1. Kapitel 1 by Faith
Versonnen
sah der Soldat aus dem Fenster, für einen Moment schien er
weit weg zu sein, Kate ließ ihn gewähren und beobachtete
sein angespanntes Minenspiel.
Seine Augen fixierten einen entfernten Punkt, während sich
seine Stirn in Falten legte, als würde er angestrengt nachdenken.
Einen Augenblick später war der Spuk bereits vorbei und er
wandte sich seiner Psychologin zu: Waren Sie jemals in Afghanistan,
Doc?
In Afghanistan? Nein, wie kommen Sie auf die Frage?,
Kate war verwirrt.
Ich war dort ein Jahr lang stationiert, an der Grenze nach
Pakistan. Wir sollten dafür sorgen, dass die Taliban von dort
aus nicht mit illegalen Waffen beliefert werden konnten. Wie auch
immer. Dort gibt es diese Motten. Sie glitzern im Licht, mal silbern,
manchmal auch grün. Die Einheimischen sagen, sie lieben das
Licht, vor allem aber Kerzenlicht. Ich habe es selbst viele Male
gesehen, wie sie kamen. Manchmal vereinzelt, manchmal in ganzen
Schwärmen. Sie umkreisen das Licht. Erst in großen Bögen,
aus sicherem Abstand, doch irgendwann ist ihre Sehnsucht zu groß
und die Bögen werden immer enger. Sie verbrennen sich die Flügel,
doch sie scheinen es nicht einmal zu spüren. Bis sie in die
Flamme fliegen. Sie verbrennen bei lebendigem Leibe, beendete
er seine Schilderung.
Kate sah ihn erstaunt an. So hatte sie den Mann noch nie reden gehört.
Seine poetische Ader war ihr noch nie aufgefallen. Einem Mann mit
seinem Beruf hätte sie so etwas nie zugetraut.
Sie glauben also Sie sind wie diese Motten?, schlussfolgerte
sie.
Lorne nickte: Ich habe versucht ihr aus dem Weg zu gehen,
jeden zufälligen Kontakt vermieden, aber es ist unmöglich
an einem Ort wie Atlantis.
Irgendwann werde ich mich verbrennen, fügte er
halb flüsternd hinzu.
Kate wollte ihm tröstend die Hand auf den Arm legen, doch er
zuckte vor ihrer Berührung zurück.
Ich glaube wir sollten uns morgen noch einmal sehen,
entschied sie ob der vorangeschrittenen Zeit.
Das halte ich für keine gute Idee, meinte der Major
gequält.
Ach Paperlapapp, ich bin Ihre Ärztin und halte es für
wichtig, energisch notierte sie den neuen Termin auf einem
Zettel und drückte ihm den Major in die Hand,bis Morgen.
An
diesem Abend hatte Lorne einen Block unter dem Arm.
Seine Finger waren von Kohle gefärbt, was ihm offensichtlich
sehr unangenehm war.
Tut mir leid Doc, entschuldigte er sich, ich habe
gezeichnet und die Zeit vergessen.
Verlegen versuchte er die Finger an seiner Jeans sauber zu wischen.
Es ist schön, dass Sie ein Hobby haben, bei dem Sie die
Zeit vergessen können, sie war ehrlich erfreut. Es kam
nicht oft vor, dass ein Patient tatsächlich ihren Rat befolgte.
Der Soldat errötete leicht.
Kate erkannte, dass es Zeit wurde, sich dem Grund seines Kommens
zuzuwenden.
Was werden Sie unternehmen, Major? Sie sagten gestern Sie
wollten das Problem angehen, fragte Kate.
Ich habe ihr ein Bild gemalt. Ich weiß, das klingt kindisch,
aber ich .. na ja ich Worte liegen mir nicht so, er sah betreten
zu Boden.
Diese Situation war ihm so was von peinlich!
Er kam sich vor wie ein Teenager.
Das ist nicht kindisch, ich finde es sehr
romantisch.
Eine wirklich gute Idee. Allerdings glaube ich, dass sie trotzdem
nicht um ein Gespräch herumkommen werden. Vielleicht möchte
sie etwas zu dem Bild wissen, dass sie ihr etwas erklären,
meinte die Psychologin.
Ein Lächeln huschte über Evans Gesicht: Ich glaube
nicht, dass ich ihr etwas erklären muss.
Kate runzelte die Stirn, der Soldat schien sich seiner Sache etwas
zu sicher zu sein für ihren Geschmack.
Der Rest ihrer Sitzung versuchte Lorne diesen Punkt tunlichst zu
umgehen, was Heightmeyer erboste. Als er ging, drückte sie
ihm erneut ein Terminkärtchen in die Hand.
Ich erwarte, dass Sie mir erzählen, wie sie darauf reagiert
hat, sagte sie schroff.
Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Er nickte stumm und
verließ ihr Büro.
Seufzend sah Kate wie sich die Tür hinter ihm schloss.
Sie mochte Evan sehr, doch seine Verschlossenheit war ihr fremd.
Was hatte er nur vor ihr zu verbergen?
Irgendwann würde sie es auch aus ihm herauskitzeln, nicht umsonst
hatte sie Psychologie studiert.
Sie stand auf, nahm ihre Unterlagen und dann entdeckte sie ihn.
Lorne hatte seinen Block neben seinem Sessel stehen gelassen.
Sie schüttelte den Kopf. So zerstreut hatte sie ihn noch nie
erlebt.
Andererseits hatte er in den letzten Sitzungen vieles an den Tag
gelegt, das sie ihm niemals zugetraut hätte.
Neugierig nahm sie den Block an sich und öffnete ihn.
Auf ihm befand sich nur ein einziges Bild.
Es war eine Kohlezeichnung von einer Kerze in einem finsteren Raum.
Eine Motte flog in engen Kreisen um diese Kerze.
In der Ecke entdeckte sie eine Widmung: Für Kate.
ENDE