Als Weihnachten ausfiel by Astra
Summary: Außergewöhnliche Umstände führen dazu, dass dieses Jahr Weihnachten wohl ausfällt. Nur außer Jack scheint das niemand zu bemerken…
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Friendship, General, X-Mas
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 3955 Read: 2773 Published: 12.01.12 Updated: 12.01.12

1. Kapitel 1 by Astra

Kapitel 1 by Astra
Author's Notes:

Anmerkungen: Mal eine ganz neue Herangehensweise: Zuallererst fiel mir der Titel ein. Die Geschichte habe ich dann sozusagen drumherum geschrieben *g*

Spoiler: „Urgo“, „Affinität“
Als Weihnachten ausfiel


Jack pfiff fröhlich „Jingle Bells“ mit, das von der CD tönte. Er öffnete den Backofen und goss noch einmal Wasser nach. Als er ins Wohnzimmer ging, um schon mal die Kerzen anzuzünden, wechselte die Musik zu „Chestnuts roasting on an open fire“. Er setzte sich einen Moment, um der ruhigen Melodie zu lauschen. Seine Augen schweiften umher. Yep, alles war perfekt. Der Weihnachtsbaum erstrahlte in hellem Glanz, das Kaminfeuer flackerte, die Socken mit den Namen seiner Freunde waren gefüllt und im Backofen brutzelte ein fetter Truthahn.

„…everybody knows a turkey and some Mistletoe help to make the season bright…”

Jack blickte unwillkürlich zur Tür und grinste schelmisch. Sogar einen Mistelzweig hatte er besorgt. Jetzt brauchten seine Gäste nur noch zu kommen. Wie jedes Jahr wollten sie Weihnachten gemeinsam verbringen. Nur Cassie konnte dieses Mal nicht dabei sein, da sie mit einigen Freunden auf einer Reise durch Europa war. Doch sie hatte versprochen, jedem etwas ganz besonders Schönes mitzubringen.



*****



Anderthalb Stunden später waren die Kerzen längst heruntergebrannt und der Truthahn zu Kohle verschmort. Jack begann sich langsam ernsthaft Sorgen zu machen. Zuerst hatte er ihre Verspätung noch auf den heftig fallenden Schnee geschoben. Sam und Daniel mussten schließlich Teal’c im Mountain abholen, und die Straße dorthin war steil und kurvenreich.

Doch trotzdem hätten sie längst hier sein müssen. Er hatte schon einige Male versucht, sie telefonisch zu erreichen. Im SGC kam immer nur das Besetztzeichen, und bei Sam und Daniel zu Hause ging niemand ran. Und obwohl er ihnen schon einige Nachrichten auf der Mailbox hinterlassen hatte, hatte keiner von beiden zurückgerufen. Das war nicht ihre Art, einfach unentschuldigt wegzubleiben. Nicht an einem Tag wie diesem.

Gerade als er die Krankenhäuser durchtelefonieren wollte, erreichte er schließlich Sam auf ihrem Mobiltelefon.

„Carter! Gott sei Dank! Was ist passiert, geht es Ihnen gut? Wo sind Sie?“

„Ich bin bei Mark wie jedes Jahr, aber das wissen Sie doch, Sir!“

„Bei Mark?“ Jack glaubte, sich verhört zu haben. „Aber Sie wollten doch erst morgen fahren? Was ist mit unserem gemeinsamen Essen?“

Es war eine Weile still in der Leitung. Dann kam zögerlich Sams Antwort: „Aber haben wir das denn nicht gestern gemacht? Wir müssen es gestern gemacht haben. Auch wenn ich zugeben muss, mich nicht mehr daran zu erinnern. Waren wohl einige Flaschen Rotwein, oder?“

„Blödsinn, Carter. Der Rotwein steht noch ungeöffnet hier. Und gestern habe ich letzte Besorgungen gemacht wie wahrscheinlich eine Million anderer Menschen auch.“ Jack seufzte kurz, als er an das Menschengewühl in den Geschäften dachte. Er war froh gewesen, als er endlich alles beisammen hatte.

„Sir, schauen Sie mal auf Ihre Uhr“, sagte Sam da plötzlich. Mit dem Telefon in der Hand ging Jack durch den Raum, seine Armbanduhr zu holen. Er musste auf Arbeit dauernd nach der Uhr leben, deshalb trug er privat keine. Die Wanduhr reichte ihm völlig aus. Doch seine Armbanduhr hatte neben einigen anderen Extras auch eine Datumsanzeige, und Jack starrte für einen Moment darauf, bevor er sagte: „Carter, heute ist der 26. Dezember! Aber das ist doch nicht möglich? Wo ist der gestrige Tag hin?“

In Sams Gehirn begann es bereits zu arbeiten. „Sir, ich werde so schnell wie möglich zurückkommen. Ich muss jetzt Schluss machen. Ich melde mich, sobald ich wieder da bin. Bis dann!“

„Bis dann“, antwortete Jack automatisch und legte auch auf. Er fühlte sich ein wenig desorientiert. Ein bisschen war es wie früher, als er noch die Nächte durchgemacht hatte. Dann war es schon mal vorgekommen, dass er aufgewacht war und beim Blick auf die Uhr nicht hatte sagen können, ob es elf Uhr morgens oder abends war. Aber dass ihm ein ganzer Tag abhanden kam? Und nicht nur ihm, sondern offensichtlich auch Carter?

Jack war plötzlich müde. Er hatte sich so auf den Abend gefreut gehabt, und nun, da er sich in Luft aufgelöst hatte, konnte er auch genauso gut schlafen gehen. Er beschloss, das Problem auf morgen zu vertagen, löschte das Feuer und verließ den Raum.



*****



Nach einem kurzen Frühstück entschied Jack spontan, Daniel aufzusuchen. Wenn heute wirklich schon der 27. Dezember war, dann hatte dieser gestern Abend sein jährliches Studienkollegentreffen gehabt, bei dem es immer feucht-fröhlich zuging. Ohne zuerst eine Tasse Kaffee intus zu haben, würde Daniel nicht in der Lage sein, ihm auch nur halbwegs zu folgen. Noch dazu bei einer Sache, die er selbst nicht verstand. Er klingelte gar nicht erst, sondern benutzte seinen Schlüssel. Als der Kaffeeduft begann, die ganze Wohnung zu durchziehen, tauchte ein sehr verschlafen wirkender Daniel in der Küchentür auf.

„Jack?“, fragte er verwundert. „Was machst du denn hier?“ Er hatte seine Brille noch nicht auf und versuchte blinzelnd, die Uhr zu erkennen.

„Schon längst zehn durch, du Murmeltier!“, bekam er zur Antwort, dann reichte Jack ihm eine Tasse mit dem duftenden Getränk. „Vorsicht, heiß!“

Daniel nahm sie, ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und trank langsam mit geschlossenen Augen. Jack wartete geduldig. Er konnte richtig sehen, wie die Lebensgeister in Daniel zurückkehrten. Nach einer Weile setzte der die Tasse ab, sah ihn mit jetzt wacheren blauen Augen an und fragte: „Also, was ist los, Jack? Warum tauchst du hier mitten in der Nacht bei mir auf?“

Jack öffnete den Mund, um zu kontern, dass es nicht mitten in der Nacht, sondern schon fast elf sei, als er Daniel grinsen sah. So grinste er nur zurück und fragte dann: „Sag mal, Daniel, was hast du vorgestern eigentlich gemacht?“

Der stöhnte auf und fasste sich an den Kopf. „Vorgestern? Ich weiß nicht mal mehr, was ich gestern gemacht habe. Du hast nicht zufällig ein Aspirin?“

„Es ist deine Wohnung, Daniel.“

„Ach ja, richtig.“ Daniel erhob sich schwerfällig. „Weshalb willst du das denn überhaupt wissen?“

„Weil wir einen Tag verloren haben!“, platzte Jack heraus.

„Wir haben… Wie meinst du das? – Nein, sag es nicht“, winkte er dann ab. „Ich geh erstmal duschen, dann kann ich besser denken.“

Während Daniel weg war, machte Jack ein paar Toastbrotscheiben warm und bereitete ein kleines Frühstück vor. Als Daniel wiederkam, war er komplett angezogen, und gemeinsam machten sie es sich am Küchentisch gemütlich.

Während Daniel kaute, fasste Jack kurz zusammen: „Ich kann mich nicht an unseren gemeinsamen Weihnachtsabend erinnern, genauso wenig wie Carter. Kannst du es vielleicht?“

Daniel dachte eine Weile nach, dann schüttelte er zögerlich den Kopf. „Nein. Ich erinnere mich auch nicht. Aber ein Tag kann doch nicht einfach so verschwinden?“

„Sagt dir das Wort Tagedieb vielleicht etwas, Daniel?“

„Wa… Was?“

„Schon gut, vergiss es. Ich wollte nur fragen, ist so etwas denn schon einmal vorgekommen? Dass Tage einfach ausfielen?“

„1582“, sagte Daniel automatisch. Auf Jacks verständnislosen Blick setzte er hinzu: „Das war das Jahr, in dem der Gregorianische Kalender eingeführt wurde. Papst Gregor XIII. hatte erkannt, dass der zuvor benutzte Julianische Kalender zu ungenau war. Die Jahre waren zu lang, und so verschob sich der Tag des Primar-Äquinoktiums – äh, der Frühlings-Tagundnachtgleiche immer mehr und damit auch das Datum für das Osterfest…“

„… so dass wir Ostern irgendwann zu Weihnachten gefeiert hätten?“, warf Jack ein.

„So ungefähr, ja. Im Jahr 1582 folgte deshalb auf den 4. Oktober direkt der 15. Oktober, um die Verschiebung wieder auszugleichen. Außerdem wurde die Schaltregel geändert. Nebenbei bemerkt, es gibt noch immer Länder, welche Weihnachten erst im Januar feiern.“

Jack sah ihn mit offenem Munde an. Nur Daniel konnte so einen wissenschaftlichen Exkurs halten und gleichzeitig in seinen Marmeladentoast beißen.

„Schön, aber was machen wir jetzt?“, fragte er nach einer Weile.

„Machen? Was willst du denn machen?“

„Naja, Carter ist bereits auf dem Weg hierher, ich bin sicher, sie wird nicht eher Ruhe geben, bis das Rätsel gelöst ist.“

„Wir sollten vielleicht erst einmal vorsichtig Erkundigungen einholen, ob andere ein ähnliches Erlebnis hatten? Oder ob es nur an uns liegt?“

„Du meinst, Urgo hat wieder zugeschlagen oder irgendsowas?“ Jack dachte nach. Das wäre natürlich eine Möglichkeit.

„Fragen wir am besten zuerst Teal’c!“



*****



Ein paar Stunden später war auch Carter zu ihnen gestoßen, doch sie waren genauso schlau wie zuvor. Teal’c hatte das Lichterfest sehr wörtlich genommen und während der vergangenen Tage eine Unzahl von Kerzen angezündet. Er musste zwar kein Kel’no’reem mehr machen, aber er fand es trotzdem weiterhin entspannend, in die Flammen zu schauen.

So war ihm nicht aufgefallen, dass ihm ein Tag fehlte. Hier unten unter der Erde sah sowieso einer wie der andere aus. Auch von dem wenigen Personal, das über die Feiertage Dienst hatte, war nichts Außergewöhnliches bemerkt worden.

Seit Stunden hockte SG-1 nun schon um den großen Besprechungstisch im SGC, der mit Unterlagen übersät war. Daniel wühlte und suchte anscheinend etwas.

„Vorhin hatte ich es doch hier noch irgendwo…“ Während er weiterkramte, erklärte er: „Vor einigen Jahren begab sich etwas Außergewöhnliches in einem kleinen Dorf, ich glaube in Österreich oder in der Schweiz… Ein kleines Mädchen war an Krebs erkrankt und würde bald sterben. Doch sie wollte so gern noch einmal ein Weihnachtsfest erleben. Aber es war klar, sie würde nicht mehr so lange durchhalten. Also schmückten die Dorfbewohner schon Wochen vorher einen Baum, der Pfarrer hielt einen Weihnachtsgottesdienst in der Kirche, es gab ein Krippenspiel und Geschenke und alles, was zu Weihnachten dazu gehört. Kurz darauf starb das Mädchen. Als dann das Datum des richtigen Weihnachtsfestes heran war und überall anders die Glocken läuteten, blieb es im Dorf dunkel und ruhig. Denn Weihnachten war hier bereits längst vorbei.“

Eine Weile blieb es still nach dieser anrührenden Geschichte. Dann räusperte sich Jack und sagte leise: „Ich glaube nicht, dass das mit unserer Situation vergleichbar ist, Daniel.“

„Natürlich nicht. Ich wollte nur…“

„Schon gut. Sonst irgendwelche Ideen?“

„Käme eventuell eine erneute Zeitschleife in Betracht? Es wäre nicht das erste Mal“, warf Teal’c ein.

„Eine Zeitschleife? Du meinst eine, die am 24. Dezember auf den 26. Dezember des Vorjahres zurückspringt?“, fragte Sam nach. „Das wäre dann aber eine sehr lange Zeitschleife…“

„Außerdem müsste dann ja noch General Hammond hier sein“, setzte Jack hinzu und drehte sich um, um durch die Glasscheibe in General Hammonds Büro zu schauen, das jetzt seins war. Es war wie erwartet leer.

Teal’c hob nur stumm die Schultern.

Jack stand schließlich auf. All diese Grübelei hatte sie keinen Schritt weitergebracht. Es war Zeit, nach Hause zu gehen. Daniel und Sam sahen allerdings nicht so aus, als würden sie so schnell aufgeben. Vertieft senkten sie ihre Nasen in die Papiere und schauten kaum auf, als er sich verabschiedete.

„Also, wir sehen uns dann morgen irgendwann.“

„Morgen früh?“

„Äh, nein, ich hab etwas vor. Fangt ruhig schon mal ohne mich an. Ich komm dann später nach.“

Er winkte ihnen zum Abschied mit einer Hand zu, dann ging er den langen Gang zum Fahrstuhl entlang. Das SGC könnte auch ein paar Tannenzweige vertragen, musste er dabei denken. Teal’c, der arme Kerl, bekam hier unten ja überhaupt nicht mit, dass Weihnachten war. Dieselben grauen Betonwände wie immer. Es tat Jack wirklich leid, dass es nicht geklappt hatte mit Teal’cs eigener Wohnung. Er hätte es ihm gegönnt.

Mit dem festen Entschluss, in Zukunft wieder mehr mit ihm zu unternehmen, stieg Jack in den Fahrstuhl. Seit er General war und das ganze SGC am Hals hatte, war es nicht mehr dazu gekommen. Doch Arbeit war schließlich nicht alles.



*****



Am nächsten Morgen klingelte Jacks Telefon, und Cassie war dran.

„Hab ich dich geweckt? Ich hoffe, ich hab das mit der Zeitverschiebung richtig berechnet?“

„Nein, nein, ich bin schon eine Weile wach. Wie geht es dir? Wo bist du gerade?“

„Wir sind in Frankreich. Du hast ja keine Ahnung, was hier los ist…“

Jack wurde hellhörig. „Was denn?“, fragte er nach.

„Ja, guckst du denn keine Nachrichten? Alle sind in heller Aufregung. Es ist einfach unglaublich!“, sprudelte Cassie heraus. „Ein kompletter Tag, einfach weg! Wie ist so was nur möglich? Weiß Sam schon Näheres?“

„Sie arbeitet noch dran“, erwiderte Jack mechanisch, dann musste er sich erst mal setzen. In Frankreich auch? Und wo noch alles? Das nahm ja ungeahnte Ausmaße an!

Er machte noch ein bisschen Small-Talk mit Cassie, bis die schließlich auflegen musste. Jack wählte sofort neu und erwischte Carter bereits schon (oder immer noch?) im SGC. Er setzte sie über die neuesten Ereignisse in Kenntnis, dann empfahl er ihr, sich einen Fernseher zu besorgen.

Als er schließlich vor die Tür trat, fand er die Straße belebter als sonst. Überall standen die Nachbarn in kleinen Grüppchen und unterhielten sich. Es schien das Thema des Tages zu sein. Zumindest konnten sie damit Urgo ausschließen. In so vielen Köpfen konnte nicht mal der gleichzeitig sein.

Auf dem Weg zu seinem Truck fiel Jack Timmy auf, der Nachbarssohn. Während die anderen Kinder aufgeregt herumrannten, hatte er sich still in eine Ecke gedrückt. Tränen liefen ihm übers Gesicht. An weinenden Kindern konnte Jack einfach nicht vorbeigehen (hoffentlich fanden das niemals die Goa’uld heraus, sonst war er erledigt), und so fragte er ihn leise: „Timmy, was ist los? Was machst du hier?“

„Ich bin an allem schuld!“, sprudelte der Junge aufgeregt heraus, und neue Tränenbäche stürzten herab.

„Na komm. Nun putz dir erstmal die Nase, und dann erzählst du mir von Anfang an, was los ist, okay?“

Timmy schniefte, nahm aber dann das angebotene Taschentuch an. Etwas ruhiger erzählte er: „Ich hab mir gewünscht, dass Weihnachten ausfallen soll. Wenn Mum nicht hier sein kann, dann will ich auch kein Weihnachten haben.“

Jack musste schlucken. Timmys Mutter war vor einigen Monaten an einer unheilbaren Blutkrankheit gestorben. Und irgendwie konnte er Timmy verstehen. Hätten sie doch beinahe letztes Jahr auch ihre Feier ausfallen lassen, weil Fraiser nicht dabei sein konnte. Er war wirklich froh, dass sie es dann doch nicht getan hatten.

„Und jetzt glaubst du, dass irgendjemand dich gehört hat und wirklich Weihnachten hat ausfallen lassen?“

Timmy sah unsicher zu ihm hoch. „Naja, könnte doch sein? Aber das wollte ich nicht, das müssen Sie mir glauben!“

Jack strich ihm übers Haar. „Ich glaube dir, Timmy. Und ich glaube nicht, dass du daran schuld bist. Eine sehr liebe Freundin von mir versucht gerade herauszufinden, was hier gespielt wird. Wenn es soweit ist, sage ich dir Bescheid, okay?“

„Okay!“

„Wo ist denn dein Dad?“, fragte Jack dann.

„Ach, der ist arbeiten. Er hat mir das Essen hingestellt.“

„Hast du Lust, zu deiner Mum zu fahren?“

Timmys Augen strahlten: „Oh ja! Sehr gern!“

„Na dann, hops rein!“ Jack hielt ihm die Autotür auf.

Die Fahrt verlief schweigend. Am Friedhof angekommen brachte Jack Timmy zum Grab seiner Mutter und ging dann selbst einige Reihen weiter. Schon aus der Ferne konnte er sehen, dass an Charlies Grab bereits jemand stand. Jack zögerte kurz, ob er weitergehen sollte. All die Jahre hatten Sara und er an verschiedenen Tagen den Friedhof aufgesucht. Sie vermieden es, sich dabei über den Weg zu laufen. Doch durch die Aufregung der letzten Tage waren sie irgendwie durcheinander gekommen. Er wusste nicht genau, ob der Fehler bei ihm oder bei Sara lag, aber er beschloss, es als Wink des Schicksals zu nehmen und so setzte er langsam seinen Weg fort.

Er beobachtete Sara von der Seite. Sie wirkte nicht traurig auf ihn, nur nachdenklich. Als er nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt war, wandte sie sich um und sah ihm ruhig entgegen. Für einen Moment hatte er befürchtet gehabt, dass sie sich umdrehen und weggehen würde und war nun froh, dass sie blieb. Er nickte ihr zur Begrüßung zu. Irgendwie brachte er es nicht fertig, diese friedliche Stille durch Worte zu stören.

So standen sie eine Weile regungslos nebeneinander. Sara hatte den Schnee vom Grabstein gewischt, und die Buchstaben waren gut zu erkennen. Nur CHARLIE stand da, weiter nichts außer dem Geburts- und Sterbedatum. Sie waren sich beide einig gewesen, es so schlicht wie möglich zu halten.

Eine Kerze flackerte im Wind, und Sara zog ihren Mantel fester um sich. Jack verspürte plötzlich das starke Bedürfnis, den Arm um sie zu legen. Er fragte mit den Augen nach ihrer Zustimmung, und dann standen sie Arm in Arm da, wie sie es früher so oft getan hatten. Damals hatten sie Charlie beim Spielen beobachtet oder wie er voller Begeisterung seine Geschenke auspackte, heute schauten sie auf einen kalten Stein. Und doch war es, als könnte man noch ganz in der Ferne Charlies Lachen hören.

Als plötzlich eine Hand an Jacks Jacke zupfte, glaubte er für einen Moment tatsächlich, dass es Charlie war, der hinter ihm stand. Doch stattdessen sah Timmy zu ihm hoch. „Mir ist kalt, können wir wieder nach Hause fahren?“

„Klar. Sara, das ist übrigens Timmy.“

„Freut mich, dich kennenzulernen“, sagte Sara ernsthaft, während sie sich zu ihm hinunterbeugte. Dann gingen sie gemeinsam zum Parkplatz zurück. Dort angekommen, zögerte Jack einen Augenblick, dann gab er sich einen Ruck: „Wie wäre es, ich lade euch beide zu einer Pizza ein?“

Hoffnungsvoll sah er Sara an. Die spürte, dass es hier um viel mehr als Pizza ging, doch sie musste ablehnen. „Tut mir leid, Jack, ich muss nach Hause.“ Als sie seine Enttäuschung sah, fügte sie im Weggehen hinzu: „Aber vielleicht ein andermal?“

Jack sah ihr nach, bis sie in ihren Wagen gestiegen und weggefahren war. Ein andermal. Es klang wie ein Versprechen. Er fragte sich plötzlich, warum sie das nicht schon längst gemacht hatten. Sara war ein Teil seines Lebens gewesen, und sie würde es auch immer sein. Vielleicht schafften sie es ja, wenigstens wieder Freunde zu werden. Es war schließlich Weihnachten, nicht?

Dann fuhr er mit Timmy zu seinem Lieblingsitaliener und sie verdrückten jeder eine riesige Pizza. Als er den Jungen wieder zu Hause ablieferte, wartete dessen Vater schon auf ihn. „Wo kommst du denn jetzt her? Wo bist du nur gewesen? Ich mag es nicht, wenn du weggehst und mir nicht Bescheid sagst!“

„Ich war bei Mum“, antwortete Timmy leise und sah unsicher zu seinem Dad hoch. Der schluckte schwer. „Na los, geh schon rein“, sagte er dann und fügte an Jack gewandt hinzu: „Vielen Dank, dass Sie ihn nach Hause gebracht haben.“

Damit wollte er die Tür schließen, doch Jack hielt sie mit der Hand weiter auf. „Mr. Hudson, noch einen Moment? Ich… ich weiß, Sie machen im Moment eine schwere Zeit durch. Aber Sie dürfen Timmy nicht allein lassen. Er braucht Sie jetzt.“

Howard Hudson wollte scharf entgegnen, dass das ja wohl seine Sache wäre und dass Jack sich hier nicht einmischen solle und dass er überhaupt nicht wusste, wie er sich gerade fühlte. Aber dann fiel ihm ein, was sich die Nachbarn über diesen Mann erzählten, und er schwieg beschämt. Es war wahr, er stürzte sich nur in seine Arbeit, weil er nicht darüber nachdenken wollte, was mit seiner Frau passiert war. Wie schwer musste es dann erst für ein Kind sein?

„Ich danke Ihnen“, sagte er schließlich, „wirklich.“

Jack hob die Hand zum Abschied und machte sich dann auf den Weg in den Mountain. Er fand Sam und Daniel beim Auswerten irgendwelcher Daten vor. Nichts anderes hatte er erwartet. Nachdem er sie und Teal’c begrüßt hatte, verteilte er an alle mitgebrachte Pizza. Er hatte sich schon gedacht gehabt, dass sie das Essen völlig vergessen würden.

Während sie gemeinsam aßen, stellte er gleich zu Beginn klar: „Keine langen Vorträge bitte. Ich möchte nur die Readers-Digest-Version. Also, was habt ihr?“ Er konnte es in Carters Augen sehen, dass sie irgendetwas auf der Spur war. Dann funkelten sie immer besonders, so wie jetzt zum Beispiel.

Sam leckte sich Tomatensoße vom Finger. „Ich habe ein paar Satellitendaten ausgewertet, zu denen wir Zugang haben. Es hat in letzter Zeit vermehrte Sonnenaktivitäten gegeben…“

„Aber das ist doch nichts Ungewöhnliches?“

„Nein, normalerweise nicht. Aber irgendwie kamen diesmal mehrere Umstände zusammen. Sir, Sie kennen doch sicherlich den Ausdruck ‚der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Taifun auslösen’? So etwas Ähnliches ist hier wohl passiert. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher und muss noch ein paar Simulationen durchführen. Aber ich denke, dass irgendwie eine große Druckwelle auf die Erde traf und sie übermäßig beschleunigte, so dass sie sich schneller drehte als gewöhnlich.“

„So eine Art kosmischer Schluckauf, ja?“

Sam grinste. „So könnte man es auch ausdrücken, Sir.“

Daniel verschluckte sich an seiner Pizza und musste husten. Jack klopfte ihm kräftig auf den Rücken. „Die Goa’uld haben diesmal also nichts damit zu tun?“ Fast war er ein wenig enttäuscht.

„Diesmal nicht, nein.“

„Kann man das vorhersagen? Dann lege ich meinen nächsten Termin, an dem ich im Kongress um Geld betteln muss, auf diesen Tag.“

Bei dieser Aussage zuckten sogar Teal’cs Mundwinkel verdächtig, bis sie schließlich alle in haltloses Lachen ausbrachen.



*****



Die Erklärung mit dem „kosmischen Schluckauf“ wurde ein paar Tage später über alle Medien verbreitet. Unabhängig von Sam waren auch einige andere Wissenschaftler zu diesem Ergebnis gekommen. Es blieben allerdings immer noch einige Fragen. Warum zum Beispiel hatten zu Beginn nur sehr wenige Leute registriert, dass etwas nicht stimmte? Sam vermutete, dass es mit dem Antiker-Gen zusammenhängen könnte, doch da sie damit nicht an die Öffentlichkeit gehen konnte, blieb diese Frage wohl für immer unbeantwortet.

Doch die Erklärung, so ungewöhnlich sie auch war, wurde allgemein akzeptiert. Es gab zwar hier und da noch Diskussionen, doch was sollten die Leute machen? Sie fanden sich damit ab. Wer es nicht schon längst getan hatte, holte das Fest in all seinem Glanz nach. Wie Daniel schon gesagt hatte, gab es weltweit ja sowieso die unterschiedlichsten Termine dafür, also warum nicht mal an einem anderen Tag feiern?

Und ein Gutes hatte die Sache letztendlich doch gehabt. Die Anwohner waren miteinander ins Gespräch gekommen, und einige feierten nun sogar zusammen. Es war, als wäre die ganze Nachbarschaft etwas näher zusammengerückt. Eigentlich schade, dass es erst so einen Anlass dazu brauchte, dachte Jack.

Auch er hatte es geschafft, Sam, Daniel und Teal’c noch einmal bei sich zu Hause zu versammeln, und es war ein fröhlicher Abend geworden. Gemeinsam hatten sie herumgesponnen, welche Tage es viel eher verdient hätten, auszufallen, und viel Spaß bei den immer verrückter werdenden Einfällen gehabt.

Irgendwann spät in der Nacht schaute Daniel auf die Geschenke, welche noch immer unausgepackt unter Jacks Baum lagen.

„Jack?“

„Hm?“

„Wann können wir endlich unsere Geschenke auspacken?“

Jack sah in die erwartungsvollen Gesichter seiner Freunde und grinste dann hinterhältig. „Zu Ostern!“

„Wa… warum denn erst zu Ostern?!“

„Weil dann wenigstens einmal Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen!“

E N D E


End Notes:
(diese FF hat im Dezember-05-Voting den 7. Platz belegt bei 32 Storys)
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