Vae Victis II: Die Herren der Winde by Terraner
Summary: Die Fortsetzung der Geschichte 'Vae Victis'.
Categories: Stargate Atlantis Characters: Multi-Chara, Steven Caldwell
Genre: Action, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 15 Completed: Nein Word count: 23049 Read: 99704 Published: 27.01.12 Updated: 27.01.12

1. Kapitel 1 by Terraner

2. Kapitel 2 by Terraner

3. Kapitel 3 by Terraner

4. Kapitel 4 by Terraner

5. Kapitel 5 by Terraner

6. Kapitel 6 by Terraner

7. Kapitel 7 by Terraner

8. Kapitel 8 by Terraner

9. Kapitel 9 by Terraner

10. Kapitel 10 by Terraner

11. Kapitel 11 by Terraner

12. Kapitel 12 by Terraner

13. Kapitel 13 by Terraner

14. Kapitel 14 by Terraner

15. Kapitel 15 by Terraner

Kapitel 1 by Terraner
Vae Victis II: Die Herren der Winde


Kapitel 1: Eine denkwürdige Ehrung

Der Saal war prächtig ausgestattet. Lange Banner in Rot und Gelb, den Farben des Reiches, hingen von den hohen Wänden. Zwischen den marmornen Säulen die die malerisch verzierte Decke stützten, drängte sich der Hofstaat des Kaisers. Die Elite-Gardisten standen Spalier an den Seiten des Teppichs der durch den Saal direkt auf den Thron zuführte. In diesem Moment schwangen die mächtigen, eisernen Türen auf, die zum Thronsaal führten. Die Bläser führten ihre Hörner an die Lippen und mit einem Tusch, dem ein zackiger Marsch folgte den die anwesenden Trommler und Flötisten mittrugen, betraten zwei Menschen den Saal.

Es waren ein Mann und eine Frau. Der Mann trug eine wie angegossen sitzende Airforce-Uniform samt Offiziersmütze, die Frau eine fremd aussehende Uniform. Diese war grün und mit goldenen Epauletten ausgestattet. An ihrer Brust hing ein silberner Orden in Form eines Sternes und an ihrer Seite ein frisch gereinigtes Rapier. Ein goldener Dreispitz vollendete die Uniform, die der Frau gut stand. Aber auch in zivil hätte Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear eine beeindruckende Figur abgegeben, als die Adelige die sie war.

Zusammen mit Colonel Steven Caldwell, U.S. Airforce schritt sie in diesem Moment den kunstvoll gewebten Teppich entlang. Ihr Ziel war eine kleine Plattform, erreichbar durch eine kleine Treppe, auf der der Thron stand, Von diesem Thron aus sah ihnen ein älterer Herr entgegen. Der Mann, der reich und prachtvoll gekleidet war, trug eine rubingeschmückte Krone und war so zweifelsfrei als Seine Kaiserliche Hoheit Morton IV zu erkennen.

Das Zepter aus Platin lag locker in seiner manikürten Hand, der Monokel saß wie angegossen in dem feingeschnittenen Gesicht und das wallende schwarze Haar reichte bis zu seiner Schulter. Mit einer huldvollen Miene erwartete der Herrscher die beiden Menschen, während seine rechte Hand ruhig auf dem breiten Griff des Krummsäbels ruhte, der in einer reich geschmückten Scheide steckte, die auf dem Schwarzmarkt Amerikas eine irrsinnige Summe gekostet hätte. Morton der Vierte streckte seine Gestalt als Caldwell und sein Generalfeldmarschall näher kamen und der Colonel erblickte ein kompliziertes Muster in dessen Pelzumhang. Ob das nachträglich eingefügt worden war oder ein Pelzmerkmal der verarbeiteten Tiere gewesen war, vermochte der Airforce-Colonel nicht zu sagen.

Endlich an der kleinen Treppe zum Thron angekommen, knickste Bernadette von Bucklebear und Steven Caldwell verneigte sich etwas steif. Aus einem Land kommend in dem das katzbuckeln vor Monarchen seit Jahrhunderten aus der Mode gekommen war, hatte der Colonel sich nach langen Überredungsversuchen des Kaiserlichen Zeremonienmeisters dazu überreden lassen sich doch zu verbeugen.

„Generalfeldmarschall von Bucklebear und Colonel Steven Caldwell nehme ich an?“, fragte in diesem Moment der Kaiser gnädig. Ungerührt erwiderten die beiden Genannten den Blick des Monarchen der genau wusste wen er da vor sich hatte.

„Vor einer Woche fand ein Gefecht im Weltenraume statt. Zwei Schiffe der Wraith kämpften gegen das Ihre. Nachdem Wir einem Wraith in Unseren Kaiserlichen Kerkern begegnet sind, können Wir eure Gründe für diesen edlen und aufopferungsvollen Kampfe nachvollziehen. Wie das Gefecht ausging, sowie die weiteren Vorgänge in Unserem Reiche sind inzwischen auch dem gemeinen Volke bekannt, sodass keine Notwendigkeit besteht sie noch einmal zu wiederholen. Schlussendlich können Wir sagen das ihr beiden unserem Volke durch euren beispiellosen Kampf vor großen Ungemach durch dieses Schattenvolk namens Wraith bewahrt habe. Es ist Unsere Pflicht euch dafür zu ehren!!“

Der Kaiser erhob sich: „Kniet nieder!“

Colonel Caldwell und Generalfeldmarschall von Bucklebear taten wie ihnen geheißen.

Mit einer fließenden Bewegung zog der Kaiser seinen Krummsäbel. Die Hofkapelle setzte wieder ein und spielte würdevolle, dem Anlass angemessene Musik.

„Kraft Unseres von den Göttern verliehenen Amtes!“, er hob den Säbel -der hauchdünne Stahl funkelte im Licht das durch die riesigen Buntglasgläser in den Thronsaal fiel- und schwenkte ihn nach links.

„!schlagen Wir Bernadette von Bucklebear, Generalfeldmarschall Ihrer Majestät, zur Dame des Ordens des Heiligen Sankt Prentiums!“

Sachte berührte die Klinge des kaiserlichen Krummsäbels die linke und rechte Epaulette des Generalfeldmarschalls. Äußerlich unbewegt, doch innerlich beglückt ließ Bernadette von Bucklebear dies geschehen. Es war eine außerordentlich große Ehre in den höchsten aller Ritterorden aufgenommen zu werden. Die Ritter des Heiligen Sankt Prentiums rekrutieren sich seit Jahrhunderten nur aus den Eliten des Militärs und des Adels.

„Auch den Fremdweltler Steven Caldwell im Range eines Colonels schlagen wir zum Ritter des Ordens des Heiligen Sankt Prentiums!“

Der vielfach gefaltete Stahl des Krummsäbels berührte nun auch die Schultern des Colonels. Caldwell sah in die feierliche Miene des Kaisers. Er konnte es kaum glauben dass er hier, in einer fernen Galaxie und zigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt zum Ritter geschlagen wurde. Der Kaiser trat einen Schritt zurück und die Knienden konnten das gewaltige, runde Buntglasfenster hoch über ihnen sehen das er vorher teilweise verdeckt hatte. Bunt gefärbtes Licht fiel auf den frisch gebackenen Ritter und die Dame.

In diesem erhebenden Moment zersplitterte das Glas. Etwas sehr großes brach durch das Buntglasfenster. Glassplitter wirbelten durch den Thronsaal, in dem die Höflinge erschrocken zurückwichen.

Der Colonel und der Generalfeldmarschall waren gerade am Aufstehen und taumelten nun zurück. Ein gewaltiger Drache flog tobend und mit den Flügeln schlagen über dem Thron.

Caldwell starrte fassungslos auf das Reptil. In der Grundausbildung hatte man ihn definitiv nicht auf so etwas vorbereitet.

„Ein Drache! Schützt den Kaiser!“, der Ruf pflanzte sich durch die anwesende Menge fort. Mit blankem Schwert stürmten die Elite-Gardisten herbei. Doch sie waren zu langsam!

Mit einer langen Kralle durchbohrte der Drache den Pelzumhang des Kaisers und hob ihn hoch. Schreiend wurde Morton der Vierte vom Boden empor gerissen.

Fassungslos starrte Caldwell empor während Bernadette von Bucklebear ihr Rapier aus der Scheide riss. Mit einem wilden Schrei schleuderte sie es empor. Es traf eine Stelle wo die Schuppen dünn waren und blieb im Lindwurm stecken.

Mit einem urweltlichen Brüllen flog der Drache davon und auf das geöffnete Tor zu, das auf den Schlosshof führte. Es überflog die Gardisten die nach allen Seiten sprangen um nicht von dem tief fliegenden Monster gestreift zu werden.

Mit einem letzten Brüllen entwich das geflügelte Reptil dem Thronsaal und ließ fassungslose Höflinge und eine vollkommen aufgelöste Garde zurück.

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by Terraner
Kapitel 2: Das Abenteuer beginnt

Alle Anwesenden redeten durcheinander und die Kaiserin schien am Rande eines Nervenzusammenbruchs zu stehen, als Colonel Caldwell und seine Begleiterin zum Ausgang liefen. Die Elite-Gardisten die eigentlich den Kaiser schützen sollten, scharten sich nun um die Kaiserin oder folgten Von Bucklebear und Caldwell.

Als die beiden das schwere Tor passierten, sahen sie den Drachen mit dem Kaiser gen Himmel fliegen und schon bald zwischen den wenigen, weißen Wolken verschwinden. Eine Blutspur zog sich über die gesamte Länge des Schlosshofes.

Sie war grün, und als Caldwell sie mit dem Schuh berührte zischte es leise. Hastig nahm er seinen Fuß zurück. „Du hast das Biest verwundet, Bernadette! was zum Teufel war das überhaupt?“

„Das war ein Drache, wie sie nur jenseits des Großen Meeres leben. Anscheinend wollte jemand aus dem jenseitigen Kaiserreich Morton des Vierten habhaft werden...“, erläuterte der Generalfeldmarschall geschwind und beschatte ihre Augen mit den Händen um besser dem Drachen nachsehen zu können.

„Er ist weg! Bei den Göttern!!“, händeringend gesellte sich ein dicker Mann in der prächtigen goldenen Uniform der Palastwache zu ihnen.

„Wer sind Sie denn?“, fragte Caldwell verwundert.

„Mein Name ist Prenzlau, ich bin Major und Oberhaupt der Palastwache, dem hiesigen Regiment der Elite-Garde, Sir!“, antwortete ihm der Mann mit unglücklicher Miene.

„Und als solcher hätten Sie den Kaiser schützten sollen!“, schnauzte ihn nun Von Bucklebear an. „Haben Sie denn gar keine Männer zur Luftsicherung aufgestellt?“

Der Major schien zu schrumpfen: „Doch doch, aber nur wenige. Niemand hat ernsthaft mit einem Drachenangriff oder einer Attacke durch die Flugapparate des Kalifen gerechnet!“

Der Generalfeldmarschall fasste sich an die Stirn: „Hat ihnen niemand beigebracht das man als oberster Leibwächter auf alles, ich wiederhole alles, gefasst sein muss? Herrscher haben stets viele Feinde die verdammt viele Möglichkeiten kennen sie auszuschalten! aber grämt Euch nicht, Ihr werdet bald die Gelegenheit erhalten eure Scharte auszuwetzen!“


Erwartungsvoll sah sie der Major an und der Generalfeldmarschall überlegte kurz. Dann sagte sie: „Wir werden eine Rettungsexpedition starten müssen. Schicken Sie einen Boten zum Hafen, die „Kaiserin Ottilie“ soll sich auf eine baldige Abfahrt vorbereiten. Es soll veranlasst werden dass Proviant an Bord gebracht wird und genug Pulver und Munition an Bord ist. Danach lassen Sie ihre Gardisten im Hof antreten, Major!“

„Jawohl, wird sofort erledigt!“, schnarrte der Major und lief eilig davon.

„Eine Rettungsexpedition?“

„Ja Steven!“, Bernadette von Bucklebear wandte sich an den Colonel, dem sie irgendwann während der letzten, mit Gesprächen und Ausflügen gefüllten Wochen das „Du“ angeboten hatte. „Bei Entführungen spielt der Zeitfaktor eine eminente Rolle. Wir müssen sofort die Verfolgung aufnehmen! es ist meine Pflicht als Offizier ihrer Majestät und als Dame des Ordens sowieso!“

„Es ist verdammt schade das die Daedalus sich im Moment auf dem Weg nach Atlantis befindet um das diplomatische Korps unter Dr. Weir hierzubringen“, bedauerte der Colonel von der Erde. „Ein Ort-zu-Ort-Transport würde uns die Unannehmlichkeiten einer Seereise ersparen.“

„Du begleitest uns?“, fragte Von Bucklebear überrascht. Die beiden standen immer noch im Schatten des Schlosses im Hof desselben. Langsam füllte sich der Schlosshof mit den Elite-Gardisten die die Palastwache stellte. Durch den zentralen Eingang des Schlosses galoppierte in diesen Momenten ein Kurier mit seinem Pferd. Staub wurde von den Hufen aufgewirbelt, während er sich auf den Weg zum Seehafen der Hauptstadt machte.

„Natürlich, immerhin bin ich jetzt auch ein Ritter des Ordens des Heiligen Sankt Pentiums!“, meinte Caldwell lächelnd. „Außerdem sind wir doch jetzt Verbündete.“

„Prentium, nicht Pentium!“, verbesserte ihm Bernadette von Bucklebear lachend und strich sich ihre Uniform glatt. Ihre Miene wurde wieder ernst. „Ich muss mir ein neues Rapier besorgen, meins altes ist inzwischen weit über dem Meer!“

„Ich bin sicher das die Waffenkammer des Schlosses ein Rapier bereithält das dir gefällt, Bernadette“, meinte Caldwell und dachte an seine Begleitung auf diesem Planeten, die eben auf ihn zugelaufen kam.

Zwei Marines von der Daedalus waren abkommandiert worden um ihren Vorgesetzten zu unterstützen sowie zu schützen, vor allen Gefahren die ihm auf einer zwar friedlichen aber doch fremden Welt erwarten würden. Jetzt gesellten sie sich zu beiden Offizieren.

„Wir hatten unsere Mühe uns durch die aufgebrachte Menge im Saal zu kämpfen Sir“, berichte einer von ihnen.

„Offensichtlich“, bemerkte Caldwell trocken, „Lieutenant, holen Sie unser Gepäck aus unseren Zimmern. Wir werden eine Seereise unternehmen!“

„Eine Seereise Sir?“, fragte der Lieutenant verblüfft.

„Ja Miller, eine Seereise. Auf dem Wasser müssten Sie sich als Marine eigentlich wohl fühlen, Lieutenant!“, antwortete Colonel Caldwell und sah den Soldaten etwas genervt an.

„Jawohl Sir! Ich hole sofort unsere Sachen, Sir!“, der Mann salutierte und ging dann zum Flügel in dem die Gästequartiere untergebracht waren.

Kopfschüttelnd sah Steven Caldwell ihm nach, dann folgte er mit dem zweiten Marine im Schlepptau dem Generalfeldmarschall. Dieser trat vor die stramm stehenden Elite-Gardisten der Palastwache.

Major Prenzlau stand vor seiner Truppe und blickte ihnen entgegen. Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear winkte ihn zur Seite und musterte dann die Männer und Frauen.

„Soldaten! Alle Mann die seefest sind, einen Schritt vortreten!“

Ungefähr die Hälfte der Gardisten trat vor, es waren insgesamt 25 Soldaten.

„Okay, die Gardisten sie sich nicht bewegt haben, bleiben hier und bewachen die Familie des Kaisers. Abtreten!“, befahl Von Bucklebear mit ihrer besten Kasernenhofstimme.

Die Männer und Frauen gingen zurück in den Thronsaal. Der Rest blieb mit dem Major zusammen stramm stehen.

„Ihr Mutigen werdet mich und den Colonel als Seesoldaten auf die „Kaiserin Ottilie“ begleiten, das schnellte Schiff ihrer Majestät! Gemeinsam werden wir das Meer überqueren. Unser Ziel: Die Befreiung des Kaisers! Ohne ihn, unseren obersten Lehnsherren und Regierungschef, würde das Land im Chaos versinken! Er muss befreit werden, in welchem Kerker er im jenseitigen Kaiserreich er auch bald sitzen mag. Auf geht’s zum Schiff!“

„Zu Befehl!“

Geschlossen marschierten die Soldaten ab, mit dem Major vorneweg. Auf einen Fingerzeig wurden Caldwell und Von Bucklebear 2 Pferde gebracht. Sie saßen auf und machten sich ebenfalls auf den Weg.

„Kaiserin Ottilie? Was ist das für ein Schiff?“

„Das ist das schnellste Schiff über das die Kaiserliche Flotte verfügt. Ein Dreimaster neuester Bauart, der Rumpf wurde mit Trinium beschlagen!“

„Trinium?“

„Ja, wir verfügen seit kurzem über das Geheimnis das Metall zu beherrschen das ihr Volk Trinium nennt. Eine Expedition in die jenseitigen Länder, also die Länder die wir aufsuchen wollen um den Kaiser zu retten, brachte vor wenigen Monaten mehrere Tonnen mit. Offensichtlich kennen die Völker jenseits der See schon länger dieses Edelmetall und bearbeiten es mit großem Erfolg. Angeblich soll es dort sogar eine Stadt aus Trinium geben...“

„Fantastisch! Sie muss quasi uneinehmbar sein da die Mauern jegliche konventionelle Waffen dieses Planeten abwehren müssten...“

„Das stimmt allerdings. Uralte Mythen beschreiben aber dass der Stamm der Polobros durch einen Trick einnehmen konnte... sie sollen dabei aber Hilfe von den grauen Göttern erhalten haben. Angeblich offenbarten sie einem jungen Krieger die große Schwachstelle von Trinium. Und daraufhin konnten sie eine neue Waffe konstruieren und die Stadt einnehmen!“

„Einen Augenblick bitte, Verehrteste“, warf Steven Caldwell ein, der sich schnell an die leicht altmodische Sprache dieses Planeten gewöhnt hatte, und wich einen Heukarren aus, der ihnen auf dem breiten Kopfsteinpflasterweg hinunter zum Hafen entgegen kam.

„Was ist die entscheidende Schwachstelle von Trinium? Das wäre eine nicht ganz unerhebliche Information für die U.S. Airforce, immerhin bestehen unsere Raumschiffe zu einem Gutteil aus diesem Material.“

„Nun die Überlieferung drücken sich an dieser Stelle etwas ungenau aus...“

„Typisch!“, sagte Caldwell und verdrehte die Augen, „Oh entschuldige, ich wollte dich nicht unterbrechen.“

„Der zuständige Gelehrte, der die ausländischen Schriftrollen in unsere Sprache übertrug, übersetzte das Wort für das Mittel das Triniumwände porös werden lässt mit Primatenkot/Tanzkonzert/kleiner runder Kuchen... letztere zwei Dinge haben wir schon getestet, für den Kot fehlen uns aber die Primaten.“

Caldwell sah sie einen schweigsamen Moment lang an. „Primatenkot“, sagte er dann langsam.

„Primaten sind kleine, beharrte Menschen die jenseits der See leben, Steven.“

„Oh, ich weiß was Primaten sind, meine lieber Bernadette“, versicherte ihr der Colonel schüttelte das leicht anachronistisch und surreale Gefühl ab das sich seiner im Verlauf des Gespräches bemächtig hatte.

Der Generalfeldmarschall nickte dem Hafenmeister zu und schwang sich vom Pferde. Caldwell tat es ihr gleich. „Das ist die Kaiserin Ottilie!“, rief sie und zeigte auf ein schnittiges Segelschiff.

„Wahrlich, ein prachtvolles Schiff!“, stimmte Caldwell zu, dessen Schiffserfahrungen sich auf das Ansehen der Fluch-der-Karibik-Filme mit seinen Kindern und ein paar Monate auf einem Flugzeugträger beschränkten.

Der Triniumbeschlag glitzerte unter Wasser und die Möwen krächzten über dem geschäftigen Hafen, Karren rumpelten umher, Schiffe wurden allerorten gelöscht und über allem lag der unverkennbare Geruch des Meeres. Die beiden schritten über die Pflastersteine auf das Schiff zu. Raue Befehle wurden überall gebrüllt.

Caldwell sah sich um. So stellte er sich einen europäischen Hafen des 17. Jahrhunderts vor... aber er war nicht hier um wissenschaftlich-vergleichende Studien vorzunehmen, sondern um einen entführten Monarchen zu befreien. Naja, eigentlich um die freundschaftlichen Bande zwischen ihren Nationen zu stärken, aber das stärkte eine Freundschaft mehr als eine gemeinsame Geiselbefreiung?

Entschlossen strich er seine Uniform glatt und schritt mit Bernadette von Bucklebear über die hölzerne Gangway auf das Oberdeck des Schiffes. Bootmannspfeifen schrillten.

„Generalfeldmarschaaaaaall, an Deck!“

Bernadette von Bucklebear salutierte vor den angetretenen Matrosen, durch deren Spalier in diesem Moment der Kapitän des Schiffes schritt.

„Frau Generalfeldmarschall! Ich habe Sie gar nicht erwartet!“, begrüßte sie der Kapitän eher unorthodox. Caldwell spekulierte das sich die beiden schon von früher kannten und musterte den Kapitän schnell. Eine tadellos sitzende Uniform verriet einen zumindest in persönlichen Dingen umsichtigen Offizier. Ein blonder Zopf ragte unter seinem adretten Dreispitz hervor. Seine feinen Zügen verrieten ebenso die aristokratische Herkunft wie seine formvollendete Verbeugung vor Bernadette von Bucklebear.

„Was führt Euch zu mir, verehrter Generalfeldmarschall?“, fragte der Kapitän mit echter Neugierde in seinen himmelblauen Augen.

„Leider nichts erfreuliches, Kapitän MacGregor. Der Kaiser wurde entführt... und wir müssen ihn retten!“

weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by Terraner
Kapitel 3: Leinen los!

Für einen Moment war der Kapitän sprachlos. Die drei Militärs schienen eine Insel der Ruhe inmitten des Oberdecks zu bilden. Matrosen liefen umher und trafen alle Vorbereitungen für eine große Fahrt.
Proviant wurde in großen Karren an den Kai gefahren und auf das Schiff geladen. Kanonenkugeln wurden unter Deck geschleppt. Flickzeug und Ersatzteile wurden von den Assistenten des Schiffzimmermanns unter dessen strenger Aufsicht auf die Kaiserin Ottilie gebracht. Überall herrschte rege Betriebsamkeit, Matrosen liefen umher und die Offiziere brüllten Befehle.

MacGregor löste sich aus seiner Erstarrung. „Wie konnte das passieren!? Die Palastwache!“

„!hat komplett versagt“, beendete Bucklebear sauer seinen Satz. „Ein Drache hat den Kaiser direkt aus dem Thronsaal entführt.“

MacGregor sah von einem zum anderen. „Das Jenseitige Reich?“

„Wir gehen davon aus!“, meine Caldwell, der immer noch nur eine diffuse Vorstellung davon hatte wo dieses Reich genau lag. Wehmütig dachte er an sein Schiff zurück. Wäre die Daedalus im Orbit gewesen hätten die Wissenschaftler in kürzester Zeit eine Weltkarte erstellen können! Und nicht nur das, man hätte sich ganz einfach in dieses Reich jenseits des Meeres beamen können. Aber die Daedalus war nicht hier und er wurde nicht dafür bezahlt sich in Tagträumen zu verlieren.

Als der Colonel merkte das MacGregor immer noch leicht benommen schien, fuhr er ihn an: „Können Sie uns da nun hinbringen, oder nicht!?“

„Nun ja, die Reise dorthin ist lang und nicht ungefährlich und wir müssen auf die Seeungeheuer achtgeben, aber ja, die Kaiserin Ottilie kann die Strecke bewältigen.“

„Nichts anderes habe ich erwartet!“, sagte der Generalfeldmarschall und strich sich die Uniform glatt. „Dieses Schiff ist weithin bekannt als das schnellste und beste der Flotte!“

„Wir haben den Monat der Saat, die Winde stehen also außerordentlich günstig für eine Passage über den Ozean. Wenn der Ostwind weiter so anhält und die Turbulenzen an Kap Karambolage sich in Grenzen halten! könnte man!. Ja , doch!. Könnten wir es in zwei Wochen schaffen!“

„Und offensichtlich hat man eine tüchtigen Mann zum Kommandanten der Ottilie gemacht“, sagte Caldwell.

„Wenn mich die Herrschaften entschuldigen würden, ich muss mich um mein Schiff kümmern.“

Der Kapitän salutierte noch einmal und eilte dann davon. Er war schon einige Meter entfernt, als er sich noch einmal umdrehte: „Frau Generalfeldmarschall, Sie dürfen natürlich meine Kajüte bewohnen! Sir Caldwell, für Sie wird die Kabine des ersten Offiziers geräumt. Mein Steward wird sich gleich dorthin führen!“, mit diesen Worten entschwand der Kapitän in dem allgemeinen Getümmel, das die Beladung und Verproviantierung eines so großen Schiffes darstellte.

In diesem Moment löste sich ein einzelner, junger Mann aus dem Gewimmel. Er trug zwei schwere Koffer und steuerte direkt auf den Generalfeldmarschall zu.

„Ihr Adjutant ist ja ein ganz Fixer“, meinte Caldwell als er den Mann wieder erkannte.

„Mister Tevinter, seien Sie doch so nett und bringen Sie die Koffer in die Kapitänskajüte!“, befahl ihm Bernadette und der Mann eilte davon.

„Colonel!“

Caldwell sah sich um: Da stürmten doch auch schon seine Marines auf ihn zu. Ihnen war deutlich die Freude darüber anzusehen dass sie ihren Vorgesetzten erreicht haben.

„Verzeihen Sie die Verspätung Sir, auf dem Hafengelände ist die Hölle los!“

„Das ist ja auch verständlich, bei uns wäre auch die Hölle los wenn der Präsident verschwunden wäre! Fragen Sie nach dem Quartier des ersten Offiziers und bringen Sie mein Gepäck dahin!“

„Jawohl Sir! Wird erledigt Sir!“

„Das wäre geklärt!“, konstatierte Steven Caldwell als er sich wieder seiner Begleiterin zuwandte. Schweigend beobachten die beiden wie sich das Gewimmel in den nächsten Stunden beruhigte. Während hoch über ihnen kreischende Möwen kreisten, wurden die Matrosen und Hilfskräfte langsam damit fertig das Schiff auszurüsten.

„Ich bin froh dass die Ottilie ständig im Dienst steht und Kapitän MacGregor auf eine altgediente und disziplinierte Mannschaft zurückgreifen kann“, meinte Bernadette und trommelte mit ihren Fingern auf der hölzernen Reling.

„Es wäre zeitaufwendig gewesen jetzt noch Matrosen zu schanghaien!“, stimmte ihr der Colonel zu der sich vage erinnern konnte dass das früher auf der Erde gängige Praxis gewesen war.

„Schanghaien?“, fragte der Generalfeldmarschall neugierig. „Klingt gefährlich.“

„So nennt man die Zwangsverpflichtung von Seeleuten für Segelschiffe. Das hat man früher auf der Erde gemacht! ich nehme an hier auch?“

„Nein“, von Bucklebear schüttelte den Kopf. „Des Kaisers Sozialminister hat erst im vorigen Jahr ein Verbot des Pressens von Matrosen erlassen. Seitdem wirbt man die Matrosen in den Reichsarbeitsämtern an.“

„Sehr löblich“, sagte Caldwell lächelnd und ließ seinen Blick über den vor Leben übersprudelnden Hafen streifen. Was gab es nicht alles zu sehen! Die Ottilie war bei weitem nicht das einzige Schiff im Hafen, es lagen Fischerboote, Lustyachten und Segelschiffe jeglicher Couleur am Kai. Braun gebrannte Männer und Frauen be- und entluden Frachtsegler, Fischer boten ihren Fang an und Seesoldaten auf Ausgang machten die Hafenzeile und die Geschäfte am Pier unsicher. Neben mehreren großen Lagerhallen gab es nämlich auch Fischläden, Gasthäuser und Amüsierschuppen für die Matrosen. Johlen, Pfeifen und Geräusche einer Schlägerei ließen Caldwell zu einer üblen Spelunke schauen, vor der eine heftige Schlägerei entbrannt war. Ein großer bärtiger Mann benutzte gerade einen dürren Kleinen als Dreschflegel um eine Reihe Matrosen umzuhauen. Staunend betrachtete Caldwell wie die Kontrahenten des Bärtigen nach und nach zu Boden gingen. Am Ende wurde auch der Dürre fallen gelassen. Nach einer kurzen Zeit der Benommenheit rappelte er sich auf und kroch davon. Schwer atmend stand nun der Bärtige in einem Kreis aus Schaulustigen.

„Hunderttausend heulende Höllenhunde!“, fluchte in diesem Moment ein Mann mit matt glänzenden Epauletten neben Caldwell.

„Kennen Sie den Mann?“, fragte der Colonel von der Erde neugierig.

„Bei den Stürmen von Kap Caput, jawohllja, das will ich wohl meinen! Das ist Stevan Strogoff, der 1. Maat dieses schnittigen Seglers!“

„Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“, wollte Caldwell wissen, der sich vom Kampf und dem Mann neben ihm zugewandt hatte.

„Sir, verzeihen Sie mir das ich mich Ihnen nicht vorgestellt habe. Ich bin meines Zeichens der erste Offizier der Kaiserin Ottilie, Carlos Watson!“

„Carlos Watson!“, sagte Caldwell während er den militärischen Gruß seines Gegenübers erwiderte.

„Meine Mutter war eine Einheimische und mein Vater ein Royalist aus Port Lucia!“, erklärte der Offizier und rückte seinen Dreispitz zurecht. „Mich deucht unser tapfrer Maat hat den Kampf gewonnen.“
„Watson! Schicken sie Smithers und Kroeger auf den Kai um ihn zu holen! Wir brechen bald auf!“, der Befehl kam von Achtern, wo der Kapitän stand und bis eben seinem zweiten Offizier etwas erzählt hatte. Offenbar hatte MacGregor die kleine Unterhaltung mitgehört.

„Aye Sir! Kroeger, Smithers!“

Colonel Caldwell wandte sich kopfschüttelnd von der Szenerie ab. Wirklich eine tüchtige Mannschaft! Aber welcher Matrose fiel im Hafen nicht mal aus der Reihe? Der Colonel erinnerte sich an eine Schlägerei in der Kantine von Atlantis, in die zu seinem großen Ärger zwei seiner Besatzungsmitglieder verwickelt gewesen waren. Der Airforce-Offizier lenkte seine Schritte zum Bug, wo Bernadette von Bucklebear am Bugspriet stand und sich die frische Brise um die Nase wehen ließ die vom offenen Meer hereinkam.

Er stoppte hinter ihr und unterdrückte das Verlangen „Ich bin der König der Welt!“ zu brüllen. Außer ihm hätten es doch eh nur zwei Menschen auf diesem Planeten verstanden und die Einheimischen hatten schon genug Probleme mit ihrem Monarchen, da brauchten sie nicht noch einen selbsterklärten König.

Der Generalfeldmarschall bemerkte den Erdling hinter sich. „Bald werden wir aufbrechen.“

„Ich bin bereit“, erklärte Steven Caldwell entschlossen. „Sieh mal!“

Bernadette von Bucklebears Blick folgte seinem Arm und fiel auf die drei in purpurne Gewänder gehüllten Priester die sich die Gangway hochquälten. Sie ging ihnen mit wehenden Rockschößen entgegen.

„Wir grüßen euch, Generalfeldmarschall von Bucklebear!“, begann der älteste der Auguren. „Wir haben in der kurzen Zeitspanne leider nicht genug Vögel beobachten können um euch den Erfolg eurer Unternehmung zu prophezeien. Wir können euch lediglich eines anbieten: Das Auge des Nordens!“

„Das Auge des Nordens!“, flüsterte Bernadette und starrte das verhüllte Päckchen in den Händen des Alten an. „Ich habe davon gehört, es gehört zu den Reichskleinodien, wird aber normalerweiser vom Obersten Priester des Reiches verwahrt.“

„Olodesius ist nicht mehr so gut zu Fuß, deswegen hat er uns gebeten dir das Auge zu geben. Der Mythos sagt das das Auge des Nordens einem Helden großem Dienste leisten wird, wenn das Reich in Gefahr ist!! Nun, der Kaiser wurde entführt und offensichtlich seid ihr die Heldin aus der Sage die ihn retten soll. Ich kann euch nicht sagen was das Auge des Nordens genau bewirkt, aber eines will ich euch sagen: Benutzt es nur in höchster Not! Es ist mächtig, aber seine Kräfte sollten nur im Notfall entfesselt werden.“

„Für Risiken und Nebenwirkungen, fragen sie ihren Auguren oder Priester!“, murmelte Caldwell sarkastisch.

Bernadette lächelte, die unheimliche Stimmung die sich ihrer bei den Worten des Auguren bewältigt hatte, fiel von ihr ab. Nichtsdestotrotz nahm sie das Päckchen mit großer Ehrfurcht in Empfang.

„Ich danke dir, oh Augur! Ich verspreche dir es nur im Notfall einzusetzen.“

„Gut. Aber halte es von diesem Heiden fern!“, beschwor der Alte sie, warf Caldwell noch einen bösen Blick zu und machte auf dem Absatz kehrt. Gemeinsam mit seinen jüngeren Kollegen verließ er das Schiff wieder über die Gangway. Kaum hatten sie sie verlassen, kamen Kroeger und Smithers mit dem ersten Maat der Kaiserin Ottilie zurück

Als alle Besatzungsmitglieder an Bord, der Proviant verstaut und die Munition gesichert waren, stellte sich der Kapitän breitbeinig auf das Achterdeck und rief: „Leinen los! Anker lichten!“

Caldwell sah Bernadette von Bucklebear an: „Das Abenteuer beginnt!“

weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by Terraner
Kapitel 4: Drei Kaiser und ein Säbelfisch

Die Ankerkette rasselte als der Anker gehoben wurde, es herrschte geschäftiges Treiben am Pier als die Taue von den Pollern gelöst und den Matrosen zugeworfen wurden. Inmitten des Trubels standen die drei Auguren und sahen zu wie sich das Schiff vom Kai entfernte.

„Die Götter mögen sie beschützen!“, murmelte einer der Priester, ungehört im Hafenlärm.

Erste, kleine Segel wurden gesetzt und eine leichte Brise schob die Kaiserin Ottilie an. Vorsichtig manövrierte sie sich an den an den vor Anker liegenden Schiffen vorbei und segelte auf den Hafenausgang zu. Colonel Caldwell sah sich beeindruckt die beiden Statuen an, die auf links und rechts der Hafenausfahrt auf dem Pier standen. Die eine hielt ein Schwert, die andere ein steinernen Gebilde das an einen Sextanten erinnerte.

„Das sind zwei mythologische Kaiser“, erklärte Bernadette von Bucklebear. „Chlodwig XV eroberte die beiden Seemächte Xylobihl und West-Barzammer. Seine Statue, die mit dem Schwert, symbolisiert die Stärke unserer Flotte. Die andere Statue stellt Kaiser Lipwig I dar, einen Reisekaiser der große Teile des Ozeans erforscht und kartographiert hat. Er steht für eine sichere Heimkehr, nautisches Wissen und eine qualifizierte Navigation.“

Die Kaiserin Ottilie passierte die beiden steinernen Kaiser und erreichte das offene Meer.

„Segel setzen!“, kommandierte nun der Kapitän. Auf das Kommando hin kletterten überall die Matrosen in die Wanten und taten das, was Matrosen so taten, wie Caldwell in Unkenntnis der Fachbegriffe gedanklich selbstkritisch bemerkte. Er war zwar auch Kapitän eines Schiffes, allerdings eines etwas anderen.
Genauso unwissend wie er schienen sich aber auch die Elite-Gardisten der Palastwache zu fühlen, die Bernadette von Bucklebear auf das Segelschiff beordert hatte. Immernoch in ihren goldenen Prachtuniformen standen sie etwas verloren auf dem Deck herum. Aber nicht lange, denn bald kam Leutnant Watson an und scheuchte sie aus dem Weg. Der erste Offizier stellte sich vor Major Prenzlau und hielt diesem eine Rede über das Verhalten von Seesoldaten an Bord von Kriegsschiffen.

Steven Caldwell seufzte und plauderte ein wenig mit dem Generalfeldmarschall. Sie konnten zurzeit sowieso nichts tun. Während hinter Ihnen Hommington, die Hauptstadt des Reiches, immer kleiner wurde und das Schiff dem Horizont entgegen strebte vergingen die Stunden.

Der triniumbeschlagene Rumpf pflügte nur so durch die dunkelblauen Wogen des Ozeans. Colonel Caldwell war überrascht davon wie schnell die Kaiserin Ottilie inzwischen geworden war. Anscheinend war es wirklich nicht übertrieben sie das schnellste Schiff der Flotte zu nennen. Hinter Bucklebear und den Erdencolonel räusperte sich jemand. Es war Kapitän MacGregor.

„Es wäre mir eine große Ehre wenn sie heute zusammen mit mir in der Kapitänskajüte dinieren würden. Mein Steward hat mir einen exquisiten Säbelfisch versprochen.“

„Aber gerne MacGregor. Hat ihr Steward nicht bei Sir McLean, dem Meisterkoch des Hotels Rhorbach gelernt?“

„In der Tat. Und der alte Haudegen und Großmeister des flambierten Strwalerry-Soufflés unterrichtet nur wenige.“

„Warum hat denn ein Koch ein Sir vor dem Namen?“, fragte Caldwell verwundert.

„Seine Familie hat ihn vor 40 Jahren verstoßen als sein Verhältnis mit seiner Schwester bekannt wurde. Er wurde daraufhin in das Lanepervy-Delta verbannt. Dort lebte er 20 Jahre bei den Kopfjägern von Mkebele und lernte all ihre kulinarischen Geheimnisse kennen. Nachdem er seine Ausbildung beendet hatte, kehrte er in die Zivilisation zurück. Da er sich einen gewaltigen Bart hatte wachsen lassen, wurde er nicht erkannt. Er schlich sich in das kaiserliche Schloss und verdingte sich dort als Hilfskoch. Eines Tages, als der Chefkoch einen Herzinfarkt erlitt, machte sich eine große Ratlosigkeit in der Küche breit: Wer sollte nun das Ruder übernehmen? An diesem Tag war eine Delegation des Kalifen Harun al Graccus zu Gast, es wurde ein wichtiges diplomatisches Gelage gehalten. Die Situation war kritisch! Würde Wesir Hussein eine ihm schlecht schmeckende Speise vorgesetzt bekommen, würde er dies garantiert als Beleidung werten! Eine Kriegserklärung wäre die Folge gewesen!
In dieser brenzligen Situation übernahm McLean das Heft des Handelns und dirigierte die anderen Hilfsköche! unter seiner Anleitungen wurde ein 24 Gänge Menü gezaubert das es in sich hatte. Der Wesir war begeistert, der Kaiser erleichtert und alle empfanden am Ende entweder große Erleichterung oder ein starkes Völlegefühl. Überglücklich mit dem Ausgang der Verhandlungen (Der Wesir hatte ihm nach dem flambierten Soufflé eine 100jährige Allianz und die jüngste Tochter des Kalifen angeboten) ließ der Kaiser McLean zu sich rufen. Er schlug den Hilfskoch zum Ritter und gewährte ihm drei Wünsche“, berichtete Bernadette.

„Reichtum, Rehabilitierung und das hübsche Mädchen?“, mutmaßte Caldwell.

„Du hast es erfasst Steven. Da ihm die Heirat mit seiner Schwester nach wie vor untersagt war, bekam er eine Tochter des Kaisers zur Frau. Prinzessin Isabella war ungefähr so alt wie McLean und froh endlich einen Mann zu haben. Sie heirateten in der Kathedrale Hommingtons und machten vier Wochen lang Flitterwochen in Port Lucia. Als sie zurückkehrten lehnte Sir McLean die Stelle des kaiserlichen Chefkochs ab, und ging stattdessen in die besser bezahlende Privatwirtschaft. Seitdem kocht er im Hotel Rhorbach.“

„Eine wahrhaft beeindruckende Geschichte meine liebe Bernadette“, meinte Caldwell ehrlich und bot Bucklebear seinen Arm an. „Aber jetzt wollen wir den Steward des Kapitäns nicht länger warten lassen.“

Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear, Lady des Ordens des Heiligen Sankt Prentium, hakte sich bei dem Airforce-Colonel ein und gemeinsam gingen sie zur Kajüte des Kapitäns. Mittlerweile war es Abend geworden. Der Steward, Wilson war sein Name, entzündete die Kerzen im Kandelaber des Kapitäns und stellte ihn auf den reichgedeckten Tisch. Bernadette von Bucklebear gab ihren Dreispitz dem Steward der ihn an die Garderobe hängte. Der Kapitän und Caldwell taten es ihr gleich. Steven fand es angenehm die Mütze abzulegen, da sie für ihn recht ungewohnt war. Er trug sie nämlich so gut wie nie auf der Daedalus.

Der Steward wartete bis alle saßen, dann hob er den silbernen Deckel von dem mit Salat angerichteten Säbelfisch. Caldwell roch den leckersten Fisch seines bisherigen Lebens und als ihm vom Steward auch noch Wein eingeschenkt wurde, fühlte er sich endgültig wie in einem Spitzen-Restaurant. Gut, die Wände waren nicht holzgetäfelt sondern massives Holz, das Schiff schwankte und der Raum war kleiner als sein Quartier auf der Daedalus, aber! es hatte definitiv Stil. Er fühlte sich in eine Zeit zurückversetzt als Reisen noch Luxus war und verfluchte einmal mehr den Bordkoch der Daedalus und seine wässrige Suppe. Bernadette bemerkte natürlich wie entspannt und zufrieden Caldwell auf seinem Stuhl saß. Sie schmunzelte bei den Gedanken das Caldwell nicht ahnte dass sich das Essen zwangsläufig im Verlauf der Reise verschlechtern würde. Jetzt, am Abreisetag war das Essen fürstlich, wenn auch nur für die Offiziere. Aber in absehbarer Zeit würde die Rationierung von Wasser und Nahrungsmitteln beginnen, denn auf einer Reise mit einer so dringlichen Mission wie dieser, wäre es gefährliche Zeitverschwendung Häfen anzulaufen und sich neu zu verproviantieren. Abgesehen davon segelten sie nur allzubald in fremden und gefährlichen Gewässern wo sie es sich dreimal überlegen mussten ob sie das Risiko eingingen.

Kapitän MacGregor schlug mit einem kleinen, silbernen Löffel gegen sein Weinglas und erhob es: „Auf den Kaiser! Darauf das wir ihn wohlbehalten wieder zurückbringen können!“

Caldwell und Bernadette von Bucklebear wiederholten die Worte MacGregors und stießen mit ihm an. Es folgte ein Tischgebet an verschiedene Götter, dann begann des Mahl das der Tau’ri als eines der schmackhaftesten seines Lebens in Erinnerung halten würde.

Beim Dinner wurde über dies und das geredet. Sie lachten über kulturelle Unterschiede und redeten natürlich über die gewonnene Schlacht gegen die Wraith. MacGregor fragte Colonel Caldwell neugierig über sein Schiff aus und Caldwell revanchierte sich mit vielen Fragen über die Kaiserin Ottilie. Sie waren ebenso begeistert über die Gemeinsamkeiten (die Verwendung von Trinium beim Schiffsbau) und die Unterschiede. Am Ende ihrer weinseligen Diskussion stand die fröhliche Feststellung dass ihre beiden Schiffe jeweils das Beste ihrer Art waren.

Bernadette entfachte einen Sturm der Empörung mit ihrer Aussage das die Schiffchen ja Recht nett wären, Kriege aber auf dem Lande mit der Infanterie entschieden würden. So zog sich dann das Dinner bis tief in die Nacht hinein. Der Fisch wurde komplett verspeist, die leckere Nachspeise eben so und der Steward dermaßen gelobt das er ganz rot wurde.

Als Caldwells Kopf das Kopfkissen berührte, schlief er fast sofort ein. An diesem Tag war viel passiert rekapitulierte er, schon halb im Schlafe. Er war zum Ritter geschlagen worden, ein Drache hatte den Kaiser entführt und er eilte ihm auf dem schnellsten Schiff des Reiches zu Hilfe. Was für ein Tag! ‘So etwas erlebt auch der Kommandant der Daedalus nicht alle Tage’, war sein letzter Gedanke bevor er einschlief.

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Kapitel 5 by Terraner
Kapitel 5: Colonel zur See

Als Colonel Steven Caldwell, der am Vortag zum Ritter geschlagen worden war, erwachte bemerkte er irritiert das Schwanken des Raumes um ihn herum. „Das ist ja schlimmer als nach Jacks Junggesellenabschied…“, brummte der Colonel und setzte sich gerade hin. Langsam sickerte die Erkenntnis in sein Bewusstsein das er sich auf einem Schiff befand und das Schwanken wohl auf den Seegang zurückzuführen ist. Steven reckte sich und griff nach der Uniformhose die auf dem Stuhl neben ihm lag. Es war ein wenig ungewohnt sie nach dem monatelangen Tragen des Airforce Jumpsuits anzuziehen, aber es war zur Abwechslung mal ganz nett die Hosen anzuhaben.

Nachdem er seine Morgentoilette mit den eingeschränkten Mitteln der Offizierskabine erledigt und sich komplett angezogen hatte, setzte er sich seine blaue Mütze auf den Kopf und öffnete die Tür. Er ging durch einen kleinen, hölzernen Gang und kam dann auf das sonnengeflutete Deck.

„Guten Morgen Steven! MacGregor und ich haben schon gegessen. Der Steward wartet nur darauf dass er abräumen kann, also solltest du dir nicht zu lange Zeit lassen“, begrüßte ihn Bernadette fröhlich.

Gemeinsam gingen sie zur Kajüte des Kapitäns und setzten sich hin. Während Caldwell sich ein Brot schmierte, fragte er: „Ist irgendetwas passiert während ich schlief?“

„Es gab einen Streit zwischen Major Prenzlau und Leutnant Watson über die Unterbringung der Elite-Gardisten…“

„Hm“, sagte Caldwell während er ein Croissant aß. Dann weiteten sich seine Augen: „Wo sind eigentlich meine Marines?“

„Die haben sich darauf berufen Mitglieder des diplomatischen Corps zu sein und deswegen keine Arbeiten verrichten zu müssen“, erzählte Bucklebear schmunzelnd. Urplötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Unruhig griff sie sich an die Brust.

„Was ist denn los?“, fragte Steven besorgt und setzte sein halbgegessenes Croissant ab.

„Das Auge des Nordens! Es… pulsiert!“, mit einem schnellen Griff förderte sie eine Kugel aus fremdartigen Material zu Tage, die sie sich an einer Kette umgehängt hatte. Nachdem der Generalfeldmarschall sie unter der Uniform hervorgezogen hatte, erkannte auch der Colonel dass etwas mit dem Auge des Nordens vor sich ging. Fremdartige Schwingungen gingen von dem Artefakt aus.

In diesem Moment wurde die Tür zur Kajüte aufgerissen. Das bärtige Gesicht des ersten Maates Strogoff erschien kurz, brüllte: „Piraten!“ und verschwand wieder.

„Verdammte Piraten!“, fluchte Bernadette ganz undamenhaft während Caldwell den Rest seines Croissants verschlang. „Davor hat uns das Auge warnen wollen.“

„Die Vorwarnzeit von dem Teil gefällt mir nicht!“, verkündete Bucklebear und lief aus dem Raum, die Hand am Rapier. Caldwell folgte ihr auf dem Fuße. Als er das Deck erreichte, herrschte geordnetes Chaos. Die Männer machten das Schiff gefechtsbereit.

Sie trafen sich mit dem Kapitän beim Steuermann.

„Gegen 4 Glasen hat der Ausguck mehrere Segel am Horizont entdeckt. Wir sind ihnen näher gekommen, offenbar handelt es sich um zwei Korvetten die ein Handelsschiff bedrängen.“

„Werden wir dem Handelsschiff helfen?“

„Auf der einen Seite verpflichtet mich mein Eid dazu jedem Schiff in Not zu helfen, auf der anderen Seite sind wir auf einer Mission bei dem der Zeitfaktor entscheidend ist, Sir Steven“, antwortete MacGregor unschlüssig.

Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear ließ sich von ihrem inzwischen unauffällig zu ihnen getretenen Adjutanten einen Feldstecher reichen und richtete ihn auf die anderen Schiffe: „Für mich sieht das attackierte Schiff aus wie eine Dschunke.“

„Sie meinen es könnte aus dem Jenseitigen Reich stammen?“, fragte MacGregor und sah zu seinem Ausguck hoch, der eine Sekunde später Bucklebears Entdeckung bestätigte.

„Käpt’n, es ist eine Dschunke! Sie segelt… unter der Flagge des Emirats!“

„Nach dem Spektakel in Hommington würde ich als Dschunkenkapitän auch nicht mehr unter der Flagge meines Heimatlandes fahren. Es ist doch klar das das Jenseitige Reich verdächtigt wird!“, meinte Caldwell und trommelte mit seinen Finger auf der Reling. „Ist es normal dass diese Dschunken so nah am Reich gesichtet werden?“

„Nein, eigentlich nicht“, meinte MacGregor der verstand worauf der Colonel herauswollte.

Bernadette hatte ihre Arme verschränkt… ich denke es sind genug Verdachtsmomente gegeben um eine Untersuchung diese Dschunke zu rechtfertigen. Aber zuvor müssen wir sie retten. MacGregor, bringen sie diesen Kahn in Fahrt!“

„Aye, Madam! Steuermann, neuer Kurs! Wir müssen die Kombattanten so schnell wie möglich erreichen! Watson, lassen sie zusätzliche Segel setzen!“

Eifrige Matrosen kletterten sofort in die Wanten und setzten zusätzliche Segel. Der Wind knatterte in ihnen und die Kaiserin Ottilie beschleunigte merklich. Ihr triniumverstärkter Rumpf pflügte förmlich durch das graugrüne Wasser des Ozeans.


Unterdessen auf der Korvette „Black Mamba“:

„Arrr, entert das Schiff! Verdammte Kanaillen!“, befahl Don Fernando de Estefan. Die Männer gehorchten dem Piratenkapitän sofort. Enterhaken wurden zu der sturmreif geschossenen Dschunke geworfen und Leitern schoben sich sowohl von der Black Mamba als auch von der Santa Lucia zu der Dschunke.

Johlende Piraten setzen auf die Dschunke über. Asiatisch aussehende Seemänner fielen wie die Fliegen unter den Hieben der schartigen Säbel. Der kümmerliche Rest der Mannschaft drängte sich um den Hauptmast, als Capitano Don Fernando de Estefan über eine Planke auf das Deck des geenterten Schiffes wechselte.

„Arrr“, grollte der Pirat eindrucksvoll und kratze sich mit der Eisenkralle die ihm die rechte Hand ersetzte am dicken Bauch.

„Capitano! Ein Schiff des Reiches steuert direkt auf uns zu!“, meldete ihn diesem Augenblick ein Ausguck von der Black Mamba.

„Verdammte Marine!“, rief Don Fernando und spuckte verärgert auf die frisch geputzten Bohlen der Dschunke. „Wie weit ist es noch entfernt?“

„Sie dürfte in einer halben Stunde hier eintreffen!“

„Hm. Dann werden wir uns eben beeilen müssen“, stellte der Capitano fest, sich nicht der Tatsache bewusst das der Ausguck nicht ahnte das er das schnellste Schiff der Flotte vor dem Fernglas hatte.

Mit einer dramatisch, schwungvollen Geste riss Don Fernando seinen Degen aus der diamantenverzierten Scheide. Mit der Eisenhand deutete er gen Himmel und deutete mit dem Degen auf die Matrosen.

„Sprecht, elendes Pack! Wo ist der Mann, der die zweifelhafte Ehre hat sich Kapitän der Schlitzaugen schimpfen zu dürfen?“

„Ich bin der Kapitän dieses Schiffes“, ein Mann trat selbstbewusst vor. „Mein Name ist Huáng Tàijí. Sie begehen einen großen Fehler…“

„Arrr, wenn ich jedesmal eine Dublone dafür bekommen würde das zu hören! Ich wäre reich und bräuchte keine Handelsschiffe wie dieses auszurauben!“, rief Don Fernando und schnaubte verächtlich. „Also, Schlitzauge, wo ist das Ei…“

„Mein Herr, auf der IKS Lotusblüte befindet sich kein Ei. Mein Volk pflegt Ostern nicht zu praktizieren…“

„Ich werrrrde euch kielholen lassen gelbes Pack, wenn ihr mir nicht sofort verratet wo sich das Drachenei befindet!“

Plötzlich stieß einer der Piraten die während des Verhörs die Dschunke durchsucht haben einen Schrei aus. Blut und Körperteile flogen aus der der Luke zum Laderaum. Alle, Piraten und die Matrosen der Dschunke, wichen zurück. Ein großer grün geschuppter Kopf hob sich aus der Luke und rülpste vernehmlich. Blut tropfte von seinem Maul.

„Poseidon steh uns bei!“, flehte der Piratenkapitän geschockt.

„Durch die Flaute hinter dem Kap Karambolage konnten wir nicht mehr rechtzeitig das Ei zum Kalifen bringen…“, flüsterte Huáng Tàijí und Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn. „Der Drache ist geschlüpft.“

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Kapitel 6 by Terraner
Kapitel 6: Feuer & Wasser

Ein Donnern ertönte aus der Ferne. Don Fernando wirbelte herum. Das Schiff des Reiches war viel näher als es sein dürfte und hatte bereits den ersten Warnschuss abgefeuert. Mit einem bestialischen Brüllen antwortete der frischgeschlüpfte Drache auf den Kanonendonner.

„Hunderttausend heulende Höllenhunde!“, fluchte Hinkebein-Gibson, der Kapitän der Santa Lucia, und wurde daraufhin vom Drachen gepackt. Schreiend zappelte er im Maul des Ungetüms. Blut spritzte und ein unappetitliches Knirschen war zu hören. Die Männer von Hinkebein-Gibson wichen erschrocken zurück. Aber dann starteten sie einen Angriff auf das Biest um ihren Kapitän zu retten. Für ihr Loyalität wurden sie auf grausame Weise bestraft: Eine Feuerlohe verbrannte sie nachdem der Drache Hinkebein-Gibson verschlungen hatte.

„Taktischer Rückzug!“;, brüllte Don Fernando und stolperte rückwärts auf die Reling zu. Seine Männer rannten auf die Verbindungsplanken zu und schwangen sich an den Seilen wieder zurück. Die rechte Seite der Dschunke brannte lichterloh. Die Matrosen wussten nicht wohin und rannten kopflos hin und her.


Währenddessen auf der Kaiserin Ottilie:

„Was zum Teufel!?“, stieß Caldwell hervor als er den gewaltigen Feuerstoß auf der Dschunke sah. „War das ein Drache?“

Aus der Ferne wehte der Wind schwache Schreie heran. Sie klangen nach Tod und Verzweiflung…!

„Kapitän MacGregor, wir müssen…“, hob Bernadette von Bucklebear zu einem Befehl an, wurde jedoch vom 1. Maat rüde unterbrochen.

„Scheiß die Wand an! Der olle Jensen hat doch kein Seemannsgarn erzählt!“, platzte Stevan Strogoff verdutzt heraus. „Hol‘s der Schaitan, wer hätte das gedacht!“

„Wovon zum Teufel reden Sie da, Mann?“, wollte Caldwell gereizt wissen, während er die Reling so stark gepackt hielt das seine Knöchel weiß hervortraten.

„Vor drei Monden, es war an einem regnerischen Abend….“

„Maat, beantworten Sie die Frage des Gentlemans bitte unverzüglich!“, mischte sich MacGregor ein, der sich natürlich auch für den Grund für Strogoffs Ausbruch interessierte.

„Ich saß mal in einer Bar, ein kaltes Importbier aus Port Lucia in der Hand. Der alte Jensen, das war ein Stammgast jener Spelunke, hatte schon einiges intus und faselte etwas von einem florierenden Seehandel zwischen dem Jenseitigen Reich und dem Emirat. Sein Sohn wäre darin involviert und hätte ihm was von mächtigen Kriegswaffen erzählt die an das Emirat geliefert werden…“

„Drachen!“, kombinierte Sir Steven Caldwell messerscharf.

„Kapitän, wir sind gleich auf Gefechtsdistanz!“, meldete Watson in dieser Sekunde.

MacGregor fuhr sich angestrengt überlegend durch den Vollbart.

„Beidrehen, wir lassen es die Piraten und den Drachen unter sich ausmachen!“

Caldwell schwirrte der Kopf als er sich die aberwitzige Schlacht auf der Dschunke vorstellte. Piraten gegen Drachen! Ein wahrhaft apokalyptischer Kampf.

Es knirschte nicht wenig im Gebälk der Kaiserin als sie abdrehte. Alle Augen an Bord richteten sich auf die Dschunke.


Unterdessen auf der Dschunke:

Mit einem grässlichen Schrei verlor Jeronimo Rugera seinen hübschen Kopf. Don Fernando hob seinen Säbel in einer, wie er hoffte, drohenden Geste hoch.

„Bleib weg, elender Lindwurm!“, rief der Pirat und wich zurück, damit das Blut das aus dem Torso Rugeras strömte nicht seine Teufelsrochenlederstiefel besudelte.

Der Drache lachte schauerlich, wobei fremdes Blut an seinen Lefzen herablief. Um ihn herum lagen die Leichen der Piraten und die der Matrosen der Dschunke wild durcheinander.

Die Santa Maria brannte lichterloh und die Mannschaft der Black Mamba wartete loyal auf ihren Kapitän um abzulegen. Zumindest hoffte Don Fernando das, obwohl der alte Haudegen ahnte dass die Black Mamba wohl nur noch da war, weil die Piraten viel zu durcheinander waren um zu fliehen. Im Moment liefen sie jedenfalls nur kreischend herum, während diejenigen die einen kühlen Kopf bewahrt hatten die Seile der Enterhaken durchschnitten.

„Kapitän!“

Don Fernando de Estefan erblickte backbords des grünen Drachen Huáng Tàijí, der eine Harpune fest in der Hand hielt. Neben ihm und auf der anderen Seite standen ebenfalls Harpunenträger.

Nach einem Seitenblick atmete Don Fernando tief durch, er ahnte den Plan des vorgeblichen Handelsschiffers. Der Pirat sollte den Drachen ablenken damit die anderen zustechen konnten.

„Hey, du fettes Vieh!“, brüllte der Pirat nun. Der Drache knurrte, Rauchwölkchen kräuselten über seinen Nasenlöchern.

„Deine Mutter war ein eine räudige Landratte und dein Vater ein gottverdammter REGENWURM! Friss Stahl, du verhinderter Gartenschlauch!!“, brüllte Don Fernando und tastete nach seiner Schnupftabakdose.

Das geschuppte Ungetüm brüllte, dann zersplitterte Holz und es hievte sich vollständig an Deck. Es machte einen Schritt auf Don Fernando zu, der nutzte die Gunst der Sekunde und schüttete dem Monstrum 200 Gramm feinsten Schnupftabak in die empfindlichen Nüstern. Der Effekt war nur mit einem Teufelsrochen zu vergleichen auf den man die Säure des gemeinen Seepickerichs träufelte. Der Kopf des Drachen explodierte schier, er musste niesen und verbrannte das Marssegel dabei. In diesem Moment wurden ihm 6 Harpunen in die ungeschützten Seiten gestoßen.
Die Pein verschlimmerte sich noch für den Drachen, schnaufend, blutend und niesend versagte er mehrmals dabei zu Brüllen. Zum Entsetzen der letzten Überlebenden waren auch die Nieser des Drachen überaus feurig. Ein Stakkato an kleinen, konzentrierten Flammenstößen setzte den Rest der Dschunke in Brand. In Brand gesteckt war auch der Bart des Don Fernando. Gotteslästerliche Flüche ausstoßend versuchte er ihn zu löschen, während die Matrosen auf den Drachen eindrangen. Da endlich brüllte der Drache seinen Schmerz heraus, wodurch die Dschunke Fahrt aufnahm. Die angeleinte Black Mamba wurde zum Schrecken der Piraten mitgezerrt.

Mit einer gekonnten Drehung stellte sich Don Fernando in Positur. Er richtete den Säbel auf den Drachen. Brüllend lief er los. Diesem elenden Mistvieh, wollte er nun endgültig den Gar ausmachen. Verschwunden aus seinen Gedanken war die hohe Belohnung für ein intaktes Drachenei das sein Auftraggeber ausgelobt hatte. Geblieben war der Wunsch das Monster zu töten das so viele seiner Piraten umgebracht hatte.

Der Lindwurm riss den Kopf hoch und entblößte so seinen schuppigen Hals. Mit irrem Gebrüll rannte der Pirat auf das Monster zu, den Säbel voran. Er war schon im Sprung auf den Drachen, als dieser ihn mit seinem langen Hals von der Seite erwischte und durch die Luft schleuderte. Schreiend flog der Pirat durch die Luft. Seinen Säbel verlor er, glitzernd fiel er in die Tiefe. Don Fernando flog und flog, bis er in die Wanten seines eigenen Schiffes krachte. Vollkommen schockiert klammerte er sich an ihnen fest. Machtlos beobachtete er wie die Matrosen weiter mit dem Monster kämpften. Nach zahllosen Stichen mit der Harpune brach er schließlich zusammen. Blutüberströmt stand eine kleine Gestalt vor dem Leichnam, Don Fernando vermutete das es Huáng Tàijí war. Er wollte sich schon erschöpft in den Seilen baumeln lassen, als sein Blick in die Ferne schweifte. Das Schiff des Reiches! Nun kam es näher.

„Das hat mir gerade noch gefehlt“, murmelte Don Fernando und seufzte.

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Kapitel 7 by Terraner
Kapitel 7: Kanonendonner

„Ladet die Geschütze mit Kartätschen!“, kommandierte MacGregor. Es war inzwischen Abend geworden, der Feuerschein der Dschunke verschmolz allmählich mit dem Sonnenuntergang. Auf der Kaiserin Ottilie wurden eifrig die Kanonen neu geladen. Sir Steven Caldwell erbat sich von Miller eine Pistole. „Wenn wir diesen Korsaren entern, möchte ich nicht unbewaffnet dastehen“, erklärte er gegenüber dem Generalfeldmarschall. Die triniumbeschlagene Kaiserin setzte Segel und nahm Kurs auf die Black Mamba. Gleichzeitig versank mit einem letzten qualvollen Ächzen des erhitzen Holzes die IKS Lotusblüte. Die ebenfalls vom Drachen in Brand gesteckte Santa Lucia folgte ihr, immer noch mit brennenden Seilen an ihr festgezurrt, in die Tiefe des Meeres. Die Black Mamba nahm inzwischen Fahrt auf. Durch ihren Feldstecher konnte Bernadette von Bucklebear sehen wie Don Fernando seinen luftigen Sitz verließ.

„Die Geschützmannschaften sind bereit, Sir!“, meldete Watson und salutierte zackig. Seine braunen Haare, nicht ganz bedeckt von seinem Dreispitz, wirbelten im Fahrtwind umher.

„Auf mein Kommando…“, sprach Kapitän MacGregor und zog seinen Degen. „Feuer!“

Der Steuermann hatte die Kaiserin geschickt so gesteuert dass eine volle Breitseite auf das fliehende Piratenschiff abgefeuert werden konnte. Die Kanonen donnerten, Pulverdampf wogte über der Wasserlinie. Die Kartätschen klatschten wirkungslos neben der Black Mamba ins Wasser.

Nun folgte Salve auf Salve, Caldwell war schnell halb taub musste aber anerkennen dass sich die Kanoniere auf das fliehende Schiff einschossen. Bald waren dessen Segel zerfetzt und es verlor dramatisch an Fahrt.

Der erste Offizier winkte Strogoff zu sich: „Maat, bringen sie mir die Flüstertüe!“

Stevan Strogoff beeilte sich dem Befehl Watsons nachzukommen. Carlos stellte sich an den gischtumsprühten Bug der Kaiserin Ottilie. Mit seinen wehenden marineblauen Rockschößen sah er beeindruckend aus. Während er mit der rechten Hand seinen Dreispitz festhielt, brachte er mit der Linken das Sprachrohr vor seinen Mund.

„Hier spricht Carlos Watson, erster Offizier seiner Majestät Schiff „Kaiserin Ottilie“! Reffen Sie die Segel! Hände weg von den Kanonen! Betrachten Sie sich als Gefangene des Reichs, Sie haben weder eine Chance uns zu besiegen noch uns zu entkommen!“

„Starke Worte“, meinte Caldwell zu Bucklebear. „Ich frage mich ob es uns die Kerle wirklich so einfach machen werden.“

Bernadette von Bucklebear verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. „Die Strafen für Piraterie sind streng… aber diese Kerle haben keine Chance mehr zu fliehen.“

Nach einer ungefähr dreißigminütigen Aufholjagd ging der Stolz der Kaiserlichen Flotte längsseits der lahmenden Black Mamba. Die Elite-Gardisten hatte Major Prenzlau aufs Deck kommandiert, die Piraten sahen sich durch die Mündungen einiger blitzblank polierter Gewehre bedroht. Ein, wie Bucklebear fand, schmieriger Mann mit wallender Mähne setzte auf die Kaiserin über. Furchtlos trotze er den Elite-Gardisten und sah sich suchend um: „Wer hat hier das Kommando?“

„Ich“, mit diesem schlichten Wort, trat Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear aus der Männermenge heraus und stellte sich vor den Piratenkapitän. Sie unterdrückte ein Naserümpfen als ihr der üble Geruch des Piraten in die Nase stieg. Es war en Odeur aus altem Männerschweiß, Rum, einem undefinierbaren Aftershave und frischen Angstschweiß der von dem Kampf mit dem Drachen herrührte.

„Mein Name ist Don Fernando de Estefan, wenn ich meinen Hut nicht verloren hätte würde ich ihn vor Ihnen ziehen, gnädige Frau!“, schnarrte der ungepflegte Mann und verbeugte sich in einer galant-altmodischen Weise die bei Hofe Morton IVs schon vor Jahrzenten außer Mode gekommen war.

„Ich bitte meinen Aufzug zu entschuldigen, als vom Pech verfolgte Händler kann ich mir kein exklusiveres Äußeres leisten. Aber welche wundersamen Umstände führten dazu das Sie, meine Teuerste, mein tüchtiges kleines Handelsschifflein unter Beschuss nehmen ließen?“, fragte Don Fernando und ließ beim demütigen Lächeln etliche Goldzähne aufblitzen.

Bernadette von Bucklebear kräuselte amüsiert die Augenbrauen. So ein galanter Kontrahent war ihr seit der Schlacht bei Osterlitz nicht mehr begegnet, damals hatte sie mit dem Grafen von und zu Schlechterberg diniert. Sie hatte den adligen Feldherrn damals für seine Haltung bewundert. Sie hätte nach dem vollständigen Verlust ihrer Armee nicht mehr die Kraft gehabt etwas Derartiges zu tun. Ja, der Graf. Voriges Jahr war er vom Nervenfieber dahingerafft worden. Gerüchten zufolge soll ihn allerdings seine zweite Ehefrau vergiftet haben.

Während der kurzen Pause war Carlos Watson neben den Generalfeldmarschall gesprungen, ein langes Dokument in der Hand.

„Im Namen Ihrer Majestät, Morton IV, Kaiser von der Götter Gnaden, Herzog der westlichen Inseln, Ordensherr sämtlicher im Reich präsenten Ritterbünde et cetera, werden Sie, Don Fernando de Estefan der Piraterie, des Mordes, Raubes und ungebührlichen Wegelagerei in den Hoheitsgewässern des Reiches angeklagt und mit sofortiger Wirkung inhaftiert!“, Watson hob den Blick von dem Dokument. Auf seinen Wink stellten sich zwei bullige Matrosen neben Don Fernando, bereit ihn abzuführen.

„Ihr habt keine Beweise!“, protestierte Don Fernando, der sich in seinen schlimmsten Alptraum versetzt fühlte. Klar, eine Verhaftung und die unausweichliche Exekution danach gehörten zum Berufsrisiko eines Piraten, aber… doch nicht so früh! Er war doch noch in der Blüte seiner Jahre!

„Wir haben alles beobachtet“, klärte ihn Bucklebear auf. „Ihr Kopf gehört dem Kaiser, außer…“

„Was?“, fragte Don Fernando der meinte einen Silberstreif an seinem persönlichen Horizont zu entdecken.

„...sie beantworten uns ein paar Fragen zu ihrem geschuppten Freund. Vielleicht wissen Sie es noch nicht, aber seit kurzem ist das Reich sehr an Drachen interessiert...“

weiter: Kapitel 8
Kapitel 8 by Terraner
Kapitel 8: Das Verhör

„Der… Drache?“, fragte Don Fernando und lauschte dem Klang dieser zwei Worte. Stille kehrte ein auf der Kaiserin Ottilie, auf deren Deck nun endgültig alle Augen auf den Korsaren gerichtet waren. Dieser rieb sich auf eine äußerst schmierige Art und Weise die Hände, bevor er meinte: „Ich wurde vollkommen von der Anwesenheit dieser Bestie auf dem Schiff meines schlitzäugigen Kollegen überrascht, Frau Generalfeldmarschall.“

„Für einen einfachen Handelskapitän habt Ihr erstaunlich gut meine Rangabzeichen identifizieren können.“

„Vielleicht weil er schon öfter in Konflikt mit den Streitkräften des Reiches gekommen ist“, sagte Caldwell und beobachtete mit einem gewissen Amüsement wie Don Fernando schluckte.

Am Horizont ging in diesen Momenten die Sonne unter, die Schiffe und der Ozean wurden in oranges Licht getaucht. Ein weiterer Mann wechselte auf die Kaiserin Ottilie über, als sich mehrere Musketen auf ihn richteten, hob er beschwichtigend die Hände.

„Ich könnte euch die Antworten geben die ihr sucht… dieser schäbige Pirat kann sie euch nicht geben. Es wäre am Besten wenn Ihr ihn an der nächste Rah aufknüpfen lassen würdet.“

„Wer seid Ihr?“, fragte Bernadette verwundert den Mann, dessen Aussehen Caldwell ziemlich asiatisch erschien.

„Mein Name ist Huáng Tàijí…“, antwortete der Mann und lächelte dünn unter dem perfekt frisierten Schnurrbart. „Ich bin… war Kapitän der Dschunke die aufgrund des weißen Teufels versenkt wurde.“

„Pardon?“, fragte Caldwell und erntete dafür einen nachsichtigen Blick von Bernadette.

„So nennen die Menschen des Jenseitigen Reiches uns Weiße. Keine sehr schmeichelhafte Bezeichnung, oder?“, antwortete Bernadette von Bucklebear.

„Es wird dunkel, wir sollten unser Gespräch in einer gemütlichen Kabine und bei einem guten Schluck Sake fortsetzen!“; schlug Huáng vor und der Generalfeldmarschall stimmte zu, schnell die Hintergründe dieser Bitte erfassend.

„Kapitän, bitte kümmern Sie sich um die Black Mamba. Lassen Sie sie bitte durchsuchen und schicken Sie sie dann mit einer Prisenbesatzung in den nächsten Hafen des Reiches. Werfen Sie die Piraten in die Brigg und weisen Sie den Fremdländern Quartiere zu!“

„Wünschen Sie Marinesoldaten zu Schutz unserer werten Gäste?“

„Aber natürlich“, antwortete Bernadette, schenkte dem Kapitän ein Lächeln und begab sich dann mit Huáng und dem Colonel in die Kapitänskajüte. Der zeternde Don Fernando wurde mitsamt seiner überlebenden Mannschaft abgeführt.

~~o~~

Eine Petroleumlampe erleuchtete das Quartier MacGregors. Huáng lächelte sein sparsames Lächeln, während Caldwell und von Bucklebear an der anderen Seite des Kartentisches saßen und darauf warteten das der Steward ihre Gläser mit Süßwasser füllt. Nachdem der Mann sich zurückgezogen hatte, brach der Dschunken-Kapitän das Schweigen.

„Meine Kajüte auf der Lotusblüte war größer, aber diese ist auch nett. Wenn auch etwas… rustikal.“

„Ich bin sicher deine Kajüte wimmelte nur so von Origami“, spottete Caldwell, Bernadette hielt ihn mit einer sachten Berührung am Arm von weiteren Äußerungen ab.

„Ich denke wir wissen alle wo wir stehen. Die Zeit ist knapp und wir können keine Rücksicht auf den üblichen diplomatischen Firlefanz nehmen… Sie sind über die Vorgänge in der Hauptstadt informiert?“, fragte der Generalfeldmarschall. Ihr Gast sah erst zu ihr, dann zu Caldwell der sich an MacGregors Zigarrenkiste zu schaffen machte.

„Ein Fischer hat mir berichtet da Euer gottloser Kaiser entführt wurde…“, meinte Huáng gelassen.

„Soso, ein Fischer? Ich wette wenn wir Taucher zu deiner Dschunke schicken würden, würden die Dokumente finden die eine andere Sprache sprechen!“, Caldwell hatte sich eine Zigarre angesteckt und verräucherte den Raum um sich herum.

„Das Meer ist hier über hundert Meter tief, kein Mensch kann so tief tauchen… abgesehen davon bin ich ein harmloser Handelskapitän!“

„Das hat auch schon der andere behauptet“, sagte Bernadette und fügte hinzu: „Es ist stimmt das kein Mensch so tief tauchen kann, aber bedenkt das mein Freund hier ein Fremdweltler ist!“

Leichte Verunsicherung zeigte sich auf Huángs wettergegerbten Gesicht.

„Wissen Sie was ich glaube? Wir haben es hier mit einer großangelegten Aktion des Geheimdienstes des Jenseitigen Reiches zu tun. Erst wurde das Reich durch die Entführung des Kaisers destabilisiert, dann werden große Waffensysteme, denn nichts anderes sind die Drachen, an die umliegenden Staaten geliefert! Diese Region soll in einen ruinösen Krieg gestürzt werden, der, natürlich erst nachdem alle Länder wirtschaftlich und militärisch ausgeblutet sind, vom Jenseitigen Reich beendet wird. Das Jenseitige Reich ist der Held der Stunde und hat sich auch diesseits des Ozeans als Hegemon etabliert!“, führte Caldwell aus, behände mit seiner Zigarre gestikulierend.

Bernadette von Bucklebear hatte die Hände vor sich gefaltet und während Caldwells Ausführungen ihr Gegenüber sorgfältig beobachtet. Das jahrelange Pokerspielen in den Offizierscasinos zahlte sich aus, hinter der vordergründig ruhigen Miene des Dschunken-Kapitäns erahnte sie die aufkeimende Panik des Mannes.

„Natürlich sind dies alles nur Vermutungen meines Freundes…“, sagte Bernadette freundlich. „Aber wenn Sie uns etwas sagen wollen bevor wir die Taucher losschicken, wobei ich sehr bezweifle das sie etwas finden, dann sollten Sie es nun tun.“

„Sonst schicken wir Sie direkt nach den Piraten über die Planke!“, drohte Caldwell der so etwas schon immer mal hatte sagen wollen.

„Wenn Sie kooperativ sind, kann ich ihnen einen schönen Altersruhesitz auf den südlichen Inseln anbieten…“, lockte Bernadette.

Huáng Tàijí seufzte während Caldwell an seiner Zigarre sog. Das rote Ende derselben erschien ihm für einen Moment wie die das Auge des legendären zyklopischen Drachen Mjölnirslurpura aus der Mythologie der wilden Ostmänner die vor circa 2000 Jahren das Jenseitige Reich heimgesucht und Verwüstungen sowie eine neue Religion hinterlassen hatten. Die Reformation des radikalen Priesterfürsten Klikklok des Verrückten hatte zwar versucht die Kirche des Jenseitigen Reiches von fremdländischen Einflüssen zu reinigen, doch hatte die bäuerliche Bevölkerung an einigen besonders blutrünstigen Göttern und Drachenwesen festgehalten. Die Religions-Philosophen am Hofe des derzeitigen Herrschers des Jenseitigen Reiches, Kaiser Schang-Fui, gingen davon aus das die bildungsfernen Schichten sich einfach stärker für die gewalttätigen Aspekte der Mythologie interessierten als die Hofgelehrten, die sich an erbaulichen Kalligraphien (und den nackten Hoftänzerinnen) ergötzten.

Caldwell schlug mit der Faust auf den Tisch und holte Tàijí mit einem „Also!?“ in die Gegenwart zurück. Huáng schien sich damit abzufinden nie mehr Schöne Lotusblüte, seine Lieblingstänzerin zu sehen. „Bekomme ich Ihr Ehrenwort als Offizierin und Lady das ich Asyl, einen Wohnsitz auf den südlichen Inseln und eine Leibrente erhalte wenn ich kooperiere?“

„Sie haben mein Ehrenwort“, schwor Bernadette von Bucklebear.

„Ihr ungehobelter Fremdweltler hat Recht! Ich habe Drachen verschifft… der Grüne, ein Exemplar der Kampfgattung Feng-Dong sollte an Ahmed HabschG’Wussi geliefert werden.“

„Den Wesir des Kalifen…“

„Exakt.“

„Deshalb fuhr ihre Dschunke unter der Flagge des Kalifats… so konnte sie ungestört in deren Gewässer segeln und den Deal abwickeln. Und da die Schiffe des Reiches die Schiffe des Kalifats nie antasten…“

„… war es ein Freifahrtschein zum Erfolg. Unser Geheimdienst hatte nur nicht mit den Korsaren gerechnet.“

„Tja“, sagte Colonel Caldwell und lächelte... die Guter-Cop-Böser-Cop-Nummer hatte besser geklappt als er erwartet hatte. Huáng redete… manchmal konnte man doch etwas aus dem Fernsehen lernen.

In diesem Moment des persönlichen Triumphs platze MacGregor in den Raum. Die Holztür schlug gegen die Wand als der Kapitän hineinstürmte. Aus dem Stürmen wurde ein Torkeln und Bernadette bemerkte entsetzt das blanker Stahl aus dem Bauch des Kapitäns ragte. Blut besudelte seine Uniform als er vor ihr in die Knie ging. „Die Piraten sind ausgebrochen!“, keuchte er noch, dann brach MacGregor endgültig zusammen. Als sein Körper auf dem Boden aufschlug konnte man den Griff eines Piratensäbels aus seinem Rücken ragen sehen.

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Kapitel 9 by Terraner
Kapitel 9: Kampf um die Kaiserin

Warmes Blut umfloss den Stiefelabsatz von Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear. Sie sprang auf, der Stuhl kippte um und fiel neben MacGregors noch warmer Leiche hin. Colonel Caldwell zog seine Beretta und stand ebenfalls auf. Huáng Tàijí, Dschunkenkapitän a.D. blieb erstmal sitzen und tastete nach dem Messer das in seinem Stiefel verborgen war.

Gefechtslärm ertönte vom Deck, zwischen durch waren abgehackt Befehle von Major Prenzlau zu hören. Bernadette und Steven verständigten sich mit einem Blick, dann stürmten beide aus der Kajüte des Kapitäns. Auf dem Deck mussten sie entdeckend das ein veritabler Kampf zwischen Piraten, Matrosen und Seesoldaten ausgebrochen war.

„Verdammt, wie konnte das bloß passieren?“, fragte Bernadette und fluchte.

„Wir werden die Schuldigen später finden, Bernadette! Erstmal müssen wir das Schiff verteidigen!“

Ein wilder Pirat mit verfilzten Haaren stürmte aus dem Kampfgetümmel heraus und auf den Airforce-Colonel zu, das Entermesser in der schmutzigen Hand.

„Harr, stirb!“

Zwei gezielte Schüsse aus Caldwells Beretta stoppten den Korsaren.

„Die Kerle halten zum Glück weniger aus als die Wraith!“, rief Caldwell dem Generalfeldmarschall noch zu bevor er einer Piratin auswich die mit einer Steinschlosspistole auf ihn schoss. Die Kugel pfiff ihm am linken Ohr vorbei, als sich der Colonel auf dem Boden abrollte. „Ich werde zu alt für diesen Scheiß!“, rief er voll Groll und schoss die Frau an. In die Seite getroffen wurde die Piratin von der kinetischen Energie der Kugel über die Reling geworfen und fiel mit einem lauten Platschen in das kalte Wasser des nächtlichen Ozeans.

„Gotcha!“

„Colonel!“

Steven Caldwell hielt nach Major Prenzlau Ausschau und erblickte den Kommandeur der Seesoldaten in höchster Bedrängnis. Sein Paradedegen schien unter den Säbelhieben Don Fernandos zerspringen zu wollen. Der Korsar drang unaufhörlich auf den Major ein und Colonel Caldwell erkannte das er schnell handeln musste. Er hob verwegen den linken Arm und schoss aus der Hüfte Don Fernandos federgeschmückten Hut vom Kopfe des Korsaren. In einer fließenden Bewegung riss dieser mit seiner linke Hand eine altmodische Pistole aus dem Gürtel und legte auf den Tau’ri an. Don Fernando drückte ab, das Schwarzpulver tat seine Schuldigkeit und trieb die Bleikugel aus dem Lauf. Der Knall ging im Lärm des Kampfes fast vollkommen unter, doch Caldwell hörte ihn überdeutlich. Die Kugel durcheilte die erhitzte Luft über dem Deck und raste direkt auf den Colonel zu.

Bernadette von Bucklebear unterstützte währenddessen Carlos Watson der bei dem Steuerrad der Kaiserin Ottilie gegen die ausgebrochenen Gefangenen kämpfte. Er focht gerade mit einem braungebrannten Kerl der wilde Tätowierungen aufwies als der Generalfeldmarschall einen Piraten erschlug der sich an den ersten Offizier herangeschlichen hatte.

„Der Kapitän ist tot!“, brüllte Bernadette um den Lärm zu übertönen. „Ich befördere Sie hiermit zum Kapitän Seiner Majestät Flotte! Mein erster Befehl lautet: Halten Sie dieses verdammte Schiff und schicken Sie die Piraten dahin wo sie hingehören: In die Hölle!“

„Aye Aye Frau Generalfeldmarschall!“, brüllte Watson und erstach seinen Kontrahenten, der im Todeskrampf gegen das Steuerrad fiel. Das Schiff schwenkte abrupt nach links als der Pirat sich am Steuer festhielt und Caldwell wurde gerade rechtzeitig zu Boden gerissen um den Lufthauch der Bleikugel an seiner Nasenspitze zu spüren. Als er hart aufprallte fluchte er, zog sich die Reling hoch und hob mit vor Adrenalin zitternder Hand die Beretta. Major Prenzlaus Degen war zerbrochen und Don Fernando holte zum finalen Schlag aus, als Caldwell ihm den Säbel aus der Hand schoss. Steven hatte eigentlich auf das Herz des Piraten gezielt und sah nun erneut durch Kimme und Korn um den Piraten zu erledigen. Dieser realisierte das sein Gegner über einen unerhört großen Vorrat an Kugeln verfügte und riss Major Prenzlau an sich. Mit einer raschen Bewegung positionierte er den erschöpften Berufsoffizier zwischen sich und Caldwell.

Ein Krachen ertönte. Don Fernando zuckte wie vom Blitz getroffen und fiel mit dem geschockten Prenzlau zu Boden. Steven Caldwell sah zum Steuerrad empor, neben dem Bernadette von Bucklebear mit einer rauchenden Muskete stand, die sie einem neben sich stehenden Seesoldaten aus der Hand gerissen hatte. Sie gab ihm das Gewehr zurück und salutierte vor Caldwell. Dieser grüßte zurück und stand wieder auf. Der Kampf dauerte an und die Zahl der Toten und Verwundeten nahm zu, doch als die Piraten bemerkten das Don Fernando umgekommen war, erlahmte ihr Kampfeswille merklich. Nach einiger Zeit ergaben sich die restlichen Piraten der überlebenden Mannschaft der Kaiserin Ottilie und die erschöpften Seesoldaten begannen sie in Ketten zu legen.

Kanonen donnerten unerwartet los und die Mündungsblitze blendeten Caldwell. Die Kaiserin Ottilie wurde nach Steuerbord gedrückt. Holz splitterte und geborstene Bretter fielen in den nachtschwarzen Ozean. Bruchstücke der gegenüberliegenden Reling flogen dem Colonel um die Ohren, Geschütze donnerten und die Schreie der Sterbenden gellten durch die lauwarme Nacht. Es schien so als ob die Schrecken dieser Nacht noch nicht ausgestanden wären.

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Kapitel 10 by Terraner
Kapitel 10: Map Of The Problematique

Die Wanten über Steven Caldwell rissen sirrend und fielen krachend auf den Colonel herab. ‚Kartätschen‘, dachte sich der irdische Offizier und dachte das es äußerst unangenehm war selber das Ziel solcher Geschosse zu sein. Er blieb benommen unter den Seilen liegen und bemerkte erst nach einigen Momenten das Miller neben ihm lag. Der Colonel stieß den Marine an, doch er rührte sich nicht.

„Miller! Verdammt!“, fluchte Caldwell als er in die gebrochenen Augen des Marines sah. Der Mann war tot, er war weit entfernt von der Erde gestorben und das unter seinem Kommando! Der Colonel verschob die aufsteigenden Selbstvorwürfe auf später als das bedrohlichen Krachen und Knacken des Schiffes nicht abnahm und die Kaiserin allmählich Schlagseite bekam. Er kämpfte sich aus dem Gewirr der Taue frei und stand endlich auf dem schiefen Deck als er einen Blick auf die Black Mamba erhaschen konnte. Das gekaperte Piratenschiff driftete weg von der Kaiserin Ottilie. Unaufhörlich entluden sich seine Kanonen in den Stolz der Kaiserlichen Flotte. Panische Seesoldaten stolperten umher als Caldwell zu Bernadette sah. Diese kam gerade aufs Deck und hielt sich ihren blutenden linken Arm.

„Sie haben uns kalt erwischt Steven!“, brüllte sie um den Geschützdonner zu übertönen. „Watson ist unter Deck um die versprengten Geschützmannschaften zur Gegenwehr zu treiben.“

„Das ist doch hoffnungslos! Die zerlegen das Schiff!“

„Es wäre ohne den leichten Trinium-Beschlag längst gesunken! Das Trinium ist leider nicht überall…“, eine Explosion fegte die beiden von den Beinen, „Das war das Pulverlager!“

Eine gewaltige Explosion hatte das Heck der Ottilie entzwei gerissen. Planken, Taue und Leichenteile regneten auf Caldwell und Bernadette herab. Rasch strömte Wasser in die Kaiserin Ottilie. Caldwell fühlte sich in das Ende von „Titanic“ versetzt und klammerte sich an einem Poller fest als der Bug des ehemals stolzen Schiffes gen Himmel ragte. Balken hielten dem Druck nicht stand und brachen, überall mischte sich das Krachen des Holzes in die Schreie der Menschen.

„Wenn ich diesen schlitzäugigen Hurensohn erwische!“, zischte der Generalfeldmarschall zornig als sie sich an der Reling festhielt.
„Du meinst Huáng ist für das hier verantwortlich?“, fragte Caldwell laut um das Inferno um sich herum zu übertönen.

„Natürlich! Er muss die Verwirrung durch den Piratenangriff genutzt haben um die Black Mamba zu entern und uns mit deren Geschützen auf den Grund des Meeres zu schicken! Offensichtlich wird Loyalität im Jenseitigen Reich groß geschrieben…“

„…und wenn er uns versenkt hat er nicht nur die Zeugen seines Verrates beseitigt sondern kann sich zu Hause auch der Versenkung der Kaiserin und der Beseitigung eines Generalfeldmarschalls rühmen!“

„Nicht zu vergessen die Beseitigung ihres galanten Gastes von den Sternen!“, fügte Bernadette von Bucklebear hinzu.

Colonel Caldwell sah ihr ins lächelnde Antlitz. Danach wurde es schwarz um ihn…

~~o~~

„Du hast den Hauptmast abbekommen als er gebrochen ist…“

„Ah… mein Schädel…“

Colonel Steven Caldwell öffnete die salzwasserverkrusteten Augen. Es war Tag und die Sonne schien hell vom Himmel. Planken, Fässer und Teile der Reling trieben um sie herum im Wasser. Caldwell und Bernadette von Bucklebear hielten sich an einer großen Planke fest. Außer ihnen trieben auf diese Art auch andere Besatzungsmitglieder der Kaiserin Ottilie im Meer. Caldwell kniff die Augen zusammen als er seine Zigarre 2 Meter vor sich treiben sah.

„Was ist?“

„Ach nichts… ich war bloß noch nie schiffbrüchig. Noch dazu auf einem Ozean… mein Metier ist eher der Weltraum“

„Und meines ist der Kontinent… ich kommandierte von der Küste Istriens bis zur Costa Granada Armeen für den Kaiser. Aber nun wurde der Kaiser entführt und ich strampel in verdammten Salzwasser!“

„So kann’s gehen…“, meinte Caldwell und spuckte einen kleinen Fisch aus. Eine Flasche trieb an ihnen vorbei und der Colonel ergriff sie: „Chateau d’if… 42. Mondzyklus…“

„Ein ausgezeichneter Mondzyklus, der 42. … mein Onkel hat einige Flaschen davon in seinem Weinkeller stehen. Ich wusste gar nicht das Kapitän MacGregor einen 42er an Bord hatte.“

Caldwell gestattete sich einen Seufzer als er an den Weinkeller des Grafen von Bucklebear dachte. Während der Konferenz im Schloss Waldesruh hatten die Tau’ri und die Vertreter des Kaiserreiches so manches mal am Ende eines Verhandlungstages dem Weinkeller einem Besuch abgestattet. Schloss Waldesruh war fern… und trocken… Caldwell stellte schwungvoll die Flasche auf ihre Planke. „Immerhin haben wir nun etwas zu trinken!“

„Noch dazu einen feinen Tropfen…“, Bucklebear lächelte.
„Zu Schade das wir hier weder Gläser noch einen Korkenzieher haben“, Caldwell sah sich um, konnte aber nur Trümmer und einige, wenige Schiffsbrüchige entdecken die allmählich immer weiter auseinander getrieben wurden.

„Aber wir haben das hier!“, Bernadette zog einen kleinen, toten Fisch mit einem gefährlich aussehenden Gebiss auf die Planke.

„Was ist das?“, fragte Caldwell entgeistert und froh das der Raubfisch tot war.

„Ein Schnappzerapp… und noch dazu ein großer. Sie leben normalerweise in Küstennähe und ernähren sich von kleineren Fischen und Menschen.“

„Menschen?“, hakte Caldwell unbehaglich nach.

„Sie verbeißen sich in die Waden!“, erklärte Bucklebear fröhlich. „Dieser hier wollte sich an dir gütlich tun während du bewusstlos warst. Ich musste ihn mit meinem Rapier erstechen.“

„Ahja… ich meine: Danke!“, Caldwell räusperte sich, dann strampelte er mit seinen Beinen um zu überprüfen ob wirklich noch alles dran war.

„Wie dem auch sei: Ein alter Seebär den ich mal im Casino Monte in Hommington traf erzählte mir das im Tode die Gaumen der Schnapzerapps versteinern. Der Clou ist das sie so geformt sind das sie perfekt als Korkenzieher fungieren können“, erläuterte der Generalfeldmarschall und tastete mit einer Hand im mit rasiermesserscharfen Zähnen bewehrten Maul des Raubfisches herum. „Ah, hier!“, sie zog einen grünes Teil heraus, das Ähnlichkeit mit einer Schraube aufwies. „Perfekt! Da hat mir der alte Gaston ausnahmsweise keinen Seemannsgarn erzählt!“

Colonel Caldwell beobachtete interessiert wie diese ihn immer wieder überraschende Frau mit dem versteinerten Gaumen den Korken aus der Flasche Wein entfernte. Schwungvoll goss Bernadette Wein in ihren goldenen Dreispitz: „Auf Feldzügen hat man auch nicht immer Gläser zur Verfügung“, und reichte Caldwell die Flasche.

„Auf den Kaiser!“, Bernadette hob ihren Dreispitz.

„Auf den Kaiser!“, erwiderte der Colonel und dachte bei sich das der Herrscher, der sich auf solche Offizierinnen stützen konnte gesegnet war.

Die beiden stießen so gut es ging an und tranken irgendwo im Niemandsland des Ozeans einen guten Schluck aus der Heimat des Generalfeldmarschalls.

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Kapitel 11 by Terraner
Kapitel 11: Jenseits des Meeres

Die Wellen umspülten sachte das Brett an dem sich Colonel Caldwell festhielt. Viele kleine Fische knabberten an dem rechten Fuße Stevens, der vor geraumer Zeit seinen rechten Schuh verloren hatte. Seine Arme erlahmten allmählich, nach stundenlangem Festhalten an der Planke.

Seit dem Untergang der Kaiserin Ottilie waren ein Tag und eine Nacht vergangen. Bernadette und er waren inzwischen alleine auf weiter See. Die Überlebenden waren auseinander getrieben, ertrunken oder hatten schwimmend versucht Land zu erreichen. Nur vereinzelt schwammen noch Trümmer des Schiffes vorbei.

„Steven, willst du den Rest trinken?“

In der vergangenen Nacht hatte es geregnet und Bernadette hatte etwas Regenwasser mit ihrem Dreispitz aufgefangen. Caldwell fand ihren Hut immer praktischer und beschloss auf der nächsten IOA-Konferenz eine ähnliche Kopfbedeckung für die Air Force anzuregen.

„Ja, gerne“, Caldwell nahm den durchweichten Dreispitz und trank das Wassre in schnellen hastigen Schlucken.

„Lange werden wir hier nicht mehr überleben können“, meinte Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear nach einer Weile. Sie hatten sich in den vergangenen 24 Stunden über Gott und die Welt unterhalten, dies war das erste Mal das einer von ihnen ihre missliche Lage direkt ansprach.

„Es gibt schlimmere Tode als neben einer schönen Frau im Ozean zu verdursten“, sagte Steven Caldwell und lächelte schwach.

„Cha Cha Bum!“

„Hast du das gehört?“

„Was denn, Steven?“

„Mir war, als hätte ich eben aus der Ferne etwas vernommen. Musik und Gesang… vermutlich liegt es an der Dehydration.“

„Nein, ich höre es jetzt auch!“, meinte Bucklebear und horchte angestrengt. Leise erklang Musik aus der Ferne, sie hörten sie jetzt beide. Gleichzeitig tauchte am Horizont, immer wieder von Wellen verdeckt, eine kleine Rauchsäule auf.

„Das muss eines dieser modernen Dampfschiffe sein!“, rief Bernadette aufgeregt. „Ihr habt Dampfschiffe? Warum sind wir dann mit einem Segelschiff gefahren?“, fragte Steven verwundert.

„Weil Dampfschiffe einfach zu langsam sind, Steven… wie können wir sie nur auf uns aufmerksam machen?“

„Versuch dich auf die Planke zu setzen und mit etwas zu winken! Deinem Dreispitz vielleicht!“

Bernadette von Bucklebear folgte dem Ratschlag und hievte sich mit Mühe auf die schwankende, schmale Planke. Sie zog ein weißes Taschentuch aus einer Tasche und winkte damit dem fernen Dampfschiff zu.

„Hey! Hier her!“

Die beiden riefen nun abwechselnd, darauf hoffend dass sie jemand auf dem fernen Dampfer hörte oder sah…

Eine Stunde später:

Der dunkelblaue Rumpf des eleganten Dampfschiffes ragte neben den zwei Schiffsbrüchigen aus dem Wasser. Am Bug konnte Caldwell den in goldenen Lettern angebrachten Namen SMS Ozymindas erkennen.

Ein Mann in weißer Uniform beugte sich über die Reling. „Ahoi! Wir lassen gleich eine Strickleiter herab, halten Sie durch!“

Die versprochene Strickleiter baumelte bald von der Reling herab und der Generalfeldmarschall erklomm sie als erste. Der erschöpfte Caldwell folgte ihr alsbald.

„Willkommen auf der SMS Ozymindas, Madam!“, der Kapitän salutierte auf der Stelle als er die aufgeweichten Rangabzeichen Bernadettes erkannte.

„Danke, Kapitän….?“

„Theophilus, Walter Theophilus! Kapitän zur See, zu ihren Diensten! Ich bin zwar nicht mehr in der Marine, aber ich helfe ihnen trotzdem gerne!“

„Ist dies hier eine Privatyacht?“, fragte Bernadette und sah sich um. Sie standen auf etwas, was wohl die Bezeichnung Sonnendeck verdiente. Zumindest standen hier einige Liegestühle auf dem auf Hochglanz polierten Mahagoni-Deck herum.

„Das haben Sie sehr gut erkannt. Das Tanzteeorchester Hommington hat die SMS Ozymindas für ihre Insel-Tournee gechartert.“

„Das erklärt die Musik“, schlussfolgerte Caldwell und sah interessiert zum Bug des Schiffs, auf dem sich in einem großen weißen Zelt zahlreiche distinguiert aussehende Musiker versammelt hatten. Trotz der Wärme trugen sie Smokings und Abendkleider. Ein Mann löste sich aus der Menge und marschierte mit energischen Schritten auf sie zu. Das Haar des älteren Herrn stand in alle möglichen Richtungen ab, und Caldwells Vermutung dass es sich um den Dirigenten handeln könnte, bestätigte sich prompt.

„Warum haben sie die Maschinen stoppen lassen? Was machen diese tropfenden Personen hier? Und weshalb hat man mir immer noch nicht meinen 16 Uhr Tee gebracht? Ich kann so nicht arbeiten!“, der Mann stemmte die Hände in die Seiten und funkelte die drei an.

„Es ist meine Pflicht als Seemann Schiffsbrüchige aufzunehmen, Herr Zwackelmann! Das müssten Sie eigentlich verstehen… der Junge mit dem Tee sollte gleich kommen.“

„Das hoffe ich für Sie! Sonst war das meine letzte Reise mit Ihnen!“, der Dirigent wandte sich mit großer Geste um und eilte zu seinen Musikern zurück.

„Ich muss mich für Herrn Zwackelmann entschuldigen, der letze Auftritt des Tanzteeorchesters verlief nicht gut. Die Affen in Port Lucia haben die Musiker mit Bananenschalen abgeworfen.“

„Haben Sie Port Lucia gesagt? Ist das nicht der Nähe des Jenseitigen Reiches?“, fragte Bucklebear.

„Der Hafen ist nur zwei Tagesreisen von der äußersten Grenze des Reiches entfernt, das stimmt.“

Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear warf Caldwell einen freudestrahlenden Blick zu. Steven dachte bei sich, dass sich diese Frau wohl von nichts aufhalten ließe und lächelte unwillkürlich.

„Oh, wo bleiben meine Manieren! Sie stehen hier rum und möchten bestimmt nichts lieber als raus aus diesen nassen Klammotten und ich erzähle nur… Jaques, bring die Herrschaften zu den Kajüten! Die Musiker haben bestimmt nichts dagegen wenn Sie sich ein paar ihrer trockenen Sache ausleihen und sich frischmachen.“

So folgten Caldwell und Bernadette dem Schiffsjungen, trennten sich dann und trafen sich am Abend auf dem Deck wieder. Der Kapitän hatte einen Tisch und drei Stühle aufstellen lassen und bat sie mit einer einladenden Geste sich zu setzen, Steven Caldwell rückte seine Fliege zurecht und setzte sich. Er hatte sich in Schale geschmissen und einen weißen Anzug geborgt, wie ihn auch Harrison Ford in einem der Indiana Jones Filme getragen hatte. Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear trug hingegen ein rotes Abendkleid, das sie aus dem Schrank der Sopranistin genommen hatte. Kapitän Theophilus trug seine Paradeuniform und sah entspannt zu, wie sein Steward ihnen Rotwein einschenkte.

Das warme Licht des Sonnenunterganges fiel auf die drei erhobenen Gläser. „Auf den Kaiser!“

Die drei tranken ruhig, während der Steward mit einem silbernen Tablett aus der Kombüse kam und ihnen Tintenfisch à la carte vorsetzte.

„Exquisit!“, lobte Caldwell nachdem er das kunstvoll zubereitete Meerestier probiert hatte und zog für sich ein kleines Resümee: Kulinarisch hatte sich diese Reise bisher für ihn gelohnt.

Die drei hatten sich in der Zwischenzeit einander vorgestellt, aber Caldwell und seine Begleiterin hatten noch nicht über ihre Mission gesprochen. Das änderte sich jetzt.

„Was ich mich schon die ganze Zeit frage, verehrte Frau Generalfeldmarschall, ist: Was machen eine hochrangige Angehörige des Militärs und ihr außerirdischer Freund mitten im Ozean?“

„Sich an einer Planke festhalten“, meinte Caldwell so trocken wie der Rotwein war.

„Es begann alles so…“, fing Bernadette an zu erzählen und berichtete dem Kapitän was dem Kaiser wiederfahren war und was sich bisher auf ihrer Reise ereignet hatte.

„Piraten! Agenten aus dem Jenseitigen Reich! Drachen! Meine Güte!“, der Kapitän musste erst mal etwas trinken um die abenteuerliche Geschichte zu verdauen.

„…und deswegen sind wir auf dem Weg ins Jenseitige Reich!“, schloss Bucklebear.

„Sie können auf meine Unterstützung bauen! Es ist meine Pflicht als Patriot Ihnen zu helfen. Ich werde ihnen eine Mann vorstellen, der ihnen vielleicht wichtiges erzählen kann.“

Der Kapitän stand auf und ging zum Tanzteeorchester, das an einer separaten Tafel speiste und kam kurz darauf mit einem braungebrannten Mann zurück.

„ Das ist Rodriguez, er hatte schon mal ein Engagement in Huwaze, der größten Hafenstadt des Jenseitigen Reiches. Vielleicht weiß er etwas, was Ihnen helfen könnte.“

„Huwaze ist die verdammt nochmal schönste Stadt in der ich jemals gespielt habe!“, meinte Rodriguez, grinste und zeigte dabei etliche Goldzähne.

„Herr Rodriguez, wissen Sie wer im Jenseitigen Reich den Willen und die Mittel gehabt haben könnte Morton IV zu entführen?“

„Er wurde entführt? Schande…“

„Und zwar von einem Drachen. Einem sehr großen, bösartigem und schnellen Drachen!“, fügte Colonel Caldwell ernst hinzu.

„Es gibt nur zwei Institutionen im Jenseitigen Reich die Drachen benutzen dürfen… das Militär und der Geheimdienst. Aber nur der Geheimdienst verfügt über IKR.“

„IKR?“

„Interkontinental-Reptilien, Sie wissen schon, Langstreckendrachen!“

„Langstreckendrachen… interessant. Und gefährlich“, meinte Caldwell. Da die Viecher nicht nur Tod und Verderben anrichten konnten sondern offenbar auch gezielt Staatsoberhäupter entführen konnten, waren sie fast schon gefährlicher als ICBMs.

„Hat der Geheimdienst ein Hauptquartier, eine Zentrale in der sie ihre Gefangenen einkerkern oder ähnliches?“, fragte Bernadette von Bucklebear.

„Ja! Der Drachenhort und die Geheimdienstzentrale befinden sich in der Teufelsfeste“, antwortete Rodriguez bereitwillig.

„Teufelsfestung klingt wesentlich beeindruckender als Langley…“, brummte Caldwell und nahm noch einen Schluck Wein. „Wo befindet sich diese Teufelsfestung?“

„Diese verfluchte Festung liegt auf einer hohen, felsigen Insel vor den Klippen Huazuazüs. Sie ist nur durch eine wacklige Brücke mit dem Festland verbunden.“

„Man will es uns offensichtlich nicht leicht machen“, meinte Bucklebear und dankte Rodriguez, der daraufhin wieder zu seinen Kollegen ging.

„Soll ich den Steuermann Kurs auf die Teufelsinsel nehmen lassen, Frau Generalfeldmarschall?“, fragte der Kapitän.

„Ja bitte, Ich weiß zwar noch nicht wie wir diese Festung stürmen sollen, aber ich bin sicher das wir einen Weg finden“, meinte Bucklebear und lächelte.

Der Kapitän verschwand im letzten Licht des Tages in Richtung Brücke. Schweigend aßen Steven und Bernadette den Tintenfisch. Über ihnen begannen die ersten Sterne am Himmel zu glänzen. Als der Colonel sie betrachtete, fiel ihm auf wie fremd ihm die Konstellationen waren. Er hatte Berichte von SG-Teams gelesen in denen von diesem Phänomenen berichtet wurde. In der Milchstraße waren jedoch nur die Sternbilder verschoben gewesen, hier war Caldwell mit vollkommen anderen Sternen und astronomischen Figuren konfrontiert. Dies war eine ganz andere Galaxie…

Die Frau die ihm gegenüber mit sichtlichem Genuss einen außerirdischen Tintenfisch verzehrte war die Einwohnerin einer fremden Galaxie. Trotzdem fühlte er sich ihr nahe. Mit einem Lächeln wischte sich der Colonel den Mund mit einer Serviette ab.

„Woran denkst du, Steven?“, fragte Bernadette von Bucklebear als sie ihr Mahl beendete.

„An diese fremden Sterne. Weißt du, von einem Planeten aus gesehen wirken sie ganz anders als von einem Raumschiff aus“, antwortete Caldwell und lehnte sich zurück. Der Generalfeldmarschall begann ihm die einzelnen Sternbilder zu zeigen und zu benennen. Die Musiker des Tanzteeorchester Hommington holten sich ihrer Instrumente aus dem Zelt und improvisierten. Mit der Hintergrundmusik der Jamsession und den Weingläsern in der Hand unterhielten sich der Colonel und der Generalfeldmarschall über die astronomischen Unterschiede zwischen den Galaxien und darüber das Supernovae zwar von Planeten hübsch anzuschauen wären, bei der Navigation eines Raumschiffs aber eher hinderlich sind. Schließlich kam der Kapitän zurück um ihnen zu sagen das er einen neuen Kurs befohlen hatte.

Das Gespräch über den Sternenhimmel versiegte, und das Jammen der Musiker war das einzige Geräusch auf dem im hellen Mondlicht liegenden Deck.

„Hast du Lust zu tanzen?“, fragte Caldwell und sah Bernadette an.

„Das habe ich schon viel zu lange nicht mehr getan“, meinte Bucklebear und schmunzelte, „im Einsatz hätte es meine Autorität untergraben wenn ich mit einem Untergebenen getanzt hätte.“

Der Air Force Colonel erhob sich und schlenderte zu den Hommingtoner Musikern.

„Hey, könnt ihr „Beyond The Sea“ spielen? Das Lied war auf der CD drauf die wir eurem Volk im Rahmen der Völkerverständigung geschenkt haben“, fragte Caldwell Rodriguez.

„Natürlich, die Musikszene der Hauptstadt hat sich um die Tonträger und Notenblätter gerissen die ihr mitgebracht hat! Wann kommt man denn schon mal dazu Lieder aus fremden Galaxien zu spielen? Wir spielen den Song gerne für euch.“

Caldwell bedankte sich und ging zurück zu Bernadette, die ihn schon erwartete.

„Somewhere beyond the sea
Somewhere waiting for me…“, setzte Rodriguez an und sang mit Leidenschaft während das Hommingtoner Tanzteeorchester hinter ihm versiert die Musik spielte.

Bernadette und Steven tanzten über das Deck des Schiffes. Instinktiv fanden sie trotz ihrer unterschiedlichen Kulturkreise zu einem gemeinsamen Tanzstil der sie anmutig und elegant über das vom Mond beschienene Deck schweben ließ.

„My lover stands on golden sands
And watches the ships that go sailing…“

Eine Sternschnuppe durcheilte den Himmel über ihnen.

„Somewhere beyond the sea
She's there watching for me
If I could fly like birds on high
Then straight to her arms I'd go sailing
It's far beyond a star, it's near beyond the moon
I know beyond a doubt
My heart will lead me there soon…“

Der legendäre Generalfeldmarschall und sein von den Sternen stammender Gast tanzten noch lange, genossen den Moment und vergaßen die Gefahren die hinter und vor ihnen lagen.

Kapitän Theophilus beobachtete die beiden und wertete es als guten Umstand das Zwackelmann, der Dirigent, schlief. Der war nämlich kein Freund ausländischer Musik. Schließlich erhob sich Theophilus und zog sich in die Kapitänskajüte zurück um etwas zu schlafen.

Er ließ ein gut aufgelegtes Orchester und ein zwei leidenschaftlich tanzende Militärs zurück...

weiter: Kapitel 12
Kapitel 12 by Terraner
Kapitel 12: Schatten im Nebel

Nebel lag auf dem Deck, als Colonel Caldwell die Kajüte verließ. Dicht und weiß lag der Nebel über allem, nur schemenhaft konnte er das Musiker-Zelt am Bug des Dampfers erkennen. Alle paar Minuten wurde eine Glocke geläutet. Steven mutmaßte das das die Prä-Radar-Methode war um Schiffskollisionen zu vermeiden. Er schloss seine inzwischen getrocknete Uniformjacke und vertrat sich ein wenig die Beine. Die Maschinen des Dampfschiffes liefen beständig und beförderten die Ozymindas ihrem Ziel entgegen, der Teufelsfestung.

Der Colonel bemerkte dass Theophilus neben ihn getreten war. Sie schwiegen einige Momente lang und starrten in die trübe Nebelsuppe,

„Gibt es im Weltraum auch Nebel?“, fragte der Kapitän schließlich neugierig

„Ja, es gibt im Weltraum auch Nebel, in allen möglichen Farben. Wir bemühen uns aber immer darum um sie herumzufliegen. Sie stören die Instrumente“, erklärte Caldwell.

Der Kapitän brummte etwas und Steven fragte sich gerade ob er das noch weiter ausführen sollte, als er plötzlich erstarrte. Ein Schemen rauschte über sie hinweg. Caldwell spürte einen Lufthauch dabei und wirbelte herum. Das Phantom, das vom Nebel umhüllt wurde, flog über das Deck und verschwand. „Was zum Teufel…“

Ein urweltliches Brüllen ertönte aus dem dichten Nebel und der Schemen flog erneut über die Ozymandias. Fluchend verschwand Theophilus in seine Kabine. „Ich hol meinen Karabiner!“

Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear stürmte aufs Deck des Dampfers. „Ich habe einen Drachen gehört!“

„Schon wieder eins von diesen Drecksviechern!“, knurrte Caldwell und vermisste schmerzlich seine Beretta, auch wenn er befürchtete dass sie ihm gegen so ein Reptil nicht viel genutzt hätte. Der Colonel konnte den geflügelten Lindwurm immer noch nicht klar erkennen, da der Nebel so dicht war. Als der Kapitän mit seinem Gewehr zurückkam, war der Drache verschwunden.

„Den Seegöttern sei’s gedankt! Im Ernstfall hätte ihn der Schießprügel auch nicht davon abgehalten den Dampfer zu Kleinholz zu verarbeiten“, sagte der Kapitän und lehnte sich an die Reling. Die drei beruhigten sich, das gleichmäßige Stampfen der Maschinen half ihnen dabei. Unverdrossen trug das Dampfschiff sie auf ihr Ziel zu.

„War das da eben ein Geheimdienstdrache?“, fragte Caldwell besorgt.

„Wenn es einer war, hat er uns nicht gesehen. Was sehr unwahrscheinlich wäre, denn die Drachen des Reichs-Geheimdienstes sind bestens ausgebildet und sehr professionell.“

„Das lässt uns nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat uns der Drache entdeckt und ließ uns gewähren, oder es war kein Drache des Jenseitigen Reiches.“

„Du meinst der Drache könnte zu einer dritten Partei gehören? Das würde uns neue Möglichkeiten eröffnen…“

„Drache bedeuten Ärger. So oder so…“, meinte Kapitän Theophilus und zündete sich eine Zigarette an. Die Spitze glühte rot im Nebel als er daran sog.

Sie schwiegen einen Moment und ließen sich vom Nebel umwabern. Nach einer Weile rief der Ausguck: „Land in Sicht!“

Die drei gingen zum Bug des Schiffes, an den probenden Musikern vorbei, und stellten sich hinter die Gallionsfigur. Theophilus stellte seinen Karabiner ab und nehm ein Fernrohr zur Hand. „Eine Insel.“

„Lassen Sie mich raten: Die Isla de Muerta?“, fragte Caldwell spöttisch.

„Nein, die liegt mehr als 1000 Seemeilen hinter uns. Diese Insel… ist mir unbekannt. Ich muss gestehen dass ich mich in diesen Gewässern nicht so gut auskenne wie ich wollte“, gestand Theophilus und blickte mit unbehaglicher Miene zu dem mysteriösen Eiland hinüber.

Der Dampfer passierte eine Boje, deren Glocke träge erklang und näherte sich der Insel. Der Kapitän wollte eben den Befehl geben den Kurs des Schiffes zu ändern um an der Insel vorbeizusteuern, als Bernadette „Seht!“ rief. „Dort steht ein Mensch am Strand…“

„Tatsächlich!“

Als der Dampfer sie näher zum Strand brachte konnten sie die Gestalt immer besser erkennen.

„Maschinen Stopp!“, kommandierte Kapitän Theophilus und das Schiff verlangsamte sich. Hinter der Reling betrachteten Bernadette, Steven und der Kapitän das Ufer. Der Mann am Strand bewegte sich nicht, und stand still wie eine Statue. Nur das Flattern seiner Kleidung zeigte, das es sich um kein Standbild handelte.

„Die Sache gefällt mir nicht…“, meinte Colonel Caldwell und wünschte sich einmal mehr seine Pistole zurück.

„Wie der Kapitän schon sagte, er kennt sich hier nicht so gut aus wie er wollte. Es wäre nur vom Vorteil einen Lotsen an Bord zu nehmen“, sagte der Generalfeldmarschall pragmatisch und sah die Männer an.

„Einen Lotse…“, fing Theophilus an.

„…an Bord nehmen?“, beendete Caldwell den Satz. Beide Herren sahen Bernadette verdutzt an.

„Natürlich! Das ihr Männer nie nach dem Weg fragen wollt… mal abgesehen davon das wir dann einen Lotsen hätten, hätten wir einen unnötigen Zeugen unserer Reise weniger. Er könnte dem Jenseitigen Reich Bericht erstatten, wenn wir ihn nicht mitnehmen“, erklärte Bucklebear.

„Wir würden zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, meinte Caldwell anerkennend.

„Ich werde befehlen ein Beiboot zu Wasser zu lassen!“, sagte Theophilus und begab sich auf die Suche nach einem Matrosen. Bernadette lächelte Caldwell zu. „Lust auf eine kleine Expedition?“

„Expeditionen sind meine Spezialität“, meinte Caldwell und erinnerte sich an die Zeit in der er gehofft hatte das Kommando über die Atlantis-Expedition zu übernehmen. Wenn es geklappt hätte, wäre er in Atlantis gewesen und nicht hier… Steven beschloss für sich, dass er es gut getroffen hatte.

„Kommt her!“, der Kapitän rief sie vom Heck des Dampfers. Der Generalfeldmarschall und der Kommandant der Daedalus liefern über das Mahagoni-Deck und kamen bei einer großen Apparatur an, an der ein hölzernes Beiboot hing.

Die beiden kletterten hinein und ein Matrose lies das Boot zu Wasser. Steven Caldwell schnappte sich die Ruder und Bernadette machte es sich auf dem vorderen Holzsitz bequem.

Der Colonel legte sich in die Riemen und Bernadette beobachtete das Ufer. Kleine Wellen schwappten gegen den Rumpf des Ruderboots. Sie näherten sich dem Strand, an dem der Fremde immer noch verharrte.

Schließlich wurde das Wasser zu flach zum Rudern. Colonel Caldwell sprang aus dem Boot. Wasser spritzte seine Stiefel empor und er fühlte sich wie Kolumbus bei der Entdeckung Amerikas. Caldwell schalt sich und dachte das ihn hier wohl keine freundlichen Indianer erwarten würden. Der Nebel hatte sich etwas zurückgezogen, sodass er den Strand überblicken konnte. Es war ein weißer Sandstrand, am Rande standen ein paar Palmen. Seine Aufmerksamkeit wurde aber von dem Gentleman im Kimono auf sich gezogen, der ihnen entgegensah. Caldwell berührte Bernadette sachte am Arm und die beiden setzten sich in Bewegung.

Der Fremde erwartete sie ruhig.

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Kapitel 13 by Terraner
Kapitel 13: Fly Away

Er lächelte und zeigte dabei weiße Zähne, die in dem braunen Gesicht auffielen. Sein Haar war lang und schwarz wie sein Kimono, die Augen mandelförmig und sein Alter unbestimmbar.

„Wir… kommen in Frieden“, sagte Caldwell und blieb etwas zwei Meter von dem Fremden entfernt stehen.

„Ihr kommt von fremden Gestaden…“, meinte der Mann und betrachtete Caldwell.

„Aus einer anderen Galaxie um genau zu sein“, sagte der Colonel.

„Ich ahnte es“, behauptete der Mann. „Ihr seid weit gereist um uns zu besuchen.“

„Im Namen des Reiches, wir müssen Sie leider bitten uns zu begleiten!“; Bernadette von Bucklebear war das Geplänkel leid.

„Cui bono?“, fragte der Mann und lächelte.

„Caesar Morton IV“, antwortete Caldwell.

Der Gesichtsausdruck des Fremden veränderte sich, die Augen die vorher Gelassenheit ausstrahlten verrieten nun Überraschung.

„Ihr seid ein Wissender!“, rief der Mann. „Mein Name ist Eris Murdon, Erster Abt des Drachenordens.“

„Colonel Steven Caldwell vom Astria Porta Kommando“, stellte sich Steven rasch vor, seine rudimentären Kenntnisse der Antiker-Sprache bemühend.

„Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear!“, sagte Bucklebear so zackig wie auf dem Kasernenhof, wurde aber vom Abt komplett ignoriert.

„Lasst uns doch von diesem Strand weg gehen, wir sollten uns austauschen“, schlug Murdon vor und zeigte mit einer einladenden Geste auf den Strand. Caldwell ging entschlossen voran, Bernadette folgte ihm mit zwiespältigen Gefühlen.

Er war erst ein paar Meter gegangen und aus dem Wasser raus, als Caldwell wie vom Blitz getroffen stehen blieb. Er stand inmitten eines teilweise von Sand bedeckten…

Caldwell sah auf, Murdon und Bucklebear stellten sich neben ihm.

„Das ist ein Ringtransporter…“, stellte Caldwell überrascht fest.

„Ein Erbe der Ordensgründer… und eine bequeme Einrichtung“, meinte Eris und drückte auf sein matt schimmerndes Armband. Die Ringe schossen um die drei in die Höhe und transportierten sie davon.

~*~

„Auch den Fremdweltler Steven Caldwell im Range eines Colonels schlagen wir zum Ritter des Ordens des Heiligen Sankt Prentiums!“

Der Kaiser berührte eben die Schulter des Colonels mit dem prachtvollen Krummsäbel, als das Glas splitterte. Morton IV wusste nicht wie ihm geschah, in dem einem Moment schlug er den Fremdweltler zum Ritter, in dem anderen wurde er davon gezerrt. Seine allerdurchlauchtigste Majestät wurde in die Höhe gezogen und fortgeflogen. Er wehrte sich vergeblich, etwas hatte sich in seinem Pelzumhang gekrallt und zog ihn vom Thron weg.

„Ein Drache! Schützt den Kaiser!“

‚Zu spät, zu spät…‘ dachte Morton und zappelte. Sein Monokel fiel ihm herunter und zerschellte auf dem immer kleiner werdenden Schlosshof. Er sah undeutlich wie die Gardisten zusammenliefen, planlos, unfähig ihren Souverän zu retten. Seine Erziehung verbot es ihm zu schreien… und so hüllte sich der gotterwählte Herrscher über Millionen von Menschen in schockiertes Schweigen als ihn der fliegende Lindwurm von seiner Hauptstadt davon trug.

Das Meer glitzerte unter ihm, die Schiffe sahen aus der Höhe aus wie Modelle. Der Kaiser erinnerte sich seines Krummsäbel und erwägte ob er seinen Entführer attackieren sollte.

‚Das wäre keine so gute Idee‘

„Wer spricht da? Du, Drache! Wie kommt deine Stimme in meinen Kopf?“

‚Haben Hochwohlgeboren denn noch nie von Telepathie gehört‘, fragte der Drache und schnaubte amüsiert. Der Kaiser ließ erschrocken seinen Säbel fallen, der schnell zu einem glitzerndem Punkt zusammenschrumpfte und dann im Meer verschwand. Immer schneller, immer höher flog der Drache, Wind zerrte an den edlen Kleidern des Monarchen. Bald verließen sie die Hoheitsgewässer des Reiches. Das Brausen des Flugwindes und vergleichsweise leise Schlagen der Flügel verdrängten alle anderen Geräusche aus der Wahrnehmung des Kaisers.

„Woher stammst du?“, fragte Morton, krampfhaft um eine feste Stimme bemüht.

„Von jenseits des Meeres, Mensch! Ich bin gekommen um dich zu holen! Mit Gold und Silber werde ich entlohnt für diese Mühsal!“

„Oh, wehe mir! Du willst mich über das Meer verschleppen! Halte ein, ich gebe dir mehr Gold und Silber als du tragen kannst!“

„Um das Tragen geht es mir nicht, jämmerlicher Mensch, sondern um das Liegen! Es liegt sich gar vortrefflich auf güldenem Geschmeide…“

„Lasse dir gesagt sein das das Reich über schier unerschöpfliche Goldminen und über vortreffliche Goldschmiede verfügt, die dir eine Schlafstatt aus diesem vortrefflichen Erze bauen könnten…“

„Schweig Stille! Ich mag ein wechselwarmes Reptil sein, wankelmütig bin ich indes nicht!“

Betroffen hüllte sich Kaiser Morton IV in Schweigen und ließ sich hängen. Hommington war schon lange hinter ihnen verschwunden und sie flogen über tiefblauem Meer. Nur hier und da war unten ein vereinzeltes Schiff zu sehen. Resignierend ließ Morton sein Zepter fallen, denn er wollte nicht das es im Hort des Drachen endete.

Die Insigne seiner Macht fiel und fiel. Immer tiefer stürzte das aus Platin gefertigte Kunstwerk hinab bis es sich in das Mahagoniedeck der Ozymandias bohrte und dort vibrierend stecken blieb.

Kapitän Theophilus und der Dirigent des Tanzteeorchesters bemerkten nichts davon, denn sie unterhielten sich angeregt über eine irdische Komposition die die Musiker in ihr Programm aufnehmen wollten.

„Diese „elektrischen Gitarren“, wo soll ich sowas herbekommen? Dieses Stück dürfte für uns unspielbar sein!“, beschwerte sich eben der Dirigent und fuhr sich durch die wilde Haarpracht.

„Nehmt doch einfach normale Gitarren, oder Lauten... Mandolinen gingen vielleicht auch noch…“, schlug Theophilus vor, der erpicht darauf war dieses Stück zu hören.

„Na gut… auf einen Versuch kann man es ja mal ankommen lassen….“, meinte der Dirigent skeptisch und ging zu seinem Orchester.

„Käpt’n, Käpt’n!“

Theophilus drehte sich zu seinem Schiffsjungen um, der mit dem Zepter in der Hand auf ihn zukam.

„Was ist das denn, zeig mal…“, der Kapitän ergriff das schwere Zepter.

„Wenn das mal nicht das Zepter des Kaisers ist… wie kommt es bloß auf mein Schiff?“

Auf dem Vorderdeck des Schiffs klopfte unterdessen der Dirigent mit seinem Taktstock auf seinen Notenständer. Die Musiker stimmten ihre Instrumente und der Tenor machte sich für seinen Einsatz bereit. Schließlich hob der Dirigent seinen Taktstock…. Das Tanzteeorchester Hommingtons legte los und nach einer Weile hörte auch Theophilus ihnen zu.

„Wir sind die Herren der Winde!
Wir ziehen fort zum Horizont.
Herren der Winde!
Wir sind die Herren der Winde!
Unser Geist Euch stets bewohnt.
Herren der Winde!“

~*~

Kapitän Theophilus dachte an die kleine musikalische Darbietung zurück. Sommer, Sonne Musik… wie schnell nur war das von Nebel, Mond und Gefahr ersetzt worden! Mit dem Feldstecher beobachtete Theophilus wie Bernadette von Bucklebear und Colonel Caldwell mit dem mysteriösen Fremden sprachen.

Beunruhigt sah er zu wie die drei ein paar Schritte gingen - und dann in gleißendem Licht verschwanden! Der Kapitän senkte überrascht das Fernglas und hob es dann wieder vor die Augen. Die drei blieben verschwunden!

Seltsame Dinge gingen auf dieser Insel vor…

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Kapitel 14 by Terraner
Kapitel 14: Long Before Rock’n‘Roll

Sie entmaterialisierten. Caldwell kannte das Gefühl, denn er war schon öfter per Ringtransporter oder Asgardbeamgerät gereist. Diese Maschine war ein Ringtransporter, das fühlte man auch beim Transport. Es war eine raue, urtümliche Art und Weise des Transports, mit einem antiken Ring-Transporter zu reisen. Caldwell hatte für sich mal die Theorie aufgestellt, das die Ringtransporter eine der ältesten Erfindungen der Antiker gewesen sein müssen. Sie hatten sich den alten Menschheitstraum des (beinahe-)Nullzeittransportes erfüllt, hatten fast platzend vor Erfinderstolz vor dem ersten Ringtransporter gestanden und waren dann weitergegangen, um noch gewaltigere Projekte zu ersinnen. Der unverwüstliche Ringtransporter war für praktisch befunden und von den Antikern immer weiter genutzt und produziert worden. Zwischen den ganzen hochgezüchteten Apparaten der Antiker hatte er bestimmt irgendwann altmodisch gewirkt, aber dieses große Volk hatte ihn behalten, vielleicht aus Nostalgie, vielleicht aber auch um die Erinnerung an ihre Ursprünge als Low Tech Zivilisation nicht zu vergessen.

Sie materialisierten inmitten eines kühlen Ganges. Die Wände bestanden aus bearbeiteten Natursteinen, aus vor sehr langer Zeit bearbeiteten Natursteinen um genau zu sein. Leise
semigregorianische Gesänge erklangen aus einem nahen Raum.

Sie gingen ein paar Schritte, folgten dabei Murdon und kamen schließlich in einen Kreuzgang. Im gepflegten Innenhofe stand eine schneeweiße Alabaster-Statute, die einen imposanten älteren Mann darstellte, der eine alt-lantianische Uniform trug.

Colonel Caldwell fielen Rangabzeichen an ihr auf, die er an den Uniformen der Pegasus-Replikatoren nie gesehen hatte. „Wer ist das?“, fragte er interessiert.

„Das ist Großadmiral Ozymandias, er erteilte vor unerdenklich langer Zeit den Befehl diesen Planeten zu besiedeln. Der Großadmiral stammte aus einer fernen Galaxie und kommandierte die lantianische Flotte die unsere Galaxie besiedelte“, sinnend blieb Murdon vor der Statue des vor langer Zeit verstorbenen stehen. „Dieser Planet wurde als einer der ersten erschlossen und er fiel auch als einer der letzten. Die Wraith bombardierten diese Welt aus Zorn über ihren jahrhundertelangen Widerstand monatelang, nachdem sie die letzten Orbitalfords vernichtet hatten.“

„Wir konnte das überhaupt irgendein Lebewesen überleben?“, fragte Caldwell geschockt. Bernadette schwieg, überwältigt von der ihr bisher unbekannten Geschichte ihrer Heimat.

„In dem höchsten Gebirge des größten Kontinents lag die Kommandozentrale des Planeten, sie überstand als einzige den alles verzehrenden Zorn des Feindes. Ihr steht in ihr, oder besser gesagt auf dem Tarngebäude das über ihren antiken Überresten errichtet wurde.
Nach der Apokalypse gingen die Überlebenden in den künstlichen Kälteschlaf und verbrachten so fünf Jahrhunderte. Sie wollten sicher gehen dass die Wraith diesen toten Planeten vergessen hatten.
Als sie die Tore des Kommandobunkers öffneten, war die Erde wüst und leer. Kein Leben existierte außerhalb der kleinen Insel der alten Zivilisation, die nun von einem wilden Urmeer umgeben war.“

„Und dann habt ihr mit dem Terraforming angefangen“, sprach Caldwell leise den Gedanken aus der ihm gekommen war.

„Ihr vermutet richtig, Fremder. Wir entstaubten die alten Maschinen und machten uns an die Arbeit. Nach sieben Jahrhunderten war das Werk vollbracht und die inzwischen angewachsene Belegschaft der Kommandozentrale siedelte sich auf den verschiedenen Kontinenten an, bewusst auf Hochtechnologie verzichtend, deren Subraumemissionen die Wraith wieder auf diesen Planeten aufmerksam gemacht hätten.“

„Dann sind wir alle Nachfahren von…. Euch?“, fragte Bernadette.


„Ja“, antwortete Eris schlicht. „Nach ein paar Jahrhunderten geriet das Wissen um ihre Herkunft bei den Low-Tech-Kolonisten in Vergessenheit, nur wir vom Drachenorden hielten es in Ehren und hüteten die alten Datenbanken.“

„Wie seid ihr zum Drachenorden geworden?“, wollte Caldwell wissen, dem der Übergang von Antiker-Schaltzentrale zum Reptilienorden nicht recht einleuchten wollte.

„Das ist ganz einfach… die Menschen die den Rat der Inselbewohner suchten begannen uns zu mystifizieren und wir suchten nach einer alternativen Fortbewegungsmethode zum Puddle Jumper… et voila, der Drachenorden war geboren. Merkwürdige Mönche die Drachen züchteten und verehrten wusste natürlich Antworten auf alle möglichen und unmöglichen Fragen… so etablierten wir nach und nach unsere Tarnidentität und widmeten uns nebenbei der bald sehr erfolgreichen Drachenzucht.“

„Seit ihr unabhängig vom Jenseitigen Reich?“

„Das sind wir in der Tat, wir sind eine Insel der Neutralität, wenn man mir das Wortspiel verzeiht. Wir dienen niemanden und geben jedem wissbegierigen Reisenden den Rat den er begehrt. Der Vater eures Kaisers schickte einmal einen Boten zu uns, um zu erfragen wie man einer Hungersnot in seinem Reich begegnen könnte.“

„Er kehrte zurück mit neuem Saatgut, das nicht mehr anfällig gegen die Parasiten war die die alte Ernte vernichtet hatten“, erinnerte sich Bernadette und sah Eris verstehend an.

„Ihr müsst dem Reich erneut helfen, denn der Kaiser wurde gefangen genommen“, forderte Caldwell, „es kann zum Krieg kommen wenn er nicht freigelassen wird.“

„Waren meine Ausführungen nicht ausführlich genug?“, fragte Eris Murdon sanft. „Wir sind neutral, wir dienen niemanden!“

„Aber ihr müsst doch einen Bruderkrieg verhindern wollen! Das will selbst ich, und ich komme von einer anderen Welt.“

„Wir sind neutral… wir waren es immer und werden es immer sein. Reiche kommen und gehen, Schlachten werden geschlagen und Königreiche erobert, wir aber bleiben.“

Verärgert fuhr sich Caldwell durch seine im Rückzug begriffene Haarpracht. Seine Begleiterin spielte nachdenklich mit ihrer Kette. Der Abt erstarrte als er des Anhängers gewahr wurde. Caldwell sah von Bucklebear zu Murdon und wieder zurück.

„Bernadettes Artefakt scheint Euch nicht ganz unbekannt zu sein“, stellte Caldwell trocken fest.

Vögel flogen über den Innenhof und Eris atmete aus. „Dieser Gegenstand ist ein Objekt unvorstellbarer Macht und Schlüssel zu geheimen Wissen.“

„Kommen Sie schon Murdon, wir sind keine ungebildeten Einheimischen!“, sagte Caldwell barsch und handelte sich sogleich einen Ellenbogenstoß von Bernadette ein.

„Au! Ich meine, Sie können sich das Hellseherinnengeschwafel sparen. Was genau ist die Funktion des Auges?“

„Auge?“

„‘Auge des Nordens‘, so nennen es die Priester“, mischte sich Bernadette ein, „es gehört seit unerdenklich langer Zeit zu den Reichskleinodien…“

„Es war quasi vor unseren Augen… all die Jahrhunderte!“, rief Murdon fassungslos.

Der Generalfeldmarschall blickte auf den Gegenstand der Aufregung und wog ihn in der Hand. Ein paar Drachen-Mönche liefen vorbei und warfen im Vorrübergehen neugierige Blicke auf die drei Leute bei der Statue.

„Die… Wraith zerstörten alles. Orbitalforts, Städte und Raumschiffe. Doch ein Raumschiff blieb verschont: Die Privatyacht von Kommodore Sartrus… sie liegt seit tausenden von Jahren in seinem Privathangar, 20.001 Meilen unter dem Meer. Leider ist der Hangar sehr gut gesichert und wenn wir versuchen würden ohne den Impulsstein einzudringen, würden die Abwehrmaßnahmen den beschädigten Hangar zum Einsturz bringen.“

„Das ‚Auge des Nordens‘ ist also nur ein besserer Garagenschlüssel?“, fragte Caldwell etwas enttäuscht.

„Oh, es sind noch eine Taschenlampe und ein Organizer in ihm integriert- doch für uns ist die Hauptsache dass es uns Zutritt zum letzten Raumschiff des Planeten verschafft. Wir brauchen dringend Ersatzteile für unsere alten Maschinen, mit der Raumyacht könnten wir unseren Depots im All einen Besuch abstatten.“

„Falls wir Ihnen den Schlüssel überlassen…“, sagte Caldwell langsam.

„Ich bitte Sie, wie wollen Sie zum Hangar gelangen? Ohne unser Equipment ist das unmöglich! Nein, für Sie hat der Impulsstein keinen Wert.“

„Doch, als Tauschobjekt…“. meinte Bernadette von Bucklebear lächelnd. „was meinst du, Steven? Für das Kleinod könnten wir bestimmt einen Drachen bekommen…“

„Einen Drachen!“, riefen Eris und Caldwell synchron und starten den Generalfeldmarschall an.

„Da die Mönche uns ihre Flugmaschinen nicht überlassen werden, ist ein Drache das Beste was sie uns anbieten können. Die Kerkermeister des Kaisers werden einen Angriff aus der Luft bestimmt nicht erwarten…“

„Man muss ein jahrelanges Training absolvieren um eine Drachen reiten zu können!“, stieß Eris hervor.

„Nun, Steven ist ein sehr begabter Flieger. Er wird sicher auch mit einem Drachen klar kommen…“, meinte Bernadette und lächelte maliziös.

„… und du wirst sicherlich eine gute Co-Pilotin abgeben, Bernadette“, sagte Caldwell im Brustton der Überzeugung und legte Bernadette einen Arm um die Schulter.

Der Abt des Drachenordens sah die beiden konsterniert an, brummte dann etwas und setzte sich in Bewegung. Mit einer Handbewegung wies er sie an ihm zu folgen. Sie liefen zu einem massiven Klosterwand, die auf einen Wink Eris‘ hin im Boden versank. Ein von Fackeln erleuchteter Gang wurde sichtbar, dem sie folgten bis er in eine große Halle mündete.

Die Halle entpuppte sich als Hangar, der nach hinten offen war. Die See, die sie sich an den felsigen Ausläufern der Insel brach, war zu sehen. Aber etwas anderes zog die Aufmerksamkeit der Besucher viel stärker auf sich. Drachen! Große und kleine Drachen lagen wild verstreut auf dem mit Stroh bedeckten Boden und waren von Antikernachfahren umgeben, sie sich hingebungsvoll um sie kümmerten. Einer der Drache, dessen Leib gewaltig war und dessen gold-rote Schuppen glänzten, reckte eben den Kopf und spie eine Flammensäule in die Luft.

„Den will ich haben!“, rief Caldwell, und verbesserte sich dann: „Der scheint für unsere Mission am besten geeignet zu sein.“

Eris Murdon seufzte: „ Draco Rex, die Krönung der Drachenzüchtung und unser bester Drache. Er ist nebenbei bemerkt, mein persönliches Reittier.“

„Na, dann ist er ja schon gut zugeritten“, meinte Caldwell und klatschte in die Hände. Der kleine, Fantasy-Bücher-verschlingende Steven hatte den Colonel verdrängt und die Kontrolle übernommen.

Murdon führte sie weiter in den Drachen-Hangar hinein. „Hier seht ihr ein Exemplar der Art Draco Mani, sie ernährt sich vorwiegend von Tintenfischen… dort sind zwei schöne Tiere der Rasse Draco Malfunctio, sie haben keinen sehr ruhigen Flug, speien dafür aber blaue Feuer.“

„Faszinierend. Unsere Wahl ist aber schon gefallen“; beschied Caldwell dem Abt frohgemut.

Schließlich standen sie vor dem imposanten Drachen, der vorhin Feuer gespien hatte. Er war so groß wie Caldwells Haus, was der Colonel sehr beeindruckend fand.

„Wie heißt er?“, fragte Bernadette von Bucklebear und versuchte sich vorzustellen was das gewaltige Reptil auf dem Schlachtfeld anrichten könnte.

„Roderick“, antwortete Eris Murdon. „Nach einem Admiral, der viele Schlachten gegen die Wraith gewonnen hat.“

„Roderick… ein guter Name“, befand Colonel Caldwell und trat einen Schritt vor. Der Drache, der seinen Namen gehört hatte, wandte sich dem Erdling zu und streckte ihm den Kopf entgegen.

Caldwell blickte in ein Auge, das so groß war wie sein Kopf.

„Seid gegrüßt, Lindwurm!“

‚Warum so förmlich Mensch? ‘, ertönte eine Stimme in des Colonels Kopf.

„Ich habe ehrlich gesagt noch nie mit einem Drachen gesprochen.“

‚In dem Fall war es eine weise Entscheidung, vorsichtig zu beginnen. ‘

„Danke… du benutzt Telepathie, oder?“

‚Ja… das hast du erstaunlich schnell erkannt. Ich treffe nicht oft Besucher, aber die die ich sehe sind oft sehr überrascht das ich ‚reden‘ kann. ‘

„Nun ich nicht, denn…‘

Bernadette und Eris sahen zu wie Colonel Caldwell sich in ein Gespräch mit dem mächtigen Drachen verstrickte. „Hatte er schon früher mit Drachen zu tun?“, fragte der Abt erstaunt.

„Soweit ich weiß ist das sein erstes Gespräch mit einem derartigen Reptil. Auf seiner Heimatwelt gibt es keine Drachen.“

„Hm! Normalerweise ist Roderick ein schwierige Charakter, ich bin erstaunt das er sich so schnell mit Eurem drachenunkundigen Freund anfreundet…“

„Eifersüchtig?“, wollte Bernadette schmunzelnd wissen. Sie nahm die Kette mit dem Auge des Nordens ab und hielt sie ruhig in der Hand.

Widerstrebend warf Eris Murdon einen Blick darauf. Klar, sein Orden war seit Ewigkeiten auf der Suche nach dem Impulsstein, aber es tat weh seinen Lieblingsdrachen dafür hergeben zu müssen.

Während der Abt mit sich rang ob er den Handel wirklich schließen sollte, unterhielt sich der Colonel immer angeregter mit dem Drachen.

‚Ich will Gesang, Kampf und Schlacht! Mein Herz dürstet nach der Hitze des Gefechtes, nach dem Ruhm der nur im Krieg gewonnen werden kann!‘

„Dann habe ich ein Angebot für dich, das dich interessieren dürfte…“, meinte Caldwell und erzählte Roderick von ihrem Plan den Kaiser zu befreien- mit Hilfe des Drachen.

Der gewaltige Drache war sofort Feuer und Flamme, stellte aber eine Bedingung: ‚Ich muss erst herausfinden ob du auch das Zeug zum Drachenreiter hast…‘

„Ich bin bereit für jede Prüfung“, behauptete Steven Caldwell, der spürte dass es nun kritisch wurde.

‚Spring auf! ‘, forderte Roderick und entfaltete seinen rechten Flügel so, das er einen Aufstieg ermöglichte. Ohne sich langes Nachdenken zu gestatten, machte sich der Airforce-Colonel an den Aufstieg. Er stolperte fast über einen dicken Muskel, aber dann saß er fest im ledernen Sattel des Lindwurms.

„Hey!“, Murdon starrte die beiden an. „Der Handel ist noch nicht…“

Der Drache wartete nicht darauf dass der Abt zu Ende sprach, zu stark war sein Wunsch sich in die Lüfte zu erheben und den forschen Fremden zu testen. Er richtete auf und legte die Flügel an. Dann lief er los. Es war eigenartig einen Drachen laufen zu sehen, dabei verrieten diese mächtigen Geschöpfe deutlich dass sie eigentlich zum Fliegen geboren waren. Doch Roderick musste laufen um an einen Platz zu gelangen, von dem aus er starten konnte ohne die anderen Drachen zu gefährden. Endlich kam er zu der freien Fläche kurz vor dem Ende des Hangars und sprang hoch. Sie flogen aus dem Hangar und rasten einen Moment durch die Luft, dann setzte der Drache zu einem Sturzflug Richtung Ufer an.

Caldwell umschlang den Kopf des Drachen mit beiden Armen, der darauf hin dröhnend lachte. In der letzten Sekunde entfaltete Roderick seine ledrigen Schwingen. Abrupt wurde ihr Fall gestoppt und mit kräftigen Flügelschlägen arbeitete sich der Drache nach oben. Immer weiter stiegen sie hoch und bald konnte Caldwell das Drachenkloster von oben sehen. Mehrere stattliche Steingebäude, die sich um einen großen Turm scharten. Caldwell schätzte das man in dem Turm wohl die oberen Etagen des Mittelturms von Atlantis unterbringen konnte. Der Colonel wurde aus seinen Überlegungen gerissen, als der Drache sich seitwärts legte und eine scharfe Kurve flog.

Caldwell schluckte, doch er blieb ruhig. Er hatte genügend Flugerfahrung mit Kampfjets gesammelt um sich von solchen Manövern nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Das einzige was ihm zu schaffen machte war die Tatsache das er nicht gut angeschnallt in einem Cockpit saß sondern auf einem Drachen, den er nicht steuern konnte.

Wobei, in den Fantasygeschichten hatten die Drachenreiter ihre Drachen doch auch gelenkt…

„Roderick, ich…“, das Reden fiel ihm aufgrund der hohen Geschwindigkeit schwer, deswegen verlegte sich Steven aufs intensive Denken.

‚Roderick, würde es dir etwas ausmachen einen Abstecher zur Bucht zu machen? Dort liegt ein Schiff das ich mir gerne ansehen würde. ‘

‚Aber gerne Sir Steven…‘, antwortete die Gedankenstimme Rodericks.

Caldwell hätte schwören können, das sich der Drache über seine Vorsichtigkeit amüsierte. Er stutzte: ‚Woher weißt du das ein Sir bin? Das habe ich doch gar nicht erzählt…?‘

‚Ich kann Gedankenlesen, schon vergessen? Durch deine starken Emotionen beim Start konnte ich einen guten Blick in deinen Kopf werfen…‘

‚Das kann ja heiter werden…‘, dachte Caldwell und seufzte.

‚Da bin ich fest von überzeugt! ‘, versicherte ihm Roderick und flog auf die Bucht zu.


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Kapitel 15 by Terraner
Kapitel 15: Airborne

Caldwell fühlte die Muskeln des Drachen unter sich arbeiten, er spürte die rohe Kraft des Reptils und den Geist der diese Kraft sinnvoll und genau abgemessen einsetzte. Das starke Emotionen den telepathischen Fluss verbesserten, konnte nun auch Caldwell hautnah miterleben. Roderick flog für sein Leben gern, und die Möglichkeit ein wenig vor seinem neuen Reiter anzugeben, erfüllte ihn zu Caldwells Amüsement mit animalischer Freude.

Sie hatten waren in einem Halbkreis über die Insel geflogen, nun konnten sie die Bucht unter sich sehen und ... winzig klein- die Ozymandias, das Schiff Käpt’n Theophilus’. Roderick brüllte vor Vorfreude, legte dann die Flügel an und schoss im Sturzflug auf das Schiff zu.
Steven Caldwell presste dem wilden Lindwurm die Beine in die Flanken. „Yeahaaaa!“

Blitzschnell raste das Duo auf die Planken des stolzen Dampfschiffes zu. Theophilus stand mit seiner Flinte auf dem Vordeck, die Mitglieder des Orchesters sprangen schon von Bord. Ungefähr in dem Moment, in dem sich die Augen des Kapitäns vor Erstaunen weiteten weil er Caldwell auf dem Drachen erkannte, drehte Roderick ab. Die dadurch erzeugten Turbulenzen wehten Theophilus fast vom Deck, doch der erfahrene Seemann hielt sich an der Reling fest.

„Bei allen Seegöttern!.“, stieß der Offizier aus, als Roderick neben dem Schornstein in der Luft schwebte. „Bitte um Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen!“

„Erlaubnis erteilt“, sagte Theophilus mit matter Stimme. Caldwell sprang vom Drachen auf die Schornsteinleiter und kletterte behände herab. Er sprang elegant aufs blankgeschrubbte Deck und ging die paar Schritte zum Kapitän.

„Darf ich vorstellen: Roderick! Er wird uns bei der Rettung des Kaisers helfen!“, erklärte der Colonel und wies auf den gold-roten Drachen, der nach ein paar Flügelschlägen zum Strand flog und landete.

„S-Sehr erfreut, Roderick“, meinte Theophilus mit mächtigem Respekt der Kreatur gegenüber und fuhr sich über die Stirn.

‘Die Freude ist ganz meinerseits’, antwortete der Drache und blies amüsiert zwei kleine Flämmchen aus seinen Nüstern.

„Der Drache!“

„!kann sprechen, ja“, vollendete Caldwell den Satz des Kapitäns.

„Nun, dann braucht ihr uns ja nicht mehr, oder?“

Die Matrosen waren damit beschäftig die Musiker wieder an Bord zu holen, die schon geretteten betrachteten erschöpft, ein wenig verschreckt und neugierig die beiden Männer.

„So würde ich das nicht unbedingt sagen!“, schmunzelte der Airforce-Colonel.

Er bemerkte Unruhe am Strand: Der Drachenabt und zwei seiner Mönche waren zusammen mit Bernadette im Kreis des Ringtransporters erschienen. Die beiden Mönche hielten mehrere Gegenstände in ihren Händen.

Theophilus befahl seinen Matrosen ein Beiboot zu Wasser zulassen und ließ sich gemeinsam mit Colonel Caldwell zum Strand übersetzen. Theophilus begrüßte Bernadette herzlich und die anderen mit Respekt.

„Steven, Abt Murdon und ich haben den Handel abgeschlossen! die Mönche überlassen uns den Drachen und eine genaue Karte der Küste des Jenseitigen Reiches im Tausch gegen das „Auge des Nordens“. Die Frage ist bloß wie wir den Drachen auf der Ozymandias unterbringen sollen!“

Der Kapitän überlegte nicht lange: „Wir dürfen genug Platz auf dem Vordeck haben, wenn wir das Zelt des Tanzteeorchesters abbauen! und wenn wir das Orchester selber und ihre ganze Ausrüstung auf der Insel zwischenparken, könnte es auch gewichtsmäßig passen.“

„Ein Orchester? Auf unserer Insel?“, fragte einer der Mönche wenig begeistert.

Der Abt gebot ihm zu schweigen: „Das brächte mal ein wenig Abwechslung ins öde Klosterleben! wir brauchen ihnen die spezielleren Räume ja nicht zu zeigen.“

„Wie sieht es aus mit Waffen? Kanonen, Büchsen!“, fragte Bucklebear.

„Militärische Hardware!“, ergänzte Caldwell Bernadette.

Eris Murdon verzog das Gesicht: „Wir können euch keine hochentwickelten Waffen geben und was die Primitivwaffen angeht: Solche Dinge besitzen wir nicht.“

„Wir haben noch die goldene Kanone, die uns der Sultan von Lampukistan geschenkt hat! sie verstaubt seit einer halben Ewigkeit im Lagerraum“, schlug einer der Mönche vor.

„Das ist eine Zierwaffe- vermutlich fliegt sie nach zwei Schüssen auseinander!“, gab Murdon zu bedenken.

„Ein Kanone die zwei Schüsse abgeben kann ist besser als gar keine Kanone!“, sagte Generalfeldmarschall von Bucklebear.

„Wenn Ihr meint! Ignatius, Holofernus! Holt das gute Stück doch her. Bringt ein paar der straußeneigroßen Diamanten mit, die geben bestimmt gute Kanonenkugeln ab.“

Die beiden Mönche verschwanden Richtung Ringtransporter, nicht übermäßig von der Aussicht angetan eine schwere Kanone herschleppen zu müssen.

Bernadette von Bucklebear, Colonel Caldwell, Murdon und Roderick unterhielten sich noch eine Weile am Strand. Währenddessen organisierte Theophilus den Transport der Orchestermusiker an den Strand und den Abtransport ihres Equipments. Mehrere muskulöse Mönche erschienen bald mit der Kanone am Strand und stellten sie dort mit den Diamanten zusammen ab.


2 Stunden später:

Es wurde Abend und die Schatten der drei Menschen auf dem Achterdeck immer länger. Der Generalfeldmarschall hatte seine Haare zusammengebunden und stützte sich auf der Karte ab, sodass sie nicht vom zweckentfremdeten Cocktailtisch rutsche. Kapitän Theophilus hatte die Arme hinter seinem Rücken verschränkt und Caldwell fuhr mit seinem Finger die auf der Karte abgebildete Küstenlinie entlang.

„Hier liegt Huazuazü, das bedeutet dass diese namenlose Insel vor der Küste die Teufelsfestung beherbergen muss!“, führte Caldwell aus und zeigte auf die Karte.

„Mich würde es nicht wundern wenn sie nie erobert wurde. Sie ist für Landstreitkräfte nahezu uneinnehmbar“, stellte der Generalfeldmarschall fest. „Auch vom Meer aus dürfte es sehr schwer bis unmöglich sein sie erfolgreich zu attackieren.“

„Zum Glück haben wir dank Roderick eine dritte Option: Aus der Luft anzugreifen.“

„Wir haben nur einen Drachen. Die Leute die in dieser Festung sitzen haben... wie viele?“, fragte Theophilus besorgt.

„Genug um uns Probleme zu machen, fürchte ich!“, sagte Bernadette und trommelte verärgert mit ihren Fingern auf den Tisch. Caldwell wandte sich an Roderick: „Hast du eine Ahnung was für Drachen uns dort erwarten?“

Der Drache schnaubte: ‘Es sind Geheimdienstdrachen! ich würde vermuten das sie eher Draco Minor sind als Draco Major!“

„Wir kennen uns mit den Drachenkategorien nicht so aus, könntest du uns auf die Sprünge helfen?“, bat Bucklebear.

Roderick musterte die uniformierte Dame amüsiert: ‘Ich dachte Ihr Menschen wachst irgendwann aus dem Alter heraus in dem ihr an Hüpfspielen gefallen findet.’

Caldwell konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, riss sich aber schnell zusammen: „Ihr wisst wie das gemeint war, Roderick.“

‘Nun, die Mönche haben die Drachen in zwei Kategorien eingeteilt: Minor und Major. Die Drachen der Kategorie Major sind groß, stark und haben einen beachtliche Flügelspannweite. Sie werden im Jenseitigen Reich vom Militär eingesetzt, um die Zivilbevölkerung ruhig zu halten, Feinde des Reiches zu vernichten und Feuer und Schwefel auf ausländische Städte regnen zu lassen.’

Ein paar Möwen flogen kreischend vorbei, als Bernadette und die Männer versuchten sich die Verheerungen vorzustellen die solche Drachen in der Lage waren anzurichten.

‘Ich bin selber ein Draco Major, aber ich kann Euch versichern dass ich noch nie eine Stadt verwüstet hat. Es ist doch wesentlich erquicklicher Hirsche zu jagen. Gerüchteweise soll der Kaiser des Jenseitigen Reiches auch einen Draco Major haben, und zwar als persönlichen Reitdrachen. Wie dem auch sei, der Geheimdienst wird vermutlich nur Drachen der Kategorie Draco Minor in seinen Diensten haben. Diese kleinen, flinken Biester sind viel besser für geheime Aufträge und Spionagemissionen geeignet.’

„Also müssen wir uns nur gegen kleine Drachen zur Wehr setzen.“

‘Gegen viele, sehr bösartige kleine Drachen UND die Wächter der Festung. Ich bezweifle das man Euch einfach so zur Zelle eures Kaisers marschieren lässt.’

Generalfeldmarschall Bernadette von Bucklebear umfasste unwillkürlich den Griff ihres Rapiers fest. „Scheint fast so, als ob wir einen verdammt guten Plan brauchen um seine Majestät Morton IV zu befreien.“

‘In der Tat’, stimmte Roderick zu und entblößte seine Zähne auf eine höchst furchterregende Art und Weise. Die drei zuckten zusammen, entspannten sich aber schnell, als sie nur gut gelaunte Gedanken von Roderick empfingen. Offensichtlich wurden sie Zeuge eines Drachenlächelns und nicht einer Drohung.

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Steven wälzte sich unruhig in seinem Bett. Er hatte sich schon lange an den beständigen Seegang gewöhnt und nahm das monotone Rauschen des außerirdischen Meeres gar nicht wahr. Etwas anderes machte im zu schaffen, genauer gesagt zwei andere Dinge: Das erste war die Rettung des Kaisers. Er war nach wie vor entschlossen Morton IV gemeinsam mit Bernadette zu retten. Ihm erschien es aber, als ob die Dinge immer komplizierter wurden je näher der Tag der Entscheidung rückte. Bald, ja, bald würden sie vor dieser Insel kreuzen. Aber was dann? Einfach mit dem Drachen angreifen. Zu zweit gegen eine ausländische Festung voller Drachen und hartgesottener Kämpfer?
Das war doch Wahnsinn! Die Hybris eines Colonels, der sich mit einer vagen, märchenhaften Vorstellung einer Monarchenrettung in eine Unternehmung gestürzt hatte, die ihn schon mehr als einmal fast Kopf und Kragen gekosten hätte.
Was hätte General Landry wohl dazu gesagt? Caldwell stöhnte im Halbschlaf.

Und dann noch der Drache! Herr Caldwell wollte sich also bereits nach dem ersten Flug mit einem unberechenbaren Aliendrachen in einen tödlichen Kampf stürzen? Herr Caldwell hatte wohl ein Rad ab! Roderick war ein Drache, fast ein wildes Tier und Caldwell konnte sich nicht so auf ihn verlassen wie er sich auf die Daedalus hätte verlassen können.

‘Ich kann dich hören!’

„Was?“

‘Starke Emotionen, starke telepathische Verbindung! schon vergessen?’

Colonel Caldwell drehte sich auf den Bauch und bedeckte seinen Kopf mit dem Kopfkissen. Er wollte weg von hier!

‘Habe ich mir wirklich so ein Weichei als Reiter aufgehalst?’, fragte Roderick spöttisch.

Caldwell unterdrückte mit einiger Mühe einen Fluch, in dem Wissen das nebenan Bernadette von Bucklebear schlief.

‘Ich glaube ich habe gerade ein paar neue Worte gelernt!’

Das reichte! Caldwell sprang aus dem Bett und warf sich einen karierten Morgenmantel über, den vermutlich die vormalige Bewohnerin der Kajüte ebendort gelassen hatte. Er stürmte aus seiner Kabine und schloss mit ein bisschen mehr Kraft als nötig gewesen wäre die Tür. Sir Steven Caldwell eilte mit wehendem Morgenmantel durch den Korridor, kam bald aufs Deck und marschierte an einer Nachtwaffe vorbei zu Roderick, der scheinbar friedlich auf dem Vorderdeck lag.

Das geschuppte, urtümliche Reptil lag vor ihm und verätzte mit seinen Atemdünsten das Mahagonideck. Die klugen Augen öffneten sich und sahen den Colonel an, der mit verwuschelten Haaren vor ihm stand, offensichtlich nicht in der besten motivationstechnischen Verfassung.

Ohne seine Mund zu öffnen schickte ihm Steven die Selbstvorwürfe die ihn seit dem Tod seiner beiden Marines quälten, seine Selbstzweifel und seinen Ärger über die eigene Unruhe und Ratlosigkeit. Roderick empfing den emotionalen Schwall ohne mit der stahlharten Wimper zu zucken.

‘Weißt du was Eris immer tat wenn er nicht weiter wusste? Er flog mit mir!’, sendete Roderick und breitete Sache seinen Flügel aus.


Widerwillig setzte sich Caldwell in den Sattel. Verärgert über sich selbst, dass er Roderick so viel von sich selbst offenbart hatte, schwieg er. Der Drache stieß sich vorsichtig vom Deck ab und flog los. Mit sachten Flügelschlägen, um die Besatzung der Ozymandias nicht aufzuwecken, bewegte er sich erst weg und stieg dann höher Dort gab er alle Zurückhaltung auf und flog mit mächtigen Flügelschlägen weiter.

Caldwells Füße, die nur in Schlappen steckten, wurden zwar kalt, doch der Colonel beachtete sie nicht. Es war eine sternenklare Nacht. Tausende Sterne glitzerten am samtschwarzen Firmament, hier und da prangte ein ferner Weltraum-Nebel am Himmelszelt.

Der Drache zog seine ruhigen Bahnen in einer Höhe, die Caldwell den Eindruck vermittelte durch die Sterne zu ziehen. Es war fast Vollmond und das Licht des Trabanten warf seinen silbernen Schein auf die endlos erscheinende See. Die Ozymandias kreuzte im unwirklichen Licht, winzig und klein.

Caldwell atmete tief ein und aus. Die Luft war kalt hier oben, sein Morgenmantel flatterte im Flugwind und doch! Steven fühlte sich eigenartig als er die Atmosphäre dieser nicht mehr ganz so fremden Welt durchflog. Ein! Gewicht schien sich von ihm zu lösen und ein unerkanntes Gefühl von Leichtigkeit überkam ihm, aber auch ein Gefühl von Erfurcht für die Größe des Abenteuers auf das er sich eingelassen hatte.

‘Bereust du es immer noch?’

‘Bei Gott, ich bereue es nicht!’, dachte Caldwell intensiv. Er schmiegte seine Beine an den Hals Rodericks, allerdings nicht um ihn zu bewegen schneller zu fliegen, sondern um sich zu wärmen.

‘Möchtest du die Teufelsfestung sehen?’, fragte Roderick eine unmessbare Zeitspanne später. Caldwell riss sich vom atemberaubenden Panorama los. ‘Gerne. Aber lass uns Abstand halten, damit uns niemand bemerkt.’

‘Ich wollte eigentlich flammenspeiend mittenrein fliegen!’, rief Roderick mental, doch Caldwell merkte das der mächtige Drache scherzte. Mit kräftigen Flügelschlägen machte sich Roderick auf den Weg. Caldwell hatte hier oben kein rechtes Gefühl für die Zeit, aber er sah das sich der Mond ein ganzes Stück tiefer als am Beginn ihrer Exkursion stand, als sie die Lichter in der Ferne aufglimmen sahen.

‘Sie unterhalten kein Leuchtfeuer für die Schiffe, doch das Licht ihrer Hallen ist weithin sichtbar. Sie leben sorglos, denn hier droht ihnen keine Gefahr. Das Ausland ist weit entfernt und die Seeleute halten sich fern von dieser Gegend. Sie gilt als verflucht’, der Drache schnaubte, ‘Seemänner sind ein abergläubisches Pack.’

Caldwell sagte nichts dazu, er sah nur angestrengt zu den Lichtern hinüber. Er wünschte sich ein Fernglas in die Tasche des Morgenmantels gesteckt zu haben und lächelte kurz darauf aufgrund der Torheit dieses Wunsches. Als er aufstand, hatte er nicht geahnt dass er kurz darauf einen Erkundungsflug unternehmen würde.

Irgendjemand feuerte in der Festung eine Rakete ab, als sie zerbarst erleuchtete sie für ein paar Sekunden die Festung.

‘Mit diesen Raketen kommunizieren sie mit nahen Posten! es ist bequemer eine Feuerwerksrakete zu nutzen als einen Drachen loszuschicken’, erläuterte Roderick.

„Ich habe genug gesehen“, sagte Caldwell leise. Der Anblick der kurz beleuchteten Festung hatte sich auf seine Netzhaut gebrannt. Als Roderick aufhörte zu kreisen und sich auf den Weg zurück zum Schiff machte, begann Caldwell zu überlegen. Roderick stieg alsbald in seine taktischen Überlegungen ein und als sie das Schiff erreichten, das durch die Morgendämmerung dampfte hatten Caldwell und Roderick schon einen gewagten Plan entworfen!.

Fortsetzung folgt...
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