Zeit der Entscheidung by Athor
Summary: Ein harmloser Blick in die Fernsehzeitung verhilft Daniel zu der Jetzt-oder-nie Gelegenheit, auf die er schon die ganze Zeit - während seines Besuches bei Jack - gewartet hatte.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1)
Genre: Romance, Slash
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 4319 Read: 2361 Published: 14.03.12 Updated: 14.03.12
Story Notes:
1) Eine First Time Geschichte
2) Es sieht so aus, als ob mich der Film Brokeback Mountain nicht loslassen würde. Aber ich kann mir nicht helfen, ich finde ihn im Zusammenhang mit Jack und Daniel einfach ideal. *lach* Feedback ist mir natürlich sehr willkommen. *g*
3) Mein besonderer Dank gilt wie immer meiner Beta-Leserin Antares.

Staffel: Anfang 10. Staffel

1. Kapitel 1 by Athor

Kapitel 1 by Athor
Zeit der Entscheidung


Jack lag gemütlich auf seiner Couch, frönte behaglich dem Nichtstun und döste vor sich hin.
Das hatte er sich auch redlich verdient, denn eben war er mit Daniel von einem Spaziergang am Potomac River zurückgekommen.

Jack genoss es, seinen Freund mal wieder um sich zu haben. Viel zu selten sahen sie sich, seit Jack den Job im Pentagon angenommen hatte. Daniels Missionen und Jacks vollgestopfter Terminkalender ließen ihnen bedauerlicherweise wenig Spielraum für gemeinsame Treffen. Die lange Reise lohnte sich einfach kaum für einen Wochenendtrip. Aber dieses Mal hatte es geklappt und der Zufall hatte ihnen in die Hände gespielt.

Mitchell war auf der letzten Mission von SG-1 verwundet worden und deshalb war das Team momentan nicht im Einsatz. Daniel hatte sich daher unplanmäßig ein paar Tage frei nehmen können und die Chance ergriffen, sich unerwartet bei Jack zu einem Besuch anzukündigen. Perfektes Timing. Denn auch bei Jack waren für diese Woche keine wichtigen Sitzungen anberaumt gewesen und so hatte er kurzerhand beschlossen, Urlaub einzureichen.

Doch kaum angekommen, hatte Daniel seinen Washington Reiseführer ausgepackt und Jack gnadenlos dazu verdammt die Stadt und ihre nähere Umgebung mit ihm zu erkunden. Er war sich schon wie einer dieser Rucksacktouristen auf Stadttour vorgekommen. Das Museum of the American Indian, das Lincoln Memorial, das Air und Space Museum und das kleine im Sears- oder Craftsman Stil gebaute Örtchen Mount Rainier, Jack hatte das Gefühl, sie hatten sich die Hacken abgelaufen und dies alles in nur drei Tagen.

Zugegeben, das Künstlerviertel von Mount Rainer und das Café Artmosphere mit seinem frisch aufgebrühtem Kaffee und der digital dargebotenen Kunst war ja ganz nett gewesen, doch Jack hätte auch sehr gut ohne diese Erfahrung zurecht kommen können. Wobei Daniels genießerischer und träumerischer Gesichtsausdruck, als er den ersten Schluck von seiner Tasse Kaffee genommen hatte, schon sehenswert gewesen war. Es hatte Jack sogar ein klein wenig für die stressige Fahrt in dem völlig überfüllten Linienbus entschädigt, den sie genutzt hatten, um den kleinen Ort von Washington aus zu erreichen.

Natürlich waren die Strecken der letzten Tage kein Vergleich zu dem, was sie früher während mancher Mission zurückgelegt hatten und für einen Augenblick überlegte Jack besorgt, ob er vielleicht wirklich ein wenig bequem geworden war, seit er diesen Bürojob hatte. Er verwarf den Gedanken jedoch schnell wieder. Trotzdem schwor er sich aber sicherheitshalber, gleich nach Daniels Abreise, wieder mit dem morgendlichen Joggen anzufangen. Er wollte ja schließlich nicht einrosten und es wäre peinlich, wenn er sich irgendwann einmal die Blöße geben müsste, mit Daniel nicht mehr mithalten zu können. Wo kämen sie denn dann hin? Immerhin war er der durchtrainierte Militär und Daniel der passionierte Bücherwurm. Wenigstens in seiner Vorstellung war dies so. Wobei Jack einräumen musste, dass Daniel sich im Laufe der Jahre erheblich weiterentwickelt hatte. Der tollpatschige und verweichlicht wirkende Jungwissenschaftler, als den er Daniel damals kennengelernt hatte, war heute kaum noch wiederzuerkennen. Jack erlaubte sich ein kleines Schmunzeln, während er an den elf Jahre jüngeren Daniel zurückdachte.

Den heutigen Vormittag hatten sie im Washingtoner Zoo zugebracht und danach die notwendigen Einkäufe erledigt. Den Nachmittag wollten sie allerdings ruhig angehen, jedenfalls war Jack dazu wild entschlossen. Die Urlaubstage sollten ja nicht in Stress ausarten. Hektik und Termine hatten sie zu Genüge in ihrem Alltag. Ein bisschen lesen, ein wenig fernsehen, etwas auf der faulen Haut liegen ... das war ihr Plan. Auf jeden Fall soweit es Jacks Vorstellungen betraf, Daniels Pläne hingegen konnten durchaus ein wenig davon abweichen.

Jack wusste, dass sein Freund, na sagen wir mal, Probleme damit hatte völlig abzuschalten. Wie er Daniel kannte, würde er es keine halbe Stunde aushalten, einfach nur mal so seine Seele „baumeln“ zu lassen. Jedenfalls nicht, ohne eine handfeste Ablenkung. Jack war sich sicher, dass Daniel schon bald mit seinem Laptop bewaffnet ein paar Übersetzungen zu Leibe rücken würde. Doch jedem wie es ihm gefällt, dachte Jack großzügig und so kam es, dass er nun hier auf der Couch lag, während Daniel einen Blick in die Fernsehzeitung warf. Immerhin schien Daniel bereit zu sein, dem süßen Nichtstun eine Chance zu geben.

„Hast du jemals daran gedacht eine Beziehung mit einem anderen Mann einzugehen, Jack?“, fragte Daniel plötzlich in die Stille hinein und legte beiläufig die Fernsehzeitschrift zurück auf den Wohnzimmertisch.

„Huh?“, antwortete Jack überrascht und öffnete verblüfft die Augen. Was war das denn für eine Frage? Irritiert und alarmiert drehte er den Kopf zur Seite, so dass er seinen Freund anschauen konnte. „Daniel?“ Jacks Blick streifte die Zeitschrift, die der Wissenschaftler soeben aus der Hand gelegt hatte und er registrierte die Vorankündigung zu dem Film Brokeback Mountain, welcher am Abend ausgestrahlt werden sollte. ‚Nicht schon wieder!’, seufzte Jack innerlich und richtete sich auf.

Er fragte sich, ob es bereits als paranoid galt, wenn man sich von einem Film verfolgt fühlte? Aber es war ja klar, dass der Film Daniels, als sozialpolitisch interessierten Menschen, Aufmerksamkeit erregt hatte. Wahrscheinlich hatte er auch mit Interesse die ganzen Berichte in den Medien verfolgt.

Für Jack gehörte Brokeback Mountain jedoch nicht gerade zu der Sorte von Filmen die er üblicherweise zur Kenntnis nahm. Viel zu intellektuell und speziell für seinen Geschmack. Doch der Presserummel, der um diesen Streifen im Vorfeld betrieben worden war, war kaum zu ignorieren gewesen. Noch weniger die Tatsache, wenn ein absolut begeisterter Teenager einen, über eine halbe Stunde lang, am Telefon zuquatschte. Jack verfluchte Carter immer noch dafür, dass sie Cassies Wunsch nachgegeben hatte und mit ihr ins Kino gegangen war.
Jack wäre viel lieber im Tal der Ahnungslosen geblieben. Doch Cassie hatte sich in ihrem anschließenden Enthusiasmus für dieses Schwulendrama, das in den Bergen von Wyoming spielte, kaum bremsen lassen und ihn mit mehr Details über die Story versorgt, als ihm lieb gewesen waren. Der Name dieses Filmes war ihm jedenfalls noch lange in Erinnerung geblieben. Und nun holte ihn dieses vermaledeite Ding schon wieder ein. Jack nahm die Beine vom Sofa und setzte sich vollends gerade hin. Die Ruhephase war eindeutig vorbei.

„Ja, ich meine, kam dir das noch nie in den Sinn?“ Daniel betrachtete ihn aufmerksam und abwartend.

‚Klar. Logisch!’, dachte sich Jack im Stillen. ‚Ich denke an nichts anderes’. Daniel war manchmal wirklich ein Knaller. Verhalten schüttelte Jack den Kopf, während er laut äußerte: „Nicht in diesem Leben!" Es war einfach nicht zu fassen, dass sie diese Unterhaltung führten. Jack war zwar keineswegs engstirnig und es war ihm im Grunde genommen auch egal, wie die Leute ihr Leben gestalteten. Sollte doch jeder nach seiner Fasson leben, doch was war aus dem guten, alten: ‚Don’t ask, don’t tell!' geworden?, grübelte Jack.

Wieso musste heutzutage alles zerredet werden? Warum musste man alles ans Licht der Öffentlichkeit zerren? Konnte man manche Dinge nicht einfach auf sich beruhen lassen? Es war doch völlig ausreichend zu wissen, dass es sie gab. Okay, Daniel war nie der Typ Mensch gewesen, der mit diesem Konzept besonders konform gegangen war. Und wieso sollte es da ausgerechnet bei so einem brisanten Thema anders sein?

Carter!, ging es Jack grummelnd durch den Sinn. Mit Sicherheit hatte Sie Daniel von dem Film berichtet und so noch mehr sein Augenmerk auf das Thema gelenkt.

Er erinnerte sich, dass sie, wenn auch nicht ganz so überschäumend, durchaus Cassies Begeisterung geteilt hatte. Sie hatte sogar versucht, ihm und Teal’c am nächsten Tag beim Mittagessen von dem Film zu erzählen. Was zum Henker war an einem schwulen Paar denn so niedlich, wie Carter sich albern kichernd geäußert hatte, dass es die Frauen reihenweise in Verzückung geraten ließ? Sogar einen so analytischen und grandiosen Verstand wie Carters?, rätselte Jack. Und nachdem sie bei ihm auf taube Ohren gestoßen war und er ihr mit einem ziemlich unwirsch dahingegrollten „Carter“ klargemacht hatte, dass er nichts weiter zu diesem Thema hören wollte, war sie wohl schnurstracks zu Daniel gelaufen und hatte ihn damit zugetextet.

„Nicht einmal, als du mit Harry in diesem „Paradiesgarten“ festgesessen hattest?“, unterbrach Daniel Jacks Gedankengänge. „Immerhin sah die Lage auf Rettung für euch ziemlich aussichtslos aus und der Mensch ist nun einmal nicht dazu geschaffen alleine zu bleiben“, klärte Daniel ihn dezent auf, während ein kleiner, lauernder und zugleich auch vieldeutiger Unterton in seiner Stimme mitschwang.

„Harry Maybourne?!“, rief Jack entgeistert und Daniel stellte zufrieden fest, dass er anscheinend endlich etwas gefunden hatte, um Jack aus der Reserve zu locken.

„Gott, Daniel. Wenn ich das überhaupt jemals in Betracht ziehen würde, dann fiel mir mit Sicherheit jemand wesentlich besseres ein“, verkündete Jack entsetzt.

„Ach ja?“, fragte Daniel mit sichtlich gewecktem Interesse. „Wer?“

Jack seufzte. Wie hatte er sich denn nun wieder in diese Situation gebracht? Manchmal hasste er sein vorlautes Mundwerk. Es war klar, dass Daniel ihn nun nicht mehr vom Haken lassen würde, bis er seine Antwort erhalten hatte.
„Major Davis, zum Beispiel“, antwortete Jack spontan, da ihm gerade kein anderer auf die Schnelle eingefallen war und er Daniel nicht benennen wollte, da er die Diskussion nicht noch mehr verkomplizieren wollte. Immerhin ging es hier ja nur um eine rein hypothetische Fragestellung, oder? Ein kleines triumphierendes Grinsen ging über Jacks Gesicht, als er Daniels überraschten Ausdruck wahrnahm. Okay, warum sollte zur Abwechslung nicht auch einmal sein Freund derjenige sein, der aus dem Tritt gebracht wurde?

„Paul?“, entwich es Daniel ungläubig. „Wieso ausgerechnet er?“

Jack musste zugeben, dass Daniel eine Spur enttäuscht klang. „Nun ja, zum einen ist er jung und zum anderen hat er einen verdammt knackigen Arsch. Und geht es nicht letztlich genau darum?“ Mit unschuldiger Miene zog Jack fragend die Augenbrauen hoch. Er bemerkte, dass Daniel die Unterhaltung langsam zu entgleiten drohte und er die Oberhand gewann. Angriff war noch immer die beste Verteidigung. Daniel zu provozieren und ihn mit Hilfe seines Sarkasmus an die Wand zu drücken, ihn abzulenken, hatte sich schon immer für Jack als recht gutes Hilfsmittel in ihren Diskussionen bewährt. Außerdem machte es Jack Spaß Daniel ins stocken zu bringen.

„Schon“, gab der Linguist zögerlich zu. „Aber jung bin ich schließlich auch“, platzte es aus Daniel plötzlich unverblümt heraus. „Und was hast du an meinem Hintern auszusetzen?“ Daniel bemühte sich einen unsicheren Blick über seine Schulter hinweg auf das besagte Objekt zu werfen.

„Nichts, Daniel“, beruhigte ihn Jack rasch und schob aufgrund von Daniels zweifelndem Blick noch ein: „Dein Hintern ist perfekt!“, hinterher. Ups, was um Himmelswillen war ihm denn da herausgerutscht? Jack konnte nicht fassen, was er gerade gesagt hatte. Doch irgendwie musste es genau das Richtige gewesen sein, denn Daniels besorgt gekräuselte und in Falten gelegte Stirn glättete sich und ein freudig strahlendes Lächeln ging über sein Gesicht.
„Wirklich? Findest du?“

„Klar“, antwortete Jack in einem gönnerhaft lapidaren und selbstsicheren Tonfall. Bevor er sich bewusst wurde, wie überzeugt dies klang und er einschränkend hinzufügte: „Für einen Mann... und sofern ich das überhaupt beurteilen kann.“ Ehe Daniel jedoch näher darauf eingehen konnte, meinte Jack hoffnungsvoll: „Können wir das Thema nun bitte verlassen, Daniel?“
„Sicher“, stimmte Daniel nach einem kurzen Moment zu und Jack atmete erleichtert auf.

„Was willst du nun also machen?“, fragte Daniel neutral.

„Ich weiß nicht was du vorhast, aber wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich mich gerne für ein kleines Nickerchen auf der Couch lang machen. Wenn ich in zwei Stunden nicht wieder auf den Beinen bin, solltest du mich allerdings wecken, denn die Steaks braten sich ja leider nicht von alleine“, schlug Jack vor.

Daniel nickte zustimmend. Wenn Jack schlafen wollte, dann war es ihm Recht. So konnte er in Ruhe über das Gesagte nachdenken. Und Daniel fand, es gab eine Menge, worüber es sich nachzudenken lohnte. Jacks Reaktion und sein relativ lockerer Umgang mit dem Thema hatten ihn ehrlich überrascht. Immerhin hatte er Jack soweit gebracht, eine Bemerkung über seinen Hintern zu machen. Er musste ihn also wenigstens bereits zur Kenntnis genommen haben ...und er fand ihn: PERFEKT! Daniel schmunzelte und räumte vor sich selber ein, dass er Jack vielleicht ein klein bisschen zu dieser Aussage hin manipuliert hatte, indem er das Gespräch auf sich gelenkt hatte. Doch was sollte es? Er brauchte ein paar Antworten und die glaubte er, damit auch erhalten zu haben. Am Wichtigsten war jedoch, er fand sie überaus ermutigend.

„Okay, wir sehen uns dann später“, erwiderte Daniel und verließ den Raum, um Jack und auch sich eine Pause zu gönnen.

**********

Drei Stunden später saßen sie zusammen und aßen die besagten Steaks. Besser, Jack ließ es sich schmecken, während Daniel mehr oder weniger lustlos in seinem Essen herumstocherte.

Die Zeit alleine hatte ausgereicht, um ihn von seiner anfänglichen Euphorie wieder herunter zu holen und Zweifel in ihm aufkommen zu lassen.
Vielleicht interpretierte er in die Unterhaltung und in Jacks vorheriges Verhalten zu viel hinein? Eventuell sah Jack wirklich nur einen guten Freund in ihm und hatte tatsächlich noch nie einen anderen Gedanken an ihn verschwendet? Vielleicht hatten seine Wünsche und Hoffnungen sich über die Jahre hinweg so in ihm manifestiert, dass er begonnen hatte, sich Dinge einzubilden?
Aber manchmal glaubte er, Jacks Blick zärtlich auf sich ruhen zu spüren, natürlich nur, wenn Daniel gerade mit irgendetwas beschäftigt war. Oder was war mit den vielen kleinen Berührungen und Gesten, die oftmals, wie unbeabsichtigt, ein bisschen länger andauerten als nötig? Daniels Instinkt sagte ihm, dass da mehr dahinter steckte. Doch wenn er zu grübeln anfing, dann fragte er sich, ob das alles nur seiner Einbildung entsprang.

Ja, er hatte diesen Film als Einstieg dazu genutzt, um Antworten auf Fragen zu bekommen, die ihn einfach nicht mehr losließen. Doch wie sonst hätte er unverfänglich das Gespräch darauf bringen können?, dachte Daniel missmutig. Er konnte Jack wohl schlecht direkt fragen, ob er mit ihm eine Beziehung eingehen wollte, vor allem, da er keine Ahnung hatte, wie Jacks Meinungsbild in dieser Angelegenheit war. Er musste behutsam vorgehen, die Lage sondieren, da konnte er nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Der Blick in die Zeitschrift hatte ihm die Möglichkeit eröffnet, nach der er seit Tagen gesucht hatte und er hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt.

Daniel atmete tief durch. Dies war nicht einer seiner üblichen Besuche. Es ging nicht nur darum, Zeit mit Jack zu verbringen. In erster Linie war Daniel hergekommen, um sich endlich Gewissheit zu verschaffen, und um eine Entscheidung zu treffen. Er konnte und wollte nicht mehr so weiterleben wie bisher. Er wollte endlich wieder fest zu jemandem gehören und nicht nur Mitglied eines Teams, einer Einrichtung sein.

Okay, das Stargate-Center war für ihn mehr als nur eine bloße Einrichtung und seine Teamkameraden waren für ihn seine Familie. Sie waren Daniel wichtig, aber trotzdem konnten sie auf Dauer keine echte Partnerschaft ersetzten und er wusste, wer diese Person sein sollte. Er wusste es mittlerweile schon seit drei Jahren und hatte immer auf ein Zeichen, eine Andeutung, von Jack gewartet, dass dieser genauso empfand. Doch stattdessen war Jack nach Washington gegangen und langsam sah Daniel seine Felle davon schwimmen.

Vielleicht hatte er wirklich die Anzeichen falsch gedeutet und Jacks Gefühle für ihn über die Zeit missverstanden?, überlegte Daniel abermals unsicher, riss sich jedoch gleich wieder zusammen.

Wenn dem so war, dann würde er eben lernen müssen damit umzugehen. Doch er war an einem Punkt angekommen, an dem alles nur noch besser werden konnte. Er war das Alleinsein satt. Entweder er lag richtig und sein Leben würde fortan auf Flughäfen und im Pendelverkehr zwischen Colorado Springs und Washington stattfinden, oder er hatte wenigstens Klarheit und die Chance sich, nach einer gewissen Leidensphase, neu zu orientieren.

Wie es auch ausging, Jacks Freundschaft würde er in keinem Fall verlieren, dessen war sich Daniel sicher. Das sagte ihm sein Bauchgefühl. Jack würde ihn für einen Augenblick vielleicht betrachten, als ob er tatsächlich den Verstand verloren hätte, ihn fragen, ob er noch ganz gesund sei, aber er würde ihn nie deswegen fallen lassen. Sie würden einen unbehaglich stillen Abend miteinander verbringen, eine Nacht drüber schlafen und morgen wäre alles wieder wie immer und Jack würde nie wieder darauf zurückkommen. Er konnte also nur gewinnen, machte Daniel sich selber Mut.

**********

Es gab nicht viel was Jack den Appetit verderben konnte, doch ein vor sich hin grübelnder Daniel führte die knappe Liste haushoch an. Steaks waren Jacks Lieblingsessen und diese hier waren ihm auf den Punkt gelungen, so wie sie sein sollten, rosig und zart. Resignierend legte Jack sein Besteck aus der Hand und schaute Daniel auffordernd an.
„Okay, Daniel, spuck es aus. Was beschäftigt dich?“

Für einen Moment sah es so aus, als ob Daniel abstreiten wollte, dass irgendetwas nicht stimmte, doch dann besann er sich eines anderen.
„Ich weiß nicht ...“, begann Daniel zögerlich, bevor er sich offensichtlich straffte, anscheinend zu einem Entschluss gekommen war und nun deutlich sicherer weitersprach. „Ich meine, ist es wirklich wichtig welches Geschlecht dein Partner hat, wenn du endlich einen Menschen gefunden hast, dem du absolut vertraust? Den du liebst? Und ich rede hier nicht von einem teenagerhaften Schwärmen, oder einem bloßen Verliebtsein, das sich auf das reine Äußere und Offensichtliche eines Menschen bezieht. Nein. Ich meine, wenn ich jemanden seit Jahren kenne, seine Fehler, seine Schwächen, seine Stärken, ich weiß, was ich von ihm zu erwarten habe und mich zusätzlich noch sein Äußeres anspricht, sollte es dann nicht egal sein, wenn er dann zufällig das gleiche Geschlecht hat?“ Daniel sah Jack durchdringend an.

Jack ahnte, dass dies mehr als nur eine rhetorische Frage gewesen war, als Daniel ungeduldig die Augenbrauen hochzog. Doch was sollte er ihm darauf antworten? Beinahe erschien es Jack, als wolle Daniel ihn abklopfen, seine Reaktionen testen, genau wie bei dem Gespräch zuvor. Nun, wenn es das war, was er wollte, dann konnten er das gerne haben.

„Was willst du mir sagen, Daniel? War das ein Angebot?“ Jack bemühte sich provokant zu klingen. Scharf und eine Spur ironisch und dennoch nicht allzu abweisend. Aber sollte Daniel es doch nur allgemeingültig meinen, dann wollte Jack auf keinen Fall, dass etwas von der Hoffnung, die sich nun in seinem Inneren breit machte, sich in seiner Stimme wiederfand.

„Vielleicht“, räumte Daniel ausweichend ein und blickte unsicher zur Seite, da er Jacks prüfend musterndem Blick nicht länger standhalten konnte. Er wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr gab, dafür hatte er sich zu tief in die Karten schauen lassen und das war ja auch seine Absicht gewesen. Was aber noch lange nicht heißen musste, dass es ihm nichts ausmachte. Jack war nicht dumm und würde alleine aus seiner Antwort die richtigen Schlüsse ziehen, vor allem, da das Abwenden seines Blickes preisgegeben hatte, wie verletzlich er sich in diesem Moment fühlte. Daniel versuchte, das aufsteigende Schmetterlingsgefühl in seinem Magen und die wachsende Nervosität zu bekämpfen.

Jack starrte einen Augenblick Daniel mit unbewegter Miene an. Trotz aller aufgekeimter Hoffnung traf ihn Daniels Antwort unvorbereitet und es dauerte einen Moment, bis er das Angebot, welches sich hinter der vagen Äußerung zweifelsohne verbarg, verarbeitet hatte.

Großer Gott, das hatten sie ja wieder einmal gut hinbekommen!, stöhnte Jack innerlich und ließ sich mit dem Rücken an die Lehne seines Stuhles zurückfallen, als ihm die ganze Tragweite und Ironie von Daniels Enthüllung bewusst wurde.

Denn sein Weggang nach Washington und die Akzeptanz dieses Jobangebotes hatten eine Menge mit seinen Gefühlen für Daniel zu tun gehabt. Er wäre doch niemals gegangen, wenn er gewusst hätte...!
Doch so war er langsam durchgedreht. Ständig Daniel vor Augen zu haben und mit ihm zusammen zu arbeiten, war zusehends schwieriger geworden. Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem er gedacht hatte, es schnüre ihm die Kehle zu. Daher war er gegangen und hatte versucht, Raum zwischen sich und Daniel zu bringen den er haben wollte und seiner Meinung nach nicht bekommen konnte. Dabei hätte er nur mit Daniel reden müssen. Freudlos lachte Jack lautlos auf. Klar, weil Reden ja auch genau sein Ding war!

Jetzt war alles auf jeden Fall komplizierter. ‚Kompliziert vielleicht, aber trotzdem durchaus machbar’, schien eine kleine Stimme in seinem Inneren zu wispern. ‚Richtig’, dachte Jack und ein Lächeln trat auf sein Gesicht, während er Daniel weiter betrachtete. Wozu gab es schließlich Flugzeuge? Und leisten konnten sie es sich auch! Und wenn man genauer darüber nachdachte, dann gab es auch Vorteile, denn hier in Washington saßen sie längst nicht so auf dem Präsentierteller wie in Springs. Sie konnten hier wesentlich besser in der Masse der Menschen untertauchen und freier miteinander umgehen, als in Colorado Springs, wo sie ständig Gefahr liefen jemandem vom SGC oder der Peterson Air Base zu begegnen und erkannt zu werden. Washington bot ihnen eine viel größere Anonymität.

Jep, vielleicht war das alles doch nicht so schlecht. Jacks Lächeln vertiefte sich zu einem Grinsen und ein begeistertes Leuchten trat in seine Augen. Doch zunächst war er Daniel noch eine Antwort schuldig.

„Komm mit“, unterbrach Jack auffordernd die lastende Stille, während er aufstand. Das kratzende Geräusch seines Stuhles erweckte Daniels Aufmerksamkeit und ein irritierter Ausdruck trat auf sein Gesicht.

„Warum?“ Daniels Stimme klang tonlos, müde und eine Spur trotzig, was sich auch in seinem Blick widerspiegelte, mit dem er Jack maß und sich zudem darin äußerte, dass er zunächst - stur wie er nun einmal sein konnte - sitzen blieb.

„Nun komm schon, Daniel“, forderte Jack ihn ein weiteres Mal auf. Seine Augen ruhten sanft auf Daniel und als sich ihr Blick nun abermals begegnete, gab Daniel nach und erhob sich. Skeptisch begleitete er Jack ins Wohnzimmer.

Argwöhnisch beobachtete Daniel wie Jack in einem der unteren Schrankfächer sekundenlang in diversen Papieren herumwühlte. ‚Was sollte das?’, fragte Daniel sich. Ablenkungstaktik? Hatte Jack wirklich und in letzter Konsequenz begriffen, was er gerade gesagt hatte? Der liebevolle Ausdruck in Jacks Augen, mit dem dieser ihn nur eine Minute zuvor bedacht hatte, hatte ihn hoffen lassen. Für einen kurzen Moment hatte Daniel gedacht, da könnte mehr sein, doch nun rief Jack ein zufriedenes „HA“ aus, als er mit festem Griff ein Taschenbuch unter dem Papierberg hervorzog. Enttäuscht schloss Daniel die Augen.

„Ich denke, ich habe vorhin nicht ganz die Wahrheit gesagt“, gestand Jack und durchbrach Daniels Gedanken.

„Wann?“, fragte Daniel verunsichert, aber auch eine Spur ungeduldig und öffnete die Augen. Jacks merkwürdiges Verhalten und seine kryptischen Anspielungen begannen ihn zu nerven.

Jack stand Daniel gegenüber vor dem Sideboard. Das Buch immer noch in der Hand haltend, fuchtelte er damit für einen Augenblick unschlüssig wedelnd herum, bevor er es deutlich sichtbar, mit dem Cover nach oben, darauf ablegte.

„Als ich dir sagte, ich hätte noch nie darüber nachgedacht.“

Zeitgleich mit Jacks Erklärung streifte Daniels Blick den Titel des Buches und es verschlug ihm den Atem. „Die Freuden der Schwulen, Männersex von A-Z“, las Daniel und Jacks Stimme geriet für einen Augenblick in den Hintergrund. Ungläubig fiel sein Blick auf Jack.
„Du hast gelogen!“, rief Daniel verblüfft und stellte damit das Offensichtliche klar. Sein entgeisterter Gesichtsausdruck ließ jedoch keine Rückschlüsse darüber zu, was sonst noch in seinem Kopf vorging.

Jack fühlte sich in die Defensive gedrängt. „Was hätte ich denn sonst sagen sollen, Daniel? Hätte ich gewusst, dass du auf uns hinauswillst, dann ...“, antwortete Jack zaghaft, da er Daniels Reaktion nicht genau einschätzen konnte.

„Du meinst, du kannst dir das mit uns wirklich vorstellen und willst es tatsächlich versuchen?“, unterbrach Daniel ein bisschen unwirsch Jacks Erklärungsansätze und brachte die Sache damit ziemlich ungeschminkt auf den Punkt. Aber Daniel war fiel zu zappelig, um länger zu warten und noch mehr unnötige Zeit zu vertrödeln. Sein Verstand hatte alles Wichtige bereits herausgefiltert. Aufregung und Freude erfassten ihn und ein angenehmes Kribbeln machte sich in ihm breit.

„Hey, würde ich mir ansonsten so etwas zulegen?“, erwiderte Jack schmunzelnd, da sich seine innere Anspannung langsam legte und er gab dem Buch einen leichten Schubs in Daniels Richtung.

„Wahrscheinlich nicht“, gab Daniel befreit lachend zu und ging einen Schritt auf Jack zu. „Aber ich wäre gerne beim Kaufen dabei gewesen“, fügte er glucksend hinzu und legte die Arme um Jack, bevor er wieder ernst wurde. „Und du bist dir wirklich sicher?“ Daniel hasste das nagende Gefühl der Vorsicht, das sich in ihm rührte, seine Unsicherheit und seine Zweifel, doch er konnte einfach nicht aus seiner Haut heraus. Dies alles war fast zu schön, um wahr zu sein.

„Todsicher“, flüsterte Jack, umfasste mit einer Hand Daniels Nacken, während er die andere auf seine Taille legte. Für einen Moment sahen sie sich stumm an, dann zog Jack sanft Daniels Kopf näher und ihre Lippen trafen sich.

Der erste Kuss war zurückhaltend, forschend, mit einem Hauch von Zögern. Doch bald fühlte es sich nur noch vertraut und richtig an und die anfängliche Scheu der beiden verlor sich, als ihre lang unterdrückten Gefühle die Oberhand gewannen.

Atemlos ließ Jack nach einer Weile von Daniel ab. „Wow“, keuchte er leicht nach Luft ringend, „das hätten wir wirklich schon früher machen sollen.“ Ein breites Grinsen ging über sein Gesicht, bevor er mit gespielter Sorge und Ernsthaftigkeit feststellte: „Aber sollte Carter das mit uns herausfinden und sollte ich auch nur einmal mitbekommen, dass sie uns als niedlich bezeichnet, ich schwöre dir, Daniel, dann werde ich eigenhändig dafür sorgen, dass sie auf irgendeinem entlegenen Außenposten demnächst ihren Dienst versieht.“

„Ist gut“, stimmte Daniel lachend zu. „Aber ich denke, ich werde Sam entsprechend vorwarnen und zum Glück siehst du sie ja auch nur selten“, beruhigte Daniel seinen Freund. Doch momentan wollte er eigentlich nicht über Sam, das SGC oder ihre Arbeit nachdenken.
Sein Sinn stand ihm nach etwas völlig anderem.
„Wie wäre es, wenn wir dein theoretisches Wissen ein wenig vertiefen?“, fragte Daniel mit verführerisch rauchiger Stimme, wobei er das Taschenbuch kurz antippte und es dabei zurück in Jacks Richtung stupste.

Jack schaute Daniel an und ein erwartungsvolles Prickeln machte sich in ihm breit, als sie sich ruhig in die Augen blickten und er dort das gleiche Vertrauen, die Wärme und die Liebe sehen konnte, die sich auch in seinem Gesicht widerspiegelte. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verstehen und mit einem kurzen Nicken signalisierte Jack sein Einverständnis und wählte den Weg ins Schlafzimmer.

ENDE


(c) Juni 2008 by Athor
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