Der unerwartete Besuch by Athor
Summary: Jack verbringt dieses Jahr Weihnachten allein. Jedenfalls dachte er das. Doch plötzlich steht ein alter Bekannter vor der Tür, lädt sich selber ein und wirft Jacks ganze Planung über den Haufen. Kann Jack sich das so einfach gefallen lassen?
Categories: Stargate SG-1 Characters: Jack O’Neill (SG-1), Other Character
Genre: Friendship, General, X-Mas
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 4676 Read: 2214 Published: 20.12.11 Updated: 20.12.11
Story Notes:

Anmerkung: 1) Mal sehen, ob ihr nach der Inhaltsangabe direkt den Besucher erraten habt. *grins + zwinker* Auf jeden Fall wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen. Feedback ist mir wie immer sehr willkommen.
2) Ein herzlicher Dank geht auch dieses Mal wieder an meine Betareaderin Antares.

Staffel: 7. Staffel, nach Daniels Träume

1. Kapitel 1 by Athor

Kapitel 1 by Athor
Der unerwartete Besuch


Jack lief unstetig durchs die Räume seiner Wohnung. Aus dem Radio erklang Weihnachtsmusik und Jack fühlte sich unwohl. Das Haus war bereits geputzt und sauber. O’Neill hätte gerne zum Zeitvertreib auch noch den Wagen gewaschen, aber da es draußen fünf Grad unter Null waren, war an ein Einseifen des Autos nicht zu denken. Und anfallende Ausbesserungsarbeiten an der Außenfassade seines Hauses konnte er auch vergessen, da die Nachbarn wahrscheinlich nicht sonderlich entzückt wären, wenn er am Weihnachtsmorgen anfangen würde zu hämmern, zu bohren und zu sägen. Er wusste einfach nichts mit sich anzufangen.

Jack hatte das untrügliche Gefühl, dass sich irgendwie alles im Umbruch befand. Letztes Jahr hatten sie noch alle das Weihnachtsfest gemeinsam verbracht und nun, nur zwölf Monate weiter, war das ganze SG-1 Team in alle Richtungen verstreut.

Teal’c war zu den Hak’tyl aufgebrochen, um Ishta wiederzusehen. Die schöne Jaffa-Kriegerin hatte es seinem großen Freund offensichtlich angetan. Auch wenn T gegenüber Jack hartnäckig darauf bestanden hatte, dass er nur im Dienste der Jaffa-Rebellion zu dem Außenposten zurückkehren wollte, konnte sich Jack trotzdem ein wissendes Grinsen nicht verkneifen. Natürlich, alles nur im Dienste der guten Sache!, hatte O’Neill zwinkernd den ehemaligen Krieger von Apophis aufgezogen.

Sam war mit Pete Shanahan zu dessen Familie gefahren. Wenn Jack sich die Entwicklung dieser Beziehung und die Entschlossenheit, die Shanahan an den Tag legte so betrachtete, dann vermutete er, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis der Mann sich ein Herz fassen und Sam einen Antrag machen würde. Und dann ....

Jack seufzte. Dieses Spiel konnte er beliebig oft durchführen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie Sam sich entscheiden würde. Würde sie einen Antrag von Shanahan annehmen? Wenn ja, würde sie dann das SGC verlassen? Würde sie von Colorado Springs wegziehen? Würde sie ihre Militärkarriere für diesen Mann beenden? – Ein Gedanke der schmerzte und allein deshalb stoppte Jack diese fruchtlose Grübelei, bevor er sich noch weiter in ihr verlor, denn dann wäre er unweigerlich bei seiner Person gelandet.

Daniel! Auch den Wissenschaftler würde Jack dieses Jahr zu Weihnachten nicht zu Gesicht bekommen. Daniel nutzte die freien Tage, indem er mit Sarah Gardner Ägypten einen Besuch abstattete. Die Beiden hofften irgendwelche aufregenden Kunstschätze mit Hilfe von Osiris Erinnerungen, die noch tief in Sarahs Gedächtnis schlummern mussten, ausfindig zu machen. Jack konnte sich zwar etwas Tolleres vorstellen, als mitten im Dezember durch heißen Wüstensand zu laufen, doch Daniel war trotz Jacks mangelnder Begeisterung von diesem Projekt nicht abzubringen gewesen. Jack vermutete, dass hierbei allerdings weniger Daniels wissenschaftlicher Eifer eine Rolle spielte, als vielmehr der Wunsch, so viel Zeit wie möglich mit Sarah zu verbringen.

Jack gönnte es Daniel aufrichtig. Nachdem sie Sha’re schon nicht hatten retten können, war es ihnen wenigstens gelungen Sarah aus den Fängen der Goa’uld zu befreien. Außerdem passten Daniel und Sarah gut zueinander. Jack war öfters in der letzten Woche mit ihnen in der Kantine zusammen an einem Tisch gesessen und war sich schon nach sehr kurzer Zeit völlig überflüssig vorgekommen. Die beiden Wissenschaftler waren total versunken in ihren Gesprächen gewesen und hatten seine Anwesenheit binnen Minuten vergessen gehabt.

Das Einzige, was Jack daran störte, war dieser Name. Musste es von allen möglichen Frauennamen ausgerechnet ‚Sarah’ sein? Auch wenn die Schreibweise eine andere war, so weckte er in Jack doch zwiespältige Gefühle. Immer wenn Daniel von ihr schwärmte und ihren Namen erwähnte, wurde Jack an ‚seine’ Sara erinnert. Und obwohl ihre Trennung nun schon dermaßen lange zurück lag, belastete es ihn immer noch.

Überhaupt empfand Jack es als ungerecht. Jeder in seinem Team schien auf irgendwelchen Liebespfaden zu wandeln. Der Einzige, der davon ausgeschlossen war, war er. Jack war gerade dabei, diesen düsteren Gedanken weiter zu vertiefen, als es unerwartet an seiner Haustür klopfte. Neugierig und irritiert machte er sich auf den Weg, diese zu öffnen. Er fragte sich, wer das sein konnte, denn schließlich erwartete er niemanden. Vorsichtig lugte er durch den Spion in der Tür. Der überraschende und völlig unvermutete Anblick, raubte ihm für einen Moment den Atem. Verblüfft riss Jack die Tür auf.

„Hey, Jack!“, wurde er locker begrüßt.
Harry? Was machst du denn hier?“, rief O’Neill und blieb wie versteinert im Türrahmen stehen. Gleichzeitig starrte er Harry Maybourne an, als wäre dieser irgendein Fabelwesen mit acht Armen.

„Jack, wo bleiben deine Manieren? Empfängt man so einen alten Freund?“, fragte Maybourne mit einem amüsierten Kopfschütteln und drückte Jack entschieden ein Stück zur Seite, um sich selbst einzulassen. Im Vorübergehen tätschelte er dabei kameradschaftlich Jacks Schulter.

Fassungslos sah Jack ihm hinterher, ehe er sich von dem Anblick loslöste, verdattert die Haustür schloss und Maybourne in sein Wohnzimmer folgte.

„Nett hast du es hier, Jack. Ich hatte völlig vergessen, wie gemütlich es bei dir ist. Sogar einen kleinen Baum hast du“, stellte Harry mit einem zufriedenen Rundum-Blick fest und deutete auf den bescheidenen Weihnachtsbaum, den Jack etwas versteckt in einer Zimmerecke, mit einer Lichterkette, wenigen Kugeln und viel Lametta verziert, aufgestellt hatte .

„Lenk nicht ab, Harry. Was machst du hier?“, unterbrach Jack gereizt sein Gegenüber. „Ich dachte, die Tok’ra hätten dir ein nettes Plätzchen irgendwo dort draußen gesucht.“ Jack machte eine unbestimmte, alles umfassende Bewegung mit der Hand.

„Schon, aber kannst du dir vorstellen, dass man so etwas wie Heimweh entwickelt, Jack?“, erklärte Harry unschuldig. „Ich will ja nicht undankbar erscheinen, denn ich kann mich nicht beklagen. Das Klima auf dem Planeten ist wirklich sehr angenehm und die Leute sind freundlich und hilfsbereit. Alles ist Bestens! Aber manchmal fehlt mir die gute, alte Erde“, gab Maybourne achselzuckend zu.

„Ich hatte mir diesen Kalender gemacht und als ich sah, welche Tage hier gerade angebrochen waren, sehnte ich mich nach all dem Trubel, den die Vorweihnachtszeit mit sich bringt. Du weißt schon. Die Menschen jagen, auf der Suche nach den letzten Geschenken, gehetzt durch die Stadt. Überall stehen diese Weihnachtsmänner mit ihren läutenden Glocken in den Straßen und allerorts riecht es herrlich nach frischem Gebäck“, schwärmte der Ex-Colonel verträumt und schwelgte in beinahe kindlicher Begeisterung.

„Wenn der NID herausbekommt, dass du dich hier aufhältst, dann ist es mit der Idylle sehr schnell vorbei“, warf Jack nicht sehr feinfühlig ein. „Wie bist du überhaupt hierher gekommen? Ich nehme nicht an, dass die Tok `ra regelmäßige Touristenflüge in Richtung Erde anbieten? Oder hat die Bevölkerung deines Gastplaneten irgendwelche Flugobjekte, die dir ein Herkommen ermöglichen? Vielleicht hast du ja sogar eines gestohlen?“, malte Jack sich wild alle denkbaren Varianten aus, die es Maybourne ermöglicht haben könnten, heimlich auf die Erde zu gelangen.

„Nicht doch, Jack. Wofür hältst du mich?“, entgegnete Maybourne und spielte den Gekränkten, da er genau verstand, was O’Neill andeutete. „Ich bin offiziell begnadigt, weißt du nicht mehr? Du selbst warst doch derjenige, der die Befürwortung an den Präsidenten, unterschrieben hat - zusammen mit Hammond. Ihr beide habt mir wirklich einen großen Dienst erwiesen.“ Der ehemalige Colonel schwieg einen Augenblick, bevor er fortfuhr: „Nein, ich bin ganz legitim hier. Die Tok’ra haben mir nur geholfen den Kontakt herzustellen und gestern Abend habe ich ganz ordentlich, durch das Sternentor und mit Erlaubnis von General Hammond, die Erde betreten.“

Jack O’Neill betrachtete seinen ehemaligen Gegner, als ob dieser den Verstand verloren hätte. „Du bist durch das Stargate gekommen? Durch den Cheyenne Mountain? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Was meinst du wohl, wie lange der NID braucht, um von deiner Ankunft zu erfahren? Alle Durchgänge werden schließlich protokolliert und an die entsprechenden Behörden weiter gereicht.“ Jack war über Harrys Leichtsinnigkeit entsetzt.

„Jetzt krieg dich wieder ein, Jack. Auch der NID arbeitet an Weihnachten nur mit einer Notbesetzung und in zwei Tagen bin ich wieder weg. – Bsssst.“ Harry machte eine gleitende Bewegung mit der Hand, die eine Flugbahn simulierte. „Bevor die merken, dass ich überhaupt da war, befinde ich mich bereits wieder auf meiner Ferieninsel und lasse es mir gut gehen.“ Ein schiefes Grinsen begleitete versichernd seine Worte.

O’Neill war noch nicht überzeugt, doch bevor er weiter darüber diskutieren konnte, warf Harry ihm ein kleines, in Geschenkpapier gewickeltes, Päckchen zu.

„Hier, fang! Ich wollte mich nicht mit leeren Händen bei dir einladen“, erklärte Harry forsch und doch wirkte er plötzlich ein wenig verlegen. „Außerdem bin ich dir noch etwas schuldig. Ich hatte beim letzten Mal vor meiner Abreise gar keine Möglichkeit mehr, dir zu danken. Es war wirklich nett, dass du mich nicht wieder an die Behörden ausgeliefert hast. Ich glaube nicht, dass ich eine Rückführung in den Knast überstanden hätte“, räumte Maybourne zaghaft ein.

Er wusste, dass Jack verstehen würde, worauf er hinaus wollte. Bevor er seinen Lebensabend hinter schwedischen Gardinen verbracht hätte, wäre er lieber das Risiko eingegangen, bei einem Fluchtversuch ums Leben zu kommen. Jack hatte ihn vor diesem Schicksal bewahrt und ihm eine neue Existenz geschenkt. Auch wenn dies bedeutet hatte die Erde zu verlassen, um der Rache seines alten Arbeitgebers zu entkommen, war Harry dennoch dem anderen Mann sehr dankbar.

„Schon gut“, murmelte Jack und schluckte schwer. Verlegen drehte er das kleine Päckchen in seinen Händen. Solche unerwarteten Gefühlsausbrüche waren einfach nicht sein Ding, vor allem nicht, wenn sie von einem Typen wie Harry Maybourne kamen, der mindestens ebenso sarkastisch sein konnte, wie er selbst.

„Und was hast du dir nun vorgestellt?“, lenkte Jack das Thema wieder auf unverfänglichere Dinge, wobei er bezweifelte, dass im Zusammenhang mit Harry Maybourne überhaupt irgendein Thema gefahrlos angeschnitten werden konnte.

„Zunächst einmal dachte ich, ich lade mich bei dir zum Essen ein. Alleine bei dem Gedanken, an ein schönes Stück Weihnachtsbraten, läuft mir das Wasser im Munde zusammen.“ Verzückt von der Vorstellung rieb Harry sich erwartungsfroh die Hände. „Bei der Gelegenheit, solltest du nicht langsam mit dem Kochen beginnen, Jack? Ich meine, wenn du heute noch einen anständigen Braten auf den Tisch zaubern willst, dann musst du dich allmählich ranhalten.“ Demonstrativ schaute Harry erst auf seine Armbanduhr und danach abwartend zu O’Neill.

„Ich schätze, daraus wird nichts werden. Kochen ist nicht gerade meine Stärke. Also wenn es wirklich das war, was dich zu mir geführt hat, dann werde ich dich leider enttäuschen müssen. Bei mir gibt es heute nur das Festtagsmenü aus der Tiefkühltheke, komplett mit Erbsen, Kartoffelpüree und, als absolutem Höhepunkt, glasierten Maronen“, imitierte Jack zuletzt die Stimme des Supermarksprechers, die verheißungsvoll das Fertiggericht präsentiert hatte. „Alles fein übersichtlich angerichtet, in der Mikrowellen geeigneten Plastikschale und servierfertig in fünf Minuten“, beendete Jack die Aufzählung seiner bevorstehenden kulinarischen Genüsse für den heutigen Weihnachtstag.

„Ehrlich gesagt, hatte ich schon mit so etwas Ähnlichem gerechnet, Jack. Ich kenne dich schließlich. Doch keine Bange, der alte Harry Maybourne hat bereits Vorsorge getroffen.“ Eilig und mit einem selbstgefälligem Grinsen ging Harry zurück zur Eingangstür, öffnete diese, verließ das Haus und kehrte kurz darauf, vollbepackt mit zwei großen, braunen Einkaufstüten, zurück.

Jack rollte verzweifelt mit den Augen und folgte Harry misstrauisch in die Küche, wo der andere Mann bereits begonnen hatte, geschäftig auf der Arbeitsplatte den Inhalt seiner Tüten auszubreiten.

„Falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ich glaube nicht, dass ich dich irgendwann aufgefordert hätte zu bleiben.“ Besorgt beobachtete Jack Maybourne dabei, als dieser gedanklich seine Einkäufe nochmals auf ihre Vollständigkeit durchging. Das Lächeln, welches sich auf dessen Gesicht breit machte, ließ darauf schließen, dass Harry mit dem Ergebnis zufrieden war.

„Jetzt sei doch mal ehrlich, Jack. Ich wette deine Pläne für heute beinhalteten dein lukullisches Fertiggericht, inklusive eines Fernsehabends in der Gesellschaft von Homer Simpson und anschließendem frühem Zubettgehen, mit der Hoffnung auf ein schnelles Vorüberschreiten dieser unglückseligen Anhäufung von Feiertagen.“

Harry Maybourne hatte mit seiner kühnen Behauptung den Nagel ziemlich genau auf den Kopf getroffen. Vielleicht nicht unbedingt mit dem frühen ins Bett Fallen, doch ansonsten hatte er fast vollständig Recht gehabt und genau dies ärgerte Jack am meisten. Es erschreckte ihn, wie gut Harry ihn durchschaute, denn es zeigte, dass Maybourne seine Hausaufgaben gemacht hatte.

Jack zweifelte nicht eine Minute daran, dass der NID ein Dossier über ihn angelegt hatte und er ahnte, dass ein erheblicher Anteil an Angaben, die darin enthalten waren, auf die Recherchen von Harry Maybourne zurückzuführen waren. Vor diesem Hintergrund wunderte ihn Harrys Wissen, über seine Vorliebe für Schnellgerichte und die Simpsons, nicht wirklich. Wahrscheinlich hatte es sogar Zeiten gegeben, in denen Maybourne besser über Jacks Kontostand informiert gewesen war, als er selbst.

„Also gut, nur so zum Spaß gefragt“, stichelte O’Neill weiter, „wer soll denn nun diese ganzen Dinge in etwas Essbares verwandeln?“ Jack griff sich eine Dose Maronen und bedachte das Etikett mit einem skeptischen Blick, bevor er sie Harry fragend, zur Untermauerung seiner Worte, entgegenstreckte.

„Das soll nicht dein Problem sein, Jack.“ Versicherte Maybourne ihm beruhigend und nahm Jack die Konservenbüchse aus der Hand. „Da, wo ich herkomme gehört zum Weihnachtsfest ein vernünftiger Braten und ich will verdammt sein, wenn dein merkwürdiges Eisvogelmenü in diese Kategorie fällt.“

„Ich fand daran bisher nichts auszusetzen“, hob Jack erneut an.

„Ach, Paperlapp. Niemand isst dieses Zeug gerne freiwillig und nun hör auf zu meckern und mache dich lieber nützlich“, forderte Harry Jack auf und warf ihm eine Tüte mit Mohrrüben zu. „Die müssen geschabt und geschnitten werden und danach kannst du gleich noch Kartoffeln schälen“, übernahm Maybourne das Kommando.

„Degradiert vom Colonel zum Küchenjungen, in fünf Sekunden“, kommentierte Jack Harrys Vorgehen.
„Du kannst auch meine Rolle übernehmen, wenn du dich damit besser fühlst. Doch ich denke, dann könnten wir das hier auch gleich in die Mülltonne kippen.“

„Großmaul!“ Jack warf nochmals einen zweifelnden Blick auf die vor ihm ausgebreiteten Lebensmittel.

„Na, komm schon. Lass uns anfangen. Wir wollen schließlich heute noch essen“, ermutigte Harry ihn und schibbelte Jack ein Küchenmesser über die Anrichte.

„Woher weißt du übrigens, wie man so einen Vogel zubereitet?“, fragte Jack neugierig, während er sich in sein Schicksal fügte und anfing, wie von Maybourne gewünscht, die Mohrrüben zu putzen.

„Jeder hat seine kleinen Geheimnisse, Jack. Und wir haben doch alle unsere Tricks abzuschalten. Bei dir sind es die Simpsons und die klassische Musik. Für mich gibt es nichts Entspannenderes als zu kochen“, erklärte Harry Maybourne bereitwillig und schmunzelte.

„Ich hoffe nur, du kochst nicht auf die gleiche Art, wie du angelst, Harry. Wenn du mir, bei dem Versuch irgendetwas zu flambieren, das Haus in die Luft jagst, dann schwöre ich dir, dann brauchst du dir über deine Freunde vom NID keine Gedanken mehr zu machen. In diesem Fall sorge ich nämlich höchstpersönlich dafür, dass du diesen Planeten nicht lebend verlässt.“

„Dein Misstrauen kränkt mich, Jack! Du solltest wirklich mehr Zutrauen in meine Fähigkeiten haben“, antwortete Harry gespielt verletzt und tupfte mit Tüchern der Küchenrolle den frisch gewaschenen Puter ab.

„Oh, ich kenne ziemlich genau deine Fähigkeiten und gerade das macht mir Sorgen“, murmelte Jack O’Neill leise in sich hinein.

„Immer noch ganz der Alte“, rief Harry Maybourne lachend und schlug Jack freundschaftlich auf den Rücken. „Aber ich nehme dir das nicht übel“, verkündete er großzügig. „Doch wir sollten sehen, dass wir den Braten in den Ofen bekommen.“ Gut gelaunt begann der kleinere Mann die Jungpute zu würzen.

Schweigend arbeiteten sie nebeneinander und während Jack sich mit den Karotten und den Kartoffeln abmühte, schälte Harry ein paar Äpfel und schnitt diese in Windeseile in kleine Würfel. Danach bereitete er aus Hackfleisch, den kleingeschnittenen Äpfeln, Rosinen und eingeweichten Brötchen eine Masse und füllte diese gekonnt in den vorbereiteten Vogel.

Neidlos musste Jack zugeben, dass Maybourne durchaus den Eindruck erweckte, als ob er dies nicht zum ersten Mal machte. Alle Handgriffe wirkten souverän und routiniert und in null Komma nichts befand sich der gefüllte Puter im Backofen. Schon eine halbe Stunde später verbreitete sich ein köstlicher Duft im Haus.

Jack öffnete eine Flasche Weißwein, die er eigentlich wegen Daniel im Haus hatte und reichte Harry ein Glas. Währenddessen begutachtete dieser das Ergebnis von Jacks Schälkünsten.
„Wenn du noch mehr weggeschnitten hättest, wäre nichts mehr zum Kochen übrig geblieben, Jack“, hänselte Harry und nahm schmunzelnd sein Glas entgegen.

„Ich habe dir gesagt, dass ich mich für den Küchendienst nicht eigne“, verteidigte Jack sich, bevor er ernst wurde und das Thema wechselte. „Doch lassen wir das einmal. Was mich viel mehr interessiert ist, wo haben die Tok’ra dich eigentlich untergebracht?“
„Oh, sie haben mir einen netten Planeten mit einer freundlichen Bevölkerung ausgesucht und ich fühle mich sehr wohl dort“, antwortete Harry, doch das seltsame Schmunzeln um seinen Mundwinkel rief Jacks Misstrauen auf den Plan.

„Du steckst doch nicht schon wieder in Schwierigkeiten, Harry?“, fragte er deshalb argwöhnisch und warf Maybourne einen skeptischen Blick zu.

„Wie kommst du denn auf so etwas, Jack? Nein, es läuft sehr gut. Die Leute sind sehr aufmerksam und haben mich äußerst gastlich in ihrer Mitte aufgenommen. Sie sind offen, kommen zu mir und suchen meinen Rat“, erklärte Harry beschwichtigend.

„Rat, - ja?“, fragte Jack immer noch auf der Hut. „Okay, aber pass auf, dass du es nicht übertreibst. Ich weiß nicht, wie oft ich dir aus der Patsche helfen kann, falls dort etwas schief laufen sollte“, gab Jack ihm zu bedenken.

„Ach, hör schon auf, Jack. Erzähle mir lieber, was es auf der guten, alten Erde für Neuigkeiten gibt und was euer Kampf gegen die Goa’uld macht“, forderte Harry Maybourne ihn nun im Gegenzug auf.

Obwohl Jack das untrügliche Gefühl hatte, dass Harry nicht mit der kompletten Wahrheit herausgerückt war, fing er an, soweit es im Rahmen des Möglichen lag, Harry von den Ereignissen der letzten Monate zu berichten.

Vertieft in ihre Gespräche verstrich die Zeit wie im Flug. Zwischendurch setzte Harry irgendwann das Gemüse und die Kartoffeln auf. Sie deckten den Tisch, Harry schmeckte das Essen ab und gemeinsam richteten sie es im Esszimmer festlich an.

Es war bereits früher Abend, als Jack seine Gabel sinken ließ und nachdrücklich seinen Teller von sich schob. Es war genügend übrig, um noch mindestens ein bis zwei weitere Tage davon zu essen.

Thematisch waren sie mittlerweile beim Sport angelangt. „Mist und ich dachte wirklich, die Yankees hätten den Sieg in der Session 2003 geschafft. Sie hatten diesen tollen Pitcher ...“ Ungläubig schüttelte Harry den Kopf, während er mit Jack vom Esszimmer ins Wohnzimmer trottete.

„Oh Mann, ich habe viel zu viel gegessen“, wechselte Jack abrupt das Thema und ließ sich wohlig auf das Sofa fallen. „Wenn du mir jetzt noch erklärst, dass du Wäsche waschen kannst, Harry, dann bin ich echt versucht, dir einen Antrag zu machen“, feixte Jack und ein überdimensional breites Grinsen ging über sein Gesicht.

„Nee danke, Jack, lass gut sein. Ich stehe mehr auf den etwas feminineren Typ. - Weniger burschikos und ohne Haare auf der Brust, doch dafür mit ein paar mehr Rundungen an den richtigen Stellen“, wehrte Maybourne witzelnd im gleichen milden Tonfall ab und setzte sich zu Jack aufs Sofa.
„Also, was wollen wir jetzt machen?“ Suchend sah er sich um. „Was hältst du von einer Partie Schach?“, schlug er vor, als er das aufgestellte Brett mit den Figuren entdeckte.

„Ich glaube nicht, dass ich dazu jetzt in der Lage bin. Die ungewohnte Völlerei hat mich richtig träge werden lassen.“ Demonstrativ rieb Jack sich die Augen.

„Nur keine Müdigkeit vorschützen, Jack. Diese Dumm-und-Dümmer-Nummer zieht bei mir nicht. Wir wissen beide, was du auf dem Kasten hast und ein bisschen Essen ändert daran überhaupt nichts.“ Harry stupste Jack im Aufstehen ans Bein und ging zu der Kommode, auf der er das Schachspiel gesehen hatte.

„Ich habe keine Ahnung, wovon du eigentlich sprichst“, widersprach Jack abermals, setzte sich aber bereits aufrecht und beobachtete Harry beim Abstellen des Spielbrettes.

„Sicher doch, Jack. Und die Erde ist eine flache Scheibe!“, lästerte Maybourne ungehemmt weiter.

„Ach, halt die Klappe, Harry. Ich dachte, du hattest dieses Weihnachtsgefühl. Wo ist das: Seid nett zueinander!, geblieben?“, jammerte Jack übertrieben und schob die durchs Tragen verrutschten Figuren wieder an die richtigen Stellen.

Zwischenzeitlich holte Harry aus der Küche die kleine braune Papiertüte, die er beim Auspacken absichtlich etwas seitlich, aus dem unmittelbaren Sichtfeld geräumt hatte. Mit ihr und zwei Cognacschwenkern kehrte er ins Wohnzimmer und zu O’Neill zurück.

„Ich dachte, ein flüssiges Dessert wäre nach diesem Essen genau das Richtige für uns.“ Verschwörerisch zwinkernd beförderte Harry eine Flasche mit einer goldgelben Flüssigkeit zutage. Mit einem vernehmlichen ‚Plop’- Geräusch öffnete Harry die Flasche und sog genießerisch die Luft ein.
„Wild Turkey, bester, zwölf Jahre alter Kentucky Whisky“, erklärte er schwärmerisch und goss behutsam erst Jack und dann sich ein Glas davon ein.

Als er Jack gegenüber auf dem Sessel Platz genommen hatte, erhob er feierlich sein Glas und prostete O’Neill zu: „Auf ein gelungenes Weihnachtsfest.“

Jack erwiderte den Toast und beide nippten vorsichtig an ihrem Glas. Harry hatte nicht zuviel versprochen, der Whisky war wirklich hervorragend. Der Geschmack war weich und samtig, kein brennendes Gefühl in der Kehle beim Herunterschlucken und erst im Magen breitete sich die wohlige Wärme des Getränkes aus. Genauso sollte ein guter Whisky schmecken. Jack nickte anerkennend, nahm einen weiteren Schluck und stellte danach das Glas ab, um seinen ersten Zug zu machen.

Entgegen Jacks erster Unlust spielten sie dann doch drei Partien. Die Spiele verliefen in ungewohnter Ruhe, da ein jeder von ihnen konzentriert und bedacht seine Züge setzte. Trotzdem herrschte keine Rivalität zwischen ihnen, sondern zur Abwechslung war das seltene Gefühl der Einigkeit zu spüren. Sie genossen vielmehr, was sie gerade machten, dazu den perfekten Whisky und die Gesellschaft des anderen.

„Schach matt!“, stellte Harry Maybourne schlicht fest, nachdem er Jacks König mit seinem letzten Zug endgültig festgesetzt hatte.

Jack starrte für einen Moment überlegend auf das Brett, doch es gab tatsächlich keinen Ausweg mehr und so kippte er demonstrativ die Spielfigur um, zum Zeichen, dass er sich geschlagen gab.
„Gratuliere, du hast hervorragend gespielt“, erkannte Jack lobend Harrys zweiten Sieg an diesem Abend an.

„Danke, du hast es mir aber nicht gerade leicht gemacht. Es hätte genauso gut umgekehrt ausgehen können“, gab Harry Maybourne ehrlich Jacks Kompliment zurück.

„Schön.“ Jack stand auf und streckte sich. „Ich glaube, ich gehe ins Bett. Es war ein langer Tag.“ Er zögerte für einen Augenblick, bevor er Harry ansah und weitersprach: „Wenn du möchtest, dort drüben ist das Gästezimmer. Es ist zwar nicht besonders groß, aber es hat ein frisch bezogenes Bett...“

„Danke, ich nehme dieses Angebot gerne an, auch wenn ich ehrlich zugeben muss, dass ich schwer mit dieser Einladung gerechnet hatte. Ich hätte sehr alt ausgesehen, wenn du mich nun in die kalte Nacht verabschiedet hättest.“ Harry zuckte mit den Schultern und grinste entwaffnend.

„Du bist und bleibst ein Gauner, Maybourne“, kam Jack zum Schluss und rollte verzweifelt mit den Augen.

„Nicht mehr oder weniger, als du selbst“, antwortete Harry lachend und lief langsam in Richtung des angebotenen Zimmers. Dort angekommen wünschte er Jack eine ‚Gute Nacht’ und schloss danach die Tür.

Jack schaute ihm kurz nach. Harry Maybourne und er waren lange Jahre Gegner gewesen. Feinde, obwohl sie eigentlich auf der gleichen Seite standen. Doch über die Zeit hatte sich ihr Verständnis füreinander gewandelt. Es war auf beiden Seiten von Rivalität zu Anerkennung und Respekt gewechselt und letztlich sogar zu so etwas, wie einem zarten Hauch von Freundschaft. Ob Jack es wollte oder nicht, er mochte diesen Mistkerl einfach. Jack schmunzelte kopfschüttelnd, dann räumte er das Schachbrett zurück an seinen Platz, brachte die Gläser in die Küche und löschte im Haus die Lichter. Danach ging auch er zu Bett.


**********


Am nächsten Morgen wurde er um sechs Uhr, zu seiner gewohnten Zeit, wach. Im Haus war kein Laut zu hören, doch aus einem inneren Gefühl heraus stand Jack auf. Leise betrat er den Flur. Die Tür des Gästezimmers stand offen und als Jack hinein sah, war niemand darin. Suchend lief Jack durchs Haus und musste nach seinem Rundgang feststellen, dass er alleine war. Harry Maybourne war verschwunden.

Jack ging ins Wohnzimmer und schnappte sich sein Telefon. Ruhig wählte er die Nummer vom SGC und war kurz darauf mit Sergeant Davis im Kontrollraum verbunden.
„Guten Morgen, Davis. Eine Frage: Haben Sie heute Morgen schon Colonel Maybourne gesehen?“
Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen, als der Sergeant ihm seine Vermutung bestätigte: „Ja, Sir. Der Colonel hat vor etwa zwanzig Minuten die Erde verlassen. Ist irgendetwas nicht in Ordnung? Soll ich General Hammond informieren, Sir?“
„Nein, Davis, danke! Es ist alles bestens!“, versicherte Jack dem diensthabenden Offizier und legte auf.

Langsam ging Jack zum Fenster, öffnete den Rolladen und schaute hinaus auf die Strasse. Alles war ruhig. Keine auffälligen Autos, die am Straßenrand geparkt standen und die Nachbarschaft schien zu dieser frühen Stunde noch zu schlafen. Doch wie Jack bereits festgestellt hatte, wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der NID herausgefunden hätte, dass Maybourne sich auf der Erde befand und dann wären sie mit Sicherheit auch bei ihm aufgetaucht. Harry Maybourne war ihnen durch sein frühzeitiges Verschwinden nur zuvor gekommen. Trotzdem war Jack über Harrys Auftauchen immer noch ein wenig verwundert, denn das Risiko entdeckt zu werden, war immerhin enorm gewesen.

Gemächlich machte Jack sich auf den Rückweg in sein Schlafzimmer. Es war noch früh und da er frei hatte, konnte er sich in Ruhe nochmals hinlegen.

Sein Blick blieb an der Küchentheke hängen, auf der immer noch das kleine Päckchen von Harry stand. Zögernd ging Jack näher. Skeptisch nahm er es und hielt es abschätzend wiegend für einen Moment in der Hand, bevor er sich überwand und es auspackte. Eine kleine Schachtel kam darin zum Vorschein. Vorsichtig öffnete Jack sie und entnahm den in ihr liegenden Gegenstand.

Auf Anhieb erkannte er in dem kleinen, zusammengeklappten Metallgehäuse, einen Kompass. Nachdenklich drehte er ihn in seiner Hand, bis er auf der Rückseite eine Gravur entdeckte. Als Jack sie gelesen hatte, schluckte er kurz und lächelte dann. Das war mal wieder typisch Harry Maybourne. Man wusste nie, worauf man sich als Nächstes bei ihm gefasst machen musste. Dieser Hallunke!


Für Jack:
Es gibt immer einen Weg zurück.
Danke! - Harry



ENDE
November 2005, © by Athor
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