You've got a friend in me by Lenari
Summary: Soviel wird verraten: Es ist eine Suche nach der Vergangenheit.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara
Genre: General, Romance, Slash, X-Mas
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 17328 Read: 2595 Published: 03.01.12 Updated: 03.01.12
Story Notes:
Diese Geschichte wurde ursprünglich auf der (ehemaligen) Seite 'More-than-just-Friends' veröffentlicht!

1. Kapitel 1 by Lenari

Kapitel 1 by Lenari
Author's Notes:
Anmerkung: Seit langem habe ich mal wieder den Elan gefunden, mich an meinen PC zu setzten und etwas in die Tasten zu hauen. Es kann also nicht mehr schlimmer werden. Es wird auch langsam mal Zeit, dass ich mir selbst in den Hintern trete. Weihnachten ist zwar vorbei, aber es war immerhin ein guter Aufhänger, um die Freundschaft zwischen Jack und Daniel auf jugendfreie Weise etwas zu vertiefen. Na ja, wenigstens, was ich unter jugendfrei verstehen würde. Einige wenige Anzüglichkeiten konnte ich mir einfach nicht verkneifen.
You've got a friend in me


„Weihnachten steht vor der Tür!“, verkündete Jack O‘Neill das Offensichtliche. Draußen schneite es und der Kalender in der Cafeteria wies unnötigerweise auch darauf hin, dass es nur noch einige Tage dauerte, bis Geschenke verteilt und haufenweise Weihnachtslieder gesungen wurden. Der besagte Tag war sogar zusätzlich rot eingekreist worden. Daniel hielt das ganze Getue für überflüssig. Ebenso wie des Colonels übertriebene Heiterkeit in Anbetracht der kommenden Feierlichkeiten. Er selbst war schon immer ein begeisterter Weihnachtsmuffel gewesen. Was auch sonst, wenn man ohne Familie aufwuchs. An die Festtage mit seinen Eltern konnte er sich schließlich nicht mehr erinnern. Jack fuhr fort: „Was habt ihr denn so vor?“

 

„Dad kommt zu Besuch und wir feiern in der Familie. Marcs Frau will kochen und sie kann das wesentlich besser als ich.“, antwortete Samantha schmunzelt. „Wäre ja auch irgendwie merkwürdig, wenn Dad als einziger keine Lebensmittelvergiftung bekommen würde.“ Jack schüttelte resignierend den Kopf. Wir alle wussten, dass Carter mal wieder übertrieb, aber da sie sich selbst aufs Korn nahm, schien das niemanden zu stören.

 

Teal’c meinte stoisch: „Ich werde meinen Sohn auf Chulak besuchen. Ich schätze, ich werde versuchen, so etwas ähnliches wie Weihnachten mit ihm zu zelebrieren. Ich brauche nur noch ein passendes Geschenk.“

 

„Ich helfe dir gerne, Großer.“, bot Jack sich voller Tatendrang an. Keiner von ihnen zweifelte auch nur einen Augenblick daran, dass der Colonel schon Monate vorher alle Geschenke beisammen hatte. Keiner wusste jedoch, worum es sich handelte.

 

„Was ist mit dir, Daniel?“, hakte Sam nach.

 

„SG-7 hat da einige interessante...“, begann er, kam aber nicht mehr weiter, da Jack ihn mit sofort unterbrach.

 

„Na na, du wirst doch wohl nicht arbeiten wollen, oder Jackson?!“, wollte O‘Neill herausfordernd wissen. Er wartete nicht einmal die Antwort ab. „Kommt nicht in Frage. Es sind Feiertage, da wird gegessen bis man platzt und gefaulenzt bis einem die Decke auf den Kopf fällt. Oder man macht es wie ich und genießt die Freuden der weißen Winterpracht. Man segelt auf Skiern die mit Schnee behangenen Berge hinunter, springt mit einem Snowbord aus einem Flugzeug und säuft sich danach die Binde dicht. So etwas klingt interessant. Kein Steinchen des ganzen Universums könnte das topen.“ Das alles brachte Jack in einem Atemzug hervor. Eine Meisterleistung, wenn man bedachte, dass er sonst immer eher zu den Einsilbigen unter den Schweigsamen gehört hatte. Zumindest, wenn es nichts damit zu tun hatte, sarkastische Bemerkungen vom Stapel zu lassen.

 

Mit einem breiten Lächeln fügte der Colonel hinzu: „Und du kommst mit.“ Diese Aussage traf Daniel wie einen Schlag vor den Kopf. Besonders, da er diese Art von Unterhaltung nicht ausstehen konnte. Er mochte es lieber warm und sonnig. Ägypten oder Brasilien, das sagte ihm dann doch mehr zu.

 

„Ich... aber...“, stotterte er überrumpelt, schon damit rechnend, dass eine Ausrede bei Jack nicht ziehen würde.

 

„Nichts aber. Du kommst mit. Ich habe zwei Tickets für die Alpen und du wirst mich widerstandslos begleiten. Das zweite Ticket war eigentlich für meine Freundin gedacht, aber da mein Alibidate mit ihrem Vater feiern möchte, wirst du wohl oder übel dran glauben müssen. Ich hole dich übermorgen um neun Uhr morgens ab. Ich gehe mal fest in der Annahme, dass du keine Snowbord hast, dann besorge ich dir alles Notwenige. Und wage es nicht, dich irgendwie drücken zu wollen.“ Kaum, dass Jack die letzten Worte ausgesprochen hatte, erhob er sich auch schon und verließ die Cafeteria.

 

Gerade rechtzeitig genug, bevor Daniel zu einer Erwiderung ansetzen konnte. Dieser fand das gar nicht so interessant oder gar aufregend. Schon gar nicht mit Jack. Es würde doch nur im Streit enden und das wollte er dem Colonel über die Feuertage nun wirklich nicht antun. Zumal er nicht einfach so flüchten konnte. Er musste sich irgendwie geschickt aus der Affäre ziehen, doch ihm wollte perdu nicht einfallen, wie er das bewerkstelligen sollte. Seufzend stopfte er sich einen weiteren Bissen seines Pfannkuchens in den Mund. Sowohl Sam als auch Teal’c verkniffen sich jedes weitere Kommentar, obwohl erstere dennoch ein spöttisches Lächeln auf den Lippen hatte.

 

**********

 

Jack O‘Neill stand zwei Tage später, man zählte bereits den zwanzigsten Dezember, Punkt neun Uhr morgens vor Daniels Haustür, doch dieser hatte wohl nicht vor, ihm die Tür zu öffnen. Er hatte ganz eindeutig Schritte in der Wohnung vernommen, der erwünschte Effekt von sich öffnenden Türen blieb dennoch aus. Es sah nicht so aus, als würde sein Freund den Colonel freiwillig hineinbitten. Er würde also auf unkonventionelle Mittel zurückgreifen müssen - seinen eigenen Schüssel für Doktor Jacksons Wohnung. Er schloss auf und betrat das Loft. Jack fragte sich immer noch, wie Daniel in solch ein Apartment ziehen konnte, wo er doch unter Höhenangst litt. Er würde wohl seine Gründe gehabt haben. O‘Neill fand seinen Freund in der Küche vor, wo dieser sich gerade einen Kaffee genehmigte, der garantiert noch vom Vortag dort stand und sicherlich schon längst kalt geworden war.

 

„Daniel, ich habe gesagt, dass ich dich um neun abhole. Nicht, dass du aufstehen oder deine Sachen packen sollst. Das beinhaltet, dass du etwas mehr auf den Hüften trägst als eine Boxershorts und deine Koffer noch immer unbeachtet in der hintersten Ecke des Schrankes liegen.“, brachte Jack seine Enttäuschung zum Ausdruck, hatte jedoch bereits mit der miserablen Kooperation seines Kollegen gerechnet und eine Stunde als Puffer eingerechnet.

 

„Dann werde ich wohl hier bleiben müssen.“, erwiderte Daniel mit einem Gähnen und begab sich zurück in Richtung Schlafzimmer.

 

Jack entgegnete: „Das sehe ich anders, Freundchen. Du bewegst deinen Anthropologenhintern jetzt sofort unter die Dusche und bist gefälligst in einer Viertelstunde vollständig angezogen, sonst schleife ich deinen Arsch so aus der Haustür und mir ist egal, was du dir dabei abfrieren könntest, haben wir uns verstanden!“ Der Ton in der Stimme des Colonels ließ keinen Zweifel daran zu, dass dieser seine Drohung ernst meinte und auch umsetzten würde. Daniel hatte also keine andere Wahl, als zu gehorchen.

 

Mit einem missmutigen Brummen stapfte er in Richtung Bad davon. Jack hörte die unterschiedlichsten Flüche in den verschiedensten Sprachen heraus. Einige konnte er sich auch ohne Übersetzung lebhaft vorstellen. Nur gut, dass Jackson Pazifist war. O‘Neill packte das Nötigste zusammen, legte seinem Freund sogar noch einiges zum Anziehen heraus. Knapp zwanzig Minuten später betätigte Jack dann die Spülung der Toilette, damit Daniel gezwungen war, unter der Dusche hervorzukommen. Mit einem Aufschrei und einem weiteren Fluch stand dieser splitterfasernackt im Bad. Jack schüttelte nur den Kopf und verließ das Zimmer wieder, um sich weiter den zu packenden Koffern zu widmen. Sie schafften es doch tatsächlich eine halbe Stunde später in den Jeep zu steigen und weiter zum Flughafen zu fahren. Daniel war gar nicht erfreut, doch Jack grinste innerlich über seinen Triumph. Die schlechte Laune seines Freundes würde er bald verscheuchen können, da war er sich sicher.

 

**********

 

Eine Stunde später saßen sie bereits beide im Flugzeug. Daniel gähnte herzhaft, denn er war immer noch müde. Zu seinem Leidwesen war er erst weit nach Mitternacht zu Bett gegangen, da er angenommen hatte, dass er Jack irgendwie hätte vielleicht doch noch abwimmeln können. Leider hatte er nicht mehr daran gedacht, dass sein Freund ja auch einen Schüssel zu seiner Wohnung besaß. Er hätte sich selbst dafür in den Hintern treten können, denn er hatte Jack den Zugang zu seinem Apartment ja selbst ermöglicht. Jetzt war es zu spät. Er würde damit leben und es hinnehmen müssen. So katastrophal würde es nun sicher auch wieder nicht werden, hoffte Jackson zumindest. Es war ja nur ein Skiausflug.

 

„Das wird toll, Daniel.“ versicherte O‘Neill ihm voller Vorfreude.

 

„Wenn du das sagst, Jack.“ Der genervte Gesichtsausdruck des Anthropologen ließ das Gegenteil verlauten.

 

Jack achtete nicht darauf und fuhr ungehindert fort: „Wenn wir dort sind - was ein paar Stunden dauern könnte - werden wir uns erst einmal häuslich einrichten und dann bringe ich dir bei, wie du dich auf einem Snowbord zu verhalten hast. Du bist ein schlaues Kerlchen, du kapierst das sicher sehr schnell. Danach treffen wir uns dann mit alten Freunden von mir und machen es uns im Restaurant gemütlich. Dann noch einen Tag auf der Piste und ein leichtes Aufwärmetraining, ehe wir aus einem Flugzeug springen und sanft zu Boden gleiten. Es ist halb so schlimm, wie es aussieht, du wirst sehen. Außerdem ist das ja nicht dein erster Fallschirmsprung. Danach können wir sicher noch einmal einen Nachmittag entbehren, um wandern zu gehen oder uns ein paar Souvenirs unter den Nagel zu reißen. Klingt doch toll, oder?“

 

Der Colonel blickte seinen Freund voller Erwartung an. Dieser drehte ihm lediglich den Rücken zu und brummte verstimmt vor sich hin. Ihm grauste schon jetzt davor, besonders, da er nicht wissen wollte, was für Freunde von Jack sie dort treffen würden. Sicher alles solche hartgesottenen Soldaten, wie sein älterer Freund einer war. Er würde sich sicher nicht sonderlich unter ihnen wohl fühlen. Am Liebsten wäre er schreiend aus dem Flugzeug geflüchtet, welches leider in diesem Moment begann, sich in Bewegung zu setzen. Er war gefangen, jetzt und für den Rest der Woche. Mit einem erneuten Gähnen machte er es sich etwas bequemer und versuchte wenigstens den Flug über noch etwas Schlaf zu bekommen. Außerdem würde ihn das von seiner permanenten Flugangst ablenken.

 

**********

 

Jack war gerade dabei irgendetwas wegen ihren Koffern zu regeln, als Daniel sich darüber informierte, wann der nächste Flug in die Staaten denn eigentlich abfliegen würde und ob noch Plätze frei wären. Zu seinem bedauern schien niemand die Feiertage über zu Hause bleiben zu wollen, denn alle Flüge waren bereits über Wochen ausgebucht. Jack musste diese ganze Geschichte also schon von langer Hand geplant haben. Frustriert stapfte Daniel zurück zu der Gepäckausgabe.

 

„Na, gefunden, wonach du gesucht hast?“, wollte Jack mit einem leicht spöttischen Grinsen auf den Lippen wissen.

 

„Nein.“, brummte Doktor Jackson. „Zumindest nicht das, was ich wissen wollte.“

 

„Hast du dich etwa nach einem Rückflug erkundigt?“, wollte O‘Neill mit gespielter Entrüstung in Erfahrung bringen. „Also echt, Daniel, du enttäuscht mich. Von dir hätte ich mehr Enthusiasmus erwartet. Ein fremdes Land, eine andere Kultur - du müsstest hier eigentlich richtig aufgehen.“

 

„Es ist Deutschland, Jack.“, protestierte Daniel.

 

„Österreich.“, berichtigte ihn dieser.

 

„Wie auch immer, es ist auf jeden Fall genauso schweinekalt hier wie bei uns und die Menschen sind auch nicht viel anders. Außerdem war ich zu einer weitaus angenehmeren Jahreszeit schon einmal hier. Wir hätten genauso gut zu Hause bleiben können.“ So und nicht anders sah der junge Anthropologe das.

 

O‘Neill erwiderte: „Aber das wäre doch nicht dasselbe gewesen. Warte es ab, dann wirst du noch merken, was ich meine.“ Jack klopfte Daniel auf die Schulter und fügte dann hinzu: „Das mit unseren Koffern kann noch etwas dauern. Ich besorge uns erst einmal Kaffee.“

 

„Das auch noch.“, stöhnte Daniel und ließ sich auf die nächstbeste Bank sinken. O'Neill überhörte die Aussage seines Freundes gekonnt und machte sich auf den Weg zum Automaten, von welchem er einige Minuten später wieder zurückkehrte. Er reichte Jackson einen der Becher, welcher diesen in einem Zug leerte.

 

Nach einer Weile war dieser dann abermals eingeschlafen. Diesmal würde Jack ihn nicht wieder wach bekommen, denn dieser hatte seinem jungen Freund ein Schlafmittel verpasst, das diesen mindestens die nächsten zwölf Stunden außer Gefecht setzen würde. Lange genug, um in ein anderes Flugzeug zu steigen und zu ihrem wahren Bestimmungsort zu reisen. Die Koffer wurden bereits beladen. Er winkte dem Steward, der bereits mit einem Rollstuhl gewartet hatte und gemeinsam hievten sie Daniel in das rollende Gefährt, um ihn besser transportieren zu können.

 

**********

 

Er unmittelbar vor Ende des Fluges kam dieser wieder zu sich. Früher als erwartet, aber immerhin noch rechtzeitig, um es ihnen zu ersparen, ihn auch noch wieder aus dem Flugzeug herausschieben zu müssen. Daniel sah sich irritiert um und blickte dann Jack verständnislos entgegen.

 

Gähnend fragte er: „Wieso fliegen wir schon wieder und wie bin ich in das Flugzeug gekommen?“

 

„Ist doch egal.“, wehrte O'Neill ab, da er sich jetzt nicht mit seinem Freund streiten wollte, denn dieser hätte sich sicher über die Methode aufgeregt, wie er zu seinem Glück gezwungen worden war. „Sagen wir einfach, das Ende unserer Reise sollte eine kleine Überraschung darstellen.“

 

„Wo fliegen wir hin, Jack?“, hakte Daniel misstrauisch nach.

 

„Rate.“ Jackson warf einen Blick aus dem Fenster und seine Augen weiteten sich in dem Moment, als er die Gegend, die sie überflogen, erkannte. Da war das Mittelmeer, eine große Wüstenebene und natürlich die Pyramiden, die Sphinx und wie eine riesige lebensspende Ader der dunkelblaue Nil.

 

„Ägypten.“, stammelte er verblüfft.

 

„Ich weiß doch, wie du das kalte, feuchte Wetter bei uns hasst, da dachte ich mir, ich mache dir eine kleine Freude. Ich hoffe, es gefällt dir. Sollte es zumindest, denn ich habe mein geliebtes Skisurfen für dich für dieses Jahr ausfallen lassen.“ Jack legte den National Geographic, den er die ganze Zeit über in den Händen gehalten hatte, zur Seite, und wartete geduldig darauf, dass sein Gegenüber seine Sprache wieder fand.

 

Daniel antwortete euphorisch: „Natürlich freue ich mich. Das ist mit Abstand das beste Geschenk, das du mir machen konntest, besonders da du mich freiwillig begleitest, obwohl ich weiß, wie wenig dich dieses Land interessiert und wie langweilig du das alles finden wirst.“ Seine Laune hatte sich schlagartig um 180 Grad gedreht.

 

„Ein einfaches 'Danke Jack' hätte mir auch gereicht.“, meinte O'Neill grinsend. Fast zeitgleich erhielten sie die Aufforderung, sich anzuschnallen, da sie sich dem Landeanflug näherten.

 

**********

 

„Puh, bin ich alle!“, stöhnte Daniel laut auf und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. Sie hatten ein Zimmer mit getrennten Schlafplätzen und einem überragenden Blick auf die Pyramiden, welchen Colonel O'Neill gerade genoss. Jack schüttelte verständnislos den Kopf.

 

„Du hast den ganzen Flug über geschnarcht und im Taxi vor dich hin gedöst. Wie kannst du jetzt nur geschafft sein?“, entgegnete er verwirrt.

 

Jackson gab gähnend zurück: „Aufstehen macht müde.“

 

„Dann wird es Zeit, dass wir dich munter kriegen. Wir haben nämlich noch einiges vor uns. Ich erwarte, dass du in zwanzig Minuten abmarschbereit bist. Fang ja nicht wieder an, zu zetern. Das wird dich auch nicht davon abhalten, mich zu begleiten.“, wies Jack ihn an und machte sich selbst daran, sich für den bevorstehenden Trip umzuziehen.

 

„Was haben wir jetzt vor? Skifahren vielleicht?“, erwiderte Daniel patzig. Er freute sich sehr in Ägypten zu sein, aber er war einfach zu müde, um jetzt noch irgendwohin zu gehen. Jack bedachte ihn mit einem strengen, unerbittlichen Blick, der mehr zu sagte, als tausend Worte es vermocht hätten. „Ja doch, gleich!“ Es dauerte noch geschlagene zehn Minuten, bis sich Daniel endlich bequemte, sich von den überflüssigen Klamotten zu entledigen.

 

„Daniel, wir kommen noch zu spät.“, drängelte Jack. Er stand bereits an der Tür des Hotelzimmers und sah alle paar Sekunden auf die Uhr. Den Arm, an welcher diese befestigt war, ließ er nicht einmal mehr sinken.

 

„Wohin zu spät?“, wollte Jackson erneut wissen.

 

O'Neill entgegnete genervt: „Das hat dich nicht zu interessieren, schließlich ist es eine Überraschung.“ Sein junger Freund blieb mit verschränkten Armen mitten im Raum stehen und rührte sich nicht mehr.

 

„Ich will wissen, wo wir hingehen, sonst bleibe ich hier.“ Jack verdrehte die Augen. Manchmal konnte Daniel es mit der Sturheit auch übertreiben. Das war so ein Fall. Er musste wohl oder übel ein paar wage Andeutungen machen, damit der Anthropologe sich geschlagen gab und seiner Aufforderung, das Zimmer zu verlassen, Folge leistete.

 

„Wir treffen uns mit einem Freund zum Essen und es wird sicher ein aufschlussreicher Abend. Das muss erst einmal reichen.“, gab Jack seufzend zurück, öffnete in stiller Hoffnung die Tür und machte eine auffordernde Geste, die Daniel zu verstehen gab, dass dieser den Raum als Erstes verlassen sollte.

 

Erst wollte Jackson noch protestieren, doch da sein älterer Freund sich solch eine Mühe gemacht zu haben schien, wollte er diese Anstrengungen jetzt auch nicht zunichte machen. Außerdem bekam er langsam aber sicher Hunger und das Essen in Ägypten war eigentlich überall phantastisch. Er war sich zwar nicht sicher, ob Jack es mögen würde, aber er aß es sehr gern. Er war ja schließlich auch damit aufgewachsen. Noch immer konnte er nicht verstehen, wieso O'Neill das überhaupt für ihn tat, aber er beschwerte sich auch nicht weiter. Stattdessen schnappte er sich seine Jacke und verließ das Hotelzimmer. Jack folgte ihm auf den Fuß.

 

**********

 

„Dir ist schon klar, dass das eines der teuersten und renommiertesten Restaurants in ganz Kairo ist, oder?“, wollte Daniel irritiert über Jacks Wahl klarstellen.

 

„Ach wirklich?“, entgegnete O'Neill wenig begeistert. „Im Reiseführer hörte es sich ganz nett an.“ Daniel verstand die Welt nicht mehr. Seit wann sein Freund nicht mehr auf den Preis achtete, war ihm neu. Er musste ja schon eine Stange Geld und einduzend Gefallen eingelöst haben, damit sie jetzt überhaupt hier sein konnten. Sie würden mit ihrer legere Kleidung wahrscheinlich nicht einmal in das Restaurant hereinkommen, geschweige denn einen Platz bekommen.

 

„Jack!“, ermahnte Doktor Jackson ihn streng.

 

Dieser winkte ab: „Immer mit der Ruhe, Dannyboy, wir werden bereits erwartet. Die werden uns schon nicht gleich erschießen, wenn sie merken, dass wir normalerweise nicht an diese Preisklasse gewohnt sind. Hauptsache ist doch, das Essen ist genießbar. Mein Magen ist nach Flügen doch immer so schrecklich empfindlich.“ Ein breites Grinsen zog sich über des Colonels Gesicht.

 

„Verarschen kann ich mich alleine.“, brauste Daniel auf.

 

„Ach, ja, das will ich sehen.“, erwiderte Jack unberührt und betrat kurz darauf das Restaurant. Sofort wurden sie von einem Ober empfangen, der sie nach der Reservierung fragte. „Wir haben keine, aber wir werden bereits erwartet. Jack O'Neill und Daniel Jackson. Professor Petach erwartet uns bereits.“ Der junge Anthropologe nahm nicht an, dass diese lahme Erklärung ausreichen würde, damit sie irgendwo einen Tisch bekamen. Den Namen hatte Jack sich bestimmt auch nur ausgedacht. Im nächsten Moment musste er jedoch erstaunt feststellen, dass dem doch der Fall war.

 

„Selbstverständlich. Wenn sie mir bitte folgen wollen. Für sie ist ein separater Raum hergerichtet worden.“, meinte der Ober mit einem leicht arabischen Atzend überfreundlich. Sie folgten dem nicht mehr als einsfünfundsechzig großen, in Schwarz gekleideten Mann, welcher sie in ein orientalisch eingerichtetes Zimmer führte. Es gab eine Menge Kissen auf dem Boden, einen niedrigen Tisch, auf dem einige Karaffen und Gläser standen, sowie eine indirekte Beleuchtung, die den Raum in ein warmes Licht tauchte. Daniel war überwältigt.

 

Jack sah das etwas anders, denn er meinte nur stoisch: „Meine Knie werden sich sicher morgen früh bedanken. Ich spüre sie jetzt schon protestieren.“

 

„Wenn ihnen die Einrichtung nicht zusagt, werden wir das unverzüglich ändern lassen.“, hakte sich der Ober ein. „In unserem Restaurant bekommen unsere Gäste alles, was sie sich wünschen.“

 

„Wirklich alles?“, wollte Jack erstaunt wissen, fing sich dann aber wieder und winkte ab: „Nein, nein, ist schon in Ordnung so. Ist mal was anderes. Wer brauch schon Stühle oder...“ Er unterbrach sich selbst, ehe er neu ansetzte: „Wann wird der Professor eintreffen.“

 

„Er hat noch ein anderes Treffen, doch das müsste jeden Augenblick vorbei sein. Ich werde ihm sofort über ihre Ankunft in Kenntnis setzen und ihnen die Speisekarte bringen lassen.“

 

„Klingt gut. Ich hätte auch noch gerne eine dieser Wasserpfeifen, wenn es keine Umstände macht.“, gab Jack erst zurück.

 

„Wird erledigt. Machen sie es sich gemütlich.“ Der Ober ließ sie allein und beide setzten sich. Daniel war noch immer sprachlos über die Selbstverständlichkeit, die nicht nur Jack sondern auch der Mann eben an den Tag gelegt hatten. Als würde sein Freund hier ständig ein- und ausgehen. Immer mehr gewann Doktor Jackson das Gefühl, überrumpelt zu werden.

 

Schließlich fand er doch seine Stimme wieder und fragte: „Was geht hier eigentlich vor, Jack. Das können wir uns unmöglich leisten.“

 

„Ich sagte doch, du sollst Ruhe bewahren, Daniel.“, wich Colonel O'Neill aus. „Wir müssen uns diesen Luxus gar nicht leisten können, weil wir eingeladen worden sind. Noch etwas Geduld und du wirst alles verstehen.“

 

„Hat das etwas mit diesem Professor Petach zu tun?“, hakte Daniel nach.

 

„Er ist unser Gönner, das siehst du richtig. Ihm gehört dieses Restaurant und er hat uns hierher eingeladen. Ich wollte ihn nicht verärgern, also habe ich zugesagt. Du kennst doch meine Talente, wenn ich anfange, jemandem zu widersprechen.“, erklärte Jack und blieb damit immer noch sehr wage. Er wollte einfach nicht sagen, warum sie eigentlich hier waren.

 

„Was will er von uns? Weiß er von dem Stargate?“ In Daniels Kopf überschlugen sich die Gedanken und Vorstellungen von Erpressung bis kaltblütigem Mord.

 

„Keine Sorge, er weiß von nichts. Er wollte dich nur sehen. Es ist nichts Schlimmes oder Verwerfliches, du wirst sehen. Vertrau mir einfach, Daniel.“, versuchte Jack seinen jungen Freund zu beruhigen, was jedoch nicht wirklich funktionierte.

 

Daniel blieb auch weiterhin standhaft und forderte seinen Freund auf: „Sag mir endlich, was hier los ist.“

 

„Vertrau mir!“

 

**********

 

„Entschuldigen Sie die Verspätung, ich hatte noch etwas zu klären.“, sagte Professor Petach bedauernd und nahm neben ihnen Platz. „Es ist schön Sie mal persönlich kennen zu lernen, Jack.“ Sie reichten sich die Hand. „Ich bin ebenso glücklich, dich wieder zusehen, Danny.“

 

„Sie kennen mich?“, fragte Jackson verwundert und dann wurde ihm auch bewusst, woher. „Mein Vater hat mich immer Danny genannt. Sie kannten meine Eltern?“ Diese Erkenntnis traf den jungen Anthropologen wie ein Schlag ins Gesicht. Jack hatte doch tatsächlich einen Kollegen oder sogar Freund seines Vaters ausfindig gemacht. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte.

 

„Ich kenne auch dich.“, stellte Petach richtig. „Damals warst du nur viel kleiner und nicht so ein stattlicher, junger Mann. Deine Eltern wären sicher stolz auf dich.“ Der ältere Mann blickte ihn an, als wäre er so etwas wie dessen lang verschollener Enkel und irgendwie hatte Doktor Jackson das Gefühl, als wäre dieser Herr mindestens so etwas wie ein Onkel für ihn gewesen.

 

„Ich erinnere mich nicht an sie.“, gestand Daniel immer noch ganz verwirrt. Er hatte das alles noch nicht ganz ordnen können. Jack hätte ihm wenigstens einen Hinweis geben können. Ihm war auch schleierhaft, wie er diesen Herrn Petach gefunden hatte. Wie viele Beziehungen O'Neill wohl dafür hatte anzapfen müssen?

 

Der alte Mann entgegnete: „Das ist schade. Du warst fünf, als Taylor dich das erste Mal mit auf die Baustelle nahm, und du bist mir überall hin nachgelaufen, hast meine Ausrüstung getragen und mir bei der Arbeit zugesehen.“

 

„Sie haben mich damals mit Bonbons bestochen und ich wollte allein deswegen Archäologe werden. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie einen Bart hatten.“ Langsam kamen ihm alte, längst vergessene Erinnerungen wieder in den Sinn. Damals jedoch war dieser Mann ein Riese gewesen, viel jünger, stärker und schlanker. Nur die Augen waren dieselbe geblieben. Warmes Braun, wie die von Jack. Der gleiche, gütige Ausdruck darin. Das stimmte Daniel ruhiger.

 

„Oder weißes Haar, viele Falten, einen runden Bauch und schlechte Knie. Es ist auch eine Menge Zeit vergangen.“, sprach Yassir Petach die Gedanken des jungen Mannes aus und lachte dabei leicht.

 

Jack mischte sich ein: „Nur wegen Bonbons hältst du jetzt nicht mehr den Mund? Krieg ich dich mit Süßigkeiten auch wieder von dem Tritt herunter?“ Der sarkastische Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören, doch Daniel beschloss, lieber nicht darauf einzugehen. Er wollte mehr über seine Vergangenheit und seine Eltern erfahren, nicht mit seinem Freund diskutieren, was in ihm den Wunsch geweckt hatte, Archäologie zu studieren.

 

„Du hast meine Geschichten geliebt, zumindest hast du mir immer zugehört, wenn ich dir von den vergangen Zeiten erzählt habe und von den Pharaonen, die mal dieses Land regierten.“, fuhr auch Petach unbeirrt fort.

 

Jack gab sich damit zufrieden und nahm sich eines dieser Pastetendinger, die auf dem Tisch standen. Er fand, es schmeckte scheußlich, also spuckte er es in einem unbeobachteten Moment in eine Papierserviette. Seine beiden Begleiter hätten wahrscheinlich nicht einmal auf ihn geachtet, wenn er tot umgefallen wäre.

 

„Daran erinnre ich mich.“, meinte Daniel nachdenklich. Nur verschwommen sah er seine Vergangenheit vor seinem inneren Auge, aber sie war noch immer da. Er wollte mehr davon. Er wollte sich wieder an alles erinnern können.

 

„Sehr interessant. Wer von euch stirbt noch vor Hunger?“, lenkte Jack mürrisch ein. Er mochte es nicht besonders, ignoriert oder übergangen zu werden. Außerdem hatte dieser Pygmäe von einem Ober ihnen die Speisekarte und eine Wasserpfeife versprochen. Er hatte bei McDonalds schon mehr Aufmerksamkeit für den Kunden erlebt. Außerdem war er müde, er hatte schließlich Daniel in seiner schlimmsten Verfassung aushalten müssen.

 

„Also, Jack! Sei doch nicht so unhöflich.“, ermahnte Daniel ihn streng. Da hatte O'Neill endlich seine Aufmerksamkeit, doch nicht so, wie er es sich gewünscht hatte. Er wollte ebenso wenig wie ein kleines Kind behandelt werden, auch wenn er wusste, dass er sich manchmal so benahm.

 

Jack erwiderte verteidigend: „Ich habe nicht mehr die Kraft für Anstand. Ich habe heute morgen nicht einmal gefrühstückt.“

 

„Sie sind ganz, wie ich es mir vorgestellt habe.“, lachte Petach auf, während er sich etwas zu trinken eingoss.  „Du kannst dich glücklich schätzen, solch einen Freund zu haben, Danny.“

 

„Normalerweise ist er nicht so nett zu mir. Er hat wahrscheinlich nur ein schlechtes Gewissen.“, zischte Daniel mit einem vernichtenden Blick in Jacks Richtung. Er wurde das Gefühl nicht los, sich gerade wegen diesem blamiert zu haben. Das war nicht höflich gewesen und Doktor Jackson legte sehr viel wert auf Anstand. Aber er konnte Jack auch nicht wirklich böse sein, denn er hatte schließlich einiges auf sich genommen, damit Daniel mit Professor Petach reden konnte. Er wollte seinen Freund einfach nur etwas provozieren.

 

Dieser stieg voll darauf ein und protestierte schmollend: „He! Ich reiße mir für dich den Arsch auf, um unseren Yassir hier ausfindig zu machen und du wagst es auch noch, mich zu verspotten, Dannyboy.“ Das letzte Wort betonte Jack besonders, um den jungen Anthropologen zu ärgern. Dieser mochte es nämlich nicht, wenn er so genannt wurde.

 

„Ja, weil du mir nichts gesagt hast.“, verteidigte sich Daniel. Er verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, um Jack zu zeigen, wie ernst er seine Vorhaltungen meinte.

 

„Das war eine Überraschung. Es ist nicht der Sinn einer Überraschung, etwas zu verraten.“, erwiderte Jack genervt. Diese Unterhaltung war mehr als lächerlich. Nicht nur die Tatsache, dass sie sich über sein mühevoll zusammengestelltes Weihnachtsgeschenk stritten, sie taten das auch noch im Beisein eines Teils dessen. Wenn O'Neill gekonnt hätte, er hätte seinem jungen Freund den Mund verboten und ihn schlafen geschickt. Leider war das unter diesen Umständen vollkommen unmöglich. Außerdem wollte Jack Daniel nicht verhungern lassen.

 

„Aber du hast mich vollkommen überfahren. Ich hätte mich wenigstens darauf einstellen können.“

 

„Du wärst ein nervliches Wrack gewesen.“ Und damit hätte Jack sogar Recht behalten. Er wusste doch, wie nervös und unkonzentriert sein Freund in Anbetracht solcher Ereignisse werden konnte.

 

Ein lautes Lachen unterbrach die beiden in ihrer hitzigen Unterhaltung. Professor Petach amüsierte sich königlich über die beiden Streithähne. Wahrscheinlich hatte er lange nicht mehr so herzhaft gelacht. Sein leichter Bauch wackelte bei jeder Bewegung und die Falten um seine Augen gruben sich weiter in die Haut hinein. Er wirkte jedoch nicht älter, sondern um vieles jünger als noch vor einigen Minuten.

 

Immer noch breit grinsend brachte Yassir hervor: „Ich denke, dieser Abend wird für mich noch sehr unterhaltsam werden.“ Jetzt stimmten auch Jack und Daniel in das Gelächter mit ein, denn sie hatten endlich beide eingesehen, wie idiotisch ihr Streit eigentlich gewesen war. Nur einen Moment später kam der Ober mit einigen Kellnern zurück, welche allesamt Tablette mit Essen in den Händen hielten, welche sie nach und nach auf den Tisch stellten, ehe sie wieder verschwanden.

 

„Na endlich, Futter.“, stieß Jack begeistert hervor und rieb sich voller Vorfreude die Hände.

 

Abermals erklang ein ermahnendes „Jack!“ von Daniel, diesmal jedoch eher resignierend als ernst, denn dieser konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen.

 

**********

 

Stunden später, es war  bereits weit nach Mitternacht, beendeten sie das Treffen mit dem Professor. Jack dankte für das Essen, versprach, sich zu melden, schüttelte Petach zum Abschied die Hand und verließ dann das bereits leere Lokal. Er wollte seinem Begleiter ermöglichen, noch ein paar Worte unter vier Augen mit Yassir zu wechseln. Er wollte einfach nicht länger stören.

 

„Danke für die Einladung und das sie mir soviel über meine Eltern erzählt haben. Ich hatte schon fast vergessen, wie sie waren.“, sagte dann auch Daniel zum Abschied und reichte seinem Gegenüber die Hand. Dieser umschloss sie mit allen zehn Fingern.

 

„Es war mir ein Vergnügen. Als ich hörte, dass ihr kleiner Danny ebenfalls ein Doktor der Archäologie sei, wollte ich dich unbedingt wieder sehen. Ich hatte mich leider schon vor Jahren fast vollständig aus diesem Geschäft zurückgezogen, sonst hätte ich sicherlich schon früher davon erfahren. Danke Jack bitte von mir.“, entgegnete Petach entschuldigend. Er hatte Daniel anscheinend all die Jahre nicht vergessen.

 

„Mach ich! Sie können mich jederzeit mal wieder anrufen, wenn sie wollen.“ Daniel wollte den Kontakt jetzt unter keinen Umständen mehr abreißen lassen. Er wollte noch mehr erfahren, denn das war anscheinend längst nicht alles gewesen.

 

„Nur, wenn du versprichst, mich mal wieder in diesem wunderschönen Land besuchen zu kommen.“

 

„Wenn es der Job erlaubt, gern.“ Daniel nickte zustimmend. Er würde sich die Zeit nehmen. Sein Seelenheil erlaubte nichts anderes.

 

„Das gilt natürlich auch für deinen Freund und deine Familie.“, fügte Petach lächelnd hinzu.

 

„Jack ist ein Teil meiner Familie.“, gestand Daniel offen. Er spürte, dass er vor diesem Mann keine Geheimnisse haben musste, dennoch blieb er eher wage. Aber Jack war schon lange ein Teil seines Lebens, dass ihm die Freundschaft zwischen ihnen fast wichtiger war als alles andere. Selbst als die Gefühle, die sie für einander hegten.

 

„Ich weiß, er hat mir von eurer Arbeit berichtet. Hochinteressant was für Personal in solch einer militärischen Einrichtung alles gebraucht wird.“ In seiner Stimme schwang ein wissender Unterton mit.

 

Daniel beschloss, nicht weiter darauf einzugehen und meinte nur ausweichend: „Ja, es ist schon erstaunlich.“

 

„Hier, das ist für dich.“ Yassir überreichte Daniel ein altes, abgegriffenes, aber ansonsten noch vollkommen intaktes Buch. Es besaß einen Ledereinband, in welchem der Buchtitel und der Autor gedruckt worden waren. Leider waren diese nicht mehr wirklich zu erkennen. Die Farbe war von den Lettern abgeplatzt.

 

„Was ist das?“, wollte Doktor Jackson irritiert wissen. Er konnte mit diesen in Leder gebundenen Seiten nicht wirklich etwas anfangen.

 

„Aus dem Buch hat dir dein Vater früher immer vorgelesen, weißt du nicht mehr. Er hatte es bei seiner letzten Ausgrabung vergessen. Ich wollte es ihm eigentlich nachsenden, aber leider geschah dann dieser bedauerliche Unfall. Man wollte mir leider nicht sagen, wo du untergebracht worden warst und dein Großvater war nicht aufzufinden gewesen.“, erklärte Petach ihm voller Bedauern.

 

Der alte Mann hatte es all die Jahre über aufgehoben. Nicht nur das, er musste es wie einen Schatz gehütet haben, denn kaum eine Seite war zerknickt oder gar gerissen. Daniel strich voller Ehrfurcht über den ledernen Einband und zog die eingestanzten Lettern nach. Auch dieser Erinnerung kroch langsam wieder in seinen Geist und bevölkerte seine Gedanken. Er hatte vergessen, worum es in dieser Geschichte ging, aber er erinnerte sich noch genau daran, dass sein Vater sich immer zu ihm aufs Bett gesetzt - so dass auch er in das Buch hineinsehen konnte - und so lange vorgelesen hatte, bis Daniel schließlich vor Müdigkeit die Augen zugefallen waren. Egal wie wenig Zeit sein Vater auch für ihn gehabt hatte, dazu hatte er sich von nichts abhalten lassen.

 

„Ja, ihn hat es nie lange irgendwo gehalten. Er ist immer noch viel unterwegs.“, meinte Jackson geistesabwesend.

 

„Ich nehme an, du bist ihm sehr ähnlich.“, stellte Yassir die Vermutung an.

 

Daniel zuckte unwissend mit den Schultern und erwiderte ehrlich: „Schon möglich.“ Er wusste es wirklich nicht. OK, er stand auf diese Reisen durch das Sternentor, aber er war auch glücklich, einfach nur in einem übergroßen Sandkasten - wie Jack es ausdrücken würde - zu arbeiten. Ihm gefiel, dass er beides miteinander verbinden konnte. Geschichte live. Für welchen Anthropologen wäre das nicht ein absoluter Traum.

 

„Pass gut auf dich auf, Danny.“, sagte Herr Petach abschließend und drückte noch einmal Daniels Hand zum Abschied. Auch ihm musste klar sein, dass Daniels Job gefährlicher war, als dieser zugeben würde.

 

„Auf Wiedersehen, Professor.“

 

**********

 

„Gib zu, es ist den ganzen Aufwand wert gewesen.“, meinte Jack gerade, als sie ihr Hotelzimmer betraten. Er machte Licht und warf seine Jacke achtlos auf sein Bett. Hinter ihm schloss Daniel die Tür und umarmte ihn dann. O'Neill ließ es geschehen. Niemand war hier, der sie sehen konnte, es gab keine Kammeras und auch niemanden, der jetzt in den Raum platzen könnte. Sie konnten getrost sie selbst sein.

 

„Das ist mit Abstand das beste Weihnachtsgeschenk, dass ich je bekommen habe. Ich danke dir, Jack.“, sagte Daniel ebenso überschwänglich, wie er seinen älteren Freund in die Arme geschlossen hatte.

 

„Schon gut. Lass los.“ Jack befreite sich aus dem Griff des Anthropologen und drehte sich zu diesem um, damit er ihm in die Augen sehen konnte. Er legte Daniel beide Hände auf die Schultern und schüttelte leicht lächelnd den Kopf. Er hatte seinen jungen Freund tadeln wollen, verwarf diese Idee jedoch sofort wieder. Stattdessen sagte er: „Leg dich jetzt schlafen, wir haben morgen noch viel vor uns.“

 

 

„Heute.“, korrigierte Daniel ihn beiläufig. Sie hatten einander losgelassen und auch Daniel legte jetzt Kleider und Schuhe ab, um sich zum Schlafen fertig zu machen.

 

O'Neill fragte verwirrt:„Was?“ Es war spät und er hatte keine Lust mehr, seinen Geist großartig anzustrengen. Ihn lockte das Bett, er hatte ebenfalls begonnen, sich zu entkleiden.

 

„Es ist bereits morgen.“, konkretisierte Daniel seine Aussage.

 

„Ich meine, nach dem Aufstehen.“, stellte Jack klar und verschwand in Richtung Bad.

 

„Aber ich bin noch nicht müde. Ich wollte eigentlich noch etwas lesen.“ Das hinderte seinen Freund jedoch keineswegs daran, die Unterhaltung zwischen ihnen zu unterbrechen. Er sprach einfach etwas lauter, um durch die Badetür zu dringen. Er hatte sich vorgenommen, wenigstens noch eine Erinnerung aufzufrischen und die war, herauszufinden, worum es in diesem geheimnisvollen, alten Buch überhaupt ging, dass er so gerne vorgelesen bekommen zu haben schien.

 

„In dem Buch deines Vaters?“, hakte Jack in der gleichen Lautstärke nach, was bei Daniel jedoch nur gedämpft ankam. Dann ging die Spülung, kurz der Wasserhahn und kurz darauf stand Jack auch schon wieder vor seinem Freund. Er hatte das Handtuch, mit welchem er sich die Hände abgetrocknet hatte, noch immer zwischen den Fingern. „Wie wäre es, wenn wir uns erst einmal umziehen und das dann klären.“

 

„Einverstanden.“

 

**********

Colonel O'Neill hatte es sich bereits in seinem Bett gemütlich gemacht, während Daniel noch damit beschäftigt war, sich umzuziehen und die Zähne zu putzen. So hatte er etwas Zeit gehabt, seinen Plan im Geiste noch einmal durchzugehen, alle Termine zu ordnen, sich einen kurzen Bericht von Carter geben zu lassen, Jakob Hallo zu sagen und einen Blick in Doktor Jacksons Geschenk werfen zu können.

 

„Klingt interessant.“, meinte Jack, als Daniel aus dem Bad zurückkam. Er wedelte leicht mit dem alten Buch durch die Luft. Grinsend fügte er hinzu: „Ziemlich anspruchsvoll für einen Fünfjährigen. Kein Wunder, dass du so ein Klugscheißer geworden bist.“

 

„Ich scheine es gemocht zu haben.“, bemerkte Daniel abwesend und setzte sich zu seinem Freund aufs Bett, während er mit dem Hemd seine Brille zu polieren begann.

 

„Weißt du noch, worum es genau ging?“, fragte Jack neugierig. Er hatte zwar kurz angelesen, aber nicht lange genug, um sich ein Bild machen zu können, worum es in diesem Seitenwerk ging.

 

Jackson gestand schulterzuckend: „Ich kann mich ja nicht einmal mehr daran erinnern, in welches Gaunre es einzuordnen ist.“

 

„Finden wir es doch heraus.“, schlug O'Neill vor. Er hatte zwar eigentlich versuchen wollen, seinen jungen Freund davon zu überzeugen, dass sie Schlaf bräuchten, aber ihm war ebenso bewusst, dass Daniel dieses Buch nicht loslassen würde, solange er es nicht gelesen hatte. Außerdem sah dieser mindestens genauso müde aus wie Jack sich fühlte, wollte es sich nur nicht eingestehen. Er würde schnell einschlafen, da konnte der Colonel sich sicher sein. „Wir machen es uns gemütlich und dann liest einer dem anderen etwas vor.“

 

„Ich dachte, du wärst müde.“, entgegnete Daniel irritiert. Nicht, dass ihm dieser Vorschlag nicht gefiel, aber normalerweise war Jack nicht der Typ Mann, der so einfach seine Meinung wechselte.

 

„He, ich sagte, dass wir darüber noch sprechen würden. Ein oder zwei Seiten können auch nicht mehr schaden. Also ab ins Bett mit dir.“, verteidigte Jack sich. Er hatte eigentlich die andere Schlafgelegenheit gemeint, doch Daniel legte sich einfach neben ihn, so dass sie beide einen Blick in das Buch werfen konnten. Jack ließ ihn seufzend gewähren. Hier konnte ihnen schließlich nicht viel passieren.

 

„Danke, auch wenn ich nicht weiß, womit ich das hier alles verdient habe.“, meinte Daniel nebenbei, deckte sich bis zur Hälfte zu. Jack hingegen zog es vor, auf der Decke zu liegen, anstatt darunter. Außer der kleinen Nachttischlampe schien nur noch der riesige, sichelförmige Mond in ihr Hotelzimmer. Eine perfekte Nacht, wie Jack fand.

 

Jack erwiderte liebevoll: „Du hältst mich am Leben. Allein damit hättest du schon alles Glück der Welt verdient.“ und wuschelte seinem jungen Freund durchs Haar. Sie hatten ihre Beziehung nie definiert, aber beide wussten, dass es weit über bloße Freundschaft hinausging. Es war nicht in eine Schublade zu stecken, dafür teilten sie viel zu viele verschiedene Erinnerungen und Empfindungen. Sie versuchten, sich nicht noch näher zu kommen, aber es fiel ihnen nicht leicht. Dennoch war ihnen mehr auch nicht wirklich wichtig. Ihnen war schon mehr zu Teil geworden, als sie je zu hoffen gewagt hatten und das trotz ihres schlechten Starts.

 

„Werde jetzt bloß nicht auch noch sentimental. Das bin ich schon für uns beide genug.“, murmelte Daniel verschlafen und gähnte viel sagend. Er würde es wahrscheinlich nicht einmal über die erste Seite schaffen, ohne dass ihm die Augen zufielen.

 

„Funkenregen.“, las Jack den Titel vor, um damit das Thema zu wechseln. Seine freie Hand streichelte Daniel auch weiterhin fast väterlich über den Kopf, um diesem zu zeigen, dass er ihn beschützen würde, egal, was auch kam.

 

Daniel kuschelte sich fest an ihn und warf ebenfalls einen Blick auf die ersten Seiten eines neuen Abenteuers. Er war so aufgeregt wie damals als Kind. Sein Vater hatte dieses Buch von einer seiner Reisen mitgebracht und Daniel hatte unbedingt erfahren wollen, worum es dabei ging. Er hatte seinen alten Herrn so lange bedrängt, bis dieser endlich nachgegeben und ihm vorgelesen hatte. Das erste Kapitel hatten sie lesend in dessen Arbeitszimmer verbracht und der junge Archäologe war auf dem Schoss seines Vaters friedlich eingeschlafen. Daniel konnte sich noch genau daran erinnern. Sein Vater musste ihn dann ins Bett getragen haben, denn am nächsten Morgen war er in seinem Bett erwacht.

 

„Ein Blitz zuckte durch die rabenschwarze Nacht, Urgewalten trafen unter Regenschleiern aufeinander und entfachten ein Inferno aus feuriger Leidenschaft und alles verschlingender Hitze. Lodernde Flammen brachen im Mittelpunkt dieser kosmischen Energieentladung aus, fraßen sich unaufhaltsam in den mächtigen Stamm der gigantischen Eiche, hüllten sie von Innen heraus aus, ließen sie bersten, knirschen, vor Schmerz aufschreien und letztendlich - den Kampf verlierend - zu Boden sinken. Ihre zum Himmel ausgestreckten, von Feuer befleckten Äste streiften das mit Stroh gedeckte Dach, als das uralte Lebewesen in die Knie ging, um zu sterben. Ein dumpfer Aufschlag gefolgt vom Aufflammen der Feuerglut hallte in der tiefdunklen Nacht wieder. Pferde wurden aufgeschreckt, wieherten angsterfüllt im Angesicht der Gefahr. Schreie und Schritte dröhnten durch die glutroten, flimmernden Abendstürme, das dumpfe Schlagen von Hufen auf sandigem Boden war zu vernehmen und das letzte Stöhnen des sterbenden Baumes erklang in jedem Herzen dieser Welt wieder...“, las Jack in gemäßigter Lautstärke vor.

 

Er war gerade einmal bis zum Ende der ersten Passage gekommen, als er Daniel bereits leise Schnarchen hörte. Er legte das Buch auf den Nachttisch neben sich, nahm seinem jungen Freund vorsichtig die Brille von der Nase und bettete auch diese auf dem kleinen Tisch neben dem Bett. Dann löschte Jack das Licht und schloss selbst zufrieden die Augen. Es war ein langer Tag gewesen. Gut, dass er sich für diesen angebrochenen Tag nichts überlegt hatte. Sie hätten diese Verpflichtung unmöglich einhalten können. Er hatte Daniel zwar gesagt, sie müssten früh aufstehen, aber das war eigentlich nur eine Ausrede gewesen, damit der junge Anthropologe ihn nicht die ganze Nacht wach hielt.

 

„Gute Nacht, Daniel.“, murmelte O'Neill gähnend und war kurz darauf ebenfalls im Reich der Träume versunken.

 

**********

 

„Guten Morgen.“, begrüßte Jack seinen jungen Freund, als dieser seine verschlafenen Augen öffnete.

 

Daniel blickte ihn verwirrt an, war im ersten Moment nicht nur orientierungslos, sondern auch überrascht, den Colonel in seinem Bett vorzufinden und ihn auch noch unter seinen Fingern zu spüren.

 

„Morgen.“, murmelte er irritiert, eine Erklärung erwartend.

 

„Gut geschlafen?“, fragte Jack hingen nur unbeeindruckt. Er war nicht einmal verlegen, dass es so gekommen war. Er legte das Buch von Daniels Vater, in welchem er bis eben noch gelesen hatte, bei Seite und setzte sich noch etwas auf.

 

Daniel hakte nach: „Warst du die ganze Nacht in meinem Bett?“ Schwerfällig löste er sich von seinem Freund und rückte ebenfalls in eine sitzende Position.

 

„Nein, du warst die Nacht über in meinem Bett.“, stellte O'Neill grinsend richtig. Es war nur eine Kleinigkeit, aber er bestand darauf. Ihm schien das alles nichts auszumachen, was Daniel sehr wunderte. Normalerweise war doch Jack der überkorrekte und unnahbare Colonel, der es krampfhaft vermied, sich in eine verfängliche Position zu bringen. Daniel wurde aus diesem Mann einfach nicht schlau.

 

„Du hättest doch wechseln können.“, erwiderte Jackson verteidigend.

 

„Sicher, wenn du mich losgelassen hättest, hätte ich das wahrscheinlich auch getan.“ Jacks Grinsen wurde breiter. Wieder etwas, das Daniel verwirrte. Wahrscheinlich war sonst eigentlich kein Wort, das sein Freund benutzen würde. Jedenfalls nicht in dieser Situation. Aber er wollte nicht darüber nachdenken. Es würde und sollte auch nichts sein außer Freundschaft. Das hatten beide unmissverständlich - wenn auch nicht wortwörtlich - klargestellt.

 

„Wie spät ist es?“, wechselte Daniel das Thema. Dieses Gespräch wurde ihm langsam unangenehm, je mehr Jack es als eine Lappalie abtat.

 

„Noch ziemlich früh, schlaf ruhig weiter.“, antwortete dieser und erhob sich, um endlich ins Bad zu können. Es war in der Tat noch früh am Morgen, doch Jack war wach geworden, als Daniel leise im Schlaf geredet hatte. Lange nicht mehr hatte er so ruhig und friedlich geschlafen, dass er sich jetzt wacher denn je fühlte. Genau diese Augenblicke waren es, die er als einziges vermisste, wenn er morgens in seinem Haus erwachte. Einfach nur zu spüren, dass da jemand war, dass er mit der Nacht nicht alleine sein musste.

 

„Haben wir heute denn nichts vor?“, rief Daniel ihm nach. Die Badetür flog hinter diesem Satz ins Schloss.

 

Erst als O'Neill zurückkehrte, erwiderte er: „Nichts Weltbewegendes. Wir schlafen aus, genießen ein tolles Essen auf dem Zimmer und sehen uns etwas die Stadt an. Wie klingt das?“

 

„Himmlisch!“, sagte Daniel verträumt und sank in die Kissen zurück. Dann konnte er ja beruhig wieder die Augen schließen und ins Land der Träume sinken. „Und morgen?“

 

„Das ist eine Überraschung.“, wich Jack seiner Frage aus.

 

„Die du mir nicht verraten wirst, nicht wahr?“, fügte Daniel wissend hinzu.

 

„Stimmt.“Jack blieb wach, während Daniel zufrieden die Augen schloss und weiter schlief. Mit einem zufriedenen Gefühl, das seinen ganzen Körper durchströmte, trat er auf den kleinen, aber schmuckvollen Balkon und sog die frische, reine Morgenluft tief in seine Lungen ein.

 

Jack hatte schon oft den jungen Morgen genossen, aber wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben konnte er ermessen, wie viel Hoffnung in diesem Augenblick lag. Er hatte gerade erst davon gelesen, aber es nicht glauben wollen, doch jetzt, wo er es sah, wo er es am eigenen Leib zu spüren begann, begriff er erst die Tragweite dieser Worte. Schon von Jahrzehnten hatte jemand erkannt, wie gewaltig solch ein unglaublich wundervoller Tagesanbruch sein konnte. Er war glücklich es ebenfalls erfahren zu haben. Für einen kurzen Moment fühlte er sich dem Mann aus dem Buch, der so unermesslich viel verloren hatten, wie er selbst, verbunden, nur dass Jack genau zu den Pyramiden hinaufsah, nicht aber auf die weiten Ebenen eines mittelalterlichen Bauerngrundstückes.

 

'Die frische Morgenluft durchstreifte das Land, verfing sich immer wieder in den Bäumen des nahe gelegenen Waldes, glitt über die weiten Ebenen, auf denen Wildblumen und hohes Gras wucherten, über die goldenen Weizenfelder und Gemüseplantagen. Er stand mitten auf dem Hof und zog die kühle Briese tief in seien Lungen ein. Der Wind zehrte an seinem Körper, doch er wollte die Spur von Freiheit, die ihm vermittelt wurde, nicht missen. Leise hörte er die Stimme eines wunderschönen Mädchens flüstern, die sich in diesem Moment aufmachte, eine lange Reise zu beginnen. Ihn stimmte das sorglos, denn er war endlich wieder im der Lage, dem Wind auch morgens wieder zuzuhören. Ausnahmsweise hatte er einen ruhigen, traumlosen Schlaf gehabt, in dem er nicht von alten Erinnerungen, die ihn nicht loslassen wollten und ihm die Konzentration raubten, geplagt worden war. Erholung war etwas, dass er sich nie zu erhoffen gewagt hatte und jetzt plötzlich durchströmte dieses Gefühl seinen ganzen Körper. Er fühlte sich jünger, voller Stärke und Tatendrang.'

 

**********

 

„Unglaublich!“, staunte Jack O'Neill, als er gemeinsam mit Daniel die große Cheopspyramide verließ. Der Vortrag es Führers hatte ihn sehr beeindruckt, aber wohl noch mehr das, was Daniel ihm alles erzählt hatte. Zum Beispiel, wie seine Eltern ihn einmal mit hierher genommen und ihm alles über diesen Cheops erzählt hatten. Das Daniel sich nach all dem noch so gut daran erinnern konnte, hätte er wohl nicht für möglich gehalten. Aber sein Freund hatte auch ein ausgezeichnetes Gedächtnis, während er schon nach ein paar Minuten vergaß, was er gerade eben noch gehört hatte. Vielleicht war es aber auch nur so, weil es ihn eh nicht interessierte. Hier jedoch hatte Jack eine Ausnahme gemacht. Er hatte es lieben gelernt, seinem Freund zuzuhören, wenn er nicht gerade unter Zeitdruck oder unter Kopfschmerzen gelitten hatte.

 

„Ich habe mich als Kind hier mal verlaufen. Irgendwie habe ich mich wohl von der Gruppe entfernt. Es hat geschlagene vier Stunden gedauert, bis die mich gefunden haben.“, meinte Daniel euphorisch und grinste bei der Erinnerung über das ganze Gesicht. Noch so eine Eigenschaft, die er bis jetzt noch nicht abgelegt hatte und die Jack regelmäßig in den Wahnsinn trieb.

 

Schnippisch erwiderte O'Neill: „Du konntest wohl damals schon nicht deine Finger bei dir behalten, was? Tja, einiges wird sich wohl nie ändern.“

 

„Wieso erzähle ich dir das eigentlich? Du machst dich doch eh nur über mich lustig.“, schmollte Doktor Jackson beleidigt. Er hatte den liebevoll neckenden Unterton in Jacks Stimme gänzlich überhört, sonst hätte er nicht reagiert, als würde sein Freund ihn psychisch treffen wollen.

 

„Ich verspreche, mir solche Kommentare in Zukunft zu verkneifen,OK. Dafür möchte ich aber noch mehr wissen. An was kannst du dich noch erinnern.“ O'Neill hatte beschlossen, nicht weiter auf dieses verhängnisvolle Thema ihrer laufenden Missverständnisse einzugehen und lieber nachzugeben. Er wollte alles auf diesem Ausflug tun, nur nicht über die Arbeit sprechen oder sich mit Daniel streiten. Auseinandersetzungen hatten sie auch so schon zur Genüge.

 

„An eigentlich Unwichtiges. Ausgrabungen bei denen ich zusehen oder manchmal sogar helfen durfte, Spaziergänge mit meiner Mutter, meine damalige Nanny und Herrn Petach, den alten Freund meines Vaters. Da war auch mal eine Frau zu Besuch gewesen, aber ich kann mich einfach nicht an den Namen erinnern.“, meinte Daniel gedankenverloren. Ein Blick in dessen Gesicht und Jack wurde klar, dass der junge Anthropologe verbissen darüber nachgrübelte.

 

„Wenn er dir wieder einfällt, sag mir bescheid. Ich bin sicher, ich finde heraus, wo sie sich aufhält, selbst, wenn sie uns nichts weiter über deine Eltern erzählen kann.“, versprach O'Neill überzeugt. Er war sich so sicher, weil er sein Versprechen bereits vor einigen Wochen erfüllt hatte. Auch diese geheimnisvolle Frau hatte er bereits gefunden. Ms. McCoy war eine Schulfreundin von Daniels Mutter gewesen und stellte nun seine nächste Überraschung dar.

 

„Mach ich.“, erwiderte Daniel glücklich lächelnd und wechselte dann mit der Frage das Thema: „Was jetzt?“

 

„Was essen?“, antwortete Jack mit einer Gegenfrage.

 

Jackson wollte verwundert wissen: „Hast du schon wieder Hunger?“ Manchmal wurde selbst er nicht aus den Gedankengängen seines älteren Freundes schlau.

 

„Ich gewöhne mich langsam an diese merkwürdige zeug, dass diese Leute hier Essen schimpfen. Besonders an das Bier. Ob es das auch bei uns gibt?“, erwiderte Jack grinsend.

 

„Wenn wir wieder zu Hause sind, versuche ich ein paar Flaschen für dich aufzutreiben, einverstanden?“, versprach Daniel ihm im Gegenzug zu allem, was O'Neill in der letzten Zeit für ihn getan hatte. Ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es war ein Anfang. Auch Daniel schenkte seinem Freund ein Lächeln.

 

„Ich erinnere dich daran.“

 

**********

 

Am nächsten Morgen, es war der 24. Dezember, fuhren sie mit einem Jeep der Marines, den sich Jack von einem angeblichen Militärfreund geliehen hatte, ins Tal der Könige. Mit einer detaillierten Karte und Daniels gutem Gedächtnis kamen sie in nur drei Stunden dort an. Doktor Jackson verstand immer noch nicht, was das überhaupt zu bedeuten hatte. Er war schon einmal hier gewesen, aber nicht mit seinen Eltern. Erst viele Jahre später. Vielleicht wollte sein älterer Freund aber auch einen kleinen Ausflug machen. Erst, als sie die Absperrung erreichten, erkannte Daniel, dass hier Ausgrabungen stattfanden.

 

„Jack, wir dürfen hier nicht einfach so herumspazieren. Das kann Ärger geben.“, wies Daniel O'Neill auf das Offensichtliche hin, dieser ignorierte den Einwand seines Freundes jedoch und stieg über das Absperrseil hinweg.

 

Dann drehte er sich um und meinte stoisch: „Du bist doch Anthropologe oder nicht?“

 

„Ja schon, aber...“, begann Daniel seinen Protest, wurde jedoch sofort von Jack unterbrochen.

 

„Gut, dann gehörst du auch hierher.“ Damit war für diesen die Diskussion beendet und er setzte sich erneut in Bewegung. Dem jungen Anthropologen blieb keine andere Wahl, als seinem älteren Freund zu folgen, also überschritt er ebenfalls die Absperrung. Mit einigen schnellen Schritten hatte er zu dem Colonel aufgeschlossen.

 

„Ist das deine Überraschung, Jack? Du sorgst dafür, dass wir Weihnachten im Gefängnis verbringen?“, fragte Daniel flapsig. Er hatte langsam aber sicher die Schnauze davon voll, dass sein Begleiter ihm nichts erzählte. OK, er hatte sich über jede Überraschung gefreut, aber er war sich auch immer wieder wie ein Trottel vorgekommen.

 

„Ich bin doch nicht der Osterhase, das ist ein Weihnachtsgeschenk.“, erwiderte Jack mit spielerischer Beleidigung. Er war Daniel nicht böse, dass dieser sich aufregte und Vieles verweigerte - irgendwie fand er es sogar amüsant - aber es traf ihn auch, dass sein Freund ihm nicht hundertprozentig vertraute. Er hatte mehr erwartet.

 

Daniel setzte zu einer Erwiderung an: „Aber das Treffen mit Petach...“

 

„...war nur ein kleiner Vorgeschmack.“, beendete Jack den Satz für ihn. O'Neill hielt inne, als ihnen eine ältere Frau entgegenkam. Sie hatte bereits graues Haar, obwohl sie nur drei Jahre älter war als der Colonel.

 

„Kann ich ihnen helfen?“, fragte sie ungehalten. Fremde Menschen waren bei Ausgrabungen nicht gern gesehen, schon gar nicht, wenn es Touristen waren oder Leute, die nicht hierher gehörten. Es wurden auch so schon genug nationale Schätze gestohlen und auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft.

 

„Doktor Josephine McCoy?“, erwiderte Jack mit einem verstehenden Lächeln und streckte ihr als Zeichen seiner guten Absichten die Hand entgegen. Einen Moment wirkte die Frau unschlüssig, dann ergriff sie seine Hand und schüttelte diese. Ein leichtes Lächeln zauberte sich auch auf ihre Lippen.

 

Mit freundlicherer Stimme antwortete sie: „Ja. Colonel Jack O'Neill nehme ich an. Sie sind zu früh.“

 

„Daniel konnte es nicht erwarten, sie kennen zulernen. Als ich ihm erzählte, dass ich eine frühere Schulkameradin  und gute Freundin seiner Mutter aufgetrieben habe, hat es ihn keine Sekunde länger mehr im Hotelzimmer gehalten.“, scherzte Jack, während er Daniel freundschaftlich das Haar zerzauste. Dieser schien das jedoch gar nicht mitzubekommen, denn er starrte die ältere Dame nur verdutzt an. „Außerdem habe ich mit mehr Stau gerechnet.“

 

„Sie kannten meine Mutter?“, fand Daniel schließlich doch noch seine Stimme wieder. Er konnte immer noch nicht glauben, was er gerade gehört hatte.

 

„In der Tat. Wir haben zusammen Philosophie studiert. Sie hat mich erst auf die Idee gebracht, Geschichte zu studieren und jetzt bin ich Kulturattaché für das ägyptische Museum in Kairo.“, erinnerte sich Josephine voller Stolz. Daniel hatte gar nicht gewusst, dass seine Mutter auch Philosophie studiert hatte, vielleicht sogar einen Doktor in diesem Fach besessen hatte.

 

Immer noch vollkommen überrumpelt, brachte er dann doch endlich die Frage hervor, die ihm schon die ganze Zeit über im Geist herumspukte: „Wie war sie so?“

 

„Suchen wir uns doch einen schattigen Platz und reden in Ruhe über alles. Du hast sicher eine Menge Fragen an mich und ich auch an dich. Ich wollte ja schon früher mit dir in Kontakt treten, aber leider wusste ich nicht, ob du dich noch an mich erinnern würdest. Außerdem wusste ich nicht, wie du reagieren würdest. Du warst damals schließlich noch ein Kind gewesen.“, meinte Mrs. McCoy ruhig und man konnte ganz deutlich den leicht traurigen Unterton in ihren Worten erkennen.

 

„Ich kann mich wirklich kaum noch an sie erinnern, aber ich hoffe, dass sich das noch ändern wird.“, gestand Daniel und folgte der älteren Frau zu einem der Zelte.

 

Jack hielt sich diskret zurück. Er hatte beschlossen, beide alleine zu lassen. Die Sache mit Daniels Mutter war dann doch für ihn eine intimere Sache als die Gespräche über Doktor Jacksons Vater. O'Neill sah sich währenddessen etwas im Tal der Könige um und versuchte sich mit mäßigem Erfolg mit den einheimischen Arbeitern anzufreunden, doch nur wenige sprachen seine Sprache gut genug, dass sie ihn verstehen und ihm antworten konnten.

 

**********

 

„Und, wie ist es gelaufen?“, fragte Jack gelassen, als Daniel geschlagene drei Stunden später wieder zu ihm kam. Der Colonel genoss gerade die mildere Abendsonne, während er sich auf einer der höheren Treppenstufen ausruhte. Er hatte es erst nicht gewollt, dann aber doch noch etwas mit angepackt. Doktor Jackson kam zu ihm und setzte sich eine Stufe weiter unten schräg vor ihn.

 

„Gut, aber wir sind leider unterbrochen worden. Sie möchte, dass wir zum Essen bleiben.“, antwortete Daniel ein wenig enttäuscht. Jack schloss ihn von hinten in die Arme und Daniel, welcher sich dankend anlehnte. Es irritierte ihn schon ein wenig, dass sein Begleiter auf einmal soviel Zuneigung auch zeigte, aber das lag wahrscheinlich einfach nur daran, dass sie hier niemand kannte - zumindest keiner vom Stargateprogramm - er musste sich also nicht verstellen, wenn er das nicht wollte.

 

Jack fuhr begeistert auf: „Toll, noch einmal futtern umsonst.“

 

„Jack!“, ermahnte Daniel ihn mit gespielter Strenge, lachte dann aber leise, was O'Neill zu einem Grinsen animierte.

 

„Was denn?“ Er blickte dem jungen Anthropologen unschuldig entgegen.

 

Daniel wechselte das Thema: „Ich hoffe, dass du dich nicht gelangweilt hast. Es ist nicht ganz das, was du dir unter einem gelungen Weihnachtsfest vorgestellt hast, was?“ Er hatte Schuldgefühle, weil er Jack nicht seinen Traum von der weißen Weihnacht erfüllen konnte. Jedenfalls nicht mehr heute und schon gar nicht hier. Vielleicht wollte er einfach nur bestätigt wissen, dass sein Freund es ihm nicht übel nahm, dass sie seiner Vergangenheit nachjagten, anstatt unter dem Weihnachtsbaum zu sitzen, Lieder zu singen und sich mit den anderen über die Geschenke her zu machen. Der Colonel hatte zwar die Idee gehabt, aber das hieß noch lange nicht, dass es ihm auch gefiel.

 

„Ach was, ich habe mich gut amüsiert. Die Leute hier sind eigentlich ganz nett. Ich habe mich mit einem sogar über Baseball gestritten. Wir sind dann noch was trinken gegangen. Ich glaube, ich habe ihm im Übereifer versprochen, seine Mutter oder Schwester zu heiraten. Vielleicht habe ich aber auch nur ein Kamel gekauft.“, winkte Jack scherzend ab, Er war sich wirklich nicht mehr ganz so sicher, was er zugestimmt hatte, aber eine Hochzeit war definitiv auszuschließen. Wahrscheinlich hätte auch die Schwester dieses Mannes, sofern er überhaupt eine hatte, etwas dagegen gehabt. Und wenn nicht sie, dann doch hoffentlich Daniel.

 

„Klingt nach einer Menge Spaß.“, bemerkte Jackson grinsend, ohne weiter auf Jacks missglückten Scherz einzugehen. Er war einfach nur froh, dass dieser es noch nicht bereute.

 

„Kannst du laut sagen.“, erwiderte O'Neill zustimmend.

 

Daniel, der noch einmal auf Nummer sicher gehen wollte, hakte nach: „Also habe ich dir Weihnachten nicht versaut?“

 

„Das einzige, was ich wollte, war die Feiertage mit dir zu verbringen und das habe ich doch ganz gut hinbekommen, oder nicht?“, antwortete Jack ehrlich und bettete sein Kinn auf Daniels Kopf, umschloss ihn noch etwas fester mit den Armen. Diese Berührung war eine Mischung zwischen väterlicher Zuneigung, brüderlicher Freundschaft und zärtlichem Begehren. Daniel maß sich nicht an, sie einordnen zu wollen, er genoss sie einfach. Vielleicht weil er all das im Moment auch brauchte und sein Freund ihm dies zu erfüllen vermochte.

 

„Du bist großartig, Jack. Ich weiß nicht, wie ich das jemals wieder gutmachen soll.“, gestand Daniel liebevoll und schloss zufrieden die Augen. So konnte er ewig seine Zeit verbringen, auch wenn er am Ende dieser Reise der Wahrheit ins Auge sehen müsste. Es durfte nicht sein. Nicht so, nicht jetzt und wahrscheinlich sogar niemals. Er zog soviel Frieden aus dieser Umarmung wie möglich und verdrängte den traurigen Rest.

 

„Nächstes Weihnachten haben wir eine Verabredung mit einem Flugzeug und schneebehangenen Bergen, einverstanden?“, schlug Jack, in der Gewissheit, keinen Korb zu bekommen, vor.

 

„Meinetwegen.“, stimmte Daniel ihm auch widerstandslos zu. Jack ließ von ihm ab und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Dann half er seinem jüngeren Freund auf die Beine.

 

Energiegeladen schlug er voller Vorfreude vor: „Gut, dann lass uns bis zum Essen noch etwas Sinnvolles tun. Helfen wir ihnen beim Sprengen einer Wand.“ So etwas war dann schon mehr nach seinem Geschmack. Ein klein wenig Spaß musste für ihn doch auch noch drin sein.

 

„Wie bitte?“, wollte Daniel irritiert wissen. Jack hatte ihn damit vollkommen überfahren.

 

„Na ja, mein neuer Freund meinte, sie müssten einen Gang freilegen, aber ihr Sprengmeister ist leider krank geworden, also habe ich mich angeboten, das zu übernehmen. Ich glaube, dafür sollte ich das Kamel kriegen.“, erklärte O'Neill seinem Begleiter die Sache kurz und mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Daniel seufzte hörbar vor Verzweiflung. Langsam hatte er für Überraschungen so gar nichts mehr übrig. Alles Unerwartete war für ihn nur noch ein einziger Akt der Resignation und kostete ihn all seine Nerven. Besonders, wenn sie aus dem Mund des Colonels kamen.

 

„Hast du so etwas denn schon einmal gemacht?“, fragte er stoisch. Doktor Jackson hatte es aufgegeben nach dem Warum zu fragen, jetzt wollte er eigentlich nur noch wissen, ob jemand dabei zu Schaden kommen könnte.

 

„Ein paar Mal. Die Gebäude der Iraker im Golfkrieg waren auch nicht viel stabiler als diese Grabkammern.“, meinte Jack zuversichtlich und setzte sich in Bewegung. Er steuerte genau auf das Zelt zu, mit der Aufschrift 'Warnung'.

 

„Das kannst du doch nicht miteinander vergleichen?“, versuchte Daniel ihn zur Vernunft zu bringen, aber O'Neill würde sich wohl nicht mehr abhalten lassen. Das Jack das dann doch schon ein paar Mal gemacht hatte - damals, als er ausgebildet worden war - verschwieg dieser seinem Freund jedoch von vornherein, damit dieser sich noch etwas den Kopf zerbrechen konnte und vor Angst weiche Knie bekam. Den Triumph musste sich der Colonel einfach gönnen.

 

„Immer mit der Ruhe, Dannyboy, ich mache das schon. Vertrau mir zur Abwechslung doch einfach mal. Ich habe auch gelernt, eine Tür allein mit einem Kaugummi und einer Armbanduhr in die Luft zu jagen.“, erwiderte Jack nüchtern, hielt inne, drehte sich um und sah seinen Freund an, während er ihm beruhigend die Hände auf die Schultern legte.

 

„Wer bist du, McGyver?“, fragte dieser patzig, dann jedoch ging ihm ein Licht auf und er fügte hinzu, bevor Jack antworten konnte: „Darum geht es dir also bei diesem Ausflug?“

 

„Denkst du etwa, ich tue das ganz allein für dich?“, entgegnete Jack mit einer Gegenfrage.

 

Daniel stellte ein für allemal klar: „Ich traue dir Jack, auch wenn ich nicht immer verstehe, was in deinem Kopf vorgeht.“ Das war alles, was sein Gegenüber hatte hören wollen, damit war die Diskussion für ihn so gut wie beendet. Nur eines musste er noch loswerden.

 

„Dito!“

 

**********

 

Abends hatte sie sich dann alle an einer festlich gedeckten Tafel niedergelassen. Jack hatte es mit Erfolg geschafft, den Eingang freizulegen, Daniel war dabei nicht tausend Tode gestorben und die Arbeiter waren in Jubelschreie verfallen. Alles in allem ein gelungener Nachmittag. Nach dem Essen saßen sie noch lange in einer geselligen Runde zusammen. Einmal mehr erfuhr Colonel O'Neill, was für ein Wirbelwind Daniel damals schon gewesen war.

 

„Einmal hast du all die Steine, die wir so mühsam zusammengetragen und richtig zusammenzusetzen versucht hatten, so lange vertauscht, dass die Inschriften nachher zwar einen vollkommen anderen Sinn ergaben als vorher, es aber vollkommen richtig angeordnet war. Wir haben uns immer gefragt, wie du das damals gemacht hast. Deine Mutter wusste von Anfang an, dass du etwas ganz besonderes sein würdest.“, erzählte Ms. McCoy, in Erinnerung schwelgend.

 

„Aber ich war doch erst fünf. Wie konnte ich die Fragmente denn verschieben?“, wollte Daniel verwundert wissen. Er konnte sich das unmöglich vorstellen, geschweige denn sich daran erinnern. Es war schon zu lange her.

 

Josephine entgegnete: „Oh, wir hatten verschiedene Fotos von den Fundstücken geschossen und sie auch schon ausgebreitet. Du musst es für eine Art Puzzle gehalten haben. Dein Vater ist fuchsteufelswild geworden, als er dich inmitten der Bilder entdeckt hatte.“ Sie konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als sie an die Situation zurückdachte und auch Jack musste schmunzeln, als er sich klein Danny, zwischen Fotos sitzend und zu seinem Vater aufblickend, vorstellte.

 

„Er ist des Öfteren mal laut geworden, wenn ich Ärger gemacht habe.“, erinnerte sich Daniel kleinlaut. Er hatte seinen Vater sonst eigentlich nie wütend erlebt, außer es ging um dessen heiß geliebte Arbeit.

 

„Konntest die Finger nicht von Sachen lassen, die dich nichts angingen, was? Und wenn ich dich ermahne, beschwerst du dich?“, mischte Jack sich besserwisserisch und amüsiert ein. Er liebte es, seinen jungen Freund zu necken. Es war manchmal sicher noch von Vorteil diese kleinen Details von Jacksons Vergangenheit zu kennen.

 

„Das ist etwas ganz anderes.“, verteidigte Daniel sich sofort und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Jetzt begannen sie schon wieder, sich wie Schuljungen zu zanken und es machte ihnen sogar Spaß, was natürlich keiner von beiden gegenüber dem anderen zugegeben hätte.

 

„Ist es nicht und das weißt du auch.“, gab Jack patzig zurück und duldete keine weitere Widerrede seitens seines Freundes.

 

Daniel, der nicht weiter auf diesem Thema herumreiten wollte, wechselte zu einem ihm wichtigeren Punkt über, indem er fragte: „Was können sie mir noch über meine Mutter erzählen, Mrs. McCoy?“

 

**********

 

Sie waren erst kurz vor Sonnenaufgang wieder auf dem Weg ins Hotel. Nach einem langen Essen und einigen alkoholischen Getränken hatten sie es sich beide für ein paar Stunden in einem Zelt der Arbeiter gemütlich gemacht. Jack hatte Daniel dann morgens wieder halbwegs geweckt, damit dieser sich in den Wagen setzte und war mit ihm davongefahren. Verabschiedet hatten sie sich schon letzte Nacht oder in den frühen Morgenstunden, so genau konnte das keiner von beiden mehr sagen.

 

Als sie in ihrem Hotelzimmer ankamen, ließen sich beide erschlagen in ihre Betten fallen und schliefen auch sofort ein. Erst Stunden später erwachten sie wieder, da die Sonne sie durch das geöffnete Fenster wach kitzelte. Daniel, welcher das Glück gehabt hatte, länger schlafen zu können, öffnete als erster die Lider und blinzelte orientierungslos der Helligkeit entgegen. Erst eine geraume Weile später fiel ihm wieder ein, wo er und wie er hierher gelang war. Jack schlummerte neben ihm noch immer friedlich.

 

Einige Minuten danach hatte er sich endlich soweit gebracht, aufzustehen und Frühstück zu bestellen. Eine kalte Dusche war das Nächste, was er in Angriff nahm. Danach fühlte er sich wieder mehr wie ein Mensch und sah wahrscheinlich auch wieder so aus. Daniel nahm wieder auf dem Bett platz und beobachtete seinen Freund, welcher friedlich schlief. Er wollte Jack nicht wecken, jedenfalls nicht, bis das Frühstück nicht da wäre. Doch er brauchte gar nicht einmal mehr so lange warten, denn Jack erwachte in diesem Augenblick ebenfalls zum Leben.

 

„Wieso starrst du mich an?“, fragte er stoisch. Er setzte sich langsam auf.

 

„Nur so.“, erwiderte Daniel ebenso gelassen und zog leicht die Augenbrauen hoch.

 

Jack wechselte das Thema: „Ich gehe duschen, wenn es dir nichts ausmacht. Es klebt Sand an Stellen meines Körpers, die ich lieber nicht erwähnen möchte.“

 

„Erinnert dich das an etwas?“, hakte Jackson nach.

 

„Abydos. Wir werden wohl nie lernen, uns von Wüsten fern zuhalten.“, antwortete O'Neill grinsend und stand auf, um seine steifen und schmerzenden Glieder zu dehnen.

 

„Ich habe Frühstück bestellt. Ich hoffe, du hast Hunger auf Pfannkuchen.“ Daniel erhob sich ebenfalls und begab sich schlurfend in Richtung Balkon. Er öffnete die Mannshohen Türen und ließ die noch angenehm kühle Vormittagsluft in das Zimmer.

 

„Klingt klasse. Ich beeil mich.“ Jack tippelte über den angewärmten Boden in Richtung Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.

 

Daniel rief ihm nach: „Lass dir ruhig Zeit, ich habe ihnen gesagt, dass wir es erst in einer Stunde haben wollen und das war vor fünfundzwanzig Minuten.“

 

„Dann wolltest du mich mit dem Gestarre also doch wecken.“, bemerkte Jack wissend und lugte hinter der Tür hervor. Seines T-Shirts hatte er sich bereits entledigt.

 

„Nein, aber es war ein willkommener Nebeneffekt.“, erwiderte Daniel Jackson mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht.

 

„Für dich vielleicht.“, entgegnete O'Neill wenig begeistert.

 

Der junge Anthropologe verteidigte sich: „Es ist Weihnachtsmorgen, Jack. OK, es ist gleich elf, aber immerhin.“

 

„Erwartest du etwa noch mehr Geschenke?“, fragte Jack patzig, während er noch einmal zu seinem Bett zurückkehrte, um etwas aus seiner Tasche, welche darunter verstaut war, zu holen. 

 

„Nein, aber ich erwarte, dass du dich über meines freust.“, antwortete Daniel ernst. Er hatte sich Mühe gegeben, dieses Geschenk zu besorgen. Besonders da seine übrigen Präsente bei ihm zu Hause lagerten. Jack hatte vor ihrer Abfahrt so gehetzt, dass er keine Zeit mehr gehabt hatte, sie einzupacken. Seinen Freund hätte er ja wohl kaum darum bitten können.

 

„Wann hast du ein Geschenk für mich besorgt?“, wollte Jack irritiert wissen. Sie waren eigentlich die ganze Zeit zusammen gewesen, außer vielleicht als Daniel sich mit Ms. McCoy unterhalten hatte, aber da wird er sich wohl nicht um so etwas Belangloses gekümmert haben.

 

„Als du die Grabkammer in die Luft gejagt hast. Ich konnte es eh nicht mit ansehen.“, gestand Doktor Jackson trat vom Balkon wieder in den Raum. Er hielt es eh nicht lange auf solchen aus, da sich immer wieder seine Höhenangst meldete. Jack hingegen stand auf Höhen, darum hatte er sich sicher auch das Zimmer im obersten Stock dieses Hotels ausgesucht.

 

Jack erwiderte: „Ah, na dann. Ich freue mich nach der Dusche, wenn es dir nichts ausmachst.“ Er hatte gefunden, was er gesucht hatte und verschwand wieder ins Bad.

 

„Tu dir keinen Zwang an.“, rief Daniel ihm nach, bevor die Tür ins Schloss fiel.

 

**********

 

„Frühstück gut!“, sagte Colonel O'Neill zwischen zwei Bissen und einem Schluck von seinem Kaffee. Mehr Worte hielt er nicht für angebracht. Sein Körper lechzte nach Ballaststoffen und Koffein, er musste diesem Verlangen einfach freie Hand lassen.

 

„Schön, dass es dir schmeckt.“, meinte Daniel abwartend. Er hatte seine Pfannkuchen noch nicht angerührt, obwohl er ebenfalls Hunger hatte. Er hatte gehofft, er könnte Jack erst sein Geschenk geben, bevor sie sich über das Frühstück hermachten. Leider hatte Jack darauf keine Rücksicht genommen.

 

„Gib Geschenk.“, forderte O'Neill seinen Freund auf. Er hatte das enttäuschte Gesicht seines Freundes nicht übersehen und konnte wohl kaum zulassen, dass dieser verhungerte.

 

„Macht es dir eigentlich Spaß wie ein Neandertaler zu reden?“, fragte Daniel unverblümt.

 

Jack erwiderte nur: „Gib, sonst setzt es was mit Keule.“

 

„Hier.“ Daniel reichte ihm einen weißen Umschlag. Es hätte ebenso gut eine Rechnung sein können. In Doktor Jackson s Handschrift war der Name des Colonel darauf geschrieben worden.

 

„Ein Auto?“, fragte Jack mit vollem Mund und schluckte dann erst das Essen herunter.

 

„Jack!“, ermahnte Daniel ihn ernst. Im Moment frustrierte es den jungen Anthropologen, dass sein Freund aus allem einen Scherz machen musste.

 

„Bücher?“, machte Jack unbeirrt weiter. Er wollte seinem Freund heimzahlen, dass er ihn die ganze Zeit mit Fragen genervt hatte. Das war sein gutes Recht.

 

„Mach es einfach auf.“, bat Daniel mit zusammengebissenen Zähnen.

 

„Klamotten?“ Ein letztes Mal hatte Jack das noch machen müssen. Vielleicht bekam er ja nie wieder die Gelegenheit dazu. So wie sein junger Freund ihn in diesem Augenblick ansah, wohl eher weniger. Er musste um sein Leben bangen.

 

„Jack!“, fuhr Daniel gereizt auf. Ohne ein weiteres Widerwort öffnete Jack den Umschlag und zum Vorschein kamen zwei Hochglanzpapierstreifen. Er besah sie sich kurz und die Abbildung eines Flugzeuges in der oberen linken Ecke verriet sofort, worum es sich handelte. 

 

„Flugtickets?“, fragte O'Neill verwundert. Ein Scheck oder ein Gutschein hätte er eher erwartet. „Ich bin sicher, ich habe welche gekauft.“ Ehrlich gesagt, verstand er nicht ganz, was das sollte.

 

„Ich habe sie umgetauscht.“, gestand Daniel nuschelnd, weil er nicht wusste, wie Jack reagieren würde.

 

„Wieso?“, fragte dieser lediglich.

 

Daniel setzte an: „Weil ich gehofft habe... auch lies doch einfach, was draufsteht.“ Er wollte sich nicht weiter rechtfertigen. Das wäre auch nicht nötig, wenn Jack sich einmal erst alle Fakten ansehen und dann Fragen stellen würde. Aber dieser hatte einfach nie die Geduld dazu, aber von anderen erwartete er das.

 

„Österreich?“ Im ersten Moment wusste O'Neill nicht, was er damit anfangen sollten, dann ging ihm ein Licht auf: „Heißt das...“

 

„Du bekommst deinen Schnee, deinen Fallschirmsprung und dein Snowboard. Es ist bereits alles geregelt. Sam schickt uns Sachen, deine Freunde haben eine nette kleine Berghütte aufgetrieben und werden uns vom Flughafen abholen. Ich musste nur noch unseren Flug umbuchen.“, erläuterte Daniel schnell alles Weitere, bevor Jack noch mehr Fragen stellen konnte.

 

„Das ist... WOW!“, brachte dieser nur noch heraus. Er war sprachlos, da er damit nicht gerechnet hatte. Er gewöhnte sich aber sehr schnell an den Gedanken.

 

„Frohe Weihnachten.“

 

„Hältst du dein Versprechen?“, hakte Jack mit misstrauischem Gesichtsausdruck nach.

 

„Ja, sicher.“, antwortete Daniel überzeugt. Er wusste zwar noch nicht, wie er das überleben sollte, aber er würde sich eh nicht gegen einen Haufen Soldaten wehren können.

 

„Dann Jack sich freuen.“, begann der Colonel wieder wie ein Steinzeitmensch zu sprechen.

 

„Daniel glücklich.“, äffte Doktor Jackson ihn nach und grinste.

 

**********

 

Am frühen Vormittag des Folgetages ging ihr Flugzeug und nicht ganz vier Stunden später landeten sich auf dem Wiener Flughafen. Kurz darauf traf auch die Maschine mit ihren Koffern ein. Sofort wurden sie von Jacks Freunden in Beschlag genommen. Zu Daniels Erstaunen handelte es sich bei den Männern nicht ausschließlich nur um Soldaten, sondern auch um einige Wissenschaftler.

 

Das überraschte ihn dann doch. Natürlich hatten auch diese militärische Ränge inne, aber er würde sich ebenso mit ihnen unterhalten können. Er hatte schon Befürchtungen gehabt, dass alle so sein würden wie Jack. Jackson hatte schließlich nichts für Sport übrig, mochte weder Jagen noch Fischen und auch ansonsten hatte er nicht viel mit seinem Freund gemeinsam. Sie fuhren direkt zur Hütte, wo beide erst einmal ihre Sachen auspackten und sich etwas Wärmeres anzogen.

 

Sie hatten sich noch zu einem kleinen Ausflug auf Skiern verabredet, ehe sie etwas essen wollten, denn das Restaurant lag am Fuß des Berges und er war einfach zu faul zum Kochen. Bald würde die Dämmerung einsetzen, doch Jack hatte die verbleibende Zeit noch unbedingt nutzen wollen. Er musste dem Schnee wenigstens guten Tag sagen und Daniel würde sich so auch viel schneller an das kältere Klima gewöhnen.

 

„Ich kann nicht glauben, dass das so gut geklappt hat.“, bemerkte Jack, während er sich die Schneeschuhe anzog. Er hatte gerade die letzte Schnalle festgezogen und ließ diese nun einrasten. Daniel war noch nicht ganz so weit. Er kämpfte noch mit seinem Pullover.

 

„Ich habe halt Talent darin, Dinge zu organisieren.“, lobte Doktor Jackson sich selbst. Jetzt zog auch er sich die Jacke an, welche Jack bereits trug.

 

„Gut, dann will ich zu meinem Geburtstag auf eine einsame Insel ohne euch. Organisier das!“, wies O'Neill ihn im Scherz an, obwohl ihm der Gedanke, einen Tag allein und ohne Verantwortung sein zu können, schon behagte. Außerdem müsste er dann nicht daran denken, dass schon wieder eine Kerze mehr auf seinem Kuchen sein würde. Er mochte Geburtstage nur nicht seinen eigenen.

 

Daniel erwiderte: „Ich werde es versuchen, aber du wirst das wohl nur mit Thor-zurück-Garantie bekommen.“

 

„Dann musst du ihnen verständlich machen, dass ich mich auf Kompromisse nicht einlassen werde.“, stellte Jack klar, auch wenn das nur ein Wunschtraum bleiben würde. Es war leichter noch eine unbewohnte Insel zu finden, als Hammond zu überreden, ihn ohne Pieper aus der Basis zu schicken oder gar mit Beamschutz. Selbst jetzt trug er sein Handy immer bei sich.

 

„Jawohl, Sir!“ Daniel salutierte grinsend vor ihm und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren, da er gerade dabei gewesen war, sich in seine Schneeschuhe zu zwängen. Im selben Moment sprang die Tür auf und einer von Jacks Freunden - sein Name war Steve - betrat den Raum.

 

„Jack, Daniel, seit ihr soweit?“, fragte dieser etwas gehetzt. Sie wollten nicht erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück sein.

 

„Wir kommen gleich.“, entgegnete Jack beschwichtigend und richtete sich auf.

 

„Du hast ihnen doch hoffentlich gesagt, dass Schnee mich nicht besonders gut leiden kann, oder?“, hakte Daniel unsicher nach. Er wusste selbst, dass er keine gute Figur auf Skiern machte, aber er war sich zumindest zu fünfzig Prozent sicher, dass er es überleben würde. Es war ja nur einmal den Berg herunter. Das konnte nicht so schwer sein.

 

„Sicher!“, versicherte Jack ihm, doch er glaubte seinem älteren Freund kein Wort.

 

„Jack?“, ermahnte Daniel ihn zur Wahrheit.

 

Jack winkte nur ab: „Vertrau mir!“

 

**********

 

„Wieso habe ich dir noch einmal gleich vertraut?“, wollte Daniel maulend wissen und humpelte zum nächstgelegenen Sessel, während Jack die Tür hinter ihnen schloss. Die einfache Abfahrt hatte sich als heimtückische Falle herausgestellt und Daniel war unglücklich gelandet. Er hätte vielleicht vorher fragen sollen, wie man mit diesen Brettern unter den Füssen bremste, anstatt darauf zu vertrauen, dass er es auch so irgendwie hinbekommen würde.

 

Er war letztendlich auch zum Stillstand gekommen, nur nicht so, wie er es gewollt hatte. Das hatte seinem Knie einen Dämpfer verpasst. Der Arzt hatte etwas von einer Stauchung gesagt und dass er das Bein schonen sollte. Wenigstens hatte sie deswegen nicht wieder den Berg hochlaufen müssen. Es war ja nicht einmal ein Berg gewesen, sondern schätzungsweise nur ein kleiner Hügel - zumindest von Jacks Warte aus.

 

„Ich konnte doch nicht ahnen, dass du dich so unfähig anstellen würdest.“, verteidigte sich der Colonel und begann sich von den überflüssigen Sachen zu entledigen.

 

„Ich habe dir gesagt, dass Schnee mich nicht besonders mag.“, lies Daniel weiterhin seinem Frust freien Lauf und machte Jack somit indirekt Vorwürfe. Das wollte er zwar nicht, aber es war leichter als auf sich selbst sauer zu sein.

 

Jack versuchte die Situation mit einem schlechten Scherz aufzuheitern: „Der Berg hatte wohl eher etwas gegen dich.“ Damit machte er es aber auch nicht besser.

 

„Das ist nicht witzig.“, fauchte der Anthropologe ihn wütend an.

 

„Das ist meine Art, dir mitzuteilen, dass ich froh bin, dass du dir nichts gebrochen hast.“, gab O'Neill patzig zurück. Was konnte er denn dafür, dass sein Freund zwei linke Füße hatte.

 

„Meinem Knie geht es dadurch auch nicht besser.“

 

„Der Arzt sagte, dass es bald wieder wie neu sein würde.“, versuchte Jack diese Auseinandersetzung zu beenden.

 

Daniel wandte verbittert ein: „Du hast leicht reden. Du kannst immerhin noch laufen.“

 

„Oh ja, meinen Knien geht es ja auch soviel besser nach etlichen Operationen.“, maulte Jack zurück. Er hatte genug von der missratenen Laune seines jungen Freundes. Sie verdarb ihm nämlich allmählich die letzte Freude an diesem Urlaub. Außerdem plagten ihn bereits erste Schuldgefühle, weil er nicht besser aufgepasst hatte und es darüber hinaus auch noch seine Idee gewesen war. Er kniete jetzt vor Daniel und half auch ihm aus den feuchten Klamotten und den schweren Stiefeln. Wenigstens das konnte Jack für ihn tun.

 

Jackson seufzte resignierend: „Wieso streiten wir eigentlich?“

 

„Weil du frustriert bist und mich Gewissensbisse plagen.“, antwortete Jack ehrlich und feuerte die Schuhe in die nächstbeste Ecke es Raumes.

 

„Aber du kannst doch nichts dafür.“, versuchte Daniel den Ansatz einer Entschuldigung.

 

„Ich wollte mit dir hierher oder nicht?“, wandte Colonel O'Neill ein.

 

„Aber ich wollte nicht bis nächstes Jahr warten. Außerdem hätte ich vorsichtiger sein müssen.“, erwiderte Daniel mit einem ebenso überzeugenden Gegenbeweis.

 

„Das ist wahr.“, konnte Jack ihm da nur zustimmen und schmunzelte leicht.

 

„He!“, fuhr sein junger Freund lachend auf. Damit war auch diese sinnlose Diskussion so gut wie beigelegt.

 

Jack blieb eigentlich nur noch eines zu sagen: „Einigen wir uns darauf, dass wir beide Schuld haben und gehen ins Bett.“

 

„OK, ich bin auch hundemüde.“, stimmte Daniel ihm zu und gähnte wie zur Bestätigung ausgiebig. Jack wollte seinem Begleiter gerade auf die Beine helfen, als es an der Tür klopfte. Ein lautes Seufzen entwich O'Neills Kehle.

 

„Ich geh und wimmle ab, wer immer auch vor der Tür steht.“, teilte er seinem Freund mit und war auch schon auf dem Weg zur Tür.

 

„Und ich“, begann Daniel seinen Satz brach dann aber ab, als sein Knie, bei dem Versuch, sich zu erheben, schmerzte. Er ließ sich mit den Worten in den Sessel zurück sinken: „bleibe einfach hier sitzen.“

 

**********

 

„Steve!“, sagte Colonel O'Neill verwundert. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, hatte er direkt in das Gesicht seines damals besten Freundes und immer noch guten Kumpels geblickt.

 

„Pizza?“, fragte dieser unverblümt und betrat den Raum ohne auf eine Einladung von Jack zu warten. Hinter ihm betrat auch der Rest der Truppe die kleine Hütte. 

 

„Eigentlich...“, setzte Jack zu dem Versuch eines Einwands an, doch er kam nicht sehr weit, da er von Mark unterbrochen wurde. 

 

„Wir haben auch Bier dabei.“, meinte dieser und hob zwei Sixpacks in die Höhe.

 

„Daniel...“, versuchte Jack es noch einmal, aber wieder ohne Erfolg.

 

Ben - einer der beiden Wissenschaftler - winkte ab: „Für ihn Alkoholfrei versteht sich.“

 

„Aber...“ Wie erwartet, kam Jack einmal mehr nicht über das erste Wort seines Satzes hinaus. Er wurde einfach ignoriert. Er mochte seine Freunde sehr, aber im Moment wollte er ihnen am Liebsten die Hälse umdrehen. Er bereute es, seine Dienstwaffe nicht mitgenommen zu haben, weil Daniel sich sonst nur aufgeregt hätte.

 

„Ach ja, und die Mädels, die wir heute kennen gelernt haben, schauen auch noch lang.“, teilte Jimmy ihnen beiläufig mit, während er sich die Schuhe auszog.

 

„Ich will euch wirklich nicht den Spaß verderben, aber...“, setzte Jack noch einmal zu einem Einwand an, doch langsam glaubte er, damit heute keinen Erfolg mehr zu haben.

 

„Du hast recht, sie sind etwas jung, aber wir sind halt immer noch so unwiderstehlich wie in unserer Jugend. Das ist eine Bürde, mit der wir lernen sollten zu leben.“, erwiderte Jimmy sarkastisch. Er hatte das aus Jacks Worten gemacht, was er haben wollte. Damit hatten sie ihren Inhalt für die anderen verloren, die vielleicht noch etwas Anstand besessen hätten. Er wusste zwar nicht, wer das sein sollte, aber er hatte immerhin noch eine kleine Hoffnung auf einen ruhigen Abend allein mit seinem Freund gehabt.

 

„Kommt doch rein.“, resignierte Jack und schloss endgültig die Tür hinter seinen Freunden, die es sich bereits in dem kleinen Aufenthaltsraum der Blockhütte gemütlich gemacht hatten. Er warf Daniel einen entschuldigenden Blick zu und dieser verzieh ihm stumm. Keiner hätte diesen Ansturm wohl zurückschlagen können. Es war noch früh und sicher würden sie nicht so lange bleiben. Er betete innerlich dafür.

 

**********

 

Seine vier Freunde blieben dann doch bis in die frühen Morgenstunden, obwohl die Frauen, von welchen Jimmy gesprochen hatte, nicht mehr aufgetaucht waren. Irgendwann nach der Pizza und vor dem zweiten Bier war Daniel dann doch endlich auf dem Sessel eingeschlafen und Jack wären auch beinahe die Augen zugefallen, hätten seine Freunde ihn nicht mit Fragen wach gehalten.

 

Manchmal wünschte er sich, auch so einen tiefen Schlafen haben zu können, wie sein junger Freund. Aber all die Jahre als Soldat hatten ihn zu wachsam werden lassen. Endlich wurden die anderen dann doch noch müde oder beschlossen, Jack nicht länger zu quälen, und verabschiedeten sich von ihm. Bis auf Steve waren alle schon gegangen und auch dieser steckte bereits in seiner Jacke und seinen Schuhen.

 

„Gute Nacht. Wir sehen uns dann morgen.“, verabschiedete er sich von Jack.

 

Dieser erwiderte gähnend: „Sicher. Ich werde ihn erst einmal ins Bett schaffen.“ Mit dem Kopf zeigte er in Daniels Richtung, welcher gerade anfing, leise im Schlaf zu reden.

 

„Ich verstehe nicht, wie er bei unserem Krach einschlafen konnte.“, wunderte Steve sich ungläubig.

 

„Daniel würde selbst den Weltuntergang verschlafen, der Glückliche.“, erwiderte Jack lächelnd.

 

„Vermassle es nicht.“, gab Steve ihm den guten Rat, ehe er die Tür öffnete und in die Nacht hinaus trat.

 

„Was meinst du?“, fragte Jack und versuchte erfolglos unwissend zu klingen. Er hatte genau verstanden, worauf sein Freund hatte hinaus wollen, aber er konnte es unmöglich zugeben. Dann konnte er auch gleich seine Kündigung faxen. Das würde so ziemlich aufs Selbe hinauslaufen.

 

Steve entgegnete wissend: „Das weißt du doch ganz genau.“

 

„Zwischen ihm und mir ist nichts.“, lock Jack wenigstens halbwegs. Sie hatten die Grenze nie überschritten, jedenfalls nicht eindeutig, auch wenn sie von ihnen immer wieder stark verwischt worden war. Etwas Sexuelles war nie zwischen ihnen gewesen und es würde auch nie soweit kommen. Das hatten beide in stummer Übereinkunft entschieden. Sie würden es nicht brechen. Jedenfalls nicht in der näheren Zukunft. Irgendwann vielleicht, wenn sich die Lage geändert und sich die Unruhe in ihren Leben gelegt hatte. 

 

„Natürlich nicht.“, gab Steve zurück. Er verstand und akzeptierte diese Antwort. Er würde seinem Freund nicht schaden. Er wollte zu sehr, dass Jack glücklich war. Er klopfte dem Colonel aufmunternd auf die Schulter und winkte dann zum Abschied. „Nacht!“ Jack schloss hinter ihm die Tür und lehnte sich dagegen.

 

„Vielleicht habe ich es bereits vermasselt.“, seufzte er verunsichert, schüttelte die aufkommenden Fragen über Daniels sowie seine Zukunft ab und kümmerte sich darum, dass sein junger Freund wenigstens soweit wach wurde, dass er ihn ins Bett schaffen konnte. Kurz nachdem er Daniel zugedeckt hatte, schlief auch er in seinen Bett erschöpft ein.

 

**********

 

Am nächsten Abend betraten sie Daniels Wohnung, nachdem sie etliche Stunden zurückgeflogen waren. Jack ließ die Koffer neben der Tür fallen und half dann seinem jungen Freund, es sich im Wohnzimmer auf der Couch gemütlich zu machen.

 

„Wir hätten wirklich nicht nach Hause fahren müssen.“, meinte Daniel nun schon zum wiederholten Male, seit sie ihre Koffer gepackt und in das Flugzeug gestiegen waren.

 

Jack erwiderte verständnisvoll: „Ich bin aus einem Flugzeug gesprungen, du hast dir wehgetan, wir haben allerhand über den anderen erfahren, was wir am Liebsten verdrängen würden, und wir haben uns vollkommen verausgabt. Ich denke, das reicht an Urlaub für die nächsten drei Jahre.“

 

„Da hast du wohl Recht.“, stimmte Doktor Jackson ihm zu und rutschte noch etwas weiter in die Kissen des Sofas. Er legte das schmerzende Bein auf dem Tisch ab, welcher auch nicht höher war als seine Sitzgelegenheit selbst.

 

„Natürlich habe ich das.“ Jack ging in den Flur zurück, um die Koffer zu holen und sie in Daniels Schlafzimmer zu bringen, damit sie niemanden, aber besonders nicht seinem Freund, im Weg standen.

 

„Und du bist sicher, dass ich dir den Urlaub nicht verdorben habe?“, fragte der junge Anthropologe unsicher nach.

 

„Hundertpro.“, antwortete O'Neill ernst.

 

„Gut.“

 

Jack setzte sich Daniel gegenüber auf den kleinen Tisch und blickte seinen Begleiter einen Moment lang in die Augen, ehe er sich abwandte und wie beiläufig frage: „Wie geht es deinem Knie?“

 

„Besser.“, erwiderte Daniel nur. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, denn Jack benahm sich schon eine ganze Weile sehr merkwürdig. Sie redeten nicht mehr so miteinander wie noch in der Nacht zuvor. O'Neill sah ihn ja nicht einmal mehr länger als ein paar Sekunden an, als wäre zu langer Blickkontakt etwas Verwerfliches.

 

„Ich werde Janet anrufen, damit sie es sich noch einmal ansieht.“, meinte Jack und erhob sich wieder, um sich zum Telefon zu begeben, welches auf dem kleinen Tresen stand.

 

„Das ist nicht nötig.“, wehrte Daniel ab. Er wollte niemanden sehen, denn das würde bedeuten, dass ihre gemeinsame Zeit nun vorbei war. Wahrscheinlich war es diese Erkenntnis, die den Colonel dazu brachte, sich so merkwürdig zu verhalten. Sie konnten nicht mehr zurück. Das Unvermeidliche war eingetreten.

 

„Doch ist es.“, beharrte Jack auf seiner Meinung.

 

Jackson entgegnete resignierend: „Sag ihr, dass sie Cass mitbringen soll.“

 

**********

 

„Möchtest du einen Tee?“, fragte Jack aus der Küche rufend.

 

„Gern.“ Daniel lugte über den Tresen hinweg, um seinem Freund zusehen zu können. Er hasste es, wenn er den, mit dem er redete, nicht ansehen konnte. Besonders, wenn es sich m einen aus seinem Team handelte. Sie schwiegen sich erneut an, wie auch schon die ganze Zeit seit Jack Doktor Jackson angerufen hatte. Ihr Zusammensein fühlte sich aufgezwungen an. So war es seit ihrer Mission zu Abydos nicht mehr gewesen. Es dauerte geschlagene zehn totenstille Minuten ehe O'Neill mit zwei Tassen zu ihm zurückkehrte.

 

„Hier.“ Er reichte Daniel eine der Tassen und nahm wieder auf dem Couchtisch platz, wo er auch den anderen Becher abstellte. Nicht ganz drei Sekunden später sprang er dann wieder auf und begann nervös im Zimmer auf und ab zu laufen. Langsam wurde Daniel dieses, sich gegenseitig ignorieren, zu bunt.

 

Deshalb fragte er: „Was ist auf einmal los mit dir, Jack?“

 

„Was meinst du?“, antwortete O'Neill mit einer Gegenfrage, so als wüsste er nicht ganz genau, was sein Freund eigentlich gemeint hatte.

 

„Du verhältst dich so abweisend seit wir in das Flugzeug gestiegen sind. Ist etwas nicht in Ordnung? Habe ich etwas gesagt oder getan...“, versuchte Daniel dennoch, sich zu erklären, wurde aber von Jack unterbrochen.

 

„Es ist nicht deine Schuld.“, wehrte dieser den Anflug von Reue, den sein Gegenüber verspürte, von vornherein ab,  „Ich bin nur müde.“ Das war gelogen und beide wussten das. Jack wollte dem Gespräch nur ausweichen, nichts weiter.

 

„Das kaufe ich dir nicht ab. Was ist wirklich das Problem?“, brachte Daniel die Sache auf den Punkt. Er wollte endlich Klarheit, in Bezug auf ihre Beziehung - wie auch immer diese aussehen mochte. Er ahnte die Antwort auf seine Frage bereits, doch er wollte sie aus dem Mund seines Freundes hören. Das war dieser ihm schuldig. Er musste jetzt mit Jack darüber reden, sonst würden sie es nie mehr tun.

 

„Ich weiß auch nicht.“, gab O'Neill ehrlich zu. „Es ist kompliziert.“ Genau so empfand er ihre momentane Situation. Einerseits wollte er etwas an der Beziehung zu seinem Kameraden ändern, zum anderen konnte es unmöglich mehr sein, als sie bereits hatten. Sein Job verbot Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen und genau das waren sie. Er könnte nicht mehr objektiv bleiben - so viel es ihm ja schon unendlich schwer. Er ertappte sich immer öfter dabei, wie er das Leben seiner drei Kameraden über das anderer Soldaten stellte. Er wollte nicht auch noch gezwungen sein, zwischen ihnen selbst wählen zu müssen.

 

„Versuche es mir zu erklären.“, bat Daniel sanft. Er wollte Jack auf keinen Fall zu etwas zwingen, ganz egal wie wichtig ihm diese Aussprache auch immer war. Seinem Freund fiel es immer noch schwer, über seine Gefühle zu sprechen, auch wenn er sich bereits ein Stück weit geöffnet hatte.

 

„Diese paar Tage waren toll, aber sie haben auch einiges geändert. Besonders zwischen uns. Ich... das ist nicht gut.“, erklärte Jack das Offensichtliche. Jetzt konnte keiner von beiden es mehr leugnen oder es gar einfach so totschweigen.

 

Jackson erwiderte irritiert: „Es ist doch aber von dir ausgegangen.“

 

„Ich dachte... ich nahm an... ich hätte niemals soweit gehen dürfen.“, strauchelte O'Neill vollkommen durcheinander. Er wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Es war alles so konfus in seinem Geist. Gedanken schossen wie wild durcheinander und machten es ihm unmöglich, einen sinnvollen Satz hervorzubringen, der sein Verhalten hätte erklären können. Vielleicht war das ja auch das Problem - er konnte sich nicht rechtfertigen, weil er sich selbst nicht verstand.

 

„Was hast du schon Verwerfliches getan, außer mich freundschaftlich in den Arm zu nehmen?“, wollte Daniel wissen. Für ihn war ihre Freundschaft durch diesen Urlaub nur noch gewachsen, falls das überhaupt noch möglich war. Sie hatten sich seit langer Zeit endlich mal wieder keine Sorge um die Etikette machen müssen.

 

„In der Basis hätte man solch ein Verhalten auch ganz anders interpretieren können. Es gibt so schon genug Gerüchte über uns.“, stellte Jack klar. Er wollte nicht noch mehr Gerede, keine Spekulationen, die es ihren Widersachern ermöglichen könnten, ihn aus dem Programm zu vertreiben. Die Etikette zu wahren, war für ihn überlebenswichtig.

 

„Aber wir waren nicht im Mountain und ich bin sicher, dass du es dort auch nicht getan hättest.“, wandte Doktor Jackson ein.

 

Jack entgegnete aufgebracht: „Was, wenn es wieder passiert? Was, wenn ich mich irgendwann nicht mehr beherrschen kann, wenn ich die Kontrolle verliere?“ Das war es doch, was ihm Angst machte, was ihn wütend auf sich selbst werden ließ. Seine Gefühle für Daniel hatte er sich bereits eingestanden - was ihn schon einiges an Überwindung gekostet hatte - da stellte das offene Bekenntnis seiner Zuneigung zwar eine für ihn erheblich kleinere Hürde dar, war aber immer noch ein Ding der Unmöglichkeit. Was er auch tat, wie er sich auch entscheiden würde, in seinen Augen würde beides das Falsche bleiben und einen Kompromiss war er noch nicht bereit zu schließen.

 

„Das wird nicht geschehen.“, versuchte Daniel ihn zu beruhigen.

 

„Woher willst du das wissen?“, brauste O'Neill auf. So einfach sah dieser ihre Situation nämlich nun einmal nicht. Gar nichts war leicht in seinem Leben, damit hatte er sich nach seinem ersten richtigen Kampfeinsatz abfinden müssen.

 

„Das wäre nicht deine Art.“, antwortete sein Gegenüber ruhig. Doktor Jackson wollte ihn beruhigen, aber es half nicht fiel.

 

„Dir etwas vorzulesen und dabei mit dir in einem Bett zu liegen war sonst auch nicht meine Art.“, erwiderte Jack ernst und wurde auch weiterhin lauter als von ihm beabsichtigt. Er wollte seinem Freund nicht die Schuld in die Schuhe schieben, sondern sich einfach nur Luft machen, all seinen Frust herauslassen.

 

„Aber das war doch mehr eine väterliche als sexuelle Geste.“, wehrte Daniel mit Nachdruck ab. Dieser wiederum wollte nicht, dass sein Freund die ganze Schuld allein auf seine Schultern lud. Auch er hatte dazu beigetragen, dass die Grenzen verwischt waren. Er hätte es nicht einfach geschehen lassen sollen, egal wie sehr es sich sein Herz auch gewünscht hatte - es noch immer tat.

 

„Aber allein die Tatsache, dass sie als solche hätte identifiziert werden können, bedeutet doch, dass sie nicht ganz unschuldig hatte sein können. Es musste mehr als das dahinterstecken.“ Das war auch so gewesen. Tief in sich hatte Jack das genau gespürt. Es hatte eine unstillbare Befriedigung in ihm ausgelöst, die wenig Harmloses an sich hatte, die über freundschaftliche Zuneigung hinausging. Es hatte ihn an andere Nächte, mit anderen Menschen erinnert, bei denen er mehr als nur Freundschaft verspürt und auch ausgelebt hatte. Sex war in diesen Fällen auch immer von Bedeutung gewesen.

 

Daniel fragte hoffnungsvoll: „Also gibst du es zu?“

 

„Ich will nicht, dass das noch einmal passiert, Daniel.“, stellte Colonel O'Neill klar.

 

„Ich weiß, du hängst an deinem Job, aber...“, versuchte sein Gegenüber die Unterhaltung erfolglos in eine Richtung zu drehen, die ihm mehr zugesagt hätte. Der junge Anthropologe wollte, dass es zwischen ihnen endlich voranging, dass sich etwas zum Positiven veränderte. So, wie es war, sollte es nicht länger zwischen ihnen bleiben, doch er würde wohl vergeblich darauf warten müssen, dass sie die Grenzen neu definierten, mehr Platz für Auslegungen ließen. In naher Zukunft würde es eher stagnieren als vorangehen.

 

„Es geht hier nicht um den Job, sondern um mich. Ohne diesen Job werde ich verrückt werden. Ich halte es zu Hause einfach nicht aus. Ich bin nicht gerne untätig. Ich überlebe ja nicht einmal ein Wochenende, ohne mein ganzes Haus auf den Kopf zu stellen.“ Jack hatte Angst davor, nutzlos zu sein, mehr noch, als die Kontrolle zu verlieren. Er fuhr ohne Unterlass fort: „Ich würde den Ruhestand einfach nicht überleben. Ich würde durchdrehen. Ich wäre noch unerträglicher als sowieso schon und ich würde mich selbst hassen. Außerdem braucht uns die Welt jetzt dringender als wir einander.“

 

So viel Ehrlichkeit hatte Daniel nicht von seinem Freund erwartet. Das verblüffte ihn und machte ihn für einen Moment sprachlos. Er konnte Jack ja auch verstehen. Sehr gut sogar, denn auch er wusste, wie es sich anfühlte, wenn man überflüssig, war, wenn man alles zu verlieren schien, was einem wichtig war. Er hatte immer noch die Archäologie - er könnte unterrichten oder an Ausgrabungen teilnehmen. Sein Kamerad hingegen war ein Krieger und der Kampf war sein Leben. Jack wollte und konnte nichts anderes. Er war geboren, um die Menschheit in dieser intergalaktischen Schlacht anzuführen und zu triumphieren.

 

„Ich weiß, aber muss unsere Freundschaft darunter leiden?“, wollte Daniel wissen. O'Neill als Freund zu verlieren, wollte er auf keinen Fall riskieren, das war es, wovor er sich am Meisten fürchtete, denn dann würde er wieder alleine sein und er hasste es mehr als alles andere, sich einsam fühlen zu müssen.

 

Jack wandte ein: „Sie leidet nicht, wir schränken sie nur etwas ein, bis sich die Lage zu unseren Gunsten verbessert.“ Das das ein Widerspruch an sich war, wussten beide, doch keiner wagte, es zuzugeben oder gar darüber zu streiten. Es hätte nichts genutzt, denn Jack hatte eine Entscheidung für sich getroffen, die Daniel akzeptieren musste, so wie auch O'Neill die Entscheidung seines jungen Freundes hinnehmen würde, wie diese auch immer ausfiel.

 

„Also lässt du mir die Hoffnung, dass wir vielleicht irgendwann...“, begann Doktor Jackson , wurde aber sanft von dem Colonel unterbrochen.

 

„Irgendwann, aber so wie es aussieht eher später als früher.“, gab Jack zurück. Das musste beiden fürs Erste reichen, mehr war er nicht bereit ihnen einzuräumen, in einer Welt, in der nicht sie die Regeln machten, sondern die anderen.

 

„Damit kann ich leben.“ Beide nickten verstehend. Stumm kamen sie überein, dass sich in der fernen Zukunft durchaus etwas ändern könnte, wenn sie nur Geduld zeigten, und sich bis dahin mit dem zufrieden geben würden, was sie im Augenblick hatten. Im selben Moment läutete es an der Tür.

 

„Das ist sicher Janet. Ich werde jetzt gehen.“, meinte Jack nüchtern. Es war an der Zeit für ihn, zu gehen.

 

Daniel fragte hoffnungsvoll: „Sehen wir uns morgen?“

 

„Klar. Ich bring eine Pizza zum Mittag mit.“, antwortete O'Neill und stimmte damit einem unverbindlichen, rein freundschaftlichen Treffen zu. Er redete sich einfach ein, einen verletzten Freund zu besuchen und dafür zu sorgen, dass dieser nicht verhungerte. Um das jedoch vor sich selbst rechtfertigen zu können, würde er Teal'c oder Carter in diesen Abend mit einbeziehen. Jack verließ mit einem aufmunternden Grinsen die Wohnung. Sie hatten fürs Erste alles geklärt, sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Was jetzt noch blieb, war die Hoffnung, irgendwann zusammenzufinden und das war alles, was sie für brauchten.

 

„Danke!“, hauchte Daniel in die Leere des Zimmers in dem Bewusstsein, dass Jack es nicht mit den Ohren, dafür aber mit dem Herzen hören würde. Mehr wusste auch er nicht zu sagen.

ENDE

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