Ein tödliches Erbe by Sally Reeve, Destiny
Summary: Jolinar hat nicht nur Erinnerungen zurückgelassen.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Angst, Drama, UST
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 47498 Read: 2225 Published: 31.03.12 Updated: 31.03.12
Story Notes:


FanFiction by Sally Reeve and Marcy - reevesally@hotmail.com or emkay@buffnet.net
Originaltitel: A Deadly Legacy
Ãœbersetzung von: Destiny

Spoiler: Freund oder Feind (In the Line of Duty), Gipfeltreffen (Divide and Conquer)

Anmerkung der Übersetzerin: Vorweg möchte ich euch warnen. All diejenigen unter euch, die keine langen FFs mögen, sollten sofort wieder umkehren. Die Übersetzung umfasst knapp 85 Seiten und ist somit kein kleiner Happen für Zwischendurch. Und trotzdem solltet ihr euch die Zeit nehmen dieses Schmuckstück zu lesen (Original ist im Stargate Novel Archive zu finden). Es hat alles, was eine gute FF ausmacht. Humor, Spannung, Angst und einen durchdachten Plot. Die einzelnen Charaktere sind wie aus der Serie geschnitten. Ich habe mir die Zeit genommen und war von Anfang bis Ende gefesselt. Hoffentlich konnte ich euch diese melancholische Stimmung rüberbringen, die sich wie ein roter Faden durch die gesamten FF zieht.

1. Kapitel 1 by Sally Reeve

Kapitel 1 by Sally Reeve
Ein tödliches Erbe


Auf der Liste der schlimmsten Missionen, überlegte sich Sam, stand P7D-783 ganz weit oben bei den anderen. Oder ganz vorne. Sie wurden weder gefangen genommen, noch wurden ihre Erinnerungen gestohlen oder wurden sie mit einem außerirdischen Virus infiziert oder sonst was. Im Grunde war es das genaue Gegenteil. Sie hatten drei langweilige Tage damit verbracht zu irgendwelchen Ruinen zu laufen, bei denen Daniel darauf bestanden hatte, dass sie von den Goa’uld seien. Sie fanden allerdings etwas, dass man nur als einen kleinen Haufen Steine bezeichnet konnte.

Nachdem auch Daniel sie einen halben Tag nur herumgedreht hatte, war er gezwungen gewesen zuzugeben, dass sie eben nur Steine waren. Und so begannen sie ihren dreitägigen Rückweg zum Tor, mit einem enttäuschten Archäologen und einen noch mehr mürrischen Colonel. Und dann war da noch der Regen.

P7D-783 war ein nasser Planet. Oder wenigstens diese kleine Ecke, wo sie sich befanden. Nass und kalt. Sie stapften durchs Sumpfland, welches nur von hässlich, verkrümmten Bäumen gepflastert war, die nur schwach den Weg aus der sumpfigen Landschaft zum Regen verdeckten Himmel hochragten. Ihre Wurzeln waren nur gering im Boden verankert und seit den restlichen fünf Tagen wurden Sams Füße permanent in kaltes, stinkendes Wasser getaucht. Und sie hatte genug.

„Man sollte denken“, murmelte O’Neill, als er zum hundertsten Mal knietief im Matsch versank, „wenn die es schaffen einen Mann zum Mond zu schicken, dass sie dann auch Stiefel ohne Löcher herstellen können? Ich glaube, ich bekomme Fußbrand.“

Er schielte hinüber zu Sam, als ob er erwarten würde, dass sie aufgrund seines ironischen Kommentar lächeln würde. Und sie hätte es auch getan, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Aber sie tat es nicht. Sie waren schon seit Sonnenaufgang auf den Beinen, ihr schweres Gepäck drückte ihr in die Schultern, ihr Rücken schmerzte leicht und alles im Allen würde sie sich jetzt liebend gern einrollen und eine Woche schlafen. Also lächelte sie nicht, sondern hatte ihren Blick auf den Boden gerichtet, um auf die Grasbüschel zu treten und nicht im Sumpf zu versinken.

Neben ihr hörte sie den Colonel ein „Soll mir recht sein“ murmeln, als er bewusst seinen Schritt verlängerte und zu Daniel und Teal’c nach vorne ging. Mit einem Seufzen sah sie ihm hinterher, als sie bemerkte, dass ihr Schweigen eine Beleidigung für ihn gewesen sein musste. Schon wieder. In den letzten Tagen schien es nur so zu laufen.

„Sieht so aus, als ob es dunkel wird“, sagte Daniel und drehte sich zu Jack um, der auf ihn zukam. Mit einem Blinzeln deutete er auf die Bäume. „Das sieht doch… trockener aus.“

Sie hielten an und Sam war dankbar für die Verschnaufpause, um die Lücke, die zwischen ihnen gewachsen war, wieder schließen zu konnte. Aber sie blieb auf Distanz, lehnte sich gegen einen Baum, sodass ihr Rücken nicht das ganze Gewicht tragen musste. Nur für einen Moment lockerte sie den Druck auf ihren Schultern.

Jack schaute hinauf in den bewölkten Himmel, der Regen tropfte von seiner Kappe. „Besser als jeder Platz hier, schätze ich mal“, murmelte er schließlich. Und ohne ein weiteres Wort ging er zu den wenigen Bäumen hinüber, auf die Daniel gezeigt hatte.

Als Daniel ihm folgte, wandte sich Teal’c mit einem leicht besorgten Blick auf seinem sonst so teilnahmslosen Gesicht an Sam. „Major Carter?“, fragte er leise. „Geht es dir gut?“

Sich wieder aufrichtend, lächelte Sam ihn an und versuchte es auch echt auszusehen lassen. „Ja.“
Sie nickte. „Ich bin nur müde, dieser Planet macht mich krank und mir ist kalt.“

Teal’c nickte, als sie in Gleichschritt fielen. „Es ist in der Tat unangenehm“, stimmte er ihr zu. Und dann nach einem weiteren Augenblick sah er wieder zu ihr hinüber und sagte: „O’Neill scheint heute keine gute Laune zu haben.“

Sams Lächeln wurde trocken. „Du hast es auch bemerkt, hm?“

Zustimmend neigte er seinen Kopf und sah sie dann mit einem ungewöhnlich durchdringenden.

Blick an, als er sagte: „Vielleicht leidet er auch unter der Kälte?“

Sie gab vor die versteckte Andeutung nicht verstanden zu haben und nickte einfach nur.
„Vielleicht“, murmelte sie unverbindlich. Aber sie kannte Teal’c. Er war ein scharfsinniger Beobachter und noch mehr, er war dabei gewesen, als all dies begonnen hatte. Mit einem Seufzen dachte sie an diesen Tag zurück, vor Monaten, als die enge Freundschaft, die sie mit dem Colonel hatte, zerrüttet wurde.

„Weil sie mir etwas bedeutet… Viel mehr als sie mir bedeuten dürfte.“ Von dem Moment an, an dem er diese Worte geäußert hatte, hatte sich alles verändert. Seitdem liefen sie wie auf Eierschalen. Natürlich hatte sie nie darüber gesprochen, auch wegen ihrem übereilten Vorschlag, dass sein Geständnis nicht noch weiter diskutiert werden müsste, aber nichtsdestotrotz hatte sich etwas sehr tief greifendes verändert. Eine unangenehme Selbstoffenbarung hatte Risse in ihre Freundschaft gebracht und sie beide spürten das Unbehagen, welches diese neue, schwierige Beziehung mit sich brachte. Instinktiv hatten sie beide eine gewisse Distanz zwischen sich geschaffen, sowohl emotional als auch körperlich. Und so, wo sie einst freundschaftliche Neckereien ausgetauscht oder die Einzelheiten der Mission diskutiert hätten, als sie nebeneinander herliefen, bevorzugte O’Neill jetzt wohl eher Daniels und Teal’cs Gesellschaft als die ihre. Und zunehmend zog sich Sam zurück. Die emotionale Aufruhr, die Martoufs Tod und Jacks Offenbarung mit sich brachten, machten sie nur introspektiver als gewöhnlich und sie neigte dazu, sich weniger mit anderen aufzuhalten. Egal wer.

Also stieg die Spannung zwischen ihnen an und sie wuchs noch weiter. Und langsam begann es sie zu ermüden, egal wie viel sie auch geschlafen hatte, sie war hundemüde. Sogar ihre Knochen trugen diese Müdigkeit mit sich herum, als sie damit kämpfte, mit dem Stress der letzten Monate fertig zu werden.

Ihre düsteren Gedanken wurden durch ihre Ankunft am Zeltlager unterbrochen. Daniel und Jack hatten bereits ihre Rücksäcke abgesetzt und der Colonel begutachtete die kargen Zweige. Er versuchte herauszufinden, wie er die Plane über die Äste ziehen sollte, dass sie ihnen den Unterschlupf gewährte, den sie benötigten. Sie hatten schon vor Tagen den Versuch aufgegeben, ein Zelt auf diesem matschigen Boden aufzubauen.

„Carter“, rief er, als sie ihr Gepäck abstellte, „wollen Sie mir hier vielleicht helfen?“

„Ja, Sir“, seufzte sie. In ihrer Stimme schwang noch immer diese gewisse Abneigung mit, als sie sich über ihren schmerzenden Rücken fuhr. Was würde sie dafür tun, sich hinzusetzen und sich für nur fünf Minuten auszuruhen?

Aber ihr Seufzen zog nur einen weiteren verstimmten Blick von O’Neill auf sich. „Wenn es nicht zu anstrengend ist, Major?“

Verdammt, wenn er wollte, konnte er ganz schön gehässig sein. „Ich hole nur etwas Luft, Sir“, murmelte sie, als sie über ihren Rucksack stieg, um ihn mit der Plane zu helfen.

Trotz ihrer momentanen Differenzen arbeiteten sie noch immer gut zusammen; ihre Gedanken liefen ähnliche Wege und es dauerte nicht lange, bis das Nachtlager Form annahm und den Regen von der feuchten Stelle fernhielt, welche sie heute Nacht ihr Zuhause nannten. Als Sam das letzte Seil befestigt hatte, bemerkte sie, wie er neben ihr stand und zu ihr hinüberschaute. Er beobachtete sie, wie er es so oft tat. Aber diesmal flüchtete sein Blick nicht, als sie zu ihm aufschaute und er mit der Stirn runzelte. Zögernd ging er einen Schritt auf sie zu. Als er sprach, war seine Stimme leise, sie verriet die Verlegenheit, die er immer zu fühlen schien, wenn es um seine Gefühle für sie ging. „Sie scheinen etwas müde zu sein, Carter“, sagte er leise, während mit einem Auge Teal’c beobachtete, der in der Nähe trockenes Holz suchte. „Alles in Ordnung?“

Sie nickte, seine Verlegenheit verstärkte ihre Unruhe nur noch mehr. „Ich bin müde“, sagte sie ihm. „Aber ich denke, dass sind wir alle, Sir. Die letzten Tage waren sehr lang.“

„Ja, das waren sie“, stimmte er ihr mit einem leichten Lächeln zu. „Lang und trist.“

Sie spürte das Zucken eines eigenen Lächelns auf ihren Lippen. „Und nass.“

„Glauben Sie?“, fragte er, aber seine Stimme war nachsichtig, nicht hämisch oder bitter.

„Ich bin stärker als das“, erinnerte sie ihn. Er begann zu lachen. Es war schon zu lange her, seit sie ihm das letzte Mal lachen gehört hatte und nur für einen Moment schien wieder alles zwischen ihnen zu stimmen. Aber der Moment war kurz.

„O’Neill“, unterbrach Teal’c sie. Jack ging schnell von ihr weg, so als ob er ertappt worden wäre. Sein Gesicht verdüsterte sich vor Frustration.

„Was?“, fragte er aufgebracht.

„Trockenes Holz“, antwortete Teal’c, als er etwas Holz hochhob.

Der Colonel nickte knapp. „Sieht gut aus“, murmelte er und nahm das Holz an sich. „Ich werde jetzt das Feuer machen.“

Und ohne ihr noch einen weiteren Blick zuzuwerfen, ging er zum Rand ihrer Plane und begann damit ein Feuer zu machen. Sam beobachtete ihn mit einer plötzlichen Traurigkeit. Der kurze Moment, der zurück gewonnen Freundschaft, ließ sie nur noch mehr ihre eigentlichen Probleme bereuen.

Mit einem Seufzen richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Rucksack und deren Inhalt. Aber sie bemerkte Teal’c, der noch immer in ihrer Nähe stand und so sah sie wieder auf. Sein Blick war auf O’Neill gerichtet, ein leichtes Stirnrunzeln zeichnete sich auf seiner Stirn ab.

„Er scheint noch immer gereizt zu sein“, antwortete er auf Sams stumme Frage.

Sie nickte. „Ja“, seufzte sie. „Das ist er.”

Der Regen prasselte unregelmäßig gegen die Plane und sammelte sich in einer Pfütze in ihrem Unterschlupf. Das Geräusch wirkte einschläfernd. Jack spürte, wie seine Augen immer schwerer wurden, als er schweigend aß, aber kaum etwas schmeckte. Es war heiß, das war genug und es füllte ein Loch. Neben ihm spielte Carter selbst mit ihrem Essen, sie aß nur langsam, als sie ins Feuer starrte, welches tanzende Schatten auf ihr Gesicht zauberte und ihr Haar glänzen ließ. Sie war Meilen weit entfernt, bemerkte er, als er sah, wie sie langsam ihr Essen kaute. Vielleicht dachte sie an Martouf, überlegte er. Ein Stich der Eifersucht durchfuhr ihn. Wütend auf sich selbst, schaute er hinunter in seine eigene Schüssel; der Mann war tot und noch immer hatte er die Macht ihn zu reizen!

„Wisst ihr“, warf Daniel von seiner Seite unter der Plane aus ein, wo er im Schneidersitz saß, „es ist schon erstaunlich, wie gut dieses Zeug schmeckt, wenn man einen ganzen Tag durch den Schmutz gelaufen ist.“

Jack schaute auf und konnte nur mit dem Kopf schütteln, als er sah, wie Daniel sich noch mehr von diesem Zeug in seinen Mund stopfte. „Ich persönlich“, murmelte er, „würde für ein Steak töten.“

Niemand antwortete und der Regen fiel weiter über sie ein. Und dann, zu seiner Überraschung, fügte Carter hinzu: „Mit einer gebackenen Kartoffel und saurer Soße.“

Jack schaute zu ihr hinüber, aber ihr Blick war noch immer im Feuer verloren. „Frittierte Pilze“, schlug er vor und erinnerte sich an ihr Lieblingsgericht. „Zwiebelringe.“

Sam lächelte. „Schokoladenkuchen.“
„Eis?“

„Hmmm“, nickte sie verträumt. Letztendlich richtete sie doch ihren Blick auf ihn. „Ein kaltes Bier!“

Jack lächelte, als er ihren Blick sah und nickte. „Ja“, antwortete er leise.

Er genoss die unerwartete Wärme in ihren Augen, „das hört sich großartig an.“

Daniel stellte seine Schale etwas außerhalb der Plane auf den Boden und legte sich eine Decke um seine Schultern. Leise lachte er. „Wir alle wissen ja, wie sehr Sam gelegentlich mal ein Bier mag, nicht wahr?“ Sie warf ihm ihn einen verwirrten Blick zu, aber er grinste nur. „Oder wie hieß das Zeug noch mal auf P3X-595? Kuzo?“

„Oh bitte!“, protestierte sie mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln auf den Lippen. „Nicht das schon wieder.“

Jack musste bei der Erinnerung daran grinsen. „Ja, *das* war vielleicht eine Party!“

„Ich kann nicht glauben, dass ihr Jungs euch noch daran erinnern könnt!“

„Machen Sie Scherze?”

Sam schüttelte noch immer den Kopf, eine verlegende Röte verlieh ihren Augen ein gewisses Glänzen. „Das ist schon *sehr* lange her“, stellte sie klar. „Heute weiß ich es besser.“

Daniel nickte weise. „Man sollte nie die örtliche Brühe trinken.“ Und grinste Jack dann böse an. “Oder das örtliche Gebäck essen.“

Jack verzog sein Gesicht, aber dann lächelte er wieder. „Oh, ich weiß nicht“, sagte er schließlich. „damals wussten wir noch, wie man Spaß hatte.“ Dann gab er Sam einen Hieb in ihre Rippen. „Richtig, Carter?“

Jede Antwort, die sie ihm gegeben hätte, wurde durch ein plötzliches Luftschnappen unterbrochen. „Aua!“, schrie sie, als sie sich an ihre Seite griff und von ihm wegrutschte.

„Verdammt!“

Da Jack annahm, dass sie nur scherzte, lächelte er. „Ach kommen Sie“, sagte er, „ich habe Sie kaum berührt.“

„Na ja, aber es tut weh!“, zischte sie durch zusammengebissenen Zähnen, eine Hand hielt noch immer beschützend ihre Seite.

Jack knurrte. Okay, dachte er, das habe ich verstanden! Halte dich auf Distanz, Colonel. „Entschuldigung!“, murmelte er, aber er meinte es nicht so und es hörte sich auch nicht danach an. Carter antwortete ihm nicht, sie saß einfach nur da, ihre Hand auf ihrer Seite, ihr Mund zu einer dünnen Linie verzogen. Großartig, wirklich großartig, dachte er. Gerade dann, als sich die Dinge wieder einigermaßen zwischen ihnen normalisierten, fährt sie aus der Haut, nur weil er es gewagt hatte, sie zu berühren. Was zum Henker dachte sie nur, was er tun würde?

„Geht es Ihnen gut, Sam?“, fragte Daniel, der durch die Dunkelheit zu ihr hinüberschaute.

„Alles in Ordnung“, sagte sie knapp, „ es tut nur etwas weh.“

„Ich habe Sie kaum berührt”, bestand Jack irritiert auf seiner Meinung, als er sich hochdrückte.

Sam gab ihm keine Antwort, sondern rutschte nach hinten unter die Plane, wo ihr Schlafsack lag. Sie zuckte bei der Bewegung etwas zusammen, was nur Jacks Frust vertiefte. Es war doch nicht möglich, dass ein kleiner Schubser ihr so viele Schmerzen bereiten konnte.

„Ich übernehme die erste Wache“, bot Daniel sich an, aber Jack schüttelte den Kopf.

„Sie werden schlafen“, sagte er. „Ich werde die erste Wache übernehmen. Ich bin nicht müde.“
Daniel starrte ihn ungläubig an, aber wohlüberlegt argumentierte er lieber nicht mit ihm und kroch unter seine Decke, um zu schlafen. Als Jack nach draußen in den Regen ging, spürte er Teal’cs Blick auf seinen Rücken, aber drehte sich nicht zu ihm herum. Teal’c kannte genauso wie er den Grund für Carters Verhalten, weil er dabei war. Er hatte alles gehört.

Sogar noch jetzt, Monate später, verfolgten ihn die Erinnerungen an diesen Tag. Und als er um ihr kleines Zeltlager ging, um noch einmal alles zu überprüfen, kamen Erinnerungen wie ungewollter Plunder nach einem Sturm an die Oberfläche. Er ließ sie kommen, der vertraute Schmerz hatte sich schon fast beruhigt, nachdem Carter ihrer bereits schon angeschlagenen Freundschaft einen weiteren Stoß versetzt hatte.

Die Erinnerungen waren scharf und lebendig, sie liefen vor seinen Augen wie ein sich immer wiederholendes Video ab. Er war an diesem verdammten Stuhl geschnallt, sein Blick war auf Carters Gesicht gerichtet, als er ihr – und den ganzen verdammten Raum – erzählte, dass er lieber sterben würde, als sie zu verlieren. Es war nicht direkt eine Liebeserklärung gewesen, aber es fehlte nicht mehr viel, um ihn zu Tode zu erschrecken. Zuzugeben, dass er jemanden brauchte, war nicht einfach für Jack. Für ihn war es so, als ob Anise ihn komplett umgekrempelt und er sein Herz der Welt offenbart hätte. Aber es waren nicht die Gefühle der Bloßstellung und Verletzbarkeit, die ihn verfolgten, es war die Erinnerung an Sams Gesicht, welches vor seinen Augen auftauchte, als er in die regnerische Dunkelheit hinausstarrte.

Ihre großen Augen hatte sie in einer Geste aus Mitleid zugedrückt. Oder Enttäuschung. Er war sich nicht sicher. Mitleid, weil er dazu gezwungen war, das Unausgesprochene zu sagen? Oder enttäuscht, weil er zugelassen hatte, dass seine Gefühle sein Einschätzungsvermögen vernebelt hatten? Vielleicht war es ja beides. Aber wie auch immer, er würde nie diesen Gesichtsausdruck vergessen. Es war für immer in sein Gedächtnis gebrannt. Genau wie ihre eigenen Worte, gesprochen unter Zwang.

'Ich wusste, dass er hätte gehen sollen’, hatte sie gesagt. 'Das wäre die einzige Entscheidung gewesen, die Sinn gemacht hätte.’

Carters ruhiges, teilnahmsloses Gesicht hatte nichts verraten, als Anise sie befragt hatte. 'Was hast du gefühlt?’

'Trauer’, antwortete sie langsam, ihr Blick war auf ihn gerichtet. 'Und Bedauern. Bedauern, weil er wegen seinen Gefühlen zu mir nicht gehen wollte; Bedauern, weil wir beiden sterben würden.’
Trauer und Bedauern. Zwei Worte, das war alles. Aber seit diesem Tag zogen sie sich langsam immer enger um sein Herz, erdrosselten die starken Gefühle, die er so lange geschützt hatte. Trauer und Bedauern. Und jetzt…? In dem Moment auf Apophis’ Schiff, als alle Barrieren zwischen ihnen gefallen waren, hatte er gedacht, dass er mehr als nur Bedauern in ihren Augen gesehen hatte. Aber wie auch immer ihre Gefühle ausgesehen haben mögen, Carters Wortwahl war knapp und ihr Gesichtsausdruck ausdruckslos, als sie Anises Fragen beantwortete. Trauer und Bedauern. Ja, er hatte auch ein paar Dinge zu bedauern. Und dazu gezwungen zu werden, Gefühle zu offenbaren, bei denen er alles daran gesetzt hatte, sie geheim zu halten – vor ihm und der Welt – stand ganz oben auf seiner Liste.

Er machte es sich wieder unter Plane bequem, um seine erste Schicht zu beginnen. Er würde Carter in ein paar Stunden wecken, wie immer. Er übernahm immer die erste Schicht, sie immer die Zweite. Ein weiteres vertrautes Muster, in welches sie so leicht gerutscht waren. Aber als er zu ihr sah, runzelte er die Stirn. Sie lag auf ihren Rücken. Normalerweise lag sie zusammengerollt unter der Decke, sodass nur ein Büschel von ihren Haaren herausschaute. Aber nicht heute Nacht. Heute Nacht schlief sie auf dem Rücken, ein Arm nahe ihrer 'Wunde’ lag eng an ihren Körper gedrückt, der anderen lag über ihren Kopf. Eine Stimme in seinem Kopf flüsterte ihm, dass er sie vielleicht wirklich verletzt hatte. Aber er verdrängte diesen Gedanken sofort wieder; das war einfach nicht möglich. Es war nur ein freundschaftlicher Hieb gewesen! Und es war Carter, stärker als jeden Soldaten, den er kannte. Nein, wenn er sie verletzt hatte, dann war der Schmerz nicht körperlich. Sein Kiefer spannte sich bei den Gedanken, dass seine Berührung so unwillkommen sein könnte und seine Stimmung rutschte weiter in den Keller.

„O’Neill?“ Teal’cs Stimme war leise, sie kam aus dem Schatten.

Jack schielte zu ihm hinüber. „Dachte, du würdest dein Kel-was-auch-immer machen?“

„Ich mache mir Sorgen um Major Carter“, antwortete Teal’c seine Worte ignorierend.

Jack spannte sich augenblicklich an. 'Oh, jetzt geht’s los’, dachte er bitter. Aber alles, was er sagte, war: „Warum?“

„Sie schien während der gesamten Mission ziemlich müde zu sein“, sagte Teal’c. „Aber wenn ich sie danach gefragt habe, bestand sie darauf, dass es ihr gut ginge.“ Er machte eine Pause. „Ich glaube ihr nicht.“

Jack runzelte die Stirn. Er würde lügen, wenn er nicht auch einen gewissen Mangel an Begeisterung bemerkt hätte, aber er könnte jetzt auch eine scharfsinnige Vermutung für den Grund anstellen. Nicht, dass er *das* Teal’c erzählen würde. Wenn dieser Mann es nicht selbst herausfand, dann hatte er die Wahrheit nicht verdient. Jack entschied sich stattdessen für eine Halblüge. „Wahrscheinlich geht es ihr wegen Martouf nicht so gut“, sagte er, als er ein weiteres Mal zu ihr hinüberschaute. Er fragte sich, ob sie wirklich schlief.

„Du hast mit ihr über seinen Tod gesprochen?“

„Nein”, gab er langsam zu, sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Sie schien es nicht besprechen zu wollen.“

Teal’c schwieg einen Moment, bevor er sagte: „Manchmal ist es die Pflicht eines Freundes, schwierige Worte auszusprechen.“

„Ach ja?“, antwortete Jack, er fühlte sich angegriffen und gereizt. „Und manchmal ist es die Pflicht eines Freundes, einfach nur die Klappe zu halten.“

Er spürte eher Teal’cs Missbilligung, als dass er sie hörte. Aber er sagte nichts mehr und Jack wurde mit einer unklaren Befriedigung, dass er es geschafft hatte, zwei von drei seiner Teammitglieder an einem Abend zu verärgern, alleingelassen. Toll gemacht!


++++++

Der Morgen war verhangen, nass und kalt. Genau wie alle anderen Tage auf P7D-783. Als Daniel das Feuer am Ende seiner Wache löschte, begann auch der Rest des Teams aufzuwachen. Teal’c, der kaum seine Augen geöffnet hatte, stand wie immer sofort auf. Er schaute hinauf in den grauen, verregneten Himmel und ein leichter Schauder der Abscheu huschte über sein Gesicht.

„Ich bin froh“, sagte er, „dass wir heute das Stargate erreichen.“

Daniel nickte gähnend. „Kaffee?“, fragte er, als er versuchte den Kessel auf dem Dreifuß aus Holz, welches Jack letzte Nacht gebastelt hatte, zu balancieren.

„Hat hier jemand was von Kaffee gesagt?“, murmelte O’Neill. Daniel vermutete zumindest, dass es O’Neill war, da man kaum etwas von ihm unter dem Haufen von Decken sehen konnte.

„Es hat eine gewisse Ähnlichkeit damit“, antwortete er und roch einmal an dem Gebräu.

„Solange Koffein drin ist“, murmelte Jack und streckte seinen Kopf aus seinem Schlafsack heraus. Er seufzte, als er hinauf in den Himmel blickte. „Wie kann es *immer* noch regnen?“

„Wollen Sie das wirklich wissen?“, fragte Daniel. Er schaute hinüber und kannte die Antwort bereits.

Jack setzte sich kopfschüttelnd auf. „Nein, nicht wirklich.“ Er sah sich um und sein Blick blieb augenblicklich auf der schlafenden Person neben ihn hängen. „Zeit zum Aufstehen, Carter.“

Keine Antwort. Was äußerst merkwürdig war, bemerkte Daniel. Sam war für gewöhnlich die Erste, die wach war; sie schien immer weniger Schlaf zu gebrauchen als die anderen. Jack kräuselte leicht die Stirn und streckte seine Hand aus, um sie anzustupsen, aber entschied sich dann doch im letzten Moment dagegen und sagte: „Hey, Carter, kommen Sie. Stehen Sie auf und erleuchten Sie uns.“

Sie murmelte etwas ohne jeglichen Zusammenhang, bewegte sich im Schlaf und rollte in seine Richtung. Aber die Bewegung schien ihr wehzutun und sie zog scharf ihren Atem an, als ihre Augen aufflogen. Sie stöhnte, als sie das Tageslicht sah. „Schon morgen?“, krächzte sie. „Ich fühle mich wie…“ Sie runzelte die Stirn und sah dann zu Jack auf.
„Sie haben mich nicht für meine Wache geweckt“, sagte sie.

Er zuckte etwas unsicher mit den Schultern. „Na ja, ich wusste ja, dass Sie sich noch immer von dem üblen Hieb in Ihre Rippen erholten“, murmelte er und kletterte aus seinem Schlafsack, um ihren Unterschlupf zu verlassen. „Wir wollen in fünfzehn Minuten aufbrechen. Seien Sie bis dahin fertig“, rief er über seine Schulter.

Daniel beobachtete weiterhin Sam, als er neben das Feuer kroch und den angespannten Ausdruck auf ihrem bleichen Gesicht sah. Ihr Blick folgte Jack, wie dieser das Zelt verließ. Dann setzte sie sich auf und verzog ihr Gesicht vor Schmerzen. „Sam?“, fragte er. „Ist es wirklich das, was Sie stört? Ihre Brust?”

Sie schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich habe ich nur komisch gelegen“, murmelte sie, während sie mit ihrer Hand durch das Gewirr ihrer Haare fuhr. Und dann wechselte sie das Thema. „Ist das Kaffee?“


++++++++++

Jeder Tag auf diesem Planeten, überlegte Teal’c, schien länger zu sein als der Letzte. Der Regen, die Kälte und der sumpfige Boden begannen sogar an seinen sonst so harten Nerven zu kratzen. Und die Auswirkung auf seinen Teamkameraden war noch deutlicher.

Daniel latschte neben ihm, sein Kopf war gesenkt und sein Blick auf den Boden gerichtet, bei dem minimalen Versuch den Matschpfützen zu entgehen, die unter dem trügerisch trockenem Gras lauerten. Er sagte wenig, durch das Unbehagen und der Müdigkeit gedämpft. Teal’c machte der Mangel an Unterhaltung nichts aus. Die Tau’ri redeten ständig, zu viel für seinen Geschmack, und er hätte die Stille als erholsam empfunden, wenn sie nicht mit einer ungewöhnlichen Spannung geladen wäre.

Er schaute nach vorne und sah O’Neill, wie er mit schnellem Schritt vorne weg aufs Stargate zuging. In jeder seiner Bewegungen schwang eine gewisse Feindseligkeit mit, seine Wut war unerklärt und für Teal’c erkennbar; seine verstärkten Gefühle für Major Carter haben ihn empfindlich für jede Nuance in ihrem Verhalten gemacht und er hatte ihre Verletzung von letzter Nacht als eine persönliche Beleidigung aufgenommen. Und heute schien Major Carter die volle Wucht seiner Feindseligkeit ertragen zu müssen.

Er schaute über seine Schulter und konnte nicht verhindern, dass er wütend auf O’Neill wurde, als er sah, wie Carter damit kämpfte, mit ihnen mitzuhalten. Die verletzten Gefühle des Colonels hatten ihn für die offensichtlichen Schwierigkeiten erblinden lassen; sie hing hinten dran. Teal’c wusste noch nicht einmal, wo er anfangen sollte zu glauben, dass O’Neills unschuldiger Hieb die Ursache für ihre Schmerzen war, aber er hatte keinen Zweifel, dass sie litt. Er hatte sie bereits mehrere Male während der Mission gefragt, ob es ihr gut ginge, aber seine Fragen wurden nur mit einem Lächeln abgelegt. O’Neill hatte nichts gesagt, aber den Austausch mit einem anklagenden Blick verfolgt. Der eine, so wusste Teal’c, war genauso stur wie der andere und während O’Neill sich weigern würde das Tempo zu verringern, würde Carter sich weigern ihn darum zu bitten.

Aber er beobachtete sie und sah, wie sie über ein Büschel Gras stolperte, sich mit einer Hand auf den Boden gestützt auffing, bevor sie komplett zu Boden ging. Als sie sich wieder aufrichtete, war ihr Gesicht bleich und ihre Lippen aufgrund des offensichtlichen Schmerzes, zusammengepresst. Genug, entschied Teal’c, das war genug. Weit vorne war sich O’Neill ihrer offensichtlichen Schwierigkeiten nicht bewusst – verdammt unprofessionell Teal’cs Meinung nach – und er wollte dem Colonel zurufen, dass er anhalten sollte, als er sah, dass Carter dies bereits getan hätte. Das Protokoll schreibt es vor, dass sie dem Team Bescheid geben muss, aber er sah, wie sie kurz zu O’Neill schaute und sich dann offenbar dafür entschied, die Regeln zu missachten. Sie hatte auf einem relativ trockenen Stück Gras angehalten und sich ungeschickt den Rucksack vom Rücken gestreift. Die Art, wie sie sich drehen musste, um dies zu tun, ließ sie nach Luft schnappen. Hastig öffnete sie den Rucksack und holte einen kleinen Erste Hilfe Koffer heraus, während sie immer ein Auge auf O’Neills Rücken gerichtet hatte, wie er entschlossen weitermarschierte. Als sie ein kleines Fläschchen fand, schüttete sie ein paar Tabletten in ihre Hand und steckte sie sich in den Mund und packte schnell wieder ihre Sachen zusammen. Sie griff grad nach ihren Sachen, als Teal’c eine wütende Stimme hinter sich hörte.
„Carter! Was zum Teufel täuschen Sie uns hier eigentlich vor?“

Sie verzog ihr Gesicht, während O’Neill durch den Matsch zurück zu ihr ging und Daniel ein besorgtes „Was jetzt?“, murmelte. Dieselben Sorgen begann jetzt auch Teal’c zu hegen.

„Carter!“, schrie O’Neill wieder. „Ich habe Sie verdammt noch mal etwas gefragt!“ Grollend blieb er ein paar Meter vor ihr stehen.

„Ich brauchte etwas aus meinem Rucksack, Sir“, sagte sie ihm, ihr Blick traf seinen mit einem Ausdruck absoluter Aufmüpfigkeit.

„Was?“, fragte er.

„Sir?"

„Was haben Sie gebraucht?“

Carters Unterkiefer spannte sich an. „Advil, Sir.“

„Advil.“ Seine Stimme war flach und voller Unglaube. „Sagen Sie mir jetzt bloß nicht wegen der Rippen.“

Durch zusammengepresste Zähne sagte sie: „Ja, Sir. Entschuldigen Sie die Verzögerung, Sir.“ Teal’c konnte die Wut in ihren Augen sehen und bemerkte, wie O’Neill kurz zusammenzuckte.

„Sie haben schlappgemacht, Major“, antwortete er, und spürte, wie seine Wut wieder zurückkam. „Sie wissen ganz genau, dass Sie nicht ohne Bescheid zu geben, anhalten dürfen.“

„Ja, Sir“, war ihre Antwort, sie gab nicht nach.

Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß wirklich nicht, was in letzter Zeit in Sie gefahren ist, Carter“, knurrte er.

„Nein, Sir“, antwortete sie. Und dann setzte sie den Rucksack auf eine Schulter und schwang ihn auf ihren Rücken, sie gab sich dabei alle Mühe nicht zu zeigen, wie sehr es sie schmerzte.

Der Colonel beobachtete sie die ganze Zeit mit dunklen und unlesbaren Augen. „Fertig?“, fragte er, als sie den Gurt an ihrem Oberschenkel festzog.

Sie nickte. „Ja, Sir.“

„Gut. Und versuchen Sie es diesmal etwas besser“, sagte er brüsk. „Keine Trödelei mehr, Major.“ Und dann wandte er sich um und ging ohne Teal’c oder Daniel anzusehen an ihnen vorbei. Mit einem Kopfschütteln, setzte sich Daniel wieder in Bewegung, aber Teal’c bewegte sich nicht bis Sam in erreicht hatte.

„Geht es dir gut, Major Carter?“, fragte er leise, er fiel in ihr Tempo.

Für seine besorgten Worte schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln.  „Meine Brust tut mir weh“, gab sie zu. „Aber sonst geht es mir gut.“

Teal’c nickte. „Ich werde mit dir gehen“, entschied er sich.

„Danke, Teal’c“, sagte sie und lächelte zu seinem ernsten Gesicht auf. „Ich bin dir sehr dankbar.“

Er wollte sie nicht um eine Unterhaltung bitten, während sie liefen, aber er kam nicht drum herum zu bemerken, wie müde und abgekämpft sie war. Es war beunruhigend, sie war für gewöhnlich voller Leben und Begeisterung und er hoffte, dass ihre Schwierigkeiten mit O’Neill nicht ihre helle Aura gedämpft hatte. Seit mehr als einer Stunde liefen sie schweigend nebeneinander her und es breitete sich unendliche Erleichterung aus, als sie endlich das Stargate sahen, grau gegen den grauen Himmel. Es zeichnete sich aus der trüben Dunkelheit ab. „Danke Gott“, murmelte Major Carter zu sich selbst, als sie ihren Blick darauf fixierte. Und hätte Teal’c einen Gott, dem er hätte danken können, hätte er ihre Worte wiederholt. Dies war eine Mission, die er liebend gerne vergessen wollte.

Vor ihm sah er, wie Jack über seine Schulter blickte und sich frustriert mit der Hand durch die Haare fuhr. Etwas Reue hatte wohl seine Festung durchbrochen und sein Tempo verlangsamte sich so, dass sie aufholen konnten. Seine Wut schien sich selbst verbrannt zu haben und Teal’c konnte eine gewisse Demut wahrnehmen, als er hinüber zu Carter blickte. „Sehnen Sie sich auch nach einer heißen Dusche, Carter?“, fragte er, als er neben ihr herging.

Carters Humor jedoch hatte sich nicht verbessert. Sie hatte mehr als offensichtlich Schmerzen, sie war müde und war nicht in der Stimmung dem Colonel jegliche Schuld zu erleichtern. Teal’c war nicht überrascht die Kälte in ihrer Stimme zu hören, als sie brüsk ein „Ja, Sir“, antwortete. Ihr kalter Ton hatte die erwünschte Auswirkung: O’Neill zuckte kurz zusammen. Ein weiteres Mal schielte er zu ihr hinüber, in dem Bestreben noch einen Blick von ihr zu erhaschen, doch er hatte kein Glück und so ging er wieder nach vorne und ließ sie alleine zurück. Mal wieder.

Als sie dann vor dem Tor standen, zweifelte Teal’c, dass Major Carter noch weiter hätte laufen können, von ihrem sturen Stolz mal abgesehen. Und sie hatte alle Mühe die Treppen zum Stargate hoch zu stolpern. Dabei ignorierte sie O’Neills halb verwirrte und besorgte Blicke und fiel fast in eine Umarmung mit dem Wurmloch.

Das müde und verschmutzte Team, welches durch das Tor kam, muss ein ziemlich erbärmlicher Anblick im Torraum abgegeben haben. Hammond sah in ihre entmutigten und niedergeschlagenen Gesichtern, runzelte die Stirn und sagte dann: „Besprechung in einer Stunde.“

Seine Kappe vom Kopf nehmend, um den restlichen Regen auf der Rampe zu verschütten, wandte er sich an Carter: „Ladys first?“

Aber sie schüttelte ihren Kopf, immer noch unter Schmerzen und mit nur wenig Geduld für seinen verspäteten Versuch der Großzügigkeit. „Ihr Jungs könnt den Umkleideraum haben“, sagte sie, als sie die Rampe hinunter ging. „Ich werde meine Brust von Janet untersuchen lassen.“

O’Neills plötzlicher Frust war Beweis genug und Teal’c hörte ihm ein „Ja, mich würde die ärztliche Diagnose für einen Hieb in die Rippen wirklich interessieren!“ murmeln.

Carter ignorierte ihn und drückte verärgert die Torraumtür auf, sodass sie hinter ihr laut ins Schloss fiel, bevor sie noch den Rest seiner Witze hören musste.


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r„Hat Ihnen schon jemals jemand gesagt, dass Sie ein wirkliches Arschloch sein können, Jack?“, fragte Daniel sofort, als sich die Tür zum Torraum geschlossen hatte.

O’Neill knurrte. „Haben Sie“, antwortete er und stampfte die Rampe hinunter. „Neulich erst.“

Daniel seufzte, aber so einfach würde er ihm diesmal nicht davonkommen lassen. „Warum glauben Sie ihr nicht?“, rief er hinter ihm her.

Jack ging weiter. „Sie haben es doch gesehen“, sagte er. „Ich habe sie kaum berührt.”

Nun, Daniel musste zugeben, dass das stimmte. Sein freundschaftlicher Hieb konnte Sam nicht wirklich irgendwelche Schmerzen zugefügt haben. Aber dennoch…? „Warum sollte sie lügen?“, beharrte er.

„Woher soll ich das wissen?“, kam die kalte, schroffe Antwort.

„Jack!“, protestierte Daniel, er wollte nicht, dass er diesmal wieder vor dem Problem davonlief.

O’Neill drehte sich um, sein Blick war dunkel und nicht sehr aufschlussreich. „Daniel?“

Daniel nahm seine Brille ab, als die Rampe runter zu Jack ging. „Wir reden hier von Sam“, sagte er leise.

„Ja“, seufzte Jack. „Ich weiß.“

„Und…“

„Und was?“

„Und Sam würde nicht lügen.“

Jack wandte sich von ihm ab und öffnete die Türen vom Torraum. „Dinge ändern sich“, sagte er bitter. „Menschen ändern sich.“ Und dann war er verschwunden.

Daniel sah ihm hinterher, als er schweigend davon ging, bevor er sich mit einer müden Geste die Augen rieb. „Teal’c“, seufzte er, „hast du eine Ahnung, was hier los ist?“

Teal’c schwieg und schließlich sah Daniel zu ihm hinüber. Sein Gesicht war gezeichnet vor Besorgnis und Daniel hatte den leisen Verdacht, dass dieser Mann mehr wusste, als er sagen wollte. Schließlich antwortete er doch noch leise. „Ich glaube, Major Carter hat Schmerzen.“

„Ja“, stimmte ihm Daniel zu. „Glaube ich auch.“ Aber ob dieser Schmerz emotional oder körperlich war, wusste er nicht mit Sicherheit.

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r„Er hat mich einfach nur in die Rippen gestoßen“, erklärte Sam, als sie sich aufs Bett setzte. „Es war nicht hart, aber es hat wirklich wehgetan.“

Doktor Fraiser sah sie mit einem Stirnrunzeln an. „Zeigen Sie es mir.“

Zögernd berührte Sam die Seite ihres Brustkorbes. „Genau hier“, sagte sie. Janet zog ihr das Oberteil etwas nach oben, um sich die Stelle genauer anzusehen und drückte mit ihren kalten Fingern darauf. Sam zuckte leicht zusammen.

„Tut das weh?“, fragte sie ruhig, als sie aufhörte, um es noch besser sehen zu können.

„Uh-huh."

„Ich denke wir sollten es röntgen, nur für alle Fälle“, sagte sie. Und dann stand sie auf, ließ Sams Oberteil los und lächelte sie an. „Wie geht es Ihnen sonst so?“, fragte sie und setzte ihr Stethoskop auf Sams Brust.

„Okay“, antwortete Sam.

„Kopfschmerzen?“

„Nein.“

„Schlafen und essen Sie genug?“

Sam dachte einen Moment nach. „Na ja“, seufzte sie, „in letzter Zeit habe ich nicht so den Hunger, aber ich schlafe viel!“

„Mehr als gewöhnlich?“, fragte Janet, als sie ihr Stethoskop wieder um ihren Hals legte und sich dann Sams Befunde aufschrieb.

Sie zuckte mit den Schultern. „Schätze schon. Ich bin in letzter Zeit ziemlich müde“, gestand sie. „Kann einfach nicht genug schlafen.“

Janet notierte sich noch etwas. „Wie lange geht das schon so?“, fragte sie. Sam antwortete ihr nicht sofort und Janet sah sie verdächtig an.

„Sam?“

„Oh“, sagte sie dann, „ein paar Monate…“

Ihre Augen verengten sich. „Sie haben es nicht erwähnt.“

„Nein“, gestand Sam. „Ich glaube einfach nur, dass es der Stress ist. Ich habe das Gefühl mich nicht mehr fünf Minuten auszuruhen und mal nachdenken zu könne, seit…“ Sie verstummte und fuhr sich mit ihrer Hand durch die Haare. Es war zu lang, dachte sie abwesend.

„Seit was?“, bohrte Janet nach.

Sam ließ ihre Hand in ihren Schoß fallen und seufzte. „Seit Martouf.“ Sie machte eine Pause und fügte dann mit flüsternder Stimme hinzu: „Und diesem ganzen Za’tarc-Test-Ding.“

„Das war ein ziemlich anstrengender Tag gewesen“, stimmte Janet ihr zu.

„Ja.“

Ein bedächtiges Schweigen wuchs zwischen ihnen, bis Janet wieder in ihre Arbeit verfiel. „Noch andere Symptome?“, fragte sie. „Starke Schmerzen?“

Sam dachte eine Weile darüber nach und sagte dann: „Mein Rücken.“

Janet nickte nur, sah sich noch einmal ihre Aufzeichnungen an, bevor sie mit einem Lächeln aufschaute. „Nun denn, lassen Sie uns mal Ihre Brust genauer untersuchen, Major“, sagte sie. „Dann können Sie duschen gehen.“

Sam lächelte verlegen. „Entschuldigung, Janet, ich hätte mich wohl erst duschen sollen.“

Aber Fraiser verwarf ihre Sorge. „Sie sehen so aus, als ob Ihnen eine lange, heiße Dusche am besten tun würde.“

„Oh ja.“ Sam lächelte wieder. „Das ist ein Rezept, welches mir gefällt!“


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Die Spannung im Umkleideraum war greifbar, als Jack sich sein T-Shirt über den Kopf und es sich über seine feuchte Haut zog. Auf der anderen Seite schloss Teal’c leise seinen Spint, um dann zu gehen, während Daniel etwas murmelte, als er sich die Schuhe zuband.

Carter war noch immer nicht aufgetaucht, um sie rauszuschmeißen und die Umkleide für sich zu beanspruchen. Stirnrunzelnd schaute Jack auf seine Uhr. Sie hatte kaum noch Zeit für eine Dusche vor der Dienstbesprechung und er fragte sich, was sie aufhielt. Sie war doch wohl nicht immer noch auf der Krankenstation, oder?

„Ich hoffe, Sam geht es gut“, sagte Daniel plötzlich, so als ob er Jacks Gedanken gelesen hätte.

„Sie kennen doch Fraiser“, sagte O’Neill, als er sich setzte, um seine Stiefel anzuziehen. „Wahrscheinlich jagt sie ihr einen Armvoll Spritzen rein.“

„Für einen Hieb in die Rippen?“

Jack erwiderte nichts, sondern schaute nur finster drein, während er sich seine Schuhe zuband. Verdammt, er hasste es. Er hasste die Spannung zwischen ihnen, die Tatsache, dass ihr gegenseitiges Vertrauen durch jemand anderen gefährdet wurde und die Gefühle noch komplizierter wurden.

Daniel stand auf. „Wir sehen uns bei der Besprechung, Jack“, sagte er mit leicht enttäuschter Stimme.

Jack nickte nur und sagte: „Ja.“ Für einen Moment dachte er, dass Daniel noch etwas sagen wollte, aber er tat es dann besser doch nicht und verließ schweigend den Raum. Als er aufstand, schlug er seinen Spint zu. Er nickte kurz Teal’c zu und machte sich in dieselbe Richtung auf.

„Colonel O'Neill?"

Er drehte sich um.

„Freundschaften sind einfacher zu erhalten als zu verbessern“, flüsterte der Jaffa.

Jack zog eine Augenbraue hoch. „Hast du das in einem Glückskeks gelesen?“, fragte er sarkastisch, um so sein unangenehme Situation zu verbergen. Teal’c antwortete ihm nicht, aber sah ihn mit einem Blick an, der zu sagen schien 'Ignoriere meinen Rat auf deine eigene Verantwortung hin’. Jack versuchte sein bestes den eindringlichen Blick standzuhalten, aber Teal’c war einfach zu stark für ihn, also blinzelte er zuerst. „Ja“, seufzte er schließlich, als er hinunter auf seine Stiefel schaute, „ich weiß. Du hast recht.“

Teal’c nickte, Jacks Kapitulation anerkennend, und ging schweigend zur Tür.

Jack ging etwas zurück, damit er vorbeigehen konnte, und als er verschwunden war, war Jack ganz allein. Als er über Teal’cs Worte nachdachte, driftete sein Blick automatisch auf dem Spint gegenüber von ihm. 'Carter, S’ stand dort auf der Tür. Sam Carter – seine Freundin. Der Gedanke war irgendwie neu. Er war es gewohnt sie als seine Kollegin zu sehen, als jemanden den er mit seinem Leben vertrauen konnte. Er gewöhnte sich sogar langsam an die anderen, nicht so professionellen Gefühle, die sie in seinem Herzen erweckte. Aber Freundschaft, ehrlich und einfach, darüber hatte er noch nie wirklich nachgedacht. Daniel war ein Freund; Carter war…? Carter war Carter – sein Anker, sein Fels. Seine Hoffnung. Und jetzt, war er vielleicht so mit dem beschäftig gewesen, was er nicht fühlen *sollte*, dass er vergessen hatte, was er für sie empfinden *konnte*? Sie konnte seine Freundin sein, auch wenn es nie darüber hinausgehen würde, und er könnte ihr Freund sein. Und als Freund, merkte er, schuldete er ihr für heute eine Entschuldigung.

Als er auf seine Uhr sah, merkte er, dass er sich beeilen musste, wenn er nicht zu spät zur Besprechung kommen wollte. Er hatte keine Zeit vorher noch mit ihr zu reden, aber anschließend würde er mit ihr darüber sprechen und die Dinge wieder gradebiegen. Das war es, doch was Freunde taten, nicht? Reden.


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Es war Luxus pur nach sechs Tagen Regen und Matsch unter einem heißen Wasserstrahl zu stehen und all den Schmutz wegwaschen zu lassen. Sam versuchte bereits zum dritten Mal ihre Haare zu waschen und letztendlich schaffte sie es die kleinen Schmutzkörner rauszubekommen, als noch einmal mit ihren Fingern durchfuhr.

Sie seufzte lang und glücklich. Sie schloss ihre Augen, als das Wasser darauf tropfte; die private Dusche in der Krankenstation war noch so ein Luxus, den sie vollkommen auskosten würde. Kein Grund zur Eile, viel Zeit um nachzudenken. Ihr erster Gedanke war, dass Colonel O’Neill nicht gerade erfreut darüber sein würde, dass Fraiser sie von der Besprechung entschuldigt hatte. Ihr Zweiter war, dass es ihr vollkommen egal war. Nicht nach dem Tag, den er ihr zugemutet hatte!

Der Colonel hatte sich wie ein kompletter Idiot verhalten und sie wäre die Erste, die es zugeben würde. Ihre Gefühle für ihn blendeten sie nicht vor der Tatsache, dass dieser Mann, wenn er es wollte, so kalt und unnachgiebig, wie Granit sein konnte und heute war er in Hochform gewesen!

In der Vergangenheit hatte sie oft über seine höhnischen Kommentare gelacht, aber seine Stimmung war auch nie direkt gegen sie gerichtet gewesen und jetzt fand sie es überhaupt nicht mehr lustig. „Jetzt weiß ich, wie Daniel sich fühlen muss“, murmelte sie laut. Das Wasser tropfte in ihren Mund, während sie sprach und dann verzog sie das Gesicht, als sie das Shampoo schmeckte.

Sie war kaum das Opfer seiner scharfen Zunge gewesen und sie mochte es nicht wirklich. Und dann, wie aus dem Nichts, fragte sie sich, ob seine Frau jemals diese Seite an ihm zu Gesicht bekommen hatte. Sie musste es. Leicht lächelnd schüttelte Sam den Kopf, als sie merkte, welche Wege ihre Gedanken nahmen. Es wäre wirklich unglaublich schwer, begriff sie, mit Jack O’Neill zu leben! „Sara muss eine Heilige gewesen sein“, erzählte sie dem leeren Duschraum, als sie das Wasser abdrehte und nach ihrem Handtuch griff.

„Major?"

Janets Stimme durchbrach sie mitten in ihren Gedankensträngen und sie spürte, wie sie schuldig rot anlief. „Ich bin fast fertig“, sagte sie hastig, während sie versuchte die verwirrenden Gedanken aus ihrem Kopf zu drängen.

„Okay“, antwortete Janet, aber diesmal schwang ein angespannter Unterton in ihrer Stimme mit, der störend war. Sam runzelte die Stirn, als Fraiser sagte: „Wenn Sie fertig sind, Sam, müssen wir reden.“

Reden? Das war beunruhigend. Ihre Hand berührte leicht ihre verwundete Brust und sie schluckte das Unbehagen in ihrer Kehle herunter. Etwas stimmte nicht, und sie mochte es nicht. Ganz und gar nicht.


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Jack war zwischen Wut und Sorge hin und her gerissen, als er den Korridor zur Krankenstation hinunterstürmte, sodass der Rest des Personals Platz machen musste; sie alle kannten *diesen* Blick. Carter war nicht bei der Besprechung gewesen. Fraiser hatte Hammond angerufen und ihm gesagt, dass sie Carter noch auf der Krankenstation für weitere Tests behalten würde. Tests! Wofür? Es war nur ein gottverdammter Hieb in die Rippen gewesen, Herr Gott noch mal! Eine junge Soldatin stand vor der Krankenstation bis Jacks Knurren sie fortschickte. Er verlangsamte sein Tempo, aber er blieb kurz stehen, bevor er die Tür zu Janets Büro öffnete. „Doktor“, sagte er brüsk, sodass er sofort ihre Aufmerksamkeit hatte.

Fraiser saß an ihrem Schreibtisch und schaute bei seinem plötzlichen Auftreten auf, bevor sie sich wieder den Röntgenbildern zuwandte, die sie grade untersuchte. Noch bevor Jack weiter sprechen konnte, sagte sie: „Kommen Sie rein, Colonel. Sie haben mir so eben den Weg zu Ihnen erspart.“

Jack blinzelte wütend, aber überrascht. „Habe ich?“ Hinter ihm hörte sie, wie die Tür ins Schloss fiel.

Mit einem besorgten Stirnrunzeln sah sie von den Röntgenbildern in seine Augen. „Sie sind hier, um sich über Major Carter zu informieren?“, schätzte sie.

„Ich frage mich, warum sie verdammt noch mal nicht bei der Besprechung war“, korrigierte er sie scharf und sah sie ihn bestimmend an. Aber das Stirnrunzeln der Ärztin wurde nur noch tiefer und sie rieb sich kurz die Stirn. „Nehmen Sie Platz, Colonel.“

Er wirkte plötzlich sehr betroffen bei Fraisers angespannten Gesichtszügen. Sie war normalerweise die Professionalität in Person, aber heute schien sie ziemlich nervös zu sein.

Seine Wut schwappte langsam ab. „Was ist los?“, fragte er, ihre Anspannung und Nervosität steckten langsam auch ihn an, als er sich langsam gegenüber von ihr in den Stuhl setzte.

Mit einem Seufzen lehnte sie sich zurück. Sie bereitete sich auf die schwierige Antwort vor, bemerkte er, und er spürte, wie die Angst in seinem Bauch zu flattern begann. Nach einer Weile begann sie zu sprechen, ihre Stimme war ruhig und bedächtig. „Major Carter hat mir erzählt, dass Sie sie in die Brust gestoßen haben…“

„Hey!“, erwiderte er sofort, wobei er halb aufstand. „Ich habe sie kaum berührt!“

Janet hob eine Hand, um seiner Erwiderung zuvorzukommen. „Ich weiß“, versicherte sie ihm, ihre ruhige Stimme überragte seinen Protest. „Nichtsdestotrotz hat sie eine gebrochene Rippe, genau hier.“ Sie zeigte auf das Röntgenbild auf ihrem Schreibtisch, aber Jack zollte dem keinerlei Aufmerksamkeit.

Unmöglich! Stur schüttelte er ungläubig den Kopf. „Hat sie Sie darauf angesetzt?“, fragte er, seine Wut kehrte zurück, als sich seine Verwirrung mit einer düsteren Vorahnung vermischte. „Ist das irgend so ein kranker Scherz? Weil ich Ihnen hier und *jetzt* sagen werde…“

„Das ist kein Scherz“, erwiderte Fraiser scharf, ihre Augen funkelten. „Und offen gesagt, weise ich jegliche Vorwürfe zurück, Sir.“

Ihre Zurechtweisung ernüchterten ihn etwas und er ließ seinen Kopf etwas hängen. „Entschuldigung“, murmelte er. Er lehnte sich mit seinen Armen auf seinen Beinen abstützend und gefalteten Händen nach vorne. Dann schaute er zu ihr auf. „Aber ich versichere Ihnen, es war nur ein Hieb. Ich habe sie kaum berührt, das schwöre ich.“

Fraisers Wut war genauso schnell verschwunden wie seine eigene und sie nickte nur leicht. „Sie hätten es gar nicht müssen, Colonel.“

Seine Stirn legte sich an Falten, da er ihre Worte nicht richtig verstand. „Und das bedeutet?“

Mit einem Seufzen setzte sie sich nach vorne, als sie offensichtlich nach den Worten suchte, die auch ein Laie verstehen würde. „Zu dem Rippenbruch“, begann sie, „weisen die Röntgenbilder eine alarmierende Anzahl von Knochendemineralisierung auf.“

Jack fuhr sich besorgt durch die Haare. „Knochen- was?“

„Demineralisierung. Sie haben eine große Menge an Kalzium verloren“, erklärte sie. „Sams Knochen sind extrem brüchig geworden.“

„Brüchig?“, fragte er. Immer noch versuchte er das zu verarbeiten, was sie ihm gerade erzählt hatte. Er hatte Sam erst vor wenigen Stunden gesehen und da schien es ihr noch gut zu gehen. Ein wenig müde. Ein wenig verärgert. Aber… demineralisiert? „Sagen Sie mir grade“, fragte er langsam, als er seine Gedanken ordnete, „dass ich ihre Rippe gebrochen habe?“

Fraiser nickte. „Ja, das haben Sie, aber es ist etwas, was als pathologische Fraktur bezeichnet wird. Ihre Knochen sind so zerbrechlich geworden, dass so gut wie alles es verursacht haben könnte. Aber…“

„Oh Gott“, stöhnte er, als er seinen Kopf hinter seinen Händen vergrub. Vor seinem inneren Auge, sah er ihr bleiches Gesicht, als sie ohne Worte versuchte mit seinem Tempo mitzuhalten. Er fragte sich, wie er ihren wirklichen Schmerz in ihren Augen übersehen konnte. „Daniel hat recht. Ich *bin* ein Arschloch“, murmelte durch seine Finger hindurch.
„Carter muss mich hassen.“

„Das bezweifle ich“, flüsterte sie mit einer Stimme, die wieder etwas Hoffnung in ihm aufkeimen ließ. Aber sie sah weg, als er wieder zu ihr aufschaute und mit lauterer Stimme sagte sie dann: „Aber bei allem Respekt, Sir, ein kleiner Rippenbruch ist im Moment Major Carters geringstes Problem.“

Er hatte das Gefühl, dass plötzlich eisige Kälte durch ihn hindurchfuhr.

„Ja?“

„Wir müssen an erster Stelle herausfinden, was diese Demineralisierung verursacht.“

Jack nickte, aber in seinem Kopf herrschte totales Chaos. „Vorschlag?“, fragte er mit der Hoffnung, dass es nicht zu schlimm sein würde. Vielleicht hat sie ja nicht richtig gegessen? Vielleicht einige Kalziumtabletten…?

Aber Fraiser schüttelte bereits den Kopf. „Zu diesem Zeitpunkt kann ich nichts sagen, Colonel.“

„Wirklich?“, fragte er mit einem Stirnrunzeln.

„Ich muss das erst mit Major Carter besprechen“, fügte sie etwas sanfter hinzu. „Ich habe ein paar Bluttests gemacht. Morgen sollten wir mehr wissen.“

„Ich verstehe“, seufzte er. „Aber…“ Er sah sie mit einem Blick an, der die Wahrheit forderte. „Könnte es… schlimm sein?“

Für einen Augenblick schwieg sie, ihr Blick wanderte zu den Röntgenbildern auf ihrem Schreibtisch. „Es ist wirklich noch zu früh, um das zu sagen, Sir“, sagte sie langsam, offensichtlich wollte sie der Antwort ausweichen.

„Aber?“, beharrte er weiter. „Potenziell…?“

Fraiser seufzte. „Potenziell gesehen, Sir, könnte es schlimm sein.“

Er schüttelte in dem Versuch ihre Worte zu verleugnen den Kopf und starrte hinunter auf seine zusammengepressten Hände in seine Schoß, die sich langsam weiß färbten. „Weiß sie es?“

„Man kann nichts vor Sam geheim halten.“

„Nein“, stimmte er ihr zu. „Nein, das kann man nicht.“ Er sagte nichts mehr, seine Gedanken wanderten schmerzvoll zurück, wie er sie den ganzen Tag über behandelt hatte. Er hatte ihren Schmerz und ihre offensichtliche Müdigkeit ignoriert, starrköpfig hatte er sich an sein Tempo gehalten, nur weil er wütend, verwirrt und verletzt war. Er hatte sich wie der größte Idiot auf Erden verhalten und er schämte sich dafür. Nach einem langen Seufzen, schaute er wieder zu ihr auf. „Ich habe mich heute wie ein Idiot aufgeführt. Ich schulde ihr eine Entschuldigung.“ Fraiser gab ihm keine Antwort, aber in ihren dunklen Augen sah er ihre Zustimmung und da wusste er, dass Sam ihr was davon erzählt hatte, wenn nicht sogar alles. Er hielt ihren Blick nicht mehr stand und sah weg, dann fragte er flüsternd. „Kann ich sie sehen?“

Sie schüttelte ihren Kopf. „Sie ruht sich grade aus, Colonel.“

„Ich werde auch nicht lange bleiben“, versprach er ihr. „Ich möchte mich nur…“

„Sie schläft“, sagte sie ihm fest. „Sie war erschöpft, als sie herkam… Offensichtlich hatte sie einen harten Tag gehabt.“

Er zuckte leicht bei ihrem Ton zusammen und fragte sich, was genau Carter erzählt hatte. Nichts, das nicht wahr wäre, da war er sich sicher. Nichts, dass er nicht verdienen würde? „Janet?“, flehte er flüsternd. Er ließ ihre Ränge außer Acht und hoffte sie als Freund zu erreichen.
„Bitte? Nur fünf Minuten?“

Für nur einen kurzen Augenblick schwankte sie und er dachte, dass sie nachgeben würde. Aber ihre Schwäche war nur kurzzeitig. „Ich glaube, dass es besser ist, wenn Sie morgen wiederkommen“, entschied sie mit bestimmender Stimme. „Major Carter braucht die Ruhe und bis dahin habe ich vielleicht weitere Neuigkeiten.“

Als er ihre Sturheit erkannte, wusste er, dass weitere Versuche nur eine Verschwendung seiner Luft waren. Widerspenstig stand er auf, und konnte es sich nicht verkneifen einen schnellen Blick auf die Station zu werfen, in der Hoffnung Sam zu sehen. Er hatte kein Glück. Mit einem Seufzen drehte er sich zum Gehen um, aber im letzten Moment blieb er stehen, seine Hand lag bereits auf der Tür. „Doc?“, fragte er flüsternd. „Würden Sie ihr etwas von mir ausrichten?“

„Sicher.“

„Sagen Sie ihr…“, begann er, als er sich seine Worte genau überlegte. „Sagen Sie ihr, dass ich ihr ein Bier schulde“, sagte er schließlich, nicht willens weiter auf seine wahren Gefühle zuzugehen. „Wahrscheinlich auch mehr als eins.“

Hinter ihm lachte Janet leise. „Ich werde es ihr ausrichten“, versprach sie.

Mit einem stummen, dankbaren Nicken, trat er hinaus auf den Korridor, so als ob es ein fremder Planet wäre. Die Leute um ihn herum schienen so unwirklich, nur Bilder mit einem Plastiklächeln; sie bedeuteten ihm gar nichts. Er konnte nur an Carter denken. Schuld, ein ihm nicht ganz unbekanntes Gefühl, es stach wie tausend kleine Messer auf ihn ein, als er fast blind durch die Korridore ging. Eigentlich konnte ihn nur eine Sache von seinen heftigen Gewissensbissen ablenken, und zwar die namenlose Furcht vor dem Morgen.

Morgen. Er seufzte, stopfte seine Hände in seine Taschen und ging langsam zu seinem Quartier. Morgen fühlte sich wie eine Ewigkeit entfernt an und er würde sich einer langen, dunklen Nacht vor dem Sonnenaufgang gegenübersehen.

 

+++++++++

 

Als Sam verschwommen ihre Augen öffnete, sah sie auf das Krankenpersonal, welches sich am anderen Ende des Raumes unterhielt und sie geweckt hatte. Es war bereits Morgen und trotzdem fühlte sie sich so, als ob sie grade erst eingeschlafen wäre; wie nach einer langen erschöpfenden Reise. Sams Ängste waren in dieser Nacht an ihre Oberfläche gekommen und hatte ihren Körper in einen ruhelosen Wachzustand versetzt. Neben der Müdigkeit, die an ihr zerrte, war ihr Schlaf trügerisch und sie hatte Ihre Zeit damit verbracht, von dem einen Albtraum zum nächsten zu driften. Nervös und erschöpft drehte sie dem redenden Personal ihren Rücken zu. Großer Fehler! Ihre müden Augen flogen auf, als sie einen stechenden Schmerz an ihrer Seite spürte und nach Luft schnappte. Verdammt, tat das weh! Und mit dem Schmerzen kamen die Erinnerungen, mit welchen sie die Nacht über gekämpft hatte; der Regen, der Schmutz, Jacks wütendes Gesicht. Die Sorge in Janets dunklen Augen, als sie ihr von ihrem ungewöhnlichen Zustand erzählte.

Furcht machte sich ihrem Bauch breit, als sie sich daran erinnerte, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Knochen wurden nicht einfach so zu Glas. Und obwohl sie keine Ärztin war, konnte sie anhand von Janets besorgtem Gesichtsausdruck sagen, dass ihre Symptome auf etwas sehr ernstes hindeuteten.

Seufzend setzte sie sich auf und sah sich auf der Krankenstation um. Außer dem Personal war sie leer, also schwang sie ihre Beine aus dem Bett und machte sich auf die Suche nach dem Badezimmer. Als sie zurückkam, war Janets bereits damit beschäftig an ihrem Bett einige Instrumente zu sortieren. Sie schaute lächelnd auf, als Sam sie erreichte. „Guten Morgen. Wie haben Sie geschlafen?”

„Nicht gut“, gab sie zu und begutachtete die verschiedenen Röhrchen auf der Ablage. „Noch mehr Tests?“, fragte sie.

Janet nickte. „Nur noch ein paar.“

Mit einem Seufzen kletterte Sam zurück ins Bett und hielt Janet ihren Arm hin. Um vielleicht sie von ihrem Tun abzulenken oder einfach nur die Zeit zu überbrücken, begann Janet zu reden. „Sie hatten letzte Nacht einige Besucher“, sagte sie mit ihrem Blick auf die Nadel gerichtet, die sie in Sams Arm stach.

„Oh?“

Sie nickte. „Daniel und Teal’c kamen vorbei, ich soll Ihnen ein „Hi“ ausrichten. Sie verstummte, während sie zusah, wie sich langsam die Spritze füllte. „Colonel O’Neill war ebenfalls hier.“

Sam lächelte. „Haben Sie es ihm gesagt?“, fragte sie. „Von meiner Rippe?“

„Ja“, antwortete Janet und schaute für einen Moment auf.

„Und?“

„Und er bat mich Ihnen zu sagen, dass er Ihnen ein paar Bier schuldet.“

„Ein paar Bier?“, lachte sie. „Und was für welche!“

Janet runzelte leicht mit ihrer Stirn, als sie das volle Röhrchen gegen ein Leeres austauschte. „Ich muss schon sagen“, sagte sie langsam, „ich habe, glaube ich, den Colonel noch nie so … verlegen gesehen.“

Sams Lächeln wurde nur noch breiter. „Nun ja, *das* wäre doch mal was, was ich gerne sehen würde!“

„Ja“, stimmte ihr Janet zu, „kommt nicht oft vor!“ Langsam zog sie die Spritze aus Sams Arm und lächelte. „Hungrig auf Frühstück?“

„Ein wenig.“ Sam zuckte die Schultern. „Aber ich kann auch ganz einfach zur Cafeteria…“

Janet schüttelte den Kopf. „So leicht kommen Sie mir nicht davon, Major! Ich lasse etwas holen.“

„Janet?“, rief Sam, als sich ihre Freundin abwandte.

„Ja?“

„Haben Sie schon irgendwelche Ergebnisse?“, fragte sie, ihre Stimme klang alles andere so mutig, wie sie versucht es vorzugeben.

Aber Janet schüttelte den Kopf. „Noch nicht“, sagte sie. „Essen Sie zuerst was, dann können wir reden.“

Seufzend nickte Sam, ihre Nervosität wurde nur noch durch Janets distanzierte Antwort gestärkt.


++++++

 

Gegen fünf Uhr morgens hatte Jack es aufgegeben einzuschlafen. Ihm war heiß und klebrig und seine Laken waren von dem ständigen Herumwälzen durcheinander, als er versuchte, hatte seinen Kopf auszuschalten. Aber er hat sich geweigert und der Schlaf hat ihn einfach übergangen. An alles, was er denken konnte, als er in der Dunkelheit lag, war, dass Carter krank war und er hatte es nicht bemerkt. Er behauptete ihr Freund zu sein, sich um sie zu sorgen – was auch immer *das* bedeuten mochte - aber als sie ihn gebraucht hatte, hatte er sich abgewandt. Angst davor zu viel zu fühlen, er hat sich wie ein gefühlloser Bastard verhalten und hat ihre Verletzung als eine gottverdammte persönliche Beleidigung aufgefasst! Die Schuld hatte ihm einen Moment des Friedens verwehrt, bis er wütend den Lichtschalter umgelegt und den Rest der Nacht damit verbracht hatte, an die Decke zu starren.

Jetzt saß er im Umkleideraum, starrte durch den Dampf, der während seiner langen, heißen Dusche produziert wurde. Er hatte gehofft dadurch seine Müdigkeit wegzuwaschen. Aber seine Augen waren noch immer voll mit Sand und die leichte Übelkeit des Schlafmangels stieg in seinem Hals auf. Seufzend griff Jack nach seiner Uhr. Viertel nach sechs. Immer noch zu früh, um zu Carter zu gehen. Obwohl er ungeduldig darauf wartete, sie endlich zu sehen, wusste er nicht, was er ihr sagen sollte. Das war das andere, was ihm die ganze Nacht durch den Kopf ging: Wie sollte er sich entschuldigen? Entschuldigung schien unangebracht… Entschuldigung, dass ich Ihre Rippe gebrochen habe, Entschuldigung, dass ich Ihnen nicht geglaubt habe, Entschuldigung, dass Sie krank sind, Entschuldigung, dass ich mich zu viel um Sie sorge…? Wo zum Teufel sollte er nur anfangen?

„Kaffee“, sprach er die Worte laut in den leeren Raum, als er sich entschieden hatte. Es war genauso gut, wie jeder andere Ort.



+++++++++

Als Daniel Janets Büro verließ, sah er sich augenblicklich auf der Krankenstation nach Sam um. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf ihrem Bett und knabberte nach einem Stück Toast, bevor sie es aufgab und das Tablett mit dem kompletten Frühstück zur Seite schob. Die Türen zur Krankenstation öffneten und schlossen sich. Sie schaute lächelnd auf. „Daniel! Hi!“

„Wie geht es Ihnen?“, fragte er auf sie zugehend. Sie sah ihn blass und müde an, aber er tat sein bestes, um seine Sorge zu verbergen. „Sie sehen…ähm, etwas besser aus“, bot er ihr die kleine Lüge an.

Sie lächelte. „Mir geht es gut“, log sie ebenfalls.

„Ähm, Janet sagt, dass sie noch ein paar Tests macht“, sagte er und nickte dann zu ihrem Büro hinüber.

„Ja“, antwortete sie. „Ich bin mir sicher, dass nichts ist.“

„Ich auch“, stimmte er ihr zögernd zu. Dann runzelte er die Stirn. „Wie geht’s der Rippe?“

„Es tut weh“, gab sie zu und berührte sie leicht. „Aber Janet gibt mir Schmerztabletten. Es geht.“

Daniel schaute über seine Brille hinweg zu ihr. „Sie hätten es uns sagen sollen, wissen Sie.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Habe ich das denn nicht?“

„Sie wissen, was ich meine“, sagte er, als er einen Stuhl an ihr Bett zog und sich setzte. „Sie hätten darauf bestehen soll, dass Jack das Tempo etwas verlangsamt.“

Sam senkte ihren Blick auf ihre Hände in ihrem Schoß. „Ich wollte kein Aufheben darum machen.“

„Er hat sich wie ein kompletter Idiot aufgeführt“, flüsterte er ihr zu. „Sie hätten darauf bestehen sollen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Mir ging’s gut“, erwiderte sie, ihr Blick war jedoch immer noch gesenkt. Daniel runzelte die Stirn. Er hatte den leichten Eindruck, dass noch mehr als nur das dahinter steckte. Sam würde sich so ein Verhalten normalerweise nicht gefallen lassen und es einfach so abtun.

Sein Runzeln vertiefte sich, als er sich entschied, dem Problem auf dem Grund zu gehen. Aber bevor er noch etwas sagen konnte, wurde er von einer Stimme von der Tür her unterbrochen. „Er hat recht“, sagte sie. „Ich *habe* mich wie ein Idiot verhalten und Sie hätten darauf bestehen sollen.“

Daniel drehte sich um, um Jack im Türrahmen stehen zu sehen. Er beobachtete Sam mit einem zögernden Blick. Ein kleines, vages Lächeln formte sich, als sie aufschaute und er nur hilflos mit seinen Schultern zuckte.

Frustriert schüttelte sie den Kopf. Sam versagte dabei, ihr Lächeln zu verbergen. „Colonel.“

Daniel stand langsam auf, sein Blick wanderte zwischen Sam und Jack hin und her. Die Spannung war greifbar, etwas verwirrend in sich, aber definitiv greifbar. „Ähm, vielleicht sollte ich einfach…?“, murmelte er, als er langsam zurückging.

„Gute Idee“, stimmte ihm Jack zu, aber er blieb wo er war stehen.

„Gute Besserung“, sagte Daniel zu Sam, als er leicht ihre Schulter berührte und ihr Glück mit einem Lächeln wünschte. Jack schien Stimmungsgemäß in Hochform zu sein und Sam würde so viel Glück benötigen, wie sie nur bekommen konnte.

Sie verdrehte zustimmend ihre Augen, aufgrund der unausgesprochenen Gedanken und nickte. „Danke, Daniel.“

Jack beobachtete, wie Daniel leicht Sams Schulter drückte und dann ging. Er wurde langsamer, als er auf ihn zukam, und sagte grüßend: „Jack.“

„Daniel“, nickte Jack, aber sein Blick war weiterhin auf Sam gerichtet.
Die Tür schloss sich, der Raum füllte sich mit Schweigen und sie waren allein. Aber Jack bewegte sich nicht. Sam beobachtete ihn mit leuchteten Augen in einem blassen und erschöpften Gesicht. Nicht mehr als er verdiente. Sie schwieg, beobachtete ihn weiterhin und er wusste, dass sie nicht den ersten Zug machen würde. Na ja, sie hatte recht. Er musste dieses Schlamassel ausbaden. Als er sich durch die Haare fuhr, entschied er sich, dass er mit einem Aufhänger anfangen würde. „Hat Fraiser Ihnen gesagt, dass ich Ihnen ein Bier schulde?“, fragte er.

Überrascht wurden Sams Augen groß. Das hatte sie nicht erwartet. Und dann lächelte sie wieder, aber schüttelte leicht den Kopf. „Mehr als eins.“

„Ja“, stimmte er ihrz zu. „Vielleicht einen ganzen Krug.“

„Oder zwei.“

Er lächelte und unterbrach ihren Blickkontakt. Dann steckte er seine Hände in seine Taschen. „Also“, sagte er nach einer Weile, „wie geht’s der… Rippe?“ Er konnte nicht anders als bei dieser Frage zu erschaudern; die Rippe, die er gebrochen hatte; die Rippe, wo er nicht glauben wollte, dass sie beschädigt war.

Aber Sam war gnädig. „Besser“, sagte sie ihm ohne ein Anzeichen von Triumph.

Er nickte, als er sie wieder ansah. Er hatte es nicht verdient, dass sie so… nachsichtig war. Er brauchte etwas Wut, um seine Schuld zu befriedigen. „Wissen Sie, Carter“, sagte er zögernd, „ich fühle mich schrecklich wegen der ganzen Sache… ich habe mich wirklich daneben benommen. Daniel hat Recht, ich bin ein Idiot.“

„Manchmal vielleicht“, stimmte sie mit einem Unterton in ihrer Stimme, der ihre Wut wieder hervorbrachte. Er schaute auf und sie fügte ein nachträgliches „Sir“ hinzu, welches ihn lächeln ließ.

„Vielleicht auch fast immer“, korrigierte er sie flüsternd mit einem Kopfschütteln. „Carter, wenn ich gewusst hätte…“

„Ich *habe* es Ihnen gesagt“, stellte sie klar.

Jack zuckt leicht zusammen, als er ihre Wut hörte. „Ja“, stimmte er ihr leise zu. „Ich habe nur…“ Er atmete lang und langsam aus. Schließlich sah er sie direkt an. „Ich hatte unrecht, Carter. Und es tut mir leid.“

Nach einem Schweigen sagte sie: „Ich weiß.“ Ihre Wut verebbte, als sie seine aufrichtige Reue in seinen Augen sehen konnte. „Es war nicht wirklich Ihre Schuld, Sir. Meine Knochen sind…“

„Demineralisiert. Ich weiß.“

Sie blinzelte überrascht. „Das tun Sie?“

„Fraiser hat es mir erzählt.“

„Oh.“ Sie runzelte die Stirn, ihre Lippen waren besorgt zu einer dünnen Linie zusammengepresst. „Hat sie Ihnen sonst noch was gesagt?“ Jack schaute weg, als sie ihn fragte, er konnte die ehrliche Frage in ihren Augen nicht ertragen. „Oh Gott“, hauchte sie, als er nicht antwortete, „was hat sie gesagt?“

„Nichts“, versicherte er ihr hastig und war mit wenigen Schritten an ihrer Seite. „Sie hat mir gar nichts erzählt. Ich schwöre es bei Gott, Carter.“

Sehr verlegen wegen ihrer plötzlichen Panikattacke, wandte sie sich ab, aber diesmal wollte er sie nicht so einfach gehen lassen und berührte deshalb zögernd ihren Arm, um ihre Aufmerksamkeit wieder zu bekommen. Er sah sie ernst mit seinen dunklen Augen an und in diesem Moment löste sich die Spannung, die sich seit Monaten zwischen ihnen aufgebaut hatte; er wusste, dass sehr starke Gefühle hinter seinen Augen verbrannten und sie sah ihn mit einem offenen Blick an. „Ich hasse es krank zu sein“, gab sie flüsternd zu und sein Griff um ihren Arm festigte sich.

„Alles wird gut“, versicherte er. Er meinte jedes Wort. „Sie werden wieder gesund.“

Aber sie schüttelte den Kopf. „Das können Sie nicht versprechen, Sir.“

„Natürlich kann ich das“, sagte er fröhlich. „Und ich breche *nie* irgendwelche Versprechen, Carter. Das ist ein Versprechen.“

Sam lächelte leicht und seufzte, als sie ihre Knie unter ihr Kinn anzog. „Janet macht sich Sorgen“, gab sie zu und schielte ihn von der Seite an. „Sie glaubt, dass es ernst ist.“

Sie beobachtete ihn, sie versuchte die Wahrheit in seinem Gesicht zu lesen, als er über seine Antwort nachdachte und er sagte nur: „Ja, das tut sie.“

Als er sprach, schaute sie weg und schloss kurz ihre Augen. Schließlich öffnete sie sie wieder und zwang sich zu einem Lächeln. „Danke, Sir.“

„Wofür?“

„Die Wahrheit“, sagte sie einfach. Und dann lachte sie, es war ein dunkles Lachen. „Daniel hat versucht mir zu erzählen, dass ich heute schon besser aussehe!“

Er lächelte ebenfalls. „Sie sind sich sicher, dass er nicht sagte, dass Sie *mal* besser ausgesehen haben?“

Sam schüttelte kichernd ihren Kopf. „Daniel ist ein Diplomat, schon vergessen?“

„Ah“, nickte Jack. „Na ja, ich schätze mal, dass Diplomatie noch nie meine Stärke war.“

„Nein“, stimmte sie ihm zu und sah ihn ernst an. „Aber ich habe schon immer die direkte Art bevorzugt, Colonel.“

Er lächelte bei dem verhüllten Kompliment und erinnerte sich dann an Teal’cs Worte während der Nacht auf P7D-783. 'Manchmal ist es die Pflicht eines Freundes, schwere Worte zu sprechen’. Tief einatmend, richtete er sich auf und sagte: „Reden – direkt oder nicht – war nie etwas, was wir wirklich getan habe, oder, Carter?“

„Nein“, stimmte sie zu, erstaunt darüber, dass er sich so nah an das verbotene Thema heranwagte. Aber nach einem Moment folgte sie seinen Gedanken. „Wir hätten es wahrscheinlich tun sollen.“

„Ja“, nickte er jetzt selbstsicherer. „Vielleicht können wir ja…?“

„Colonel?“, unterbrach Janets Stimme sie und Jack drehte sich hastig um.

„Doc“, sagte er und hatte das Gefühl, erwischt worden zu sein. „Morgen.“ Nervös fuhr er sich durch die Haare, aber Janet schien sich seinem Unbehagen bewusst zu sein. Sie drückte eine Akte an ihre Brust, während sie auf sie zuging. Ihre Gesichtszüge waren sehr angespannt.

„General Hammond möchte Sie sofort in seinem Büro sehen, Sir“, sagte sie ungewöhnlich schroff.

Jack zog überrascht eine Augenbraue hoch. „Sofort?“

„Ja, Sir.“

Augen verdrehend wandte er sich an Sam. „Ich komme später noch mal vorbei, Carter“, versprach er und seine Hand berührte wieder leicht ihren Arm. „Immer ruhig bleiben.“

Aber Sam erwiderte sein Lächeln nicht; ihr Blick war ängstlich auf Janet und die Akte gerichtet, an der sie sich so fest klammerte.

 


++++++++++


Die Luft in Hammonds Büro war gefüllt mit unbeantworteten Fragen und die Stille war angespannt. Daniel saß nervös in einem tieferen Stuhl, seine Finger zupften immer wieder an seinem Hemd. Neben ihm saß Teal’c, sein Gesicht zeigte wie immer keinerlei Regung, obwohl das Zucken seiner Kieferknochen verriet, dass auch er nicht gegen das Gefühl der Sorge immun war. Gegenüber von ihnen saß General Hammond mit gefalteten Händen, sein Blick war verloren in Gedanken, während sich mehrer Falten auf seiner Stirn abzeichneten. Während sich das Schweigen immer weiter in die Länge zog, wollte Daniel grade was sagen, als es plötzlich an der Tür klopfte.

Hammond blinzelte. „Kommen Sie rein.“

Die Tür öffnete sich und Jacks Kopf schaute herein. „Sir? Sie hatten mich… Oh.“ Überrascht zog er eine Augenbraue hoch, als er Teal’c und Daniel sah. Aber schnell wurde aus der Überraschung Misstrauen, als er das Büro betrat. „Was ist los?“

„Nehmen Sie Platz, Sohn“, schlug Hammond vor und deutete auf einen der freien Stühle.

Immer noch misstrauisch, setzte er sich in den Stuhl. „Worum geht’s?“, fragte er nach.

Hammond runzelte die Stirn und tippte mit seinem Finger gegen den Schreibtisch. „Dr. Fraiser will mit uns sprechen“, sagte er ruhig. „Über Major Carters Zustand.“

Jack erstarrte für einen kurzen Augenblick. Aber Daniel sah den Moment der Panik, der ihn erfasste, er sah die Angst in seinen Augen, bevor er die militärische Maske wieder aufgesetzt hatte. „Ich habe sie grade noch gesehen“, sagte er mit angespannter, aber kontrollierter Stimme.

„Dr. Fraiser?“

Jack schüttelte leicht den Kopf. „Carter.“ Er verstummte für einen kurzen Augenblick, bevor er noch hinzufügte: „Fraiser hat ihr nichts gesagt.“

Besorgt fuhr sich Hammond über seinen Kopf, als er nervös hin und her rutschte. „Sie redet jetzt mir ihr“, sagte er.

„Was sagt sie ihr?“, fragte Jack und der aggressive Ton in seiner Stimme half ihm nicht grade seine Sorge zu verstecken.

Aber Hammond hatte keine Antwort für ihn. Seufzend schüttelte er den Kopf. „Ich weiß es nicht, Colonel“, sagte er leise. „Dr. Fraiser wollte zunächst mit Major Carter sprechen.“

Jack nickte, aber seine Augen waren geschlossen, so als ob er furchtbare Schmerzen hätte und mit seinen Fingern quetschte er seinen Nasenrücken ein. Daniel konnte schon fast die Spannung sehen, die in jede Zelle dieses Mannes floss und ihn langsam zu Stein verwandelte. Als er wieder sprach, war seine Stimme leise und dünn. „Es sieht nicht gut aus, oder?“

„Lassen Sie auf den Doktor warten“, schlug Hammond vor, aber von dem düsteren Blick in seinen Augen her, wusste Daniel, dass er Jack zustimmte.

Die Zeiger der Uhr liefen unglaublich langsam, als sie warteten. Fünf Minuten. Zehn. Zwanzig Minuten. Dreißig. Und mit jeder weiteren Minute, die verstrich, sank die Stimmung immer tiefer. Daniels Herumgefummel an seinem Hemd, hatte nur den Saum geöffnet, während Jack ständig zwischen seiner Uhr und der Uhr an der Wand hin und her schaute, dann stand er auf, um herumzulaufen, ließ sich dann aber doch wieder in seinen Stuhl fallen und schaute wieder auf seine Uhr. „Warum braucht sie nur so lange?“, murmelte er leise, während er sich in dem Stuhl zurücklehnte und der Fuß auf seinem Knie nervös zu zucken begann.
 
„Sie muss viel mit Major Carter zu bereden haben“, stellte Teal’c fest, aber seine Worte beruhigten niemanden.

Jack knurrte. „Ja“, flüsterte er. „Was du nicht sagst.“

Dann hörten sie wie Schritte die Tür erreichten. Hammond blickte auf. Daniel beugte sich nach vorne und Jack war auf seinen Füßen, sobald das Klopfen ertönte.

„Kommen Sie rein“, antwortete Hammond sofort und Janet öffnete die Tür. Ihr Gesicht war angespannt und bleich, als sie in die vier ängstlichen Augenpaare vor ihr starrte.

„Sir“, sagte sie mit einem Nicken zum General.

„Kommen Sie, Doktor“, antwortete er, sein Blick war freundlich, als er aufstand und um den Schreibtisch kam. „Nehmen Sie Platz.“

Janet setzte sich seufzend und legte die Akte auf ihre Knie. Sie sah ausgelaugt aus und Daniel spürte förmlich, wie sein Herz rutschte. Es gab keinen Zweifel, dass was auch immer sie ihnen sagen würde, es nichts Gutes war. Sie verschwendete keine Zeit, um direkt zur Sache zu kommen. Mit ihren Händen im Schoß gefaltet, sprach sie leise mit rauer aber kontrollierter Stimme. „Leider sind Major Carters Testergebnisse relativ beunruhigend“, sagte sie sofort, als ihr Blick zu Jack wanderte. Er sah sie ausdruckslos an, seine Lippen waren nur noch eine dünne Linie. Sie fuhr fort. „Der Bluttest zeigt ein abnormales hohes Level an Proteinen in Sams Blut. Sie ist, wie man auch sagt blutarm.“

Daniel runzelte die Stirn. Das hört sich doch gar nicht so schlimm an. Als er kurz zu Jack hinüberblickte, sah er, wie sich sein Freund leicht entspannte. „Blutarm?“, fragte O’Neill. „Hört sich gar nicht so schlimm an.“

Aber sie sah ihn nur verwirrt an. „Es ist ernster als das, Sir. Als ich einen genaueren Blick auf die zusätzlichen Proteine in Sams Blut geworfen habe, stellte sich heraus, dass sie nicht menschlich sind.“

„Nicht menschlich?“, unterbrach Hammond sie. „Und was sind sie dann?“

„Ich glaube“, sagte Janet langsam, „dass sie Goa’uld sind.“

„Goa’uld?“, wiederholte Daniel ihre Worte. „Wie um alles in der Welt…?“

Janet begann mit ihrer Erklärung, bevor er seine Fragen fertigstellen konnte. „Ich bin mir nicht sicher, Dr. Jackson“, sagte sie. „Ich muss noch einige Tests durchführen. Aber meine Vermutung ist, dass sie sie selbst produziert.“

„Warum?“, fragte Jack. „Wie?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es noch nicht. Aber ich denke, dass etwas damit zutun hat, dass sie Wirtin für Jolinar war… so eine Art Langzeitnebeneffekt.“

Jack schaute hinunter auf seine Finger, die nervös gegen sein Knie hämmerten. „Was für Tests?“, fragte er nach einer Weile.

„Ich muss herausfinden, woher die Proteine kommen“, erklärte sie. „Ich werde ein paar Untersuchungen bezüglich ihrer Leber – und Nierenfunktion machen müssen und noch weitere Bluttests. Ich denke, dass ich ebenfalls eine Knochenmarkanalyse, aufgrund der Blutarmut durchführen muss.“ Und als sie dann Jacks offensichtliches Nichtverstehen sah, fügte sie hinzu: „Ich werde ein paar Zellen aus ihrem Knochenmark aus ihrer Hüfte entnehmen, um sie dann zu analysieren.“

Er nickte langsam, sein Blick war ernst, als er sie ansah. „Worauf genau untersuchen?“

„Wir werden heute Abend ein paar Ergebnisse haben“, vermied sie es seine Frage zu beantworten.

Daniel sah, wie sich Jacks Blick verdunkelte und er wusste, dass er weiter auf den Punkt eingehen würde, also ging er dazwischen und fragte: „Wie geht es Sam?“

Janet lächelte etwas. „Sie kennen doch Sam“, antwortete sie. „Sie gibt sich immer stark.“

„Ja“, stimmte er ihr zu. „Aber geh es ihr… gut? Ich meine wegen den Proteinen in ihrem Blut, macht es sie krank?“

„Sie ist müde“, sagte sie. „Was das angeht, war sie noch nie sehr entgegenkommend, aber sie hat bereits ein paar Monate diese Beschwerden. Sie tut es als Stress nach Martouf und der ganzen Za’tarc Testsache ab.“ Ihr Blick huschte zu Jack hinüber, der mit einem extrem angespannten Gesichtsausdruck hinunter auf seine Hände starrte, den Daniel nicht direkt einordnen konnte. „Sie isst nicht sehr gut“, fügte Janet hinzu. „Aber sonst geht es ihr zurzeit ganz gut.“

„Dr. Fraiser?“, fragte Teal’c ruhig und brachte Daniel durch seinen plötzlichen Einwurf etwas aus der Fassung. „Können wir irgendwie helfen? Vielleicht die Tok’ra kontaktieren?“

Janet lächelte dankbar, aber sagte: „Im Moment noch nicht. Ich weiß jetzt wirklich noch nicht, mit was wir es hier zutun haben. Ich wollte Sie nur auf den neusten Stand bringen.“

„Danke, Doktor“, sagte Hammond und lehnte sich nach vorne. Aber eine Falte zeichnete sich auf seiner Stirn ab und er schaute hinunter auf den Füller, den er zwischen seinen Fingern hielt. „Es tut mir leid, dass ich das fragen muss, aber… ist Major Carter ein Risiko für diesen Stützpunkt?“

Jacks Kopf schoss nach oben und sah ihn mit einem wilden Blick an.

Hammond sah es und hob seine Hand, als er auf die Antwort von Fraiser wartete.

„Nein.“ Die Worte waren wie kaltes Wasser auf heißem Feuer.

„Natürlich nicht“, murmelte Jack.

General Hammond nickte nur. „Gut“, sagte er. „Und Sie halten uns über ihre Untersuchungen auf dem Laufenden, Doktor?“

„Natürlich, Sir“, antwortete sie, als sie aufstand, um zu gehen.

Jack stand ebenfalls auf und warf Hammond einen Blick zu, der ihn fragte, ob er ebenfalls gehen könnte. Das knappe Nicken des Generals war Antwort genug und er folgte Janet auf die Krankenstation. Mit einem Seufzen drehte sich Daniel zu Teal’c, überrascht darüber, dass er seinen Freund mit einem traurigen Blick auf die offene Tür starren sah. Daniel nahm seine Brille ab und rieb sich über die Nase; er hatte plötzlich das intensive Gefühl, dass er von etwas ausgeschlossen war.

 


++++++++++


Multiples Myelom. Krebs von Plasmazellen, die tief im Knochenmark liegen und einen von innen nach außen zerstören.

Janet seufzte und schloss ihre Augen, sie wollte die Wahrheit nicht durch ihr Mikroskop sehen. Es gab keinen Zweifel. Wie oft sie auch durchsah, die Antwort war doch immer dieselbe. Abnormale Plasmazellen vermehrten sich wie die Ratten in Sams Knochen, sie drückten heraus, was sie zum Leben brauchte, um noch mehr Platz für die eigenen Zellen zu schaffen. Aber das war keine normale Sorte von Multiplen Myelomen, ihre Zellen wurden dazu umprogrammiert Goa’uld Proteine zu produzieren, die sie langsam umbrachten.
 
Die Diagnose stand. Sie sollte eigentlich stolz auf sich sein, dass sie sie so schnell herausgefunden hatte. Nicht jeder Arzt hätte so eine Biopsie so schnell erstellt; Knochendemineralisierung und Blutarmut konnte vieles bedeuten. Sie verdiente ein Schulterklopfen dafür, dass sie so ein Genie war. Ja, genau, das tat sie. Sie hatte die düstere Wahrheit in einer Rekordzeit herausgefunden, Sam *wäre* sehr erfreut.

„Verdammt“, seufzte sie, als sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte und durch die Krankenstation zu Sam schaute, die auf ihrem Bett saß. Der Colonel war bei ihr, wie schon fast den ganzen Tag. So nah und doch so weit entfernt. Er saß nach vorne gebeugt auf seinem Stuhl und erzählte ihr etwas, was sie lachend mit dem Kopf schütteln ließ. Aber selbst aus dieser Entfernung konnte Janet die Spannung zwischen ihnen spüren; das nervöse Spiel mit Jacks Fingern, während er mit ihr redete, erweckte den Eindruck, dass er sich ständig davon abhielt, seine Hand nach ihr auszustrecken, um sie zu berühren. Vielleicht war es das ja auch, dachte Janet. Sie wusste, wie er wegen Sam fühlte und sie brauchte dazu nicht die peinliche Beichte vor der Tok’ra Frau.
Aber es schmerzte sie es jetzt so zu sehen, wo sie es wusste. Multiples Myelom. Gemein. Selbst in seiner gewöhnlichen Art schwer zu behandeln, aber außerirdischer Krebs…? Wo sollte sie da überhaupt anfangen?

„Am Anfang“, sagte sie sich selbst leise und zwang sich dazu professionell zu bleiben. Und der Anfang bedeutete es dem Patienten zu erzählen. Sie schluckte bei diesem Gedanken den Klumpen in ihrem Hals herunter. Das war nicht das erste Mal, dass sie schlechte Nachrichten übermittelt hatte, aber es war das erste Mal, dass sie es einer Freundin sagen musste. „Warum ich?“, fragte sie sich flüsternd. Ihrem Selbstmitleid wegen schüttelte sie ihren Kopf, sie sollte sich lieber fragen: 'Warum Sam?’ Warum wählten die unberechenbaren Götter ausgerechnet jemand so junges, brillantes und lebhaftes wie Sam Carter aus? Janets Blick schweifte zu O’Neill und wieder seufzte sie: jemand so lebenswichtigen wie Sam Carter.

Sie sammelte ihre Unterlagen und ihre Gedanken und stand widerstrebend auf. O’Neill bemerkte sie augenblicklich und sein ängstlicher Blick schwebte zwischen ihr und Sam. Janets Herz sank; sie kannte die psychologische Geschichte des Colonels und machte sich Sorgen darum, wie er mit dem erneuten Verlust fertig werden würde. Sie schalte sich selbst. Potenzieller Verlust. Wo es Leben gab, gab es Hoffnung und sie kannte niemanden, der so voller Leben und Hoffnung war wie Sam.

Janet hatte das Gefühl, als sie langsam durch die Krankenstation ging, dass sie zu ihrer eigenen Hinrichtung geführt werden würde. Ihre Finger waren kalt und in ihrem Bauch wandte sich eine Schlange. Abwesend bemerkte sie eine Packung Kleenex auf Sams Tisch und dachte nur 'Gut’. Einer von ihnen würde sie garantiert gebrauchen.

Jack stand langsam auf, als sie immer näher kam, und stellt sich neben Sam. Er war nah genug, um sie jetzt zu berühren, aber er widerstand noch immer dem Drang, obwohl Janet seine beschützende Haltung bemerkte und da wusste sie, dass er nicht eher gehen würde, bevor er alles gehört hatte. „Doc“, sagte er leise und beobachtet jede ihrer Bewegungen. Sams Gesicht war ruhig, aber blass und besorgt. Sie schaute zum Colonel hinauf, und als sich ihre Blicke trafen, legte er seine Hand auf ihre Schulter, wo sie liegen blieb. „Was gibt es Neues?“, fragte er dann. Sein Blick wanderte zu ihr. Sie sah, dass er die Wahrheit verlangte.

Janet schluckte schwer, als sie sich setzte. Es gab keine Möglichkeit um den heißen Brei herumzureden. Sie sah zu Sam und begann zu sprechen. „Die Biopsie hat gezeigt, dass die Goa’uld- Proteine von abnormalen Plasmazellen in Ihrem Knochenmark produziert werden“, sagte sie. „Plasmazellen produzieren normalerweise Immunproteine, die helfen den Körper gegen Infektionen und Krankheiten zu bekämpfen, aber in Ihrem Fall produzieren die Plasmazellen Goa’uld-Proteine. Ihr Zustand ist dem der Mutiplen Myelonen sehr ähnlich; Krebs der Plasmazellen.“

Sobald sie das 'K’-Wort ausgesprochen hatte, sah sie die Erkenntnis auf Sams blassem Gesicht. Auf ihrer Schulter festigte sich Jacks Griff, aber er sagte nichts und Janet wollte ihn nicht aus der Reserve locken. Sam schluckte schwer und stellte die Frage, die Janet bereits erwartet hatte: „Können Sie es behandeln?“

„Wir können eine herkömmliche Chemotherapie gegen Mutiplen Myelomen versuchen“, sagte sie langsam, „aber ich kann absolut nicht sagen, ob es auch gegen Krebs, dessen Herkunft Goa’uld ist, effektiv ist.“

Sam nickte benommen. „Wenn es nicht funktioniert“, fragte sie dann, ihr brillanter Verstand kämpfte damit das eben Gesagte richtig zu verstehen, „werde ich dann…? Ich meine, ist es…?“

Die kalte Angst, Verleugnung und der Schock in Sams weit aufgerissenen Augen waren fast zu viel für Janet, aber sie zwang sich nicht wegzuschauen. Sam verdiente mehr. „Multiple Myelomen ist ein unheilbarer Zustand“, flüsterte sie.

Sams großen Augen blinzelten. „Wie lange?“, fragte sie heiser.

„Der normale Zeitraum einer nicht behandelten Erkrankung beträgt drei bis sieben Monate.“ Antworten. Das war es, was sie jetzt brauchte, erinnerte sich Janet. Es gab keine Worte des Mitleids, die nicht beleidigend wirken würden. Antworten. Direkt und auf den Punkt gebracht.

Ein würgendes Geräusch tief aus seiner Kehle, erinnerte Janet daran, dass O’Neill ebenfalls noch anwesend war. Sie schaute auf und war geschockt zu sehen, wie blass er geworden war. Besorgt, dass er gleich zusammenklappen würde, stand sie auf und schob ihm ihren Stuhl hin.

„Setzen Sie sich, Colonel“, sagte sie freundlich. Schwankend bewegte er sich, seine Hand fuhr von Sams Schulter zu ihrer Hand. Und dann trafen sich ihre Blicke – Schock und Unglaube auf seiner Seite wurden von Angst und Qual ihrerseits widergespiegelt. Dieser Moment zwischen ihnen war ergreifend und privat und Janet wandte ihren Blick ab. Es war für sie zu schmerzhaft dies zu beobachten und sie hatte Angst, dass ihre Professionalität daran zerbrechen würde.

Nach einem qualvollen Schweigen begann Jack mit einer schroffen Stimme, die seinen Kummer offenbarte, zu sprechen. „Das wird nicht passieren, Carter.“

„Aber…“

„Nein“, sagte er laut. „Alles wird wieder gut. Ich schwöre bei Gott, Carter. So wird es nicht enden.“

 

+++++++

Aus der leeren Kantine konnte man nur die typischen Küchengeräusche vernehmen. Es betonte nur noch einmal die Abwesenheit des sonst so fröhlichen Geredes, das sonst den Raum füllte. Daniel ging zur Theke und begutachtete das matschige Sandwich, welches noch übrig geblieben war. Keines von ihnen schien genießbar zu sein, also entschied er sich für ein Snickers und eine Tüte Doritos, schnappte sich ein Wasser und ging zurück in sein Labor. Aber bevor er durch die Tür ging, bemerkte er Jack alleine in der Ecke sitzen, seinen Kopf hatte er auf seine Hände gestützt und starrte auf eine Tasse Kaffee vor ihm. Daniel zögerte zunächst, aber ging dann in seine Richtung, auch wenn er sehen konnte, dass Jack ein 'Lasst mich alleine’ auf seiner Stirn stehen hatte. Behutsam näherte er sich ihm, aber Jack rührte sich nicht und Daniel bezweifelte, dass Jack überhaupt bemerkt hatte, dass er vor ihm stand. „Jack?“, fragte er. „Geht es Ihnen gut?“

Er rührte sich leicht und senkte dann seine Hände, bevor er zu ihm aufschaute. Ihre Blicke trafen sich und Daniel lief ein kalter Schauer den Rücken runter, Jacks Gesicht war vollkommen trostlos. „Nein“, sagte er mit gebrochener Stimme, „nicht wirklich.“

„Was ist passiert?“, fragte Daniel, als er sich langsam auf den Stuhl gegenüber von Jack setzte. „Etwas mit Sam?“

Jack schluckte, schürzte seine Lippen und schaute wieder zu dem Kaffee. Nach einem langen Schweigen nickte er zögernd. „Ja“, flüsterte er.

Daniels Herz begann zu pochen. „Was?“, fragte er nur, da er nicht in der Lage war noch mehr Worte über seine Lippen zu bringen.

„Sie, ähm“, begann Jack, aber er wusste nicht, wie er es sagen sollte, „sie…“ Er verstummte und schloss für einen Moment seine Augen.

„Fraiser sagt, dass sie Krebs hat.“

Daniel hatte das Gefühl, dass ihm so eben eine Bowlingkugel in den Magen gerammt wurde und sein Herz machte einen Aussetzer.
„Krebs?“, wiederholte er das Wort benommen. Das Wort hörte sich an wie eine Totenglocke.

„Anscheinend“, antwortete Jack mit dünner Stimme. „Ist es so ein Goa’uld-Ding.“

„Kann sie es behandeln?“

Jack schüttelte den Kopf. „Chemotherapie“, sagte er. Krebs, Chemotherapie; das waren alles Wörter aus einem Albtraum. „Sie ist sich nicht sicher, ob es anschlägt.“

Daniel schluckte. „Und das bedeutet…?“, begann er, aber Jack fiel ihm ins Wort.

„Ja“, sagte er. „Das bedeutet es.“

„Das kann ich einfach nicht glauben“, flüsterte Daniel und starrte auf sein nicht angerührtes Mittagessen; sein Magen verdrehte sich. „Ich dachte nur, dass sie in letzter Zeit etwas müde ist, aber…“ Er verstummte, als er sah, wie O’Neill auf seinem Stuhl erstarrte. Er sagte kein Wort, aber sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich und Daniel bemerkte seinen Fehler; Jack hatte es nicht bemerkt. „Sam hat nichts gesagt“, flüsterte er.

„Nein“, stimmte er ihr zu. „Das hat sie nicht. Warum ich es auch…“ Er stoppte und presste seine Lippen zusammen. Sein Kopf sank nach unten und mit leiser Stimme sagte er dann: „Ich hätte es bemerken müssen, Daniel. Ich hätte bemerken müssen, dass sie krank war.“

„Sie können sich nicht die Schuld dafür geben“, sagte ihm Daniel automatisch, aber für diese banale Antwort bekam er nur einen bösen Blick von Jack.

„Warum sollte ich das nicht tun?“

„Teal’c und ich haben es auch nicht bemerkt“, hielt er ihm vor Augen.

„Genauso wenig wie Janet.“

„Aber“, begann er wütend, aber unterbrach sich selbst. Etwas ruhiger fuhr er fort. „Ich bin ihr CO“, betonte er. „Ich hätte es bemerken müssen; ich bin für sie verantwortlich.“

Daniel antwortete ihm nicht, da er wusste, dass es hoffnungslos war, gegen Jacks Schuld zu sprechen. „Es muss doch etwas geben, was wir tun können.“

Jacks Kopf schoss nach oben und er nickte, ein Funken Hoffnung war in seinen Augen zu sehen. „Ja“, stimmte er ihm zu. „Das denke ich auch. Irgendjemand dort draußen muss doch helfen können.“

„Die Tok’ra?“, schlug Daniel vor.

Jacks Blick verengte sich. „Na ja, immerhin sind *die* ja auch diejenigen, die sie in die Situation gebracht haben“, murmelte er und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Er verzog sein Gesicht. „Nicht, dass das Thema 'Hilfe für uns’ auf ihrem Tagesplan steht.“

„Es ist ein Anfang.“

Jack nickte, schob die Tasse mit dem kalten Kaffee weg und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Ja“, stimmte er zu. Und dann lächelte er leicht, ein Ausdruck des Dankes, bemerkte Daniel. Sogar der harte Jack braucht ab und zu mal einen Freund.
 
Aufstehend sagte Daniel: „Wir sollten zu General Hammond gehen.“

 


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Den Rest des Tages verbrachten sie damit, Nachrichten an ihre Verbündeten zu schicken und auf Antworten zu warten. Jack war noch nie der Geduldigste gewesen, aber heute konnte er jeden Nerv in seinen Körper spüren, wie sie ihm dazu drangen endlich zu *handeln*, etwas zutun, was Carter helfen könnte. Im Kontrollraum zu sitzen, um auf eine dringende Antwort von den Tok’ra oder den Tollanern zu warten, war fast zu viel für ihn. Eigentlich war *er* am Ende zu viel für General Hammond, als er anfing jegliche Verwünschungen dem ruhenden Stargate entgegen zu werfen. General Hammond befahl ihm den Kontrollraum zu verlassen und etwas Schlaf nachzuholen.
 
Also schlenderte Jack durch die stillen Korridore des SGC auf sein Bett zu. Doch obwohl er aufgrund von Schlafmangel dermaßen erschöpft war, trugen ihn seine Füße noch zur Krankenstation. Er schaute hinunter auf seine Uhr und runzelte die Stirn, es war fast ein Uhr. Sam würde garantiert schon schlafen.

Jack zögerte auf der Türschwelle, er wusste, welchen Anschein seine Anwesenheit um diese Uhrzeit erwecken würde. Aber der Gedanke war vergänglich – Was zum Teufel machte es jetzt noch aus? Warum hat es je etwas ausgemacht? Als er die Tür leise aufdrückte, sah er, dass in Janets Büro immer noch Licht brannte. Er schlich leise durch die Krankenstation und hielt nur einmal kurz an, um der Nachtschwester zuzunicken, welche neugierig dem späten Nachtbesucher hinterher sah. Aber sie machte keine Andeutungen ihn aufzuhalten und er ging leise zum Ende der Krankenstation, wo Sam unter durchwühlten Decken lag. Sie war wie ein Fötus auf ihrer Seite eingerollt, mit dem Gesicht zur Wand, weg von ihm. Zögernd, dass er sie wecken würde, blieb er stehen. Aber er wollte ihr Gesicht sehen, nur für einen Moment, deshalb ging er langsam um das Bett herum. Er hatte nur ein paar leise Schritte getan, als er sah, wie ihre Schultern zitterten. Angespannt lauschte er und zu seiner Bestürzung hörte er, wie sie leise in ihr Kissen schluchzte. Innerhalb eines Herzschlages war er an ihrer Seite, aber kaum dort, war er paralysiert von seiner Unentschlossenheit. Vielleicht sollte er sie doch lieber alleine lassen? Carter weinte nie und er wollte sie nicht in Verlegenheit bringen. Aber wie konnte er sie so zurücklassen, ganz allein, weinend in der Dunkelheit?

Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre Schulter und flüsterte. „Carter?“ Sie erstarrte bei seiner Berührung. Er spürte, wie sich ihre Muskeln unter seinen Fingern anspannten, als sie ihren Atem anhielt und vorgab zu schlafen. „Hey“, flüsterte er und rüttelte leicht ihre Schulter. „Ich weiß, dass Sie wach sind.“

Sie fing wieder an zu atmen. Er spürte, wie sich ihre Schultern im langsamen Rhythmus hoben und sanken. Aber sie schwieg für eine lange Zeit, ihr Atem zitterte vor Tränen, als sie damit kämpfte sich zu beruhigen. Jack beobachtete sie einfach nur, beruhigte sie, in dem er über ihre Schulter streichelte, seine Finger strichen gelegentlich über ihre weichen Haare im Nacken. Letztendlich begann sie zu sprechen, auch wenn sie sich noch immer von ihm abgewandt hatte. „Ich habe Angst“, flüsterte sie, ihre dünne, verängstigte Stimme war wie ein Stoß direkt in sein Herz.

„Ich weiß“, antwortete er, als er sich neben ihr auf das Bett setzte. Er brauchte jetzt die Nähe.

Aber noch immer rührte sie sich nicht und ihre angespannten Muskeln fühlten sich wie Stahl unter seiner Hand an. „Ich will nicht sterben“, sagte sie, als sie zitternd einen tiefen Atemzug nahm. „Nicht so… das ist nicht fair!“

„Sie werden nicht sterben“, versicherte er ihr.

Aber sie schüttelte nur den Kopf und vergrub ihr Gesicht weiter in ihr Kissen. „Hören Sie auf so etwas zu sagen!“

„Nein“, antwortete er. „Das werde ich nicht, weil ich nicht aufgeben werde. Wir werden das bekämpfen, Carter.“

„Und wie können wir das?“

Er wusste keine Antwort auf diese Frage, noch nicht. Alles war er hatte, war seine absolute Entschlossenheit, dass er nicht zuließ, dass so eine Goa’uld-Krankheit sie ihm wegnahm. „Wir haben schon vorher Wunder vollbracht“, hob er noch einmal hervor und fügte dann hinzu. „Daniel versucht grade Kontakt mit den Tok’ra aufzunehmen. Sie haben wahrscheinlich eine Pille dagegen, oder irgendwas anderes.“

Sie lächelte nicht, aber er spürte, wie die Spannung in ihrem Körper etwas nachließ. Sie rollte sich auf ihren Rücken. Er konnte jetzt auch ihr Gesicht sehen, ihre von den Tränen geschwollenen Augen und gerötete Nase ließen sie nur noch verletzlicher aussehen. Sie sah so aus, als ob sie schon Stunden weinen würde und er konnte die buchstäbliche Angst in ihren Augen sehen, als sie flüsterte: „Ich fühle mich so alleine. Alle sind sehr nett zu mir, aber am Ende des Tages können sie doch nichts für mich tun. Ich bin diejenige mit dieser… *Krankheit*. Ich bin diejenige, die sterben wird…“ Neue Tränen brannten in ihre Augen und sie presste ihre Lippen aufeinander, um die Flut aufzuhalten. Aber es war zu viel, die Tränen liefen ungehindert über ihre Wangen. „Es tut mir Leid“, flüsterte sie, als sie versuchte sie wegzuwischen.

Jacks Hand lag noch immer auf ihrer Schulter, aber es fühlte sich nur wie ein oberflächlicher Kontakt an. Sie weinte in der Dunkelheit, voller Angst und allein; wie konnte er nur zurückhalten, was ein kleiner Trost ihr geben könnte? Wie konnte er nur an Regeln und Dienstvorschriften denken? Wie konnte er sich nur darum kümmern? Er konnte es nicht, es war unmöglich. Sie brauchte jemanden, und sonst war niemand da. Die Mühe seine eigenen Gefühle zurückzuhalten, ließ seine Stimme brechen, aber das hielt ihn nicht auf. „Sam“, murmelte er und streckte seinen Arm nach ihr aus. Sie widersetzte sich ihm nicht, als er seinen Arm um sie legte und sie in seine Umarmung zog. „Sie sind nicht alleine“, flüsterte er, während er ihren Kopf gegen seine Schulter wiegte und ihre Haare streichelte. „Ich bin hier.“

Sie begann in seinen Armen zu zittern. Er hörte ihr leises Schluchzen, als sie ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub. Aber er sagte kein Wort, hielt und wiegte sie einfach nur in seinen Armen, bis der Sturm vorbei war.

 

+++++++++

Teal’c stoppte vor O’Neills Tür und wartete einen Augenblick, bevor er seine Hand hob und kräftig klopfte. Das Geräusch, das etwas auf den Boden fiel, ertönte, gefolgt von einem gedämpften Fluchen, bevor die Tür aufgerissen wurde und der Colonel vor ihm stand, noch immer halb bekleidet und gegen das helle Licht blinzelnd.

„Colonel O’Neill“, sagte Teal’c, „wir haben gerade eine Antwort von den Tok’ra erhalten. Sie schicken einen Vertreter.“

„Ja!“ Trotz seines großen Schlafentzugs begann er breit zu grinsen. „Ich komme sofort“, versprach er, als er nach dem Rest seiner Kleidung schnappte.

Teal’c wartete, als der Colonel sich sein T-Shirt und seine Stiefel anzog. „Ich finde den Weg schon alleine“, sagte O’Neill. Er setzte sich auf sein Bett, um sich die Stiefel zuzuschnüren. Er warf Teal’c einen neugierigen Blick zu.

„Dessen bin ich mir bewusst“, versicherte ihm Teal’c, machte aber keine Anstalten zu gehen.

O’Neill zuckte mit den Schultern, er antwortete nicht und schon bald gingen sie zusammen durch die verlassenen Korridore des SGC. Jetzt entschied sich Teal’c, dass es and er Zeit war zu sprechen. „Ich glaube nicht, dass es angebracht wäre, Major Carter darüber zu informieren“, sagte er, in der Hoffnung, dass der Colonel seine Entscheidung zustimmen würde.

„Nein“, stimmte ihm O’Neill zu, „wir sollten uns zunächst anhören, was sie uns anbieten.“

Teal’c nickte und nach einem weiteren Moment des Schweigens fügte er hinzu: „Hast du schon darüber nachgedacht, was die Tok’ra uns anbieten könnten, O’Neill?“

Der Colonel zuckte mit den Schultern. „Irgendeine super Technologie, hoffe ich.“

Das Schweigen, welches darauf folgte, war Kommentar genug. Teal’c hoffte, so seine Zweifel demonstriert zu haben. Als er wieder sprach, war seine Stimme leise. „Es wird wohl eher so sein“, sagte er, „dass sie dieselbe Lösung wie bereits bei Jacob Carter anbieten werden.“

O’Neills Reaktion war genau die, die auch Teal’c erwartet hatte. Er blieb mitten auf dem Korridor stehen und sagte. „Nein.“

Teal’c zog eine Augenbraue hoch. „Es ist nicht deine Entscheidung, O’Neill.“

„Carter würde nie zustimmen eine Schlange in ihren Kopf zu haben“, schoss er zurück.

„Sie würde bei ihrem Vater sein“, stellte Teal’c heraus.

O’Neill knurrte, als er sich wieder in Bewegung setzte und Teal’c schweigend in seinen Schritt fiel. „Du warnst mich, nicht wahr?“, fragte der Colonel und warf seinem Freund einen flüchtigen Seitenblick zu.

Teal’cs Blick blieb ausdruckslos. „Wir dachten, du solltest schon über diese Möglichkeit nachgedacht haben, bevor du die Tok’ra triffst.“

„Wir?“

„Daniel Jackson und ich“, klärte er ihn auf.

„Huh."

Weitere Diskussionen wurden unterbrochen, als sie den Torraum betraten. Innen wurden sie von der gewöhnlichen Anzahl von Soldaten und Daniel begrüßt. Der Archäologe sah mit einer hochgezogenen Augenbraue Teal’c an und dieser nickte leicht; eine Frage wurde beantwortet.

„Macht euch keine Sorgen“, murmelte O’Neill, der den Austausch bemerkt hatte. „Ich werde schon keinen *Zwischenfall* verursachen.“

Daniel sah ihn mit großen unschuldigen Augen an. „Was?“

„Oh bitte“, seufzte O’Neill. „Lasst uns einfach nur anhören, was die Tok’ra anzubieten haben. Später können wir immer noch darüber streiten. Oder?“

Daniel sah ihn alarmierend an, obwohl Teal’c vermutete, dass O’Neill bewusst provokativ war. Nichtsdestotrotz waren sie besorgt. Colonel O’Neill war nicht grade die Geduld in Person. Und besonders die Tok’ra reizten diese Geduld immer bis zur Grenze.

Als sich das Tor zu drehen begann, lächelte O’Neill grimmig. „Wissen Sie, Daniel“, sagte er in einem Plauderton, „wenn die Tok’ra keinen besseren Vorschlag haben, als Carter eine verdammte Schlange in ihren Kopf zu pflanzen, dann könnten sie sich ihr Abkommen sprichwörtlich in den Hintern schieben!“

Daniel verdrehte seine Augen und Teal’c spürte, wie sein Herz bis in seine Zehn sank.

 

+++++++

r„Ein Buch?“, schrie Jack und lief wie ein aufgescheuchter Tiger im Besprechungszimmer herum. „Das ist alles?“

Daniel zuckte bei seinem Ton zusammen und warf Anise ein entschuldigendes Lächeln zu, die ausdruckslos vor ihnen saß.

„Wie ich schon bereits erklärt habe, Colonel“, antwortete sie, „die Tok’ra – Heilungstechnologien können das Protein, welches sich in Major Carters Blut befindet, oder sonst irgendwelche Anomalien, nicht erkennen und so ist es vollkommen ineffektiv.“ Sie machte eine Pause und fuhr dann ruhiger fort. „Und wir haben zuvor noch nie eine Situation erlebt, in der ein Wirt einen Symbionten überlebt hat. Der Bund des Tok’ra-Symbionten mit dem Wirt ist für das Leben – Jolinar bildet da Ausnahme, sie hat sich geopfert, um den Wirt zu retten.“

„Ja“, knurrte Jack, „sie war eine wirkliche Heldin.“

„Ah, vielleicht sollten wir...“, ging Daniel dazwischen, bevor die Situation außer Kontrolle geriet, „... wieder zum Buch zurückkehren?“

„Warum?“, fragte Jack gereizt. „Was nützt uns ein Buch, welches niemand versteht? Wir brauchen Antworten und nicht irgendein gottverdammtes Geschichtsprojekt!“

„Colonel O’Neill!“, bellte Hammond, seine müden Augen sahen ihn irritiert an. „Setzen Sie sich.“

Jacks Gesicht war rot vor Wut und verärgert ließ er sich in den Sessel fallen, dabei starrte er Anise über den Tisch hinweg an. Daniel sah, wie sie leicht unter dem Gewicht seines Blickes zusammenzuckte und fast tat sie ihm schon leid. „Anise“, sagte er leise, „sag mir noch einmal, um was es in diesem Buch eigentlich geht.“

Mit offensichtlicher Erleichterung wandte sie ihren Blick von Jack ab und sagte: „Das Buch erzählt von den Elkaranern, ein Name der unter den Tok’ra schon ein Mythos ist; es bedeutet die Reinen. Uns wurde erzählt, dass die Elkaraner vor Hunderte von Jahren ein biologisches Mittel entwickelt haben, welches den Goa’uld tötet, während dem Wirt nichts passiert.“

„Gutenachtgeschichten“, knurrte Jack.

Anise schielte kurz in seine Richtung, aber fuhr trotz seines Einwurfs fort. „Es wird gesagt, dass nach der Reinigung viele Elkaraner erkrankten und starben, bis neue Götter sie besuchten und ihnen ein Geschenk machten; eine magische Kammer, die die Menschen wieder heilten.“

„Ein Sarkophag?“, fragte Daniel.

„Unwahrscheinlich“, antwortete Anise. „Die Goa’uld sind die einzige Rasse, die einen benutzen und sie würden wohl kaum zurückkehren, um ihre ehemaligen Wirte zu heilen.“

„Also denkst du, dass diese 'magische Kammer’ Sam helfen könnte?“

Anise nickte. „Das ist unsere Hoffnung.“

„Und das Buch beinhaltet die Koordinaten von Elkaran?“, fragte Daniel, als er mit seinen Händen über den großen Wälzer vor ihm fuhr.

„Wir haben bisher den Text noch nicht übersetzt“, antwortete Anise. „Es ist ein antiker Dialekt und da die Elkaraner einen Hass auf alle Goa’uld haben, hat die Tok’ra nie daran gedacht sie aufzusuchen.“

Jack rutschte wütend auf seinen Stuhl herum und lehnte sich dann nach vorne auf den Tisch. „Mythen und magische Kammern?“, fragte er. „Bin ich hier der Einzige, der denkt, dass dies absoluter Blödsinn ist?“

„Colonel..“, warnte ihn Hammond erneut.

„Sir!“, protestierte er und deutete auf Anise und das Buch. „Kommen Sie…! Nach allem, was wir für die Tok’ra gemacht habe, ist *das* hier alles, was ihnen einfällt? Carter *stirbt* wegen einen von ihnen und alles, was sie uns geben ist, ein verdammtes Märchenbuch, dass eh niemand versteht!“

Hammond wandte sich an Anise. „Er hat einen Punkt“, sagte er leise.

„Das tut mir leid“, antwortete Anise, eine Augenbraue wanderte leicht nach oben. „Im Gegensatz zu den Goa’uld glauben wir nicht allmächtig zu sein; wir können euch nicht weiterhelfen. Das geht über unsere Technologie hinaus.“

Daniel nahm seine Brille ab und klopfte damit langsam gegen das Buch. „Fast alle Legenden finden ihre Basis in der Realität, Jack“, sagte er.

„Wir wissen nicht, ob es vielleicht doch funktionieren würde.“

Jack knurrte ihn an. „Sicher“, antwortete er, „und warum suchen wir nicht auch noch nach dem Heiligen Gral? Geben wir Carter einfach einen Geschmack von der ewigen Jugend!“

„Ich habe bereits von den Gereinigten gehört“, sagte Teal’c plötzlich.

„Die Goa’uld benutzen diese Worte als einen Fluch.“

Daniel zog eine Augenbraue hoch. „Bestätigung von zwei verschiedenen Quellen“, stellte er fest.

„Die Goa’uld und die Tok’ra? Oh ja, *die sind* ganz verschieden!“

Daniel starrte ihn an und Jack starrte zurück. „Was?“

„Müssen Sie so … unhöflich sein?“ Er wusste, dass er sich gereizt anhörte, aber Jacks Verhalten sich wie ein Elefant im Porzellanladen aufzuführen, fing langsam an wirklich zu nerven; er war nicht der Einzige, der sich um Sam Sorgen machte.

„Bitte sei nicht besorgt“, unterbrach Anise die beiden. Sie lächelte leicht.

„Ich weiß, dass Colonel O’Neill Samantha Carter gegenüber loyal ist. Ich verstehe seine Sorge.”

Ihre Worte schienen Jack nicht zu beruhigen, aber sie brachten ihn zum Schweigen und er starrte unruhig auf die Tischplatte. Daniel war sich nicht sicher, wie er seine Reaktion beurteilen sollte, aber er war einfach nur dankbar, dass dieser Mann endlich ruhig war. „Danke, Anise“, sagte er. „Für das Buch.“

Sie beugte leicht ihren Kopf. „Mir tut es nur leid, dass wir nicht mehr tun können. Samantha hat bewiesen, dass sie eine wirkliche Freundin der Tok’ra ist.“

„Ja“, stimmte ihr Daniel leise zu. Sam war von allen die Freundin. Eine Frau so voller Leben sollte so nicht sterben.

Ein ernstes Schweigen breitete sich im Raum aus. Jack starrte mit gerunzelter Stirn, sodass seine Augenbrauen fast seine Augen bedeckten, weiterhin auf den Tisch, während er mit dem Kugelschreiber in seinen Händen spielte. Neben ihm saß Teal’c bewegungslos, seine dunklen Augen waren verloren in Gedanken. Weil sie vielleicht nicht so vertraut mit den Nuancen des menschlichen Verhaltens war, brach Anise das Schweigen. „General Hammond“, sagte sie leise, „wir alle hoffen, dass sich der Zustand von Major Carter verbessert, aber…“ Jacks Kopf schoss bei ihren Worten nach oben, seine Hände erstarrten in ihren Bewegungen; Daniel wusste, dass dies ein schlechtes Zeichen war. Anise schien es jedoch nicht zu bemerken. „Wenn keine andere Heilung gefunden wird“, fuhr sie fort, „wurde ich angewiesen ihr die Möglichkeit anzubieten ein Wirt für die Tok’ra zu werden.“

Daniel hielt seine Luft an und wartete auf ein Feuerwerk. Es kam keines. Jacks Kiefer spannte sich an, seine Lippen wurden zu einer dünnen Linie, aber er schwieg. Stattdessen war es General Hammond, der antwortete. „Ich denke, wir hoffen alle, dass es nicht so weit kommen wird“, sagte er.

„Genau wie wir“, antwortete Anise. „Aber wenn es nötig sein sollte, dann hoffe ich, dass Sie mir erlauben diese Möglichkeit mit Major Carter zu besprechen.“

Hammond runzelte die Stirn, aber nickte. „Wenn es nötig ist.“

Mit einem leichten Kopfnicken stand Anise elegant auf. „Mit Ihrer Erlaubnis, General, werde ich jetzt zu meinen Leuten zurückkehren. Aber wenn Sie noch weitere Hilfe benötigen…?“

„Wir wissen, wie wir euch kontaktieren können“, sagte Hammond mit einem Nicken und stand ebenfalls auf.

Als sie sich in Richtung Tür wandte, bemerkte Daniel, dass Anises Blick kurz auf Jack verweilte. Sie wollte gerade etwas sagen, als er seinen Blick zu ihr hob und sagte: „Hast du schon mit Jacob gesprochen?“

Ein weiteres Stirnrunzeln zeichnete sich auf Anises Gesicht ab.
„Natürlich.“

„Kommt er?“

Sie schüttelte ihren Kopf. „Das ist unmöglich“, flüsterte sie. „Seine derzeitige Mission…“

Jack unterbrach sie, indem er geräuschvoll seinen Stuhl zurückschob und aufstand. „Ja, richtig“, knurrte er wütend. „Wichtige Tok’ra-Geschäfte.“

„Es war Selmac, der sich an das Buch erinnerte“, bot ihm Anise an.

„Das Buch?“ Jack nickte. „Oh, wenn das natürlich so ist…“

Anise atmete tief ein, ihre äußere Ruhe schien langsam einzureißen.

„Wenn seine Mission erfüllt ist, wird Jacob zurückkehren“, sagte sie. „Als Soldat, Colonel, dachte ich, dass du verstehen würdest, dass die Pflicht an erster Stelle steht.“

Kalte, böse Wut flackerte in seinen Augen. „Als *Vater*“, sagte er dunkel, „kenne ich diesen Schwachsinn…“

„Danke“, ging Hammond dazwischen. „Das ist genug, Colonel. Sie können jetzt gehen.”

Jacks Blick wanderte zwischen Hammond und Anise hin und her, bevor er kurz nickte. Aber als er sprach, waren seine Worte direkt an die Tok’ra-Frau gerichtet. „Ich werde Carter sagen, dass ihr Vater auf dem Weg ist“, sagte er, als er zur Tür ging, dort aber kurz stehen blieb. „Stell lieber sicher, dass er es auch ist.“

Die Spannung verschwand ein wenig, als Jack gegangen war und Daniel atmete tief und lange aus. Langsam stand er ebenfalls auf. „Du musst Jack entschuldigen“, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln. „Wir machen uns alle sehr große Sorgen um Major Carter.“

„Da gibt es nichts zu entschuldigen“, sagte Anise leise. „Ich verstehe die Gefühle des Colonels.“ Sie verstummte einen Moment und fügte dann hinzu: „Aber ich hoffe, dass seine Sorge um Major Carter ihn nicht blind für die Möglichkeiten macht, sie zu retten. Ein Wirt für die Tok’ra zu werden ist eine erfüllende Erfahrung. Man sollte es nicht als ein Schicksal betrachten, das schlimmer als der Tod ist“ Sie lächelte leicht und Daniel tat es ihr gleich.

„Wir versuchen offenzubleiben“, versicherte er ihr.

„Die Tau’ri haben einen starken Sinn für Individualität“, sagte Teal’c.

„Das Konzept mit einem Symbiont ist schwer für sie zu verstehen.“

„Oh“, widersprach Daniel. „ich glaube schon, dass wir es verstehen.
Wir… mögen es nur nicht so gerne.“

Anise zog eine Augenbraue nach oben. „Dann hoffe ich für Major Carters Schicksal, dass ihr in der Lage sein werdet, eure Vorurteile abzulegen.“

„Vorurteile…?“, begann Daniel, als er seine Sprache verlor, aber Hammond half ihm.

„Bitte übermitteln Sie unseren Dank dem Hohen Rat“, sagte er, als er um den Tisch auf Anise zuging und sie zur Tür begleitete. „Sobald wir irgendwelche Informationen haben, werden wir sie euch mitteilen, damit ihr sie dann an General Carter weiterleiten könnt…“ Er öffnete die Tür und führte sie hinaus, seine Worte wurden durch das Schließen der Tür unterbrochen, sodass Daniel und Teal’c alleine zurückblieben.

Nach einem kurzen Moment sagte Daniel: „Na ja, das lief doch… gut… schätze ich mal.“

„O’Neill hat keinen 'Zwischenfall’ verursacht“, antwortete Teal’c.

„Jedoch…“ Sein Blick wanderte zu dem großen Buch, welches noch auf den Tisch lag.

Daniel nickte. „Es ist nicht viel“, stimmte er ihm zu.

„Ich glaube Colonel O’Neill hatte mehr erwartet.“

Daniel klemmte sich das schwere Buch unterm Arm und ging zur Tür.

„Jack hat öfters unrealistische Erwartungen“, betonte er noch einmal. „Wir haben versucht ihn zu warnen…“

Teal’c folgte Daniel, als dieser den Raum verließ. Seine Gegenwart zeichnete einen kleinen Durchgang durch den belebten Flur. „Colonel O’Neill war schon immer ein Mann der Handlungen gewesen“, sagte Teal’c. „Es ist schwer für ihn zu akzeptieren, dass es nichts gibt, was er tun kann, um Major Carter zu helfen.“

„Denke ich mal“, stimmte ihm Daniel zu.

„Ihr Schicksal“, fuhr Teal’c fort, „liegt nun allein in deinen Händen.“

Seine Worte waren erschreckend in ihrer Direktheit, aber sie sagte Daniel nichts, was er nicht schon bereits wusste. Er presste das Tok’ra-Buch näher an seinen Körper heran, je näher sie seinem Labor kamen. Seine Schultern sackten ein wenig bei dem Gewicht, was er trug. Sams Leben. Es schien von nichts weiter als von seinem Verstand und einem verstaubten Buch abzuhängen.


++++++++++




Sam erwachte nervös und ausgedurstet, aber ruhiger. Die Dämonen der Nacht waren verschwunden, sie haben die Angst, die in ihr war, als sie alleine in der Dunkelheit gelegen hatte, mitgenommen. Aber sie waren nicht verschwunden und sie konnte sie noch immer spüren, wie sie darauf warteten, sie ein weiters Mal zu attackieren. Sie rollte sich auf den Rücken und starrte an die Decke.

Sie fühlte sich schwach, nicht körperlich aber seelisch. Und das war nicht typisch für sie. Sie war immer stark, seit dem Tag, an dem ihre Mutter starb, war sie deshalb stolz auf sich. Sam Carter war stark. Sie wurde mit allem fertig. Sie weinte nie. Nun, fast nie.

Aber letzte Nacht brach die Welt über sie zusammen, jegliche Hoffnung wurde ihr genommen. Alles, an das sie denken konnte, war ihr schreckliches Schicksal, welches sie sich verleugnet hatte - sie würde nie den Untergang der Goa’uld miterleben, nie wieder würde sie durch das Stargate hinaus in eine neue Welt schreiten, nie würde sie höher in ihren Rang außer eines Major aufsteigen! Sie lächelte grimmig bei ihrem wechselnden Ehrgeiz, bevor ihre Gedanken einen persönlicheren Weg einschlugen. Sie würde nie erfahren, wie es ist zu lieben und geliebt zu werden, sie würde nie heiraten, nie Kinder haben, niemals…

„Morgen, Sam“, begrüßte Janets sanfte Stimme sie neben ihr am Bett.

„Janet!“, antwortete sie und lächelte leicht. „Ich war Meilen weit entfernt.“

Janet nickte nur. „Wie fühlen Sie sich?“, fragte sie.

Als Sam sich in ihrem Bett aufsetzte, dachte sie über diese Frage nach. „Okay“, sagte sie schließlich. „Schätze ich mal.“

Janet zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Ich möchte mit der Chemotherapie in ein paar Tagen anfangen“, sagte sie. „Aber bis dahin werde ich Sie auf Ihr Quartier verlegen.“ Sam strahlte sie an, als sie diese Neuigkeiten hörte, aber Janets Gesichtszüge blieben ernst. „Durch die Chemo werden Sie sich ziemlich schlecht fühlen“, warnte sie Sam. „Sie wollen vielleicht noch ein paar Dinge erledigen, solange sie sich noch in der Lage dazu fühlen.“

Es hörte sich so endlich an, so beängstigend in sich selbst. Du bist krank. Du wirst sterben. Sie zitterte leicht und zog ihre Knie an ihre Brust, um ihr Kinn darauf zulegen. Janets Hand lag auf ihrem Arm. „So schlimm ist es nun auch nicht“, versicherte sie ihr. „Ich dachte nur, dass Sie vielleicht noch etwas Papierkram bearbeiten wollen.“

Sam nickte. „Sie meinen mein Testament?“

Janets Augen wurden so groß wie Unterrassen und ihre Kinnlade fiel nach unten. „Nein!“, protestierte sie inständig. „Sam, ich meinte Berichte und Dinge, die Sie sonst in Ihrem Labor machen! Wenn wir einmal mit der Behandlung begonnen haben, dann werden Sie vermutlich nicht in der Lage dazu sein.“

Janets fassungsloser Gesichtsausdruck ließ Sam lächeln und sie spürte, wie sich ein Knoten in ihrer Brust zu lösen begann. Sie konnte noch immer lächeln! Und es fühlte sich verdammt gut an! „Entschuldigung, Janet“, kicherte sie. „ich glaube, ich bin etwas empfindlicher geworden.“

„Positives Denken, Sam“, riet ihr Janet ernster. „Ich schwöre, das bewirkt Wunder.“

„Na ja“, sagte Sam und atmete tief und positiv denken ein. „Für ein paar Tage hier raus zu kommen ist definitiv ein Plus.“

„Ich möchte, dass Sie es nicht übertreiben“, warnte sie Janet und stand auf. „Sie sind noch immer krankgeschrieben.“

Ihre Beine aus dem Bett schwingend, schlug sie Janets Besorgnis in den Wind. „Sie sprechen mit mir, Janet“, erinnerte sie sie. „Nicht mit Colonel O'Neill. Ich befolge immer ärztliche Befehle.”

Skeptisch zog Janet eine Augenbraue nach oben, aber alles, was sie sagte, war: „Das tun Sie auch besser, Major, oder Sie sind schneller wieder hier, wie Sie Naquadah-Reaktor sagen können.“

+++++++++


Als sie die Cafeteria betrat, entdeckte sie augenblicklich den Colonel, Daniel und Teal’c, die sich um einen Tisch tummelten und vertieft in einer Diskussion waren. Nein, streich das, tief in einem Streit verwickelt waren. Daniel wedelte mit seiner Brille herum, was schon immer Zeichen für eine Meinungsverschiedenheit war, und Jack starrte ihn mit einem so finsteren, kalten Blick an, der selbst einen Pinguin hätte erfrieren lassen können. Während Teal’c von einer milden Aura der Unstimmigkeit umgeben war, wie ein Elternteil, der seine kleinen Kinder beobachtete.

Bevor sie sich ins Kampfgetümmel stürzte, entschied sie sich zunächst ein Frühstück zu holen. Sie schnappte sich ein Tablett und ging langsam am Kantinenangebot vorbei, als sie sich überlege, was sie essen sollte. Normalerweise würde sie sich etwas Gesundes aussuchen – Müsli, fettarme Milch, Früchte. Sie lächelte aufgrund dieser Ironie und entschied sich für den größten, klebrigsten Donut, den sie finden konnte. Nicht dass sie hungrig war, aber es standen Prinzipien auf dem Spiel. Sie entschied sich grade zwischen Kaffee und heißer Schokolade, als sie ein vertrautes und übertriebenes „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ durch den Raum schallen hörte. Sie drehte sich nicht um, aber sie konnte nicht anders als zu lächeln, als sie hörte, wie ein Stuhl nach hinten geschoben wurde. „Carter!“

„Eine heiße Schokolade mit extra viel Sahne, bitte“, sagte sie, als sie auf die Fußschritte hinter sich lauschte.

„Carter, was zum Teufel tun Sie hier?“

Sam drehte sich um. „Morgen, Sir.“

Er streckte seine Hände aus, um ihr das Tablett abzunehmen. „Weiß Fraiser, dass Sie hier sind?“, wollte er wissen.

„Ja, Sir. Sie hat mich für ein paar Tage auf mein Quartier verlegt.“

Er runzelte die Stirn. „Oh. Wirklich?”

„Bis ich die Chemo anfange.“

Seine offenbare Irritation ging zu ihrer wirklichen Form zurück – verzweifelte Sorge. „Richtig“, sagte er zögernd.

„Ihre heiße Schokolade, Ma’am?“

Sie nahm die Tasse und stellte sie auf ihr Tablett. „Darf ich das vielleicht wieder haben, Sir?“, fragte sie lächelnd.

„Nein“, antwortete er und stellte sich neben sie. „Ich hab’s.“

„Das ist wirklich nicht nötig, Sir. Ich bin wirklich in der Lage…“

„Ich habe es!“, sagte er mit Nachdruck.

Sie hatte es verstanden und suchte in ihrer Tasche nach etwas Geld, als sie darauf wartete zu bezahlen. Der Colonel stand nahe neben ihr, nahe genug, dass sich ihre beiden Arme berührten. Der versehentliche Kontakt ließ sie zu ihm aufschauen und sie erwischte ihm dabei, wie er sie beobachtete. „Also“, flüsterte er, als sie ein paar Schritte weitergingen, „geht’s Ihnen gut?“

Verlegen senkte sie ihren Blick und nickte. „Die Dinge sehen ihm Tageslicht immer besser aus.“ Und dann schaute sie hinauf an die Lampen. „Sozusagen.“

„Nachts ist es immer am Schlimmsten“, stimmte er ihr zu. Und von dem Gewicht in seiner Stimme her, wusste sie, dass er aus Erfahrung sprach – Jack hatte bereits gegen seine eigene Schar von Dämonen gekämpft. Leicht verlegen sagte sie für einen Moment nichts. Bei allen Menschen musste er es sein, der sie wie ein weinendes Kind vorfand; den Mann, den sie seit vier Jahren versuchte durch ihren Einsatz, ihre Fähigkeiten zu beeindrucken. Und jetzt, wer würde da mitten in der Nacht nach ihr sehen? Niemand.

Sie schaute auf und erwischte ihn wieder dabei, wie er sie beobachtete. Sorge und Zuneigung lagen in seinem Blick. Sam lächelte. „Danke“, sagte sie. „Für letzte Nacht.“

„Jederzeit, Carter“, sagte er und fixierte sie mit einem ernsten Blick. „Das meine ich. Jederzeit, Sie müssen mich nur fragen.“

Sie nickte und tankte Kraft von seiner Aufrichtigkeit. „Danke, Sir. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.“

„Einsfünfzig“, unterbrach der Kassierer sie. Er sah nicht so aus, als ob er einen guten Tag hätte und schaute auf den Schein, den Sam ihm gab, als wäre es eine persönliche Beleidigung.

Sam ignorierte die charmante Bedienung und wartete geduldig, während er nach dem Wechselgeld in der Kasse suchte. „Also“, sagte sie, „worüber streitet Sie sich?“

Jack verzog sein Gesicht. „Das Übliche.“

Sam zog eine Augenbraue nach oben. „Und was genau wäre das Übliche, Sir?“

Er lächelte. „Die Tok’ra.“

„Ah."

Der Kassierer schüttete mit einem grimmigen Blick und ohne ein Lächeln ein paar zerknitterte Scheine und ein paar Münzen in ihre Hand. „Danke“, sagte Sam höflich und steckte das Wechselgeld in ihre Tasche, während Jack mit dem Tablett auf Daniel und Teal’c zuging. „Was haben sie diesmal gemacht?“, fragte sie, als sie ihm folgte.

„Viel zu wenig“, murrte er.

Sie antwortete nicht, aber verstand seine Worte. Sie hatten um Hilfe gebeten und die Tok’ra konnten ihnen keine anbieten; es war nicht wirklich eine Überraschung. Aber ihr Fundament der Hoffnung bröckelte dadurch nur weiter.

 

++++++++

Daniels Augen schmerzten, sein Nacken war steif und sein Kopf schien von permanenten Kopfschmerzen befallen zu sein, als er sich über das Tok’ra Buch beugte. Es waren bereits drei Wochen vergangen seit Anise es ihm auf den Tisch gelegt hatte und seine Fortschritte waren nur schwerfällig und langsam. Die Sprache war verschachtelt und mit so vielen verwirrenden Zeitsprüngen versehen, dass es oft unmöglich war zu wissen, ob es sich nun auf die Gegenwart, die Vergangenheit oder die Zukunft bezog.

Während er sich in seinen Stuhl nach hinten lehnte, rieb er sich über seinen Nacken und seufzte laut. Drei Wochen und er hatte gerade mal die ersten zehn Seiten übersetzt. „Es wurde gesagt“, begann er laut zu sprechen, „dass die Götter des Himmels nicht länger die Herrschaft über unser Volk hält. Sie wurden gestürzt und wir wurden von ihrem Makel für immer gereinigt…“ Die Worte klangen mittlerweile so vertraut wie sein eigener Name, so lange hatte er jetzt schon auf sie gestarrt und nach Ähnlichkeiten in seinen anderen Büchern gesucht, die überall auf seinem Tisch und dem Boden verteilt lagen. Die Götter des Himmels. Sie waren die Goa’uld. So weit so gut, aber nach dem optimistischen Anfang verlief sich der Text in ein Gewirr aus Hyperbeln über die Freude des Friedens und des Heldentums der Elkaraner. Und bisher wurde noch nicht einmal ansatzweise eine Krankheit oder die wundersame Heilung, nach der sie so verzweifelt suchten, erwähnt.

Daniel streckte sich gähnend. Natürlich wäre er wahrscheinlich in den letzten Wochen schon weitergekommen, wenn Jack ihm nicht 'assistiert’ hätte. Um fair zu sein, muss man sagen, dass er es wirklich versucht hatte, er hatte Stunden damit verbracht seine Gedanken auf die unvertrauten Zeilen zu konzentrieren, und das nur aus eigener Willensstärke. Aber Jack war genauso wenig ein Linguist, wie Daniel ein Taktiker war und für gewöhnlich endeten Jacks Besuche in seinem Büro damit, dass er herumlief und so aussah, als ob gleich der Himmel auf die Erde fallen wurde. Wenn Daniel noch einmal die Worte „Schon was gefunden?“ hören sollte, würde er wahrscheinlich anfangen zu schreien.

Nicht, dass er kein Mitleid für seinen Freund hatte. Hinter seiner sarkastischen Fassade war Jack ein Mann mit tiefen Gefühlen und er wusste, dass Sams Krankheit in zutiefst getroffen hatte. Manchmal erwischte er ihn dabei, wie er total in sich gekehrt war, sein Blick war traurig und seine Gedanken weit entfernt von dem Buch, welches er vor sich liegen hatte. Aber diese Momente waren selten und die meiste Zeit über trug Jack seine Wut wie eine Rüstung – aber sein Mitgefühl zusammen mit seinen Gefühlen hielt er auf Abstand. Aber was Jack auch immer war, er war ein Mann der Taten. Er musste etwas *tun* und einfach nur herumzusitzen, umgeben von staubigen Büchern, gehörte gewiss nicht dazu. Und nach ungefähr dem Hundertsten „Schon was gefunden?” hatte sich Daniel auf zu Hammond gemacht und ihn förmlich angebettelt Jack auf eine Mission zu schicken.

„Die Tollaner?“, schlug er hoffnungsvoll vor.

Hammond war einverstanden und Jack hatte Befehle befolgt, was in Daniel ein leichtes Schuldgefühl hervorgerufen hatte, da er Sam bei ihrer zweiten Chemo nicht alleine lassen wollte.

Seine Gedanken an Jack zogen seinen Blick auf seine Uhr und er bemerkte, dass O’Neill und Teal’c schon fast seit eineinhalb Stunden wieder zurück waren. Angespannt ihre Missionsberichte zu hören, machte er sich auf den Weg in Richtung Kontrollraum. Als er dort ankam, war er überrascht zu hören, dass Jack und Teal’c noch eine Stunde früher zurückgekehrt waren. Da er schätze, dass sie bei Sam waren, ging er suchend zur Krankenstation. Sam jedoch fand er alleine vor, als er durch den Türbogen lugte, sie war auf ihrer Seite zusammengerollt, ein Buch lag noch in ihrer Hand, während sie schlief. Er ließ sie sich in Ruhe ausruhen und machte sich stattdessen auf den Weg zum Umkleideraum, und steckte noch kurz einmal seinen Kopf in Jacks Büro, nur um ganz sicher zu gehen.

Im Umkleideraum war es still, als er ihn betrat und fast hätte er Jack übersehen. Er saß auf einer Bank und hatte seinen Kopf in seinen Händen vergraben. Er war noch halb nass von der Dusche und nur halb bekleidet. Er rührte sich nicht, als sich Daniel ihm näherte, da er verloren in seinen Gedanken zu sein schien. Daniel räusperte sich. „Jack?“

Er nickte ihm kurz zu, als er aufschaute. „Schon etwas gefunden?“, fragte er.

„Nein“, antwortete Daniel und unterdrückte seine Frustration. „Nichts. Sie?”

Jacks angespannter Gesichtsausdruck sprach Bände. „Da hätte ich auch gleich in der Hölle nach Hilfe fragen können! Sie sind genauso ätzend, wie die verdammten Tok’ra.“ Er verstummte, da er offensichtlich seinen Ärger herunterschluckte. „Wie geht’s Carter?“

„Sie haben noch nicht nach ihr gesehen?“, fragte Daniel überrascht.

Er schüttelte mit einem langen Seufzen den Kopf. „Ich weiß einfach nicht, wie ich es ihr sagen soll“, flüsterte er. „Wie soll ich ihr denn sagen, dass wir noch immer nichts haben?“

„Sie wird damit schon umgehen können“, versicherte Daniel ihm und setzte sich neben ihn. „Sie ist Sam. Hart wie Stahl.“

Jack sah ihn schief von der Seite an, so als ob dazu privilegiert war ein Geheimnis zu wahren, welches er nicht teilen wollte. Aber alles, was er sagte, war: „Denke schon.“ Sein Kopf senkte sich zurück in seine Hände, als er für einen langen Moment auf den Boden starrte. Letztendlich sagte er: „Sie haben mir meine Frage noch nicht beantwortet. Wie geht es ihr?“

Daniel zögerte ihm eine Notlüge aufzutischen, aber Jack würde so oder früher oder später herausfinden. „Schlecht“, antwortete er ehrlich. „Die zweite Runde Chemo war nicht so gut.“

Jack stand kopfschüttelnd auf, dann lehnte er sich gegen seinen Spind und schloss seine Augen. „Ich hätte nicht gehen sollen“, murmelte er. „Eine gottverdammte Zeitverschwendung! Ich hätte bei ihr bleiben sollen.“

„*Ich* war bei ihr“, versicherte Daniel seinem Freund. „Von der Behandlung wird ihr übel und sie ist sehr müde. Aber sie ist noch immer Sam… noch immer am lächeln.“

Schmerz zeichnete sich auf Jacks Gesicht ab. „Sie will, dass Sie so über sie denken“, flüsterte er und sah ihn mit dunklen Augen an.

„Ja“, stimmte er ihm zu. Jack hatte recht. Was Sam sagte und fühlte, waren zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Sie war fast genauso vorsichtig wie Jack; muss wohl so eine militärische Sache sein, dachte er. Als er sein Elend auf dem Gesicht seines Freundes sah, sagte er: „Sie sollten zu ihr gehen. Sie war wach, als ich auf den Weg hierher war.“

Jack zog widerspenstig seine Augenbrauen zusammen. „Das sollte ich“, sagte er.

„Aber?“, hakte Daniel nach.

Leicht kopfschüttelnd drehte sich Jack zu ihm um. „Es tut so weh, sie so zu sehen“, erklärte er. „Carter war immer so voller Leben, so ehrgeizig. Ich kann sie da nicht so liegen sehen.“

„Ich weiß.“

„Das ist so falsch“, seufzte Jack. „Ich warte noch immer darauf, dass ich irgendwann aufwache und sie gesund vor mir sehe und all das ist nur ein weiterer Albtraum…“

Daniel kannte dieses Gefühl. Manche Nächte wachte er noch auf, mit der unbeschreiblichen Erleichterung, dass Sha’re noch immer an seiner Seite war, nur, um sich dann daran zu erinnern, dass der Albtraum Wirklichkeit wurde. Er musste ihn angestarrt haben, da Jack zurückstarrte. „Was?“

Daniel schüttelte den Kopf. „Nichts.“ Er stand auf. „Ich muss jetzt weiter arbeiten“, sagte er. „Grüßen Sie Sam von mir?“

„Sicher“, nickte Jack. Wie schwierig es auch für ihn sein mochte, Daniel wusste, dass Jack sich zu ihr setzten und mir ihr Lachen und Scherze machen würde. Sogar, wenn es ihn umbrachte.

++++++


Als er die Krankenstation betrat, fiel Jacks Blick sofort auf Sam. Sie lag hochgelegt auf ein paar Kissen, das Buch lag ruhend auf ihrer Brust, während ihre Augen geschlossen waren. Er beobachtete, wie ihre Brust sich rhythmisch hob und senkte; irgendwie fand er ihre regelmäßige Atmung beruhigend. Das war auch das Einzige, was ihm Trost schenkte. Ihre eingefallenen Wangen waren kreidebleich und die Finger, die auf ihrem Buch ruhten, schienen zu dünn und zerbrechlich zu sein, als dass sie zu ihr gehörten. Sein Magen drehte sich um bei diesem Anblick und versetzte ihn einen schmerzenden Stich in sein Herz. Er hatte das Gefühl, dass ihm Sam Stück für Stück weggenommen wurde, Tag für Tag…

„Colonel?“ Die leise Stimme neben ihm gehörte zu Janet.

Er schaute mit einem gezwungenen Lächeln zu ihr hinunter. „Hey, Doc, wie geht’s ihr?“

Fraiser verzog leicht ihr Gesicht, ihre Arme umschlangen eine Akte, die sie an ihre Brust presste. „Die Chemo setzt ihr ganz schön zu“, sagte sie ihm. „Aber sonst ist alles in Ordnung.“

Jack runzelte die Stirn. Das war in Ordnung? „Sie sieht blass aus“, sagte er.

„Ja“, nickte Janet. „Sie ist blutarm. Ich muss ihr eine Transfusion geben, aber die Labore brauchen so lange.“

„Transfusion?“, fragte er. „Wie Blut?“

Janets Blick wanderte zu ihm. „Ja“, sagte sie, „ein weiterer Nebeneffekt der Chemotherapie, fürchte ich.“

„Hört sich so an, als ob sie das kranker macht als der Krebs“, knurrte er.

„Es ist ziemlich schlimm“, stimmte sie ihm zu. „Aber es muss erst seine Arbeit machen.“

Jack nickte langsam und fragte sich, ob er es wagen sollte, die nächste Frage zu stellen. Aber am Ende war sein Willen es zu wissen stärker als seine Angst. Seine Stimme war nur ein leises Flüstern. „Funktioniert es?“

Janets Gesichtszüge spannten sich an. „Ich weiß es nicht“, sagte sie ihm. „Ich muss in ein paar Tagen noch eine weitere Knochenmarkbiopsie machen, um zu sehen, ob die Krebszellen angegriffen wurden.“

„Verstehe“, antwortete er. Keine Neuigkeiten. Keine Neuigkeiten waren gute Neuigkeiten, richtig? Er atmete tief ein und hielt so lange seine Luft, bis er sich seines Selbst wieder sicher war.

„Kein Glück bei den Tollaner nehme ich an?“, sagte Fraiser schließlich mit einem resignierten Lächeln.

Jack seufzte laut. „Nicht die Bohne.“

„Dann schätze ich, liegt es jetzt an uns“, sagte sie. Jack konnte die Unsicherheit in ihrer Stimme hören und verspürte, wie die Angst sich wieder in ihm regte; sie hatten langsam keine anderen Optionen mehr und alles was ihnen blieb waren ungesunde Chemikalien und Daniels altes Märchenbuch. Aber statt seine Angst die Oberhand gewinnen zu lassen, klopfte er Fraiser ein paar Mal auf die Schulter. „Ich vertraue Ihnen, Doc.“

„Danke, Colonel“, antwortete sie, offensichtlich nicht sehr davon überzeugt.

Er lächelte sie knapp an. „Ich denke, ich werde mich etwas zu ihr setzten.“

„Gute Idee, Sir. Sie hat Sie vermisst.“

„Das hat sie Ihnen gesagt?“

Janet lächelte. „Nicht mit so vielen Worten.“

Stirnrunzelnd nickte er Fraiser schließlich zu, da ihm nicht wohl war, welche Richtung diese Unterhaltung einschlug und machte sich dann auf den Weg zu Sams Bett. Außer das Heben und Senken ihrer Brust, lag sie reglos da und er setzte sich langsam neben sie auf den Plastikstuhl. So nahe bei ihr, konnte er die dunklen Ringe unter ihren Augen sehen und die IV, die mit einem Tropf verbunden war, verschwand unter ihrem Krankenkittel.

Ihre Haut war schon fast durchsichtig und die Venen in ihren Armen stachen blau bei ihrer Blässe hervor. Seine Hände zuckten, er wollte sie berühren, nur im sicher zu gehen, dass das Blut, welches durch ihre Adern floss noch warm und lebend spendend war. So ruhig und blass, sie hätte eine Leiche sein können. Dieser Gedanke erschreckte ihn zutiefst und brachte seine Selbstdisziplin ins schwanken. Er streckte seine Hand aus, und legte seine Finger um ihr Handgelenk. Sie war warm, ziemlich warm sogar, aber ihr Handgelenk fühlte sich so zerbrechlich unter seiner Berührung an, dass er Angst hatte, ihre Knochen darin zu brechen.

Aber der kurze Kontakt hatte sie geweckt und sie drehte ihren Kopf in seine Richtung, als sie ihre Augen öffnete. „Colonel?“, fragte sie lächelnd. „Sie sind zurück.“

„Ja“, antwortete er und zwang ein Lächeln an dem Knoten in seinem Hals vorbei. „Haben Sie mich vermisst?“

Ihr eigenes Lächeln wurde noch größer. „Um ehrlich zu sein… ja, habe ich.“

Ihre Blicke hielten für einen Moment stand und darin konnte er die Wahrheit ihren Worten sehen. „Ich habe Sie auch vermisst.“ Flüsternd fügte er hinzu. „Sehr sogar.“

Sam hielt so lange seinem Blick stand, bis ein Ausdruck der Resignation ihr Gesicht zeichnete und sie ihre Augen schloss. Sie wandte ihren Kopf von ihm ab, und als sie ihre Augen öffnete, starrte sie an die Decke. „Ich schätze mal, dass Sie nicht sehr viel Glück bei den Tollanern hatten“, sagte sie, indem sie das Thema wechselte.

„Nicht viel“, stimmte er ihr zu und sah, wie sich tiefe Falten über ihren Augenbrauen bildeten, während sie darüber nachdachte. Keine Hilfe, keine Wunderheilung. In der Hoffnung ihr es etwas einfacher zu machen, fügte er hinzu: „Schroedinger sagt 'Hallo’.“

Sam lächelte. „Er spricht jetzt schon?“

„Ich übersetzte es.“ Sie lächelte wieder, aber sagte nichts. Auf der Suche nach etwas anderem, was er ihr sagen könnte, bemerkte Jack das Buch und nahm es an sich. „Angelegenheit Mars: Der Plan den roten Planeten zu besiedeln und warum wir gehen müssen.“ Er zog neugierig eine Augenbraue hoch. „Planen Sie eine Reise, Major?“

Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung und sagte: „Es ist nur etwas Einfaches zum Lesen, Sir. Ich langweile mich so, aber ich kann mich nicht länger als fünf Minuten auf etwas Ernsthaftes konzentrieren.“ Sie runzelte die Stirn. „Ich kann noch nicht einmal *das* lesen, ohne einzuschlafen.“

Jack blätterte durch das Buch und zog wieder eine Augenbraue hoch. Nicht gerade *meine* Vorstellung vom leichten Lesestoff, dachte er. Er wollte so etwas in der Richtung sagen, als er den entmutigten Ausdruck auf Sams Gesicht sah, und änderte seine Meinung. Stattdessen sagte er: „Soll ich Ihnen etwas vorlesen?“

Ein Lächeln, welches sein Herz ergriff, umspielte ihre Lippen; es sah so nach der alten Sam aus. „Das müssen Sie nicht machen, Sir“, sagte sie, obwohl er von ihrem Lächeln in ihren Augen sagen konnte, dass ihr der Gedanke gefiel.

„Sie legen sich einfach nur zurück und hören zu“, schlug er vor, als er es sich so gemütlich wie es nur ging auf seinem Plastikstuhl machte. „Und wenn ich zu schnell werde oder Sie etwas nicht verstehen, dann sagen Sie es mir, ja?“

„Sicher, Sir“, stimmte sie ihm zu. Sie rollte sich auf die Seite, um ihn mit schläfrigen Augen zu beobachten, als er anfing ihr vorzulesen.

„Tagsüber erreicht die Elektrondichte eine Konzentration von 200,000/cm³ bei einer Geschwindigkeit von 135 km/h. Nachts fällt die Dichte auf 5000 /cm³…“

Und so ging es immer weiter. Ab und zu schaute Jack von seinem Text auf und jedes Mal wurden ihre Lider schwerer und schwerer, bis sie schließlich nicht mehr in der Lage war, sie offen zu halten. Er las immer langsamer und hörte schließlich ganz auf. Jack saß einfach nur da und beobachtete sie eine Weile. Er genoss die gesetzwidrige Freude, sie unverfroren anzustarren. Sam Carter. Er fuhr mit seinen Augen über das, was ihm laut Protokoll nicht gestattet war zu berühren – ihre Augenbraue, stark und weich, ihre Nase und ihre Augen, eingeschlossen von wunderschönen Wimpern. Und ihr Mund, leicht geöffnet im Schlaf. Er war zu einem leichten Lächeln verzogen, was sein Herz berührte. „Gute Nacht, Sam“, flüsterte er ihr zu und stand vorsichtig auf. Er zog eine Decke über ihre Schultern und dann, weil vielleicht niemand hinsah oder er nie wieder so eine Chance bekommen würde, beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie leicht auf die Schläfe. „Schlaf gut“, murmelte er und drehte sich um, um zu gehen. Er nahm die Erinnerung, wie seine Lippen ihre Haut berührten, mit, sie war so warm, dass es schon fast brannte.


++++++++


Janet saß mit ihrem Kopf in ihren Händen vergraben in ihrem Labor, als sie versuchte die Resultate vor ihr zu verändern. Eine Woche nach Sams zweiter Chemotherapie, und sie konnte noch keine Verbesserung sehen. Es *sollte* aber einer Verbesserung zu sehen sein.

Als sie sich aufsetzte, rieb mit ihrer Hand über ihre müden Augen und schaute ein weiteres Mal auf die Laborergebnisse. Aber trotz ihrer Wünsche, blieben die Zeilen vor ihr dieselben und die einfachsten Formulierungen lasen sich wie die mitleidslosen Worte eines Juristen. Die Knochenmarkbiopsie, die sie vor wenigen Tagen gemacht hatte, zeigte genau das; anstatt das sich die Goa’uld Zellen in Sams Knochenmark reduzierten, vermehrten sie sich nur noch schneller. Ihre Krankheit schritt viel schneller voran und nichts, was Janet in den vergangen Monat dagegen unternommen hatte, hatte auch nur ein Funken von einer Verbesserung erzielt. Ihre Freundin lag im Sterben und sie wusste nicht, wie sie ihr helfen sollte.

Mit einem Seufzen schaute sie durch das Fenster von ihrem Büro zu Sams leeres Bett und fragte sich, wie sie ihr nur beibringen sollte, dass die Schmerzen der letzten Wochen umsonst waren. Und noch schlimmer, die Krankheit breitete sich so schnell in ihrem Körper aus, dass man jetzt Sams Leben in Wochen und nicht mehr in Monaten zählen konnte. Tief in ihr drinnen, spürte sie, wie ein Gefühl der Trauer sich an die Oberfläche kämpfte und ihrer Kehle stecken blieb. Energisch stand sie auf und versuchte die Emotionen herunterzuschlucken, bevor sie die Kontrolle über sie einnahmen. 'Nicht jetzt’, schallte sie sich selbst. 'Nicht jetzt.’

„Doc?"

O’Neills Stimme von der Tür brachte sie wieder zurück und sie hatte sich noch nicht ganz gefasst, als sie sich hastig zu ihm umdrehte. „Ja?“

Er deutete auf Sams Bett. „Wo ist Carter?“

„Bei Daniel, glaube ich“, antwortete sie. Sie fuhr sich mit ihren Händen über ihren Rock, in den Versuch ihre Kontrolle wiederzuerlangen.

Der Colonel runzelte die Stirn. „Und macht was?“

„Er brauchte etwas Hilfe bei der Übersetzung“, sagte sie langsam, als sie sah, wie sich O’Neills Gesicht verdunkelte. „Seit sie sich besser fühlte, da hat sie sich so gelangweilt und ich habe ihr erlaubt, ihn für ein paar Stunden zu helfen.“

„Ist das klug?“

Seine Sorge ließ sie traurig lächeln. „Es wird ihr ganz gut tun, mal für eine Weile an etwas andere denken zu können“, sagte sie ihm.

Er dachte einen Moment darüber nach und nickte dann. Und plötzlich lag sein Blick wieder auf ihr. Sie hatte das Gefühl unter einem Mikroskop zu liegen. „Geht es Ihnen gut?“, fragte er, als er sie intensiv ansah.

„Gut“, log sie.

„Sie sehen traurig aus“, sagte er ihr, sein Blick glitt zu ihrem Schreibtisch und dann wieder zurück zu ihrem Gesicht. „Was ist los?“

Unter seinem Zynismus verbarg sich eine messerscharfe Intelligenz, der nichts entging. Sie lächelte wieder – wehe jemanden, der Jack O’Neill als einen Dummkopf abstempelte. Aber sie war nicht bereit mit ihm über Sams Ergebnisse zu reden, bevor sie es nicht selbst mit Sam darüber gesprochen hatte. Also, antwortete sie mit einem leichten Schulterzucken: „Nichts, über das ich reden kann, Sir.“

Von der Art und Weise, wie sich seine Finger um den Türrahmen krallten, wusste sie, dass er etwas wegen ihrer Nervosität bemerkt haben musste. Seine Lippen wurden zu einer dünnen Linie, bevor er sagte: „Schlechte Neuigkeiten, hm?“

Janet sah ihn ausdruckslos an. „Wie ich schon sagte, Sir, ich kann jetzt nicht darüber reden.“

Er nickte langsam, seine Augen schlossen sich für einen Moment länger als eigentlich nötig, während er mit seinen eigenen Ängsten kämpfte. „Ich werde jetzt Sam suchen gehen“, flüsterte er. „Um mal nach ihr zu sehen.“

„Gute Idee“, antwortete sie ebenso leise.

Er schaute dann wieder zu ihr, seine dunklen Augen waren ungewöhnlich offen und für einen Bruchteil einer Sekunde konnte sie etwas von dem Schmerz darin sehen, den er in sich trug. Aber es war fast sofort wieder verschwunden und er wandte sich ab. Doch gerade, als er ihr Büro verlassen wollte, sagte er: „Wollen Sie, dass ich sie zu Ihnen schicke?“

„Nein“, seufzte Janet. „Das kann warten.“

Sobald sie sah, wie sich sein Rücken anspannte, erkannte sie auch schon ihren Fehler. Ihre Worte hatten seine Vermutungen nur bestätigt und sie vermutete, dass er diese Frage absichtlich gestellt hatte. Nun denn, jetzt wusste er es. Oder hatte wenigstens eine sehr gute Ahnung davon, was auch immer es ihm nützen würde. Oder irgendjemanden.


++++++++

Es fühlte sich gut an mal aus dem Bett zu sein und etwas anderes zu machen, dachte Sam, als sie sich in einen der Sessel in Daniels Büro zurücklehnte. Ihr Blick glitt über die Zeichen, die er übersetzte. Ein Finger rieb über den dumpfen Schmerz in ihrem Nacken, aber dann entschied sie sich ihn zu ignorieren, als sie sich auf das Problem vor ihr konzentrierte. „Und Sie sagen, dass sie sich total von den anderen Zeichen in dem Buch unterscheiden?“, fragte sie, als sie noch einmal die Situation klarstellte.

Daniel nickte, er beobachtete sie eindringlich über den Rand seiner Brille hinweg. „Kontextabhängig. Ich glaube, dass es Zahlen sind. Ich rate mal… Koordinaten.“

„Für den Planet der Elkaraner?“

Er nickte. „Es ist schon möglich, dass sie verschlüsselt sind“, fügte er hinzu. „Die Elkaraner hatten Angst davor, dass die Goa’uld zurückkehren würden und wollten, dass ihr Planet geheim bleibt.“

Sam seufzte langsam und legte ihre Hand auf ihre Stirn. Wenn sie sich konzentrierte, begann er zu schmerzen, aber sie ignorierte diese Unannehmlichkeit. „Eine entschlüsselte Zahlensequenz zu knacken, ist nicht grade einfach“, seufzte sie wieder. „Und wenn die Elkaraner sich wirklich so vor den Goa’uld fürchten, dann besteht die Möglichkeit, dass sie ihr Stargate begraben haben.“

Ein weiteres langsames Nicken. „Daran habe ich auch schon gedacht“, sagte er ihr. „Aber dasselbe könnte man auch über uns sagen – wir haben ebenfalls Angst vor den Goa’uld, aber wir erkennen auch die Notwendigkeit in dem Stargate sie zu bekämpfen. Das ist ein zweischneidiges Schwert. Die Elkaraner sehen es vielleicht auch so.“

„Ich schätze, es gibt nur eine Möglichkeit das herauszufinden“, antwortete sie, als sie leicht anlächelte. „Also, wo fangen wir an?“

„Wir könnten hiermit anfangen“, sagte er, als er ein großes Buch über den Tisch zu ihr schob.
Sie stand auf, um es an sich zu nehmen, aber die Welt um sie herum begann sich plötzlich durch die abrupte Bewegung zu drehen und sie musste sich augenblicklich wieder zurücksetzen. Sie vergrub ihren Kopf in ihren Händen, um somit das Drehen zu stoppen. Leise fluchte sie: „Was jetzt?“

„Sam?“ Daniel kniete sofort neben ihr und sah sie besorgt an. „Was ist los?“

Mit einem schwachen Lächeln hob sie ihren Kopf. „Ich muss wohl zu schnell aufgestanden sein“, erklärte sie ihm. „Ich weiß auch nicht. Ich habe leichte… Schmerzen.“

„Kommt das von der Chemo?“, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf, ihr Lächeln verstärkte sich nur. „Oh nein. Das ist noch viel schlimmer!”

„Sie…“ Daniel runzelte die Stirn. „Vielleicht sollten Sie…?”

„Ja“, nickte sie und stieß sich hoch. Schnell blinzelte sie das Schwindelgefühl weg. „Ich werde zu Janet gehen.“

Daniel stand auf. „Ich komme mit Ihnen“, bot er ihr an.

„Nein, mir geht es gut“, versicherte sie ihm. „Mir ist nur etwas schwindelig.“

„Genau“, stimmte er ihr zu. „Und Jack wird mich wahrscheinlich mit einer Zat-Waffe erschießen, wenn Sie im Korridor ohnmächtig werden!“

Sie lächelte bei seinen Worten. „Ich werde nicht ohnmächtig. Sie sollten weiterarbeiten.“

„Sicher?“, fragte er offensichtlich nicht überzeugt.

„Ich kann den Korridor hinunterlaufen, Daniel!“, antwortete sie so aufgebracht, dass er schwieg.

Er runzelte die Stirn und drehte sich zu seinem Schreibtisch um. „Wenn Sie meinen.“

„Ich sehe Sie später“, versicherte sie ihm erneut, als sie sich ihre Kopie der Zeichen in ihre Tasche steckte und durch die Tür das Büro verließ.

Als sie die Krankenstation erreichte, fühlte sie sich sehr wackelig auf den Beinen. Janet war in ihrem Büro, also klopfte sie leicht an das Fenster, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Janet brauchte nur einen Blick auf Sams Gesicht zu werfen, bevor sie zu ihr eilte. „Sam?“, fragte sie. Vorsichtig umfasste sie ihren Arm und führte sie zu ihrem Bett. „Was ist los?“

„Ich fühle mich nicht gut“, gestand ihr Sam, als sie sich auf die Kante ihres Bettes setzte.

„Erzählen Sie es mir“, forderte Janet sie auf. Sie legte ihre kühle Hand auf ihre Stirn. Dann runzelte sie die Stirn.

„Schwindelig“, sagte Sam. „Etwas schlecht, mir tut alles etwas weh – so als ob ich mir etwas einfangen hätte.“

Janet nickte und griff nach dem Thermometer. „Legen Sie sich hin“, wies sie sie an und steckte das Thermometer in ihr Ohr. „Wie lange geht das schon so?“, fragte sie.

Sam zog eine Augenbraue hoch. „Noch nicht so lange…“

Nach nur wenigen Sekunden begann das Thermometer zu piepen und Janet zog es aus Sams Ohr heraus. Sie legte ihre Stirn in Falten, als sie auf das Display schaute. „Sie haben Fieber.“

„Warum?“

„Es ist wohl eher eine Infektion“, erklärte ihr Janet. Sie lächelte, aber Sam konnte die unterschwellige Sorge in ihren Augen sehen und sie mochte es überhaupt nicht.

„Was hat das zu bedeuten?“

Janets Lächeln wurde immer dünner, bis es schließlich ganz verschwand. Mit einem Seufzen setzte sie sich zu Sam aufs Bett. „Ihr Krebs und die Chemo macht Sie grade jetzt extrem anfällig für Infektionen, Sam. Ich werde Ihnen ein paar starke Antibiotika verschreiben und Sie zur Beobachtung hier behalten.“

Janet stand auf und zog die Vorhänge um Sams Bett herum zu. „Warum ziehen Sie sich nicht wieder um?“, schlug sie vor. „Ich hole die Antibiotika und dann werden wir sehen.“

„Sicher“, antwortete Sam leise. Sie hatte Angst; sie hatte Janets Blick gesehen und wusste, dass dies keine glückliche Entwicklung war. Aber sie würde verdammt sein, wenn sie sich von einer kleinen Mikrobe besiegen lassen würde! Was auch immer die Goa’uld ihrem Körper angetan hatten, sie war noch immer Sam Carter und sie würde mit all ihrer Kraft kämpfen. 'Dann mal los’, dachte sie wütend, als sie sich begann auszuziehen. 'Ich bin bereit und ich werde nicht ohne einen Kampf untergehen.‘

 

+++++++

Rund um die Uhr arbeitete Daniel an der Übersetzung. Es war schon spät, aber es kümmerte ihn nicht. Er hatte einen Durchbruch gemacht und nichts würde ihn aufhalten – noch nicht einmal der langsam kriechende Schmerz, der sich über seine Augenbrauen abzeichnete oder die Trockenheit in seinen Augen, was dazu führte, dass er immer häufiger blinzeln musste. Die Worte flogen nur auf ihn zu und seine Finger schmerzten schon von dem Tempo, in dem er schrieb. Das Buch, so stellte sich heraus, war die Geschichte der Elkaraner und ihren Kampf gegen die Goa’uld. Und gerade als er dabei war das Buch für diese Nacht zur Seite zu legen, las er das Wort 'Krankheit’ und seitdem hatte er nicht mehr aufgehört zu arbeiten.

Und seitdem war er wach, um den Tumult, hastende Fußschritte und das Türgeknalle zu hören. Obwohl er seine Arbeit nicht alleine lassen wollte, machte ihn der Lärm um diese Uhrzeit dennoch neugierig, also steckte er seinen Kopf aus seinem Büro und sah Janet am Ende des Korridors vorbeilaufen. Sein Herz machte einen Aussetzer und er runzelte mit der Stirn. Wahrscheinlich war es nur eines der Teams, welches grade verletzt zurückkehrte, sagte er sich selbst.

„Daniel Jackson.“ Die tiefe Stimme ließ ihn aufschrecken und er drehte sich um, nur um Teal’c im Türrahmen stehen zu sehen.

„Teal’c“, sagte er mit einem Nicken. „Du bist noch auf.“

„Genau wie du.“

Daniel nickte abwesend. „Weißt du, was da los ist?“

„Nein, tu ich nicht“, kam die Antwort mit einem leichten Stirnrunzeln.
„Jedoch werde ich es herausfinden.“

„Ja“, stimmte Daniel ihm zu und trat hinaus auf den Flur. Zum ersten Mal ließ er zu, dass die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. „Ich auch.“

Als sie die Krankenstation erreichten, erloschen Daniels Hoffnungen langsam ein verletztes SG-Team vorzufinden. Niemand außer Janet und ein paar besorgte Schwestern und Sam waren zu sehen. Janet stand an ihrer Bettseite und sprach mit einen der Schwestern über irgendwelche Medikamente, die selbst Daniel nicht verstehen konnte. Sam sah noch genauso bleich aus wie zuvor, bis auf die fiebrige Röte auf ihren Wangen. Aber sie war wach und ihr Blick blieb auf Daniel hängen, obwohl er sich nicht sicher war, ob sie ihn erkannte.

„Dr. Fraiser?“, fragte er leise und sie drehte sich mitten im Satz um.

„Schlaft ihr Jungs eigentlich nie?“

Daniel warf ihr ein schwaches Lächeln zu. „Was ist los?“

Janet zog ihre Augenbrauen hoch. „Sam hat eine Infektion.“

„Oh“, sagte Daniel, als er zu Teal’c schielte, welcher nur neugierig eine Augenbraue hochzog. „Ist das schlimm?“

Janet fuhr mit ihrer Hand über Sams Stirn und nickte. „Wir werden sehen“, war aber ihre Antwort. Dann drehte sie sich zu ihnen um. „Ihr könnt hier nichts machen. Sam braucht Ruhe. Genau wie Sie.“

„Aber“, hakte Daniel nach, „wird es ihr gut gehen?“

Wut flammte in ihren Augen auf. „Ich sagte, ich weiß es nicht“, sagte sie angespannt. „Ich tue schon, was ich kann.“

Daniel nickte schwer, als er Janets Sorge sah. Mit der Zunge fuhr er über seine trockenen Lippen. „Soll ich…?“ Er zögerte. „Soll ich Jack holen?“

„Nein.“ Janets Antwort kam augenblicklich. „Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist Colonel O’Neill, wie er mir auf Schritt und Tritt folgt.“

Daniel musste schon fast bei dem Widerstand in ihrer Stimme lächeln und Janet sah es, also entspannte sie sich etwas. Sie seufzte. „Wie ich bereits sagte, ihr könnt hier nichts tun. Ich lasse es euch wissen, falls sich vor morgen früh etwas verändern sollte.“

„Major Carter ist in sicheren Händen“, sagte Teal’c schließlich und legte eine Hand auf Janets Schulter. „Wir vertrauen sie dir an, Dr. Fraiser.“

Janets Augenbrauen wanderten nach oben. „Ah, danke“, nickte sie. „Das ist wirklich überaus nett, Teal’c.“

Teal’c nickte leicht, bevor er sich an Daniel wandte. „Wir sollten jetzt gehen.“

Mit einem letzten Blick auf Sams gerötetes Gesicht seufzte Daniel. „Kämpfen Sie, Sam“, flüsterte er. „Wir werden finden, was Sie brauchen, das verspreche ich.“ Teal’cs große Hand auf seiner Schulter begann ihn zur Tür zu führen. „Viel Glück“, sagte er zu Janet.

„Danke“, antwortete sie und klang so, als ob sie es wirklich gebrauchen könnte.

Er seufzte wieder und zwang seinen Verstand wieder zur Arbeit zurückzukehren. Es gab keine Möglichkeit, wie er heute Nacht schlafen würde können – wie konnte er auch, wenn Sam so krank war und nur er den Schlüssel zur ihrer einzigen Chance auf eine Heilung in den Händen hielt?

++++++++




Die Nacht war sehr lang und am Ende konnte Janet nichts Positives berichten. Sams Verfall war steil und schnell, als ihre Infektion weiter voranschritt. Vor ein paar Stunden war sie einen unbeständigen und irreredenden Schlaf gefallen. In ihren fiebrigen Träumen wandte sie sich ununterbrochen auf ihrem Bett.

Janet beobachtete das langsame Tropfen des IV, welches die Antibiotika in ihren schwachen Körper schickte und hoffte, dass Sam noch genug Kraft in sich hatte. „Shh“, murmelte Janet, als sie ihre kalte Hand auf Sams brennende Stirn legte. „Ist schon okay, Sam. Alles in Ordnung.“
Aber in Wahrheit war nichts in Ordnung. Es war schlecht und es wurde immer schlimmer. Ihre müden Augen wanderten zu ihrer Armbanduhr und ihr Herz sank eine Etage tiefer, als sie sah, dass es schon fast halb sieben war. Bald schon würde sie sich mit ihren besorgten Besuchern rumschlagen müssen und dann musste sie ihnen sagen, dass Sams Zustand mehr als kritisch war; es war bereits an den Punkt der Hoffnungslosigkeit angelangt.

Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür der Krankenstation und Daniel steckte seinen Kopf herein. Ein Blick auf sein blasses Gesicht und seine Ringe unter den Augen sagten ihr, dass er die ganze Nacht gearbeitet hatte und sie konnte nicht anders als zu seufzen. „Wie geht’s ihr?“, fragte Daniel, sobald er durch den Türbogen getreten war.

Janet spannte jeden Muskel an, zog ihre Hand von Sams Stirn weg und stand auf. „Nicht gut“, sagte sie direkt. „Sie reagiert nicht auf die Antibiotika, ihr Blutdruck fällt…“

Wenn es möglich gewesen war, dann wurde Daniels Gesicht noch bleicher. „Gibt es nicht noch etwas anderes, was Sie machen können?“, fragte er, als er langsam auf Sams Bett zuging und sich neben sie setzte.

„Nicht wirklich“, antwortete sie mit einem Flüstern. „Ich kann’s nur versuchen und sie dabei unterstützen.“ Sie seufzte und schaute hinunter auf ihre Freundin. „Das Problem ist, dass ihr Körper die Infektion bekämpfen muss, aber ihr Immunsystem wurde so geschwächt, dass sie es im Moment nicht kann.“

Daniel blinzelte mehrmals hinter seiner Brille, während er diese Informationen verarbeitete. „Wir sollten die Tok’ra kontaktieren“, sagte er schließlich. Und dann schloss er seine Augen und nahm seine Brille ab, als er mit einer Hand über seine Augen rieb. „Und ich sollte Jack abfangen.“

Janet schluckte schwer. „Er wird bald hier sein“, sagte sie ihm. „Er kommt immer vor…“

„Daniel?“ Janet verzog ihr Gesicht – da war sie, diese militärische Strenge. „Was ist los?“

Sich umdrehend, sah sie O’Neill am Türeingang herumlungern und beobachtete Daniels bleiches Gesicht, als er sich neben Sam setzte. Die dunklen Augen des Colonels richteten sich auf sie. „Doc?“, fragte er warnend.

„Es tut mit leid, aber Sams Zustand hat sich zum Schlechteren gewendet“, sagte sie.

Sein Gesicht erstarrte. „Bedeutung?“

Janet atmete tief ein und zwang sich die folgenden Worte auszusprechen. „Sie hat eine Infektion, welche immer stärker wird. Wenn sie nicht bald auf unsere Behandlung anspricht, glaube ich nicht, dass sie es schaffen wird.“

„Nicht schaffen wird?“, wiederholte Jack ihre Worte, er bewegte sich nicht, sondern starrte sie nur an.

Janet wimmerte ein wenig. Sie hatte eine der eisernen Regel für die Übertragung von schlechten Neuigkeiten vergessen – benutze nie Beschönigungen. „Sie wird sterben, Jack“, stellte sie es mit sanfter Stimme richtig da. „Es tut mir wirklich sehr leid.“

Die einzigen Flecken Farbe in seinem Gesicht waren seine Augen, fast so dunkel wie die Nacht. Nach einem langen, schmerzhaften Schweigen, schluckte er schwer und flüsterte: „Sie wird es schaffen.“

Daniel sah bei seinen Worten auf und stand langsam auf. „Ich werde jetzt die Tok’ra kontaktieren“, sagte er leise, aber Jack antwortete nicht. Als er an seinen Freund vorbeiging, streckte er seine Hand aus, um ihn zu berühren, aber im letzten Moment entschied er sich dagegen. Janet konnte es ihm nicht verübeln. O’Neill sah so aus, als ob er von nichts weiter als nur noch seiner Willenskraft zusammengehalten würde und nur der Hauch von Mitleid könnte das zerbrechen, was ihn zusammenhielt.

„Ich werde in meinem Büro sein“, murmelte sie, als sie Daniel folgte.

Jack sagte nichts, und als sie sich umdrehte, konnte sie sehen, wie er langsam auf Sams Bett zuging. Aber dann hielt er auf einmal inne und wirbelte zu Daniel herum. „Die Tok’ra?“, fragte er mit einer Stimme aus Stahl.

Daniel drehte sich wieder zurück zu ihm um, ein Ausdruck der Trauer lag in seinem Blick. „Wir müssen ihr Angebot wenigstens in Betracht ziehen“, sagte er ruhig.

„Nein!“, antwortete Jack. „Nicht das.“

Janet runzelte die Stirn. „Welches Angebot?“ Sie wusste sie klang reizbar und nicht besorgt. Sie hasste es, außen vorgelassen zu werden.

Jack antwortete ihr nicht, seine dunklen Augen waren mit einer gefährlichen Intensität auf Daniel gerichtet. Daniel fuhr sich mit einer Hand durch seine starken Haare, als er sich zu ihr umdrehte. „Die Tok’ra haben angeboten Sam zu einem Wirt zu machen.“

Der Gedanke machte sie krank und für einen Moment war ihre instinktive Reaktion dieselbe, wie die des Colonels. Nein. Nicht so, nicht für Sam. Sie konnte sich noch gut an das Nachspiel von Jolinar erinnern und wollte sich nicht vorstellen, dass ihre Freundin das noch einmal durchmachen musste. Aber dann glitt ihr Blick auf das fiebergerötete Gesicht ihrer Patientin, die dunklen Ringe unter den Augen und das mühsame Heben und Senken ihrer Brust. Wenn Tod die einzige Alternative war? Es war ganz einfach zu früh die Welt von dieser brillanten Frau zu berauben.

„Es muss doch noch einen anderen Weg geben“, beharrte Jack. „Wir können sie nicht so aufgeben!“

Daniel schüttelte den Kopf. „Wenn wir mehr Zeit hätten“, sagte er ruhig, „könnte ich vielleicht die Elkaraner finden, aber, Jack, Sie haben doch gehört, was Janet gesagt hat… Wir haben vielleicht nur noch ein paar Stunden!“

Jack schüttelte den Kopf. „Sie würde lieber sterben.“

Der Blick den Daniel ihm zuwarf war messerscharf. „Sie hat das Recht zu wählen.“

Jack fand darauf keine Antwort und seine Lippen wurden zu einer dünnen Linie. „Es muss einfach einen anderen Weg geben“, wiederholte er ruhig.

Tief einatmend wollte Janet vorschlagen, dass sie diese Diskussion doch lieber in ihrem Büro fortsetzen sollten, als eine Schwester sie unterbrach.

„Entschuldigen Sie, Doktor“, sagte sie mit leiser Stimme und gab ihr ein Blatt Papier. „Die Ergebnisse der Blutgase.“

„Danke“, antworte Janet und überflog schnell die Nummern. Sie fluchte, als sie es las. „Verdammt.“

„Doc?“, fragte O’Neill mit zitternder Stimme. „Was ist los?“

Janet holte einmal tief Luft, als sie schnell zu Sam ging. „Es ist zu viel Kohlenstoffdioxid in Sams Blut“, erklärte sie mit ruhiger Stimme. „Es ist ein frühes Anzeichen für Atmungsschwierigkeiten. Die Infektion hat sie so weit geschwächt, dass sie nicht mehr richtig atmen kann. Ich muss sie an ein Beatmungsgerät anschließen.“

Als sie sprach, sammelte sie schnell die Ausrüstung zusammen, die nötig war, um Sam zu intubieren, wobei sie einen schnellen Seitenblick auf den Colonel warf. Er beobachtete sie mit einer immensen Beharrlichkeit, aber sie hatte jetzt keine Zeit, um sich darum Sorgen zu machen, also wandte sie sich wieder Sam zu.

Sie verlor langsam das Bewusstsein und Janet bezweifelte, dass sie überhaupt mitbekam, was grade um sie herum passierte.

Nichtsdestotrotz nahm sie ihre Hand und begann leise zu sprechen. „Sam, ich muss Sie an ein Beatmungsgerät anschließen. Ich werde einen Tubus in Ihren Hals schieben, damit Sie wieder atmen können.“ Sie bekam keine Antwort, also drückte sie sanft Sams Hand und legte sie zurück aufs Bett, um sich an die Arbeit zu machen.

Mit einer Leichtigkeit führte sie den Kehlkopfspiegel in Sams Mund und schob den Endotrachealschlauch an seinen Platz. „Fertig“, murmelte sie und schielte hinüber zu Phillips, welcher bereits die Beatmungsmaschine hereinrollte. Als sie arbeitete, warf sie ihrem Publikum einen kurzen Blick zu. Sie genossen offensichtlich nicht die Show und sie beobachteten Sam mit einem verzerrten Lächeln, in welches sich dennoch eine gewisse Faszination widerspiegelte. Sie wusste, dass sie sie loswerden musste. „Daniel“, sagte sie leise, als sie Sam mit der Maschine verband, „jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt die Tok’ra zu kontaktieren.“

Er nickte langsam, aber er wandte seinen Blick nicht ab. „Ja“, hauchte er.

Janet hatte schon fast einen Protest von O’Neill erwartet, aber er schwieg, als er ihre Arbeit beobachtete. Und dann, ganz abrupt, drehte er sich um. „Lasst uns gehen“, sagte er grob, eine Hand lag bereits auf Daniels Schulter und führte ihn zur Tür.

Als sie sich zu der Maschine an Sams Seite umdrehte, seufzte Janet und klammerte sich an ihre eigenen Ängste, während sie sich darauf konzentrierte alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Sam am Leben zu erhalten. Aber ihr Herz schmerzte vor Trauer – für Sam und für sie alle.


++++++++


Als sich das Wurmloch etablierte, konnte er immer noch nicht glauben, welche Möglichkeit er in Erwägung zog. Eine gottverdammte Schlange in Carter zu pflanzen. Noch immer konnte er die Angst in ihrer Stimme hören, als sie Jolinar in sich trug: „Oh Gott, Jack! Das dürfen Sie mir nicht antun!“ Er erschauderte bei dem Gedanken daran und Zweifel begannen sich ihn zu regen. 'Das dürfen Sie mir nicht antun.’ Er war sich heute noch nicht sicher, ob diese Worte von ihr oder der Tok’ra waren, aber es war ihre Stimme und er konnte sie jetzt hören, wie sie in seinem Kopf widerhallte, während auf die schimmernde Oberfläche des Stargates schaute. Er hörte ihre Stimme, aber in seinem Kopf sah er ihr blasses, lebloses Gesicht, als Fraiser ihr einen Tubus in den Hals schob, damit sie atmen konnte.

Der Tod war nah, er konnte seinen kalten Atem in der Luft spüren und plötzlich war der Gedanke Sam als Tok’ra zu sehen, lange nicht mehr so beängstigend, als das Bild von ihrem Gesicht, welches ohne jegliches Leben war. Er konnte sie nicht sterben lassen und wenn sie nur als Tok’ra überleben konnte, dann soll es so sein. 'Oh Gott, Jack. Das dürfen Sie mir nicht antun!’ Diese Worte erklangen wieder in seinem Kopf, aber diesmal ignorierte er sie. „Ich kann Sie nicht verlieren, Carter“, murmelte er zurück. „Es tut mir leid.“

„Was?“

Daniel neben ihm hatte ihn aus seinen Gedanken gerissen und er runzelte die Stirn. „Nichts“, murmelt er, verlegen darüber, dass er es laut ausgesprochen hatte. Mit dem Versuch sein Unbehagen zu überspielen, starrte er zum Stargate. „Wo zum Teufel bleiben die nur?“

„Anscheinend ist der Transport eines Symbionten, der sich außerhalb eines Wirts befindet, etwas heikel“, sagte ihm Daniel. „Sie können sich wohl nicht beeilen.“

Jacks gebrummte Antwort wurde durch die Erscheinung einer Person aus dem schimmernden Blau unterbrochen. Anise. Freya. Wer auch immer. Ihr folgten zwei Männer, welche zwischen sich einen kleinen aber wohl doch schweren Behälter trugen. Nur schon alleine der Anblick dieses Dings jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Als Daniel einen Schritt nach vorne ging, sagte er: „Anise – danke, dass ihr gekommen seid.“

„Wir haben zu danken“, sagte die Tok’ra mit einem höflichen Kopfsenken. „Darf ich vorstellen? Das hier sind Petar und Halgen. Sie werden mir bei dem Transfer von Nyneva in Samantha Carter assistieren.“

Nein! Das Wort lungerte in Jacks Kopf, aber er wehrte sich dagegen es auszusprechen. Er hatte keine Wahl. Entweder so oder er würde sie ganz verlieren. Besser einen Teil von ihr zu haben, als gar nichts, richtig? Besser ihr diese Chance zu leben zu geben, als dass der Tod sie von ihm nimmt – von allen? Mit einem tiefen Atemzug presste er seine Kieferknochen aufeinander, um seine Zweifel bei sich zu behalten und fixierte Anise mit seinem Blick, als sie langsam die Rampe hinunter ging. Genau vor ihm blieb sie stehen und sah ihn mit einem Blick an, der durch und durch Tok’ra war, aber als sie sprach, war es Freyas ruhige Stimme. „Du brauchst keine Angst zu haben, Colonel O’Neill“, versicherte sie ihm. „Alles was Samantha Carter ist wird bleiben. Ihre Gedanken, ihr Wissen – ihre Gefühle. Sie wird nur mehr sein, als sie zuvor war, das ist alles.”

Jack senkte seinen Blick und wünschte sich, dass diese Frau einfach nur ihre Klappen halten würde, anstatt über Sams Gefühle zu sprechen. Sie wusste zu viel darüber und sie wusste einfach nicht, wann sie ihren gottverdammten Mund halten sollte. Sogar jetzt, als sein eisiges Schweigen jeden davongejagt hätte, stand sie erwartungsvoll vor ihm und wartete auf eine Antwort. Er schaute zu ihr auf. „Wir mögen sie so, wie sie ist“, murmelte er.

Die Tok’ra lächelte traurig. „So wie sie ist, wird sie sterben, Colonel. Wenn die Verschmelzung mit Nyneva erfolgreich war, wird sie wieder stark und gesund sein. Du hast dann deine Freundin wieder zurück.“

Aber er schüttelte nur den Kopf. „In dem Moment, in dem diese Schlange in ihren Kopf eindringt, wird sich alles ändern. Wir beide wissen das, also warum hörst du nicht einfach mit diesem Schwachsinn auf? Sie wird eine von euch sein.“

Anise zog elegant eine Augenbraue hoch. „Sie wird leben.“

„Ja“, nickte er, ohne noch weitere seiner Gefühle preiszugeben, „das wird sie.“

Daniel berührte Anise leicht am Arm. „Wir sollten jetzt auf die Krankenstation gehen“, sagte er leise und sie nickte, aber ihr Blick blieb auf Jack liegen.

„Samantha Carter wird ein unglaubliches Leben bei den Tok’ra führen“, versicherte sie ihm. „Ihr Mut, ihre Kraft und ihr Wissen wird ein großer Gewinn im Kampf gegen die Goa’uld sein.“

„Das ist es bereits“, erinnerte Jack sie. „Sie hat eure Schlangenhintern schon zu oft gerettet.“ Er verstummte für einen kurzen Moment. „Schande nur, dass ihr diesen Gefallen nicht erwidern könnt.“

Anise schüttelte mit dem Kopf. „Genau das tun wir grade, Colonel“, erklärte sie ihm ruhig, „und eines Tages wird dir Samantha die Wahrheit von dem erklären, was ich gesagt habe.“

Damit drehte sie sich um und folgte Daniel die Rampe hinunter. Die Männer, die den Symbionten trugen, waren dicht hinter ihr. Jack beobachtete sie schweigend und versuchte sich nicht Sams Gesicht vorzustellen, wenn sie aufwachte und herausfand, dass sie ihren Kopf und Körper mit jemandem teilen musste. Dieser Gedanke ließ ihn von innen erstarren; wie konnte er ihr das nur antun? Er schüttelte seinen Kopf, als er sich an die kalte Hand des Todes auf ihrer Schulter erinnerte. Wie konnte er es nicht?

+++++++

Auf der Krankenstation arbeiteten die Tok’ra schnell und schweigend, als sie den Symbionten für den Transfer vorbereiteten. Daniel beobachtete das Geschehen mit einer besonderen Abneigung, sein Verstand war schon fast betäubt durch das ständige Piepen der Maschinen, die Sam umgaben. Jack saß neben ihr und sprach leise mit ihr. Aber Daniel bezweifelte, dass sie ihn hören konnte; vor knapp einer Stunde hatte sie das Bewusstsein verloren.

Ganz in der Nähe schwebte Janet, ihre Gesichtszüge waren vor Wut und Ekel angespannt, als sie Anise bei der Arbeit beobachtete. Er wusste, dass sie füreinander nichts übrig hatten, aber irgendwie hatte sie die Tatsache, dass die Tok’ra jetzt diejenigen waren, die Sam retteten, wo sie gescheitert war, sie sehr tief getroffen. Sie starrte sie an, selbst als sie die Maschinen um Sam herum kontrollierte, so als ob sie darauf warten würde, dass Sam doch noch den Kampf gewinnen und diese drastische Maßnahme nicht nötig sein würde. Aber nichts was sie sah, gab ihr den Trost und ihre Lippen wurden noch dünner, als sie wieder hinüber zu den Tok’ra schaute.

Neben ihm spürte Daniel, wie sich Teal’c bewegte und die Szenerie beobachtete. Er schielte kurz zu ihm rüber und sah, dass sein Blick auf O’Neill gerichtet war.

„Wir verlieren heute sehr viel“, sagte er leise.

Daniel nickte langsam. „Aber nicht alles. Wenigstens kann sie so überleben.“

„Samantha Carter wird überleben“, sagte er nach einem Moment und legte eine extra Betonung auf ihren Namen.

Stirnrunzelnd folgte Daniel dem Blick seines Freundes zu Jack. Sein undurchdringlicher Gesichtsausdruck verriet nichts, aber Daniel erkannte die Maske, die gefallen war. Er hatte es schon einmal gesehen, vor vielen Jahren. Schwer schluckend sagte er: „Wir werden das durchstehen. Zusammen.“

Teal’c legte seinen Kopf etwas zur Seite. „Ich hoffe, du hast Recht, Daniel Jackson.“

Daniels Blick war noch immer auf Jack gerichtet, als Anise sich zu Wort meldete. „Wir sind so weit.“ Und da sah er, wie sich Jacks Gesichtsmuskeln anspannten und er kurz seine Augen schloss. Als er langsam aufstand, bewegten sich leicht seine Lippen und Daniel dachte, dass er ihn ein „Es tut mir leid, Sam“, murmeln hörte, bevor er von dem Bett wegtrat.

Janet schwebte weiterhin schützend neben Sam, als Anise zu ihr kam. „Du musst diesen Schlauch entfernen“, sagte die Tok’ra und deutete auf den Tubus, der durch Klebestreifen an Sams Gesicht befestigt war.

Kopfschüttelnd zeichnete sich auf Janet eine Sorgenfalte ab. „Sie ist zu schwach, um von sich aus zu atmen.“

„Sobald Nyneva in ihren Körper eindringt, wird die Heilung beginnen“, versicherte Anise ihr. „Bitte vertrau uns…“

Etwas, was schon fast ein Knurren war, kam aus Janets Kehle, als sie die Frau anstarrte. „Das letzte Mal, als SG-1 dir vertraut hat, sind sie fast gestorben“, hielt sie ihr noch einmal vor Augen. „Warum sollte…?“

„Doktor“, ging Jack dazwischen, „tun Sie, was sie sagt.“ Seine Stimme war ruhig, aber behielt doch weiterhin einen Ton der Autorität in sich.

„Aber, Sir…?“

„Wenn wir es tun müssen“, sagte er, „dann lassen Sie es uns einfach tun.“

Janet warf ihm einen zögernden Blick zu, aber tat, was er sagte. „Ich hoffe nur für dich, dass du auch weißt, was du da tust“, murmelte sie zu Anise, als sie damit begann das Klebeband von Sams Gesicht zu entfernen. Vorsichtig legte sie ihren Kopf zurück und zog den Tubus schnell heraus. „Halten Sie durch, Sam“, flüsterte sie, als sie sich die Sauerstoffflasche schnappte und mit der Beatmung begann und den nötigen Sauerstoff in ihre Lungen pumpte.

Daniel beobachtete mit einer Übelkeit erregenden Faszination Anise, als sie den Symbionten aus dem Behälter holte, der von einen der Männer gehalten wurde. Er konnte einen Schauer des Ekels nicht unterdrücken und sah denselben Ausdruck auf Janets Gesicht und mit einer offensichtlichen Widerwilligkeit entfernte sie die Sauerstoffmaske von Sams Mund und trat zur Seite. Einer der Tok’ra nahm ihren Platz neben Sams Bettseite ein und öffnete ihren Mund, als Anise begann die sich windende Kreatur in ihren Mund zu führen.

„Oh Gott!“ Diese gewürgten Worte kamen von Jack und Daniel sah, wie er sich abwandte, seine Augen waren geschlossen und eine Hand lag über seinem Mund.

Als sich der Symbiont langsam seinen Weg in Sam arbeitete, musste auch Daniel wegsehen. Der Anblick war grotesk und sein leerer Magen drehte sich protestierend um. Er konnte schon die Übelkeit in seinem Hals spüren und schluckte hart. Dann legte sich eine warme, schwere Hand auf seine Schulter. „Alles wird gut“, sagte Teal’c langsam. „Samantha Carter wird wieder gesund.“

Plötzlich wurde Raum von einem schrillen Schrei erfüllt. Verzweifelt und wütend, es führte dazu, dass sich wieder alle Augenpaare auf Sams Bett richteten. Der Tok’ra Symbiont wandte sich heftig, die eine Hälfte steckte in Sams Mund und die andere war noch draußen. Blut spritzte über Sams Gesicht, als sich die Kreatur krümmte.
 
„Was ist los?“, rief Jack, als er einen halben Schritt näher kam. Sein Gesicht war kreidebleich, aber noch hatte er die Kontrolle nicht verloren.

„Ich weiß es nicht!“, antwortete Anise mit offensichtlicher Sorge, als ein weiterer schriller Schrei den Raum erfüllte. „Die Verschmelzung funktioniert nicht… Nyneva leidet…“

„Sam atmet nicht“, rief Janet. Daniel konnte schon sehen, wie Sams Lippen blau anliefen, es war ein erschreckender Kontrast zu dem roten Blut auf ihrem Gesicht, das durch den zappelnden Symbionten auf die weißen Laken verteilt wurde.

„Holt es daraus!“, schrie Jack augenblicklich. „Holt es aus ihr heraus! Sofort!“

Anise nickte. „Ich versuche es“, sagte sie mit besorgter Stimme ihres Symbionten. „Aber ich kann es nicht riskieren, Nyneva zu verletzen.“

„Mir ist diese verdammte Schlange scheißegal!“, explodierte Jack und war mit zwei großen Schritten an Sams Seite. „Entferne es oder ich reize es eigenhändig raus!“

Besorgt darüber, dass er es wirklich tun würde, versuchte Daniel ihn wegzuziehen, aber Jack schüttelte wütend seine Hand weg. „Lass mich verdammt noch mal los!“, knurrte er.

Aber Teal’cs starke Hände gaben mehr Widerstand. „Wir müssen Anise Platz zum Arbeiten geben“, sagte Teal’c ernst und zog O’Neill ein oder zwei Schritte nach hinten.

„Petar!“, rief Anise. „Bereite die Kammer vor.“

Einer der Tok’ra holte den Behälter, in dem der Symbiont drin war, seine Finger flogen schnell über eine kleine Schaltfläche an der Seite. „Fertig“, sagte er schließlich.

„Ich habe sie“, sagte dann Anise, schließlich holte sie die sich windende Kreatur aus Sam heraus und steckte sie zurück in die Kammer.

Janet stieß die Tok’ra-Frau zur Seite, als sie dann zu Sam gehen konnte. Schnell saugte sie das Blut aus Sams Mund und legte ihr wieder einen Tubus. Jack stand einfach nur da, seine Arme hingen nun wehrlos in Teal’cs festen Griff. „Alles in Ordnung“, sagte Janet nach einem Moment. „Vorerst.“

Jack rieb sich schnell mit einer Hand über seine Augen, bevor er sich zu Anise umdrehte. Rasende Wut hatte alle anderen Gefühle verdrängt, als er sie anstarrte und Teal’c festigte vorsichtshalber seinen Griff um Jacks Arm wieder. „Was zum Teufel ist da grade eben passiert?“, zischte er.

Anise wurde bleich, aber sie verlor nicht ihre Kontrolle. Als sie sprach, war es die Stimme von Freya. „Ich glaube, dass die Goa’uld-Proteine in Major Carters Blut die Verschmelzung unmöglich machen. Es tut mir leid, Colonel, aber sie kann keine Wirtin werden, solange sie vorhanden sind.“ Daniel hätte gelacht, wenn die Situation nicht so zermürbend gewesen wäre. Sam konnte wegen ihrer Krankheit kein Wirt werden, aber wenn die Krankheit nicht wäre, dann müsste sie auch kein Wirt werden.

Jacks Gesichtsausdruck war schon fast erleichtert, auch wenn die Dunkelheit in seinen Augen von einem großen Verlust sprach. „Dann war es das jetzt“, sagte er leise und wandte sich an Sam. „Es ist vorbei.“

Janet wischte vorsichtig das Blut von Sams Mund weg und sie schaute auf, als sich alle Augenpaare auf sie richteten. „Es gibt immer noch die Chance, dass sie die Infektion bekämpfen kann“, flüsterte sie. „Sehr gering, aber es ist immer noch eine Chance. Alles, was wir jetzt machen können, ist zu warten.“


++++++++


 

Neben ihren Sorgen um Sam, und dass sie in den letzten beiden Tagen nur ein paar Stunden geschlafen hatte, hatte Janet noch andere Arbeit zutun. SG-3 war von einer Mission zurückgekehrt mit den gewöhnlichen Kratzern und blauen Flecken, ein gebrochenes Handgelenk und andere normale Dinge, die so eine Mission mit sich brachte.

Sams Bett war am Ende der Krankenstation durch einen Vorhang abgeschirmt und die sonst so ungestümen Soldaten hatten den Hinweis verstanden und verhielten sich etwas reservierter als normal. Daniel und Teal’c kamen und gingen ein paar Mal, während sich Janet um SG-3 kümmerte, aber sie nickten ihren Kollegen nur kurz zu. O’Neill dagegen war nicht ein einziges Mal von Sams Seite gewichen.

„Wie geht’s Major Carter?“, fragte Captain Shepard, als sein Blick Daniel folgte, der hinter dem Vorhang hervorkam und zur Tür ging.

„Nicht so gut“, sagte Janet mit einem Flüstern, als sie seinen Kopf ruhig hielt und ihn mit ihrer kleinen Lampe ins Auge schien.

Shepard seufzte. „Das ist total ätzend“, sagte er. „Nach allem, was sie bereits durchgemacht hat, muss es so enden…“

Janet zwang sich zu einem Lächeln, was mehr einer Grimasse glich. „Noch ist es nicht vorbei, Captain.“

„Nein“, stimmte er ihr eifrig zu. „Ich meinte auch nur…“

„Ich weiß”, sagte sie ihm mit einem Ton, der zu verstehen gab, dass sie nicht weiter darüber sprechen wollte. „Das war’s, Captain. Schicken Sie…“

„Doc!“ Der erregte Ruf kam von O’Neill und ließ Janets Herz für einen Moment aussetzen; das war’s. Langsam drehte sie sich um, sie wollte sich dem nicht gegenüberstellen, was ihr gleich begegnen würde und dann kam der Colonel auch schon auf sie zu. „Kommen Sie her“, drängte er.

Mit einem kurzen Nicken entließ sie Shepard und Janet rannte hinüber zu Sams Bett. „Was ist los?“, fragte sie sofort, als sie den Vorhang zur Seite zog.

Als sie sprach, schielte sie zu O’Neill hoch, aber anstatt totale Zerstörung in seinen Augen zu sehen, wie sie es erwartet hatte, sah sie einen Schimmer von Hoffnung. „Ich glaube, dass sie sich etwas kälter anfühlt“, sagte er hoffnungsvoll und legte eine Hand auf ihre Stirn. „Ja.“

Janet teilte seine eifrige Hoffnung noch nicht und maß schnell Sams Temperatur; das Ergebnis ließ eine Welle der Erleichterung über sie rollen. „Sieh haben recht“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. „Die Temperatur ist etwas gesunken.“

„Das ist gut“, sagte er. Seine Finger lagen nervös neben Sams Hand. „Richtig?“

Janet nickte. „Es ist ein gutes Zeichen“, stimmte sie ihm langsam zu. Sie wollte nicht, dass er falsche Hoffnungen hegte.

„Aber?“, fragte er, die Hoffnung, die sie in seinen Augen gesehen hatte, begann langsam zu verschwinden.

Mit einem ernsten Blick sah sie ihn an. „Aber auch wenn sie sich von der Infektion erholen sollte, so ist sie dennoch sehr schwach. Sie wird sehr angreifbar sein für weitere Infektionen und eben auch auf die Auswirkungen des Krebses an sich.“

„Also, wollen Sie sagen, dass…?“

„Ich will damit sagen“, sagte sie ihm, „dass es gute Neuigkeiten sind, aber nur für einen kurzen Zeitraum. Auf langem Zeitraum gesehen ist die Prognose immer noch sehr ernst.“

O’Neill nickte leicht, sein Ausdruck sagte nichts. „Wie lange noch?“

Mit einem Kopfschütteln sagte sie: „Das kann ich nicht sagen, Sir.“

„Versuchen Sie’s“, drängte er verärgert.

Mit zusammengebissenen Zähnen aufgrund der Unmöglichkeit seines Befehles gab sie ihm schließlich die ungeschminkte Wahrheit. „Es könnten noch ein paar Stunden sein, ein paar Tage oder ein paar Wochen, Sir. Das ist das Beste, was ich sagen kann.“

Wut flammte in seinen Augen auf, aber genauso schnell, wie sie gekommen war, verschwand sie auch wieder und er rieb sich müde über die Augen. „Entschuldigen Sie“, murmelte er halbherzig.

„Ist schon in Ordnung“, versicherte sie ihm und legte eine Hand auf seinen Arm. Die Muskeln unter seinem Shirt waren vor Anspannung hart wie Stahl. „Sie sollten etwas an die frische Luft gehen, Colonel“, sagte sie ihm. „Machen Sie einen Spaziergang und lüften Sie etwas Ihren Kopf aus.“

„Mir geht es gut“, antwortete er und setzte sich zurück auf den Stuhl neben Sams Bett, als er seinen Kopf in seinen Händen vergrub. Janet sagte nichts, sondern beobachtete ihn nur und die Worte von seinem psychologischen Gutachten hallten in ihrem Kopf. 'Nach dem Tod seines Sohnes wurde Colonel O’Neill zunehmend depressiv, bis hin zur Gefährdung zum Selbstmord.' Sie schluckte den Klos in ihrem Hals herunter und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Sam. Ihr ging es schon ein wenig besser. Und wo es Hoffnung gab, da gibt es auch Leben, richtig? Na ja, so in der Art jedenfalls.


+++++++++

 

Sams Kopf war voll mit Bildern. Wörter und Gesichter flossen wie Wasser durch ihren Kopf, zu chaotisch und schwer es zu halten. Sie sah Daniels Gesicht, wie er sie über den Rand seiner Brille ansah und seine Lippen bewegten sich zu stummen Worten, die sie nicht verstehen konnte. Eine Nummer blitzte in ihrem Kopf auf: vierzehn.

Und dann sah sie Teal’c rennen, Explosionen von Stabwaffen umgaben ihn, als er sich auf halben Wege umdrehte. „Hier entlang!“, rief er ihr zu und zog sie zu sich. „Beeil dich.“ Sie spürte, wie sie zu rennen begann, obwohl sie nicht vorankam.

„Keine Trödelei, Major!“ Die wütende Stimme kam von O’Neill und sie drehte sich um, nur um zu sehen, wie er sie anstarrte. Hinter ihm standen vierzehn Bäume, aufgeteilt in zwei siebener Gruppen.

„Sie lassen uns in Stich“, schrie er und dann schaute er hinunter auf ihre Füße. „Sie werden nirgendwo hinkommen ohne Schuhe, Carter.“

Verwirrt schaute sie runter und sah, dass sie barfuß im flachen Wasser stand. Ihre Füße waren kalt und liefen schon blau an, aber zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass sie an jedem Fuß sieben Zehen hatte. Geschockt sah sie auf… und öffnete ihre Augen.

Desorientiert blinzelte sie an die helle, weiße Decke. Ihre Gelenke fühlten sich schwer an, so als könnte sie sie nicht bewegen und ihr Kopf begann zu schmerzen. Schwer vom Schlaf, fielen ihre Augen wieder zu, bevor ein vertrautes Gesicht vor ihr auftauchte.

„Hey“, begrüßte sie Janets leise Stimme. „Sie sind ja wieder wach.“

Worte formten sich in Sams Kopf, aber als sie versuchte sie auszusprechen, merkte sie, dass etwas in ihrem Mund steckte. Panik stieg in ihr auf und sie fuhr mit einer zitternden Hand zu ihrem Gesicht. Janet hielt sie auf. „Versuchen Sie nicht zu sprechen. Sie sind intubiert”, erklärte sie. „Sie brauchten es, um zu atmen.“

Ja, jetzt erinnerte sie sich. Der schnelle Fall in ein schmerzendes Fieber, die Träume und dann war da das Nichts. Vage Erinnerungen von Menschen um sie herum, darüber, dass fast etwas Grauenhaftes mit ihr geschehen war und dann war da eine schmerzhafte Stille, welche sie zurück in ihre Träume gezogen hatte.
 
„Ich werde jetzt den Tubus entfernen“, sagte Janet mit einer immer noch weichen und beruhigenden Stimme. „Ich möchte, dass Sie tief einatmen und wenn ich es Ihnen sage, atmen Sie aus. Okay?“

Sam nickte schwach und machte, was ihr gesagt wurde. Das knebelnde Gefühl war sehr unangenehm und sie keuchte unter Schmerzen, als der Tubus aus ihrem Hals gezogen wurde. „Was…?“, flüsterte sie heiser und griff um ihren Hals. „Es tut weh“, sagte sie, als sie verwirrt zu Janet aufblickte.

Ein Blick von schwerem Bedauern zog sich über das Gesicht ihrer Freundin. „Wir haben Sie fast verloren, Sam“, flüsterte sie. „Die Tok’ra haben versucht… Sie zu retten.“

'Mich zu retten?’ Einen Augenblick lang verstand sie es nicht, aber der düstere Ausdruck auf Janets Gesicht und zusammen mit dem Schmerz in ihrem Hals, sagte ihr den Rest. Sie haben versucht sie zu einer Wirtin zu machen. Gott! „Warum…?“, begann sie, aber Janet missverstand die Frage und unterbrach sie, bevor sie die Frage zu Ende stellen konnte.

„Sie sind fast gestorben“, sagte sie offensichtlich unglücklich darüber, was geschehen war. „Colonel O’Neill dachte, dass es besser wäre…“ Sie schaute für einen Moment weg, bevor sie ihren besorgten Blick wieder auf Sam richtete. „Keiner von uns wollte Sie verlieren, Sam.“

Kopfschüttelnd stellte sie schließlich die Frage, die noch unbeantwortet blieb. „Warum hat es nicht funktioniert?“

Janet zog überrascht ihre Augenbrauen hoch. „Wegen den Goa’uld-Proteinen in Ihren Blut. Sie haben den Tok’ra-Symbionten abgestoßen.“

Das waren schlechte Neuigkeiten und sie schloss ihre Augen. „Das war meine letzte Hoffnung“, flüsterte sie. Dieser Gedanke war versteckt, stimmlos in ihrem Hinterkopf gewesen schon seit dem Zeitpunkt, als Janet ihr von dem Krebs erzählt hatte. Wenn es ihr Dad tun konnte, warum dann auch nicht sie? Na ja, anscheinend war das Leben nicht so einfach. Ihre letzte Chance zu überleben wurde von ihr gerissen und jetzt konnte sie nur noch den Tod erwarten. Außer… Daniels Gesicht blitzte vor ihren geschlossenen Augen auf und brachten die Erinnerungen an ihren Traum zurück. Sieben Bäume, sieben Zehen. Sieben. Vierzehn.

Sams Augen flogen auf und sie griff nach Janets Arm. „Ich muss ihn sehen“, krächzte sie.

„Colonel O’Neill?“, fragte Janet.

„Nein“, antwortete sie, ihr Griff um Janets Arm wurde fester. „Daniel.“

Janet sah sie leicht verwirrt an. „Es ist mitten in der Nacht, Sam“, begann sie einfühlsam. „Sie sollten jetzt schlafen. Ihr Fieber ist grade gesunken und…“

Sie ignorierend, zwang Sam sich dazu mit normaler Stimme zu sprechen. „Jetzt. Es ist sehr wichtig. Bitte, Janet.”

Nachgiebig zuckte sie schließlich die Schultern und Janet stand auf, um nach eine der Schwestern zu rufen. „Können Sie bitte Doktor Jackson in seinem Quartier anrufen?“, bat sie. „Sagen Sie ihm, dass Major Carter ihn sehen möchte. Es ist dringend.“


++++++++

Jack hatte nicht einmal versucht zu schlafen und so lag er voll bekleidet auf seinem Bett und starrte an die Decke. Fraiser hatte ihn aus der Krankenstation gescheucht, als Sam Zeichen der Besserung gezeigt hatte und er sollte sich ausruhen. Natürlich hatte er versucht sich dem zu widersetzen, aber sie konnte so verdammt überzeugend sein, wenn sie es wollte. Und so hatte er sich weggeschlichen, zu angespannt, um zu schlafen, obwohl er sich bewusst war, dass sein Körper den Schlaf dringend brauchte. Aber das war alles, was er bekommen würde; einfach nur regungslos auf dem Bett zu liegen, während er an die Decke starrte, und versuchte nicht an die dunkle Schlucht zu denken, die sich unter seinen Füßen geöffnet hatte, als sie alle dachten, dass Sam sterben würde.

Nach all dem Schrecken, welches er bisher in seinem Leben gesehen hatte, denen er sich gelegentlich ausgeliefert fühlte, wo er immer tiefer in die dunkle Verzweiflung gestürzt war, war bisher Charlies Tod das schrecklichste gewesen. Wenn der Feind in deinem eigenen Kopf eingesperrt ist, dann gab es keine Hoffnung auf Rettung, keine sichere Zuflucht und keine innere Erlösung. Es herrschte ein ständiger und unerbittlicher Kampf. Es riss einen hinunter, deine Verteidigung war geschlagen, bis du nichts mehr übrig hattest. Es isoliert einen, zerstört deine Freundschaften und zog einem mit jedem verstreichenden Tag noch weiter hinunter in die absolute Dunkelheit. Und von dort aus gab es keine einfache Flucht.

Bevor seine Gedanken eine noch düstere Richtung einschlugen, versuchte er eine Pause zu machen. Flucht. Na ja, es *gab* eine Flucht. Und fast hätte er diesen Weg auch eingeschlagen, schon einige Male. Aber auch nur fast. Nur die Erinnerung daran, wie sich sein Verstand in diesem Teufelskreis befand, macht ihn krank. Dieselben Gedanken und Bilder schossen erbarmungslos auf ihn ein, als er einfach nur da saß und auf die Waffe in seiner Hand starrte. Er erinnerte sich an die vollkommene Hoffnungslosigkeit, welche ihn von seiner Vernunft abgebracht und überzeugt hatte, dass Vergessen der einzige Weg zum inneren Frieden war. Und neben den Jahren der langsamen Heilung, die folgten, wusste er, dass der tiefe Abgrund gleich unter ihm war. Sicher, er war zu gebrettert, verdeckt unter unerwartete Freude und Erfolge, unter unvorstellbaren Freundschaften und Gefühlen, von denen er dachte, dass er sie für immer verloren hatte. Aber diese Ordnung war nur kurzfristig, und als er Sam dort liegen gesehen hatte, so nahe am Tod, hatte er gespürt, wie das zerbrechliche Gerüst unter seinen Füßen zu zerbrechen begann. Er hatte Anise gesagt, dass er lieber sterben würde, als sie zu verlieren, aber die Wahrheit war, dass wenn er sie wirklich verlieren würde, dann würde auch er sterben. Nicht sofort, aber am Ende wusste er, würde er zurück in seinen Abgrund fallen und diesmal könnte ihn nichts mehr daraus befreien. Nichts, außer einer Kugel.

Ein Klopfen an seiner Tür rüttelte ihn aus seinen düsteren Gedanken und von der einen auf die anderen Sekunden war er auf seinen Füßen. Als er die Tür aufzog, war er überrascht Daniel davor stehen zu sehen. „Es geht um Sam“, begann Daniel.

Der Boden unter seinen Füßen begann nachzugeben. „Sam?“ Seine Stimme war schroffer als er es beabsichtigt hatte.

„Sie ist wach!“, erklärte Daniel schnell. „Ich habe grad einen Anruf bekommen… Sie will mich wegen etwas Wichtigem sehen.“ Mit einem Stirnrunzeln verstummte er und sah in Jacks Gesicht, bevor er etwas leiser hinzufügte. „Ich dachte mir, dass Sie es vielleicht wissen wollten.“

Wach! Sein Herz begann wieder zu schlagen und die Dunkelheit wurde etwas heller. „Danke“, murmelte er, als er die Tür hinter sich schloss.
„Fraiser hätte mich anrufen sollen.“ Daniel gab ein merkwürdiges und unverfängliches Geräusch von sich, welches Jack als eine Verschleierung erkannte. Er lächelte ihn leicht an, es war offensichtlich, dass Janet ihn für eine Weile loswerden wollte. Er konnte es ihr nicht wirklich verübeln. Er war ein schrecklicher Patient und ein noch schlimmerer…. Was? Besorgter Colonel? Besorgter Freund? Er seufzte. Janet wusste genau, was er war; es war ein stillschweigendes, unausgesprochenes Wissen.

„Anscheinend ist Sam vor zehn Minuten aufgewacht“, sagte Daniel, als sie beide eilig zum Fahrstuhl gingen. „Aber sie hat wohl sehr darauf bestanden mit mir zu reden.“

„Darauf bestanden?“, lächelte Jack. „Carter? Los raus hier!”

Daniel lächelte zurück. „Ich hoffe, dass es ein gutes Zeichen ist.“

„Ja“, antwortete Jack etwas leiser. „Ich auch.“

Als sie auf der Krankenstation ankamen, saß Sam mit ein paar Kissen im Rücken gestützt in ihrem Bett. Der Tubus war aus ihrem Mund verschwunden und sie beobachtete die beiden mit müden Augen, als sie hereinkamen. Ihr Gesicht war noch immer leichenblass, aber sie schaffte es zu lächeln, welches Jacks Herzen höher schlagen ließ. Sein Instinkt wollte, dass er zu ihr eilte, aber er widerstand dem Drang und ließ sich etwas zurückfallen und von Daniels natürlichem Enthusiasmus antreiben.

„Sam!“, sagte Daniel lächelnd. Er nahm ihre Hand und setzte sich neben sie. „Es tut gut Sie wieder wach zu sehen.“

Sie nickte und lächelte ebenfalls. „Danke.“

Ihre Stimme traf Jack fast genauso stark, wie ihr Lächeln und erst da bemerkte er, dass er im Grunde nicht mehr damit gerechnet hatte, sie zu hören. Sein Hals zog sich bei diesem Gedanken zusammen und unglücklicherweise wählte sie diesen Augenblick, um zu ihm zu sehen.

„Hi“, sagte sie. Ein unschuldiges Wort, aber die Wärme in ihrer Stimme zog ihn hilflos an ihre Seite.

Er schluckte die unerwünschten Gefühle hinunter, seine Worte waren heiser. „Sie haben uns ganz schön erschreckt, Carter.“

„Entschuldigung, Sir“, flüsterte sie.

Als er um das Bett herum ging auf die andere Seite, zwang er sich zu einem Stirnrunzeln und murmelte. „Machen Sie es nur nicht wieder, Major. Das ist ein Befehl.“ Und dann, nicht in der Lage sich zu stoppen, strich er ihr kurz über ihre Finger. „Verstanden?“ Na ja, wenn Daniel dort sitzen und ihre Hand halten konnte, dann war das doch in Ordnung? Oder?

Sie lächelte und sagte dann schwach: „Verstanden.“ Dann zog sie ihre Hand weg und wandte sich an Daniel. So müde sie auch zu sein schien, er konnte die plötzliche Aufregung in ihrem Gesicht sehen. „Ich glaube, ich habe es geknackt.“

Daniel blinzelte. „Was geknackt?“

„Die Koordinaten für Elkaran.“

Jack konnte nicht anders. „Im Koma? Ich meine, ich weiß, dass Sie brillant sind, Carter, aber das ist selbst für Sie unmöglich!“

Sie sah ihn leicht verwirrt an. „Ich war nicht im Koma“, murmelte sie.

„Was auch immer. Sie waren nicht grade in Topform.”

Sie öffnete ihren Mund, um weiter zu protestieren, aber Daniel ging dazwischen. „Jack, lassen Sie sie doch einfach mal ausreden!“

Mit einem Augenrollen gab er schließlich nach und Sam begann zu reden. Ihre Stimme war noch rau und heiser und er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, als er daran dachte, welchen Schaden die Tok’ra ihrem Hals zugefügt hatten. Aber jegliches Unbehagen, welches sie vielleicht verspürte, war unter ihrem Eifer vergraben. „Ich schätze, dass mein Unterbewusstsein mit den Problemen ein wenig herumgespielt hat, selbst als ich bewusstlos war“, sagte sie. „Ich hatte diese verrückten Träume, aber die Zahl vierzehn tauchte in vielen von ihnen auf. Vierzehn Bäume, vierzehn Zehen…“

„Vierzehn Zehen?“

Sam ignorierte Jacks Einwurf und Daniel starrte ihn einfach nur an. „Als ich dann aufwachte, traf es mich wie ein Schlag“, fuhr sie fort. „Die vierzehnte Base.“

Daniel starrte sie an, schielte dann hinüber zu Jack und dann wieder zurück zu Sam. „Oh“, sagte er mit einem Nicken und Stirnrunzeln.

Jack lächelte und setzte sich. Grinsend streckte er seine Beine aus. „Ich glaube, Carter, was er versucht zu sagen ist: Wovon zum Teufel reden Sie da?“

„Was?“

„Vierzehnte Base? Keinen Schimmer, was das bedeutet.“

Jetzt war es Sam, die ihn anstarrte. „Haben Sie kein Mathe in der High School gehabt?“

„Gelegentlich.“

„Die vierzehnte Base ist eine Methode zu zählen, die vierzehn als ihre Einheit betrachtet und nicht zehn“, erklärte Daniel und Jack konnte sich nicht helfen, aber er sah ein Funkeln von Triumph in seinen Augen.

„Was ich nicht verstehe, wie soll es uns helfen?“

Sam schluckte und schloss vor Schmerzen kurz ihre Augen. „Okay“, sagte sie, „geben Sie mir die Ziffern, mit den Sie Schwierigkeiten hatten. Wir dachten, dass sie Zahlen wären - eine Gleichung vielleicht – aber die Elkaraner benutzen die vierzehnte Base anstatt die zehnte, weshalb es auch keinen Sinn ergab, als Sie es versucht haben durch Zahlen zu übersetzen. Alles, was ich machen muss…“

Das leise Klicken einer sich schließenden Tür zogen alle Blicke auf das Ende des Raumes. Janet kam auf sie zu, sie sah müde, aber bestimmend aus. Sie nahm die Szene mit verschränkten Armen vor sich auf. „Alles, was Sie brauchen“, sagte sie, „ist Ruhe. Jeder von Ihnen.“

Jack stand langsam auf. „Das zählt auch für Sie, Doc?“

„Muss ich daraus erst einen Befehl machen, Sir?“, fragte sie und umging seine Frage. „Sie wollen doch nicht krankgeschrieben werden, oder?“

Jack schenkte ihr eines seines schiefen Lächelns. „Das würden Sie nicht wagen.“

„Schlafen Sie, Colonel“, sagte sie ihm ernst. Und dann sah sie ihn mit einem verschlagenen Blick an und sie traf ihn da, wo sie wusste, dass er verwundbar war. „Major Carter braucht jetzt Ruhe. Sie ist immer noch sehr schwach.“

Schließlich gab er niedergeschlagen nach. „Okay, wir verschwinden.“ Er drehte sich zu Sam um. „Wir sind gleich morgen früh wieder hier.“

„Nicht zu früh“, warnte Fraiser ihn, als sie seinen Platz an Sams Seite einnahm. „Die Krankenstation ist bis 0900 tabu. Verstanden?“

Jacks widerspenstiges Nicken war nur halbherzig. Er war erschöpft, Carter war erschöpft, Daniel war erschöpft und Janet sah so aus, als ob sie an Ort und Stelle einschlafen würde. „0900“, stimmte er ihr zu, als er Sam einen Blick zu warf. „Schlafen Sie gut.“ Und dann mit einem brüsken Nicken zu Daniel, der ihm folgen sollte, verschwand er. Nur alleine Sams Stimme hatte die Dunkelheit ein Stück verdrängt und er dachte, dass die Erinnerung an ihr Lächeln ihn vielleicht dabei helfen würde, den Schlaf zu bekommen, den er so verzweifelt brauchte.

 

++++++++

 

Zu Sams Überraschung war ihr erster Besucher am nächsten Morgen Teal’c. Leise betrat er den Raum, schaute kurz zu Janets Büro und ging dann zu ihrem Bett. Sie lächelte und er sagte: „Major Carter, es ist schön zu sehen, dass du dich wieder erholt hast.“

„Danke“, nickte sie.

„Wir waren gestern sehr besorgt“, fuhr er fort.

„Habe ich schon gehört”, antwortete sie und berührte ihren noch immer wunden Hals. „Ich schätze mal, dass die ganze Tok’ra-Sache etwas unangenehm war?“

Er beugte leicht seinen Kopf, als er sagte. „Mehr für Colonel O’Neill und Daniel Jackson.“

„Oh?"

„Ich bin an den Gedanken einen Symbionten zu tragen gewöhnt“, erinnerte er sie.

Sam nickte, ihr Blick wanderte zur Uhr. Es war erst halb acht, was bedeutete, dass sie Daniel oder den Colonel erst in eineinhalb Stunden sehen würde. Sie brannte darauf einen zweiten Blick auf die Koordinaten zu werfen, um ihre Theorie zu testen. Wenn sie recht hatte, dann würde das bedeuten… Sie seufzte, sie wollte keine falschen Hoffnungen heraufbeschwören. Wenn sie recht hatte, dann hatten sie noch genug Zeit, um darüber zu diskutieren. Sie wollte grade Teal’c fragen, ob er sich nicht setzen wollte, als eine Stimme von der Tür ihre Aufmerksamkeit erregte.

„Psst! Carter!“ O’Neills Kopf schaute um die Ecke. „Wo ist Fraiser?“, fragte er.

Sie grinste. „Nicht hier“, versicherte sie ihm.

„Gut.“ Damit schlüpfte Jack, dicht gefolgt von Daniel in den Raum. „Wie fühlen Sie sich heute?“, fragte er,

„Okay."

Er verengte seine Augen. „Die Wahrheit, Carter?“

Sie zuckte leicht mit ihren Schultern. „Na ja, wenn Sie es unbedingt wissen müssen, schwach.“ Da sie nicht weiter darauf eingehen wollte, wandte sie sich sofort an Daniel. „Haben Sie die Koordinaten mitgebracht?“

Er runzelte die Stirn und schob seine Brille auf seiner Nase etwas hoch. „Sind Sie sich sicher, dass Sie das schon können, Sam?“

„Ich bin mir sicher“, sagte sie ihm und versuchte sich aufzusetzen. Aber die Anstrengung war zu viel und so sank sie frustriert wieder zurück in ihre Kissen.

„Vielleicht sollten wir noch warten, bis Janet Sie wenigstens einmal untersucht hat“, zögerte er, als er Jack einen unsicheren Blick zuwarf.

„Daniel!“, protestierte sie und hielt ihm eine zitternde Hand entgegen. „Bitte!“

„Geben Sie ihr einfach die Koordinaten“, murmelte Jack, als er sich auf den Stuhl neben ihrem Bett setzte. „Wenn Carter rechnen kann, während sie bewusstlos ist, dann sollte das hier ein Spaziergang sein!“

Sie lächelte und nahm die Blätter aus Daniels Hand. Dann begann sie die merkwürdigen Symbole zu studieren. „Ich brauche einen Stift“, murmelte sie, als sie ihren Kopf lüftete und die logische Reihenfolge des Musters vor ihr in sich aufnahm. Aber noch in dem Moment, in dem sie einen Abzug betrachtete, begann ihre Hand so stark zu zittern, dass sie das Geschriebene nicht mehr lesen konnte. Sie ließ ihre Hand auf ihre Brust fallen. „Verdammt“, flüsterte sie und schloss ihre Augen, damit die Tränen der Frustration nicht entkommen konnten.
 

„Warten Sie“, flüsterte Jack, „wir helfen Ihnen hoch. Dann brauchen Sie es nicht zu halten.“ Zwischen ihnen, halfen Jack und Daniel ihr auf, stopften die Kissen hinter ihren Rücken und legten sie dann vorsichtig zurück. „Okay?“, fragte er mit einem Lächeln, von welchem sie wusste, dass es gezwungen war; sie konnte die Bestürzung in seinen Augen sehen.

„Okay“, antwortete sie, bemühend das Lächeln zu erwidern.

„Ich, ähm, habe hier einen Stift“, sagte Daniel schließlich und zog ein Notizbuch aus seiner Tasche. „Sie rechnen und ich werde schreiben“, schlug er vor und rückte seinen Stuhl näher an ihr Bett heran. „Einverstanden?“

Sams Lächeln wurde breiter. „Einverstanden“, versicherte sie ihm und ihr Blick wanderte zu den Koordinaten.

Nach einem Moment hörte sie, wie Jack neben ihr hin und her rutschte. „Nun, während ihr das da bearbeitet, schlage ich vor, dass Teal’c und ich…?“, begann er und sah sich Hilfe suchend um.

„Uns Frühstück holt?“, schlug Daniel vor und schielte über seinen Brillenrand zu seinem Freund hoch.

Jack verdrehte seine Augen. „Na ja, solange es etwas *Wichtiges* ist“, murmelte er. Als er dann zu Sam sah, wurden seine Gesichtszüge wieder sanfter. „Wollen Sie etwas?“

Der Gedanke an Essen war im Moment abstoßen für sie, aber sie versuchte es nicht so offenkundig zu zeigen, also, schüttelte sie nur den Kopf. „Vielleicht später.“

„Ja“, murmelte er. Er glaubte ihr nicht eine Sekunde. Und dann mit einem knappen Nicken zu Teal’c, sagte er: „Lass uns was essen gehen und diese Kinder hier ihre Arbeit machen.“

Sam lächelte. „Danke“, flüsterte sie. Sie kämpfte gegen das Verlangen ihre Augen zu schließen und zurück in die warmen Arme des Schlafes zu gleiten. Sie würde nicht nachgeben. Sie würde das hier *lösen*; ihr Leben hing davon ab.


+++++++++



Teal’c saß wartend im Besprechungszimmer, als schließlich General Hammond, gefolgt von O’Neill und Daniel Jackson, zu ihm kam.

Das Gesicht des Colonels war seit den letzten Wochen mal wieder etwas lebhafter. Er bewertete dies als ein gutes Zeichen. Als er den General sah, stand er höflich auf und da bemerkte er den Kontrast zwischen Jacks Aufregung und Daniel Jacksons Unsicherheit.

„Teal’c“, sagte der General mit einem Nicken. Er setzt sich wie gewohnt auf seinen Platz am Kopf des Tisches. Daniel Jackson sank langsam neben Teal’c in seinen Stuhl und schob das große Tok’ra-Buch vor ihm auf den Tisch. O’Neill jedoch stand noch hinter einem Stuhl, seine Finger tippten nervös auf die Lehne.

„General“, begann er, ohne darauf zu warten, dass Hammond ihm die Erlaubnis zum Sprechen gab. „Wir haben die Koordinaten, ich würde sagen, wir gehen!“

Teal’c zog eine Augenbraue nach oben und sah fragend zu Daniel. Sein Freund zuckte nur die Schultern. „Sam hat es herausgefunden.“

„Wir haben Glück“, beobachtete er, „es scheint nur ihr Körper, aber nicht ihr Verstand von der Krankheit befallen zu sein.“

„Ja“, murmelte Daniel, er schien auf merkwürdige Weise verstimmt zu sein, als er trostlos das Tok’ra-Buch anstupste.
 
„Nehmen Sie Platz, Colonel“, sagte Hammond schließlich und Teal’c konnte an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass er noch etwas im Vorbehalt hatte. Klug, dachte er anerkennend. „Dr. Jackson”, wandte sich Hammond dann an Daniel, „Was können Sie uns über die Elkaraner sagen?“

Während er sich nach vorne lehnte, schob er seine Brille hoch. „Nicht, worüber ich mir sicher sein kann“, begann er. „Alle Informationen in diesem Buch sind schon Hunderte von Jahren alt.“

„General…?“, Unterbrach O’Neill Daniel ungeduldig.

Hammond hob einfach nur eine Hand. „Fahren Sie fort, Doktor.“

„Ah, ja genau“, sagte Daniel mit einem Nicken, schnell schielte er noch einmal in Jacks Richtung, bevor er weiter sprach. „Es sieht so aus, als ob die Elkaraner eine Art Virus entwickelt haben, der den Symbionten angreift, den Wirt aber verschont. Sie haben sich selbst damit infiziert, um sich von den Goa’uld zu befreien, jedoch erkrankten ein paar Jahre später die Überlebenden daran. Nichts, was sie versuchten, half ihnen bis die 'Deus’ kamen und ihnen eine magische Heilung brachten, um es mal so zu sagen.“ Die Augen des Generals hatten sich leicht verengt und Daniel beeilte sich, seine Erklärung zu Ende zu bringen. „Also, kurz gesagt“, sagte er, „glaube ich, dass wir Menschen mit einer fortgeschrittenen Technologie erwarten werden. Das Buch erzählt uns nicht viel über die soziale Struktur der Menschen dort, jedoch kann ich aus den Syntax schließen, dass sie patriarchalisch und…“

„General!“, begann O’Neill zu protestieren.

Hammond warf ihm einen warnenden Blick zu und sagte dann: „Gibt es noch etwas, was wichtig für diese Mission ist, Dr. Jackson?“

„Eigentlich“, antwortete Daniel mit einem kleinen Anflug von Triumph in seiner Stimme, „gibt es da noch etwas.“ Er machte eine kurze Pause und runzelte die Stirn. „Ihre Leidenschaft die Goa’uld zu hassen, sprengt jegliche Grenzen.“

„Ich mag diese Typen bereits“, antwortete Jack. „Also, wenn gehen wir los?“

„Warten Sie“, warf Daniel ein, „Sie verstehen nicht, Jack. Ich meine, sie *hassen* die Goa’uld. Alle Goa’uld.“ Daniels Blick wanderte zu Teal’c. „Ich denke nicht, dass Teal’c mit uns mitkommen sollte.“

O’Neill zog eine Augenbraue hoch. „Wirklich?“

„Wirklich.“

General Hammond nickte langsam. „Danke, Doktor“, sagte er bedächtig. Dann wandte er sich an Colonel O’Neill. „Ich muss Sie ja nicht daran erinnern, um was es hier geht, Jack.“

„Es ist Carters letzte Chance, Sir“, sagte er einfach.

Hammond nickte wieder und seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, als er überlegte. Aber Teal’c zweifelte nie einer seiner Entscheidungen an. „Wenn wir die ersten Ergebnisse vom MALP haben, können Sie gehen, Colonel. Ich werde Ihnen weitere Männer schicken, da Teal’c diese Mission aussetzen muss.“

„Ja, Sir“, stimmte ihm O’Neill augenblicklich zu. „Danke, Sir.“

„Ich hoffe nur, dass Sie auch das finden, was wir suchen, Sohn“, sagte er etwas leiser. „Hier steht verdammt viel auf dem Spiel.“

O’Neill antwortete ihm nicht, aber Teal’c wusste auch so, dass er sehr wohl wusste, wie wichtig diese Mission war. Als sich ein erdrückendes Schweigen zwischen ihnen ausbreitete, schüttelte sich der Colonel kurz und sagte: „Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, werde ich das MALP jetzt starbereit machen…“

„Tun Sie’s“, antwortete Hammond, während er aufstand, „und viel Glück.“


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IIn dem Augenblick, in dem Jack durch das Tor trat, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Das MALP war noch immer da, sah sich mit seinem elektronischen Auge um, die Bäume, die die Lichtung umzäumten, waren riesig und bewegten sich leicht ihm Wind. Ein kleines Reh hob seinen Kopf, schaute kurz zu ihnen hinüber, bevor es im Dickicht verschwand. So wie auf der MALP Übertragung. Nein, genauso, wie auf der MALP Übertragung.

Er schielte zu Daniel hinüber. „Dejà vu?“

„Möglich“, antwortete Daniel und sah sich etwas nervös um.
Jack folgte seinem Blick und schaute hinüber zu den im Winde bewegenden Bäumen, den Wolken, die sich über ihren Köpfen am Himmel bewegten. In Gedanken versunken, befeuchtete er seinen Finger und hielt ihn hoch in die Luft. Daniel beobachtete ihn etwas überrascht, bis Jack sagte: „Kein Wind.“

„Kein Wind?“

Er nickte zu den rauschenden Bäumen hinüber. „Kein Wind.“

Daniels Mund öffnete sich, eine Antwort lag schon auf seinen Lippen, als die Welt um ihnen herum zu flackern begann und dann verschwand. Der blaue Himmel, das grün des Waldes wurde durch kalten grauen Stahl und Steinen ersetzt. Und ein ganzer Trupp bewaffneter Soldaten beobachtete sie.

„Genau wie Zuhause“, murmelte Jack, als er sich schnell umsah, um die neue Situation in sich aufzunehmen. Sie waren in irgendeiner Einrichtung, es war ihrem Torraum nicht unähnlich. Fensterreihen zierten den großen, grauen Raum, sie waren dunkel und undurchschaubar. In einer hinteren Ecke hinter einer Scheibe stand das DHD. Jack hob seine Hand zu den immer noch etwas nervösen Soldaten hinter ihm. „Ruhig“, sagte er ihnen.

Aus der Truppe trat ein Mann nach vorne. Er stolzierter in einer Art, die Jack sofort erkannte. Soldaten waren Soldaten, egal wo sie lebten.

„Wer seid ihr?“, fragte der Mann, die Waffe hatte er leicht gehoben. Dieser Mann wusste, was er tat. Jack blieb wachsam.

„Ich bin Colonel Jack O’Neill“, sagte er vorsichtig. Er hatte seine Hände von seiner Waffe genommen und vor seiner Brust gekreuzt. „Und das ist Dr. Jackson, Sergeant Ellis und Sergeant Fielding. Wir sind Forscher.“

„Hier gibt es nichts für euch zu erforschen“, antwortete der Mann.
„Kehrt zu eurer Heimatwelt zurück und wir werden euch nichts tun.“

Jack zuckte leicht, blieb aber standfest. „Ah… ich fürchte, das können wir nicht tun“, sagte er leise.

„Wir sind aus einem Grund hier“, fügte Daniel hinzu. „Wir bitten euch um Hilfe.“

Der Soldat blinzelte verblüfft. Und dann drückte er auf ein Gerät auf seinem Handgelenk und sagte: „Oberst Yantov, ich denke, Sie sollten sich das hier mal anhören, Ma’am.“


+++++++++



Ungeöffnet lag ein Buch auf Sams Brust. Sie war zu müde, um zu lesen und alles, was ihr schmerzender Körper nur machen wollte, war zu schlafen. Aber sie wehrte sich diesem Verlangen zu unterliegen. Sie wehrte sich gegen die Dunkelheit, die sie verschlingen würde, jetzt noch nicht. Vor ihr lag noch so viel Dunkelheit, sie wollte nur für einen Augenblick noch im Licht verweilen, solange sie es noch konnte.

Und so bekämpfte sie die Finger des Schlafes, die nach ihr griffen und ihren Verstand an die Welt nach ihrer Krankheit zu denken. Daniel und der Colonel waren sicherlich schon fort und sie beneidete sie um dieses Abenteuer. Jedes Mal, wenn sie durch das Tor ging, dann wusste sie, dass es ein Privileg war, aber sie hätte sich nie träumen lassen, dass es ihr schon so früh entrissen wurde. Nicht auf diese Weise. Sie hatte kaum über das Sterben nachgedacht, aber wenn, dann dachte sie immer mitten im einen Kugelhader, in einem Kampf, wo sie etwas Wichtiges tat, zu sterben. Und nicht einfach so in die Dunkelheit hineinzudriften, zu müde, um zu kämpfen, ihren Körper von innen heraus verraten.

„Major Carter?“ Die Stimme, die sie aus ihren dunklen Gedanken riss, kam von Teal’c und sie lächelte ihn überrascht an.

„Hey“, sagte sie, als sie sich etwas gegen die Kissen hochdrückte. „Sie sind schon weg?“

Er nickte. „Sind sie.“

„Tut mir leid, dass du hier bleiben musst“, sagte sie mit einem trockenen Lächeln. „Ich schätze mal, dass wir diesmal den kurzen Strohhalm gezogen haben, hm?“

„Ich finde nicht, dass es ein kurzer Strohhalm ist, mit dir hier zu sein“, antwortete er, als er sich neben sie setzte.

Sam strahlte ihn mit einem erfreuten Lächeln an. „Danke.“

Für einen Moment sagte er nichts, so als ob er eine Entscheidung treffen würde. Als er dann sprach, war seiner Stimme leiser und bedächtig. „Bevor Colonel O’Neill gegangen ist, wollte er, dass ich dir eine Nachricht übermittel.“

„Oh?"

Teal’c nickte. „Ich soll dir sagen, dass wenn du dich erholt hast, der Colonel die Absicht hegt, dich mit zum Fischen zu nehmen, 'egal ob sie es mag oder nicht’.“

Sam konnte nicht anders als den Kopf zu schütteln und zu lächeln. „Wirklich?“, fragte sie mit einem Nicken. „Fischen, hm?“

Teal’c runzelte leicht die Stirn. „Ich sollte dich warnen“, sagte er und beugte sich etwas näher zu ihr hin. „Diese Erfahrung ist äußerst unangenehm. Es gibt keine Fische und viele beißende Insekten.“

„Oh, ich hatte ganz vergessen, dass er dich dahingeschleppt hat.“ Sam erinnerte sich an das Ereignis vor ein paar Monaten. „Wie war es dort?“

Das Gesicht des Jaffa war undurchschaubar, als er zu sprechen begann. „Es gibt dort viele Bäume.“ Dann sah er den erwartungsvollen Ausdruck in ihren Augen. „Die Hütte ist gemütlich und es ist sehr… ruhig.“ Er verstummte für einen Moment und sah sie mit einem bestimmten Blick an. „Es ist ein guter Ort, um zu reden.“

Seine unverblümte Andeutung überraschte sie und sie schaute nervös weg. „Es hört sich schön an.“

„Vielleicht würde ein solcher Ausflug sehr erholsam sein“, flüsterte er. „Für euch beide, du und O’Neill.“

„Vielleicht“, stimmte sie ihm ohne jegliche Überzeugung zu. Aber in Wahrheit konnte sie nicht an Fischen denken, oder zu reden oder auch nur irgendetwas, was über die nächsten paar Tage hinausging. Weil sie sehr wohl wusste, dass ohne ein Wunder diese paar Tage alles waren, was sie noch hatte.


+++++++++



Daniel sah sich um, als sie durch die labyrinthartigen Korridore geführt wurden. Sie schimmerten weiß und steril. Ellis und Fielding blieben unter Bewachung im Torraum zurück, während er und Jack zu dem 'Oberst’ geführt wurden. Türen öffneten sich, aber die kleinen recheckigen Fenster in ihnen konnten nicht preisgeben, was sich dahinter verbarg.

Der Soldat, der sie am Tor empfangen hatte, führte sie an und Jack nahm sich die Zeit ihn ein wenig einzuschätzen. Groß, muskulös und selbstbewusst; er schätzte, dass er eine Position mit Autorität besetzte. Seit ihrer Ankunft hatte er sie mit Vorsicht behandelt, aber nicht mit Aggression. Er fühlte sich offensichtlich nicht bedroht, was Daniel annahm, ein gutes Zeichen war.

„Sieht so aus, als ob sie hier alles schon hinter Schloss und Riegel hätten“, murmelte Jack, der neben ihm herging.

Daniel nickte. „Sie scheinen zu wissen, was sie tun“, stimmte er ihm zu. „Das hier sieht dem SGC verdammt ähnlich.“

„Nur besser“, antwortete Jack und schielte hoch zum hellen Licht an der Decke. Dann runzelte er die Stirn. „Was hatte es mit dieser ganzen Waldsache auf sich?“, fragte er „Die Bäume und das Reh?“

„Schutz?“, schlug Daniel vor.

„Um es so aussehen zu lassen, als ob niemand da wäre“, stimmte Jack zu. „Ziemlich clever, schätze ich mal.“

„Obwohl“, überlegte Daniel, „wenn sie die Menschen von sich fernhalten wollen, warum projizieren sie dann nicht ein etwas trostloseres Bild? Ich meine, es hat uns nicht davon abgehalten zu kommen.“

Jacks Mund öffnete sich gerade, um ihm eine Antwort zu geben, als der Mann vor ihm plötzlich zum Stehen kam. „Hier rein“, wies er sie an und deutete auf eine der Türen.

„Was ist da drin?“, fragte Jack misstrauisch wie immer.

Der Elkaransoldat lächelte leicht. „Nichts, was euch bedrohen würde, Colonel Jack O’Neill.“

Jack zögerte noch einen Moment, bevor er schließlich mit den Schultern zuckte und zur Tür ging. Zu seiner Überraschung öffnete sie sich automatisch mit einem leichten Zischen. Jack lächelte leicht. „Cool.“

Daniel folgte ihm und fand sich in einem großen, luftigen Raum mit Fenster durch die man eine in nachtgetauchte Stadtlandschaft sehen konnte. Der Raum wurde von einem großen Tisch, an dem am Kopf eine Frau mittleren Alters saß, dominiert. Ihr dunkles Haar war hochgesteckt. Sie stand auf, als sie eintraten. Sie begutachtete sie kurz, bevor sie sich an den Soldaten, der hinter ihnen stand, wandte. „Ist das Portal gesichert, Kalchek?“, fragte sie.

„Jawohl“, antwortete der Mann.

Sie nickte einmal und richtete dann ihre Aufmerksamkeit auf Daniel und Jack. „Ich bin Oberst Yantov“, sagte sie, „die Kommandeurin dieser Einrichtung.“

„Jack O’Neill“, antwortete Jack. „Colonel.“

„Daniel Jackson“, fügte Daniel hinzu.

Yantov zog eine Augenbraue hoch. „Ihr seid Soldaten?“, fragte sie.

Jack nickte. „Ich ja“, sagte er. Und mit einem Nicken in Daniels Richtung fügte er hinzu: „Er ist Archäologe.“

Yantov sah sie weiterhin ausdruckslos an. „Ihr habt Kalchek gesagt, dass ihr unsere Hilfe ersucht.“

„Das ist wahr.“

Die Frau nickte und setzte sich dann langsam wieder hin. Mit einer Handbewegung gab sie ihnen zu verstehen, dass sie es ihr gleichtun sollte. Sich dessen bewusst, dass der schwer bewaffnete Kalchek hinter ihnen stand, setzten sich Jack und Daniel an den Tisch. „Ich habe zwei Fragen“, sagte Yantov schließlich. „Erstens, was für eine Hilfe, denkt ihr, können wir euch anbieten? Und zweitens, wie habt ihr uns gefunden?“

Das waren gute Fragen und Jack nickte, als er sich nach vorne beugte und seine Hände auf dem Tisch faltete. „Die Hilfe, die wir brauchen“, sagte er leise, „ist für eine Freundin von uns.“ Er verstummte und runzelte die Stirn und dachte darüber nach, wie er ihre Bitte am besten formulieren sollte. „Sie ist krank“, sagte er. „Sehr krank und wir glauben… vor ein paar Jahren, war sie Wirtin eines…“

„Goa’uld!“, spukte Yankov das Wort aus und sprang auf.

Hinter ihm, hörte Daniel das unverkennbare Klicken der Waffe, die soeben entsichert wurde. „Sie ist kein Goa’uld!“, versicherte Daniel der Frau. „Nicht mehr. Es ist… gestorben. Aber sie überlebte.”

„Die Goa’uld haben euch her geschick!“, beschuldigte Yankov sie.

„Nein“, bellte Jack. „Wir sind im Krieg mit den Goa’uld… wir *hassen* diese gottverdammten Schlangenköpfe genauso wie ihr. Vertraut mir.“

„Euch vertrauen?“, fragte Yankov noch immer stehend. „Warum sollte ich das tun? Ihr kommt hier her und sprecht von den verfluchten Goa’uld und verlangst mein Vertrauen?“

„Ja“, schnappte Jack, als er ebenfalls aufstand. Hinter ihm bewegte sich Kalchek, aber Yantov hob ihre Hand, um zu ihm zu stoppen und Jack redete weiter. „Unsere Freundin liegt ihm Sterben.
Wir können ihr nicht helfen… der Goa’uld, der in sie eindrang, hat *etwas* in ihrem Blut zurückgelassen, und es tötet sie.“ Seine Stimme brach etwas, als er weiter sprach, war seine Stimme ruhiger. „Bitte. Bitte helft uns.“

Der Angstausdruck in dem Gesicht der Frau verschwand etwas, als ihre scharfen, intelligenten Augen auf Jack gerichtet waren. „Wie habt ihr uns gefunden?“, fragte sie ihn. „Warum glaubt ihr, dass wir euch helfen können?“

Daniel sah, wie sich Jack langsam hinsetzte und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Daniel?“, fragte er und leitete ihre Frage direkt an ihn weiter.

Er zuckte kurz zusammen – wie sollte er nur die Tok’ra erklären?! „Ähm“, sagte er, um sich einen Moment zu geben, die Antwort zu formulieren, „wir haben ein Buch gefunden. Es beschreibt, wie eure Leute sich von den Goa’uld befreien konnten und wie die Überlebenden erkrankten und, ähm, in einer 'magischen Kammer’ geheilt wurden.“

Yankov Gesichtsausdruck war unlesbar. „Und wie habt ihr uns gefunden?“

„Das Buch“, erklärte Daniel, „beinhaltet die Koordinaten zu eurem Planeten.“

Die Frau nickte und setzte sich langsam wieder hin. „Also, Daniel Jackson, sage mir“, begann sie, „hast du schon immer an Kindermärchen geglaubt?“


++++++++

 



Janets Büro war nur schwach beleuchtet, die einzige Lichtquelle war die kleine Lampe auf ihrem Schreibtisch. Es war nachts und sie wollte Sam nicht stören, welche unbeständig in der Krankenstation hinter ihr schlief. Und um die Wahrheit zu sagen, schmeichelte die Dunkelheit nur gerade ihrem Gemütszustand, als sie auf die Resultate der dritten Biopsie hinunterstarrte. Weit entfernt von einer Besserung, sie wusste jetzt, dass Sams Zustand äußerst kritisch war. Es würde nicht mehr lange dauern, bis ihr Körper dem nicht mehr standhalten konnte. Ihr eigenes Knochenmark wurde von den Goa’uld Zellen ausgerottet und das Goa’uld Protein beschädigte bereits ihre Nieren. Eine weitere Infektion in diesem Zustand würde fatal sein. Die Schlacht war schon so gut wie vorbei und eine Niederlage hatte einen verdammt bitteren Beigeschmack.

„Dr. Fraiser?“

Sie hatte nicht gehört, wie die Tür geöffnet wurde, aber sie versuchte zu lächeln, als sie Teal’c vor sich stehen sah. „Hey“, sagte sie. „Sind Sie hier, um Sam zu besuchen?“

Er nickte. „Habe ich, aber sie schläft.“

„Ja“, stimmte ihm Janet zu. „Sie braucht die Ruhe.“

Teal’c antwortete ihr zuerst nicht, aber sah sie mit einem bestimmten Blick an. „Auf Chulak ist es ein Ritual einen sterbenden Soldaten auf seiner letzten Reise zu begleiten.“

Janet zog eine Augenbraue hoch. „Was meinen Sie damit?“ Wenn er mit 'begleiten’ meinte, einem mit einer Stabwaffe zu erschießen, dann konnte er es vergessen!

„Um ihn auf den Tod vorzubereiten“, erklärte er. „Man glaubt, dass die Lasten, die man sich im Leben aufgebührt hat, entledigt werden müssen, damit die Seele frei sein kann. So wird einem die Reise vereinfacht.“

„Das macht Sinn“, stimmte ihm Janet zu. „Einige Religionen auf der Erde haben ähnliche Rituale.“

Ein langes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während Teal’c sie beobachtete, so als ob sie ihre Gedanken lesen wollte. „Ist es an der Zeit?“, fragte er leise und einfach. „Ist es an der Zeit für mich Major Carters Reise zu erleichtern?“

Seine Worte klangen wie Totenglocken in ihrem Kopf, sie läuteten eine dunkle Wahrheit an, die sie nicht hören wollte. Aber er hatte recht. Es zu ignorieren, half keinem von ihnen, am wenigsten Sam. Sie verdiente etwas Zeit, um ihre Beziehungen zu ordnen und sich zu verabschieden. Mit einer Stimme, die kurz vor einem Tränenausbruch stand, sagte sie: „Ja, Teal’c, ich glaube, dass es an der Zeit ist.“ Sie schluckte schwer und zwang sich ihre Professionalität nicht zu verlieren. „Wir sprechen hier nur noch von ein paar Tagen, wenn es keine weiteren Zwischenfälle gibt.“

„Ich glaube, dass Colonel O’Neill und Daniel Jackson erfolgreich sein werden“, sagte er ihr. „Aber es ist weise, sich auf alles vorzubereiten.“

„Ja“, antwortete sie mit einem Flüstern. „Das ist es. Ich bin mir sicher, dass Sam es begrüßen würde, wenn Sie sie… begleiten.“

„Als ein Kampfgenosse ist es meine Pflicht“, sagte er. „Und als Freund kann ich mehr nicht tun.“


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„Kindergeschichten?“, wiederholte Jack die Worte halb wütend, halb voller Furcht. „Willst du uns gerade sagen, dass es nicht wahr ist? Dass ihr nicht diese gottverdammte magische Heilung habt?“

„Ruhig, Jack“, hörte er Daniel neben ihm murmeln, als sich eine Hand auf seinen Arm legte, aber er schüttelte sie ab und sprang auf.

„Verdammt noch mal!“, schrie er und wandte sich vom Tisch ab. Kalcheks vage Antwort auf seine Reaktion war ihm egal. Das war’s, die letzte Hoffnung. Und jetzt war es vorbei. Verschwunden. Carter war schon so gut wie tot und es gab nichts, was er tun könnte, um ihr zu helfen. Er drückte seine Hände gegen sein Gesicht und drehte sich dann zu der Frau um. „Wenn ihr uns nicht helfen könnt“, sagte er mit harter Stimme, „ dann lasst uns nach Hause gehen. Wir müssen sie noch sehen, bevor sie…“ Er schluckte schwer gegen den Klumpen in seinem Hals. „Wir müssen sie sehen, solange es uns noch möglich ist.“

Yantov beobachtete ihn, während er sprach und er dachte etwas in ihren Augen gesehen zu haben. Sie schwieg für eine ganze Weile und Jacks Gedanken schlugen Purzelbäume. Was, wenn sie sie gar nicht gehen ließen? Was, wenn sie nicht rechtzeitig zurückkamen? Er schielte hinüber zu Kalchek und fragte sich, wie schwer es wohl sein würde, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen. Kalchek traf seinen Blick mit einem Ausdruck, der ihn dazu aufforderte es zu versuchen. Jacks Muskeln spannten sich an und er wippte auf seinen Füßen auf und ab. Und dann sprach Yantov. „Ich habe nicht gesagt, dass wir ihr nicht helfen könnten“, sagte sie und ihre ruhige Stimme hallte in der angespannten Stille.

Die Luft blieb ihm im Halse stecke und Jack konnte für einen Moment nicht sprechen, gerade so lange, bis Daniel sich einmischte. „Dann könnt ihr es?“, fragte er drängend. „Das Buch hatte recht?“

Yantov befeuchtete sich leicht ihre Lippen, offenbar war sie nervöser als ihr äußerer Anschein sie glauben machen sollten. „Das Buch, vom welchem ihr sprecht, ist schon sehr alt“, sagte sie. „Es spricht in Gleichnissen, um das zu erklären, was nicht vollkommen verstanden werden kann.“ Sie verstummte kurz. „Die Kammer, auf das es sich bezieht ist nicht magisch.“

„Oberst…?“, fragte Kalchek besorgt und warnend.

„Ist schon gut“, versicherte sie ihm. „Wenn sie das Kaleron gelesen haben, dann wissen sie bereits Bescheid.“

„Kannst du uns helfen?“, fragte Jack, um direkt auf den Punkt zu kommen. Sie hatten keine Zeit für das andere Gelaber.

„Uns ist es vielleicht möglich euch zu helfen“, stimmte Yantov ihm zu, „obwohl ich nichts garantieren kann.“ Eine weitere Pause und sie fixierte beide mit einem scharfen Blick. „Die Frage ist, können wir euch vertrauen?“

„Ja“, sagten Daniel und Jack wie aus einem Munde.

„Wir haben nichts außer euer Wort, dass ihr nicht Verbündete der Goa’uld seid.“

Darauf hatte Jack keine Antwort und er durchwühlte seinen Kopf nach einer Lösung, als Daniel sich einklinkte. „Dann kommt mit uns“, schlug er vor. „Kommt mit zu unserer Welt… dann können wir es euch zeigen.“

„Ja!“, rief Jack. „Kommt mit uns. Gleich sofort…”

„Das glaube ich nicht.“ Die Stimme von Kalchek war scharf und unerbittliche. Als Jack sich zu ihm umdrehte, sah er, wie er auf seinen Oberst starrte mit einem angespannten Kiefer, das mehr als Unnachgiebigkeit ausdrückte.

Yantov schien weniger alarmiert zu sein, als sie sagte: „Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit.“

„Vielleicht”, nickte Kalchek. „Aber *du* wirst nicht gehen.“

Yantov sah ihn ein wenig verwirrt an, dann lächelte sie leicht. Sie wandte sich an Jack. „Welche Sicherheit habe ich, dass wenn ich jemand zu eurer Heimatwelt schicke, sie dann unbewaffnet sein werden?“

Die Antwort war offensichtlich. „Ich bleibe hier“, schlug Jack vor. „Ich werde eure Absicherung sein. Ist das kein Angebot?“

„Die Goa’uld sind listig“, stellte Kalchek fest. „Das könnte eine Falle sein. Du könntest eine Gefahr darstellen, wenn du hier bleibst.“

„Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Jacks Geduld hing an einem seidenen Faden. „Ihr könnt mich von mir aus nackt an die Wand fesseln! Ich will *einfach* nur Sam helfen!“

Kalchek antwortete ihm nicht. Er zog auf seinen Vorschlag hin überrascht die Augenbrauen hoch.

„Sam ist deine Freundin?“, fragte Yantov dann.

„Ja.“ Er zwang sich wieder zu Kontrolle. „Ihr Name ist Major Samantha Carter.“

„Sie muss sehr wichtig für dich sein, wenn du für eine Heilung so viel riskierst“, fügte Yantov hinzu und ihr Blick wanderte kurz zu Kalchek.

Jack seufzte und nickte. „Das ist sie“, antwortete er mit einem Flüstern. „Sie ist uns allen sehr wichtig. Und für unseren Krieg gegen die Goa’uld.“

Die Frau antwortete nicht, ihr scharfer Blick wanderte zu Daniel und dann wieder zurück zu ihm. „Und du bleibst aus freiem Willen hier?“, fragte sie nochmals nach. „Wenn ich einen meiner Männer mit deinen Freunden durch das Portal schicke?“

„Kein Problem“, versicherte er ihr.

Leicht neigte sie ihren Kopf zur Seite. „Und woher weißt du, dass *du* *uns* trauen können, Colonel O’Neill?“

Das war eine gute Frage und Jack konnte ein trockenes Lächeln nicht verhindern. „Ich vertraue euch nicht“, sagte er und zuckte dann mit den Schultern. „Aber es ist ja nicht grade so, als ob ich eine Wahl hätte. Anscheinend seid ihr die Einzigen, die Carter helfen können und das ist alles, was zählt.“

Sie nickte kurz und richtete ihren Blick auf den Mann hinter Jack. „Kalchek“, sagte sie, „führe Colonel O’Neill in eine der Haftzellen.“ Sie verstummte und Jack hielt den Atem an. „Dann bereite dich darauf vor Daniel Jackson durch das Portal zu begleiten.“

„Wie du wünschst.“

„Colonel O’Neill“, sagte Yantov dann, als sich ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete. „Wenn meinem Mann etwas passieren sollte, dann mache ich dich persönlich dafür verantwortlich.“

„Verstehe“, sagte er und erkannte die Sorge, die ein CO hegte, wenn einer seiner Offiziere ins fremde Gebiet geschickt wurde. „Aber ihm wird es gut gehen. Du hast mein Wort.“

„Bei allem nötigen Respekt“, antwortete Yantov mit einem leichten Lächeln auf ihren Lippen, „Dein Wort bedeutet mir nichts.“

„Jetzt noch nicht“, stimmte Jack ihr zu. „Aber lass es etwas Zeit. Das kommt schon noch.“


++++++++



Das leichte Klopfen an der Tür, ließ General Hammond von dem halb gelesenen Bericht aufsehen. Dankbar für die Unterbrechung, setzte er sich auf, drückte kurz seinen Rücken durch, bevor er ein „Herein“, rief.

Die Tür öffnete sich und Janet steckte ihren Kopf herein. „General?“, fragte sie, als sie einen kurzen Blick auf die Papiere auf seinen Schreibtisch warf. „Haben Sie einen Augenblick Zeit, Sir?“

„Natürlich“, sagte er ihr und winkte sie herein. Er verspürte ein gewisses Unbehagen, als sie mit einem leichten Nicken eintrat. Er dachte sich, dass sie so knappe Begrüßungen unter solchen Umständen bereits gewohnt war.

„Es geht um Major Carter“, sagte sie sofort.

Er seufzte lange. „Setzen Sie sich, Doktor.“

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck setzte sie sich auf die Kante des Stuhles und kam gleich zum Punkt. „Ich denke, dass Sie bei den Tok’ra Druck machen sollten, um General Carter herzuholen, Sir“, sagte sie. „Es tut mir leid, aber Sam hat nicht mehr viel Zeit und sie würde sehr gerne noch ihren Vater sehen.“

Ihre Anfrage wühlten schmerzhafte Erinnerungen an seine Frau auf, welche ebenfalls an Krebs gestorben war. Die letzten Tagen waren welche, die er nie wieder durchleben wollte, aber die Möglichkeit sich zu verabschieden, war sehr wichtig für sie gewesen. Und für ihn. Mit einem knappen Nicken sagte er: „Ich werde sehen, was ich tun kann. Jacob hat das Recht seine Tochter noch einmal zu sehen.“

„Ja, Sir“, stimmte Janet ihm zu. Sie runzelte leicht die Stirn und schaute hinunter auf ihre Hände. Hammond bekam das unwohle Gefühl, dass sie ein heikles Thema ansprechen würde. „Sir“, begann sie leise, „ich denke auch, dass Sie Colonel O’Neill und Dr. Daniel Jackson aus demselben Grund kontaktieren sollten. Sie würden bestimmt hier sein wollen.“

„Natürlich.“ Er verstand sie nur all zu gut. „Wenn sie nicht innerhalb von vierundzwanzig Stunden zurück sind, öffne ich das Tor und schicke ihnen eine Nachricht.“

Janets Lippen formten sich zu einer dünnen Linie. „Sams Zustand ist sehr kritisch, Sir“, erklärte sie leise. „Es ist nicht genau zu sagen, aber ich sollte Ihnen mitteilen, dass sie vielleicht die nächsten vierundzwanzig Stunden nicht überleben wird.“

„Ich verstehe“, antwortete er. Und er tat es, nur allzu schmerzhaft.

„Zwölf Stunden und wir holen sie zurück.“ Er seufzte. „Aber ich hoffe bei Gott, dass sie das gefunden haben, was Major Carter braucht, Doktor. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie wir ohne sie klarkommen sollen.“

„Nein“, stimmte ihm Janet ruhig zu. „Es wird schwer werden. Für alle von uns.“


++++++++


Teal’c saß wachend an Sams Seite, als sie unruhig schlief, geplagt von Träumen. Sie murmelte nicht zusammenhängende Worte, ihr dünnes Gesicht war blass und wurde von dem schwachen Leuchten der Krankenstation aufgesogen. Er hatte schon genug Tod in seinem Leben gesehen, um seine Vorhut zu erkennen. Er empfand große Trauer bei dem Anblick einer Frau wie Major Carter, die gegen seine Klauen kämpfte.

Er legte eine Hand auf ihre Schulter, um sie aus ihren erschreckenden Träumen zu holen. Ihre Augen sprangen auf, aber sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Und dann lächelte sie ihn verwirrt an.

„Teal’c?“

„Ich bin’s“, versicherte er ihr.

Ihre Zunge fuhr über ihre trockenen Lippen. „Sind sie zurück?“ Sie sah sich im dunklen Raum um.

„Sind sie nicht“, sagte er ihr. „Aber deine Träume schienen unangenehm zu sein.“

Sie blinzelte kurz und wandte ihren Kopf von ihm ab, um an die Decke zu starren. „Ich war wieder zurück in der Antarktis“, murmelte sie. „Als der Colonel und ich dort fast gestorben wären.“ Trotz der Wärme in diesem Raum musste sie zittern. „Es war so kalt.“

Teal’c nickte. „Colonel O’Neill hat davon gesprochen“, sagte er ruhig.

Seine Worte schienen sie zu überraschen, da sie sich zurück zu ihm
drehte. „Hat er?“

„Von der Kälte“, erklärte er. „Und von seiner Bewunderung über deinem Mut und deiner Ausdauer.“

„Mut?“ Sie lächelte mit einem Kopfschütteln. „Er hat es mir gegenüber nie erwähnt.“

„Das ist nicht seine Art“, erinnerte Teal’c sie.

“Nein”, seufzte sie. „Das ist es nicht,“

Ein natürliches und angenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus und Teal’c durchbrach es nicht. Anders als die Tau’ri störte ihn die Stille nicht. Vor langer Zeit hatte er mal gelernt, dass nichts provozierender ist, jemand zum Sprechen zu kriegen, als zu schweigen. Und so bewahrheitete es sich.

„Es gibt so einige Dinge über die der Colonel und ich nicht geredet haben“, sagte sie ihm mit einem Flüstern, ihr Blick war wieder zur Decke gerichtet. Er gab ihr die Illusion von Privatsphäre, der ihr abgewandter Blick hervorrief, und schwieg weiterhin. „Und ich schätze, dass wir es jetzt nie mehr tun werden.“ Sie seufzte. „Ich nehme mal an, dass es jetzt eh nichts mehr bringt.“

„Die Wahrheit“, sagte Teal’c, „zählt immer.“

Aber sie schüttelte den Kopf. „Es geht nicht um Wahrheit“, versicherte sie ihm.

Ihre Antwort überraschte ihn. „Nicht?“

„Nein.“ Sie sah mit einem leichten Stirnrunzeln zu ihm. „Die Wahrheit ist nicht das Problem. Das Problem ist darüber zu reden.“

Er dachte einen Augenblick über ihre Worte nach. „Gibt es Worte, die du gerne ausgesprochen hättest?“

„Nein“, sagte sie wieder. „Ich hätte nichts anders gemacht. Ich hatte… ich hatte einfach nur gehofft, dass wir eines Tage in der Lage dazu wären zu reden. Über alles.“

„Vielleicht wenn Colonel O’Neill und Daniel Jackson zurückkehren…?“, schlug er vor.

Sie lächelte. „Das glaube ich nicht. Im Moment gibt es nichts zu sagen.“ Ihr Blick wurde abwesend, als ein neuer Gedanke sie für einen Augenblick von ihm entfernten. Er ließ sie abdriften, bis sie immer noch in Gedanken versunken, zu sprechen begann. „Teal’c?“

„Major Carter?"

„Wenn ich nicht die Möglichkeit habe, noch einmal mit Colonel O’Neill zu reden, würdest du ihm dann etwas von mir ausrichten?“

„Das werde ich.“

Sie nickte langsam. „Sage ihm…dass ich nichts bedauere. Ich bedaure nichts, außer zu sterben.“ Teal’c gab ihr keine Antwort, sondern nahm nur ihre Hand und er spürte, wie sie sie leicht drückte. „Ich bin froh, dass du hier bei mir bist, Teal’c.“

„Genau wie ich, Samantha“, antwortete er. „Genau wie ich.“


+++++++++

 



Daniel lief vor dem ruhenden Stargate auf und ab, sich äußerst bewusst, dass die bewaffneten Soldaten ihn mit großen Augen beobachteten. Er hatte das Gefühl bereits seit Stunden zu warten, und als er auf seine Uhr schaute, stellte er fest, dass er das auch tat. Sie waren bereits seit dreizehn Stunden auf Elkaran. Kalchek, schien anscheinend überhaupt nicht in Eile zu sein und er war jetzt bereits seit zwei Stunden bei einer Besprechung mit Oberst Yantov. Aber auch die Tatsache, dass ihre Abreise dringend war, brachte nichts.

Er war an dem Punkt angelangt einem Soldaten, bereits zum vierten Male, zu fragen, was denn so lange dauern würde, als sich schließlich die großen Türen in der Nähe des Stargates öffneten. Yantov betrat, gefolgt von Kalchek, den Torraum. Zu Daniels großer Erleichterung trug der Soldat so etwas wie einen Feldanzug. Daniel schluckte seine Irritation herunter und zwang sich zu einem Lächeln. „Fertig?“

Yantov antwortete ihm nicht sofort, erst als sie direkt vor ihm stand. „Ich gehe heute ein großes Risiko ein“, sagte sie. „Ich riskiere das Leben einer meiner Männer für das Schicksal einer Fremden. Ich hoffe, dass du dich daran erinnerst, wenn du in deine Welt zurückkehrst.“

„Natürlich!“, versicherte ihr Daniel. „Und wir sind unglaublich dankbar… deinem… Freund… wird nichts passieren”, suchte er nach den richtigen Worten.

Sie lächelte bei seiner Wortwahl, aber verneinte es auch nicht. „Und deinem Freund ebenfalls nicht, wenn Kalshek unversehrt zurückkehrt.“
Sie drehte sich zum abgedunkelten Fenster um und nickte kurz. Jemand ging zum DHD, welches abgesichert hinter der Wand stand. Während das Tor angewählt wurde, wandte sich Yantov an ihren Stellvertreter. „Gehe mit Ehre“, sagte sie ihm, „und kehre eilig zurück.“

„Das werde ich“, nickte er und sah sie einen Moment an, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Daniel richtete. „Es wurde bereits genug Zeit verschwendet“, sagte er, während sich das Wurmloch etablierte. „Wir müssen jetzt gehen.“

Mit einem letzten dankbaren Nicken an Yantov gerichtet, ging Daniel auf das Tor zu und wollte sich gar nicht ausmalen, was ihn auf der anderen Seite erwarten könnte. 'Ich komme, Sam’, dachte er, als er den letzten Schritt durch den Ereignishorizont machte, 'halte einfach nur durch.’




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„Doctor Fraiser?"

Es war General Hammond und Janet sah mit einem Lächeln von den Medikamenten, die sie grade für Sam ordnete, auf. „Sir“, antwortete sie leicht überrascht ihn zu sehen. Er kam nur selten auf die Krankenstation.

Er ging auf das Bett zu, schaute hinunter auf Sam, während sie schlief und seine Lippen formten sich zu einer dünnen, traurigen Linie. „Wie geht es ihr?“

„Nicht so gut“, antwortete Janet ruhig. „Sie hat wieder leichtes Fieber. Wahrscheinlich der Beginn einer weiteren Infektion.“

Sie schüttelte den Kopf und atmete einmal tief ein. „Sie ist noch da, Sir, aber zurzeit sehr schwach.“

Er nickte, sein Blick war noch immer auf Sam gerichtet. „Ich bin gerade auf den Weg zum Kontrollraum“, sagte er leise. „Wir haben noch immer nichts von Dr. Jackson und Colonel O’Neill gehört.“ Er machte eine Pause. „Es sind jetzt schon fast zwölft Stunden.“

Janet nickte. „Sie sollten sie jetzt zurückholen, Sir“, sagte sie ihm sanft. „Sie hat nicht mehr viel Zeit.“

„Ja“, stimmte er ihr zu. „Das werde ich.“ Er schaute dann zu ihr auf und sie sah etwas in seinen Augen, dass sie zuvor noch nie gesehen hatte. Er bat sie um ihre Hilfe. „Könnten Sie vielleicht ein paar Minuten opfern, um mit Colonel O’Neill persönlich zu sprechen?“, fragte er sie. „Wenn sie bis jetzt erfolglos waren, dann bezweifle ich, dass Jack nicht zurückkommt, bis er den Ernst der Situation erfasst hat.“

Janet nickte. Es gab noch wenige Menschen, die noch dickköpfiger als Jack O’Neill waren. „Ich kann mit ihm reden, Sir“, sagte sie. „Major Carter schläft. Ein paar Minuten kann ich verschwinden.”

„Danke, Doktor.“ Seine Schultern hingen herunter, als er zur Tür ging und Janet wusste, dass es nicht viel gab, wofür er ihr dankbar sein musste.

Sie unterdrückte die aufsteigende Schuld, da sie wusste, dass es niemanden nützen würde, und wandte sich an eine der Schwester. „Ich bin im Kontrollraum“, sagte sie. „Rufen Sie mich, wenn sich etwas verändern sollte.“

Im Kontrollraum liefen verschiedene Techniker durcheinander herum, als Janet dem General durch die Tür folgte. „Gibt es etwas Neues?“, fragte er Lieutenant Foley.

„Nein, Sir“, antwortete sie. „Bisher haben wir noch keinen Kontakt zu ihnen.“

Hammond blieb in der Mitte des Raumes stehen, seine Hände hatte er hinter seinem Rücken verschränkt, seine Schultern waren angespannt, während er hinunter auf das ruhende Stargate schaute. „Stellen Sie Kontakt zu Elkaran her“, sagte er schließlich, „ und bereiten Sie alles für eine Audioübertragung vor.“

„Ja, Sir“, kam die knappe Antwort, während Foleys Finger über die Tastatur flogen.

Aber bevor sie seinen Befehl ausführen konnte, ertönte eine Stimme über Lautsprecher. „Aktivierung von außen!“

Janet stellte sich neben den General, genau wie er, hielt sie ihre Luft an. „Erhalten wir einen Identfizierungscode?“

Das Schweigen war äußerst nervenzerreibend. Und dann: „Es ist SG-1, Sir.“

Der General sah sie und Erleichterung und Angst mischten sich in seinem Blick. Der Moment der Wahrheit war da; Tod oder Heilung. „Öffnen Sie die Iris“, befahl er, bevor er sich umdrehte und aus dem Kontrollraum eilte. Janet war direkt hinter ihm, als er sich seinen Weg durch die wartenden Soldaten bahnte und darauf warte, dass sich das Wurmloch etablieren würde. Kaum war es geschehen, erschien eine Person. Es war Daniel, gefolgt von Ellis und Fielding. Einen Moment später trat eine weitere Person hindurch, ein großer, starker und gefährlich aussehender Fremder. Und dann verschwand das Wurmloch und es kam kein Colonel O’Neill.

„Dr. Jackson“, sagte der General augenblicklich, als er zum Fuß der Rampe ging und den Fremden begutachtete. „Wo ist Colonel O’Neill?“

„Uhm“, nickte Daniel, „ihm geht’s gut. Er bleibt zurück… als eine Art Absicherung.“

Hammonds Augenbrauen schossen nach oben. „Verstehe.“ Er wandte sich an den Fremden. „Wer ist unser Gast, Doktor?“

„Das ist Kalchek“, sagte Daniel und deutete auf den Mann. „Er ist mit uns gekommen, um sicher zugehen, dass wir nicht die Sklaven der Goa’uld sind.“ Er verstummte einen Moment und sah sich etwas unsicher um, bevor er mit einem Flüstern hinzufügte: „Uhm, wo ist Teal’c?“

Hammond verstand sofort. „Oben“, versicherte er ihm, sein Blick jedoch war immer noch auf dem Fremden gerichtet. Nach einem Moment begann er zu sprechen, genauso höflich wie immer. „Willkommen auf der Erde. Und ich bin mir sicher, dass wir Ihnen schon bald beweisen können, dass wir keine Freunde der Goa’uld sind.“

Kalchek nickte knapp, sein Blick überflog den Raum und nahm jedes Detail in sich auf. Janet beobachtete ihn vorsichtig, in der Hoffnung, dass er wirklich ein Verbündeter war, da solch ein Mann ein hervorragender Gegner abgeben würde. Aber ihre Gedanken konnte sie nicht lange von der Dringlichkeit der Situation ablenken, und bevor der General noch etwas fragen konnte, wandte sie sich an Daniel. „Können sie Sam helfen?“

„Ich denke schon“, antwortete er mit einem leichten Stirnrunzeln. „Na ja, sie sagten, dass sie es versuchen könnten, aber es gibt keine Garantie. Aber…“ Er schaute kurz zu Kalchek, „sie wollen erst sichergehen, dass wir keine Bedrohung für sie sind, bevor sie irgendetwas zustimmen.“

„Dann hoffe ich, dass sie sich damit beeilen“, murmelte Janet, „weil ich befürchte, dass Sam nicht mehr viel Zeit hat.“




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Die Zelle, in der Jack gefangen gehalten wurde, war klein, aber dennoch nicht unbequem. Ein schmales Bett nahm fast eine ganze Seite einer Wand ein und ein kleiner Tisch mit einem Stuhl stand in einer Ecke. Zunächst hatte Jack nicht von dem Gebrauch gemacht, während er nervös in den kleinen Raum auf und ab schritt und auf Neuigkeiten wartete. Drei Schritte nach links, drei Schritte nach rechts. Aber als die Stunden verstrichen, hatte er sich auf das Bett gelegt und starrte an die Decke und ignorierte den Teller mit Essen, der auf dem Tisch stand.
Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, ob es nun Tag oder Nacht auf Elkaran war. Als er auf seine Uhr schaute, sah er, dass es bereits drei Uhr morgens auf der Erde war und er fragte sich, was sie wohl alle taten. War Kalchek mit dem zufrieden, was er sah? Der Mann war ein Soldat, er war vernünftig und klug – sicherlich war er überzeugt, oder? Aber sie waren jetzt bereits seit fünf Stunden weg und bisher hatte sie noch immer nichts gehört. Oder, wenn die Elkaraner etwas gehört hatten, so hielten sie es nicht nötig ihm etwas zu sagen. Sein Bauch war zu einem Knoten zugeschnürt, die Anspannung der letzten Monate hatten ihn so fest im Griff, dass Entspannung eine vergessene Kunst für ihn war. Warten. Er hatte das Gefühl, dass er bereits seit Wochen wartete – auf Testergebnisse, auf mögliche Behandlungen, die halfen, auf Sam, dass sie es schaffte. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt, als er bewegungslos auf dem Bett lag und langsam begann er zu denken, dass diese Anspannung noch alles war, was ihn zusammenhielt. Wenn er sie gehen und seiner Angst freien Raum ließe, dann befürchtete er, dass er vollkommen zusammenbrechen würde. Und so gab er nicht nach. Er lag auf dem Bett, nach außen hin erschien er ruhig und geduldig und er wartete. Was für einen Unterschied würden ein paar Stunden mehr schon machen?


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rWir haben keine weitere Stunden!“, beharrte Janet, ihr Blick wanderte zwischen General Hammond und dem Elkaraner Kalchek hin und her. „Es tut mir Leid, dass ich hier jetzt so geradeheraus spreche, Sir“, sagte
sie, „aber wenn Major Carter den Weg durch das Stargate überleben soll, dann muss sie jetzt gehen, oder aber die Anstrengung wird sie umbringen.“ Sie starrte die beiden mit einem Blick an, der sie warnte auch nur eines ihrer Worte zu verleugnen.

Man merkte, dass sich Hammond nicht wohlfühlte, seine Aufmerksamkeit schwang zwischen Kalchek und Sam hin und her, die noch immer am anderen Ende der Krankenstation schlafend in ihrem Bett lag. Schließlich sagte er: „Aber Sie denken, dass sie jetzt stark genug ist?“

„Das hoffe ich“, seufzte Janet. „Ich weiß nur, dass sie immer schwächer wird. So eine Art von Krebs habe ich noch nie gesehen – die Wachstumsrate ist exponentiell.“ Sie richtete ihren Blick auf Kalchek. „Sie müssen doch wissen, was ich meine“, sagte sie, „als Ihre Leute daran erkrankt waren.“

Kalchek sah sie mit viel Mitgefühl an, welches so überhaupt nicht in seine harten Gesichtszüge passte. „Es ist bereits Generationen her, seit die Elkaraner die Goa’uld von unserer Welt vertrieben haben und auch Generationen, seit die Krankheit bei uns ausgebrochen war.“

„Generationen?“ Janet blinzelte, besorgt schaute sie Daniel hinüber, der neben Kalchek stand. „Aber Sie wissen noch, wie man es behandelt?“

Der Soldat legte seinen Kopf leicht zur Seite. „Wir erforschen noch immer die Technologie, obwohl wir keinen Gebrauch für sie haben“, erklärte er. „Unsere Wissenschaftler haben es untersucht… ich glaube, dass es im Zentralen Archiv aufbewahrt wird.“

Daniels Augenbrauen schossen nach oben. „In einem Museum?“

Kalchek zuckte mit den Schultern. „Das Wort ist mir nicht bekannt.“

„Oh Mann“, seufzte Janet, während sie eine zitternde Hand gegen ihre Augen drückte. Diese magische Heilung war ein Museumsstück!

„Die Frage ist doch“, sagte Daniel schließlich. Er wollte das Thema auf den eigentlichen Punkt bringen, „vertraut ihr uns genug, um Sam zu helfen?“

Kalchel antwortete ihm nicht sofort und Janet konnte schon fast seinen Inneren Kampf hinter seinen Augen sehen. Er schaute von Daniel zu Hammond und dann hinüber zu der schlafenden Sam. „Ich kann keine Goa’uld sehen“, sagte er.

„Nein!“, bestätigte Daniel ihm aufgebracht.

„Aber ich sehe gut bewaffnete Menschen. Die Technologie ist unserer gleich.“

„Wir sind keine Bedrohung für Sie, Sohn”, beharrte Hammond. „Die Goa’uld sind unsere Gegner.“

Kalchek nickte nicht ablehnend. „Ich werde erlauben, dass Major Carter mit mir zurückkehrt“, sagte er. „Daniel Jackson darf sie begleiten, aber mehr auch nicht. Jegliche Versuche uns zu folgen, werden als Bedrohung angesehen und wird dementsprechend gehandhabt.“

Hammond runzelte die Stirn, aber bevor er antworten konnte, mischte sich Janet ein. „Ich muss auch mit gehen“, sagte sie. „Wer weiß, welche Auswirkungen die Reise auf sie haben wird.“

„Wir haben unsere eigenen Ärzte…“, begann Kalchek, aber sie unterbrach ihn.

„Sie ist meine Patientin“, sagte sie ihm bestimmt. „Ich muss bei ihr sein.“ Und dann zog sie eine Augenbraue hoch, die Hände auf ihre Hüften gestützt, als sie zu ihm aufschaute. „Es sei denn, Sie denken, dass ich gefährlich aussehe.“

Der Mann schüttelte leicht lächelnd den Kopf. „Ich denke, dass Sie sehr gefährlich sein können, Dr. Fraiser“, sagte er ohne jeglichen Humor. „Trotzdem können Sie uns begleiten.“

Sie wandte sich an Hammond, um seine Erlaubnis zu bekommen. „Sir?“

„Bereiten Sie alles vor, was Sie benötigen, Doktor. Sie können los, sobald Sie fertig sind.“

 

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Der Fahrstuhl hatte sie immer weiter unter die Oberfläche gebracht. Und jetzt gingen sie mit einem schnellen Tempo durch graue Korridore, die Janet sehr an das SGC erinnerte. Während sie den Gang entlang eilte, hielt sie immer ein Auge auf Sam gerichtet; sie konnte wieder normal atmen, aber von ihrer unangenehmen Position auf der Trage aus, vermutete Janet, dass sie Schmerzen hatte. Wer weiß was für eine Auswirkung Torreisen auf die Krebszellen in Sams zerbrechlichen Knochen hatte? Janet hoffte nur, dass sie noch weitere Brüche vermieden hatte.

Jack hatte nicht bemerkt, dass er eingeschlafen war, bis ihm das Knarren der öffnenden Tür, aufschrecken ließ.

„Colonel O’Neill“, sagte eine Stimme. „Komm mit.“

Er schüttelte sich leicht und schwang seine Beine über die Bettkante. Ein wenig benommen schaute er auf. „Wohin gehen wir?“, fragte er den
jungen Soldaten, der vor ihm stand.

„Oberst Yantov erwünscht deine Anwesenheit beim Portal.“

Keine Sekunden später war Jack schon auf seinen Beinen. „Sind sie zurück?“

Der Soldat wandte sich ab. „Komm mit“, wiederholte er seine Worte und verließ die Zelle. Jack folgte ihm und sah, wie ein weiterer Soldat hinter ihm mit ihnen ging.

Die sterilen Korridore nahmen Biegungen an, die für Jack absolut keinen Sinn ergaben, also gab er es auf sich die Wege einzuprägen. Er versuchte den kurzen Moment des Unbehagens zu unterdrücken und konzentrierte sich lieber darauf die Soldaten nicht aus dem Weg zu schubsen, damit er zum Torraum laufen konnte.

Schließlich fand er sich vor einer Doppeltür vor dem Torraum stehen. Der junge Soldat klopfte mit einem bestimmten Klopfzeichen an und die Türen öffneten sich. Als Jack eintrat, sah er Yantov steif vor dem Tor stehen, ihr Kinn war leicht angehoben, als sie sah, wie es sich drehte. „Die siebte Koordinate ist eingelockt“, sagte eine Stimme in dem Moment, in dem sich das Wurmloch etablierte.

„Hast du schon von ihnen gehört?“, fragte Jack, als er sich neben Yantov stellte.

„Nein“, antwortete sie knapp. „Das ist die erste Aktivierung des Portals seit Kalchek gegangen ist.“

Plötzlich spürte er, wie jemand etwas zu nahe hinter ihm stand und er schielte kurz über seine Schulter. Der Soldat, der ihn hergeführt hatte, stand jetzt direkt hinter ihm, eine kleine Handfeuerwaffe hatte er direkt auf seinen Kopf gerichtet. Er wollte sich ein paar Schritte entfernen, aber ein fester Griff hielt ihn auf. Dann wirbelte er herum, nur um den zweiten Soldaten zu sehen, der ihn ausdruckslos anstarrte und ihn im seinem festen Griff hatte. „Was geht denn hier vor?“, rief er, als er zwischen den beiden Soldaten und Yantov hin und her blickte.

„Nur eine kleine Schutzmaßnahme“, sagte sie ihm gelassen. „Falls du nicht vertrauenswürdig warst und deine Leute mit Feindseligkeiten zurückkehren, möchte ich, dass sie dich zuerst sehen.“

Jack schnaubte leicht. „Ein menschliches Schutzschild, wie?“, murmelte er. „Nett.“

„Eine unangenehme Notwendigkeit“, antwortete Yantov mit perfekter Höflichkeit.

Der Ereignishorizont war nun sichtbar und Jacks Aufmerksamkeit kehrte dahin zurück, was wirklich wichtig war. Es schien Jahre zu dauern, aber dann tauchte eine Person auf und durchbrach die schimmernde Oberfläche.

„Kalchek!“ Yantov begrüßte ihn augenblicklich mit einem erfreuten Lächeln. „Schön dich wieder zusehen.“

Er ging langsam die Stufen hinunter und erwiderte das Lächeln. „Oberst Yantov.“

„Was ist passiert?“, fragte Jack sofort. „Konnten sie dich überzeugen? Wie geht’s…?“

Der Schwall von Fragen wurde unterbrochen, als eine weitere Person durch das Tor kam. Daniel. Sobald er durchgetreten war, drehte er sich um, so als ob er auf etwas warten würde. Einen kurzen Augenblick später schimmerte die Oberfläche wieder und Jacks Herz setzte für einen kurzen Moment aus, als er Sam sah, wie sie sich schwer auf Doktor Fraiser stützte. Carter schnappte nach Luft, als sie wieder Boden unter den Füßen hatte und Daniel war gerade noch rechtzeitig da, um sie aufzufangen.

„Carter!“, schrie Jack, und wollte auf sie zu rennen, aber der Griff des Soldaten hielt ihn zurück. Wütend wirbelte er zu ihm herum. „Lass mich los!“ Er zog an seinem Arm. Wenn Yantov nicht leise etwas zu ihm gemurmelt hätte, dann hätte es vielleicht kein gutes Ende genommen. Also ließ er ihn los und Jack rannte die kurze Entfernung zum Tor und sprang die Stufen rauf. „Carter“, rief er außer Atem und vollgepumpt mit Adrenalin. „Wie geht’s Ihnen?“

„Sir!“ Sie schaffte es etwas zu lächeln, aber es ging in ihrem Zittern unter. Die kurzzeitige Kälte von den Torreisen ließen fast ihre Zähne klappern.

Jack stellte sich neben sie, während Daniel wortlos zur Seite trat und er seinen Arm um ihre Hüfte schlang, um ihr Halt zu geben. „Ihnen wird’s bald wieder gut gehen“, versicherte er ihr. Es beunruhigte ihn, wie leicht sie war. Nur noch Haut und Knochen.

„Torreisen sind sogar für einen gesunden Körper anstrengend“, sagte Fraiser, die ebenfalls einen leichten Grünton angenommen hatte. „Da ist es keine Überraschung, dass es Ihnen zusetzt, Sam. Atmen Sie nur ein paar Mal ein und aus.“

„Mir geht’s gut“, versuchte sie sie zu beruhigen, aber Jack wusste, dass sie log. Und er wusste auch, dass ihre Schwäche ihr peinlich war. Schon seit ihrem ersten Treffen war Carter entschlossen, ihre Stärke und ihre Fähigkeiten zu beweisen. Dass es ihr so genommen wurde, demütigte sie zutiefst und er spürte ihre Verlegenheit als wäre es seine eigene.

„Was habe ich Ihnen denn wegen dem vielen Essen vor den Torreisen gesagt, hm?“, zog er sie auf, um sie etwas aufzuheitern und ihr ihre Verlegenheit zu nehmen. Sie lächelte, aber er konnte auch sehen, dass sie noch immer um Atem rang. Ihre Gesichtsfarbe wandelte von Milchweiß bis erschreckend grau. „Fraiser?“, fragte er, als Sam fast in seinen Armen zusammenbrach.

„Setzen Sie sie hin“, befahl die Ärztin. „Beugen Sie sie nach vorne.“

Sein Herz klopfte bis zum Hals, als er sie vorsichtig auf den Boden setzte. „Tief einatmen“, sagte er ihr leise, während sie ihren Kopf auf ihren Knie stütze. „Ganz ruhig.“ Erst dann schaute er hinunter zu Yantov. „Wir brauchen hier etwas Hilfe!“

Die Frau nickte kurz in Richtung der dunklen Scheiben hinter ihr und in diesem Moment öffneten sich auch schon die Türen. Ein Team von Ärzten kam herein. Ein älterer Mann erreichte sie zuerst und kniete sich neben Jack, als er besorgt zu Sam sah. „Ich bin Bresiv, der Arzt“, sagte er ruhig. Er beobachtete Carter, wie sie nach Luft schnappte. Er runzelte die Stirn. „Es sieht danach aus, dass die Starre, die die Reise zur Folge hat, ihr nicht so gut bekommt.“

„Es sieht danach aus?“, knurrte Jack. Eine Hand lag beschützend auf ihrem Rücken.

Bresiv streckte seine Hand aus, um ihre Stirn zu berühren, aber sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Sie hat Fieber?“, fragte er.

„Ja“, war Janets knappe Antwort. „In den letzten sieben Stunden hat sie ein leichtes Fieber bekommen. Wahrscheinlich ruht es auf einer erneuten Infektion.“

Bresivs Aufmerksamkeit wanderte von Sam zu Fraiser. Er sah ihr ihre Erschöpfung an, während er neugierig eine Augenbraue hochzog. „Sie sind Ärztin?“

„Sieht ganz danach aus“, antwortete sie. „Doktor Janet Fraiser.“

Er nickte höflich. „Und Sie haben Major Carter bisher behandelt?“

„Ja.“

„Dann haben wir viel zu besprechen“, sagte er. Er drehte sich um und nickte einen der anderen Ärzte zu, welcher eine fahrbare Trage am Fußende der Stufen hinstellte. Dann wandte er sich an Jack. „Können Sie sie zum Lager tragen?“

Jack spürte, wie sich Sam unter seiner Hand versteifte. Ihr Stolz war durch diese Frage berührt. Sie hob ihren Kopf. „Ich kann selbst runtergehen.”

„Sam…“, begann Janet zu protestieren, aber sie schüttelte vehement ihren Kopf.

„Ich werde ihr helfen“, bot Jack an. Er legte seinen Arm wieder um ihre Hüfte und half ihr aufzustehen. „Okay?“, fragte er, als sie stand.

Sie hatte nicht die Kraft zu sprechen, also schaute sie zu ihm auf und nickte nur. Jack konnte nicht anders als sie ein bisschen näher an sich heranzuziehen, während er langsam mit ihr die Stufen hinunter ging. Er war stolz auf sie, auch wenn ihre Zerbrechlichkeit ihn zerstörte.

 

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Der Fahrstuhl hatte sie immer weiter unter die Oberfläche gebracht. Und jetzt gingen sie mit einem schnellen Tempo durch graue Korridore, die Janet sehr an das SGC erinnerte. Während sie den Gang entlang eilte, hielt sie immer ein Auge auf Sam gerichtet; sie konnte wieder normal atmen, aber von ihrer unangenehmen Position auf der Trage aus, vermutete Janet, dass sie Schmerzen hatte. Wer weiß, was für eine Auswirkung Torreisen auf die Krebszellen in Sams zerbrechlichen Knochen hatte? Janet hoffte nur, dass sie noch weitere Brüche vermieden hatte.

Auf der anderen Seite der Trage lief Bresiv. Sein Blick driftete von Sam zu den Wachen, die sie den Korridor entlang führten, bis er schließlich bei Janet hängen blieb. Er zog leicht die Augenbrauen zusammen. „Die Krankheit ist schon fortgeschritten, nicht wahr?“

Janet nickte. „Ich glaube, dass der Ausbruch der Krankheit vor ungefähr drei Monaten war.“

„Hmm“, antwortete er. Seine Falten auf der Stirn wurden immer tiefer.

„Ist das ein Problem?“ Nervös legte sie ihre Hand auf Sams Arm.

Aber Bresiv schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich nicht“, sagte er ihr. „Aber unser Wissen über diese Technologie ist schon sehr alt. In den letzten achthundert Jahren wurde niemand mehr damit behandelt.“

„Was?!“ Der Überraschungsschrei kam, wie erwartet, von Colonel O’Neill, welcher hinter ihnen lief, neben Kalchek.

„Das wurde Ihnen nicht erklärt?“, fragte Bresiv überrascht Janet.

Sie nickte langsam. „Kalchek hat so etwas erwähnt“, versicherte sie ihm.

„Mir gegenüber aber nicht!“, knurrte O’Neill.

„Dieser Fall hier wird ganz schön faszinierend sein“, fuhr Bresiv fort, seine Augen begannen bei der Entdeckung zu leuchte. „Das Institut wird unsere Beobachtungen schon sehnlichst erwarten. Tatsächlich…“

„Hey!“ Diesmal kämpfte sich O’Neill nach vorne, bis er beim Arzt stand. „Das hier ist nicht irgend so ein wissenschaftliches Experiment, wissen Sie!“

Bresiv riss seine Augen auf. „Ich bin mir durchaus bewusst, was hier auf dem Spiel steht, Colonel O’Neill“, versicherte er ihm.

„Das bezweifle ich“, murmelte der Colonel, als er hinunter auf Sams blasses Gesicht blickte.

Vor ihnen verlangsamten die Wachen das Tempo, als sie zwei große Doppeltüren erreichten, die sich in dem Moment öffneten, in dem sie sie erreicht hatten. Während sie den nächsten Raum betraten, ließ Janet ihren Blick wandern. Es war eine merkwürdige Kombination aus Technologie und Kunst.

„Wow!“ Sam riss ihre Augen auf und starrte hinauf zu der hohen Decke über ihr. Janet folgte ihrem Blick und musste ihrer Einschätzung zustimmen. Wow, wie wahr. Die Decke war gewölbt und mit höchst kunstvollen Gemälden bedeckt, die Janet außerhalb von Florence je gesehen hatte. Es war wirklich beeindruckend.

„Uhm…“ Daniels Stimme brach die Stille, „was für ein Ort ist das hier?“

Der Stolz in Bresivs Gesicht war mehr als offensichtlich, als er mit leiser ehrfürchtiger Stimme zu sprechen begann. „Das ist die Kapelle der Genesung. Schon bereits vor Tausenden von Jahren war sie hier, als die Deus uns die Technologie überreichten, die meine Leute gerettet hatte.“

„Die Deus?“, fragte Daniel augenblicklich. „Die Götter?“

Bresiv nickte. „Wir sind uns noch immer nicht sicher, wer sie sind oder warum sie grade uns geholfen haben“, sagte er. „Heute glauben wir, dass es Außerirdische waren, die vielleicht im Krieg mit den verfluchten Goa’uld waren. Viele glauben das, obwohl es noch welche unter uns gibt, die am alten Glauben festhalten.“

„Das Ding, was sie euch gegeben haben?“, fragte Jack schließlich, als er mit seinem Kopf auf etwas Großes und verschnörkelt Verziertes deutete, was wie eine Maschine aussah.

Mit zwei großen Schritten war Kalchek plötzlich an seiner Seite und griff nach dem Handgelenk des Colonels. „Fass es nicht an“, warnte er ihn.

Mit einem verärgerten Blick schüttelte er seinen Arm frei und hob abwährend seine Hände. „Nichts für ungut“, murmelte er.

„Beinhaltet das eine spezielle religiöse Bedeutung für deine Leute?“, schlug Daniel vor, als er den Austausch zwischen den beiden Soldaten sah.

„Für einige von uns“, warf Bresiv dazwischen. „Für diejenigen, die noch immer daran glauben, ist dieser Ort noch immer gefürchtet.“

Daniel zeigte hinauf zu den Gemälden. „Wer hat die gemalt? Sie sind einzigartig.“

Bresiv nickte und wollte gerade antworten, als O’Neill ihm ins Wort fiel. „Ich hasse es wirklich den Kunstunterricht zu stören“, sagte er bissig, „aber gibt es nicht etwas Wichtigeres, um was wir uns jetzt kümmern sollten?“

„Ja, natürlich“, antwortete Daniel sofort und schaffte es gleichzeitig irritiert und bedrückt auszusehen. „Entschuldigung, Sam.“

Sam lächelte nur zu ihm auf. „Ist schon in Ordnung“, flüsterte sie. „Es ist wirklich ziemlich beeindruckend.“

„Der Colonel hat recht“, fügte Janet hinzu. Sie straffte ihre Schultern und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Bresiv. „Was brauchen wir, um Major Carter zu helfen?“


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Die Heilung war nicht einfach, aber Bresiv gab sein bestes um es ihnen verständlich zu erklären. Und Sam tat ihr Bestes sich zu konzentrieren. Seit ihrer Ankunft durch das Stargate plagten sie Schmerzen in ihrem Rücken und ihren Gelenken. Abgesehen von ihrer ersten Reise nach Abydos, war dies wohl die schlimmste gewesen.

Sie wurde auf ein etwas bequemeres Bett verlegt und lag in einer eigenartig heiligen Halle. Sie schaute hinauf an die Decke, während sie versuchte ihm zuzuhören. Daniel und Jack standen jeweils wie zwei Wachen an ihren Seiten. Janet hingegen diskutierte ihre Behandlung mit dem großen, älteren elkaranischen Arzt.

„Zuerst“, begann er zu erklären, „wird Major Carter eine Medizin… trinken.“ Er runzelte die Stirn und war offensichtlich mit seiner Wortwahl nicht so ganz zufrieden. „Es ist eine Droge“, erklärte er weiter, „die, die außerirdischen Zellen in ihrem Körper markieren.“

Janet nickte. „Eine chemische Markierung“, sagte sie. Sie verstand offensichtlich die Vorgehensweise. „Und dann?“

„Wenn die außerirdischen Zellen erst einmal identifiziert wurden“, antwortete Brevis und wandte sich an die Maschine, auf die der Colonel vorhin gezeigt hatte, „können wir das da benutzen.“

Sam hörte, wie Jack gereizt neben ihr hin und her rutschte. „Und was genau *ist* das?“

„Die Götter beschrieben es als eine Reinigungskammer“, erklärte Brevis. „Welche im Grunde auch ihre Funktion beschreibt.“

„Reinigung?“, fragte Sam. „Es entfernt die chemisch gekennzeichneten Zellen?“

Brevis nickte. „Genau das tut es.“

„Wie?“ Neben ihrer Erschöpfung war ihr Interesse wieder neu entflammt. Sie würde nur allzu gerne einen genaueren Blick auf dieses Gerät werfen….

Bresiv holte aus der Maschine eine dünne Metallspritze. „Das hier“, sagte er ihr, „werde ich gleich in eine deiner Venen stechen. Dadurch werden sehr winzige 'Maschinen’…“ Er schüttelte mit einem Stirnrunzeln den Kopf. „Ich bin mir nicht sicher, wie ich es erklären soll. Diese 'Maschinen’ sind so klein, dass man sie mit dem bloßen Auge nicht…“

„Nanocythen“, sagte Sam sofort und schielte hinauf zu Janet. „Richtig?“

Fraiser nickte. „Hört sich ganz danach an.“

„Ihr habt solch eine Technologie schon vorher entdeckt?“

Janet schielte schnell zu O’Neill, bevor sie nickte. „Ja“, stimmte sie zu, „haben wir.“

„Gut“, sagte Bresiv. „Dann werdet ihr sicher verstehen, wenn ich euch sage, dass diese 'Nanocythen’, wie ihr sie nennt, in Major Carters Blutstrom eintreten und die zuvor markierten Zellen aufnehmen werden. Wenn einmal erst alle Zellen aus ihrem Körper entfernt wurden, kehren die Nanocythen in die Reinigungskammer zurück, wo sie dann gesäubert werden, damit man sie wieder neu einsetzen kann.“

Sam traf Janets Blick mit einer stummen Frage: Wird es funktionieren? Janet zuckte nur mit den Schultern. Sie konnte ihr keine Gewissheit geben.

„Okay“, sagte Jack und runzelte konzentriert seine Stirn“, lass mich das Mal klarstellen. Carter trinkt dieses klebrige, chemische Zeug und dann injizierst du ihr eine Horde winziger Technobiester? Und das soll ihr *helfen?!“

„Das hört sich logisch an“, sagte Sam ihm und zog somit seinen besorgten Blick auf sich hinunter, wo sie auf mehreren aufgestapelten Kissen lag. „Ich meine, theoretisch ist es möglich.“

„Theoretisch“, stellte er fest, „sind viele Dinge möglich. Aber das bedeutet nicht, dass sie auch funktionieren, oder?“

Sam schaute hinunter auf ihre Hände. „Was für andere Möglichkeiten habe ich denn schon?“ Sie hatte recht, natürlich, und er wusste es. Einen kurzen Augenblick später spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter als eine stumme Entschuldigung.

„Wird es… ihr wehtun?“, fragte er dann. Jacks Frage erweckte ihre Aufmerksamkeit und sie schaute hinauf zu Bresiv.

Er lächelte sie an. „Das ist unwahrscheinlich“, antwortete er. „Keiner der Aufzeichnungen sagte, dass der Prozess irgendwie unangenehm sein würde.“

Sie nickte, als sich ein Schweigen zwischen ihnen ausbreitete. Sie schaute zwischen den besorgten Gesichtern ihrer Freunde und dem erwartungsvollen Gesicht von Bresiv hin und her. Alle schienen nur auf eine Antwort von ihr zu warten. Schließlich atmete sie einmal tief ein, verzog ihr Gesicht durch den herbeigerufenen Schmerz in ihrem Rücken und sagte: „Ich würde gerne die Behandlung versuchen.“

Bresiv lächelte, während sich O’Neills Griff um ihre Schulter leicht verkrampfte. „Wir sollten sofort damit beginnen“, sagte ihr der Arzt.

Dann ging er davon um die Droge vorzubereiten, die sie trinken würde.
Sie nutzte die Gelegenheit und schaute kurz zu Jack hinauf, der sie knapp anlächelte. „Würden Sie bei mir bleiben?“, fragte sie ihn.

„Wilde Pferde, Major“, versprach er ihr. Er schaute über das Bett zu Janet und Daniel. „Wir werden alle bleiben, richtig?“

„Absolut“, stimmte Daniel vehement zu.

Janet zog ihre Augenbrauen hoch. „Sie denken doch nicht ernsthaft, dass ich irgendwo hingehen werde, oder?“, fragte sie. „Nanocythen? Denken Sie doch nur an den Artikel, den ich… niemals veröffentlichen werde.“

Umgeben von ihrer Freunden – alle außer Teal’c – verspürte Sam neue Zuversicht in ihrem Herzen. Es würde funktionieren, es *musste* funktionieren. Und wenn doch nicht? Nun, wenigstens ist sie kämpfend untergegangen, mit ihren Freunden an ihrer Seite. Mehr konnte sie nicht verlangen.

„Major Carter?“ Bresiv war zu ihr zurückgekehrt. Er hatte ein kleines Glas mit einer Weißen und äußert abscheulich aussehende Flüssigkeit bei sich. „Es schmeckt nicht so schlecht“, versicherte er ihr, als er ihr das Glas gab. „Aber es wird dich sehr müde machen und das schon sehr schnell.“

Nickend nahm sie es ihm aus seiner Hand. Die Substanz war dickflüssig und zäh und der Gedanke daran, dass sie das runterschlucken musste, ließ sie würgen. Um den plötzlichen, rücksichtslosen Ekel abzuwenden, schaute sie in die andere Richtung. Dann, mit einem letzten Blick zu ihren Freunden, hob sie ihre Hand. „Prost!“ Sam kippte das schleimige Zeug in ihren Mund, ohne sich die Möglichkeit zu geben es richtig zu schmecken und gab Bresiv das Glas zurück. „Na ja, so schlimm war das do…“ Und dann überfuhr sie die Droge wie ein Schnellzug und alles um sie herum tauchte sie in Dunkelheit, als sie zurück in ihre Kissen sank.

 


++++++++


Sam war kaum wach, als Daniel zu der Kammer der Genesung zurückkehrte, und war noch immer ziemlich erschöpft. Er fühlte sich selbst ziemlich abgespannt an, nachdem er ein paar Stunden in der kleinen Unterkunft verbracht hatte, die ihm die Elkaraner zur Verfügung gestellt hatten. Das Schuldgefühl sie verlassen zu haben, nagte an ihm. Er hatte es ihr versprochen, aber sie war komplett weggetreten gewesen und Jack hatte ihm befohlen sich etwas schlafen zu legen.

Ein Befehl vermutete Daniel, als er zu seinem ermüdeten Freund schaute, den der Colonel selbst nicht befolgt hatte. Jack redete leise mit Sam, obwohl von dem Anblick ihrer schweren Augenlider, bezweifelte er, dass sie viel zu dieser Unterhaltung beitrug. Auf der anderen Seite des Bettes war Bresiv damit beschäftigt die Nanocythen vorzubereiten. Wie ein Falke schaute Janet über seine Schulter.

„Sie können die benutzen, die sie bereits hat“, sagte Janet ihm und knöpfte Sams Kittel auf, um einen dünnen Kanal, der von ihrer Brust wegführte zu offenbaren. „Ich habe sie bereits bei den Behandlungen auf der Erde benutzt.“

Bresiv nickte. „Das erscheint unserer medizinischen Einrichtung sehr ähnlich“, antwortete er mit einem schnellen Seitenblick zu Sam.

Daniel durchquerte den Raum und blieb neben Jack stehen. Er lächelte hinunter zu Sam. „Hey“, sagte er. „Wie geht’s Ihnen?“

Sie lächelte ihn müde an und murmelte: „Müde.“

„Sie ist vor ein paar Minuten aufgewacht“, sagte ihm Jack. Sein Blick war weiterhin auf Sam gerichtet. „Dieses Zeug muss ganz schon stark sein.“

Daniel nickte. „Sieht wohl ganz so aus.“

Erschöpft fuhr sich Jack mit seinen Händen über sein Gesicht, bevor er aufschaute. „Ah, Fraiser meinte vorhin etwas darüber, wie wir diese Technologie vielleicht auch zu Hause anwenden könnten.“ Es war mehr als offensichtlich, dass er die Aufmerksamkeit von dem ablenken wollte, was als Nächstes mit Sam passieren würde. „Eine Heilung gegen Krebs wird die Jungs von Zulassungsausschuss bestimmt erfreuen.“

Daniel lächelte etwas, als er sich einen Stuhl heranzog und sich hinsetzte. „Wird es auch bei normalen Krebs, also keinen Goa’uld-Krebs, funktionieren?“

Jack zuckte mit den Schultern. „Das weiß sie nicht, aber sie wird es mit Brezhnev diskutieren.“

„Bresiv“, korrigierte Daniel ihn abwesend.

„Wer auch immer.“

„Colonel O’Neill?“ Janet unterbrach ihre Unterhaltung. „Wir können jetzt anfangen.“

Er nickte nur, sein Blick wanderte zurück zu Sam. „Carter“, flüsterte er und holte sie aus ihrem Halbschlaf wieder heraus. „Bereit für die kleinen Technobiester?“

Ihre Antwort war ein schlaftrunkenes Lächeln. „Ja, Sir.“

Als Janet knapp zunickte, stand er auf. „Sie haben sie gehört“, sagte er.

„Sam?“ Janet beugte sich zu ihr hinunter, während Sam ihren Kopf in ihre Richtung drehte. „Wir fangen jetzt mit der Behandlung an. Sie sollte eigentlich nichts spüren, aber wenn Sie sich nicht wohlfühlen, dann lassen Sie es mich wissen.“

„Okay“, seufzte sie. Ihre geweiteten Augen fixierten schläfrig die Maschine. „Tun Sie’s einfach.“

Janet nickte Bresiv leicht zu und betätigte die Steuerung an der Seite der antiken Technologie. Lichter leuchteten auf und etwas begann zu zirpen, als es zum Leben erwachte. Daniel hielt seinen Atem an, seine Aufmerksamkeit war zwischen Sam, die jetzt ruhig und schlafend auf dem Bett lag, und Jack hin und her gerissen. O’Neill beobachtete sie schweigend. Nichts war aus seinem versteinerten Gesicht zu lesen, obwohl man tiefe Sorge in seinen dunklen Augen sehen konnte. „Was jetzt?“, fragte er mit äußerst kontrollierter und ruhiger Stimme.

„Jetzt warten wir“, antwortete Bresiv leise. „Der Prozess wird nicht lange dauern.“

Jack nickte, sein Blick war etwas unentschlossen. „Und dann ist sie geheilt?“

„Ja“, antwortete Bresiv.

„Ah“, mischte sich Janet an diesem Punkt der Unterhaltung ein. „Das wissen wir noch nicht mit Sicherheit, Colonel.“

Schließlich brach sein starrer Blick, der auf Sam gerichtet war. „Wissen wir nicht?“

„Nicht bis wir sie zurückgebracht und eine weitere Biopsie durchgeführt haben.“

„Noch mehr Tests?“ Langsam verlor er die Geduld.

„Nur noch dieses einen“, versicherte sie ihm leise.

Er antwortete ihr nicht, sondern sank zurück auf seinen Stuhl und ließ seinen Kopf in seine Hände fallen. Vorsichtig legte Daniel mitfühlend eine Hand auf seine Schulter. Halb erwartete er, dass er sie abschüttelte, aber Jack rührte sich nicht und schien die Geste des Trosts zu akzeptieren. In dem Versuch die Spannung etwas zu nehmen, wandte er sich an Janet. „Also“, sagte er, „glauben Sie, dass wir vielleicht diese Technologie auch im Kampf gegen die anderen Krebsarten einsetzen könnten?“

„Ich habe über diese Möglichkeit bereits nachgedacht“, stimmte sie ihm zu und drehte sich zu Bresiv um. „Haben Sie diese Technologie auch für Heilungen anderer Krankheiten benutzt?“

Aber Bresiv schüttelte den Kopf. „Über die Jahre hinweg“, flüsterte er, „haben unsere Wissenschaftler mit dieser Technologie herumexperimentiert. Aber die Nanocythen sind nur darauf programmiert Goa’uld-Zellen zu erkennen.“ Er runzelte mit der Stirn und seufzte. „Unsere Versuche es umzuprogrammieren, führte nur dazu, dass wir eine ganze Reinigungskammer verloren haben.“

„Oh!“ Daniel war sichtlich überrascht. „Ihr habt hier mehr als eine?“

„Die Götter gaben unseren Vorfahren vier Stück“, erklärte Bresiv. „Eine ist in unseren Zentralarchiv, eine ist zerstört und zwei weitere befinden sich hier in dieser Einrichtung.“

Während er noch diese Informationen verdaute, sah er, dass Janet bereits die nächste Frage auf den Lippen lag. Als die Unterhaltung etwas abschwächte, sprach sie sie aus. „Mich würde das Virus interessieren, welches Ihre Vorfahren benutzt haben, um die Goa’uld zu töten“, sagte sie. „Ist es etwas, was wir benutzen könnten?“

Unter seinen Fingern spürte Daniel, wie sich Jack bei ihren Worten anspannte und er hob seinen Kopf. „Das wäre wirklich nett“, murmelte er.

„Es ist schon möglich“, begann Bresiv zögernd, „aber dies wäre ein äußerst drastischer Schritt. Achtzig Prozent unserer Bevölkerung wurde zusammen mit den Goa’uld, die in ihnen waren, zerstört.“

Daniel riss seine Augen auf. „Achtzig Prozent? Ich schätze, deine Leute meinten es wirklich ernst im Kampf gegen die Goa’uld.“

Jack atmete lange aus. „Wir sprechen hier dann also von einem allerletzten Ausweg.“

„Absolut“, stimmte ihm Janet zu. Dann nach einem Moment fügte sie hinzu: „Aber wenn es hart auf hart kam…?“

„Wen es eine Invasion gegeben hatte“, stimmte ihr Jack mit einem leichten Schulterzucken zu. „Wenn wir zurück sind, dann werde ich mit Hammond darüber sprechen.“

Daniel erschauderte bei den moralischen Verwicklungen dieser Unterhaltung, aber er wusste auch, dass jetzt weder der richtige Ort, noch der richtige Zeitpunkt war, mit Jack darüber zu streiten. Er schüttelte den Kopf und fragte sich, ob er sich jemals an den rücksichtlosen, militärischen Pragmatismus gewöhnen konnte.

Dann, in diesem Augenblick, piepte das elkaranische Gerät auf und zog alle Aufmerksamkeit auf sich. „Was war das?“, fragte Jack sofort.

Bresiv untersuchte die Maschine einen Moment, bevor er zufrieden nickte. „Die Behandlung ist beendet.“

Jack blinzelte. „Das war’s?“

„Das war’s.“

Daniel folgte Jacks Blick zu Sam, welche wieder eingeschlafen war. „Und jetzt warten wir?“

„Wir warten“, stimmte Janet zu, als sie den kleinen Kanal aus Sams Brust zog. „Wenn Sam wieder stark genug ist, dann bringen wir sie durch das Tor zurück und ich werde eine Biopsie machen.“

„Ihr müsst nichts befürchten“, versicherte Bresiv ihnen. „Die Behandlung war erfolgreich.“

Janet lächelte ihn entschuldigend an. „Ich bin sicher, dass Sie verstehen werden, wenn wir es selbst noch einmal genau überprüfen wollen.“

„Natürlich“, versicherte er ihnen mit einem leichten Schulterzucken. „Major Carter wird die nächsten Stunden schlafen“, fügte er hinzu, „Vielleicht wollt ihr euch jetzt alle etwas ausruhen?“

Daniel schaute zu seinen beiden Freunden und er wusste, dass er für alle sprechen würde, als er sagte: „Danke, aber wir würden lieber hier bei Sam bleiben.“

„Wir ihr wünscht“, antwortete Bresiv freundlich und drehte sich um, um sie alleine zu lassen.

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Als Janet die Tür zum Wartezimmer öffnete, waren Jack, Daniel und Tealr17;c bereits auf ihren Füßen. Die Anspannung war ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben, als sie auf die sich öffnende Tür starrten. Sie sagte nichts, aber sie wusste auch, dass sie es nicht musste.

Warten. Schon wieder.

Jack lief im Wartezimmer auf und ab. Er ignorierte das Essen auf dem Tisch am anderen Ende des Raumes. Daniel lag in einen der tiefen Stühle, die im Raum verteilt waren, er hatte seine Beine ausgestreckt und sein Blick war auf den Fernseher in der Ecke gerichtet. Auf dem kleinen Bildschirm prahlte irgend so ein Knilch für fünfzehn Minuten Berühmtheit mit seiner dreckigen Wäsche, aber Jack bezweifelte, dass Daniel dem wirklich Aufmerksamkeit schenkte. Seine Gedanken, genau wie der der anderen, waren bei Sam. Sie waren vor Kurzem erst von Elkaran zurückgekehrt, nur zwei Tage nach der Behandlung und jetzt würden sie endgültig herausfinden, ob es funktioniert hatte. Er versuchte sich einzureden, dass Sam bereits besser aussah. Nicht mehr ganz so blass, das stimmte schon, nicht mehr ganz so müde, aber… Er seufzte. Er belog sich doch selbst. Die Wahrheit war, dass sie überhaupt nicht anders aussah; das Beste, was man jetzt sagen konnte, war, dass es nicht noch schlimmer geworden war. Sobald sie zurück waren, hatte Fraiser mit der Biopsie begonnen und die Ergebnisse waren immanent. Das war das letzte Warten, das letzte Ergebnis. Es war wortwörtlich eine Frage über Leben und Tod und die Anspannung war kaum noch zu ertragen.

„Ich bin mir sicher, dass es Major Carter gut gehen wird“, sagte Teal’c plötzlich. Seine ruhige Stimme übertönte das leise Gemurmel aus dem Fernseher. „Sie wird es überleben.“

„Sicher wird sie das“, stimmte Jack ihm zu und blieb neben dem kleinen Fenster in der Tür zum Nachbarraum stehen. Er lehnte einen Arm dagegen, rutschte etwas ab und wünschte sich seinen eigenen Worten Glauben zu schenken.

„Bresiv schien sehr zuversichtlich zu sein“, erinnerte ihn Daniel. „Er sagte, dass die Nanocythen vorher noch nie versagt hätten.“

Jack drehte sich zu ihm um. „Sie haben diese verdammten Dinger seit achthundert Jahren nicht mehr benutzt!“

„Ja.“ Daniel nickte und ließ mit einem Seufzen seinen Kopf sinken. „Ich weiß.“

Er drehte sich wieder zurück zum Fenster und starrte hinaus in den leeren Flur dahinter. „Ich hoffe nur, dass er recht hat“, seufzte er. Die kalte Bedrohung, die sein Herz fest umklammerte, erfasste ihn, als er an das Schlimmste dachte. „Wenn es nicht funktioniert…“ Er schloss seine Augen, um die überraschenden Tränen zurückzuhalten und atmete einmal tief durch. Für einen sehr langen, stillen Moment stand er in dieser Position, sein Kopf nach vorne gebeugt, die Augen waren geschlossen, bis er eine warme Hand auf seiner Schulter spürte.

„Ich weiß, wie schwer das für Sie ist“, sagte Daniel.

„Ach wirklich?“, fragte Jack mit einem härteren Ton in seiner Stimme als beabsichtigt. Woher sollte Daniel es denn wissen? Wie konnte er denn die langsame Entwicklung seiner Gefühle für Sam verstehen, wenn Jack sie selbst kaum verstand? Er konnte nur eines mit Sicherheit sagen: Wenn sie starb, dann nahm sie ein großes Stück von ihm mit, vielleicht war es sogar ein tödliches Stück. 'Ich wäre lieber gestorben als Carter zu verlieren’. Er hatte es so gemeint und das tat er auch jetzt noch.

„Ich denke, ich habe da so eine Ahnung“, beharrte Daniel. Er klang etwas unsicher, als er fortfuhr. „Und was auch immer passieren wird, ich will, dass Sie wissen, dass Teal’c und ich…“ Es breitete sich ein kleiner Moment des unangenehmen Schweigens zwischen ihnen aus. „Na ja“, räusperte er sich, „ich meine, wir sind Ihre Freunde und wir werden immer… Sie wissen schon, da sein. Für Sie.“

Mit einem blassen Lächeln öffnete er seine Augen. „Und das ist dann die Stelle, an der wir uns umarmen sollten?“, fragte er trocken.

Leich irritiert, zog Daniel seine Hand von Jacks Schulter und sagte: „Nur, wenn Sie es unbedingt wollen.“

Jacks Lächeln wurde etwas breiter und war berührt von Daniels Sorge, aber so nötig hatte er es auch nicht. „Lassen Sie uns das einfach überspringen“, schlug er vor.

„Ist mir recht.“

Er wandte sich jetzt vom Fenster ab und fuhr mit beiden Händen durch sein Haar. Er war müde. An das letzte Mal, an dem er durchgeschlafen hatte, konnte er sich gar nicht mehr erinnern, aber noch schlimmer war, dass er kaum noch wusste, ob es draußen grade Tag oder Nacht war. „Gott“, murmelte er mit einem starren Blick auf die Tür. „Ich habe das Gefühl, als ob ich die letzten zwei Monate mit nichts anderem als zu Warten verbracht habe.“

„Ich weiß, was Sie meinen“, seufzte Daniel und vergrub seine Hände in seinen Taschen. „Aber zumindest, ist es jetzt das letzte Mal…“ Er verstummte, als die Bedeutung seiner Worte zwischen ihnen hing. So oder so, diesmal würden sie es endgültig wissen – Sam würde entweder sterben oder leben. Ende der Geschichte.

Jack nickte nur. Dazu konnte man nichts mehr sagen. Er ging zu einem der Stühle und ließ sich hineinfallen. Daniel tat es ihm gleich, während Teal’c sich neben die Tür stellte. Und zusammen im Schweigen warteten sie auf die Neuigkeiten, die sie sich gleichzeitig herbeisehnten und fürchteten.


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Als Janet die Tür zum Wartezimmer öffnete, waren Jack, Daniel und Teal’c bereits auf ihren Füßen. Die Anspannung war ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben, als sie auf die sich öffnende Tür starrten. Sie sagte nichts, aber sie wusste auch, dass sie es nicht musste.

„Sam!“ Daniels Schrei erfüllte den Raum und er rannte auf sie zu.
Sam, die sich noch schwer auf Janet stützte, schaffte es für ihre Freunde ein Lächeln zustande zu bekommen. „Hey.“ Sie grinste, als Daniel auf sie zukam.

Daniels Augen funkelten, als er ihren Blick suchte. „Geht’s Ihnen gut?“

Mit einem noch breiteren Lächeln nickte Sam. „Sieht ganz so aus.“

„Sam“, hauchte er und zog sie eine vorsichtige Umarmung. „Danke Gott.“

„Vorsichtig, Daniel“, warnte Janet ihn, die Sam noch immer fest am Arm hielt. „Sie ist noch immer sehr schwach. Sie sollte noch nicht einmal laufen…“

„Janet!“, protestierte Sam, als Daniel sie vorsichtig losließ. „Ich habe Wochen im Bett verbracht…“ Sie zuckte mit den Schultern und warf ihr ein so breites Lächeln zu, dem Janet nicht widerstehen konnte.

Daniel ging einen Schritt zur Seite und Janets Blick blieb bei Jack hängen. Er hatte sich nicht bewegt und schaute sie beide mit einem so intensiven Blick an, dass sie wegschauen musste. Und dann begann er zu reden, die Gefühle in ihm, hatte seine Stimme ganz heiser gemacht. „Dann sind Sie geheilt?“, fragte er Sam. Zu mehr war er nicht in der Lage.

„Ja“, sagte sie ihm, ihr Griff um Janets Arm wurde fester. „Die Biopsie war sauber.“

Damit zog Janet seine Aufmerksamkeit auf sich. „Sauber?“ Seine Stimme brach leicht, als er sprach und Janet begann leicht zu zittern, als sie die Stärke der Gefühle in seinen dunklen Augen erblickte.

„Es ist unglaublich“, sagte sie und wich seinem Blick aus. „Alle der abnormalen Zellen sind aus ihrem Knochenmark verschwunden. Das Level der Goa’uld-Proteine in ihrem Blut ist bereits gesunken und in den nächsten Wochen sollte ihr Körper die restlichen selbst säubern.“ Sie lächelte. Erleichterung und Freude ließen aus dem Lächeln ein Grinsen werden. „Sam ist noch immer schwach und sie wird noch etwas Zeit brauchen, bis sie wieder bei Kräften ist, aber der Krebs ist verschwunden, Colonel. Sie wird sich vollkommen erholen.“

Er nickte, aber sein Blick wanderte zurück zu Sam, die ihn aufmerksam beobachtete und selbst von starken Gefühlen ihrerseits erfasst wurde. Aus ihrem Lächeln wurde ein etwas ernsterer Blick. „Sie hatten recht, Sir.“

Jack antwortete ihr nicht.

„Als Sie mir sagten, dass alles wieder gut werden würde?“, fuhr sie fort und ihr kleines Lächeln begann zu zittern. „Sie hatten recht.“

Noch immer hatte Jack sich nicht bewegt. Er war so angespannt, dass Janet befürchtete, dass er gleich zusammenklappen würde. Und auf die eine Art und Weise tat er das auch. Die Spannung splitterte von ihm ab und mit drei großen Schritten stand er direkt vor ihr. Wortlos zog er Sam in seine Arme. Er hielt sie so vorsichtig, wie Daniel zuvor; nicht mehr als eine brüderliche Umarmung für eine Freundin, die grade den Krallen des Todes entkommen war. Aber Janet sah an der Art und Weise, wie er seine Augenlieder zusammengepresst und sein Kinn aufgrund all der Emotionen angespannt hatte, dass da noch was war. Genauso wenig war sie blind gegenüber der Tatsache, wie sich Sam an ihn lehnte, ihr Kopf ruhte dankbar an seiner Schulter, als sie seine Umarmung erwiderte.

Janets Blick wanderte zu Daniel. Er beobachtete die Szene vor sich mit einer verschmitzen Neugierde und zog fragend eine Augenbraue hoch. Sie zuckte nur kurz mit ihren Schultern; die Beichte, die sie gehört
hatte, würde ihre Lippen nicht verlassen, nicht einmal für Daniel.

Aber so intensiv der Moment auch war, so kurzlebig war er auch. Jack schritt ein wenig zurück, hielt aber immer noch einen stützen Griff um sie, bis Janet ihren Arm um Sams Hüfte legte. Dann fielen etwas widerwillig seine Arme an seinen Seiten herunter. „Es ist schön Sie wieder auf den Beinen zu sehen, Carter“, sagte er ihr leise.

„Danke, Sir“, antwortete sie mit genauso heiserer Stimme.

„Major Carter.“ Teal’c kam schließlich auf sie zu, ein kleines Lächeln erwärmte sein Gesicht. „Mein Herz ist froh zu wissen, dass du dich erholt hast. Dein Verlust für dieses Team wäre… gravierend gewesen.“

Sam streckte ihre Hand aus und erfasste seinen Arm. „Danke, Teal’c“, sagte sie, ihre Augen leuchteten. „Für alles.“ Und dann sah sie zu jedem. Durch Tränen der Erleichterung und Dankbarkeit blinzelte sie. „Danke… euch allen. Ihr habt mein Leben gerettet.”
 
„Wir versuchen nur den Punktestand wieder auszugleichen“, versicherte O’Neill ihr mit einem schnellen Lächeln. Seine Augen strahlten ungewöhnlich auf. „Wie viel schulden wir ihr jetzt schon, Daniel?“

„Uhm“, Daniel nickte lächelnd, „bestimmt ein Dutzend mehr.“

Sam lachte, aber Janet konnte das Zittern spüren, der ihren schwachen Körper erfasste und entschied, dass jetzt genug war. „Okay“, sagte sie und wollte sich umdrehen. „Das ist genug für einen Tag, Major. Sie brauchen Ihre Ruhe.”

Sam beklagte sich nicht und drehte sich um, um wieder zurück ins Bett zu gehen. Aber bevor sie überhaupt ein paar Schritte geschafft hatten, meldete sich O’Neill noch einmal zu Wort. „Doc?“

Sie drehte sich um. „Sir?“

„Sie wissen ja“, sagte er mit einem Funkeln in seinen Augen, „wir haben noch einige Missionen vor uns… Irgendeine Ahnung, wann wir Carter zurückhaben können?“

Janets Blick verengte sich. „Denken Sie in Wochen, Colonel“, riet sie ihm. „Mindestens.“

Er nickte nur lächelnd. „Auch für etwas so einfaches, wie… sagen wir, einen kleinen Angeltrip?“

Neben ihr hörte Janet, wie Sam leise, aber amüsierte aufstöhnte.

„Das werden wir dann sehen“, war alles.

Immer noch lächelnd, drehte sich O’Neill mit einem knappen Nicken um, um zu gehen. Bevor Janet die Tür ins Schloss fallen hörte, vernahm sie noch Teal’cs Worte. „Du solltest wissen, O’Neill, dass ich Major Carter über das Fehlen der Fische und dem Übermaß an Insekten in Kenntnis gesetzt habe.“

Nach einer kurzen Pause knurrte Jack: „Und du nennst dich einen Freund?“


+++++++++

 

Die Zeit verging. Aus Stunden wurden Tage und Tage wurden zu Wochen.

Mit einer heißen Tasse Kaffee in seiner Hand saß er morgens früh an der frischen Luft auf seiner Terrasse und dachte an den Tag, der vor ihm lag. Heute würde Carter zurück zur Arbeit kommen. Heute würde SG-1 wieder komplett und seit den letzten drei Monaten wieder einsatzbereit sein. Langsam kehrten die Dinge wieder in ihren Normalbereich zurück. Na ja, so normal, wie sie im SGC sein konnten.

Jack nahm einen letzten Schluck von seinem Kaffee und beobachtete den Sonnenaufgang. Er war bereits früh aufgestanden. Ein merkwürdiges nervöses Gefühl hatte ihn um den Schlaf gebracht, als er an den heutigen Tag dachte. Es war so, als ob ein Kreis vervollständigt wurde, er schloss nach den Schwierigkeiten von Sams Krankheit, nach Wochen der verzweifelten Suche nach einer Heilung und nach ihrer sehr langsamen Erholung. Dieses Kapitel war jetzt abgeschlossen und er fand sich wieder am Anfang stehen. Genau da, wie schon vor Monaten, an dem Tag auf P7D-783, als sein freundschaftlicher gemeinter Seitenhieb in die Rippen, mehr als nur ihre spröden Knochen gebrochen hatte.

Bei den Gedanken an seine Kälte ihr gegenüber und ihrer Distanz ihrerseits runzelte er die Stirn und schwor sich, dass es nie wieder so weit kommen lassen würde. Er erkannte jetzt, dass ihre Freundschaft, ihren Respekt und ihr Vertrauen wichtiger als andere für ihn waren. Und er würde dies nicht auf einem Altar voller unpassender Gefühle opfern. Nie wieder würde er die Tatsache aus den Augen verlieren, dass Sam Carter über diesen Dingen stand, sie war eine vertrauenswürdige Freundin und Kollegin.

Dann stand er auf, goss den Rest des Kaffees über das Geländer der Terrasse und ging zurück ins Haus. Heute, schwor er sich, würde er die Dinge wieder zurück zu ihrem Ursprung führen. Heute war der Beginn eines vollkommen neuen Kapitels.

 

++++++++


In den Fahrstuhl zu treten und damit hinunter zum SGC zu fahren, hat sich noch nie so gut angefühlt. Sam konnte nicht anders als zu lächeln, als sie die Abwärtsbewegung des Fahrstuhls verspürte. Es war gut wieder zurück zu sein.

Sie hatte Janets Meinung nach immer noch zu wenig auf den Rippen und auch ihre Uniform war immer noch etwas zu weit, aber davon abgesehen, fühlte sie sich gut. Gesund, fit und bereit wieder zu arbeiten. Die letzten Monate waren einfach nur grauenhaft und nicht nur, weil es ihr die meiste Zeit über ziemlich schlecht ging. Es war genauso die Langeweile und das Nichtstun gewesen, wie alles andere was sie berührt hatte. Nichtstun gab es nicht in Sam Carters Wortschatz und so war die ganze Zeit, in der sie ans Bett gefesselt war, ziemlich frustrierend. Aber langsam und fast schleichend hatte sie ihre Kraft zurück erlangt. Sie begann wieder regelmäßig zu essen und zuletzt hatte Janet sie wieder zurück in den Dienst geholt. Na ja, für den *leichten* Dienst. Für eine Weile war es ihr verboten Torreisen zu machen, aber wenigstens konnte sie wieder zurück in ihr Labor und damit beginnen ihr Gehirn wieder zu trainieren. Es war in den letzten Monaten ein wenig eingerostet.

Die Türen öffneten sich und sie trat hinaus in den Korridor. Dort atmete sie einmal tief den einzigartigen Duft von kalten Beton und Stahl ein, überdeckt wurde er noch von dem statischen Zischen, welches sie immer mit dem Stargate in Verbindung setzte. Es schmeckte nach Zuhause und ihr Lächeln wurde nur noch größer.

Eine Woche nach ihrer Rückkehr von Elkaran wurde sie aus der Krankenstation entlassen und seit diesem Tag hatte sie keinen Fuß mehr in das SGC gesetzt. Mit dem Wissen, das Janet sie gerne untersuchen wollte, vermied sie bewusst den Gang zur Krankenstation und ging stattdessen geradewegs in ihr Labor, hielt aber kurz vorher noch an Daniels Büro an, welches ganz auf ihrem Weg lag. Sie klopfte ein paar Mal an, bevor sie die Tür öffnete und ihren Kopf hereinsteckte. Er war schwer am Arbeiten und schaute abwesend durch die Unterbrechung auf. „Was…?“, murmelte er, bis er plötzlich bemerkte, dass es ihr Gesicht war und sein Gesicht verzog sich einen großen Grinsen. „Sam!“ Seine Augenbrauen schossen nach oben. „Sie sind früh dran.“

„Nein“, versicherte sie ihm. „0900.“

„Wirklich?“, antwortete er überrascht und schaute auf seine Uhr. „Huh. Ich muss wohl die Zeit vergessen haben.“ Er lächelte zu ihr auf. „Nun, es ist großartig Sie wieder hier zu sehen. Wie geht’s Ihnen?“

Sie wischte seine Sorgen fort. „Gut“, sagte sie und schielte auf den Computerbildschirm, an dem er grade arbeitete. „Was ist das?“

„Etwas, was SG-2 zurückgebracht hat“, antwortete er und deutete auf
die Notizen, die über seinem Schreibtisch verteil waren. „Es ist Goa’uld. Irgendein Aufnahmegerät, vielleicht. Ich bin mir noch nicht sicher. Sie haben es erst letzte Nacht mitgebracht.”

Sie zuckte mit den Schultern. „Na ja, wenn Sie Hilfe brauchen, dann wissen Sie ja, wo Sie mich finden!“

„Ja“, nickte Daniel, als er um seinen Schreibtisch herum ging, sodass er genau vor ihr stand. „Es tut wirklich gut, Sie wieder zurückzuhaben, Sam. Es war nicht das Gleiche ohne Sie.“

„Ich habe es auch vermisst“, sagte sie mit einem tiefen Atemzug. „Mehr als ich gedacht hätte. Dieser Ort hier“, Sie breitete ihre Arme aus, „ist schon so sehr ein Teil von mir, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, nicht hier zu sein.“

Daniel lächelte. „Ich weiß, was Sie meinen.“ Dann nahm er ihre Hand und drückte sie. „Wir haben Sie vermisst, Sam.“

„Danke“, sagte sie. Seine Worte machten ihre Rückkehr nur noch schöner.

Mit einem Räuspern ließ er ihre Hand wieder los. „Na dann, dann lass ich Sie mal an Ihre Arbeit machen“, sagte er. „Es wird bestimmt eine Stunde dauern  den Schreibtisch wieder freizuräumen. In den letzten drei Monaten hat sich dort einiges an Schreibarbeit angehäuft.“

Sie verdrehte ihre Augen. „Sie machen Witze? Niemand hat sich darum gekümmert?“

„Ah, ich glaube, ich werde mich jetzt lieber wieder mit diesem Bericht hier beschäftigen“, sagte er etwas verlegen und ging zu seinem Stuhl zurück. „General Hammond hatte irgendwas gesagt, dass er es bis Mittag brauchte…“

Kopfschüttelnd, noch immer nicht sicher, ob sie belustigt oder irritiert sein sollte, drehte sich Sam um. Im letzten Moment hielt Daniel sie noch auf. „Sam?“

„Ja?“

„Gehen Sie’s langsam an, okay?“

Sie schenkte ihm ein gerissenes Lächeln. „Das hängt davon ab, wie viel Arbeit ich auf meinem Schreibtisch vorfinde!“

 

+++++++++




Mit einer gewissen Unruhe drehte Sam den Schlüssel im Schloss um und öffnete die Tür zu ihrem Labor. Sie war sich nicht ganz sicher, was sie erwartet hatte. Besonders nicht nach ihrer Unterhaltung mit Daniel, wäre sie nicht überrascht gewesen überall in ihrem Büro Berichte liegen zu sehen. So war es dann, dass sie ziemlich stutzig dreinschaute, als sie einen leeren und geordneten Schreibtisch vor sich sah. Ihre Lieblingstasse war sauber und auf dem Kopf gedreht, damit kein Staub eindringen konnte. Ihre ungeordnete Sammlung von Kugelschreibern, Bleistiften und anderen Werkzeug wurde schön in einer großen Tasse aufbewahrt. Sogar ihre Postablage war mehr oder wenig leer, nur zwei oder drei erst kürzlich erstellten Memos befanden sich darin. Oben drauf jedoch lag ein hellgrüner Zettel mit einer kurzen Nachricht, verfasst von Jacks breiter Handschrift.

„Carter“, stand geschrieben. „Willkommen zurück. Besprechung um 1000. Essen um 1300? O’Neill.”

Sie lächelte. Das Geheimnis des überaus sauberen Labors war gelöst. Seine Bedachtsamkeit hatte sie wirklich sehr beeindruckt und sie fragte sich, ob Janet nicht vorgeschlagen hatte, dass sich jemand um den Papierberg kümmern könnte, bevor sie zurückkehrte. Auf der anderen Seite jedoch konnte er auch ziemlich unzugänglich sein, wenn er es wollte.

Immer noch lächelnd setzte sie sich an ihren Schreibtisch und lehnte sich in ihrem bequemen Stuhl zurück. Das war es. Sie war wieder da, wo sie hingehörte. Da sie vor der Besprechung nicht wirklich etwas zutun hatte, nahm sie sich eines der Memos aus ihrem Postfach und begann es zu lesen. Donuts, man konnte sie nicht länger in der Kantine erhalten. Sie zog eine Augenbraue hoch. Teal’c wird bestimmt enttäuscht sein. Fehlverhalten in den Umkleideräumen. Hmm, das hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt!

Ein scharfes Klopfen an der Tür nahm ihr jedoch den Spaß. „Herein“, rief sie und genoss noch einmal das tolle Gefühl wieder ein Büro zu haben.

Die Tür öffnete sich und ein Kopf schaute herein. „Hey.“

„Sir!“ Mit einem Lächeln stand sie auf, als O’Neill ihr Labor betrat.

„Carter“, nickte er und schloss die Tür hinter sich. „Sie sehen… besser aus.“

Sie lächelte. „Danke. Ich fühle mich großartig.”

„Da bin ich aber froh das zu hören“, antwortete er und ging noch einen Schritt auf sie zu. Dann sah er sich um. „Und haben Sie sich wieder eingelebt?“

„Ich erinnere mich nicht daran, dass es jemals so sauber war“, antwortete sie noch immer lächelnd.

Er nickte nur und haschte nicht nach der ihm gehörige Anerkennung. „Gut“, sagte er, während er seine Hände in seinen Taschen vergrub. „Haben Sie was dagegen, wenn ich mich setze?“

Als sie ihn beobachtete, kam sie nicht drum herum, festzustellen, dass er merkwürdig nervös war. Es war nicht grade ein Gefühl, welches sie je mit ihm verbunden hatte und es brachte sie etwas aus der Fassung. „Natürlich nicht“, antwortete sie und setzte sich ebenfalls langsam auf ihren Stuhl. Seine offensichtliche Nervosität erweckte ein unwohles Gefühl in ihr.

Er setzte sich ebenfalls hin, seine Ellbogen hatte er auf seine Knie gestützt, und seine Finger spielten mit einem Gummiband, welches er in seiner Tasche gefunden hatte. Es breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus, sein Blick war weiterhin auf das Stück Gummi in seiner Hand gerichtet.

Nervös rutschte Sam auf ihren Stuhl hin und her. „Wollen Sie etwas mit mir besprechen, Sir?“

„Ja“, stimmte er ihr zu und fiel wieder zurück ins Schweigen.

Nach einem Moment war wieder sie es, die sprach. „Muss ich raten, um was es geht, Sir?“

„Was?“ Er schaute auf. „Ich meine, nein. Nein.“ Mit einem Seufzen senkte er seinen Blick wieder auf das verknotete Gummiband. „Bevor Sie krank wurden, Carter“, sagte er so, als es lang zurückliegende Worte waren, „da standen die Dinge nicht so… gut zwischen uns.“ Sie öffnete ihren Mund, um etwas zu erwidern, aber er hoch seine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Ich möchte nur, dass Sie wissen“, fuhr er fort, „dass ich das, was ich da … vor Anise gesagt habe… *nie wieder* meine Behandlung Ihnen gegenüber auf irgendeine Art und Weise beeinflussen wird.“ Er schaute zu ihr auf. „So wie ich mich auf P7D-783 aufgeführt habe, war unprofessionell und ich entschuldige mich dafür. Es wird nicht wieder passieren.“

Sam war sprachlos. Sie hatte bereits alles vergessen, was sich auf P7D-783 abgespielt hatte! Als sie daran zurückdachte, runzelte sie ihre Stirn etwas. „Na ja, ich denke, dass wir beide sehr angespannt waren, Sir. Diese ganze Za’tarc-Sache war… schwierig.“

„Ja“, stimmte er ihr leise zu, aber sie verspürte keine Wut unter der Oberfläche. „Wissen Sie, ich hätte es nie erwähnt, wenn ich nicht dazu gezwungen worden wäre“, sagte er ihr und sie konnte ein reumütiges Lächeln bei der Wahrheit seiner Worte nicht verbergen.

„Ich weiß. Es tut mir leid, dass Sie es mussten.“

O’Neill nickte. „Und es tut mir leid, dass ich Sie enttäuscht habe“, fügte er flüsternd zu. „Ich weiß, dass Sie denken, dass ich mich unprofessionell verhalten habe, als ich Sie nicht…“ Sein Kopf senkte sich noch weiter, „als ich Sie auf Apophis’ Schiff nicht zurückgelassen habe. Und Sie haben auch jedes Recht dazu, enttäuscht zu sein, weil ich so verdammt unprofessionell gehandelt habe und ich…“

„Colonel!“ Sie konnte ihn nicht so weitermachen lassen. „Warten Sie…“

Er schaute auf. „Carter…“

Sie schüttelten den Kopf. „Sie haben mich nicht enttäuscht.“

Verwirrt sah er sie an. „Habe ich nicht?“

„Nein.“ Sie runzelte die Stirn. „Warum glauben Sie, dass Sie mich enttäuscht haben?“

Sein Blick fiel zurück in seine Hände und sie hatte das Gefühl, dass sie nahe an einem Thema waren, was ziemlich schmerzhaft zu sein schien. „Weil Sie enttäuscht ausgesehen haben“, flüsterte er. „Als ich Anise sagte, dass ich Sie nicht zurücklassen konnte.“

Sams Herz machte einen Aussetzer, als sie es plötzlich verstand. Er hatte alles falsch verstanden! Alles, was sie in diesem Moment verspürt hatte, war Mitleid gewesen, da sie genau wusste, wie schwierig solch eine Offenbarung für ihn war. Mitleid, gemischt mit Ärger auf die Tok’ra, die sie erst in diese unglaubliche Situation gebracht hatten. „Colonel“, sagte sie. Schnell versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen, sofern das möglich war. „Wenn Sie mich enttäuscht hätten, dann müsste ich auch enttäuscht von mir selbst sein. Und das bin ich nicht.“

Er hörte auf seine Finger zu bewegen, aber schaute nicht zu ihr auf. „Sie haben Anise gesagt, dass Sie es bedauern würde, dass ich aufgrund meiner Gefühle für Sie, geblieben bin.“

„Das war auch die Wahrheit“, sagte sie ihm. „Aber das heißt nicht, dass ich genauso fühle.“ Sie stolperte etwas über ihre Worte und errötete bei der kleinen Offenbarung. „Ich meine, wenn die Situation anders herum gewesen wäre, dann hätte ich dasselbe getan.“

Noch immer bewegte er sich nicht, auch wenn er langsam, überrascht seine Augenbrauen hochzog. „Ich hätte Ihnen befohlen zu gehen.“

Sie lächelte. „Ich weiß.”

„Aber Sie haben Anise nicht gesagt, dass sie genauso…“ Er runzelte die Stirn und die Frage war ihm unangenehm. „Sie haben ihr nicht gesagt, dass Sie dasselbe tun würden?“

„Nein“, stimmte sie ihm zu. „Sie hatte nicht gefragt und ich sah nicht die Notwendigkeit ihr meine Gefühle auf dem Silbertablett zu servieren.“ Sie verstummte und sprach dann mit weicherer Stimme weiter. „Sie waren derjenige, der sein Verhalten erklären musste, Sir. Ich musste ihr einfach nur sagen, wie ich mich dabei gefühlt habe. Und ich hätte es bedauert, wenn Sie gestorben wären. Ich hätte es wirklich sehr bedauert, Colonel.“

Er nickte und ein kleines Lächeln zeichnete seine Lippen. „Ich schätze, ich bin irgendwie froh das zu hören, Carter.“

„Das ändert aber nichts“, stellte sie noch einmal klar.

„Nein“, stimmte er ihr zu und sah mit einer ungewöhnlichen Wärme in seinem Blick zu ihr auf. „Aber es ist trotzdem schön zu wissen.“

Sie lächelte, aber antwortete nicht. Sie ließ den Moment einfach verstreichen. Als er vorbei war, nahm sie den grünen Notizzettel und sagte dann: „Also… Besprechung um zehn?“

O’Neill nickte. „Können Sie sich noch erinnern, wo sich der Besprechungsraum befindet, Major?“

„Ich glaube, ich kriege es noch hin“, versicherte sie ihm. Und dann kam ihr plötzlich ein Gedanke. „Wann kommt Teal’c zurück?“

Jack war zunächst etwas verdutzt, schaute dann aber hinunter auf seine Uhr. „Ah… in ungefähr… einer Minute“, sagte er ihr und stand ebenfalls auf. „Ich sollte ihn am Tor begrüßen.“

Sam stand ebenfalls auf. „Ich werde mitkommen, Sir. Wenn das in Ordnung ist?“

„Sicher“, nickte er. Dann öffnete er ihr die Tür und sie traten gemeinsam hinaus in den Korridor. „Sie haben ihn vermisst, hm?“

Sie grinste. „Na ja, ich dachte mir, dass ihm vielleicht jemand die schlechten Neuigkeiten über die Donuts erzählen sollte, bevor er in die Kantine geht“, erklärte sie ihm.

O’Neill begann leicht zu lachen. „Bieten Sie sich als Freiwillige an, Major?“

„Wenn Sie zu feige sind, Sir.“

„Hey!“, protestierte er, als sie zum Torraum gingen. „Ich schaffe es einfach nicht gleichzeitig so alt und so mutig zu sein, wissen Sie!“

Sam schüttelte nur ihren Kopf. Sie konnte nichts antworten, ohne vielleicht etwas zu sagen, dass unangebracht wäre. Aber glücklicherweise betraten sie in diesem Moment den Torraum und alle Gedanken waren wie ausgelöscht. Da war es! Das Stargate! Genauso groß und unglaublich wie immer. Der innere Kreis begann sich bereits zu drehen. Sie seufzte. Wunderbar!

„Sehen Sie?“, flüsterte O’Neill. „Wir haben es während Ihrer Abwesenheit nicht kaputtgemacht.“

„Hi!“ Daniels Stimme hinter ihnen lösten ihre Augen für einen kurzen Moment von dem angewählten Stargate.

„Hey, das hier wird ja noch ein richtiges Willkommenskomitee“, kommentierte Jack, als er seine Hand hob und General Hammond im Kontrollraum zuwinkte.

Mit dem vertrauten 'Whoosh’ etablierter sich der Ereignishorizont und Sams Herz begann vor Adrenalin wie wild zu pochen. Es war schon zu lange her gewesen! „Wunderschön“, murmelte sie, ihr Blick war auf das glitzernde Blau gerichtet.

„Ja“, hauchte O’Neill neben ihr. „Wunderschön.“

Und dann begann die Oberfläche zu zittern und Teal’c kam durch das Tor, genauso groß und imposant wie immer. Sein Blick nahm die Szene sofort in sich auf und mit einem Lächeln blieb er bei Sam hängen. Dann kam er die Rampe hinunter, bis er genau vor ihr stand und eine Hand auf ihre Schulter legte. „Du bist wieder zurück“, sagte er. „Ich bin sehr erfreut.“

„Ich auch.“ Sie drückte leicht seine Hand.

„Willkommen Zuhause, Teal’c“, ertönte Hammonds Stimme über den Lautsprecher. „Und willkommen zurück, SG-1.“

Sam grinste und sie warf O’Neill einen kurzen Blick zu, der genauso lächelte wie sie. „Oh ja“, stimmte er seinen Boss zu. „Wir sind wieder zurück. Stärker, entschlossener und bereit einigen Goa’uld in den Hintern zu treten. Richtig, Leute?“

Daniel seufzte nur schwerfällig, während Teal’c neugierig eine Augenbraue hochzog. Aber Sam antwortete ihm mit einem Lächeln: „Ja, Sir.“ Froh, wieder unter ihren Freunden zu sein, froh, wieder an ihrer Seite zu kämpfen und einfach nur heilfroh am Leben zu sein. Das Leben, wusste sie, konnte einfach nicht mehr besser werden.

---Ende---

 

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