Danny kann nicht tanzen by Martha, Manu
Summary: Wie der Titel sagt...
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara
Genre: Friendship, General, PoV, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 10920 Read: 2479 Published: 05.04.12 Updated: 05.04.12
Story Notes:


FanFiction by: Martha
Ãœbersetzt von: Manu

Spoiler: Der Kuss der Göttin

1. Kapitel 1 by Martha

Kapitel 1 by Martha
Danny kann nicht tanzen


Na ja, vielleicht war Colorado Springs nicht gerade das Allerheiligste, sogar bevor Bruder James Dobson und seine Jungs in die Stadt Kamen. Die Bevölkerung besteht aus Arbeitern, Ranchern und Hilfsarbeitern in der dritten und vierten Generation. Sie wählen die Republikaner, glauben an Gott, das Sternenbanner und Baseball und sie ziehen ihre Kinder auf, so gut sie es verstehen. Wollen Sie, dass ich über solche Leute Kritik übe? Herrgott noch mal , ich bei einer von ihnen. Zumindest versuche ich es. Seit ich denken kann, versuche ich es. Vielleicht finden Sie nicht viele Besitzer einer Golden Card in Colorado Springs, aber ich dachte immer, diese Leute sind das Salz der Erde.

Dann kam der Tag, als ich meine Türglocke läutete, ich öffnete und Susan Lineberger auf meiner Veranda stand und sagte: "Guten Morgen. Ich hoffe, ich störe nicht."

Sie hielt mit einen Papierteller mit quadratischen kleinen Keksen entgegen. Ich bediente mich und verschlang einen dieser Leckerbissen sofort hier auf der Veranda. Es war so süß, ich fühlte, wie sich eine Blase in meinem Mund bildete, während ich kaute. Doch es war mir egal, denn dieser Keks schmeckte nach Dingen, die aus meinem Leben verschwunden waren seit Abydos. Vielleicht länger. Seit Charlie’s Tod. Schokostücke und Kokos, zerbröselte Cracker und Butter – nö, Margarine – und alles mit Kondensmilch zusammengeklebt. Das ist die Art Nahrungsmittel, die nur aus einer fröhlichen Küche stammen kann, denn es gibt verdammt noch mal keine Entschuldigung, anderswo so zu backen.

Susan hob die Hand und wischte mir mit der Seite ihres Daumens Kokosflocken von den Lippen. Ich grinste sie nur an, dämlich und dankbar für den Zuckerschub und die Erinnerungen und die Kohlehydrate, die mich plötzlich Colorado Springs wieder wahrnehmen ließen. Komisch, wie das funktionierte. Dr. Jackson war derjenige, der auf Abydos zurückblieb, nicht ich. Aber noch Monate später war es, als ob etwas Wichtiges von mir auch dort geblieben wäre. Ich verbrachte jede Nacht mir Charlie’s Fernrohr auf dem Dach und versuchte, das Abydos-System im Nachthimmel zu entdecken. Ich schlief sogar am Nachmittag, wie es die Abydonier tun. Als ob ich versuchte, der Sonnenhitze zu entkommen, die ich auf meinem Dach nicht mal fühlte.

Und jetzt – nachdem ich einen Keks meiner Nachbarin gegessen hatte – war ich plötzlich bereit, wieder in dieser Welt zu leben. Ich kann es nicht erklären. Es war einfach so. Geschmack und Erinnerung und der kühle Sonnenschein im November auf meiner Haut. Das erste Mal nach einer verdammt langen Zeit war ich froh, am Leben und auf der guten alten Erde zu sein. Ich fühlte, wie sich mein Gesicht zu einem Grinsen verzog.

Dann hielt mir Susan Lineberger ihr Schreibbrett hin und bat mich zu unterschreiben. Erst jetzt kapierte ich, dass sie die Kekse nicht bloß verbeigebracht hatte, um mich im Land von Betty Crocker willkommen zu heißen. Ich glaube, ich fühlte mich trotzdem ziemlich gut, dass ich mir noch einen Keks griff, bevor ich die Unterschriftenliste las und sah, dass die meisten die Namen meiner Nachbarn waren.

"Was unterschreibe ich da?"

Zwei rote Flecken erschienen auf ihren Wangenknochen und sie zeigte auf die Sätze am Beginn der Seite.

"Jemand muß unsere Kinder schützen."

In diesem Moment begriff ich. Du kannst einen Man von Abydos trennen, aber es ist nicht so licht, Abydos von dem Mann zu trennen. Denn für einen langen, langen Augenblick konnte ich nur an Skaara und seine Kumpel denken. Diese Jungs haben alles auf’s Spiel gesetzt, was sie je kannten, um uns zu schützen! Fremde, die in ihre Welt eindrangen, Blasphemie lehrten und wie Hühner gackerten. Fremde, die ihnen ein Feuerzeug und eine Atombombe brachten. Was zur Hölle könnte Susan schon davon verstehen?

Ich zerbrach mir kurz den Kopf über die Sprache, in der das Papier abgefasst war, aber natürlich stand da nichts über falsche Götter, die auf der anderen Seite des Universums ihr Unwesen treiben. Stattdessen stand da ein Kauderwelsch über ‚den Staat Colorado und seine Zweigstellen oder Agenturen, politische Unterabteilungen, Stadtgemeinden oder Schulbezirke’, Quotenbestimmungen und Diskriminierung. Es war die typische Art Juristensprache und – wirklich – ich war einfach nicht in der Stimmung.

Schließlich las ich die Worte ‚homosexuell, lesbisch oder bisexuell’.

"Das kapier’ ich nicht", sagte ich , als ich schon den Stift in der Hand hielt, um zu unterschreiben. Ach, zum Teufel! Immerhin hat sie mir Kekse gebracht. "Das ist für Schwulenrechte oder so was?"

Viel liberaler, als ich von der guten alten Suzie Lineberger erwartet hätte, Berufsmutter und Präsidentin irgendeines krichlichen Vereines. Aber ich musste ihre Courage bewundern, diese Petition einen hochrangigen Militärangehörigen wie mir vorzulegen. Sie fixierte mich wie ein verwirrter Sperling.

"Damit wollen wir die Homosexuellen, die schon zur Tagesordnung gehören, stoppen", sagte sie.

Ich hätte es wissen sollen.

Jetzt war ich an der Reihe, verwirrt dreinzuschauen. Eigentlich nicht wirklich. Ich hatte endlich verstanden, um was es ging.

"Tagesordnung", wiederholte ich. "Hat darüber irgendjemand eine Notiz rausgegeben?"

Ups! Darüber macht man mit Suzie keine Scherze. Sie trat so schnell einen Schritt zurück, dass ich sie am Arm packen musste, um zu verhindern, dass sie rücklings von der Veranda fiel. Sie riß sich los.

"Verstehen Sie nicht? Die versuchen, unsere Kinder zu verführen!" rief sie anklagend mit schwankender Stimme.

Ihre Wut war anscheinend ansteckend, denn ich fauchte im gleichen Ton zurück: "Ich denke, Charlie ist davor sicher, glauben Sie nicht auch?!"

Gemein. Kein Grund, ihr das an den Kopf zu werfen. Sie wollte doch nur ihre Kinder schützen. Aber so weit ich weiß, gibt es nur einen echten Feind, vor dem wir uns in Acht nehmen müssen. Dieses Monster, das menschliche Lebewesen wie Vieh behandelt, unsere Geschichte total verdrehte und pervertierte. Ra ist tot, aber wer weiß, wie viele von seiner Sorte noch in unserem Kosmos herumkriechen? In der Zwischenzeit macht sie Suzie Sorgen wegen Mädchen, die keine Schwänze mögen und Jungs, die sie etwas zu sehr mögen. Jesus würde weinen.

Ich dachte, sie würde ihre klebrigen Schokokekse schnappen und wutentbrannt davon marschieren. Aber das ist es, was ich vorhin versuchte, über meine Nachbarn in Colorado Springs zu erklären, über Leute wie Suzie. Sie sehen vielleicht überall Feinde, sprenden ihr Geld und ihre ganze Aufmerksamkeit an Dobson und jeden, der ihnen Sicherheit und den Segen des Himmels verspricht. Sie nerven jeden mit ihrer Ansicht von Gesetz und Moral, wonach die einzige Sünde, über die es sich lohnt nachzudenken, hinter der Schlafzimmertüre passiert. Aber wenn es darauf ankommt ...

Tja, wenn es darauf ankommt, können sie dich ganz schön überraschen. Denn als ich Charlie erwähnte, verschwand jeder Ärger aus Suzie’s Gesicht. Ihr Blick wurde sanft, wie kam näher und umarmte mich. Sie, mit ihrem Schreibbrett und ich, der ich noch immer den Papierteller mit den Keksen hielt.

"Wann immer Sie irgendwas brauchen, rufen Sie an", sagte sie. "Sie wissen, Sie können uns jederzeit anrufen."

Ich glaube, erst da habe ich begriffen, was wirklich los ist, denn ich bin von Natur aus kein Politiker.

Monate vergingen, und schließlich traf ich wieder mit dem guten Dr. Daniel Jackson unter – wie sich damals herausstellte – den schlechtestmöglichen Umständen zusammen. Wir waren auf einem anderen Planeten, weit jenseits der Berge, während Suzie, meine Nachbarn und tausende anderer guter Christen wie sie den Antrag ins Parlament wählten. Das Recht, seinesgleichen zu fürchten und von sich fern zu halten, wurde zum Gesetz. Die Sinnlosigkeit verursachte mir Herzschmerzen und erinnerte mich wieder daran, wieso ich glücklicher bin, so lange ich mich nicht um Politik kümmere.

Ich wusste nur zu gut, wie Daniel und ich für die guten Leute von Colorado Springs erscheinen mussten, als ich ihn so in der schmalen Gasse hinter dem Flame hielt. Alles, was nötig gewesen wäre, wären ein oder zwei Betrunkene, die davon überzeugt waren, dass ein paar Jungs miteinander Spaß haben und damit eine Bedrohung für die zivilisierte Welt darstellen. Der Abend wäre nicht nur eine Katastrophe geworden, sondern ... na ja, irgendwas schlimmer als eine Katastrophe.

Verdammt noch mal! Was sollte ich machen? Ihn wegstoßen? Daniel hing an mir wie ein Ertrinkender. Sein Gesicht war in meiner Schulter vergraben, er gab keinen Laut von sich, aber er zitterte am ganzen Körper und ich konnte seine Tränen an meinem Nacken fühlen. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben – unser Danny ist nicht gerade klein und ich hatte alle Hände voll zu tun, ihn aufrecht zu halten. Ich hätte es besser wessen sollen und ihn die beiden Screwdriver nicht trinken lassen dürfen, selbst so verwässerte wie in dieser Bar. Der Junge ist hart im Nehmen, glauben Sie mir. Aber das schließt nicht aus, dass er nah am Wasser gebaut hat.

Eigentlich hätte ich es besser wissen sollen, sobald ich ihn abholte.

Als er zur Tür kam und ich sah, was er für Klamotten trug, stand ich nur da und gaffte ihn an, bis er besorgt fragte: "was? Jack, was ist los? Bist du in Ordnung?"

"Willst du das heute Abend anziehen?"

Er grinste selbstbewusst und sah an sich runter.

"Na klar!"

"Nein, tust du nicht." Ich schob ihn zurück in die Wohnung und schloß die Türe hinter uns. "Niemand trägt eine Tweedjacke, wenn er zum Tanzen geht."

"Wieso nicht?"

"Ich weiß es nicht, Daniel. Man tut es einfach nicht. Und man trägt keine karierten Hemden oder Khakihosen. Zumindest nicht dort, wo wir hingehen. Hast du keine Jeans?"

"Ich dachte, Khakihosen wären bequemer."

"Hier geht’s nicht um Bequemlichkeit! Komm’ schon, arbeite mit mir zusammen. Hier geht es um gutes Aussehen für die Mädchen!"

Sein Gesichtsausdruck wurde traurig.

"Ich weiß nicht, Jack. Vielleicht ist das doch nicht so eine gute Idee."

Ich hätte mir selbst in den Arsch treten können, aber ich gab vor, den freudlosen Ausdruck seiner Augen nicht bemerken. Ich schlug ihm etwas zu heftig auf die Schulter, schnappte ihn am Genick und lenkte ihn ins Schlafzimmer zum Umziehen.

"Machst du Witze? Das ist eine großartige Idee! Eine meiner besten. Komm in die Gänge, Danny-Boy, und wirf dich in ein paar Blue Jeans."

Er schüttelte meine Hand ab und knöpfte seine Hose auf, als ob ich ihm einen Befehl gegeben hätte. Nein, streichen Sie das, wenn es ein Befehl gewesen wäre, hätte er mit mir darüber diskutiert. Sein Ausdruck war einfach unglücklich und er tat, was ich sagte, weil es ihm völlig egal war. Er ließ die Hose fallen, merkte erst jetzt, dass er sie nicht über die Schuhe ziehen konnte. Er schlurfte mit der Hose um die Knöchel um Bett, ließ sich schwer darauf fallen und versuchte, die Schuhe abzustreifen, ohne sie aufzubinden. Der rechte war kein Problem, aber der linke saß zu fest. Daniel zog an den Enden der Schuhbänder und sie verknoteten sich. Als er sich hinunterbeugte, um den Knoten zu lösen, rutschte seine Brille von der Nase und landete auf dem Teppich. Ich musste mich umdrehen, um nicht laut loszulachen – oder zu heulen.

"Vertrau’ mir, Daniel. Wir werden einfach einen fantastischen Abend verbringen. Es ist ein großartiger Club – versprochen. Sara und ich waren oft dort. Der DJ spielt Oldies, angenehmes Publikum, keine Eile, keine Hetzerei. Nur Spaß. Du brauchst nur ein wenig zu tanzen."

Tanzen. Richtig. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hatte. Vielleicht dachte ich daran, dass ich Daniel seit fast einem Monat nicht mehr lächeln sah. Nicht, seit Hathor zum Abschied winkte und durch das Stargate schritt. Nicht ganz richtig. Da war dieses fürchterliche, schuldige Fast-Grinsen, als Daniel Dr. Fraiser gestand, das genetische Material, das sie von Hathor’s verbrannter Brut sammelte, enthielt wahrscheinlich seine DNS. Herausgestoßen auf genau die gleiche Art, wie Charlie mir ein Geständnis ablegte, wenn er etwas angestellt hatte. Er kam zu mir rausgerannt und berichtete, was er verbrochen hatte, sobald ich nach Hause kam. Nur um sicher zu gehen, dass ich seine Version der Geschichte hörte, bevor Sara dazu Gelegenheit hatte, mir ihre Fassung zu erzählen. Genau das hat Daniel gemacht. Seine Schande vor uns allen eingestanden, bevor Fraiser die widerlichen Überreste ins Labor bringen und es selbst herausfinden konnte. Und dann LÄCHELTE er darüber. Oh, Gott, er lächelte! So, als ob er sagen wollte, es gäbe keine Geheimnisse hier. Nichts, worüber er später sprechen wollte. Nichts, dass ihm schlaflose Nächte verschaffen würde, bis niemand mehr die dunklen Ringe unter seinen Augen übersehen konnte.

Ich frage mich, ob ihn die Träume fast umbringen, denn die habe ich auch. Sie erscheinen sinnlos, wenn ich versuche, sie jemandem zu erzählen, aber sie halten mich um 3.00 Uhr früh wach, zwei- bis dreimal in der Woche, schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd.

Normalerweise beginnt es so: Ich stehe vor meinem Haus und ich weiß, Charlie ist noch am Leben. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Dann drehe ich mich um und sehe, was die Straße und die Gehwege runterströmt, sich in jeden Vorgarten ergießt, um die Autoreifen plätschert, bei den Stufen Pfützen bildet und in den Kanälen versickert. Die sind bald voll und so sprudelt das Zeug wieder heraus. Es ist rot wie Blut aber dünn wie Bier, und Suzie Lineberger ist auch hier und sie erklärt mir: "Sie kommen wegen unserer Kinder."

Genau in diesem Moment wache ich auf und kann nicht wieder einschlafen. Nicht, nachdem ich einen dieser Träume hatte. Schlimm genug, wenn Daniel sie auch hat. Aber ich habe den schrecklichen Verdacht, dass es für ihn noch schlimmer ist. Sehen Sie, anfangs habe ich es nicht begriffen. Ich bin nicht sicher, ob Fraiser es je erkannt hat, denn soviel ich weiß, hat sie Daniel nur gründlichst untersucht und ihm Antibiotika gegeben. Schließlich hat es mir gedämmert, als ich über sein mitleiderregendes kleines Geständnis nachdachte. Daniel erinnert sich! Gnade ihm Gott, er erinnert sich.

Für den Rest von uns ist es nur ein Blackout. Ich erinnere mich an keines der dämlichen Dinge, die ich sagte oder tat, während Hathor hier war. Ich weiß nichts davon, dass sie mir eine Bauchtasche in den Leib schnitt, meine Milz entfernte und die Lymphknoten in Hals und Leistengegend lahm legte. Ich erinnere mich nicht, dass sie mich in ein Becken mit heißem Wasser gesteckt hat, das voller Larven war. Sehen Sie, das ist gut so. Ich habe absolut keine Erinnerungen von dem Vorfall, die ich zurückerlangen will, vielen Dank, Dr. MacKenzie.

Aus irgendeinem Grund hatte Daniel nicht so viel Glück. Er weiß, was passiert ist. Zumindest einiges. Das Schlimmste von allem. Wenn er in der Nacht versucht, die Augen zu schließen, hat er keine Angst vor den Träumen, die vielleicht kommen. Ich fürchte, er sieht, was tatsächlich zwischen ihm und Hathor vorgefallen ist. Was sie ihm angetan hat - Gott helfe dir, Danny – was du für sie getan hat.

Nur, ich bin kein Psychiater, aber es erscheint mir logisch, dass Daniel’s private Filmvorstellung seitdem nonstop läuft. Das richtige ist, die Vorstellung mit irgendetwas anderem zu verdrängen. Zumindest für einen Abend, für ein paar Stunden. Lange genug, ihn daran zu erinnern, wie es ist, NICHT die ganze Zeit Hathor im Kopf herumspuken zu haben. Mit den Beach Boys oder Aretha, verdammt, sogar Donna Summer und eine silberne Discokugel. Irgendwas, um die Scheiße zu vertreiben.

Zuerst musste ich ihn hinschaffen. Als ich mich umdrehte, hatte er seine Schuhe ausgezogen und die Jeans an, doch er trug noch immer dieses fürchterliche karierte Hemd.

"Ein Rollkragenpullover?" schlug ich vor. "Vielleicht ein Sweater?"

Er starrte mich an, als ob ich vorgeschlagen hätte, Flügel anzuschnallen und zum Club zu fliegen.

"Ich habe ein Sweatshirt", antwortete er schließlich. "Es hat noch Farbflecken von meiner Wohnungsrenovierung."

Herrgott noch mal! War der jemals Klamotten kaufen, seit er von Abydos zurück ist? Wahrscheinlich nicht, dachte ich. Vielleicht hatte er nicht vor, lange genug hier zu bleiben, um sie zu brauchen.

"Ich sag’ dir was", meinte ich. "Wie wäre es mit einem deiner schwarzen Uniform-Shirts? T-Shirt und Jeans sind nie verkehrt."

"Jack ..."

Er versuchte einen Rückziehen. Vergiss es, Junge. Wir würden heute tanzen gehen, komme, was wolle. Ich blickte demonstrativ auf meine Uhr.

"Die Nacht wird nicht jünger."

Er zuckte die Schultern, machte ein finsteres Gesicht, aber er knöpfte sein Hemd auf und ließ es auf dem Bett liegen, während er einen Kleiderschrank öffnete und eines der T-Shirts herauszog.

Er sah recht gut aus, nachdem ich mit ihm fertig war. Ich zog ihm meine Lederjacke über – wie ich vermutet hatte, saß sie ein wenig eng an den Schultern, aber es würde schon gehen und sah viel besser aus, als diese kotzgelbe Weste. Wer zieht diesen Jungen an? Na ja, niemand ... offensichtlich. Ich glaube, das erklärt eine Menge. Als er versuchte, wegen der Jacke mit mir zu debattieren, sagte ich nur, ich brauche sie nicht. Das war vielleicht nicht die ganze Wahrheit, aber ich hatte nicht vor, viel Zeit draußen zu verbringen.

Es ist ein paar Jahre her, seit ich das letzte Mal im Flame war, und als wir am Eingang vorbeifuhren, merkte ich erleichtert, dass es noch immer existierte. Nach dem Aussehen der Leute auf dem Bürgersteig zu schließen, hatte sich auch die Kundschaft nicht wesentlich geändert. Es hätte meiner "Muntere-Danny-auf-Nacht" einen gewaltigen Dämpfer verpasst, wenn das Flame geschlossen worden oder zu einer Rockerbar verkommen wäre. Ich umrundete den Block ein paar Mal auf der Suche nach einem Parkplatz. Schließlich quetschte ich mich neben die Mülleimer eines Chinarestaurants etwa eine viertel Meile entfernt. Daniel rümpfte seine Nase bei dem Geruch von "Fünf Schätzen" und ranzigem Fett, als er aus dem Auto stieg. Die Nacht war so klar, ich konnte die Sterne sogar trotz der blendenden Straßenbeleuchtung sehen. Und plötzlich wusste ich, es würde gut laufen.

Tatsächlich war das zweifellos eine meiner besseren Ideen. Der Wind war kalt und scharf und ich drängte Daniel vorwärts, weil es etwas zu frostig war, um sich ohne Jacke herumzutreiben. Hey, aber ich hatte einen Freund an meiner Seite, und mein Kumpel und ich machten die Stadt an einem Samstag Abend unsicher. Erzählen Sie mir nicht, dass es manchmal nicht schön ist, am Leben zu sein. Genau genommen ... egal, welche Scheiße sich rund um dich zusammenbraut, es ist immer besser, am Leben zu sein. Daniel versuchte einmal, mich davon zu überzeugen, auf einer Sandkugel am anderen Ende des Universums. Sieht aus, als hätte er verdammt gute Arbeit geleistet.

Der Eintrittspreis ins Flame war auf fünf Dollar gestiegen. Ich zahlte für Daniel mit, während er noch in seiner Brieftasche herumfummelte und zog ihn mit hinein. Es ist nicht der tollste Laden der Welt. Der Teppich im Vorraum riecht nach abgestandenem Bier und quietscht feucht unter den Füßen, und sogar bei der schummrigen Beleuchtung kann man die Sprünge in den Bodenfliesen sehen. Der Zigarettenrauch hängt wie Wolken im Raum und brachte Daniel zum Husten, also griff ich ihn am Ellbogen und schubste ihn in den Club, bevor er zurückweichen konnte.

Die Kinks dröhnten Lola – girls will be boys and boys will be girls – und die Menge auf dem Tanzparkett war genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Ein paar Studenten von der Universität, eine Handvoll Kinder von der Hochschule mit diesen kurzen Haarschnitten, bei denen ich mich immer frage, wieso sie nicht einfach ihre Köpfe kahl rasieren und fertig. Aber meistens Typen in meinem Alter oder älter, einige sahen nach Militär aus, die meisten nicht. Eine ganze Menge Paare. So viele, dass ich ein wenig besorgt war, ich könnte vielleicht keine Partnerinnen für Danny und mich finden, zumindest nicht gleich.

Das war in Ordnung. Wir hatten Zeit. Es würde schon gut gehen. Die Musikanlage war so großartig wie früher und ich bezweifelte, dass irgendjemand an seine Probleme denken kann, wenn so viele Dezibel in seinen Ohren dröhnen. Die Gruppe auf dem Tanzboden gröhlte den La-la-la-la-Lola-Refrain mit. Daniel’s Kopf fuhr herum, die Discolichter spiegelten sich auf seiner Brille, sein Mund stand offen. Das brachte mich zum Grinsen. Der klassische "Danny-Fliegenfänger". Ich schob meine Knöchel unter sein Kinn und drückte es nach oben. Irritiert schlug er meine Hand weg und es war schön, zur Abwechslung mal einen kleinen Gefühlsausbruch zu sehen.

"Willst du ein Bier?" schrie ich in sein Ohr.

Er konnte mich wegen der Musik nicht hören.

"Was?"

Ich ahmte eine Trinkbewegung nach.

"Einen Drink! Alkohol – du weißt schon. Das Zeug, dass Gott erfunden hat, um Jungs den Mut zu verleihen, ein Mädchen zum Tanzen aufzufordern. Sonst säßen wir nur zu Hause herum und unsere ganze verdammte Spezies wäre schon vor tausenden von Jahren ausgestorben."

"Was?"

"Komm mit."

Ich zerrte ihn zwischen den Tischen durch zur Bar. Endlich kapierte er, als ich dem Barkeeper Zeichen gab, uns zwei Bier einzuschenken.

"Nein, Jack." Er schüttelte heftig den Kopf. "Wirklich, ich kriege das Zeug nicht runter. Vielleicht einen Orangensaft oder so was."

Na gut.

"Ein Bier, ein Screwdriver."

Ich ließ Danny zahlen, weil er wieder so demonstrativ in seiner Brieftasche herumkramte. Und während er an seinem Drink nippte und eine Grimasse zog, überprüfte ich unsere Möglichkeiten. Da war eine Gruppe lautstarker Küken, die sich um ein paar zusammengeschobene Tische drängten. Doch ich ziehe es vor, nicht zwei Mädchen aus dieser Herde rausholen zu müssen. Erstens ist es komplizierter, wenn du vor einer interessierten Zuschauermenge auswählst, und zweitens war ich unsicher, wie viel Unterstützung ich von Danny erwarten konnte. Soviel ich weiß, wäre sein Spruch wahrscheinlich : "Wir sind friedliche Forscher."

Komm schon, wenn ich darüber nachdenke, hatte er damit schon oft Erfolg.

Auf dem Tanzparkett wurde es etwas ruhiger, während James Brown seinen Schmalzsong über eine man’s man’s man’s world brachte. Guter Zeitpunkt zum Verschnaufen. Ich hatte Danny nicht für die langsamen Tänze hergebracht. Außerdem war ich auch nicht in der Stimmung. Sara hat diesen Song geliebt. Sie amüsierte sich über das seltsame Gefühl im Bauch und den langsamen Rhythmus. Aber dann schlang sie ihre Arme enger um meine Taille und lehnte ihren Kopf an meine Schulter.

"Kommst du öfter hierher?" fragte Daniel plötzlich.

Ich nahm einen großen Schluck Bier, während ich darüber nachdachte. Daniel hatte recht. Dieses Bier war vielleicht nicht das beste. Vor allem nicht mit Raumtemperatur, die anscheinend den metallischen Nachgeschmack so richtig zur Geltung brachte. Das war mir noch nie aufgefallen.

"Nicht mehr, seit Charlie klein war", gab ich schließlich zu. "Wir engagierten einen Babysitter und ich brachte Sara hierher, bevor sie Lagerkoller kriegen konnte. Weißt du, den ganzen Tag allein zu Hause mit dem Baby. Kein Wunder, dass sie manchmal raus musste."

Daniel nickte. Ich konnte seine Augen hinter der Brille nicht sehen, wollte ich auch nicht. Der heutige Abend war nicht dazu vorgesehen, unsere Wunden zu lecken. Wir mussten Partnerinnen finden und richtig loslegen. Ich kippte den Rest meines Bieres auf einen Schluck und als ich den Krug absetzte, sah ich sie. Perfekt.

Sie kennen den Typ. Offensichtlich beste Freundinnen, die am Ende der Bar nebeneinander saßen. Keine Teenager mehr, aber eine der beiden hatte lange, blonde Haare, die glatt über ihren Rücken fielen, während ihre Freundin eine mollige kleine Rothaarige war, die sicher einen wirklich süßen Charakter hatte, wenn man sie erst kennen lernte.

Ich griff nach Daniel und zog ihn mit, gerade als die Lichter auf dem Tanzparkett ausgingen. Ein einzelner Spot beleuchtete die Discokugel und Gloria Gaynor’s kehlige Stimme ertönte. Spannung und atemlose Pausen. Erst war sie ängstlich, dann war sie versteinert, und so weiter. Die Menge auf der Tanzfläche kreischte.

"Hey", sagte ich zu der Rothaarigen und überließ die hübsche Blonde Daniel. "Ihr zwei wollt doch nicht nur herumsitzen, oder?"

Die Musik war so laut, ich weiß nicht, ob eine der beiden überhaupt hörte, was ich sagte. Das war aber nicht schlecht. Es ersparte Daniel die Notwendigkeit, irgendetwas zu sagen.

And so you’re back from outer space, sang Gloria. I just walked in to find you here with that sad look upon your face.

Meine Einladung muß trotzdem deutlich genug gewesen sein. Die beiden Frauen wechselten eine Blick, dann begann die Blonde zu lächeln und ließ sich von Danny auf die Füße helfen. Na bitte, das fing gut an.

Ich bin nicht Arthur Murray, verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich kann mich auf dem Tanzparkett behaupten. Du verbringst nicht dein Leben in der Air Force, ohne ein paar Schritte zu lernen, die dich durch all diese Militärbälle bringen. Durch die Jahrzehnte schaffte ich Bop oder Hustle und wenn Sie mir eine Waffe unter die Nase halten, kann ich auch Foxtrott, bis ich aus der Schusslinie bin. Ich kann sogar dieses Weißer Junge steht auf der Stelle und wippt von einem Fuß auf den anderen, ohne vor Scham im Boden zu versinken. Aber meine neue Partnerin war am TANZEN. Ihre Arme waren über ihrem Kopf und sie schüttelte alles, was sie hatte. Sie führte mich zur Tanzfläche, boxte sich den Weg frei geradewegs zur Kabine des DJ’s, bevor sie sich umdrehte und sich vergewisserte, ob ich noch hinter ihr war.

So war es die ganze Zeit geplant. Du kannst nicht denken, wenn du in der Menge steckst und tanzt. Die Boxen waren so laut, dass es meinen Ohren weh tat und bald konnte ich meinen Schweiß und mein Rasierwasser riechen und Rotschopf’s Schweiß und ihr Parfüm und auch das von allen anderen um mich herum. Ihre Hände lagen in meinen und diese Frau, die vor einer Minute eine völlig Fremde war, grinste mich an, bewegte sich mit mir, stieß ihre gut gepolsterten Hüften gegen meine Schenkel und vertraute mir so sehr, dass sie sich in meine Arme fallen ließ. Sie brach in Lachen aus, als ich aus dem Gleichgewicht kam und versuchte, sie wieder auf ihre Füße zu stellen. Das brauchte auch mich zum lachen und als sie um mich herumwirbelte, ihre üppige Oberweite mit jedem Schritt wippend, sah ich endlich Daniel.

Oh, Gott! Warum hat er mir nichts gesagt? Das war der verdammt falsche Zeitpunkt um herauszufinden, dass Daniel nicht tanzen konnte. Und ich meine nicht, er ist nur ein schlechter Tänzer. Komm schon, sehen Sie ihn sich an. Ein seltsamer weißer Junge – Gott liebt ihn – von den Zehenspitzen seiner ungeschickten Füße bis zum Rand seiner flaschenbodendicken Gläser. Ich hatte eine Ahnung, dass er ein lausiger Tänzer ist. Aber Herrgott noch mal, ich dachte, er kann zumindest genug, um es vorzutäuschen.

Aber nein, er stand nur da. Schwang ein wenig hin und her und schnippte schüchtern mit den Fingern – nicht im Takt, hin und wieder. Und einer, der nicht den Takt von I will survive halten kann – dem ist einfach nicht mehr zu helfen. Blondie tat ihr bestes, aber mit so einem Tanzpartner hatte sie keine Chance.

Also – Kommandoentscheidung. Sollte ich ihn raushauen oder sollte ich ihn sich selbst überlassen? Nur zwei Worte, bevor wir hier ankamen und ich hätte ihm zumindest ein paar Schritte zeigen können, damit er nicht wie ein völliger Idiot aussieht. Jetzt war es ein wenig zu spät.

Verdammt. Er hat sein Bett gemacht, jetzt sollte er drin liegen. Das selbe hatte er auf Abydos veranstaltet und dort hatte ich mich auch nicht eingemischt. Wenigstens schien Blondie ihn nicht fertig zu machen, weil er nicht tanzen konnte. Ich schwang Rotschopf herum, damit ich ihn nicht mehr sehen konnte. Geh’ unter oder schwimm, Daniel, wenn du schon so scharf darauf bist, es auf deine Art zu machen.

Außerdem – wenn er so damit beschäftigt ist, tanzen zu lernen, konnte er sicher nicht über Hathor nachgrübeln, und meine Mission war somit erfolgreich.

I will survive wechselte zu Rock lobster und Rotschopf drehte durch, hüpfte von einem Bein auf das andere und wirbelte mit den Armen, als ob sie Aerobic machen würde. Sie hatte einen sehr ernsten Gesichtsausdruck, doch sie brach in schallendes Gelächter aus, als wir Blickkontakt fanden, und das brachte mich wieder zum Lachen. Einmal sah ich Daniel in der Menge. Er war noch immer planlos, aber ich muss zugeben, sein Herumgelatsche zur Musik der B-52 sah fast wie eine artistische Einlage aus. Blondie klebte förmlich an ihm und wirkte auch nicht gerade verärgert. Offensichtlich hatte sie begriffen, mit wem sie es zu tun hatte und es machte ihr nichts aus. Irgendwie überraschte mich das nicht. Daniel scheint diesen Effekt beim anderen Geschlecht immer zu bewirken.

Bei seinen Geschlechtsgenossen auch, wenn ich ehrlich bin. Oder warum sonst bin ich hier, trinke lauwarmes Bier und mache mich mit Rotschopf auf der Tanzfläche zum Narren? Nur, um Danny’s schlechte Laune zu vertreiben. Gott helfe uns beiden! Wenigstens gab es eine gute Songmischung heute Abend. Genug Hitparadenstürmer und Discomusik, um die Menge glücklich zu machen, aber immer wieder mal ein sanfter Einschlag von Funk und Blues. Rotschopf’s Gesicht war erhitzt, der Schweiß ließ ihre Haare an der Stirn kleben und ihr Körper war weich und heiß, als er gegen meinen drückte. Ich verlor den Überblick bei den Songs. Obwohl ich nur dieses eine Bier hatte, fühlte ich mich, als ob ich schwebte, die Musik hielt mich genau einen oder zwei Schritte über dem Tanzboden.

Als ich Daniel das nächste Mal sah, hatte er seine Brille nicht mehr auf und ich hoffte inständig, dass er sie in die Tasche gesteckt und nicht auf der Tanzfläche verloren hatte. Was mich aber fast aus der Fassung brachte, war Blondie, die ihm gerade den Boogaloo beibrachte. Hey, das war das Süßeste, was ich je gesehen hatte. Ray Charles gab sein Bestes – bend over, lemme see you shake your teil feathers – und obwohl Daniel die komplizierten Schritte nicht schaffte, leisteten seine Schultern ganze Arbeit. Er schwang herum, als ob ihm die Disco gehörte. Blondie tanzte an seiner Seite, lachte, während sie ihm die Schritte zeigte und applaudierte, wenn er es richtig machte.

Plötzlich blickte Daniel hoch und sah, dass ich ihn beobachtete. Das breiteste Grinsen seit Wochen zeigte sich in seinem Gesicht und das war wie ein Sonnenaufgang nach einem Gewitter.

Ha! Nimm das, du Seele aussaugende, Leben zerstörende Entschuldigung für eine Göttin! Du kannst Danny doch nicht kriegen. Und überhaupt – hat dir noch niemand gesagt, dass du in dem kleinen metallenen Röckchen fett aussiehst? Ich denke, die Kilos legen sich nach ein paar tausend Jahren auf die Hüften.

Vielleicht habe ich sogar eines davon laut ausgesprochen. Ach, zum Teufel. Bei der lauten Musik konnte das niemand hören. Rotschopf verausgabte sich total und selbst, wenn ich es locker anging – der Twist tut meinen Knien nicht gut – konnte ich Danny doch beweisen, dass sein alter Vorgesetzter noch keinen Spazierstock braucht. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und als ich wieder aufblickte, trug Rotschopf ein Paar mit braunem Fell überzogene große Ohren. Sie waren so lang und gefleckt wie die einer Kuh.

Ich taumelte zurück. Ich denke, ich wäre hingefallen, wenn die Tanzfläche nicht so voll gewesen wäre. Jemand gab mir knurrend einen Stoß und Rotschopf griff nach meinen Armen, um mich zu stützen. Ihre Lippen bewegten sich, fragten, ob ich in Ordnung bin. Ich habe keine Ahnung, was ich zur Antwort gab. Ihre pelzigen Ohren waren verschwunden, aber ich musste weg von hier.

Langsam ging ich zu den Tischen. Ein Pärchen saß an einem Tisch bei der Tanzfläche, die beiden standen aber auf, als wir näher kamen. Gutes Timing. Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und bedeckte mein Gesicht mit den Händen. Mein Herz raste wie ein Rennpferd. Jesus!

"Jack! Was ist los? Jack!"

Daniel’s Hände lagen auf meinen Schultern, dann auf meiner Stirn, als ob er meine Temperatur kontrollieren wollte. Sein Mund war neben meinem Ohr, so dicht, ich konnte die Wärme seines Atems spüren, das Kitzeln seiner Haare. Ich öffnete meine Augen und blickte ihn an. Nur Daniel, die weit aufgerissenen Augen – irgendwie nackt ohne seine Brille.

"Wo ist deine Brille, Danny?"

Er starrte mich an, klopfte dann auf die Brusttasche seiner Jacke. Meiner Jacke. Er musste vor Hitze umkommen in dem Ding. Sollte sie für ihn abgeben. Daran hatte ich nicht gedacht, als wir ankamen.

"Bist du okay?"

"Hab’ mich nie besser gefühlt. Weißt du was? Hol’ eine Runde Getränke für die Ladies und bring’ mir noch ein Bier."

"Bist du sicher? Du hast ..."

"Hast du genug Geld?"

"Jack, ich hab’ Geld! Was ist mir dir passiert?"

Der DJ legte Jumping Jack flash auf. Rotschopf und Blondie lungerten hinter Daniel herum. Als ich bemerkte, dass ich den Blickkontakt krampfhaft vermied, hob ich den Kopf und blickte Rotschopf direkt in die Augen. Nichts. Nur Rotschopf. Nur ein Mädchen, das an einem Samstag Abend zum Tanzen ging. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, sie anzulächeln.

"Hol’ die Drinks, Daniel", sagte ich und weil es zu laut war, um mit mir zu debattieren, warf er mir einen langen prüfenden Blick zu und machte sich auf den Weg zur Bar.

Die Mädchen folgten ihm und Mick Jagger jammerte so laut aus den Boxen, dass es mir vorkam, als würde er in meinem Kopf singen.

I was drowned, I was washed up and left for dead. Toller Song. I was cro-o-o-owned with a spike right through my head.

Jumping Jack flash. Eine Schande, dabei sitzen zu bleiben, doch vielleicht würden sie es später noch mal spielen, wenn ich dem DJ einen Schein zukommen ließ.

Wissen Sie, ich bin kein völliger Idiot und ich habe schon verstanden, was ich dort draußen auf der Tanzfläche gesehen habe, als ich mit der rothaarigen Frau tanzte. Ich schlafe nicht dauernd bei Daniel’s Erklärungen. Schon gar nicht bei dieser.

Er war noch immer ein wenig zittrig auf den Beinen, was nicht erstaunte, 36 Stunden nach Hathor’s Besuch und ich bemerkte, dass er jeden Blickkontakt mit Sam vermied. Aber er machte seine Sache sehr gut, weährend er seinen Diavortrag über Hathor abspulte. Göttin der Erde und des Himmels, des Tanzes, des Alkohols und der Liebe. Praktisch alles, wofür man sich eine Schutzgottheit vorstellen kann. Einschließlich Viehzucht. Eine Kuhgottheit. Es hätte komisch sein können und ich erinnere mich, einen Witz gerissen zu haben, aber zu dem Zeitpunkt kam er nicht an. Auf einigen der Bilder, die Daniel uns zeigte, war sie wirklich eine Kuh, manchmal eine Frau mit dem Kopf einer Kuh und ab und zu hatte sie nur diese Kuhohren.

Und offensichtlich zeigte sie sich von Zeit zu Zeit an einem Samstag Abend im Flame, um zu ihren Rock’n’Roll-Wurzeln zurückzukehren. Für eine Sekunde hatte meine Phantasie Hathor in ihrer ... Pracht zurückgeholt. Nicht wirklich überraschend. Ich konnte nicht vorgeben, sie vergessen zu können. Es warf mich aus der Bahn, doch das bewies nur, wie nötig wir eine Abwechslung hatten.

Ich frage mich, wie Daniel das manchmal durchsteht. Nicht nur Hathor – ich meine das ganze Goa’uld-Zeug. Die Art, mit der sie unsere Spezies zum Narren halten. Wie viele dieser alten Götter und Göttinnen werden sich letztendlich noch als Schlangenköpfe herausstellen? Wir bauten ihnen Tempel, brachten ihnen Opfer und verehrten sie. Wir beteten sie an!, Es macht mich irre, wenn ich daran denke. Meistens versuche ich, es nicht zu tun. Es gibt einige Gedanken, die ich nicht zu denken wage, aber Sie wissen, sie der Geist manchmal mit einem durchgeht, egal, wie sehr man versucht, seine Gedanken sauber und adrett zu halten. Ich meine – was ist, wenn es einen Sarkophag im Garten von Getsemane gab? Und es gibt keinen Zweifel, dass die Goa’uld seit Jahrtausenden die Stummen sprechen und die Lahmen gehen ließen. Was würde die arme alte Suzie Lineberger denken, wenn sie herausfände, dass die Augen ihres Erlösers im Dunkeln leuchteten?

Daniel sagt, es gibt keinen Nachweis einer Goa’uld-Präsenz auf der Erde in der jüngeren Geschichte. Korrektur: Das sagte Daniel, bevor Hathor auftauchte.

Ich presste meine Fäuste in meine Augenhöhlen und wünschte mir sehnsüchtig Daniel mit dem Bier zurück.

"Jack."

Wenn man von Teufel spricht. Daniel setzte sich, schob das Bier über den Tisch in meine Richtung. Er hatte sich noch einen Screwdriver geholt, obwohl es nicht so ausgesehen hatte, als ob ihm der erste geschmeckt hätte. Ich fragte mich, ob er nur nicht gewusst hatte, was er sonst an der Bar bestellen sollte. Da wundert man sich doch, was der Junge in seiner College-Zeit getrieben hat, während wir Normalsterblichen lernten, wie man trinkt und Mädchen anbaggert. War er tatsächlich nur im Unterricht? Jetzt siehst du die Schwierigkeiten, in welche du deswegen auf lange Sicht gerätst.

Ich leerte den halben Krug auf einen Zug, weil das die einzige Art war, das zeug runter zu kriegen. Ein anderer langsamer Song begann. When a man loves a woman. Das ist ein anderer Aspekt, der mir hier so gefällt und den ich noch nicht erwähnt habe. Sogar die langsamen Tänze sind in Ordnung. In der relativen Stille, während Percy Sledge diesen "hoffnungslose-Liebe-Song" stöhnte, fragte ich Daniel, wo die Mädchen hin verschwunden waren.

"Oh." Er sah sich um, als ob er erst jetzt bemerkte, dass sie nicht mit ihm zurückgekommen waren. "Oh, die ... ahm ..." Er machte eine komplizierte Handbewegung. "Die sind ... sich die Nase pudern gegangen. Gemeinsam. Ist so eine Art ‚Mädchen-Sache’."

Er grinste mich kurz an, als ob die Tatsache, dass Frauen immer gemeinsam auf die Toilette gehen, ein gut gehütetes Geheimnis wäre. Verdammt, manchmal ist er so ein Baby, man muss ihn einfach lieben!

"Hast du ihnen was zu trinken besorgt?"

Daniel nickte.

"Sie haben es mitgenommen."

Na schön. Das war wahrscheinlich das letzte, was wir von ihnen gesehen haben. Kein Problem, sagte ich mir. Es gibt noch viele Fische im Meer.

"Trink aus", sagte ich zu Daniel. "Willst du die Jacke in der Garderobe abgeben? Du musst doch umkommen in dem Ding."

"Oh, ja. Das wäre toll! Ich wusste nicht, ob es sicher wäre, wenn ich sie einfach ausziehen und irgendwo liegen lassen würde."

"Nein, wäre es nicht. Deshalb geben wir sie in die Garderobe."

Daniel schälte sich aus der Jacke und übergab sie mir.

"Meine Brille ist in der Tasche", erinnerte er mich.

"Die kriegen wir schon wieder zurück."

Ich stand auf, vor allem um zu beweisen, dass ich es noch schaffte. Ich fühlte mich leicht benebelt, aber zumindest fiel ich nicht um. Daniel lächelte mir besorgt zu, trank wieder einen Schluck und verzog das Gesicht. Ich nickte ihm zu, hier zu bleiben und kämpfte mich durch die Menge am Rand der Tanzfläche, vorbei an den Pärchen, die sich zwischen der Bar und dem Eingang der Disco herumtrieben. Ein kalter Wind blies durch die offene Türe und die frische Luft tat gut nach der Hitze all de aneinander gepressten Körper auf der Tanzfläche und nach dem Zigarettenqualm über der Bar. Ich übergab meine Jacke an das Mädchen in der Garderobe gemeinsam mit drei Dollar Gebühr. Sie sah erschreckend aus mit ihren gefärbten schwarzen Haaren, die aussahen, als wären sie mit der Heckenschere geschnitten worden und Schultern, die mich an Teal’c erinnerten.

"Danke", sagte ich, als sie mir die verknitterte Marke gab und sie schenkte mir dafür ein rasches, unerwartetes Lächeln.

Das war wieder einer dieser seltsamen kleinen Augenblicke, wegen der ich glücklich bin, auf diesem Planeten zu leben. Alles ist so "Nicht Goa’uld", dass du dich fragst, was die überhaupt von uns wollen. All diese gewöhnlichen und ungewöhnlichen Leute, die fürchterlich in diesen Goa’uld-Uniformen aussehen würden und die einfach an einem Samstag Abend in einem Gebäude aus Stein und Verputz herumhängen, lachen, tanzen und überteuerte, verwässerte Drinks nehmen. Keine Marmorsäulen, keine verängstigten Sklaven, keine hängenden Gärten, keine Obststapel auf goldenen Platten, keine plätschernden Springbrunnen. Nur unsere kleine durcheinandergebrachte, verwirrte, durchgeschüttelte Welt. Um ehrlich zu sein, es gab nichts Außergewöhnliches zu sehen. Am liebsten hätte ich auf dem Weg zurück zu unserem Tisch jede Frau geküsst, nur weil ich so verdammt dankbar war, dass keine von ihnen so schön wie Hathor war.

Daniel saß noch immer allein am Tisch und falls es ihm etwas ausmachte, von seiner Tanzpartnerin im Stich gelassen worden zu sein, so konnte man es ihm zumindest nicht anmerken. Er blickte um sich mit großen Augen und wahrscheinlich halb blind ohne seine Brille, zufrieden und neugierig. Mit anderen Worten glücklich, oder wie auch immer man diesen Zustand für Dr. Daniel Jackson beschreiben kann. Es tat so gut, die Wolken verschwinden zu sehen, ich hätte ich küssen können.

Ich schlug ihm auf die Schulter, als ich mich setzte. Er hatte mich nicht kommen sehen und drehte sich grinsend zu mir um. Seine Lippen formten meinen Namen, doch der Klamg seiner Stimme wurde von Joey Ramone verschluckt, der verlangte, beruhigt zu werden. Ein anderer Wahnsinns-Song, bei dem es eine Schande war, sitzen zu bleiben. Aber so lange sich Daniel wohl fühlte, dachte ich, man konnte den Abend erfolgreich nennen. Ich nahm sein leeres Glas und klopfte damit auf den Tisch.

"Willst du noch einen?" formte ich überdeutlich mit den Lippen, doch er schüttelte den Kopf, dann rollte er die Schultern, was wohl bedeuten sollte, dass er sich schon leicht betrunken fühlte.

Danny war noch immer ein billiger Gast. Im Gegensatz dazu fühlte ich mich nüchterner als vor zehn Minuten und ich konnte noch ein Bier vertragen. Es war aber auch irgendwie nett, einfach hier neben dem lächelnden Daniel zu sitzen.

Sarah und ich haben das oft gemacht. Bis zur Schöpfung getanzt und dann einen Tisch mit Beschlag belegt, um die anderen zu beobachten. Speziell all die Pärchen, die sich aufführten, als wären sie ein oder zwei Jahrzehnte jünger, als sie tatsächlich waren. Wir überzeugten uns gegenseitig, dass wir nicht so dämlich da draußen ausgesehen hatten ... natürlich hatten wir, aber das war schon in Ordnung so. Wir waren eben nur Menschen. Wir durften dämlich und ungeschickt und ohne guten Grund glücklich sein.

Ich fasste nach Daniel’s Schulter und schüttelte ihn leicht, er grinste mich wieder an und sagte etwas, was ich nicht verstand, außer meinem Namen irgendwo mitten drin. Ich fragte mich gerade, ob wir ein paar andere Tanzpartnerinnen auftreiben sollten. Wer – glauben Sie – kam wieder zum Vorschein? Sie bahnten sich ihren Weg zwischen den Tischen und sahen genau so verblüfft aus, uns zu sehen wie ich, sie zu sehen. Rotschopf und Blondie waren schließlich doch noch von der Toilette zurückgekehrt. Daniel winkte seinen neuen Freunden glücklich zu und ich hätte wetten können, er war der einzige von uns, der nicht überrascht erschien.

Ich stand auf, als sie zum Tisch traten, zog einen Stuhl für Rotschopf heran. Daniel – höflich wie immer – schoss hoch, als ob ein Elektroschocker in seinem Stuhl eingebaut gewesen wäre, gerade, als ein neuer Song begann. Wie verrückt zur Tanzfläche gestikulierend lehnte er sich herüber und brüllte "Screaming Jay Hawkins!" in mein Ohr.

Na schön, ich gebe zu, Daniel überrascht mich immer wieder. Wer hätte gedacht, dass er so begeistert ist von einem alten Voodoo-Rocker sie Screeming Jay? Daniel wedelte vor Blondie mit den Händen herum und ich konnte ihr Zögern verstehen bei dem tollpatschigen Gehabe, doch es schien ihr nichts auszumachen, seine Hand zu ergreifen und sich von ihm auf die Tanzfläche zerren zu lassen. Ich warf Rotschopf einen Seitenblick zu und bemerkte, dass sie die beiden mit einem belustigten Lächeln beobachtete. Dann trafen sich unsere Blicke und an ihrem Grinsen sah ich, ich hatte höchstwahrscheinlich den gleichen Ausdruck im Gesicht. Rotschopf beugte sich zu meinem Ohr.

"Süßes Pärchen!" brüllte sie.

"Oder so was!" brüllte ich zurück, nicht sicher, ob sie mich bei dem Geschrei überhaupt hören konnte, während Screaming Jay knurrte und gurgelte wie ein undichter Wasserhahn.

"Tanzen?"

Der Song war beinahe zu Ende, ehe ich Daniel wieder sah, aber dann fiel mir auf, dass ich in einer Hinsicht völlig unrecht hatte. Es stellte sich heraus, Danny konnte eigentlich recht gut tanzen. Tatsächlich sprang und hüpfte er herum wie ein Wilder, die Haare hingen ihm ins Gesicht, die Augen hatte er geschlossen. Blondie musste ihn bei einer Hand festhalten um zu verhindern, dass er gegen irgend jemanden knallte, doch ansonsten war er frei wie ein Vogel und sah aus, als hätte er die schönste Zeit in seinem Leben. Er zuckte und flatterte zum Takt der Musik, bestand nur aus Knien, Ellbogen und knochigen Hüften, erinnerte mich an seine "Hühnchen-Vorstellung" damals auf Abydos. Damals war es ihm egal, ob er lächerlich aussah und er hatte nichts dagegen, wenn die Leute über ihn lachten. Wieso sollte er? Daniel hatte nie etwas zu verbergen.

Plötzlich hasste ich Hathor so sehr, es fühlte sich an wie Feuer in meinem Schädel. Diese teuflische Schlange gab Daniel etwas zu verbergen. Sie lehrte ihn, sich zu schämen.

Als sich die blutroten Nebel vor meinen Augen endlich verzogen, passierte es mir wieder, doch dieses Mal war ich darauf vorbereitet. Als ich für einen schrecklichen lächerlichen Moment den Kopf einer Kuh sah anstatt Rotschopf’s rundlicher Wangen und kurzer Locken, zwang ich mich, die Hand auszustrecken und ihr Gesicht zu berühren. Der Alptraum von Hathor verschwand bei dem Gefühl von verschwitzter, völlig menschlicher Haut. Rotschopf zuckte zurück und starrte mich an, als ob ich geisteskrank wäre. Ich hob die Schultern, die beste Entschuldigung, die ich unter diesen Umständen fertigbrachte. Die Musik wand sich hoch zu einem Krescendo dieser typischen blubbernden Schreie und Daniel wedelte glücklich über die Tanzfläche wie eine Marionette im Hurricane, doch beim letzten Aufkreischen im Song öffnete er plötzlich seine Augen. Er starrte durch Blondie, durch mich, vielleicht durch jeden auf der Tanzfläche. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl in meinen Eingeweiden und zwängte mich an Rotschopf vorbei, versuchte, ihn zu erreichen. Daniel’s Augen wurden riesengroß, dann wand er seine Hand aus Blondie’s und wehrte sich wie wahnsinnig gegen etwas, von dem ich wusste, dass niemand anders es sehen konnte. Er brüllte Worte, die ich wegen der Gitarreneröffnung von Stayin’ alive nicht hören konnte.

"Daniel!" Ich packte seine Arme, bevor er jemanden schlug. "Daniel, es ist alles in Ordnung!"

Er war derart in Panik und wütend, dass ich für einen Moment dachte, er würde mir einen Kinnhaken verpassen. Doch dann verschwand plötzlich jede Gegenwehr. Er taumelte und ich legte meinen Arm um seine Schultern und versuchte, ihn von der Tanzfläche zu bugsieren. Nach einer Schrecksekunde nahm Blondie seinen anderen Arm und half, Rotschopf machte uns den Weg frei durch das plötzliche Gedränge von Discofieber-Möchtegerns. Es gab keine freien Tische, deshalb schoben und zogen wie Daniel in eine ruhigere Ecke des Clubs, wo ich ihn gegen die Wand lehnen konnte.

"Komm’ schon, Danny. Tief Luft holen."

"Ist er in Ordnung?" fragte Blondie.

Der arme Junge wirkte völlig aufgelöst. Der einzige Grund, warum er nicht zu Boden rutschte war, dass ich seine Schultern gegen die Wand gepresst hielt. Er blickte zu Boden, sein Gesicht verzerrt, seine Schultern zitterten unter meinen Händen.

"Er erholt sich gleich. Ich schaffe das jetzt allein."

"Bist du sicher?"

Blondie klang, als wollte sie ihren verrückten Tanzpartner nicht so ohne weiteres verlassen, doch ihre Freundin nahm sie beim Arm und sagte ihr etwas ins Ohr. Als nächstes stellte ich fest, dass die beiden verschwunden waren.

"Daniel, du bist in Ordnung. Hier passier dir nichts." Ich schluckte, ließ es dann darauf ankommen. "Hathor ist schon lange verschwunden."

Sein Gesicht verkrampfte sich und er versuchte, sich zusammenzukrümmen, doch ich hielt seine Schultern zu fest. Schließlich gab er auf und blickte mich aus rot umrandeten Augen an. Ich wusste, das kam nicht von dem Zigarettenqualm. Himmel, ich konnte jetzt auch eine vertragen, als ich den Ausdruck in Daniel’s Gesicht sah. Eine halbe Schachtel, um genau zu sein, und ein paar wirklich starke Drinks.

"Mir geht’s gut, Jack."

Wenigstens denke ich, dass Danny das gesagt hat. Er sprach so leise und die Musik spielte so laut, ich konnte deshalb nicht sicher sein.

"Ja, ich kann sehen, wie gut es dir geht", murmelte ich. "Komm’ mit, gehen wir an die frische Luft. Was hältst du davon?"

Daniel sagte nichts, doch er ließ mich seinen Arm über meine Schultern ziehen und ihm zum Notausgang helfen. Der Rausschmeißer starrte uns an, öffnete aber doch die Tür. Wahrscheinlich dachte er, wenn sich Daniel übergeben musste, tat er das besser in der Seitengasse.

Die kalte Luft war sie ein Schlag ins Gesicht. Daniel hustete und schüttelte den Kopf, dann versuchte er, von mir wegzukommen. Ich hielt ihn weiter an den Schultern fest für den Fall, dass er nicht ganz so gesund war, wie er vorgab.

"Entschuldige, Jack", murmelte er, ohne mir in die Augen zu sehen. "Ich glaube, ich habe etwas zu viel getrunken."

Ach, Daniel!

"Das ist mir auch passiert", erzählte ich ihm. "Ich habe sie auch gesehen."

Da sah er mich an. Das einzige Licht kam von einer Notbeleuchtung einen halben Block entfernt, aber ich ging jede Wette ein, seine Augen füllten sich mit Tränen.

"Nicht", sagte ich. Daniel nickte und presste die Faust hart gegen seinen Mund, also meinte ich: "Ist schon okay, wenn du es tun musst" und schlang meine Arme um ihn.

Daniel gab ein furchtbares ersticktes Geräusch von sich, als ob er sich noch immer beherrschen wollte, dann lehnte er den Kopf gegen meine Schulter und ließ es endlich raus.

Ich konnte seine Hände auf meinem Rücken spüren, während er mein Hemd zerknüllte und wieder losließ. Seine Tränen waren heiß und seine Wimpern blinzelten schnell gegen mein Genick. Ich streichelte seinen Hinterkopf und sagte nichts, fragte mich, ob das das erste Mal war, dass er sich selbst gestattete zu weinen. Ich machte mir auch Sorgen, wie das für irgendein betrunkenes Arschloch aussehen würde, der jetzt aus dem Club heraustaumeln könnte. Nicht, dass ich mir um meinen Ruf Gedanken machte – nur beunruhigte mich, dass ich so nicht in der Lage war, uns zu verteidigen.

Das war verrückt. Mein bester Freund war am Rande eines Nervenzusammenbruchs wegen dieser parasitären außerirdischen Hure und ich machte mir Sorgen, ob wir von einem Kerl unserer eigenen Art verprügelt würden. Wissen Sie, wenn wir uns – verdammt noch mal – nicht endlich zusammennehmen, kommen diese Goa’uld-Schiffe eines Tages um den Mond geflogen, erscheinen wieder in unserem Nachthimmel und wir werden zu beschäftigt damit sein, uns gegenseitig umzubringen, um es überhaupt zu bemerken.

Scheiße. Wir würden beide auf dem Boden enden, wenn das so weiterging. Ich konnte Daniel abrutschen fühlen, deshalb hörte ich auf, seinen Kopf zu streicheln und stützte mit beiden Armen seinen Rücken. Er zitterte am ganzen Körper, doch das konnte auch von der Eiseskälte kommen.

Nach einigen langen Minuten hörte ich, wie er schluckte, dann die Nase hochzog und endlich seinen Kopf hob.

"Oh, Gott", flüsterte er. "Gott, es tut mir leid."

"Ist okay."

Er lehnte nicht mehr mit seinem vollen Gewicht an mir, deshalb ließ ich ihn vorsichtig los, fischte ein Taschentisch aus meiner Tasche – manche militärische Gewohnheiten sind schwer zu überwinden – und gab es ihm. Er wischte sich die Augen und schnäuzte sich kräftig. Ich sagte ihm, er sollte es behalten, als er es mir zurückgeben wollte.

"Danke." Er schnüffelte noch einmal und rieb sich mit den Fingerknöcheln die Augen. "Ich bin jetzt in Ordnung."

Klar, und ich war der König von Spanien.

"Willst du darüber reden?" fragte ich, obwohl das weder die beste Zeit noch der beste Ort dafür war.

Er schüttelte den Kopf.

"Nein. Es ist nur ... was du gesagt hast. Zu denken, ich sehe Hathor wieder, gerade, wenn ich endlich ..." Seine Stimme brach. "Scheiße!" Er wischte sich wieder über die Augen, dann knetete er zornig seine Hände.

"Komm’. Suchen wir uns ein warmes Plätzchen."

Daniel schniefte und nickte. Ich hämmerte ohne große Hoffnung gegen die Hintertür. Niemand öffnete. Wir mussten um den Block gehen und noch mal den Eintritt zahlen, um meine Jacke und Daniel’s Brille zurückzukriegen. Was für eine Verschwendung, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, wir würden heute Nacht nicht mehr tanzen.

"Wir müssen den ganzen Weg zur Vordertür gehen um reinzukommen. Schaffst du das?"

Daniel lachte, ohne sehr amüsiert zu klingen.

"Oder einfach hier stehen bleiben und mir den Schwanz abfrieren? Herzlichen Dank. Ich gehe."

"Das ist mein Junge."

Ich legte meinen Arm um seine Schultern, weil es kalt hier draußen war. Und jetzt, wo Daniel wieder auf den Beinen war, konnte ich es mit jedem aufnehmen, der uns Schwierigkeiten machen wollte.

Nach ein paar vorsichtigen Schritte, mit denen wir die zerbrochenen Bierflaschen und den Müll umrundeten, fragte Daniel plötzlich: "Was hast du damit gemeint, du hast sie auch gesehen?"

"Genau das, was ich sagte. Ein paar Mal sah Rotschopf für mich aus wie Hathor. Nur für eine Sekunde. Nicht direkt wie Hathor. Nur ein ..." Ich suchte nach dem Wort, dass Daniel in der Besprechung benutzt hatte. "... ein Erscheinungsbild von ihr. Den Kopf einer Kuh, genau gesagt."

"Oh, mein Gott!" Daniel stolperte leicht und ich zog ihn hoch. "Ich dachte, das war nur ich."

"Deshalb musst du mit mir reden." Ich umfasste sein Kinn mit meiner freien Hand. "Du bist hier nicht allein, weißt du?"

Wir wanderten still eine Zeit lang, dann zog ich Daniel fester an mich, weil er so stark zitterte.

"Also ich vermute, du ... am Ende des Liedes. Ich vermute, du hast das selbe gesehen, ha?"

"So in etwa", gab Daniel zögernd zu. "Ich habe überhaupt nicht an sie gedacht. Es fühlte sich so gut an, für kurze Zeit zu vergessen."

"Du warst eine Tanzmaschine da draußen", bemerkte ich und konnte mir vorstellen, wie er mit den Augen rollte.

"Oh, großartig. Wieder etwas, das ich ewig zu hören kriege."

"Sieht so aus. Gehört zu meinem Job als kommandierender Offizier."

"Ich muss mir von Teal’c noch einmal dieses Kommandostruktur-Zeug erklären lassen. Offensichtlich habe ich das Konzept noch nicht ganz begriffen."

Es war ein schwacher Witz, aber ich war schon glücklich, dass er es versuchte.

"Aah, du solltest nicht auf Teal’c hören! Der bringt es fertig, dich mit allen möglichen Verrücktheiten von Chulak abzufüllen, die mit der Art, wie wir es hier in der United States Air Force regeln, nichts zu tun haben."

"Wahrscheinlich hast du recht. Teal’c’s Erklärungen machen eigentlich selten Sinn."

"Was für eine Enttäuschung, Danny-Boy", meinte ich, und diesmal klang sein Lachen echt.

Ich begann fast zu denken, dass das Schlimmste überstanden war, als Daniel leise sagte: "Weißt du, was passiert ist? Plötzlich konnte ich Wasser riechen. Viel Wasser, etwas abgestanden, wie ein Teich oder so was. Da habe ich meine Augen geöffnet und die Wände waren verschwunden und stattdessen war nur Wasser um mich. Konnte die Nil-Flut sein. Ich sah Schilfrohr und blühenden Papyrus und etwas bewegte sich dahinter, kam an Oberfläche und ich wusste ..."

Daniel taumelte und blieb stehen. Er zitterte wie Espenlaub und ich fragte mich abermals, wieso zum Teufel ich dachte, dass tanzen gehen für uns beide eine gute Idee wäre.

"Es ist nicht passiert, Daniel", sagte ich, versuchte, ihn weiterzuschieben. "Hathor ist verschwunden. Das war nur eine Erinnerung oder so was. Es ist vorbei."

"Das Wasser war rot", flüsterte Daniel. "Ich sah nach unten und das Wasser war rot."

"Es war nur eine Erinnerung, sage ich dir." Er schien nicht überzeugt, wie er so an meiner Seite stand. "Hör’ zu, Daniel, ich hatte auch diese Träume nach deinem kleinen Vortrag. Diese alte Geschichte, die du uns erzählt hast über Ra, der eine Flut aus rotem Bier sandte, um Hathor abzulenken. Sie ließ sich mit dem Zeug vollaufen und dem Glauben, es wäre Blut und vergaß, die Welt zu zerstören. Ein echter Party-Tiger, ha?"

"Kein Wunder, dass wir sie beide im Club gesehen haben", murmelte Daniel, während er auf seine Füße blickte. "Trinken, tanzen und Musik. Das war immer ihre Welt, Jack. Deshalb haben wir sie so lange angebetet."

"Haben wir NICHT!" schrie ich, drehte ihn herum und stieß ihn gegen die Wand des Gebäudes. Plötzlich war ich so wütend, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. "Nur, weil ein paar alte Ägypter nicht den Unterschied kannten zwischen einem Goa’uld und einem Loch im Boden, bedeutet das nicht, dass wir je diese Würmer ausstoßende Hure angebetet haben! Sie hat uns mit Gas betäubt, mit Drogen gefügig gemacht, sie hat unser Gehirn verwirrt, aber wir haben sie nie und nimmer angebetet."

Wenigstens starrte er nicht mehr auf seine Füße.

"Hey, Jack, komm’ schon, reg’ dich ab."

"Wir sind nicht so mitleiderregend", beharrte ich. "Eine Lichtshow und ein kleiner Schlag in die Eier und wir fallen auf die Knie und beten diese Schlange an? Keine Chance. Keine Scheiß-Chance!"

"Nein, wir sind nicht so leichtgläubig. Die Ägypter haben revoltiert und Ra verbannt, erinnerst du dich? Am Ende haben wir sie durchschaut."

Ich merkte, wie Daniel versuchte, meine Finger von seinem Oberarm loszumachen und ließ ihn sofort los. Ich musste es trotzdem wissen. Obwohl es weder die Zeit noch der Ort war, ich musste es wissen. Weil ich fürchtete, nie wieder den Mut zu haben zu fragen, wenn ich es nicht jetzt tat.

"Wie viele?"

"Wie viele was?"

Verdammt, ich wollte es nicht erklären. Ich wollte nur eine Antwort, die mich ruhig schlafen ließ.

"Wie viele von denen werden sich noch als so was wie sie herausstellen?"

"Götter, meinst du. Wie viele Götter? Wie viele Götter werden sich als Goa’uld herausstellen?"

War er absichtlich so begriffstutzig? Ich war knapp daran, die Beherrschung zu verlieren. Sogar mit seinen Tränen, die noch immer meinen Nacken feucht hielten, hätte ich ihn am liebsten angebrüllt, weil er meine Frage nicht beantwortete, die in mir seit Hathor brannte. Vielleicht sogar seit Ra.

"Natürlich ist es das, was ich meine. Betest du jemals, Daniel?"

Er starrte mich nur mit offenem Mund an im Licht der Notbeleuchtung.

"Beten? Zu wem?"

Oh, Himmelherrgott ...

"Zu GOTT! Betest du jemals zu Gott?"

"Oh." Er zitterte, doch ich spürte die Kälte nicht mehr. "Ich ... nicht – na ja, eigentlich nicht. Meine Eltern haben nie ... ich denke, ich bin nicht das, was du vielleicht gläubig nennst."

"Tja, ich schon", erwiderte ich bitter, als ob es irgendwie seine Schuld wäre. "Und ich habe gebetet. Ich betete, wenn ich vor Angst fast verrückt wurde, wenn ich mein Glück kaum fassen konnte, als Sarah einen Job fand, als mein Flugzeug abgeschossen wurde, während all der schlechtesten und besten Zeiten meines Lebens. Ich weiß, das muss für dich verrückt klingen, aber ich dachte immer, Gott war mit mir. Immer!"

Ich merkte, wie ich die Hände zu Fäusten ballte. Ich wollte jemanden verletzen, doch es war niemand hier außer Daniel, der mich ansah, als ob er helfen wollte aber keine Ahnung hatte, was ich vorhatte.

"Dann starb Charlie", stieß ich aus, erzählte Daniel das Schlimmste, das ich über mich wusste. "Und ich sagte Gott, er soll sich ins Knie ficken."

Verdammt noch mal, ich weinte! Ich hatte es nicht gemerkt, bis ich meine Stimme brechen hörte.

"Jack."

Daniel legte seine Arme um mich und versuchte, mich festzuhalten, doch ich war wie erstarrt vor ... ich weiß nicht ... Wut. Scham.

"Jetzt stellt sich heraus, nichts war je wirklich. Die einzigen Götter, die wir je hatten, waren diese ... diese Parasiten, und ich kann nicht einmal dafür verdammt werden, dass ich zugelassen habe, was Charlie passiert ist."

"Jack", sagte er erneut. Er schüttelte mich und schob mich zurück, um mir ins Gesicht zu blicken. "Jack, wenn du von mir verlangst dich zu überzeugen, dass du noch immer verdammt werden kannst ... das werde ich nicht machen, weil es nicht wahr ist. Es ist mir egal, woran du glaubst. Aber die Goa’uld haben Religion nicht geschaffen. Sie haben ihre Vorteile daraus gezogen, haben unseren Glauben pervertiert, aber der Glaube selbst ... das ist menschlich. Das bist du."

"Wie zum Teufel kannst du dir so sicher sein? Die Goa’uld waren fast so lange hier, wie es Menschen gibt, oder nicht?"

"Das ist nicht genau ..."

"Und du sagtest, sie verließen die Erde vor 10.000 Jahren. Aber was passiert, Daniel, wenn es sich herausstellt, dass sie noch immer hier sind? Dass sie immer hier waren. Wer klettert als nächster aus einem Sarkophag? Mohammed? Buddha? CHRISTUS?"

"Hör’ auf!" Daniel’s Stimme war scharf und zornig und voller Verzweiflung. "Ich habe schon verstanden, wie falsch ich gelegen habe, okay? Ich weiß, wie knapp du dran warst, einen Goa’uld im Körper zu tragen, weil ich mich vollkommen geirrt hatte. Und ich kann verstehen, wenn du mich dafür hasst. Aber wenn es einen kleinen Teil in dir gibt, der noch irgendetwas glaubt, was ich sage, dann glaube mir das: Ra und Hathor haben nicht das Geringste mit deinem Glauben an Gott zu tun."

"Ich hasse ich nicht, Danny."

Erstaunt darüber, dass er so etwas überhaupt denken konnte, lehnte ich mich schließlich an ihn, schlang wieder meine Arme um ihn, fühlte seine starken Arme um meinen Rücken, dort in der dreckigen Seitengasse hinter dem Flame. Keiner von uns spürte die Kälte.

"Ich möchte dir glauben. Deshalb habe ich gefragt. Ich ... ich weiß nur nicht, wie."

Daniel murmelte etwas in einer Sprache, die ich nicht kannte, dann übersetzte er: "An ihren Früchten sollst du sie erkennen. Das siebente Buch Matthäus’, glaube ich. Das ist ‚wie’, Jack."

Ich umarmte ihn fester, als ob er das einzige im Universum war, woran ich glauben konnte. Und in diesem Moment war er es wahrscheinlich auch.

"Ich weiß, was du sagst", meinte ich. "Aber es hilft nicht."

Ein anderer Mann hätte mit Daniel über die Kreuzzüge und die Inquisition debattiert. Denn wenn das die Früchte der Religion meiner Väter waren, waren wir wahrscheinlich Goa’uld-Futter. Doch plötzlich konnte ich nur noch an Suzie Lineberger denken. Diese Frau ist bloß eine anständige Person die versucht, die bestmögliche Mutter zu sein. Sie brachte mir hausgemachte Kekse und trauerte mit mir um Charlie. Und manchmal sammelt sie Unterschriften für ein Gesetz, das ihr das Recht gibt, ihre Nachbarn so sehr zu hassen, sie es ihr gefällt. Ich fühlte mich ausgepumpt, zu leer sogar für meine Verzweiflung.

Dann sagte Danny leise: "Hör’ mir zu, Jack. Du bist gläubig. Du hast dein Leben lang geglaubt, und es gibt niemanden auf der Welt, dem ich mehr vertraue und den ich mehr respektiere, als dich." Er schniefte lachend gegen meine Schulter und ich dachte, er würde wahrscheinlich wieder weinen. "Niemanden im ganzen Universum. Sollte das nicht etwas für dich zählen?"

Was zur Hölle konnte ich dazu sagen? Ich streichelte seinen Nacken, Daniel schniefte und hob den Kopf.

"Die Goa’uld haben uns schon so viel genommen. Lass’ sie das nicht auch noch stehlen. Bitte, Jack! Ich glaube nicht, dass ich noch einen Verlust ertragen kann."

Das war gemein, und er musste es gewusst haben. Es funktionierte. Ich umarmte ihn heftig und sagte, ich würde es versuchen und ich hielt ihn fest, bis wir beide uns ausgeweint hatten.

Daniel hob schließlich als erster den Kopf und meinte: "Mir ist so kalt, ich kann meine Finger und Zehen nicht mehr fühlen. Denkst du, wir können jetzt gehen?"

Ich wischte mir die Augen und griff nach meinem Taschentuch, als ich mich erinnerte, es Daniel gegeben zu haben. Ich benutzte stattdessen meinen Hemdsärmel.

"Ja", krächzte ich. Ich räusperte mich und versuchte es noch einmal. "Hast du schon zu Abend gegessen? Wir könnten auf dem Weg nach Hause irgendwo stehen bleiben."

Daniel stieß einen derart langen und zittrigen Seufzer aus, dass ich sicher war, er würde nein sagen. Wer konnte es ihm verdenken? Vor allem, wenn man bedenkt, wie sich der "Muntere-Daniel-auf-Abend" entwickelt hatte.

Stattdessen sagte Daniel: "Klar. Gibt es irgendwo hier in der Stadt vietnamesisches Essen?"

"Wir haben mexikanisch", antwortete ich, fühlte mich plötzlich viel besser. "Massenhaft gutes mexikanisches Essen hier in der Gegend."

Inzwischen hatten wir die Hauptstraße erreicht und unter der Straßenbeleuchtung konnte ich sehen, dass seine Augen noch immer voller Tränen standen.

"Halt still."

Ich hielt ihn an der Schulter fest und wischte vorsichtig seine Augen mit der Seite meines Fingers. Er lächelte mich traurig an.

"Danke."

Ich blickte gerade rechtzeitig hoch, um Rotschopf und Blondie vorüberhasten zu sehen, eng zusammengedrängt gegen die Kälte. Rotschopf wurde langsamer und warf einen Blick in die Seitenstraße, aus der wir traten, dann drehte sie sich um ohne stehen zu bleiben, vertraute auf Blondie, sie nicht irgendwo gegenrennen zu lassen.

"Ich nehme an, ihr beide seid okay?"

"Ja", antwortete ich. "Entschuldigt die Aufregung."

"Hey, ist in Ordnung. Manchmal tanzen wir auch lieber mit Jungs!"

Blondie presste die Hand auf ihren Mund und drehte sich schnell um, versuchte vergeblich, ein Kichern zu unterdrücken. Daniel hob den Kopf und blickte ihnen nach.

"Oh", sagte er.

"Ja", stimmte ich zu und schüttelte den Kopf. Das war eine echte Bedrohung für die Zivilisation. Jeder konnte das bestätigen. "Oh."

Schließlich saßen wir wieder im Auto, die Heizung lief auf vollen Touren, Daniel trug meine Jacke und hatte seine Brille auf der Nase. Jetzt hatte ich die Chance, ihm die Frage zu stellen, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.

"Screaming Jay Hawkins! Das hätte ich nie gedacht."

Daniel drehte sich zu mir.

"Oh, ja, er ist erstaunlich, nicht wahr? Teal’c hat mich auf ihn gebracht. Die art, wie er I put a spell on you bringt – einfach unglaublich."

"Teal’c."

"Ja. Er ist ein echter Jim Jarmush-Fan. Hast du das nicht gewusst? Vor ein paar Monaten hat er mich gebeten, Stranger than paradise mit ihm anzusehen und ihm die kulturellen Hintergründe zu erklären. Der Soundtrack hat mich voll erwischt."

"Jim ... wer?"

"Hast du nie seine Filme gesehen? Stranger than paradise, Mystery train? Jack, er ist großartig! Vielleicht finden wir nach dem Abendessen einen Videoladen. Du musst ihn sehen!"

Ich war bereits misstrauisch, doch ich zwang mich trotzdem zu fragen: "Von welcher Art Filme reden wir hier?"

"Na ja, das macht ihn zu so einem unglaublichen Regisseur. Auf eine Art haben seine Filme keine Handlung. Da sind diese langen, langen Szenen mit berechneter Langeweile ..."

Ich hatte genug gehört und wechselte hastig das Thema.

"Ich möchte dich was fragen. Sei mir nicht böse, aber hast du jemals zuvor getanzt?"

"Du meinst hier in den Staaten?"

"Ah ... richtig. Hier in den Staaten."

"Na ja ... eigentlich nicht. War das so offensichtlich?"

"Ein wenig. Daniel, wieso hast du nichts gesagt, als ich dich fragte?"

Ich sah aus dem Augenwinkel, wie er die Schultern hob.

"Du hast so ausgesehen, als würde dir der heutige Abend sehr viel bedeuten. Ich dachte, es würde dich auf andere Gedanken bringen." Er seufzte. "Entschuldige, Jack. Ich denke, das war doch nicht so ein guter Plan."

Hoffnungslos! Absolut hoffnungslos. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und schüttelte ihn leicht.

"Mach’ dir keine Gedanken deshalb." Ich fühlte, wie sich ein Grinsen über mein Gesicht ausbreitete. "Du zahlst das Abendessen und ich denke wie sind quitt."

Ende

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