Verloren by Astra
Summary: Jack erkennt, dass er sein Leben verloren hat.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara
Genre: PoV, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 1645 Read: 2191 Published: 11.01.12 Updated: 11.01.12

1. Kapitel 1 by Astra

Kapitel 1 by Astra
Author's Notes:

Anmerkungen: Es ist das erste Mal, dass ich in der Ich-Perspektive schreibe. Aber für diese Story war es die einzige Möglichkeit. Ich kann nicht sagen, wie oft ich schon die Folge gesehen habe und mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, die ich nun aufgeschrieben habe.

Spoiler: „Übermenschen / Tin Man“
Verloren


In dem Moment, als wir den Raum betraten, wusste ich, dass ich mein Leben verloren hatte. Langsam ging ich auf den anderen zu, der ich war. Er lag bewegungslos auf diesem Tisch, doch er war wach. Seine dunklen Augen verfolgten mich. Unsicherheit, Verwunderung las ich darin, auch wenn er sich bemühte, es zu verbergen. Ich kenne ihn. Ich kenne mich.

Im Hintergrund murmelte Harlan eine Entschuldigung, doch ich hörte nicht hin. Ich sah nur den Mann vor mir. Der von nun an alles haben würde, was eigentlich mir gehörte. Mein Leben. Sein Leben. Oh Gott.

Carter hatte inzwischen Teal’c von seinem Knebel befreit.

„Es scheint ihm gut zu gehen“, sagte sie leise.

Ohne zu ihr hinzuschauen würgte ich ein „Das ist schön, Captain“ hervor. Ich musste hier raus. Langsam ging ich zur Tür hinaus, obwohl ich am liebsten gerannt wäre. Es war, als würde eine zentnerschwere Last auf mir liegen. Ziellos lief ich durch die Gänge, bis mich meine Schritte fast wie von selbst zu der Kammer führten, in der Teal’c lag. Der unvollendete Teal’c.

Ich legte meine Hände an die Scheibe und schaute ihn lange an. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging. So fand mich der andere.

„Hör zu… glaub mir, ich bin auch nicht gerade glücklich darüber“, fängt er zögernd an.

Ich drehe mich nicht zu ihm um.

„Kannst du dir wirklich vorstellen, wie ich mich fühle?“ frage ich leise. Kannst du nicht, verdammt! Lass mich einfach in Ruhe!

„Jaja, ähm… schon, im Grunde genommen sind wir doch die gleichen, oder?“

„Und was ist das?“

Wütend zeige ich ihm die blanke Stelle in meinem Gesicht. Ein Andenken an die paar Minuten, als mich Teal’c unter den heißen Dampfstrahl gehalten hatte. Ich war einfach nicht gegen seine übermenschlichen Kräfte angekommen. Doch viel mehr als die Wunde hatte die Tatsache geschmerzt, dass mir das mein bester Freund antat. Etwas, das erkenne ich nun, was der echte Teal’c niemals tun würde.

„Au! Sieht nicht gut aus!“

„Ja!“

Nach einer kleinen Pause fragt er schließlich: „Aber was ist hier passiert?“

„Jemand hat mir mein Leben gestohlen, das ist auch schon alles.“

Ich versuche gar nicht erst, die Bitterkeit in meiner Stimme zu verbergen. Allerdings lasse ich offen, ob mit jemand er oder Harlan gemeint ist.

Seine Antwort kommt schnell und scharf: „Du redest von meinem Leben!“

„Hey! Ich hab darauf dasselbe Recht wie du! Ich hatte gehofft, dass wir eine Lösung finden, wie ich mich wieder in meinem Körper zurückversetzen kann, wo ich hingehöre.“

„Tja, der ist leider schon besetzt, das geht nicht.“

„Hab ich festgestellt. Was wird jetzt aus mir? Was willst du?“

„Naja, die unterhalten sich da draußen über den Sinn des Lebens. Die beiden Daniels finden das faszinierend, die Carters streiten sich natürlich...“

Also, das kann ich mir ja nun lebhaft vorstellen. Für die beiden geht immer erst der wissenschaftliche Aspekt vor. Sie haben noch nicht die Bedeutung dessen, was hier geschieht, erkannt.

„… Teal’c fühlt sich ausgeschlossen. Und wir beide haben auch noch’n paar Dinge zu klären.“

Ich kann mir schon denken, was das ist. „Ich werde nicht darüber diskutieren, wer von uns beiden zurückgeht, falls du das meinst“, sage ich müde.

Das überrascht ihn anscheinend: „Tja, danke!“

So ganz scheint er mir wohl nicht zu trauen. „Das hat nichts mit Großzügigkeit zu tun, glaub mir. Ich kann bloß nicht zurück. Wenn es so wäre, müsste die Geschichte anders aussehen!“

Ich werfe ihm einen flüchtigen Blick zu und sehe, dass er verstanden hat. Er kennt mich ebenso gut wie ich ihn. Und er weiß wie ich, ich werde nie wieder zurückkehren. Nie mehr so simple Freuden wie ein saftiges Steak und ein kühles Bier genießen. Nie wieder meinen geliebten See in Minnesota sehen. Nie mehr das Grab meines – seines – Sohnes besuchen können. Der Gedanke daran nimmt mir fast die Luft zum Atmen.

Nicht, dass ich oft da gewesen wäre. Ich kann einfach nicht. All der Schmerz, all die Selbstvorwürfe werden dann übermächtig. Überall anders kann ich vor ihnen fliehen, aber nicht dort. Trotzdem ist es gut, etwas zu haben, an dem man sich festhalten kann. Wieviele andere Eltern haben nicht einmal ein Grab?

Ich will kein Verständnis, ich will mein Leben zurück! Als wir heute morgen alle in der Arrestzelle eingeschlossen waren – von unseren eigenen Leuten! – hatte ich befürchtet, nicht mehr für das SGC arbeiten zu dürfen. Jetzt wäre ich schon froh, überhaupt noch einmal einen Fuß auf die Erde zu setzen mit ihrer frischen Luft, blauem Himmel, selbst stürmischem Wetter. Hier gibt es nur endlose metallene Gänge. Ich fühle mich jetzt schon wie eingesperrt. Wie soll ich das nur die restlichen paar tausend Jahre meines Lebens aushalten?

Aber er scheint noch etwas anderes auf dem Herzen zu haben.

„Gut, dann ist da nur noch ein Punkt, der zu klären ist. Du weißt alles, was ich über die Erde weiß. Codes, Abwehrsysteme…“

„Ooh…“ Ich seufze theatralisch und verdrehe die Augen. Also wirklich. Er sollte mich doch wohl gut genug kennen, um zu wissen, dass ich niemals… „Wir werden das Stargate schließen, keine Sorge. Und kommt nicht auf die dumme Idee, uns ’ne Bombe zu schicken!“

Das hat gesessen.

Natürlich versucht er sich rausreden: „Das mache ich nicht!“

„Doch, das machst du! Ich kenn dich!“ Eine Weile starren wir uns wütend an. Dann gibt er nach.

„Ah. Schon gut. Du hast mein Wort, Colonel.“

Das letzte hat ernsthaft geklungen. Colonel. Ich lausche dem vertrauten Wort nach. Aus, vorbei.

„Nenn mich Jack“, antworte ich müde.

In diesem Moment hören wir von fern Harlans klägliche Stimme: „Colonel O’Neill?“

„Ach zum Teufel mit ihm!“

Wir sagen es beide zur gleichen Zeit und im gleichen Tonfall. Schauen uns überrascht und auch ein wenig belustigt an. Ich zucke mit den Schultern.

„Ich kümmer’ mich darum…“

Ich werde für den Rest meines Lebens mit diesem nervigen Kerl hier festsitzen; besser, ich gewöhne mich schon mal dran.



*****



Und nun stehen wir hier alle vorm Tor. Es herrscht eine seltsame Stimmung, niemand weiß so recht, was er sagen soll. Wie verabschiedet man sich von sich selbst?

Ich wende mich meinem anderen Ich zu. Dem Original, dessen Kopie ich nur bin. Es ist zum Verrücktwerden.

Er erinnert mich noch einmal daran, das Stargate zu bla bla… Noch ein paar leere Floskeln, dann sind sie verschwunden und das Tor liegt ruhig wie zuvor.

Wir stehen noch eine Weile still beieinander. Sogar Harlan ist ruhig. Es ist so unfair. So verdammt unfair.

Wenn ich mich nur nicht so menschlich fühlen würde. Konnte Harlan nicht auch noch die Gefühle abstellen, als er uns zu Robotern machte? Bis zu dem Zeitpunkt, als Dr. Fraiser bei mir keinen Herzschlag fand, hatte ich mich völlig normal gefühlt.

Okay, ich hätte drauf kommen können, als ich mal eben so im Kopf 99.207.000 Stunden in rund 11.000 Jahre umrechnete, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich wirklich wichtigere Sorgen.

Aber als ich dann dieses weiße Zeug sah, das aus meinem Arm kam, und die ausgeklügelte Mechanik unter meiner ‚Haut’, da wurde mir fast übel. Fraisers entsetzten Blick werde ich nie vergessen.

Fraiser. Ich werde sie vermissen. Und Hammond. Und all die anderen. Es tut weh, nicht mehr dazuzugehören. Wir hatten nicht einmal genug Zeit, uns zu verabschieden. Es ging alles so schnell.

Und es tut weh, dass sie uns nicht in dem gleichen Maße vermissen werden wie wir sie. Sie werden ihr Leben einfach weiterleben wie bisher. Denn sie haben ja die anderen. Und wir haben gar nichts. Nur den nervigen Harlan mit seinem ewigen „Comtraya!“.

Doch halt, das ist falsch. Wir haben immer noch uns. Langsam drehe ich mich zu meinem Team um. Es wird immer mein Team bleiben, solange ich lebe. Carter – nun für immer Captain ohne jede Chance auf Beförderung. Und Daniel, der seine Sha’re wohl niemals wiedersehen wird. Wir alle haben etwas verloren, das uns wichtig war. Das schweißt zusammen.

Harlan kommt näher. Langsam, zögerlich. Er versucht schuldbewusst auszusehen, aber so ganz wird er wohl nie verstehen können, was er uns genommen hat. Doch er bringt uns eine erfreuliche Nachricht: „Teal’c ist jetzt fertig“, sagt er unsicher.

Kaum dass er ausgesprochen hat, stürme ich los. Die anderen hinterher. ‚Teal’c ist fertig’ hämmert es in meinem Schädel. Wir werden wieder komplett sein. Wir werden alle zusammen sein. Auch wenn es nie mehr so sein wird wie vorher.

Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht schon wieder Zukunftspläne schmieden würde. Carter – obwohl, jetzt kann ich sie eigentlich auch Sam nennen, oder? – ist clever. Vielleicht findet sie ja eine Möglichkeit, dass wir unabhängig von der Energiequelle werden, die uns hier festhält. Batterien oder so was. Und dann werden wir vielleicht sogar wieder in der Lage sein, durchs Tor zu gehen. Der Gedanke daran elektrisiert mich.

Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, wir würden das Tor verschließen, aber ich habe schon öfter Versprechen gebrochen, die ich mir selbst gegeben hatte. Da kommt es auf eins mehr nicht an. Wir können hier unser eigenes SGC erschaffen. Wir können alles, wenn wir nur wollen. Wir werden Ruinen für Daniel finden und technische Spielereien für Carter.

Denn es ist das einzige, das uns noch geblieben ist. Und wir haben alle Zeit der Welt.

Wir haben alle Möglichkeiten.

E N D E


End Notes:
(diese FF hat im Januar-05-Voting den 9. Platz belegt bei 33 Storys)
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