zum Teufel ist nur mit dir und Colonel O’Neill los?“

Sam starrte sie einen Augenblick nur an. „Nichts.“

„Oh komm schon“, rief Janet, „ich bin’s mit dem du hier redest…“

Sam schüttelte nur den Kopf. „Nichts ist los, Janet.“

„Na schön, und warum sitzt du dann hier bei mir anstatt bei ihm?“, fragte sie spitz. „Er ist doch der Grund, warum du hier bist, nicht wahr?“

Mit einem Stirnrunzeln schaute sie hinunter auf ihren Kaffee und nahm einen zögernden Schluck. „Er hat gerade Besuch.“

Wirklich? Janets Neugier war geweckt. „Wen?“

„Seine Frau.“

„Exfrau“, korrigierte Janet sie. „Es sei denn, da ist etwas, was ich nicht weiß?“

Sam zuckte mit den Schultern. „Du weißt genauso viel wie ich“, versicherte sie ihr.

Wenn sie sich den mürrischen Blick ihrer Freundin betrachtete, dann bezweifelte Janet das. Behutsam fragte sie schließlich: „Glaubst du, dass sie sich wieder sehen?“

„Ich weiß es nicht.“ Sam seufzte verärgert. „Vielleicht. Auf ’850 hatte er die ganze Zeit nach ihr gefragt.“

Janet zuckte daraufhin leicht zusammen und auch als sie Sams offenkundige Frustration sah. Aber sie hatte das Gefühl, dass sie die offensichtliche Frage stellen musste. „Hast du ihn danach gefragt?“

„Nein!“, war die Antwort und Sam riss schon fast apathisch ihre Augen auf. „Natürlich nicht.“

„Was meinst du damit 'natürlich nicht’?“

Sam sah sie ungläubig an. „Ich meine damit, dass es mich nichts angeht, Janet.“

„Wirklich nicht?“

„Er ist mein CO“, sagte Sam als sie ihren Blick abwandte. „Sein Privatleben hat nichts mit mir zu tun.“

„Guter Punkt“, räumte Janet ein, „wenn er auch noch dein CO wäre. Aber das ist er jetzt nicht mehr, nicht wahr?“

Sam schwieg und rutschte in ihrem Stuhl noch tiefer, als sich ein dunkler Schatten über ihr Gesicht legte. „Nein, ist er nicht“, sagte sie. „Wegen mir. Er sagt, es ist nicht meine Schuld, aber er hat unrecht. Es war meine Entscheidung. Es ist meine Schuld.“

Müde davon diese Unterhaltung mit Sam zu führen, schwieg Janet für einen Moment. Und dann griff sie in ihre Schublade, zog eine dicke Akte heraus und ließ sie mit einem dumpfen Aufprall auf ihrem Schreibtisch landen. Sam schaute auf. „Weißt du, was das hier ist?“ Als Sam nur ihren Kopf schüttelte, fuhr sie fort. „Das sind die medizinischen Unterlagen von Colonel Jonathan O’Neill, Volumen Nummer zwei.“

Sam sah sie nur an. „Und?“

„Und“, sagte Janet, „er hatte einen verdammt gefährlich Job, Sam. Um ehrlich zu sein, grenzt es schon fast an ein Wunder, dass er noch immer am Leben ist. Und ich spreche hier nicht nur von den letzten vier Jahren. Jack flirtete bereits mit dem Tod und gefährlichen Verletzungen, als du noch auf der High School warst. Das hier“, sagte sie und haute einmal auf die Akte, „ist nur ein Katalog mit einem Beinaheverlustnach dem anderem. Und weißt du was? Wenn du wirklich denkst, dass es deine Schuld ist, dann kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch. Du hast diesem Mann einen Gefallen getan, denn lass uns doch mal ehrlich sein, er hatte nicht geplant aufzuhören, bis ihn dort draußen wirklich etwas umgebracht hätte.“

Sam sah sie grübelnd an und ein schwaches Licht leuchtete in den Tiefen ihrer blauen Augen. „Ich denke, das stimmt“, räumte sie ein.

„Ich glaube, du hast vermutlich sein Leben gerettet, Sam“, sagte Janet ihr ernst. „Und jetzt ist er noch jung genug, um es auch richtig zu leben.“

„Es ist aber nicht das, was er wollte“, flüsterte Sam, ihr Blick klebte noch immer auf Jacks Akte. „Er wollte weiter kämpfen.“

Janet zuckte mit den Schultern. „Ich denke, dass er auch andere Dinge wollte“, sagte sie jetzt etwas sanfter. „Dinge, die mit seinem Pflichtbewusstsein oder dem Krieg der Goa’uld nicht übereinstimmen konnten. Aber das hat sich alles geändert. Für ihn ist der Krieg jetzt vorbei, Sam.“

Sie nickte langsam und schloss ihre Augen. Als sie sprach, war ihre Stimme nur ein Flüstern. „Was, wenn es Sara ist, die er will?“

Janet brach es fast das Herz, aber alles, was sie sagte, war: „Warum fragst du ihn nicht einfach?“

„Ich weiß nicht wie.“

„Warum nicht?“

Mit einem Kopfschütteln seufzte sie. „Weil es bereits zu lange her ist, seit wir das letzte Mal wirklich miteinander geredet haben… Ich weiß nicht, was er noch fühlt und ich will die Dinge nicht noch komplizierter machen.“

Janet lachte. „Ich denke, die Dinge sind bereits kompliziert genug.“

„Vielleicht“, stimmte sie zu und zerdrückte den Pappbecher in ihrer Hand.

Janet beobachtete sie schweigend. „Er hat sich um dich Sorgen gemacht, weißt du. Darüber, ob du dich noch immer schuldig fühlst und auch, warum du ihn nicht öfters besucht hast.“

Sam schien wirklich überrascht zu sein. „Wirklich?“

„Wirklich“, sagte Janet ihr und stopfte die schwere Akte zurück in die Schublade. „Ich habe keine Ahnung, was da mit Sara ist“, sagt sie schließlich, „aber ich weiß, dass du ihm etwas bedeutest, Sam. Das ist offensichtlich.“

Langsam stand Sam auf. „Danke“, sagte sie gedankenverloren und warf den zerknüllten Becher in den Mülleimer. „Für den Kaffee.“

Janet lächelte. „Jederzeit“, sagte sie mit einem Blick auf ihre Uhr. „Du beeilst dich besser“, fügte sie dann hinzu. „Die Besuchszeit ist schon fast um.“

Mit einem angespannten Lächeln, nickte Sam und ging zur Tür. „Danke, Janet“, wiederholte sie, als sie die Tür aufdrückte und dann mit einem knappen Nicken verschwand.

Die Tür fiel ins Schloss und Janet vergrub ihren Kopf in ihren Händen. „Das ist ja wie Zähne ziehen!“, murmelte sie.



*******************



Als Sam Jacks Zimmer erreichte, begann der Nachmittag bereits zu dämmern und Jack war am Schlafen. Sie betrat leise den Raum und schloss die Tür vorsichtig hinter sich, bevor sie an sein Bett ging. Er sah seit ihrem letzten Besuch schon um einiges besser aus; er hatte wieder mehr Farbe und die ganzen Schläuche, die ihn da noch umgeben hatten, waren auf nur einen Schlauch reduziert worden, der in seinem verbundenen Arm steckte.

Sie schaute hinunter auf seinen beschädigten Arm, seine Hand fehlte direkt über dem Handgelenk, und sie musste bei dem Anblick schwer ihre Schuldgefühle hinunterschlucken. Aber es wurde durch Janets Worte gemäßigt. 'Du hast diesem Mann einen Gefallen getan, denn lass uns doch mal ehrlich sein, er hatte nicht geplant aufzuhören, bis ihn dort draußen wirklich etwas umgebracht hätte.’ Sam wusste, dass sie recht hatte. Als er noch eine Wahl hatte, da stand die Pflicht immer an erster Stelle. So war es bereits sein ganzes Leben gewesen, da war sie sich ziemlich sicher. Aber jetzt hatte sie ihn von seiner Pflicht entbunden, ob er es nun wollte oder nicht.

Mit einem Seufzen setzte sie sich, ihre Ellbogen stützte sie auf ihren Knien ab und beobachtete ihn. Vielleicht konnte sie ja morgen zurückkommen? Vielleicht war jetzt nicht gerade der perfekte Zeitpunkt zu versuchen dieses Netz der Gefühle anzugehen, welches sie beide zusammenhielt und doch trennte? Sie konnte morgen an ihrem freien Tag zurückkommen.

Jack rührte sich etwas und murmelte etwas im Schlaf, was sie nicht ausmachen konnte. Die Nacht, als sie von `850 zurückgekehrt waren, da hatte Janet ihr gesagt, dass sie ihm dabei helfen konnte mit seinem Leben fortzufahren, aber als sie ihr saß und ihn beobachtete, da fragte sie sich, wie sie das machen sollte. Wenn Sara diejenige war, die er wollte, wenn sie irgendwie wieder zurück in seinem Leben war, dann hatte Sam nicht die Absicht sich ihnen in den Weg zu stellen. Und doch war der Gedanke ihn mit einer anderen Frau zu sehen verdammt schmerzhaft. Konnte sie noch immer seine Freundin sein, wenn Freundschaft alles war, was er von ihr wollte? Sie war seine Freundin, und wie auch immer seine Gefühle Sara gegenüber aussehen mögen, hatten sie und Jack eine gewisse Verbindung, die auch nicht von ihrer persönlichen Enttäuschung zerrüttet werden konnte. Sie hatte als eine Freundin ihm gegenüber genauso eine Pflicht, wie sie sie auch hatte, als er noch ihr CO war. Und sie konnte ihn jetzt genauso wenig im Stich lassen, wie es bei einer Mission der Fall gewesen wäre. Wenn er ihre Freundschaft brauchte, dann würde sie sie ihm ohne jegliche Frage geben, so wie sie ihn auch immer vertraut und respektiert hatte.

Langsam stand sie auf, straffte ihre Schultern, als sie ihre neue Pflicht annahm. Niemals sollte gesagt werden, dass Sam Carter vor etwas davon lief, nur weil es schwierig war, dachte sie ironisch. Als sie zu ihm hinunterschaute, wie er dort friedlich schlafend lag, widerstand sie der Versuchung ihn zu berühren und begnügte sich nur damit ein „Gute Nacht, Colonel. Schlafen Sie gut“, zu murmeln.

Und dann drehte sie sich um und verschwand, entschlossen sich bis zum nächsten Tag wieder gesammelt zu haben. 'Ich kann lediglich seine Freundin sein’, sagte sie sich selbst, als sie den leeren Korridor entlang ging. 'Ich kann ihm eine Freundin sein. Ich kann das. Ich kann es.’



*******************



Daniel hatte sich an einiges während seiner vier Jahre im SGC gewöhnt; intergalaktisches Reisen, Außerirdische, eine Waffe zu tragen. Der frühe Tagesbeginn jedoch war noch immer ziemlich problematisch. Sein Gehirn weigerte sich einfach vor zehn Uhr richtig zu funktionieren und er hatte immer das Gefühl nur auf Sparflamme zu laufen. Heute war es nicht anders und der scheußliche Krankenhauskaffee war nicht wirklich hilfreich, als er den Gang zu Jacks Zimmer entlang schlenderte. Normalerweise würde er seinen Freund um diese Zeit keinen Besuch abstatten, aber um acht Uhr musste er wieder im SGC sein, wo er dann eine Woche auf einer Mission sein würde und er wollte Jack noch einmal sehen, bevor er ging.

Daniel öffnete die Tür zu Jacks ruhigem Zimmer und gab sein bestes den Kaffee nicht zu verschütten, als er hineinschaute. Aber es gab keinen Grund für Heimlichkeiten, Jack war bereits wach und stocherte trostlos in seinem Essen vor ihm herum.

„Hey“, rief Daniel, als er ganz eintrat.

Jack schaute auf und nickte ihm flüchtig zu. „Daniel“, sagte er, „ist es nicht ein bisschen früh für dich?“

„Ja“, stimmte Daniel ihm zu. „Ich hoffe, du fühlst dich geehrt.“

Ein Hauch eines Lächelns zeichneten sich auf Jacks Lippen ab, aber alles, was er sagte, war: „Sieht das für dich wie Ei aus?“

Als er auf das Tablett schaute, konnte Daniel ehrlich sagen: „Ich weiß es nicht.“

„Das Essen hier ist grausam“, sagte Jack und ließ seine Gabel auf den Teller fallen. Dann sah er zu ihm auf. „Habe ich das eigentlich schon mal erwähnt?“

„Ein paar Mal“, nickte Daniel. „Wenn du hungrig bist, dann könnte ich dir was von der Cafeteria holen? Es ist vermutlich etwas genießbarer.“

Aber Jack schüttelte nur den Kopf und schob das Tablett zur Seite. „Mach dir keine Mühe“, sagte er und winkte Daniel zum Stuhl. „Also, was führt dich um diese Zeit zu mir?“

„Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht“, sagte Daniel ihm und setzte sich auf den Stuhl, als er erneut einen Schluck von dem scheußlichen Kaffee nahm. „Ich werde die nächsten Tage mit SG-6 Off-World sein, also dachte ich, dass ich vorher noch mal vorbeischaue.“

„Off-World…?“, seufzte Jack und schloss seine Augen, bevor er langsam ausatmete. „Das hört sich toll an.“

Daniel zuckte leicht zusammen. „Tut mir leid“, flüsterte er. „Es muss bestimmt schwer sein.“

„Denkst du?“

Daniel schwieg. Jacks Karriere war vorbei, da konnte nichts dran gedreht werden und jegliche Worte des Trosts wären nur bedeutungslos. Jedoch… „Weißt du“, flüsterte er mit einem Blick auf Jack gerichtet, „hier jetzt zu sitzen, erinnert mich irgendwie an meinen Besuch auf der Krankenstation letztes Jahr Weihnachten. Erinnerst du dich?“

Die Anspannung auf Jacks Gesicht verschwand. „Janet hatte mich wegen den Papierflugzeugen früher entlassen“, sagte er mit einem leichten Lächeln.

„Ja“, nickte Daniel und erinnerte sich an ihren wütenden Vortrag, wie unangemessen sein Geschenk doch war. „Aber ich erinnere mich auch noch an das, worüber wir uns da unterhalten haben.“

Jack wandte seinen Blick ab und begann nervös mit der Decke zu spielen. „Hockey?“, fragte er hoffnungsvoll.

„Sam“, korrigierte Daniel ihn.

„Oh.“

Daniel runzelte die Stirn, da er sich nicht sicher war, wie er fortfahren sollte. „Sieh mal“, sagte er, „ich will dir nicht sagen, was du tun sollst, aber… ich denke, es gibt doch 'ne gute Seite an all dem hier.“

Jack schwieg, aber Daniel wusste, dass es nur so war, weil er versuchte seine Gedanken zu formulieren und so hielt er seinen Mund. „Das ist nicht so einfach“, sagte Jack schließlich, während er weiterhin mit der Decke spielte.

„Wann ist es jemals einfach?“, fragte Daniel.

Jack lächelte etwas und schaute dann mit einem merkwürdig verunsicherten Blick in seine Richtung. „Glaubst du wirklich, dass sie noch einen einarmigen Pensionär interessiert wäre?“

„Und glaubst du wirklich, dass ihr das wichtig ist?“, hielt Daniel dagegen.

Jack zuckte mit den Schultern und hob seinen linken Arm. „Es ist nicht gerade attraktiv“, murmelte er. „Noch nicht einmal ich will es mir ansehen.“

Kopfschüttelnd lehnte sich Daniel nach vorne und nahm seine Brille von seinen trockenen Augen. „Wir reden hier von Sam“, sagte er. „Sie ist nicht so oberflächlich.“

„Vielleicht“, nickte er nicht wirklich überzeugt, „aber ich habe nicht besonders viel von ihr gesehen, seit ich hier bin, also fange ich an mich zu fragen…“

„Komm schon, Jack“, protestierte Daniel und weigerte sich ihm mit dieser Selbstmitleidnummer durchkommen zu lassen. „Du weißt *genau* warum sie sich fernhält.“ Er machte eine Pause, aber Jack antwortete ihm nicht und so buchstabierte er es ihm. „Sie denkt, dass es ihre Schuld ist. Sie fühlt sich elend, Jack. Sie denkt, dass sie deine Karriere beendet hat!“

„Das ist doch kompletter Schwachsinn!“, rief Jack plötzlich. „Und ich habe ihr das auch gesagt. Sie hat das Richtige getan und ich gebe ihr keine Schuld.“ Er schüttelte den Kopf, als seine Hand verärgert durch seine Haare fuhr. „Sie ist im Militär, Daniel. Sie versteht, wie das hier funktioniert. Risiko ist ein Teil des Jobs.“

„Nur weil du ihr nicht die Schuld gibst, heißt das noch lange nicht, dass sie sie sich nicht selbst gibt“, hielt ihm Daniel vor Augen.

„Nein“, sagte Jack mit einem Kopfschütteln. „Das ist es nicht. Das ist es nicht, was sie stört. Na ja, nicht ganz.“

Daniel runzelte die Stirn und erinnerte sich an Sams erstarrtes Gesicht, als Jack nach Sara gefragt hatte. Aber ein Blick auf Jacks brodelnde Züge sagte ihm, dass jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt war, dieses Thema anzusprechen. „Also, hast du sie dann gefragt, was sie so stört?“, fragte er stattdessen.

„Wie denn?“, knurrte Jack. „Ich habe sie ja nie gesehen.“ Seine Stimme wurde leiser, als er noch hinzufügte: „Gestern war sie für 'ne Minute hier. Sie hatte gesagt, dass sie später noch mal vorbeischauen würde, aber das hat sie nie getan.“

Ouch. Jacks Enttäuschung war schon greifbar. „Vielleicht ist sie ja beschäftigt?“, schlug Daniel ziemlich halbherzig vor. Verdammt, aber sein Gehirn schien immer noch im Tiefschlaf zu stecken. Beschäftigt…?

„Beschäftigt?“, echote Jack. „Nein, sie war nicht beschäftigt. Sie ist mir aus dem Weg gegangen.“

Daniel seufzte und schaute hinunter auf seine Uhr. Er musste bald gehen, aber er hasste es, Jack so zurückzulassen. „Ruf sie an“, schlug er plötzlich vor. „Sie hat heute frei. Ruf sie an und frag sie, ob sie dich nicht besuchen kommen will.”

„Ich werde ihr nicht befehlen mich zu besuchen!“, rief Jack aufgebracht. „Herr Gott noch mal, Daniel, so verzweifelt bin ich nun auch wieder nicht.“

Daniel lachte nur, als er aufstand. „Ich hatte eigentlich eher daran gedacht, dass du sie 'einlädst’ und es ihr nicht 'befielst’, Jack“, sagte er ihm. „Du weißt schon, wie es die Menschen für gewöhnlich tun.“

Jack verengte seine Augen. „Tun das die Menschen für gewöhnlich?“

Daniel war sich nicht sicher, ob das jetzt Sarkasmus oder eine aufrichte Frage war. Egal, was es war, die Antwort war dieselbe. „Ja“, sagte er, „das tun sie. Du solltest es mal versuchen, weißt du. Du wärst überrascht.“

Jack nickte ihn schweigend mit einem gedankenverlorenen Blick zu. „Glaubst du, sie wird kommen?“, flüsterte er. „Ich meine, wenn ich sie einlade?“

„Es ist Sam“, sagte Daniel ihm einfach. „Natürlich wird sie vorbeikommen.“



*******************



Das Radio in Sams Küche blubberte eine Mischung von Nachrichten und Hörermeinungen, als sie sich eine Tasse Kaffee einschenkte und mit einer Zeitung unter ihren Arm geklemmt, langsam ins Wohnzimmer schlenderte. Trotz der tobenden Gefühlsachterbahn in ihr war sie entschlossen das Beste aus diesem Tag zu machen und hatte erst einmal eine Stunde in ihrer Badewanne verbracht und war gerade dabei mindestens eine weitere mit der Morgenzeitung zu verbringen. Sie hatte sich gerade auf ihre Couch gesetzt, als das Telefon klingelte. Sie hob es vom Boden auf und nahm gerade dann ab, bevor der Anrufbeantworter drangehen konnte. „Hi, Sam Carter“, sagte sie und überflog die Überschriften auf dem Titelblatt.

Es herrschte ein längeres Schweigen und sie wollte gerade noch einmal ihre Worte wiederholen, als sie eine Stimme hörte. „Hi, ich bin’s. Jack.“

Ihr Herz vollführte einen unerwarteten Salto. Jack? „Sir, hi“, antwortete sie und setzte sich augenblicklich auf. Sie schloss für einen kurzen Moment ihre Augen und verfluchte ihre so heftige Reaktion auf seinen unerwarteten Anruf.

Ein weiteres Schweigen. „Kein ‚Sir’, Carter. Jack.”

„Entschuldigung“, antwortete sie, als sie ihre Beine nervös über die Kante ihres Sofas legte. „Ist alles in Ordnung, Si… Jack?“

„Fein“, war die merkwürdig bedachte Antwort. Und dann nach einer weiteren Pause sprach er erneut. „Sehen Sie, Carter, ich habe mich gefragt… Fraiser hat mir gesagt, dass sie mich diesen Nachmittag endlich aus diesem gottverdammten Zimmer raus lässt, um draußen herumzulaufen oder so was. Aber sie lässt mich nicht gehen, es sei denn, ich habe noch eine Begleitung, die auch sichergeht, dass ich nicht im Blumenbett zusammenklappe.“ Sie hörte, wie er einmal tief Luft holte und dann die nächsten Worte fast in einem Atemzug aussprach. „Also, habe ich mich gefragt, ob Sie nicht vielleicht Zeit hätten, Sie wissen schon, herzukommen und… spazieren zu gehen. Oder so etwas.“

Seine lange und ausschweifende Wunschformulierung ließ ihre Lippen zu einem Lächeln erwachen, aber ihr Herz befand sich mit sich selbst im Krieg. Ihre Selbsterhaltung warnte sie, dass es nur wehtun würde, aber ihr Pflichtbewusstsein und ihr Sinn nach Ehre leiteten sie ein „Okay“, zu antworteten.

„Okay“, wiederholte Jack und hörte sich sinnwidrig erleichtert an. „Okay! Cool! Nun, Sie können jederzeit vorbei kommen. Ich werde hier sein.”

„Ist gegen dreizehnhundert in Ordnung?“, fragte sie.

„Sehr gut.“

„Okay. Also, bis dann, Sir… Jack.“

„Ja, großartig. Uhm, tschüss, Carter… Sam.“

„Tschüss.“

Und so legte er auf und ließ Sam sich wundernd, was zum Teufel er sie da eben genau gefragt hatte, auf der Sofakante sitzen. Seine nervöse Bitte hatte schon fast wie ein Date geklungen, aber… 'Nur Freunde’, erinnerte sie sich selbst, als sie sich ihren Kaffee schnappte und ins Schlafzimmer ging. 'Nur Freunde’, wiederholte sie die Worte, als sie ihren Schrank öffnete und sich überlegte, was sie anziehen sollte. 'Nur Freunde.



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Es fühlte sich gut an endlich aus dem Bett zu sein. Es fühlte sich gut an auf einem Stuhl zu sitzen. Es fühlte sich gut an mal etwas anderes zu tragen als diesen Krankenhauskittel.

Aber auf den verbundenen Stummel seines Armes zu schauen, der leicht unter dem Ärmel herauslugte, fühlte sich nicht mehr gut an. Im Grunde wandte sich sogar sein Blick reflexartig davon ab, wenn er auch nur in diese Richtung blickte. In seinen eigenen Augen war es einfach nur grotesk und er fürchtete sich davor dasselbe Gefühl auf Sams Gesicht zu sehen, wenn sie ihn ansah.

„Es heilt ziemlich gut“, sagte Janet ihm, als sie ihm eine Schlinge um die Schulter legte. „Sie werden die Schlinge nicht sehr lange gebrauchen, aber für ein paar Tage möchte ich, dass Sie Ihren Arm hochhalten, wenn Sie nicht liegen.“

Jack zuckte mit den Schultern. „Stört mich nicht“, sagte er ihr mürrisch. „Es gibt ja nicht unbedingt sehr viel, was ich damit tun könnte, auch ohne die Schlinge.“

„Oh, Sie wären überrascht“, sagte sie ihm, als sie seinen Arm hob und die Schlinge festigte. „Prothesen können sehr…“

„Ah!“, warnte er sie und hob seine gesunde Hand hoch, um sie zu unterbrechen. Prothese? Bitte! „Ich will’s nicht hören.“

Janet zuckte nur mit den Schultern, so als ob dieser Ausbruch vollkommen zu erwarten gewesen war, und ging einen Schritt zurück, nur um einmal kurz zu nicken, als sie ihre Arbeit betrachte. „Ich werde ihnen jetzt einen Rollstuhl holen“, sagte sie.

„Einen was?“

„Einen Rollstuhl“, wiederholte sie. „Damit Sam Sie nach draußen bringen kann.“

„Den Teufel werde ich tun“, knurrte er. „Ich habe noch zwei gesunde Beine, Doc. Ich kann laufen.“

„Colonel“, begann Fraiser mit übertriebener Geduld. „Sie erholen sich gerade von einem ernsthaften Eingriff. Sie sind noch immer ziemlich blass, Sie haben seit einer Woche kaum was gegessen und…“

„Keinen Rollstuhl“, unterbrach er sie mit einer Stimme, die eine ganze Legion von Rekruten huschen lassen würde.

Janet jedoch war weniger beeindruckt davon und hatte bereits ihren Mund geöffnet, um weiter zu debattieren, als ein Klopfen Jack vor einer Triade rettete. Mit einem Lächeln schaute er hinunter auf seine Uhr. Es war genau dreizehnhundert – es musste Sam sein.

„Herein“, rief er und die Tür öffnete sich. Sie betrat den Raum und ihr Blick wanderte sofort zum leeren Bett. „Hier drüben“, sagte er lächelnd, als sie sich umdrehte. Ihre Blicke trafen sich kurz und er sah den Anflug von Freude auf ihrem Gesicht, bevor ihre militärische Maske erneut fiel.

„Sie sehen gut aus, Sir“, kommentierte sie und scheiterte daran die Überraschung aus ihrer Stimme zu halten.

„Danke, Carter“, antwortete er. „Der Doc und ich hatte gerade eine ähnlich Unterhaltung.“

Als sie seinen Ton hörte, sah sie neugierig zu Janet hinüber. „Macht er Probleme?“, fragte sie mit der Andeutung eines Lachens.

Janet verdrehte nur ihre Augen. „Was glaubst du denn?“

Sie ignorierend, drückte sich Jack langsam auf die Füße und forderte Fraiser heraus. Aber sie beobachtete ihn nur mit ihren dunklen, teilnahmslosen Augen und schwieg. Nach einem kurzen Schwindelgefühl grinste er sie triumphierend an. „Heute sieht es nach einem wunderschönen Nachmittag aus“, sagte er Sam. „Sollen wir einen Spaziergang machen, Carter?“

Sie nickte. „Okay.“

„Colonel“, platzte es dann aus Fraiser heraus, da sie sich das nicht schweigend mit ansehen konnte. „Ich denke wirklich, dass Sie einen Rollstuhl benutzen sollten. Es ist wirklich nicht…“

„Nein“, bellte er grober als beabsichtigt. Und dann spannte er seinen Kiefer an, wütend über sich selbst, so die Beherrschung verloren zu haben. Aber es war schon schlimm genug hier mit nur einem Arm zu sitzen, da wollte er nicht auch noch, dass Sam ihn wie einen alten senilen Mann herumschob!

„Sie sind wirklich nicht in der Verfassung“, beharrte Fraiser, als sie ihre Arme bestimmt vor ihrer Brust verschränkte, aber Sam ging dazwischen.

„Wir werden nicht weit gehen, Janet“, versicherte sie ihr. „Ich habe direkt am Eingang ein paar Bänke gesehen.“ Die beiden Frauen tauschten einen bedeutungsvollen Blick aus und Jack konnte das Flehen auf Sams Gesicht sehen, als sie leicht ihre Augenbrauen zusammenzog.

Sie verstand ihn, erkannte Jack. Dieser Gedanke berührte ihn tief. Sam hatte ihn immer so verstanden, wie es noch nie jemand zuvor getan hatte. Sie wusste genau, warum er hier herausgehen musste und ihn nicht versuchte vom Gegenteil zu überzeugen. Sie wusste es einfach.
Die Flut von warmen Gefühlen lenkte ihn von dem stummen Wettkampf der beiden Frauen ab, bis Fraiser schließlich das Schweigen durchbrach. „Okay“, sagte sie ziemlich widerwillig. „Aber wenn er ohnmächtig wird, dann hohl Hilfe.“

„Natürlich“, antwortete Sam mit einem dankbaren Lächeln. „Aber ich bin mir sicher, dass es ihm gut gehen wird. Der Colonel ist ziemlich robust.“

Janet sah nicht überzeugt aus. „Ich weiß genau, wie robust er ist“, murmelte sie. Und dann warf sie ihre Arme in die Luft. „Fein! Genießt den Sonnenschein. Und bitte versuch ihn müde zu machen, Sam!”

Damit ließ sie Sam und Jack etwas befangen zurück. Nach einem Moment räusperte sich Jack. „Danke, Carter.“

„Wofür?“, fragte sie und sah ihn mit geheuchelter Unschuld an.

Er lächelte langsam, als er seine Antwort gut überlegte. „Fürs Kommen“, entschied er schließlich und schaute dann hinaus in den blauen Himmel. „Es sieht wirklich nach einem schönen Nachmittag aus.“

„Das ist es“, sagte sie. „Ich, uhm…“ Sie verlagerte die Tasche, die über ihrer Schulter hing. „Ich weiß ja, wie das Essen hier ist, also habe ich 'ne Kleinigkeit gekauft. Wenn Sie hungrig sind.“

„Nett“, nickte er lächelnd.

Sam lächelte und deutete auf die Tür. „Sollen wir?“

„Sicher.“ Er griff über den Stuhl, um sich seine Lederjacke zu schnappen. Und hielt dann inne, als er sie in seiner Hand hielt und nicht so recht wusste, wie er sie anziehen sollte. Nach einem Moment des Zögerns nahm Sam sie ihn wortlos ab und hielt sie ihm offen hin. Er unterdrückte ein verärgertes Seufzen, dass sie ihm helfen musste, auch wenn er wusste, dass es vollkommen unvernünftig war, da Sam nicht verdient hatte das zu hören. Stattdessen murmelte er ein: „Danke, Carter“, als sie behutsam seine Jacke über seine Schulter zog.

„Ich hoffe, Sie mögen Thunfisch“, war ihr einziger Kommentar, als sie langsam zur Tür gingen.

Jack lächelte nur, so dankbar, dass ihre stumme Hilfe ihn diesmal vor den Worten bewahrt hatte.



*******************



Die Luft war erfrischend kühl, als Sam aus den überhitzen Krankenhaus hinaustrat und ihre Jacke noch etwas enger um sich zog. Aber die Sonne auf ihrem Gesicht war noch immer warm und stellte sich somit den nahenden Winter gegenüber. Neben ihr, ging Jack langsam und trotz der Tatsache, dass sie gerade mal wenige Minuten von seinem Zimmer entfernt waren, war er schon leicht außer Atem. Aber sie maskierte ihre Sorgen mit einem Lächeln, als sie Tür für ihn aufhielt. Sie wusste genau wie frustrierend es war so schwach zu sein, denn auch sie war schon oft in solchen Situationen gewesen. Und wenn dann noch die Freunde sich aufführten wie irgendwelche überbeschützenden Glucken, war es alles andere als hilfreich.

Jack schloss seine Augen und atmete einmal tief ein, sobald er draußen war. „Also, das ist schon viel besser“, beobachtete er leise. „Ich hasse Krankenhäuser.“

„Ich weiß“, antwortete Sam und ließ die Tür hinter sich ins Schloss schwingen und hielt nach der nächsten Bank Ausschau. Eine war ganz in der Nähe, sie stand unter einem Baum und war in ein herbstliches Sonnenlicht getaucht. „Lassen Sie uns dort hinsetzen“, sagte sie und widerstand dem Drang seinen Arm zu nehmen und ihn zur Bank zu führen.

Jack sah sie mit einem neugierigen Lächeln an. „Ich werde schon nicht zusammenklappen“, versicherte er ihr.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, aber ich verhungere und möchte etwas essen.“

Er grinste und sie bezweifelte, dass er ihre kleine Notlüge abgekauft hatte, aber sie dachte, dass er ihren Versuch sehr schätzte. „Okay“, sagte er, „wenn Sie hungrig sind…“

Ihr Gang über den Rasen war langsam und schweigsam. Uns als sie die Bank erreichten, setzte sich Jack mit einem erleichterten Seufzen hin. „Kennen Sie den Ausdruck, sich so schwach wie ein Kätzchen zu fühlen?“, seufzte er.

„War schon dort, hab’s schon hinter mir“, nickte Sam. Und dann war sie einfach nicht mehr in der Lage die Frage zurückzuhalten. „Wie geht’s Ihnen?“

Jack dachte sorgfältig über die Fragen nach, seine Augen verengten sich leicht. „Okay“, antwortete er vollkommen unverfänglich.

Sam erkannte Schönrederei, wenn sie sie hörte. „Nein, wirklich“, ging sie etwas weiter. „Tut Ihnen Ihr… Arm noch weh?“

Er beobachtete sie noch immer abschätzend. „Wirklich?“

Sie nickte.

„Eigentlich“, gab er zu, „tut mir meine *Hand* noch immer weh.“
Sam nickte erneut und kroch fast auf den Knien, als erneut Schuldgefühle an ihr nagten, aber sie gab ihr Bestes sie zu ignorieren. „Phantomschmerz“, sagte sie. „Janet hat mir davon erzählt. Anscheinend kann es Jahre anhalten.”

Er zog eine Augenbraue hoch. „Na, das ist doch mal beruhigend.“

„Entschuldigung“, murmelte sie leicht zusammenzuckend. Sehr gut, Sam. Öffne den Mund und iss einfach…

„Schon okay“, versicherte Jack ihr und zog seine Jacke etwas enger um sich. „Wenn man genau drüber nachdenkt, dann ist es gar nicht mal so schlimm.“ Dann lächelte er sie mit einer ungewöhnlichen Unsicherheit an. „Also, wie geht’s *Ihnen*?“, fragte er. „Ich habe seit ich hier bin nicht gerade sehr viel von Ihnen gesehen.“

„Mir geht’s gut“, versicherte sie ihm augenblicklich, da ihr diese Frage ziemlich unangenehm war. „Ich, uhm… es tut mir leid, dass ich Sie nicht so oft besucht habe. Ich war…“

„Beschäftigt?“, schlug Jack zweifelnd vor.

„Ja“, nickte sie, froh über die Entschuldigung. „Sie glauben ja gar nicht, wie viel es zu tun gibt, selbst wenn SG-1 im Moment nicht in Bereitschaft ist, bis der der General einen…“ Oh Mist. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, *dieses* Thema anzusprechen. Sie schluckte den Rest der Wörter hinunter, aber es war bereits zu spät.

Jacks Gesicht spannte sich ein wenig an, als er ihren Satz beendete. „… einen Ersatz für mich gefunden hat?“

Als sie mit ihrer Hand durch ihre Haare fuhr, verlagerte Sam ihre Position so, dass sie ihn jetzt direkt anschaute. Sie hatte wirklich nicht heute darüber reden wollen, aber anlügen wollte sie ihn auch nicht. „Uhm, na ja, eigentlich“, sagte sie nervös lächelnd, „hat General Hammond mir das Kommando für SG-1 angeboten. Also wäre es im Grunde ein Ersatz für mich. Vermutlich ein Captain.“

Jack starrte sie einen Moment nur an, als sie ihre Luft anhielt und ihn eingehend beobachtete, so als ob sie auf eine Reaktion von ihm warten würde. Und plötzlich grinste er, es war ein breites, echtes Grinsen. „George hat Ihnen SG-1 gegeben, Carter? Cool.“ Er lachte leicht. „Ich wette, jetzt gibt es dort draußen ein paar wirklich wütende Colonels.“

„Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich mit etwas professioneller Eifersucht auseinandersetzen muss, Sir“, versicherte Sam ihm und schwoll fast vor Stolz an aufgrund seiner offenkundigen Anerkennung. „Ich werde das schon hinbekommen.“ Gott, fragte sie sich, wann war ihr seine Zustimmung so wichtig geworden?

„Daran habe ich gar keine Zweifle“, nickte er. „Also, ist das auch gleich eine Beförderung?“, fragte er noch immer grinsend. „Muss ich schon salutieren?“

Jetzt war es Sam, die leicht lachte. „Nein, Sir, keine Beförderung. Na ja, nicht sofort. Der General will erst einmal sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Sie wissen schon, mir etwas Zeit zu geben mir es zu verdienen.“

„Sie werden das großartig machen, Carter“, sagte er ihr plötzlich ernst. „Verdammt, Sie waren bereits seit einer langen Zeit für ein eigenes Kommando bereit.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Das denken Sie?“

„Sicher“, zuckte er mit den Schultern. „Ich denke, ich war wohl nur etwas egoistisch, Sie in SG-1 behalten zu wollen.“

„Nein“, antwortete Sam ebenso ernst. „Ich hätte nicht woanders sein wollen, Sir.“

Er lächelte und sie schnappte leicht nach Luft, als sie die Zuneigung in seinen Augen sah. „Ich weiß“, flüsterte er mit glitzernden Augen. „Ich wünschte einfach nur, dass ich da wäre, um Sie auch im Einsatz zu sehen, Carter.“

„Ich auch“, antwortete sie, als sie seinen Blick hielt und in seiner Wärme badete. „Ich werde Sie vermissen, Sir.“ Die Worte waren draußen, bevor sie drüber nachdenken konnte und als sie sah, wie er leicht seine Augen aufriss, spürte sie, wie sie rot anlief.

Nach einem Moment sagte Jack: „Ich, um, ich hatte irgendwie gehofft, dass wir trotzdem noch in Verbindung bleiben.“

„Natürlich“, versicherte Sam ihm eilig. „Ich meine, nur weil wir nicht mehr zusammenarbeiten, heißt das ja noch lange nicht… dass wir uns nicht sehen können… wenn wir es wollen. Sie wissen schon… als Freunde.“

Er blinzelte, schaute dann aber abrupt weg und begann seine Jacke noch weiter über seinen verletzten Arm zu ziehen. „Als Freunde“, wiederholte er flüsternd. „Ist es das, was Sie wollen?“

Es war so, als ob die Erde stillstand. Die Vögel hörten auf zu singen, die entfernten Geräusche des Verkehrs verstummten und alles, was Sam hören konnte, war das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren und das heftige Pochen ihres Herzens. Ihr Blick klebte förmlich auf Jack, als sie ihn dabei beobachtete, wie er nervös an einen Knopf seiner Jacke zupfte, als er hinunter auf seine Füße schaute. „Na ja, in Anbetracht der Situation“, sagte sie; ihre Stimme erschreckend laut in der Stille. „Ich denke, dass es so am Besten wäre.“

Dann schaute er auf und starrte sie an, sein Gesicht war gezeichnet mit einem verwirrten Stirnrunzeln. Dieser Ausdruckt zerrte an Sams Entschlossenheit, als sie sah, wie sein Blick zu ihrem Hals wanderte und er dann geschockt seine Augen aufriss; er hatte bemerkt, dass ihre Kette verschwunden war. „Warum?“, fragte er mit schmerzerfüllter Stimme. Sie wollte ihm antworten, aber er sprach weiter, die Worte kamen verlegen von seinen Lippen. „Ich meine, ich kann schon verstehen, wie ein… einarmiger, pensionierter Mann nicht gerade die perfekte Vorstellung eines Mannes ist, aber ich dachte, dass wir…“

„Whoa“, unterbrach Sam ihn vollkommen überrumpelt von seinen Worten. „Ich rede nicht von Ihrer Hand. Denken Sie wirklich, das ist mir wichtig?“ Sie verstummte und versuchte die plötzliche Wut zu kontrollieren. Wie konnte er nur überhaupt an so einen Schwachsinn denken?

Aber Jack war unerschrocken. „Ich weiß es nicht“, antwortete er. Sein Gesicht war angespannt, seine Augen glitzerten dunkel, als sie mit einem mächtigen, prüfenden Blick bedachte. „Ich habe versucht zu verstehen, warum Sie mir aus den Weg gehen“, sagte er angespannt. „Das schien die einzig vernünftige Antwort zu sein.“

Sam starrte ihn an. „Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie denken, dass ich so oberflächlich bin“, sagte sie verletzt und verärgert durch seine Anschuldigung. „Nach all dem, was wir die letzten vier Jahre ertragen haben…“

„Na ja, vielleicht habe ich mich ja gefragt – nach all dem, was wir die letzten vier Jahre durchgemacht haben – warum zum Teufel es Ihnen so egal war, mich lediglich nur ein Mal zu besuchen!“, knurrte er mit zusammengezogenen Augenbrauen, als er hinunter auf die Bank starrte. „Tut mir leid“, murmelte er schließlich und fuhr sich frustriert durch die Haare. „Ich war nur…“ Er hob seinen Kopf und sah sie wütend an. „Also, sagen Sie mir jetzt, warum Sie mir aus dem Weg gehen, Carter?“

Sie hielt seinem Blick solange Stand wie sie konnte, bevor sie schließlich wegschaute. Sie atmete einmal tief ein und warf ihre Entschlossenheit über Bord. „Wegen Sara.“

Sie hatte Jacks Reaktion nicht gesehen, aber sie hörte die total Überraschung in seiner Stimme, als er nachhakte. „Sara?“

Sam seufzte verlegen, ihre Finger verknoteten sich nervös in ihrem Schoß. „Wegen Ihren Gefühlen ihr gegenüber…“

„Okay“, sagte Jack plötzlich. „Also, hier komme ich jetzt nicht mehr mit. Sara? Wovon zum Teufel reden Sie überhaupt?“ Er verstummte einen Moment und fügte dann hinzu: „Sara und ich, wir sehen uns kaum. Sie war gestern nur hier, weil Sie sie angerufen haben.“

Seine eindeutige Antwort verwirrte sie etwas, aber sie zwang sich ihn anzusehen. „Ich habe sie nur angerufen, weil Sie mich darum gebeten haben. Weil Sie gesagt haben, dass Sie sie sehen müssen und ich musste Ihnen versprechen sie anzurufen.“

Jack starrte sie einen Moment an, bevor er seinen Blick über den Rasen wandern ließ. „Es tut mir leid, dass ich Sie in diese Lage gebracht habe“, flüsterte er. „Aber, Carter, ich dachte Sie wüssten, was ich für Sie empfinde.“

„Das hatte ich auch gedacht“, antwortete sie und klang reizbarer, als sie wollte. „Aber Sara war diejenige gewesen, die sie gewollt hatten. Das kann ich nicht einfach ignorieren.“

Er nickte leicht, aber es war eine wütende Geste und sie konnte die wachsende Anspannung deutlich sehen. „Also was…?, begann er mit aufgebrachter Stimme. „Denken Sie, dass ich Sie angelogen habe, als ich…“ Er schwieg einen Moment und schluckte schwer. „Was denken Sie eigentlich, was letztes Jahr zwischen uns passiert ist? Glauben Sie wirklich, dass ich der Typ Mann, der das tun würde, wenn…“ Er presste eine Hand über seine Augen und murmelte: „Mensch, Carter.“

Auf diese Reaktion war sie nicht vorbereitet gewesen. „Ich denke nicht, dass Sie gelogen haben“, sagte sie vorsichtig. „Ich denke nur… vielleicht hatten Sie da noch nicht erkannt, wie viel Sara Ihnen immer noch bedeutet.“

„Also, denken Sie, dass ich dumm bin?“, knurrte er.

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Dann was?“

„Ich weiß nicht!“, schnappte sie. „Alles, was ich weiß, ist, dass Sie nach Sara gefragt haben, als sie krank waren und nicht nach mir. Genau, wie Sie es bereits in der Antarktis getan haben.“

Er sah sie mit großen Augen an. „Antarktis?“

„Als wir durch das zweite Tor dort gelandet waren?“

„Ich erinnere mich“, murmelte er leicht gereizt. Und dann verstummte er, während er sie neugierig betrachtete. „Ich habe nach Sara gefragt?“

Sam nickte. „Sie haben Ihren Namen gerufen.“

„Oh.“ Gedankenverloren fiel er in ein langes Schweigen. „Das war vor drei Jahren, Carter“, sagte er schließlich. „Seitdem hat sich vieles verändert.“

„Sie wollen noch immer Sara“, flüsterte Sam und gab ihr Bestes ihr letztes Stück Würde zu bewahren. „Das hat sich nicht geändert.“

Aber Jack schüttelte den Kopf und massierte sich seinen Nasenrücken. „Nein, Sie verstehen das nicht, Carter. So ist das nicht mehr. Ich habe nicht…“ Er seufzte und sah zu ihr hinüber. „Unsere Ehe war mit unserem Sohn zusammen gestorben, Carter. Da gibt es kein Zurück mehr.“

Sam zweifelte nicht die Ehrlichkeit seiner Worte an oder die Wahrheit, die dahinter steckte. Aber sie spendeten ihr keinen Trost. „Sehen Sie“, sagte sie, als sie sich nach vorne beugte und ihre Arme auf ihren Knien abstützte. „Auf `850 haben Sie ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass Ihnen Sara… noch viel bedeutet. Und das mag sich jetzt vielleicht selbstsüchtig anhören, aber ich werde nicht nur die zweite Wahl sein. Das kann ich nicht akzeptieren. Also, denke ich, wäre es das Beste, wenn…“

„Carter“, knurrte Jack ganz so, als wäre es ein Befehl. „Halten Sie die Klappe.“

Instinktiv machte sie das, was er ihr befahl und als sie erkannte, dass er ihr gar keine Befehle mehr erteilen konnte, war es zu spät. Er war bereits am Reden.

„Ich kann mich nicht an das erinnern, was ich auf dem Planeten gesagt habe“, sagte er und fing ihren Blick ein. „Aber Sie haben Recht, ich habe an Sara gedacht und ich wollte mit ihr reden.“ Sam spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog, aber behielt ihren teilnahmslosen Blick aufrecht, als sie darauf wartete, dass er fortfahren würde. Jack holte einmal tief Luft und schaute weg, so als ob er mit den folgenden Worten kämpfen würde und Sam wappnete sich für das Schlimmste. „Diesen Donnerstag, letzte Woche“, flüsterte er sehr leise, „war Charlies Geburtstag. Er wäre dieses Jahr fünfzehn geworden.“ Totaler Schock und Schrecken durchfuhr sie. Charlie? Das hatte sie nicht erwartet. „Jedes Jahr“, fuhr er fort, „an seinem Geburtstag, besuchen Sara und ich zusammen sein Grab. Es ist der einzige Tag im Jahr, an dem wir uns sehen und es ist…“ Er schloss seine Augen und presste erneut seine Hand darüber. „Es fühlt sich einfach richtig an als Familie dort zu sein. Nur diesen einen Tag. Und dieses Jahr war ich nicht dort. Ich saß auf diesem verdammten Planeten fest. Und ich wollte nicht, dass sie dachte, dass ich es vergessen oder etwas Wichtigeres zutun hätte, denn es gibt *nichts*, was wichtiger gewesen wäre als dort zu sein. Nichts.“

Sam spürte die Tränen in ihren Augen. „Es tut mir Leid“, murmelte sie. „Ich hatte ja keine Ahnung. Ich dachte…“ Sie schüttelte den Kopf. Es war egal, was sie dachte, sie hatte falsch gelegen, so was von falsch. Charlies Geburtstag? „Warum haben Sie mir nichts davon gesagt?“

„Hätte es Ihre Entscheidung auf `850 zu bleiben geändert?“, fragte er mit abgewandtem Blick.

Sie dachte über die Frage nach und zwang sich zu einer Antwort. „Ja, vielleicht. Vermutlich.“

Jack nickte. „Jetzt wissen Sie, warum ich Ihnen nichts gesagt habe“, sagte er noch immer auf den Rasen schauend. „Die Pflicht kommt zuerst, nicht wahr?“ Sam schwieg, da ihr nichts Passendes einfiel. Es war schon immer so gewesen, Jacks Pflicht hatte immer an erster Stelle gestanden und diesmal hatten sie diese Pflicht mit einem hohen Preis bezahlt. Das Schweigen zwischen ihnen wurde durch ein Räuspern von Jack unterbrochen. „Sehen Sie, Sam“, sagte er. „Sie wissen, dass ich nicht gut mit Worten umgehen kann. Ich sage nie das Richtige zur richtigen Zeit, aber ich will nur… ich will, dass Sie wissen, egal wie schwierig es die letzten Jahre zwischen uns gewesen war, meine Gefühle haben sich nicht geändert.“ Und dann richtete er einen ängstlichen Blick auf sie. „Aber wenn sich Ihre…? Sam, sag mir einfach nur, ob wir hier noch etwas haben…?“

Sie starrte ihn nur an, in ihrem Bauch tobte plötzlich ein ganzer Schwarm mit Schmetterlingen, als sie erkannte, dass Sara nicht länger über ihnen schwebte. Der Weg war frei. Zum ersten Mal in ihrer langen und komplizierten Beziehung stand nichts mehr zwischen ihnen. Sie konnte ganze einfach ihre Hand ausstrecken und ihn berühren und niemand würde ihr sagen können, dass es falsch war. Die Freiheit machte sie fast schwindelig, doch selbst dann noch erschreckte sie sie. „Ja“, sagte sie schließlich, da sie bemerkte, dass ihr Schweigen zu lang war. „Ich denke, das haben wir, Jack.“

Die Freude und Erleichterung, die sich auf seinem Gesicht ausbreiteten, war schon fast jungenhaft. „Wirklich?“, fragte er atemlos, als er sie angrinste.

„Oh ja“, lächelte sie zurück. Ihr Herz begann zu stolpern, als sie sich in seinem erhitzten Blick verlor. In der Ferne wurde irgendwo eine Autotür zugeschlagen und sie hörte, wie jemand einen Befehl bellte. Die Geräusche trafen sie wie kaltes Wasser, als sie sich plötzlich bewusst wurde, dass sie mitten auf einem Rasen eines Militärkrankenhauses saß und inbrünstig in die Augen des Mannes starrte, welcher vor wenigen Tagen noch ihr CO gewesen war.

Jack schien plötzlich genauso unsicher zu werden und sein Grinsen wurde nervös. „Also“, sagte er langsam. „Da wir das nun geklärt hätten…“

„Also“, stimmte sie verlegen zu. „Was jetzt?“

Noch immer grinsend schüttelte Jack nur den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Vielleicht sollte ich jetzt nach deiner Nummer fragen?“

„Ich kann mir uns im Grunde nicht bei einem Date vorstellen“, sagte Sam und begann bei der Albernheit dieses Gedanken leicht zu lachen. Sie hatten zusammen dem Tod und noch viel schlimmeren Dingen gegenübergestanden; das Ritual der Verabredungen erschien irgendwie vollkommen banal bis hin zu absurd.

„Nein“, stimmte Jack ihr zu. Und dann grinste er sie gerissen an und seine Augen begannen begeistert zu glitzern. „Aber wir könnten… Fischen.“

Sam musste daraufhin lachen. „Fischen! Natürlich. Das ist perfekt.”

Er zog eine Augenbraue hoch. „Also ist das ein Ja?“

Sie nahm seine Hand in ihre und genoss das Gefühl, wie sich seine Finger um ihre schlangen. „Definitiv ein Ja.“ Und dann lachte sie wieder. „Oh, du hast ja *keine* Ahnung, wie oft ich das schon sagen wollte!“

„Wenn es so oft ist, wie ich es hören wollte, dann habe ich eine ungefähre Ahnung“, antwortete er und bedachte sie mit einem verwunderten Blick. „Ich hatte schon angefangen zu glauben, dass es nie passieren würde.“ Dann zog er leicht an ihrer Hand. „Komm her, Carter.“

Trotz des unglaublichen Schamgefühls rutschte Sam etwas näher. „Daran muss man sich erst noch gewöhnen“, entschied sie unsicher lächelnd.

„Ja“, stimmte er zu und befreite seine Hand aus ihren, als leicht ihr Gesicht berührte. „Das müssen wir.“

Sam lächelte, als seine sanfte Berührung ein Feuerwerk in ihrem Herzen auslöste, aber sie war vollkommen ernst, als sie sagte: „Ich meine es, das hier wird nicht einfach werden, weißt du. Von unserer Arbeitsbeziehung zu etwas vollkommen… anderen zu gehen.“

„Ich weiß“, versicherte er ihr, als seine Hand mit ihren Haaren an ihren Schläfen spielte. „Aber ich bin mir sicher, dass wir das schaffen werden.“

„Ich sage ja nur“, flüsterte sie und konnte einfach nicht anders, als sich in seine Bewegung zu lehnen. Gott, wie lange hatte sie schon darauf gewartet? „Ich sage ja nur, dass,,,“ Seine Finger fuhren durch ihre Haare, bis sie auf ihrem Nacken liegen blieben. „Ich sage nur, dass wir auf gewisse Schwierigkeiten vorbereitet sein sollten…“

„Sam?“, unterbrach er sie sanft.

„Ja?“

„Halt den Mund und küss mich.“

Sam hatte gerade noch genug Zeit ein unangebrachtes „Ja, Sir“, zu murmeln, bevor sich ihre Lippen trafen und die Welt sich unter ihr zu drehen begann. Die starke Verbindung von Verlangen, Leidenschaft und Zärtlichkeit drohten sie vollkommen wegzuspülen, als sie sich noch weiter an ihn lehnte, eine Hand ruhte auf seiner Schulter, immer darauf bedacht seinen verletzten Arm zu meiden. Und gerade als sie anfing sich vorzustellen, dass dieser Kuss nie enden würde… zog Jack sich abrupt zurück.

„Whoa“, hauchte er, als er mit seiner Hand zu seinem Kopf fuhr. „Wow, Carter.“

„Jack?“, fragte sie besorgt aufgrund seiner plötzlichen Blässe. „Alles in Ordnung?“

Aber er lachte nur leicht. „Nur etwas schwindelig“, versicherte er ihr. Und dann grinste er sie verrucht an. „Ich schätze nur, dass ich noch nicht fit genug bin, dass mein Blutdruck so schnell hochschießt.“

„Willst du, dass ich Janet hohle?“, fragte sie ehrlich besorgt.

„Nein“, versicherte er und griff nach ihrer Hand. „Nur eine Minute.“ Er lächelte erneut. „Also, passiert dir das bei jedem Kerl?“

Sie schüttelte grinsend den Kopf. „Du bist der Erste.“

Jack zog eine Augenbraue hoch. „Das hört sich schön an“, sagte er und drückte zärtlich ihre Hand.

Sam setzte sich jetzt dicht neben ihm, schloss ihre Augen und ließ die Sonnenstrahlen über ihr Gesicht tanzen. Die tobende Gefühlsachterbahn in ihr schien keine Anstalten zu machen irgendwann mal langsamer zu werden, aber sie war viel zu glücklich als sich darum Sorgen zu machen. Und ohne jegliche Zweifel war dies hier definitiv ein Höhepunkt, und obwohl sie wusste, dass noch viele Schluchten auf sie warten würden, war sie zufrieden diese Fahrt einfach nur zu genießen. „Also“, sagte sie, als sie noch näher an Jack heranrückte, bis sie Schulter an Schulter saßen und ihr umschlungene Hände auf ihrem Schoß lagen. „Erzähl mir was von deiner Hütte. Teal’c sagt, dass es dort oben keine Fische gibt.“

„Gibt es auch nicht“, gab er zu. „Aber es ist einfach großartig nur, um zu fischen.“

Sam lächelte und verstand genau, was er meinte. „Dann erzähl’s mir“, ermutigte sie ihn. „Erzähl mir, was du an diesem Ort so sehr liebst.“

Er lachte. „Wie viel Zeit hast du?“

„Solange wie es dauert“, antwortete sie, und als sie zu ihm aufschaute, lächelte sie ihn an. „Ich habe was zum Essen mitgebracht, schon vergessen?“

Sein antwortendes Grinsen ließ sie vollkommen außer Atem. „Wenn das so ist, dann lass uns mit dem See anfangen, weil es während des Sonnenuntergangs der wohl schönste Ort auf der Welt ist…“



*******************



Von ihrem Büro aus hatte Janet einen hübschen Ausblick über das Gelände des Krankenhauses. Und sie musste lächeln, als sie das Bild vor sich sah. O’Neill und Sam saßen nahe beieinander, ihre Händen umsichtig ineinander verschlungen und sie redeten. Sie saßen da jetzt bereits schon gute zwei Stunden und machten keine Anstalten auch so schnell aufzubrechen. Sie machte sich ein wenig Sorgen um Jack, aber entschied, dass sie noch eine Weile abwarten würde, bevor sie darauf bestand, dass er sich ausruhte.

Sie hatte keine Ahnung, über was sie redeten, aber von dem leichten Lächeln auf ihren Gesichtern, schätzte sie mal, dass Sam für eine Weile nicht mehr über ihren Kaffee brühten würde. Ein höfliches Klopfen an der Tür, zog ihren Blick vom Fenster weg, als sie sich umdrehte. „Herein“, rief sie.

Teal’c öffnete die Tür und nickte ihr kurz zu, als er eintrat. „Ich entschuldige mich für die Störung, Dr. Fraiser“, sagte er leise, „aber ich bin hier, um Colonel O’Neill zu besuchen und er ist nicht in seinem Zimmer.“

„Ah, nein“, nickte Janet mit einem Lächeln. „Er redet mit Sam.“

Teal’c zog eine Augenbraue hoch. „Major Carter ist hier?“

„Ja“, grinste Janet jetzt und deutete auf das Fenster. „Sie sind draußen.“

Teal’cs Blick folgte ihr aus dem Fenster, und nachdem er die beiden einen Moment beobachtet hatte, wandte er sich wieder an Fraiser. „Ich glaube, ich werde nicht zu ihnen gehen.“

„Vermutlich sehr weise“, stimmte sie ihm zu. „Vielleicht einen Kaffee oder etwas anderes? Ich könnte eine Pause gebrauchen.“

Teal’c beugte leicht seinen Kopf. „Gerne“, sagte er ihr. Und dann, als sie eine Schublade aufzog, um ihr Portemonnaie herauszuholen, fügte er hinzu. „Dr. Fraiser, als ich auf P3T-850 war, da hatte ich das Gefühl gehabt, dass etwas Tragisches passieren würde und einige Dinge beendet werden.“

Janet riss überrascht ihre Augen auf. „Ich hatte selbst ein schlechtes Gefühl, Teal’c. So eine Art Vorahnung.“

„Ganz genau“, stimmte er zu. „Und irgendwo hatte ich recht behalten. SG-1 wird nicht mehr das sein, was es einmal war und das tut mir leid. Colonel O’Neill wird sehr vermisst werden.“

Janet lächelte und schloss die Schublade, als sie um den Schreibtisch herumkam. „Irgendwie denke ich, dass wir ihn noch ziemlich oft im SGC antreffen werden, offiziell oder nicht.“

„In der Tat“, nickte Teal’c, „jedoch sind seine Tage mit SG-1 gezählt. Daran besteht kein Zweifel. Aber es scheint“, fügte er hinzu und schaute erneut aus dem Fenster, „dass diese Ereignise nur ein Kapitel beenden, um damit ein neues zu beginnen.“

Janet grinste ihn an. „Philosophisch, Teal’c?“

Er zuckte mit den Schultern. „Nur eine Beobachtung.“

„Na ja“, sagte sie schließlich und zog die Tür ihres Büros auf und hielt sie für ihn. „Wo Sie recht haben, haben Sie recht.“ Sie schaute ein letztes Mal zu ihren Freunden. Jetzt lachten sie beide und Sams Kopf ruhte auf Jacks Schultern und noch immer lachend, schlang er seinen Arm um sie und zog sie näher an sich heran. Janet konnte nicht anders als zu grinsen. „Oh, ich denke, das ist erst der Anfang, Teal’c“, sagte sie glücklich. „Erst der Anfang.“


weiter: Kapitel 7
Kapitel 7 by Sally Reeve
Teil 7

Die Hütte war in warmes Sonnenlicht getaucht; ein Feuer knisterte im offenen Kamin, während draußen der Schnee auf den Bäumen glitzerte. Sam hatte sich tief in einen Sessel gekuschelt, während Jack schlummernd ausgestreckt auf dem Sofa lag. Seine langen Beine hingen halb über der Kante.

Sie beobachtete ihn für eine Weile mit einem zärtlichen Blick und spielte kurz mit dem Gedanken sich zu ihm zu gesellen, aber dann erinnerte sie sich, dass sie noch Arbeit zutun hatte, und griff nach den Stapel Weihnachtskarten, die neben ihr auf dem Bodenlagen. Sie nahm die Oberste an sich und zog einen halb fertigen Brief heraus, als sie sich einen Kugelschreiber schnappte und eine Unterlage von dem Tisch.
Bevor sie weiter schrieb, überflog sie noch einmal das bereits Geschriebe und tippte gedankenverloren den Kugelschreiber gegen ihre Wange, bevor sie erneut ansetzte. „Als ich mir gerade noch einmal das durchgelesen habe, was ich bereits geschrieben habe, Lou“, schrieb sie, „sehe ich schon, wie du denkst, dass es über einen im Ruhestand lebenden Mann mit nur einer Hand nicht viel zu schreiben gibt.“ Sie lächelte leicht und ihr Blick wanderte erneut hinüber zu Jack und die Erinnerungen, die sich vor ihrem Augen abspielten, waren zu persönlich, um ihren Platz in einem Brief oder sonst wo zu finden und so fügte sie hinzu: „Aber ich gebe dir einen ungefähren Umriss von Jack, so kannst du sehen, dass er nicht gewöhnlich ist. Im Grunde denke ich sogar, dass er verdammt hinreißend ist – er hat wohl die schönsten Augen der Welt. Du kannst sie nicht wirklich auf dem Foto erkennen, aber aus nächster Nähe und in der Wirklichkeit, da trifft es dich wie der Schlag. Einfach nur wow.

„Aber ich schweife ab. Ich habe dir ja von dem kleinen Missverständnis mit seiner Exfrau erzählt. Nun, als das dann erst einmal geklärt war, gab es nichts mehr, was uns stoppen konnte, das zu tun, was wir die letzten drei Jahre versucht hatten zu vermeiden. Plötzlich gab es nichts mehr, was uns im Wege stand. Keine Regeln, keine Vorschriften. Keine Pflicht. Wir konnten einfach nur wir sein, zusammen. Du denkst dir bestimmt, dass es einfach war, nicht? Aber da liegst du falsch. Es ist ziemlich schwierig.

"Die Sache ist die, du kannst nicht einfach von der Beziehung, wo er noch mein CO war und ich sein 2IC, einfach in eine Liebesbeziehung übergehen (ich denke mal, dass das die richtige Beschreibung dafür ist). Das klappt so nicht. Nicht, dass wir auf einer Stelle treten, nicht, dass die Anziehung nicht noch immer vollkommen überwältigend ist, aber es ist nur so verdammt schwer alte Gewohnheiten abzulegen.
Zum Beispiel wäre da, Jack nennt mich zum größten Teil immer noch Carter. Und manchmal, nicht oft, aber manchmal, kommt noch das gewohnte „Sir“ über meine Lippen. Was mir gewaltig auf die Nerven geht und Jack zutiefst amüsiert! Und das ist erst die Spitze des Eisberges. Nehmen wir zum Beispiel mal die eine Woche. Wir hatten einen Streit. Nicht der Erste – im Grunde haben wir uns die letzten vier Jahre über gestritten, nur dass ich mir da immer auf die Zunge beißen musste, aber jetzt eben nicht mehr. Aber das war definitiv unser erster Streit im Supermarkt.

„Jack hatte sich über etwas beschwert – ich kann mich nicht mehr erinnern, was es war. Oh, warte, ich weiß es, er wollte zurück, um sich das Spiel anzusehen. Was auch sonst. Jedenfalls, ich habe gerade in der Tiefkühltruhe nach Eiscreme gesucht – und du weißt ja, wie sehr mir Eiscreme am Herzen liegt – als ich plötzlich ein „Herr Gott noch mal, Major, jetzt suchen Sie sich endlich das verdammte Eis aus! Wir verschwinden jetzt sofort von hier“ hinter mir hörte.

Die Schiebetür zur Kühltruhe war offen, meine Hand lag auf einer Auswahl von Eiscremesorten und ich hörte mich nur selbst ein „Ja, Sir“ sagen, bevor ich überhaupt verstanden hatte, was er da gerade eben getan hatten. Und was ich getan hatte. Und dann habe ich die Beherrschung verloren. Ich habe die Eiscreme gegen seine Brust gedrückt, ihn praktisch dazu gezwungen die Schachteln entweder festhalten oder fallen zu lassen und habe ihn angefaucht. „Mein Name ist Samantha. Nicht Major, nicht Carter. Samantha. Und ich nehme keine Befehle mehr von dir an, *Jack*!”

„Und dann bin ich hinausgestürmt und habe ihn verlegen lächelnd nahe einer Gruppe von älteren Ladys und Müttern zurückgelassen, die meisten unter ihnen mit Kindern. Er hatte immerhin den Anstand ein wenig verlegen auszuschauen, als er eineinhalb Stunden später mit den Einkäufen herauskam und ich hatte genug Anstand mich ein wenig schuldig zu fühlen, als ich sah, wie er sich mit nur einer Hand abmühte. Und so haben wir uns zusammengesetzt. Was schön war. Sehr schön sogar. Aber der Punkt ist, diese alten Militärgewohnheiten bereiten uns manchmal noch Schwierigkeiten. Ich denke einfach nicht, dass man so eng mit jemand zusammenarbeiten kann, wie es bei uns der Fall war und dann erwartet, dass es über Nacht verschwindet. Manchmal, wenn ich ihn anschaue, dann sehe ich noch immer meinem CO in ihm und na ja ich nehme an, das macht mich dann manchmal etwas verlegen. Macht das alles überhaupt Sinn?

„Natürlich ist das nicht das einzige Problem, welches wir bewältigen müssen. Jack fällt es schwer sich an sein neues Leben anzupassen; er hat noch nicht viel darüber gesprochen, aber ich weiß, dass er die Action vermisst. Und er macht sich Sorgen, wenn ich nicht da bin. Ich kann es ihm nicht verübeln. Wir waren es gewohnt auf uns gegenseitig aufzupassen und es ist merkwürdig ihn dann nicht bei mir zu haben. Aber ich weiß auch, dass es hundertmal schwieriger wäre, wenn ich diejenige wäre, die zu Hause warten müsste. Er meistert es ziemlich gut, besser, als ich es getan hätte. Er wird das schaffen. Im Grunde hatte sich letzte Woche sogar seine Stimmung um einiges gehoben, als General Hammond ihn angerufen hatte, um ihn, wenn er sich erst einmal vollkommen erholt hat, in ein ziviles Beratungsprogramm einzuarbeiten. Jack hat einiges an Wissen und lass sie mich mal ‚Kontakte’ nennen, die wir einfach nicht verlieren können. Also, selbst wenn er nicht mehr im Einsatz dabei sein kann, spielt er doch noch eine Rolle und das bedeutet ihm einiges. Er ist ein Mann, der gebraucht werden muss.

„Seine Hand ist auch so ein Problem. Für uns beide. Jack ist unsicher und ich fühle mich schuldig. Und das hat uns beide für eine Weile zurückgehalten. Er ließ mich anfangs nicht mal in die Nähe seines Armes und das ließ mich noch mieser fühlen. Ich hatte Angst, dass er mir doch die Schuld gab, für das, was passiert war (eine lange Geschichte, mit der ich dich nicht langweilen werde), aber es stellte sich heraus, dass es ihm nur peinlich war. Ich kann es verstehen, denn ich weiß, wie ich mich fühlen würde. Es ist eine ziemlich radikale Veränderung, was sein Äußeres anbelangt. Und auch wenn Jack weit davon entfernt ist, eitel zu sein, war er doch immer ziemlich stolz auf seinen Körper gewesen. Also fällt es ihm schwer die einfachsten und alltäglichsten Dinge neu zu lernen – wie man zum Beispiel mit nur einer Hand ein Steak schneidet? Oder wie man Zahnpasta auf seine Zahnbürste streicht? Ich kann dir die Hunderte Male aufzählen, wie ich ihn fluchend aus der Küche oder Badezimmer gehört habe, aber ich habe gelernt ihn dann alleine zu lassen. Das Letzte, was er will, ist meine Hilfe. Aber, Junge, bedauere ich seine Ergotherapeutin. Die Frau muss die Geduld einer Heiligen haben.

„Jedenfalls, wie ich bereits schon gesagt habe, hat uns das eine Weile zurückgehalten. Und als wir dann vor ein paar Wochen hier rauf zu seiner Hütte gefahren waren, haben wir miteinander geschlafen. Eigentlich sind wir unsere ganze Beziehung ziemlich langsam angegangen. Natürlich lag es zum größten Teil daran, dass sich Jack noch körperlich erholen musste, aber ich denke, wir waren beide einfach nur besorgt, ob es dem ersten Mal vor einem Jahr auch gerecht werden würde.“

Als Sam schrieb, wanderten ihre Gedanken zurück zu der Nacht, die sie das erste Mal gemeinsam in seiner Hütte verbracht hatten. Sie hatte sich so sehr von der Nacht in Jacks Haus unterschieden, dass man die beiden kaum miteinander vergleichen konnten. Damals waren die Freude und der Schmerz gleichauf stark und ihre Liebe war in jeglicher Art so bittersüß gewesen – ein Produkt der verbotenen Gefühle, die ihre Vernunft überrannt hatten. Aber diesmal… diesmal gab es keine Eile, keine Schuld und keine schweigende Trennung am nächsten Morgen. Diesmal lag der Hauch eines neuen Anfangs in der Luft, kein Ende und die Erkenntnis, dass ihre langsame, liebvolle Erkundung des jeweils anderen nur der Beginn einer langen Reise war, die ein ganzes Leben anhalten würde. Und noch viel wichtiger, jetzt war es eine Feier der Gefühle, die offen ausgelebt und mit ihren Freunden geteilt werden konnten. Es war nicht länger etwas, was sie schändlich vor der Welt geheim halten mussten.

Und so dachte sie an diese magische, sternenklare Nacht zurück, die sie vor einem Jahr in Jacks Armen verbracht hatte, und verglich sie mit den sonnengesprenkelten Stunden, der letzten zwei Wochen, in denen sie sich ihre Liebe gezeigt hatten. So wundervoll diese Nacht auch gewesen sein mochte, sie wollte nicht noch mal dorthin zurück. Das hier war so viel schöner. Sowohl das Miteinander zu schlafen, als auch das *miteinander schlafen*. Morgens gemeinsam aufzuwachen, einfach nur zu reden und zusammen zu sein, fühlte sich so richtig an. Und auch jetzt noch erschien es ihr wie ein Luxus zu sein, wenn sie mit ihm alleine war, ohne sich dafür schuldig fühlen zu müssen.

„Natürlich“, schrieb sie weiter, „gab es keinen Grund sich Sorgen zu machen. Alles war perfekt. Und jetzt genießen wir es einfach alleine etwas Zeit miteinander zu verbringen und ich denke, dass wir es uns beide verdient haben. Wir sind noch bis Neujahr in seiner Hütte und es ist wundervoll.“

Sam bemerkte, dass sie leicht anfing zu schielen, als sie die letzten Worte schrieb, und erkannte da, dass das Sonnenlicht langsam erlosch. Sie legte den Brief zur Seite und schaute hinaus aus dem Fenster und sah die langen blauen Schatten, die sich über den Schnee zogen, als die Sonne hinter den Bäumen verschwand. Sie seufzte glücklich, als sie sah, wie sich der Himmel von Azurblau ins Schwarze färbte, während die Flammen im Kamin tanzten, sodass lange Schatten über die Wände der Hütten schlichen. Sie konnte sich keinen schöneren Ort auf dieser Welt – auf *jeder* Welt – vorstellen, wo sie jetzt lieber sein würde. „Perfekt“, hauchte sie, als die ersten Sterne am Himmel funkelten. „Einfach nur perfekt.“



*******************



Flüsternde Worte rissen Jack aus seinem Schlaf. Blinzelnd sah er sich für einen Moment orientierungslos um, bevor er sich in fast vollständiger Dunkelheit wieder fand und nicht direkt wusste, ob es bereist Morgen oder Nacht war. Und dann sah er durch das Kaminfeuer Sams Haare golden leuchten, als sie zusammengerollt in den Sessel saß und hinaus in die Nacht starrte. Es war Mittag, na ja, inzwischen vermutlich schon Abend. Sie hatten zusammen zu Mittag gegessen, ein Feuer angezündet, sich etwas unterhalten und dann hatte er sich einfach hingelegt und seine Augen für nur fünf Minuten geschlossen… Er seufzte und Sam drehte sich zu ihm um.

„Hey“, lächelte sie. „Gut geschlafen?“

Stöhnend schüttelte er den Kopf, um die Müdigkeit zu vertreiben. „Wie spät ist es?“

„Kurz nach fünf“, informierte sie ihn.

Er legte seinen Kopf zurück auf das Kissen. „Ich kann einfach nicht glauben, dass ich schon wieder eingeschlafen bin!“

Sam schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. „Das tut dir gut, Jack“, erinnerte sie ihn. „Das sollst du nämlich auch tun. Du erholst dich noch, schon vergessen?“

„So nennt man das also, ja?“, fragte er, als er sich aufsetzte und seine Füße auf den Boden stellte. Seine Hand – oder besser sein Arm – begann leicht zu pochen, aber er ignorierte es. „Ich habe das Gefühl von jedem Tag nur die Hälfte mitzubekommen“, beschwerte er sich.

„Ich weiß“, sagte sie, als sie sich aus dem Sessel hievte und zu ihm auf die Couch setzte. „Janet meinte, dass es eine Weile dauern könnte.“ Sie lächelte wieder und kuschelte sich noch näher an ihn heran, sodass er seinen Arm um sie legte und sie zufrieden seufzte. „Außerdem“, murmelte sie, während ihr Kopf auf seiner Brust ruhte, „hattest du eine späte Nacht.“ Das Licht des Feuers tanzte über ihr Gesicht, aber die Hitze in ihren Augen war eine ganz eigene, als sie grinsend zu ihm aufschaute.

Ihr Lächeln war ansteckend und entlockte delikate Erinnerungen an die letzte Nacht, als er sich in ihren glücklichen Blick verlor. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. 'Ich kann ohne sie nicht leben. Ich kann nicht ohne dieses Gesicht, ohne dieses Lächeln, diese strahlenden, magischen Augen leben. Sie bedeutet mir alles.’ Impulsiv festigte er seinen Griff um sie und fragte sich nur, wie er es nur so lange, ohne sie in seinen Armen halten zu können, überlebt hatte. Etwas von seinen Gedanken musste sich auf seinem Gesicht widergespiegelt haben, denn Sam sah ihn plötzlich neugierig an.

„Was?“, fragte sie.

„Nichts“, antworte er und küsste sie zart auf die Stirn.

„Ein Geheimnis?“

„Es ist nichts“, versicherte er ihr, aber ihre Neugier war geweckt und er wusste aus Erfahrung, dass Carter nicht eher locker ließ, bis sie zufrieden war.

Sie setzte sich in seiner Umarmung auf, so weit weg, dass sie sein Gesicht betrachten konnte. „Erzähl’s mir“, beharrte sie.

„Ich habe nur nachgedacht“, begann er langsam.

„Wow“, nickte sie und täuschte vor erstaunt zu sein. „Wirklich?“

Er zog leicht seine Augen zusammen. „Suchst du etwa nach Ärger, Carter?“

„Nein“, lächelte sie und fügte dann schon fast reflexartig hinzu: „Und nenn mich nicht Carter.“

Er verdrehte seine Augen, als er sie näher an sich heranzog. „Entschuldigung. Samantha.“ Er hatte ihr Mal versucht zu erklären, wie 'Carter’ für ihn schon vor Langem zu einem Spitzname für sie geworden war, aber sie weigerte sich das zu akzeptieren. 'Du hörst dich so an, als würdest du mit meinem Vater reden’, hatte sie protestiert und so gab er sein Bestes sie Sam oder Samantha zu nennen. Aber manchmal vergaß er es. Und dann tat er es manchmal, um sie zu provozieren. Aber nicht diesen Abend, heute Abend wollte er sie einfach nur halten und lieben.

Da sie offensichtlich seine zärtliche Stimmung teilte, erlaubte Sam ihm sie wieder zurück in seine Arme zu ziehen und schlang ebenfalls einen Arm um ihn. „Also, über was hast du nachgedacht?“
Er schwieg einen Moment. „Dich, im Grunde.”
Sie sagte zunächst nichts, aber er wusste, dass sie lächelte. „Wirklich?“
„Ich habe darüber nachgedacht“, sagte er langsam, „dass ich letztes Jahr zur dieser Zeit, meinen rechten Arm hergegeben hätte, um so mit dir hier sein zu können.“
Er fühlte mehr, als dass er ihr Lachen hörte, aber als sie leise flüsterte, zitterte ihre Stimme leicht. „War es das wert?“
Für eine ganze Weile antwortete er nicht, als er darüber nachdachte, wie sich sein Leben verändert hatte und noch weiter verändern würde. Er hatte viel verloren – seine Karriere und zu einem gewissen Grade auch seinen Zweck. Er müsste lügen, wenn er sagen würde, dass ihn der Gedanke an all das, was er verloren hatte, nicht wütend machte. Oder dass das Ungewisse, was seine Zukunft jetzt auszeichnete, ihn nicht erschreckte. Zum ersten Mal in seinem Leben trieb er einfach zu so dahin, ohne Zweck und Richtung. Und doch inmitten dieser ganzen Verwirrung und des Verlusts erleuchtete ein einziges Licht und sein Glanz durchdrang die Dunkelheit und brachte ihm Trost und Hoffnung. Sam. Die Liebe, die sie jetzt ausdrücken konnten, war mehr als nur die gute Seite an der Sache; es war ein goldener Lichtschleier, er alles mit seiner Wärme und Einzigartigkeit benetzte. Aber war es das wert?wiederholte er Sams Frage in seinem Kopf, sogar als er es, genoss sie in seinen Armen zu spüren und den Duft ihrer Haare zu riechen. War es das wert? Er seufzte und zog sie noch näher an sich heran. „Ich denke, das wird es“, sagte schließlich und milderte seine Worte durch einen sanften Kuss.

Sam nickte, ihr Kopf bewegte sich leicht gegen seine Brust. „Alles wird wieder gut“, sagte sie und schien seine unausgesprochenen Gefühle zu verstehen. „*Dir* wird es wieder gut gehen.“

Er lächelte, aber schloss seine Augen, als ihn plötzlich ein Gefühl des Verlusts packte, welches Mal sein früheres Leben war. Aber ihre Worte trösteten ihn und er klammerte sich an ihnen. Er vertraute ihr, so wie er es schon unzählige Male zuvor getan hatte. „Was immer du sagst, Carter“, murmelte er. „Ich glaube dir.“

„Dann glaube das“, flüsterte sie und schaute lächelnd zu ihm auf. „Ich liebe dich, Jack. Und wir werden das gemeinsam schaffen.“

Gemeinsam. Verdammt, es entnervte ihn, wie sehr er sie jetzt brauchte. „Ich hoffe es“, sagte er mit belegter Stimme, „weil ich eines mit Sicherheit weiß, ohne dich werde ich das nicht schaffen.“

„Das musst du auch nicht, Jack“, versicherte sie ihm ernst. „Wie schwer es auch wird, ich werde an deiner Seite sein. Das verspreche ich.“

„So wie immer, hm?“, lächelte er.

„So wie immer“, stimmte sie ihm zu und kuschelte sich noch enger an ihn heran. „Und vergiss das nie.“

Als ob er das jemals könnte! Als er sie ganz fest an sich drückte, ließ er ihre Wärme – körperlich und emotional – in sich eintauchen, um den Schmerz in seinem Inneren zu lindern. Er wusste, dass sie recht hatte, dass mit ihr an seiner Seite, er das Erdbeben überleben würde, welches das Fundament seines Lebens zerstört hatte. Er liebte sie, er hatte sie schon seit einer langen Zeit geliebt und zusammen konnten sie jedes Schicksal bewältigen, welches sich ihnen in den Weg stellte. Denn zusammen, wie sie schon unzählige Male bewiesen hatten, konnten er und Carter es schaffen. Selbst das hier.


weiter: Epilog
Epilog by Sally Reeve
Epilog

Die Jahreszeiten verstrichen; aus Winter wurde Frühling, der Frühling erleuchtete im Sommer und Sommer wurde vom kühlen Herbst abgelöst. Ein weiteres Jahr war vergangen.

Sara O’Neill saß auf dem Beifahrersitz ihres Autos, die Blumen lagen auf ihren Knien, als sie beobachtete, wie der Truck auf den leeren Parkplatz fuhr.

„Ist er das?“, fragte Anthony flüsternd.

„Ja“, nickte Sara. Der Truck parkte gegenüber von ihnen und die Beifahrertür öffnete sich. Aber es war nicht Jack, der heraussprang. Es war eine Frau. Groß, lange Beine und blond, ihre kurzen Haare waren struppig und die dunkle Sonnebrille verbarg ihre Augen, als sie sich eine schwarze Lederjacke überzog. Sie kam Sara irgendwie vertraut vor, aber sie hatte keine Ahnung woher.

Dann öffnete sich die Fahrertür und Jack stieg aus. Er schaute zu ihrem Auto hinüber, bevor er sich noch mal in den Truck beugte, um die Blumen herauszuholen, die er mitgebracht hatte. Als er um die Motorhaube zu der Frau ging, wechselte sie ein paar Worte, sie nickte und berührte leicht seine Hand. Also nicht nur Freunde erkannte Sara mit einem lächerlichen Anflug von Eifersucht.

Eine Hand berührte ihr Knie. „Alles okay, Hon?“

Sie lächelte. „Ja. Es nur immer schwer”, sagte sie ihm.

„Ich weiß“, nickte er. „Willst du wirklich nicht, dass ich mitkomme?“ Da lag eine Aufrichtigkeit in seinen grauen Augen, die sie zutiefst berührte und sie legte ihre Hand über seine.

„Nein, das ist etwas, was Jack und ich allein tun müssen.“ Hoffe ich zumindest, fügte sie stumm hinzu, als sie zu der Frau hinüberschaute, die Jack mitgebracht hatte. Aber als er langsam auf ihr Auto zukam, war sie erleichtert zu sehen, dass sie Frau beim Truck blieb und ihn durch ihre dunkle Sonnenbrille hindurch beobachtete. Gut, dachte Sara. Und dann atmete sie einmal tief ein und griff nach der Tür. „Es wird vermutlich nicht allzu lange dauern“, flüsterte sie.

„Lass dir Zeit“, sagte Anthony mit einem Lächeln, das ihr Herz erwärmte.

Die Luft war kalt, als Sara aus dem Wagen stieg und sie zog ihre Jacke noch enger um sich. Aber die Sonne schien hell und es kam ihr an so einen düsteren Tag vollkommen unangebracht vor.

„Hi“, sagte Jack, als sie sich trafen, er seine Sonnenbrille abnahm und ihr sein vertrautes und noch immer anziehendes Lächeln schenkte.

„Hi“, antwortete sie, als ihr Blick ihn abtastete und sie dann mit plötzlichen Schrecken die Prothese unter seiner Jacke sah. Sie hatte es schon fast vergessen gehabt. „Wie geht’s dir?“

„Gut“, nickte er.

Und sie musste zugeben, dass er auch so aussah; leicht gebräunt, entspannt und zufrieden. „Du siehst gut aus“, sagte sie ihm. „Der Ruhestand scheint dir gut zutun.“

Er lächelte breit. „Das tut er“, stimmte er ihr zu. „Zum größten Teil.“
Als sie über seine Schulter schaute, sah Sara, wie die Frau, die Jack mitgebracht hatte, begann in die andere Richtung zu gehen und sah dann fragend zu ihm zurück. „Eine Freundin von dir?“

„Ja“, nickte er. „Das ist Sam. Sie ist… Ich meine, wir sind…” Er verdrehte seine Augen und sie konnte das leichte Lachen in ihnen sehen. „Wie immer man das auch diese Tage nennen mag. Wir sind zusammen.“

„Das habe ich mir gedacht", sagte Sara, als sie Sam weiter beobachtete. Sie ging zurück zum Truck, ihre blonden Haare glitzerten in der Sonne. Schlank, glatte Haut, ein selbstbewusster Gang; sie war hübsch und Sara verspürte eine lächerliche Welle der Eifersucht. „Sie sieht…“ Sie zögerte bei ihrer Wortwahl. „Sie sieht… jung aus.“

Jack lachte leicht. „Jung?“, wiederholte er ihre Worte selbstbewusst. „Na ja, ich schätze mal, dass sie etwas *jünger* ist.“

„Kenne ich sie?“, fragte Sara dann und fragte sich, warum ihr diese Frau so vertraut vorkam.

Jack nickte. „Ja“, sagte er und überraschte sie. „Du hast sie letztes Jahr im Krankenhaus gesehen.“

Sara runzelte die Stirn. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemand im Krankenhaus getroffen haben, außer eine Major Wie-auch-immer. Sie zog ihre Augenbrauen hoch. „Das ist Major…?“

„Carter“, nickte er. „Ja. Nun”, lächelte er voller Stolz. „Das heißt jetzt Lieutenant Colonel.“

„Heißt das, dass du jetzt vor ihr salutieren musst?“, witzelte Sara.

„Fast“, gab er zu. „Gib ihr noch etwas Zeit.“

Mit einem Kopfschütteln schaute sie erneut zu der jungen Frau hinüber. „Es ist eine ziemlich beeindruckende Leistung für eine Frau so weit zu kommen. Selbst heutzutage.“

„Sie ist eine ziemlich beeindruckende Frau“, antwortete Jack ernst. „Und sie hat verdammt hart dafür gearbeitet, um jetzt dort zu sein.“

„Also, habt ihr beiden zusammen gedient?“, fragte Sara, als sie sich an ihre Unterhaltung mit Major Carter erinnerte.

„Vier Jahre lang.“

Vier Jahre. Mit Erleichterung rechnete sie zurück. Zumindest war es nicht während ihrer Ehe gewesen. Als sie erneut zu der selbstbewussten, jungen Frau schielte, konnte sie ein paar Sticheleien nicht lassen. „Dann denke ich mal, dass sie weiß, worauf sie sich da einlässt?“

„Mit mir?“, fragte Jack. „Ja. Sie hat eine ziemlich genaue Vorstellung.”

Sara lächelte ihn trocken an. „Sowohl mutig als auch hübsch.“

Jack antwortete ihr nicht sofort, aber er sah etwas geknickt aus. Nach einem Moment flüsterte er: „So schlimm war es nicht, oder? Du und ich?“

„Nein“, versicherte Sara ihm ein wenig überrascht von der Offenheit seiner Worte. Den Jack, den sie kannte, hätte so etwas nie gefragt. „Nein, die meiste Zeit über war es großartig, Jack.“

„Ja“, stimmte er mit einem erneuten Lächeln zu. „Das war wir, nicht wahr?“

Sie nickte und drehte sich zu dem Weg um, den sie einschlagen würden. „Sollen wir?“

„Sicher“, nickte er und sie begannen schweigend den Weg entlang zu gehen.

Sara beobachtete ihn, als sie gingen. Er sah noch fast so aus wie immer, auch wenn sein Haar jetzt grauer war und sich ein paar mehr Fältchen unter seinen Auge abzeichneten. Aber da gab es definitiv eine Veränderung. Nicht so sehr, wie er aussah, sondern wie er sich verhielt. Er schien nicht mehr so verschlossen zu sein, irgendwie entspannter. Viel zugänglicher. Ein Teil der Rüstung, die er immer so vehement getragen hatte, schien dahin geschmolzen zu sein. „Also“, fragte sie neugierig. „Was machst du jetzt so?“

Er schaute zu ihr hinüber und zuckte mit den Schultern. „Dies und das.“

„Arbeitest du noch?“

Er senkte seinen Blick und sein Gesicht nahm diesen plötzlich ausweichenden Ausdruck an, den sie noch sehr gut aus ihrer Ehe her kannte. „Nicht offiziell“, sagte er ihr. „Aber hin und wieder fragen sie nach meinem Rat – wenn ich helfen kann.“ Reuevoll schüttelte er den Kopf. „Um ehrlich zu sein, ist es für gewöhnlich dann, wenn Sam auf einem Pl…“ Er verstummte und sie vermutete, dass er sich fast verplappert hätte. „Wenn Sam auf einer Mission ist“, beendete er mit einem entschuldigenden Lächeln, das die Lüge oder Halblüge bestätigte oder was auch immer es war, was er ihr fast erzählt hätte. „Ich kann einfach nicht nur wartend zu Hause rumsitzen“, erklärte er, „also fahre ich für gewöhnlich zum Stützpunkt und gebe ihnen für ein paar Tage gute Ratschläge, bis sie wieder zurück ist.“

Sara lächelte aufgrund der Ironie der Situation. „Tja, ich denke, jetzt weißt du, wie es ist“, sagte sie.

„Wie was ist?“

„Das Warten.“

Sie sahen sich einen Moment an und sie erkannte in den Tiefen seines Blickes ein plötzliches Verständnis. „Das stimmt“, nickte er verstehend. Und dann fügte er etwas leiser hinzu: „Du hattest es nicht einfach, Sara. Ich glaube nicht, dass ich das jemals richtig geschätzt habe. Es gibt nichts Schlimmeres als auf das Telefonklingeln zu warten und innerlich zu beten, dass es schweigt.“ Der herbstliche Wind zerrte an seinen kurzen Haaren und er zog seine Jacke enger um sich, als er sie mit dunklen, ernsten Augen beobachtete.

„Ich weiß“, nickte sie, überrascht von der Stärke seiner Gefühle. Sie legte ihren Kopf etwas zur Seite. „Du hast dich verändert, weißt du das?“

Jack nickte. „Es waren sechs lange Jahre“, sagte er. „Ich habe eine Menge gesehen, eine Menge getan – und ich habe mich selbst ziemlich gut kennengelernt. Und Sam hat…“ Er hielt inne und lächelte nur, offensichtlich verlegen darüber die Frau vor ihr so hoch zu preisen, wofür Sara dankbar war.

Und während sie ihn so beobachtete, wurde sie plötzlich von einem ganzen Schwall alter Gefühle erfasst. Das Licht in seinen Augen, das Lächeln, welches sich um seine Mundwinkel ziert, er sah wieder so aus, wie der Mann in den sie sich einst verliebt hatte. Und dieser Anblick fütterte nur das Bedauern, welches sie immer in ihrem Herzen trug. „Denkst du jemals darüber nach“, fragte sie flüsternd, „wie die Dinge sein würden, wenn wir Charlie nicht verloren hätten?“

Jack wandte sich ab, sein Kopf lag auf seiner Brust, sodass er auf den Boden schaute. „Die ganze Zeit“, flüsterte er. „Es hat mich fast verrückt gemacht. Und dann habe ich erkannt, dass ich mich auf das konzentrieren muss, was ich hatte und nicht, was ich verloren habe.” Er drehte sich mit einem düsteren Gesicht zu ihr um. „Aber manchmal frage ich mich noch immer, wo wir heute sein würden, wenn es nicht passiert wäre. Ich meine uns alle, nicht nur Charlie.“

Ein Windhauch fuhr durch die Blumen, die sie hielt, und ließ sie erschaudern. „Es wäre ein anderes Leben gewesen“, sagte sie und schaute hinunter auf das tanzende Laub.

„Kann ich mir nur schwer vorstellen“, flüsterte Jack.

'Nicht so schwer’, dachte sie, auch wenn sie es nicht aussprach. Stattdessen fragte sie: „Bist du glücklich, Jack?“ Es hörte sich mehr wie eine Anschuldigung an, als wie eine Frage, aber Jack zuckte nicht zusammen.

Er schwieg eine lange Zeit und ließ seinen Blick über den Friedhof schweifen. Aber schließlich antwortete er ihr etwas widerwillig. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Charlie denke und ich vermisse ihn und bedaure das, was wir verloren haben.“ Er seufzte und fuhr eine Hand durch seine Haare. „Aber ja, Sara, ich bin glücklich. Ich war es eine lange Zeit nicht und ich weiß auch nicht, ob ich es verdiene, aber ich bin glücklich.“ Er sah sie ernst an. „Bist du es?“

„Meistens“, sagte sie ihm ehrlich. „Aber manchmal da wünsche mir einfach nur…“ Tränen füllten ihre Augen und sie schloss sie, als der vertraute Schmerz in ihr aufkeimte. Jack schwieg und beobachtete sie voller Mitgefühl und etwas Wärmeren – eine Erinnerung an Liebe vielleicht. „Manchmal“, startete sie einen neuen Versuch. „Ich vermisse ihn so sehr. Ich will ihn einfach nur halten, sein Haar berühren… sein Lächeln sehen…” Die Tränen kamen jetzt und sie kümmerte sich nicht darum sie zurückzuhalten, als sie auf die Blumen tropften, die sie in ihren Händen hielt. Selbst jetzt konnte die Trauer sie noch von der einen Sekunde auf die andere überwältigen, wenn sie daran dachte, dass sie nie ihren Jungen wird, aufwachsen sehen. Charlie. Ihr Baby.Sie schluchzte einmal und griff dann in ihre Tasche, um ein Taschentuch herauszuholen, welches sie wohlüberlegt mitgenommen hatte, als sie vollkommen davon überrascht wurde, wie sich Jacks Arme um sie legten und sie an ihn heranzogen.

„Ich weiß“, flüsterte er mit so vielen Gefühlen in seiner Stimme, wie sie es nie gehört hatte. Die Prothese fühlte sich merkwürdig gegen ihren Rücken an, aber die Finger, die auf ihrer Schulter lagen, drückte sie leicht. „Ich weiß, Sara, und es tut mir leid. Es tut mir so leid.“

Sie war sprachlos. Noch nie, niemals hatte er das gemacht. Nicht einmal in diesen grausamen Tagen nach Charlies Tod oder selbst auf der Beerdigung oder sonst wann. Nicht einmal hatte er geweint oder sie gehalten oder ihr irgendwas angeboten. Er war hinter seiner Mauer von Schuld so gefangen gewesen, dass er weder in der Lage gewesen war, Trost zu geben, noch zu empfangen. Aber jetzt…? Es war überraschend. Gott, wenn er doch nur damals so gewesen wäre!

Sara zog sich leicht zurück und sah zu ihm auf. In seinem Gesicht suchte sie nach der Ursache, die ihn verändert hatte. Tränen schimmerten in seinen Augen, als er zu ihr hinunter schaute, was an für sich schon außergewöhnlich war. In den zehn Jahren ihrer Ehe hatte sie ihn nie weinen gesehen. Aber hinter den Tränen war noch etwas, was sie noch mehr überraschte und es sah sehr nach Frieden aus. Jack O’Neill hatte endlich seinen inneren Frieden gefunden. Sie fragte sich, ob die Jahre alleine solch ein Wunder vollbringen konnten, aber in ihrem Herzen wusste sie, dass es wohl mehr mit Sam Carter zutun hatte. Sie konnte diese Frau schon fast in seinen Augen sehen und verspürte einen erneuten Stich von Neid. Sam hatte das geschafft, was Sara nicht konnte – sie hatte ihm Frieden gebracht.

„Komm schon“, sagte Jack sanft, als sein Arm lose um ihre Schultern hing. „Lass uns mit Charlie reden.“ Sie nickte stumm, noch immer zu aufgewühlt um zu reden. Sie ließ ihn den Weg zu dem kleinen Grabstein führen, der für all das stand, was sie verloren hatten.



*******************



Die Schatten des Abends sammelten sich langsam, aber der Rest vom Sonnenschein lungerte noch auf der Veranda. Von der Küche aus, konnte Sam Jack noch immer dort sitzen sehen, wie er hinaus zu den Bäumen schaute. Er saß dort bereits ein paar Stunden und sie hatte ihn seinen Raum gelassen. Der Morgen war schwierig gewesen und Jack hatte seit ihrer Rückkehr vom Friedhof geschwiegen und war ziemlich gedankenverloren gewesen. Sam griff nach zwei Tassen, goss Kaffee ein, als sie ihn noch eine Weile beobachtete.

„Zeit zum Reden“, sagte sie zu sich selbst, als sie Tassen nahm und damit nach draußen auf die Veranda ging. Als sie hinaustrat, begann der Kaffee in der kalten Luft zu dampfen und Jack drehte sich zu ihr um, als er hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.

Er lächelte. „Hey. Wo warst du?”

„Habe etwas gearbeitet“, sagte sie ihm und setzte sich neben ihm auf die Holzbank. „Hier“, sagte sie und hielt ihm die Tasse hin. Er nahm sie schweigend an, aber seine Augen lächelten ein Dankeschön. „Also“, fragte sie leise, „wie geht es dir?“

„Okay“, nickte er und klang schon fast überrascht.

„Okay?”, fragte Sam zweifelhaft und beobachtete ihn über ihren Tassenrand hinweg, als er weiterhin zum Horizont schaute.

„Diesmal fühlt es sich anders an“, sagte er ihr nachdenklich.

Während sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm, wartete sie darauf, dass er es ihr erklärte, aber als es offensichtlich wurde, dass er das nicht tun würde, hakte sie nach. „Inwiefern anders?“

„Ich weiß es nicht“, seufzte er und sah sie mit einem Schulterzucken an. „Normalerweise habe ich mich immer so angespannt gefühlt, dass ich immer dachte, gleich zu explodieren oder so, aber diesmal…?“ Er verstummte auf der Suche nach den richtigen Worten. „Selbst Sara hat gesagt, dass ich anders bin. Es ist nicht so, dass ich mich irgendwie anders fühle, wenn ich daran denke, was Charlie passiert ist und ich weiß, dass ich es hätte verhindern können, aber es ist… es ist irgendwie, als ob es jetzt in der Vergangenheit liegt, wo es mich die Jahre zuvor immer gefangen hatte.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Macht das überhaupt Sinn?“

„Ja“, versicherte Sam ihm. „Das tut es. Es hört sich so an, als ob es in deinem Leben weitergeht.”

„Das ist es“, nickte er schließlich. „Genau das ist es.“

Das Jahr über, in dem sie mit Jack zusammen war, war Sam mit der Art und Weise wie Jack seine Gefühle versteckte, leugnete oder so tief vergrub, dass er kaum noch wusste, dass sie überhaupt noch existiertem, vertraut geworden. Aber heute, wo sie hier in den letzten Sonnenstrahlen saßen, wusste sie, dass er die Wahrheit sagte; sie hatte bereits Verlust und Trauer in seinen Augen gesehen, aber die Gefühle waren durch einen ungewöhnlichen Frieden gehärtet. Es schien wirklich so, als ob er in seinem Leben weitergehen würde und dieses Wissen vermittelte ihr ein tiefes, wenn auch melancholisches Glücksgefühl.

Nach einem weiteren Schluck blieb ihr Blick schließlich auf dem kleinen Tisch neben ihm hängen, der mit ein paar Blättern übersät war. Neugierig nahm sie eines der Blätter an sich und drehte es in ihrer Hand. Zu ihrer Überraschung war es von einem Immobilienmakler und darauf abgebildet war ein großes Haus mit den Details darunter beschrieben. „Denkst du ans Umziehen?“, fragte sie Jack überrascht, dass er es ihr gegenüber noch nicht erwähnt hatte.

„Oh“, sagte er und nahm es ihr mit einem verlegenen Lächeln aus der Hand. „Na ja… vielleicht.“

Ihre Überraschung wurde noch größer. „Warum?“

Er schielte zu ihr hinüber und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte nur, dass ich vielleicht etwas mehr Platz brauche.“

„Du hast bereits drei Schlafzimmer!“, rief sie.

„Ja“, nickte er, „aber das Haus wird langsam voll.“ Sein Blick lag wieder auf ihr. „Du hast jede Menge… Zeugs.“

Sam riss leicht verletzt ihre Augen auf. „Hey“, sagte sie, „wenn ich dir im Weg bin…?“

„Nein!“, ereiferte er sich. „Das habe ich nicht gemeint. Ich meinte… ich meine, ich habe gedacht, dass…” Er runzelte die Stirn. „Wann war es das letzte Mal, dass du auch wirklich in deinem Haus *geschlafen* hast, Sam?“

Plötzlich verstand sie und ihr Herz schlug einen kleinen Rückwärtssalto, als sie erkannte, an was er dachte. „Bei mir geschlafen?“, wiederholte sie und in ihrem Kopf schien es merkwürdig leer zu sein. „Ich habe keine Ahnung.“ Und dann konnte sie die Frage nicht mehr für sich behalten. „Jack, schlägst du gerade davor, dass wir uns zusammen ein Haus kaufen sollten?“

Er zuckte erneut ein wenig die Schulter, so als ob er darüber nachdenken würde. „Ja. Sieht wohl ganz danach aus.“

Sie riss erneut ihre Augen auf. „Oh.“

„Also“, sagte sie, als sie sehen konnte, wie seine Teilnahmslosigkeit verschwand, „was sagst du?“

Sie blinzelte. „Über das Haus? Oder darüber zusammenzuziehen?”

Er lächelte, es war ein leichtes Lächeln, welches seine Augen zum Leuchten brachten. „Komm schon, Sam“, schallte er sie sanft, „im Grunde wohnen wir doch bereits zusammen. Wir können das, was sich noch in deinem Haus befindet, auf dein Motorrad schnallen.“

Sie musste bei diesem Gedanken lächeln. „Nicht die Pflanzen“, hielt sie ihm vor Augen, obwohl sie zugeben musste, dass sein Argument stichhaltig war; ihr Haus war schon lange nicht mehr ihr Zuhause.

„Na ja“, sagte er mit einem ersten Nicken, „die Pflanzen sind schon ein Problem. Nur noch ein weiterer Grund irgendwo hinzuziehen, wo alles etwas größer ist…“

Sie nahm ihm erneut das Blatt aus der Hand und sah sich die Details genauer an. Der Preis war zwar etwas unverschämt, aber das Haus war fantastisch. „Ist das ein Pool?“, fragte sie und starrte auf das Bild.

„Nur ein kleiner“, antwortete Jack. „Aber die Aussicht ist unglaublich“, fügte er schwärmerisch hinzu.

„Du warst bereits dort?“

„Ja“, nickte er mit einem zögernden Lächeln. „Nur um zu sehen, wo es liegt. Das Innere des Hauses habe ich allerdings noch nicht gesehen.“

Sam schaute auf die Adresse. „Es ist oben in den Bergen?“

„Die Arbeit ist gleich um die Ecke.“

„Wir könnten eingeschneit werden.“

„So weit oben liegt es nicht“, versicherte er ihr. Und dann lächelte er sie selbstsicherer an. „Nicht, dass es besonders schlimm wäre, mit dir dort oben eingeschneit zu sein.“

Lachend sah Sam von dem Blatt auf. „Zusammen ein Haus kaufen, was?“

„Zu viel?“, fragte er, seine Zuversicht begann zu bröckeln und entblößte die darunter liegende Unsicherheit.

Aber Sam schüttelte den Kopf. „Nicht zu viel“, versicherte sie ihm, „aber… ich mag dein Haus bereits. Wir müssen nicht unbedingt umziehen.“

Jack sah sie ernst an und nickte dann langsam. „Du magst mein Haus?“

„Sicher“, bejahte sie.

„*Mein* Haus?“, wiederholte er und untermalte noch einmal seinen Punkt.

Sie schwieg einen Moment und lächelte dann. „Verstehe.“

„Es wäre schöner, wenn wir *unser* Haus hätten“, sagte er und nahm ihre Hand. „Denkst du nicht auch?“

„Ich denke schon“, stimmte sie zu, als sie seine Finger drückte. Und dann grinste sie. „Wow. Ich habe noch nie mit jemandem zusammen ein Haus gekauft.”

„Oh, das ist ganz einfach“, versicherte er ihr. „Ich zeige dir all die kleinen Tricks.“

Sam warf ihm einen abschätzigen Blick zu, aber war viel zu aufgeregt von diesem Gedanken, um an seinen Köder anzubeißen. „Und du denkst, wir können uns das leisten?“, fragte sie mit einem geprüften Blick auf den Preis.

„Sicher“, nickte er. „Wenn ich das Haus hier erst einmal verkauft habe. Und außerdem dachte ich mir, dass wir noch mindestens vier oder fünf Schlafzimmer brauchen werden.“

„Für uns beide?“

„Na ja… eines wäre ein Arbeitszimmer – für dich“, sagte er. „Irgendwohin müssen wir ja das ganze… Zeugs stellen.“

Sie lächelte und dachte an die Bücherstapel, die sich im Moment in seiner Abstellkammer lagerten. „Okay“, stimmte sie zu. Und dann fuhr sie mit einem Grinsen fort. „Ich gehe mal davon aus, dass wir uns ein Schlafzimmer teilen, also macht das schon zwei…?“

„Ein Gästezimmer und dann, wenn wir jemals…“ Er hielt, abrupt inne und schaute weg. Sam hatte den Eindruck, dass er bereits zu viel gesagt hatte.

„Jemals was?“, wollte sie leise wissen.

Jack schüttelte nur den Kopf. „Jetzt ist vermutlich nicht der richtige Zeitpunkt“, murmelte er, aber Sam ging ihm dazwischen.

„Doch ist es“, sagte sie und rutschte näher zu ihm, sodass ihre umschlungenen Hände in ihrem Schoß lagen. „Mach weiter.“

Sein Blick heftete weiterhin auf den Bäumen. „Ich habe nur darüber nachgedacht, dass, wenn wir dann nicht mehr umziehen müssten, wir dann…“ Er räusperte sich verlegen, bevor er zögernd wieder zum Sprechen ansetzte. „Wir dann vielleicht jemals darüber nachdenken… Kinder zu haben.“

Zu sagen, dass sie überrascht war, wäre eine Untertreibung gewesen und Sam riss nur ihre Augen auf. „Kinder?“

Sie verstummte und Jack nickte, sein Blick starr auf den Abendhimmel gerichtet. „Hast du jemals darüber nachgedacht?“, fragte er flüsternd.

„Ich denke schon“, gab sie zu. „Ich meine, eines Tages da würde ich schon gerne Kinder haben.“

Mit einem sanften Lächeln sah Jack sie schließlich an. „Eines Tages?“, echote er. „Ja.“

Aber Sam runzelte unsicher die Stirn, als sie hinunter in ihre verschlungenen Finger schaute. „Ich war mir nicht sicher, ob du noch ein Kind haben wolltest“, flüsterte sie. „Nach Charlie.“

Seine Hand festigte sich um ihre und er zog sie zu sich. „Für eine ganze Weile, da habe ich gedacht, dass ich keine mehr haben wollte“, sagte er. „Ich meine, ein Kind ist kein Hund – wenn man eines verliert, kann man sich nicht einfach ein neues zulegen.“

„Genau“, stimmte Sam ihm zu und sah zu ihm auf. „Also, was hat sich geändert?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Du, denke ich. Mit dir zusammen zu sein. Ich habe wohl erkannt, dass, wenn ich ein weiteres Kind hätte, es dann wegen dem sein würde, was wir haben, wir beide und dass das nichts mit Charlie zutun hat.“

Sam nickte, obwohl sie noch ziemlich überwältigt war von dieser Unterhaltung. Kinder? Sie wohnten noch nicht einmal zusammen. Na ja, zumindest nicht offiziell. Aber Kinder…?

„Ich sage ja nicht sofort oder so“, sagte er ihr dann, so als ob er ihre Gedanken gelesen hätte. „Ich habe mich nur gefragt, was du auf lange Sicht davon hältst.“

Sie lächelte. „Ich mag den Gedanken“, sagte sie langsam. „Und ich mag den Gedanken, dass du denkst, dass das hier etwas Langfristiges ist.“

„Du weißt, dass ich das tue“, sagte er ihr und fuhr mit einem Finger die Kette entlang, die um ihren Hals trug. „Ewige Liebe und Loyalität, schon vergessen?“

Sie bedeckte seine Finger mit ihrer Hand und lächelte. „Ich erinnere mich. Aber das war, bevor du wusstest, dass ich die Zahnpasta von der Mitte her ausdrücke.“

Sein Lächeln wurde schief und er verzog leicht sein Gesicht. „Guter Punkt, Major.“

„Doch“, fuhr sie fort und ignorierte seine absichtliche Benutzung ihres Ranges und den falschen noch dazu, „wenn ich die Tatsache akzeptieren kann, dass du nicht in der Lage bist, die Spülmaschine richtig einzuräumen…“

„Ah“, unterbrach er sie und hob seine Hand. „Das liegt nur daran, dass mach die Spülmaschine nicht *richtig* einräumen kann!“

Sam verdrehte ihre Augen, aber konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Natürlich geht das. Ignoranz ist keine Verteidigung laut dem Gesetz.“

„Dafür gibt’s jetzt schon ein Gesetz?“

Sam lächelte kopfschüttelnd. „Also…?“, sagte sie und fragte sich, was sie nun entscheiden würden.

„Also“, stimmte er ihr zu, sein Humor wurde durch Ernst ersetzt. „Haus zuerst?“

„Haus zuerst“, stimmte sie ihm glücklich zu. „Und dann?“

Er lächelte, zog sie noch weiter in seine Arme und küsste ihren Kopf. „Und dann“, sagte er, „beginnen wir ein ganz neues Abenteuer, Sam.“

„Also, ist das dann ein neuer Anfang?“, seufzte sie zufrieden, als sie hinaus in den Sonnenuntergang schaute. „Der Beginn eines neuen Kapitels?“

„Eines ganz neuen Buches“, korrigierte Jack sie.

Sam grinste, als sie ihren Griff um ihn festigte. „Weißt du, ich lese die letzte Seite eines Buches immer zuerst.“

„Ja? Also weißt du schon, wie das hier ausgeht?“

„Glücklich“, versicherte sie ihm und kuschelte sich weiter an. „Sehr glücklich.“

Sam konnte das Lachen in seiner Brust spüren, als er sie hielt und sie seufzte glücklich, badete in der Wärme ihrer Beziehung. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie wirklich glücklich, ein Gefühl, das dadurch perfekt wurde, dass sie es mit Jack teilte. Ihre Jahre des Dienstes und der Opfer zahlten sich langsam aus. Sie lächelte, als sie darüber nachdachte, dass vielleicht, in dem großen Ganzen, das Gleichgewicht des Kosmos wieder irgendwie hergestellt wurde. Diesmal bekamen die Guten, was sie sich verdient hatten. Und es passte irgendwie, dass ihre Belohnung nicht etwa Ruhm und Schmeicheleien waren, sondern einfach nur der simple Genuss ihrer beider Leben miteinander zu teilen und Trost in den Armen des jeweils anderen zu finden.

Es war so, erkannte sie, das perfekte Ende.

Und ein perfekter Neuanfang.



~END~



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