Kampf um Dinotopia by Selana
Summary: Das Atlantis-Team wird auf einer Mission getrennt. John Sheppard und Rhiana Remor werden in ein alternatives Universum geschleudert, wo sie auf einer Insel auf seltsame Dinosaurier treffen, die sprechen können und friedlich mit den Menschen leben. Doch dieses Paradies ist gefährdet, als die Saurier aus dem Regental, angeführt von dem geheimnisvollen Predator, die Regeln brechen und die Macht über Dinotopia ergreifen wollen. Sheppard und Rhiana geraten zwischen die Fronten, als sie die Identität des Predators herausfinden wollen. Währenddessen versucht Rodney McKay und die anderen Atlanter, die beiden Verschwundenen zu finden.
Categories: Stargate Atlantis Characters: John Sheppard, Multi-Chara, Own Character, Rodney McKay, Ronon Dex, Teyla Emmagan
Genre: Action, Crossover, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 18 Completed: Ja Word count: 35951 Read: 126620 Published: 01.12.11 Updated: 01.12.11

1. Kapitel 1 by Selana

2. Kapitel 2 by Selana

3. Kapitel 3 by Selana

4. Kapitel 4 by Selana

5. Kapitel 5 by Selana

6. Kapitel 6 by Selana

7. Kapitel 7 by Selana

8. Kapitel 8 by Selana

9. Kapitel 9 by Selana

10. Kapitel 10 by Selana

11. Kapitel 11 by Selana

12. Kapitel 12 by Selana

13. Kapitel 13 by Selana

14. Kapitel 14 by Selana

15. Kapitel 15 by Selana

16. Kapitel 16 by Selana

17. Kapitel 17 by Selana

18. Kapitel 18 by Selana

Kapitel 1 by Selana
Kampf um Dinotopia


Teil 1

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Der Planet unterschied sich nicht viel von den anderen Welten, die sie bisher besucht hatten: Öde, leer und die vor ihnen liegende Ebene mit Büschen und Gräser bewachsen. In der Ferne sah Sheppard einige Tierherden grasen, die entfernt an irdische Antilopen erinnerte. Links von ihnen, etwa einen halben Kilometer entfernt lag ein kleines Wäldchen.

„Und hier soll sich eine Station der Antiker befinden?“

Sheppard blickte Rodney McKay an, der neben ihm stand und genauso enttäuscht auf die Ebene hinausblickte. „Es war deine Idee.“

McKay warf einen missvergnügten Blick auf den Colonel. „Ich bin sicher, dass ich die Datenbank richtig gelesen habe.“

„Irrtum ausgeschlossen?“

„Selbstverständlich.“

„Der Planet kann vor Tausenden von Jahren natürlich anders ausgesehen haben“, meinte Sheppard. „Es wäre auch möglich, dass die Station im Laufe der Zeit zerstört wurde, oder sie befindet sich unter der Erde.“

„Was ist mit einem Schutzschild?“ fragte Rhiana. Sie war zu ihnen gekommen und hatte die letzten Worte gehört.

Sheppards Funkgerät aktivierte sich, bevor er auf Rhianas Frage antworten konnte. Die Stimme von Major Lorne erklang. „Colonel! Wir haben etwas entdeckt.“

„Wo sind Sie, Major?“ fragte Sheppard zurück.

„In dem kleinen Wäldchen“, antwortete Lorne.

„Wir sind auf dem Weg.“

Sheppard, Rhiana und McKay marschierten los. Das Wäldchen lag in gerader Linie vor ihnen.

„Ich hoffe, Lorne hat die Station gefunden“, meinte Sheppard.

„Das hoffe ich auch, Liebling“, meinte Rhiana.

Das Wort „Liebling“ trieb McKay ein Grinsen auf das Gesicht, doch ein Blick in Sheppards Gesicht lies ihn jeden Kommentar schnellstens vergessen.

Sie fanden den Major mitten in dem Wäldchen. Lorne und Sergeant Murphy standen vor einer Öffnung im Boden. Sie hatten einen Schachtdeckel hochgehoben.

„Unten befindet sich ein Raum“, erklärte Lorne.

Sheppard kletterte die kleine Leiter hinunter. Es war wirklich nur ein Raum, der aber mit Computern, ähnlich denen in Atlantis, voll gestellt war.

„Das ist eine nähere Untersuchung Wert“, meinte McKay begeistert und stürzte sich unverzüglich in die Arbeit.

Lorne sah ihm einen Moment kopfschüttelnd zu. „Ihre Begeisterung in Ehren, Doktor, aber sollten Sie nicht etwas vorsichtig sein?“

McKay sah ihn böse an. „Ich weiß, was ich mache, Major. Lassen Sie mich meine Arbeit tun und machen Sie die Ihre. Soviel ich weiß, sind Sie zu unserem Schutz da. Das sollte Sie ja nicht überfordern.“

Lornes Gesicht wurde rot vor Ärger, und er überlegte ernsthaft, ob er dem arroganten Kerl eine entsprechende Antwort geben sollte. Er schluckte seinen Ärger jedoch hinunter. Ohne ein Wort zu sagen, kletterte Lorne die Leiter hoch.

„Zum Glück ist dieser Kerl nicht in meinem Team. Wie halten Sie es nur mit ihm aus, Colonel?“ fragte er dann Sheppard.

Sheppard grinste. „Ich lasse ihn reden und seine Arbeit machen. Es ist nicht einfach mit ihm, aber wenn man ihn näher kennt, kann man gut mit ihm auskommen.“

„Dafür bewundere ich Sie, denn ich könnte das nicht“, meinte Lorne. „Wie lange wird er wohl brauchen?“

„Das kommt darauf an. Stellen Sie sich lieber auf eine längere Zeit ein.“

Aus der längeren Zeit wurde ein halber Tag. Sheppard entschied, dass sie besser Weir informieren sollten, bevor sie sich noch Sorgen machte. Zusammen mit Rhiana, Lorne und Teyla ging er zum Sternentor und wählte Atlantis an. Nachdem er Dr. Weir auf das Laufende gebracht hatte, beschloss er die Gelegenheit zu nützen und mit Rhiana einen kleinen Spaziergang zu machen, und gleichzeitig die Gegend etwas auszukundschaften.

Teyla und Lorne gingen zu dem Wäldchen zurück. Als die beiden die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, fing auf einmal die Erde an zu beben.

„Ein Erdbeben!“ sagte Lorne und blickte sich besorgt nach dem Colonel und Rhiana um. Die Erde beruhigte sich wieder, doch kaum eine halbe Minute später fing es von neuem an. Plötzlich schoss ein Strahl senkrecht aus dem Wäldchen nach oben. In etwa zwanzig Meter Höhe bildet sich ein kreisförmiges Gebilde und breitete sich in der Luft aus. Teyla und Lorne rannten los. Das Wäldchen war der Mittelpunkt des Strahls, er sich nun wellenförmig ausbreitete. Eine riesige Schockwelle rollte über die Ebene. Lorne sah Sheppard und Rhiana auf das Wäldchen zulaufen.

„Nein!“ Lornes Schrei kam zu spät. Die beiden liefen genau in die Schockwelle hinein und lösten sich einfach in Luft auf.

Teyla schlug die Hände vor den Mund. Sie konnte es nicht begreifen, dass die beiden tot sein sollten.

Lorne lief die letzten Meter bis zu der Kammer und kletterte hinunter. „Was haben Sie getan, McKay!“

McKay sah ihn überrascht an. „Ich? Nichts, was soll ich getan haben?“

„Sie haben gerade Sheppard und Miss Remor getötet!“

„Was? Sind Sie übergeschnappt, Major?“

„Sie haben eine Schockwelle ausgelöst, die über die Ebene gerast ist und den Colonel und Rhiana einfach verschlungen haben. Sie haben sich aufgelöst.“

McKay wurde blass.

„Ich frage Sie nochmals! Was haben Sie getan?“

„Herausgefunden, was die Antiker hier gemacht haben. Sie haben versucht, ein Tor in eine parallele Welt zu öffnen. Es handelt sich dabei um etwas Ähnliches wie dieser Quantenspiegel, der in parallele Welten führt, dass SG-1 vor Jahren gefunden hat. Die Antiker benutzten jedoch Energiewellen und keinen Spiegel. Leider waren sie nicht besonders erfolgreich, wenn ich die Informationen richtig übersetzt habe.“

„Sie müssen erfolgreich gewesen sein. Sheppard und Rhiana haben sich vor unseren Augen aufgelöst.“

„Dann sind sie vielleicht gar nicht tot“, meinte McKay erleichtert.

„Aber womöglich in einer anderen Welt verschollen. Holen Sie sie zurück“, verlangte Lorne.

„Das kann ich nicht“, sagte McKay kleinlaut.

„WAS?“

„Ich weiß nicht, wie ich das rückgängig machen soll. Es war Zufall, dass ich den richtigen Knopf gedrückt habe.“

„Dann finden Sie es heraus, Sie Supergenie. Ich gehe jetzt und informiere Weir, dass wir den Colonel und Rhiana verloren haben.“

Lorne machte sich erneut auf den Weg zurück zum Sternentor, um Weir zu informieren. Diesmal würde sie sicher nicht erfreut sein.



John und Rhiana sahen die Welle auf sich zukommen, nachdem sie nach dem Erdbeben beschlossen hatten, zurück zu dem Wäldchen zu laufen, um nach den anderen zu sehen. Die Welle ließ ihnen keine Chance auszuweichen. John packte Rhiana am Arm und hielt sie fest umschlungen, als die Welle sie traf.

Es war nicht einmal besonders unangenehm. Fast so, wie ein Durchgang durch das Sternentor. Ein Sog packte sie und riss sie mit sich. Es wurde dunkel um sie, doch nur für wenige Sekunden. Dann fanden sie sich auf der Ebene wieder.

„Was war denn das?“ fragte Rhiana entgeistert.

John ließ sie los und blickte sich um. Fassungslos blickte er auf das riesige Gebirge, das sich hinter ihnen auftürmte. Auch die Ebene war auf einmal mit vielen Wäldern und unbekannten Gräsern bewachsen. Und wo war überhaupt das Sternentor geblieben?

Auch Rhiana bemerkte die fremdartige Landschaft. „Wir sind auf einem anderen Planeten. Wie ist das möglich.“

„Diese seltsame Welle, die uns verschlungen hat“, vermutete Sheppard. „Entweder hat sie uns nur räumlich weiter getragen oder wir sind wirklich auf einem anderen Planeten.“

„Der Planet ist verschwunden, John. Wir sind auf einem anderen Planeten.“

Rhiana hatte recht. Die Welt, auf der sie eben noch waren, kreiste um einen riesigen Gasplaneten. Wenn man es genau nahm, war es ein Mond und kein Planet. Der Gasriese hatte den ganzen Horizont eingenommen und war auch bei Tag nie vom Himmel verschwunden. Hier jedoch gab es nichts dergleichen.

„Was machen wir jetzt? Wie kommen wir zurück?“

„McKay wird schon einen Weg finden“, meinte John überzeugt. „Solange könnten wir uns etwas umsehen. Die Welt scheint auf jeden Fall angenehm zu sein. Es ist ziemlich warm und die Schwerkraft ist ähnlich wie bei uns auf der Erde.“

„Wer weiß? Es kann wilde Tiere geben oder gefährliche Eingeborene.“

„Wo bleibt dein Sinn fürs Abenteuer?“ fragte John.

Ein lauter fremdartiger Schrei ließ sie erschreckt herumfahren.

„Was war denn das?“ fragte Rhiana.

„Es kam von da“, sagte John und zeigte auf den kleinen Hügel vor ihnen.

Sie liefen los und legten sich auf der Spitze des Hügels auf den Boden. Ihnen bot sich ein Bild, das nicht unglaublicher sein konnte.

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by Selana
Teil 2

Lukas Berger richtete sich im Sattel auf, legte die rechte Hand über die Augen und blickte angestrengt nach vorne. Er war ein großer schlanker Mann mit kurzen schwarzen Haaren und braunen Augen, die durchdringend blicken konnten. Er trug Stiefel und einen langen Mantel, der mit Pelz besetzt war. Unter dem Mantel war der Stoff seiner blauen Uniform zu erkennen.

Vor ihnen lag die Nördliche Tiefebene, über die viele einsam gelegene Farmen verstreut lagen. Es gab keine größere Stadt, höchstens zwei oder drei Familien, die ihre Farmgebäude beieinander gebaut hatten. Meist aber waren es einzelne unterschiedlich große Farmgebäude, mit ihren menschlichen und saurischen Bewohnern. Auf so einer Farm war Lukas von fast genau 30 Jahren geboren worden. Allerdings war es nicht sein Wunsch gewesen, so wie seine Eltern in dieser von Göttern verlassenen Gegend als Farmer zu leben. Deshalb war er eines Tages kurz entschlossen mit seiner saurischen Lebenspartnerin aufgebrochen, um in Heidesaum ein neues Leben zu beginnen.

Kora Schnellfuß war ein Hadrosaurier, ein Parasaurolopus-Weibchen, gerade 12 Jahre alt geworden und von der Schwanzspitze bis zur langen Schnauze 5 m lang. Dies erlaubte Lukas, sie als Reittier zu benutzen. Ihr Schädel glich entfernt dem eines Pferdes, der Kamm auf Koras Kopf war gut einen Meter lang und von dunkelblauer Farbe. Ein Para ähnelte entfernt einem Riesenkänguru. Koras sonstiger Körper, die beiden kräftigen Hinterbeine und die zwei Arme mit vier Fingern, war dunkelgrün und mit schwarzen Tupfen gesprenkelt.

Was lag näher, als in Heidesaum den Beruf des reitenden Boten zu ergreifen? Sie waren beide sofort angenommen worden. So versorgten sie seit über acht Jahren die Farmer mit Nachrichten, Lebensmittel und anderen mehr oder weniger nützlichen Gegenstände.

Schon vom Aussehen her erkannte jeder Dinotopier ihren Beruf und behandelte sie mit größtem Respekt. Lukas trug die hellblaue, mit Goldstreifen verzierte Uniform des berittenen Boten. An Koras Satteltaschen waren die Wappen von Sauropolis angebracht, sowie offizielle Siegel ihres Standes.

Kora war bei ihnen auf der Farm aufgewachsen. Sie war eine Waise und eine der wenigen Saurier, die die menschliche Sprache aussprechen konnte. Hadrosaurier waren von Natur aus dafür begabt und Kora hatte es von Kindesbeinen an gelernt. So war sie nicht nur Freundin und Reittier für ihn, sondern auch eine Übersetzerin für viele Sauriersprachen, die Kora in Wasserfallstadt gelernt hatte. Dafür hatte sie die Farm für ein ganzes Jahr verlassen. Als Kora dann zurückkam und von den Wundern in den Städten berichtete, war in Lukas der Entschluss gereift, von der Farm wegzuziehen. Kora war ohne Zögern mitgekommen. Seine Eltern hatten es zwar nicht gerne gesehen, aber da er noch zwei Brüder und eine Schwester besaß, die auf der Farm lebten und sie bewirtschaften, ließen sie ihren jüngsten Sohn ziehen.

Lukas hatte die kleine Kora gefunden und mit nach Hause genommen und großgezogen. Das war auch der Grund für ihre tiefe Verbundenheit. Für Kora war Lukas Vater und Mutter gleichzeitig gewesen.

„Siehst du etwas?“ Kora hob den Kopf und sah ihn an. Ihr war aufgefallen, dass ihr menschlicher Partner schon mehrmals besorgt in Richtung Rückengebirge geblickt hatte. Das Gebirge war von tiefen Schluchten und Tälern durchzogen, die bis ins Regental führten. Von dort kamen immer wieder abtrünnige Fleischfresser, die sich nicht an das neue Abkommen hielten, um auf Beutezug zu gehen. Ihr Urinstinkt zum Jagen und Töten war neu geweckt worden. Sie liebten die Jagd und das Töten von Beute, egal ob Mensch oder Saurier. Immer wieder wurden auch Boten überfallen und manchmal sogar getötet. Die beiden Weggenossen hatten dadurch schon einige Freunde verloren. Lukas und Kora waren deshalb sehr aufmerksam, wenn ihr Weg sie in die Nähe des Rückengebirges führte.

„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete Lukas. Er stellte sich in die Steigbügel von Koras bequemen Sattel, sodass er einen großen Überblick über die umliegende Landschaft hatte. Doch so sehr er seine Augen auch anstrengte, er sah nur die Berge und die endlose Grasebene, vereinzelt von mehr oder weniger hohen Bäumen unterbrochen. Diese Baumgruppen ragten wie Inseln aus dem Gräsermeer. Nur einzelne Straßen führten durch die Tiefebene, meist waren es nur Wege, die von Farm zu Farm führten.

„Wahrscheinlich hast du dich getäuscht“, meinte Kora. „Wir sollten endlich weitergehen.“

Lukas stimmte dem Saurierweibchen zu und Kora setzte sich in Bewegung. Dadurch, dass ihre Rasse auf zwei Beinen ging, waren die Hadrosaurier in der Lage schnell zu laufen. Dazu kam noch ihre Größe, die es Lukas erlaubte, weit über seinem normalen Blickfeld die Landschaft zu betrachten. Natürlich war das kein Vergleich mit einem Ritt auf einem Brachiosaurier, aber diese Riesen waren wegen ihrer Größe und Masse ungeeignet für Botengänge. Parasaurolophus wie Kora waren dafür ideal.

Kora hob ihr langes Horn, dass sich bei Erregung oder wenn sie sang, rot einfärbte. Sie hatte eine wunderschöne Stimme. Auch wenn Lukas die Para-Sprache nicht verstand, hörte er sie gerne singen.

Ihr erstes Ziel heute war die Farm von Ma-Ling. Seine Farm lag nicht weit von entfernt. So schnell Kora ihre Füße trugen, lief sie den schmalen aber ausgetretenen Pfad entlang. Sie machte ihrem Namen alle Ehre.

Als sie eine der Baumgruppen erreichten, geschah es. Der Angriff kam so überraschend, dass weder Lukas noch Kora reagieren konnten. Ein Schatten sprang aus dem kleinen Wäldchen neben dem Pfad und warf Lukas aus dem Sattel. Zwei weitere Gestalten griffen Kora an. Einer der Angreifer versuchte Koras Hals zu packen, um ihr die Kehle durchzubeißen. Kora stieß einen tiefen und weit zu hörenden Schrei aus. Zusätzlich warf sie die Schnauze hoch und stieß die Luft langsam durch die Nüstern aus. Die im knochigen Auswuchs zirkulierende Luft vibrierte und erzeugte einen tiefen, hallenden Ton. Mit beiden Armen packte sie ihren Angreifer und warf ihn mit voller Wucht gegen einen Baumstamm. Einen weiteren Aggressor traf ein Schlag ihres rechten Fußes, der diesen mehrere Meter weit durch die Luft schleuderte.

Lukas war auf den Rücken gefallen und mit dem Kopf aufgeschlagen. Einen Moment sah er Sterne, aber er schüttelte seine Benommenheit ab. Sein Blick fiel auf ein weit aufgerissenes Maul mit scharfen Zähnen. Ein Raptor, ein kleiner Fleischfresser, hatte ihn angegriffen.

„Was soll der Unsinn?“ fragte Lukas scharf. „Wir sind auf unserem Gebiet! Verschwinde ins Regental!“

Natürlich wusste er, dass die Worte, selbst wenn der Raptor sie verstand, zwecklos waren. Hier hatten sie eine Gruppe der rebellischen Fleischfresser vor sich, die das Abkommen nicht einhielten. Lukas versuchte zurückzuweichen, doch ein Baumstamm im Rücken stoppte ihn. Gegen den Raptor hatte er ohne Waffe keine Chance und Dinotopier besaßen keine Waffen.

Der Raptor setzte zum Angriff an. Ein Schrei, so wütend wie Lukas noch nie einen gehört hatte, ertönte und der Raptor flog durch die Luft. Kora hatte ihn von hinten gepackt und fortgeschleudert.

„Danke“, sagte Lukas erleichtert, doch im nächsten Augenblick weiteten sich seine Augen.

Kora drehte sich blitzschnell herum und sah die beiden anderen Raptoren auf sich zulaufen. Wütender und angriffslustiger als vorher. Auch der dritte Angreifer hatte sich aufgerappelt und zu dritt näherten sie sich ihren zurückweichenden Opfern.

„Steig auf meinen Rücken. Schnell!“ rief Kora und Lukas sprang, ohne zu überlegen mit einem Satz in den Sattel. Kora lief los, direkt auf die Angreifer zu.

Das überraschte die Raptoren im ersten Moment. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass ihre schon sicher geglaubte Beute auf sie losging. Und so schafften die beiden es, einen kleinen Vorsprung herauszuholen.

Die Raptoren gaben jedoch nicht auf. Dies war genau nach ihrem Geschmack. Eine Hetzjagd auf eine Beute, so wie es ihre ehrwürdigen Vorfahren schon vor Millionen von Jahren gemacht hatten. Viel zu lange war dieser Drang unterdrückt worden.

Kora lief so schnell, wie noch nie in ihrem Leben, doch die Raptoren waren genauso schnell. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis sie eingeholt wurden. Dazu kam, dass sie einen Reiter trug, doch Kora würde lieber sterben, als Lukas zurückzulassen.

Vor ihr lichtete sich der kleine Wald und nur noch Grasland, durchzogen von kleinen Hügeln, lag vor ihnen. Ohne zu zögern, lief Kora los. Hier gab es keine Verstecke, aber vielleicht gaben die Raptoren auf, wenn sie immer weiter in die Ebene liefen.

Das war leider ein Trugschluss. Lukas hatte einen Blick zurückgeworfen und sah die Verfolger nur noch wenige Meter hinter ihnen. „Sie sind gleich da!“ rief er seiner Gefährtin zu. „Vielleicht sollten wir uns zum Kampf stellen!“

Hilfe kam völlig unerwartet. Mitten im Sprung wurden die Raptoren von Projektilen getroffen, die aus fremdartigen Waffen abgefeuert wurden. Alle angreifenden Raptoren fielen tot zu Boden.

Zwei Gestalten liefen den kleinen Hügel herunter. Es waren ein Mann und eine Frau. Der Mann mochte ein paar Jahre älter als Lukas sein und trug uniformähnliche Bekleidung, eine Hose, Jacke und eine Weste darüber, an der viele Taschen befestigt waren. Er besaß kurze schwarze Haare und blickte ihn und Kora aus durchdringenden Augen neugierig an.

Die Frau mochte in Lukas Alter sein, trug die gleiche Bekleidung und hatte ihr langes braunes Haar zu einem Zopf geflochten.

„Da sind wir gerade noch zur rechten Zeit gekommen, um Sie und ihr ungewöhnliches Reittier zu retten“, sagte der Mann. Sein Blick ruhte neugierig auf Kora. „So ein Tier habe ich noch nie gesehen.“

„Tier? Ich bin kein Tier“, entfuhr es Kora in beleidigtem Ton. Was fiel diesem fremden gewalttätigen Menschen nur ein? „Sie haben grundlos die armen Raptoren ermordet.“

Der Fremde fuhr überrascht zurück, als er Kora sprechen hörte. „Aber, das … es kann sprechen?“

„Natürlich kann ich sprechen“, sagte Kora. Woher kam dieser ungehobelte Mensch nur, dass er das nicht wusste?

Lukas dagegen hatte sofort einen Verdacht. „Ihr seid Gestrandete?“

„Gestrandete?“ fragte die Frau. „Wie meinen Sie das?“

„Nun, ihr seid neu in Dinotopia?“

„Ich glaube, das sind wir“, meinte der Mann wieder. „Und was meinte Ihr … Begleiter damit, dass wir die Viecher ermordet hätten? Die Bestien wollten euch gerade zerreißen und wir haben euer Leben gerettet.“

„Auf Dinotopia ist jedes Leben heilig, auch das der abtrünnigen Fleischfresser. Aber als Außenweltler könnt ihr das nicht wissen. Woher kommt ihr? Aus wessen Land?“ fragte Lukas.

„Wo bleiben nur meine Manieren“, sagte der Mann wieder. „Mein Name ist Colonel John Sheppard. Ich komme von einem Planeten, der Erde genannt wird. Das ist Rhiana Remor. Sie stammt vom Planeten Tengwar.“

„Mein Name ist Lukas Berger. Das ist Kora Schnellfuß“, stellte Lukas sich und Kora vor. „Was meinten Sie mit anderem Planeten?“

„Meine Heimat liegt auf einem anderen Planeten, ja sogar in einer anderen Galaxis. Wir kamen als friedliche Forscher durch das Stargate in diese Galaxis.“

„Was ist ein Stargate?“

„Ein großes rundes Ding, dass ein Wurmloch aufbaut, durch das man von einem Planeten zum anderen reisen kann.“

„So etwas gibt es bei uns nicht“, meinte Lukas nach kurzem Überlegen. "Und was für ein Zufall. Auch mein Planet wird Erde genannt.“

„Einen solchen Zufall kann es nicht geben“, Sheppard sah Rhiana an. „Auf meiner Erde gibt es kein Land, das Dinotopia heißt. Und die Dinosaurier sind bei uns vor über 60 Millionen Jahren ausgestorben.“

„So ähnlich ist es bei uns auch gewesen“, sagte Kora. „Nur hier auf Dinotopia haben einige meines Volkes überlebt.“

„Noch so eine Übereinstimmung“, sagte Sheppard.

„Wir sollten das ein anderes Mal diskutieren“, meinte Kora. „Den Tod der armen Raptoren können wir nicht mehr ändern, aber wir sollten wirklich weiter. Vielleicht sind noch mehr in der Nähe.“

„Was macht ihr beiden hier überhaupt so alleine“, fragte Sheppard. Er konnte es zwar noch nicht fassen, einen sprechenden Dinosaurier vor sich zu haben, aber was hatte er nicht schon alles erlebt in der Pegasus-Galaxis? Ihn konnte nichts mehr überraschen.

„Wir sind Boten aus Heidesaum und überbringen den Farmern in der Ebene Nachrichten, Medizin, Nahrungsmittel, eben die Sachen, die sie bestellen.“

„So ist das. Hören Sie! Es tut mir Leid, wenn wir Ihre Gesetze unwissentlich übertreten haben. Wir wollen niemanden schaden und benutzen unsere Waffen nur zur Selbstverteidigung. Leider sind wir bisher auf viele Wesen getroffen, die uns nicht freundlich gesinnt waren. Deshalb die Vorsicht.“

„Schön, Sie beide kennen zu lernen“, sagte Kora schon etwas freundlicher gesinnt. Außenwelter waren nun einmal seltsame Geschöpfe.

„Gehen wir weiter“, meinte Lukas und stieg in den Sattel. Dabei sah er sich mit gemischten Gefühlen um.

Lukas begriff, dass die Warnungen vor Übergriffen der Fleischfresser am Rande der Nördlichen Tiefebene nicht übertrieben waren. Er wollte alle Farmer auf seinem Weg warnen und sie zur äußersten Wachsamkeit ermahnen. Zumindest diejenigen, welche am Rande der Ebene wohnten. Bis zum Ozean, an dessen Ufer die nördliche Ebene endete, würden sich die Fleischfresser kaum wagen.

weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by Selana
Teil 3

„Wenn ihr neu seid, kennt ihr die Gegend nicht. Wollt ihr uns begleiten?“

„Gerne“, sagte Sheppard. Rhiana und er hatten sowieso keine Ahnung, wohin sie gehen sollten. Ein Sternentor war nicht zu sehen. Diese seltsame Welle, die sie hergebracht hatte, war aus dem Nichts erschienen. Es war besser, sie hatten einen Führer in dieser seltsamen Welt, wo es sprechende Dinosaurier gab.

„Kora kann uns drei nicht tragen, aber es ist nicht weit bis zur nächsten Farm.“

„Wir laufen neben euch beiden her“, schlug Rhiana vor.

Kora passierte ihre Geschwindigkeit den Menschen an und sie musste zugeben, dass die beiden gut in Form waren. Sie kamen gut voran. Zuerst führte sie ihr Weg am Rande des Rückengebirges entlang. Schließlich erreichten sie Ma-Lings Farm und warnten ihn vor den Fleischfressern.

Zu Ma-Lings Farm gehörten vier Familien von Paras. Zwei waren bereit die Neuankömmlinge zu tragen und Lukas und Kora zu begleiten. So kamen Rhiana und John in den Genuss ihres ersten Saurier-Rittes. Für beide war es kein Problem sich im Sattel zu halten. Nach kurzer Zeit begannen die beiden, den Ritt zu genießen. Ihre Reittiere beherrschten ebenfalls die Menschen-Sprache und so kam es, dass sie bald mit der Geschichte von Dinotopia etwas vertraut wurden.

Die nächste Farm gehörte Oliver Ganz mit seiner Familie und den saurischen Bewohnern, die aus einer Familie von Pentaceratops bestand: Vater, Mutter, zwei Töchter und ein Sohn. Stolzfuß, der Vater war ein riesiges Mitglied seiner Art und vom Kopf bis zum Schwanz gut sieben Meter lang. Sein Nackenschild war riesig und ähnelte denen der Casmosaurier, nur das es an den Rändern mit Knochenwulsten besetzt war. Über den Augen saßen zwei lange Hörner, zwischen den Nasenlöchern ein kurzes Horn, an beiden Wangen ragten ebenfalls Knochenwülste hervor. Der Papageienschnabel war kräftig gewachsen und prächtig dafür geeignet Zweige an Bäumen abzubeißen. Dies taten die Pentas jedoch selten. Schließlich wollten sie die Baumbestände von Dinotopia erhalten und hier in der Nördlichen Tiefebene gab es zudem nicht viele Wälder.

Die Pentas halfen der menschlichen Farmerfamilie auf dem Feld, stellten sich als Zugsaurier zur Verfügung und die Kleinen spielten mit den Kindern der Menschen. Beide Parteien profitierten durch diese Zusammenarbeit.

Lukas und Kora brachten Oliver die bestellten Medikamente und erzählten die neuesten Geschehnisse. Außerdem warnten sie die Familien vor den Fleischfressern. Alle versprachen gut aufzupassen und bei Gefahr sofort einen Nachrichtenvogel zu den Behörden in Heidesaum zu schicken.

Danach setzten die beiden Boten mit Sheppard und Rhiana ihren Weg fort. Bis zum Abend erreichten sie eine weitere Farm, etwas tiefer in der Ebene gelegen, die der Familie Jasper gehörte. Das junge Ehepaar bewirtschafte eine große Farm, zusammen mit ihren saurischen Partner, diesmal war es eine Triceratops-Familie und ein großer Brachiosaurier.

Sheppard kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Er hatte schon von Brachiosaurier wie Langhals gelesen und auch einige in entsprechenden Filmen gesehen, doch einen in natura zu sehen, übertraf alles bisher Gesehene. Der Hals des Riesen ragte mindestens 12 m in die Höhe und oben, direkt hinter dem Kopf, konnte ein Sitz angebracht werden, in dem Jasper sitzen und seine Getreidefelder überblicken konnte. Die Länge des Sauriers betrug 23 Meter und das Gewicht viele Tonnen. Die Hinterbeine waren kürzer als die beiden Vorderbeine und halfen ihm sein Gewicht zu tragen. Er besaß einen kräftigen Kiefer mit Zähnen. Die Beine endeten in kurzen, dicken Zehen. Auf jeder Fußsohle saß ein Polster, dass den gewaltigen Schock seines Gewichtes beim Aufsetzen der Füße dämpfte.

Jasper warf einen Blick in den Himmel. „Es wird bald dunkel. Wollt ihr nicht bei uns übernachten? In der guten Stube ist es angenehmer, als draußen im Freien.“

Dem konnten sie nur zustimmen. Nach einem Blick auf Kora, Thea und Lea, den beiden Para-Weibchen, die John und Rhiana trugen, die zustimmend nickten, sagten sie zu.

„Dann kommt herein.“

Die drei Menschen und die drei Paras folgten dem Farmer in das Innere des lang gestreckten Hauses. Paras waren es gewohnt, in einem Haus zu leben. Sie waren zwar größer als ein Mensch, aber durchaus in der Lage, sich grazil in einem Menschenhaus zu bewegen. In den Städten besaßen alle Saurier von entsprechender Größe ein eigenes Haus.

Nur die großen Sauropoden zogen es vor, in riesigen Hallen zu wohnen und sich von den Menschen pflegen zu lassen. Sie besaßen schließlich auch keine Hände, die sie als Werkzeuge benutzen konnten. Damit die Menschen durch ihre Gefälligkeit einen Nutzen hatten, stellten sie als Gegenleistung ihre Stärke als Zug- oder Transportsaurier zur Verfügung.

Saurier wie Kora besaßen zwei Hände, die zwar in Klauen endeten, aber durchaus dafür geschaffen waren, als Greifwerkzeuge zu dienen. Die Räume der Farm waren entsprechend hoch gebaut, denn es kamen oft saurische Besucher, die auch im Haus übernachteten.

„Ich bewundere immer wieder euer schönes Haus“, begann Kora die Unterhaltung und sah sich um. Der Essraum, ganz aus Holz gebaut, war mit Schnitzereien und Verzierungen verschönert worden, die miteinander arbeitende Menschen und Saurier zeigten, Kinder, die mit Sauriern herumtollten oder Menschen und Saurier zusammen beim Essen. Teppiche, von Jaspers Frau selbst hergestellt, hingen an den Wänden und bedeckten den Boden. Die Teppiche waren so weich und hoch, dass man beim Darübergehen im Gewebe versank.

„Deine Frau und du, ihr seid wahre Künstler.“

„Ich danke dir für dein Lob“, antwortete Jasper stolz.

In der Küche hörten sie Marina, die Frau von Jasper herumwerkeln. Nur wenig später kam sie mit einem großen Tablett, auf dem das Abendessen stand, herein. Ihre 6-jährige Tochter Jasmina hatte inzwischen den Tisch gedeckt. In einem Farmhaus mussten alle mithelfen. Außer Jasmina hatten sie noch einen Sohn, der aber gerade 8 Monate alt war und in einer Wiege neben dem Tisch lag und schlief.

Es gab Gemüse in allen Variationen und Zubereitungsarten, Fisch, sowie die verschiedensten Obstsorten. Dazu tranken sie Quellwasser mit etwas Wein aus Jaspers eigenem Weinberg vermischt.

„Du bist eine großartige Köchin, Marina“, lobte Lukas die Frau, welche bei den anerkennenden Worten rot wurde.

„Danke, Lukas, aber hier, auf einer einsamen Farm, lernt man das schnell. Es gibt keine Gasthöfe und der nächste Einkaufsladen ist in Heidesaum. Einmal im Monat gehen wir in die Stadt und das ist immer ein Familienausflug, der viel Spaß macht.“

„Das glaube ich dir gerne“, meinte Lukas. „Ich bin schließlich auch auf einer Farm aufgewachsen.“

„Besuchst du deine Eltern auf dieser Tour?“ erkundigte sich Jasper.

„Nein, diesmal nicht. Wir müssen zwar bis zum Meer, aber nicht in die Gegend, wo die Farm meiner Familie liegt. Vielleicht das nächste Mal.“

„Es ist sicher aufregend so durch die Gegend zu ziehen“, meinte Jasper. „Aber für mich wäre das nicht. Es war immer mein Wunsch, von der lärmenden Stadt wegzuziehen und eine eigene Farm zu bewirtschaften.“ Sein Blick traf John und Rhiana. „Aber im Gegensatz zu sonst, bist du nicht alleine?“

„Nein, Kora und ich trafen John und Rhiana unterwegs. Sie sind neu in Dinotopia und ich bringe sie nach Heidesaum. Dort kann man ihnen vielleicht helfen.“

Jasper und Marina sahen die beiden neugierig an. Es war schließlich einige Jahre her, dass Außenwelter eingetroffen waren.

„Ihr werdet euch sicher gut einleben“, meinte Marina. „Es ist schön in Dinotopia.“

„Wir haben nicht vor zu bleiben“, widersprach John.

Jasper sah ihn mitleidig an. „Es ist noch nie jemand in die Außenwelt zurückgekehrt.“

„Dann sind wir die Ersten“, sagte John entschlossen.

Sie erzählten von ihrem Abenteuer mit den Raptoren und warnten auch Jasper vor der Gefahr, obwohl seine Farm nicht mehr am Rand, sondern mitten in der Tiefebene lag.

„Wir werden aufpassen“, versprach Jasper. „Ich denke, aber nicht, dass jemand so dumm ist eine Farm anzugreifen, die von einer Familie Triceratops und einem Brach beschützt wird.

„Da muss ich dir zustimmen. Trotzdem, wenn ihr etwas Verdächtiges seht, benachrichtigt bitte die Behörden in Heidesaum.“

„Das tun wir.“

Spät abends gingen sie schlafen. Sie bekamen entsprechende Gästezimmer zugewiesen, die groß und gemütlich eingerichtet waren. Es dauerte nicht lange und alle waren fest eingeschlafen.

Früh am anderen Morgen wachten sie auf und bekamen noch ein üppiges Frühstück von Marina. Dann verabschiedeten sie sich von der gastfreundlichen Farmerfamilie und setzten ihren Botengang fort. Nach einigen Stunden und zwei Farmen später, erreichten sie ihr äußerstes Ziel: eine Farm fast am Ufer des Meeres gelegen. Die Farmer lebten dort nicht nur von ihren Getreide- und Reisfeldern sondern auch noch vom Fischfang. Selbst die große Obstplantage fehlte nicht.

Von ihrem Hügel aus hatten sie einen guten Überblick auf die unter ihnen liegende Farm. Sie bestand aus einigen mit Stroh bedeckten Häusern, in denen die Menschen und Saurier lebten. Außerdem beherbergten sie Werkzeuge und die Ernte des Jahres.

Hoben sie den Blick, sah man weit voraus den Ozean liegen. Davor erstreckte sich ein brackiger Flickenteppich aus Schilf, Palmen und Mangrovensumpf. Dahinter schimmerte ein schmaler, strahlend weißer Sandstrand und anschließend das ausgedehnte Riff, das ganz Dinotopia umzog. Silberfarbene Brecher schossen aus der von unbefahrbaren Strömungen aufgewühlten See empor und zerschellten an der korallenroten Barriere. Sheppard ließ einen Augenblick seinen Blick über das große Wasser schweifen und wandte dann aber schnell seine Aufmerksamkeit erneut der Farm zu.

Lea hob ihren Kopf und sah ihn an. „Genug gesehen? Kann ich weitergehen?“

John nickte zustimmend und strich Lea über den Hals. Sie hatte das gerne, wie sie ihm erzählte. Sheppard hatte noch nie auf einem Reittier gesessen, mit dem er sich unterhalten konnte. Es war ein ganz eigenartiges Gefühl, doch er begann, Lea gerne zu haben. Sie konnte so witzige Sachen erzählen.

Lukas, der auf Kora neben ihm stand, warf einen Blick auf den Stand der Sonne. Es war fast Mittag. „Wir könnten dort kurz etwas essen und dann gleich weiter zur Laurel-Farm gehen, um gegen Abend die St.Claire-Farm zu erreichen. Vielleicht können wir dort übernachten.“

Der Weg führte in Windungen bis zu dem großen Anwesen. Die Paras setzten Fuß vor Fuß und verfielen in einen flotten Trab. Diese Geschwindigkeit sagte den Paras am besten zu. Das Auf und Ab der Bewegungen machte Johns nichts mehr aus. Schon längst hatte er sich an diese Schaukelei gewöhnt. Lea war schließlich kein Pferd. Die Paras ähnelten großen Riesen-Kängurus. Ihre Bewegungen waren nicht so ausgeglichen wie die eines Pferdes, da dieses auf vier Beinen und nicht wie die Paras auf zweien liefen.

Der Hügelweg mündete in die breite Straße, die sie nicht benutzt hatten, weil sie Abkürzungen durch das Land genommen hatten, die von den großen Sauropoden, die oft noch Wagen zogen, nicht benutzt werden konnten. Für den kleineren agileren Parasaurolophus bildeten Abkürzungen durch Wälder, Bäche und schmale Fußwege kein Hindernis.

Die Straße führte durch die Obstplantage. Mangos, Papayas, Sternenfrüchte und Rambutans gediehen neben Stauden mit riesigen Beeren. Der Weg kam dann neben großen Getreidefeldern wieder zum Vorschein. Es war gerade Erntezeit. Einige Brachiosaurier zogen Getreidemäher durch die Felder. Menschen und kleinen Saurier, meist Ornitholestes oder Gallimimus, aber auch einige Paras und andere Hadrosaurier, liefen hinter den Maschinen her und sammelten die Garben auf, banden sie zusammen und stellten sie in Gruppen auf. Am anderen Tag würden die Lastenträger, wie Centro-, Triceratops oder Pentas sie mit Wagen abholen und in die Kornscheunen bringen, wo sie weiterverarbeitet wurden. An anderen Stellen des Feldes, wo das Getreide am Tag vorher gemäht worden war, konnten sie solche Gemeinschaften aus Mensch und Saurier sehen, die das Getreide aufluden oder zu den Scheunen fuhren. Zum Schutz vor der Hitze hatte sie alle Hüte oder Mützen auf.

Als die drei Paras und ihre Reiter an ihnen vorbeitrabten, hob sich manche Hand zum Gruß. Schließlich erreichten sie die ersten Gebäude und steuerten auf das Hauptgebäude zu, wo Kora und Lukas immer ihre Nachrichten abliefern mussten. Zu dieser großen Farm brachten sie meist nur Nachrichten und Medikamente, denn die Ostara-Farm produzierte die meisten Lebensmittel für Heidesaum, Füllhornstadt, Baumstadt und viele kleine Farmen entlang der Küste, bis hinunter nach Chandara. Was Vidava für die Gegend um Wasserfallstadt war, war Ostara für die Nördliche Tiefebene.

Nataniel, der Leiter der Farm, trat aus der Tür des Haupthauses, um sie zu begrüßen. „Atme tief.“

„Suche Frieden“, antworte Lukas. Er sprang mit einem eleganten Satz aus dem Sattel auf den Boden.

John und Rhiana taten es ihm nach.

„Ihr kommt spät. Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Ein Botenvogel hat uns von Jasper erreicht, um uns zu warnen. Er hat auch erzählt, was euch passiert ist. Und auch die Neuigkeit, dass ihr zwei Außenweltler mit euch führt.“ Erneut traf John und Rhiana ein neugieriger Blick.

„Wir haben uns bei den Hausmanns etwas verquatscht“, erklärte Kora.

„Thomas ist ein altes Schwatzweib“, meinte Nataniel grinsend. „Es ist Mittagszeit. Ihr seid herzlich eingeladen. Oder müsst ihr gleich weiter?“

Lukas hatte inzwischen aus einer Seitentasche seiner großen Satteltasche vier Schriftrollen unterschiedlicher Größe geholt und überreichte sie Nataniel. „Wir hatten auf die Einladung gehofft.“

„Dann folgt mir.“

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Kapitel 4 by Selana
Teil 4

Sie gingen mit dem Farmer zu einem einstöckigen mit Stroh bedeckten Nebengebäude. Dort war die Küche und der große Speisesaal untergebracht, wo die Menschen und die kleinen Saurier gemeinsam aßen. Der Saal war schon gut besetzt und noch immer kamen Menschen und Saurier von ihrer Arbeit herein, um zu essen.

Sheppard staunte wieder bei dem Anblick der vielen Saurierarten, die er nur aus Büchern und Filmen kannte. Auch Rhiana war beeindruckt, denn sie hatte noch nie von einer Welt gehört, die sprechende Dinos besaß. Wohin auch immer es sie verschlagen hatte, es musste weit weg von zu Hause sein.

Die reich gedeckte Tafel bot alles, was die Farm produzierte. Über Obst, Fisch, Gemüse bis zu Getreidegerichten. Nur Fleisch war verpönt, denn alle Dinotopier waren Vegetarier. Sie töteten kein Tier, um es zu essen, das äußerste war Fisch.

Alle langten kräftig zu. Nachdem sie satt waren und nach einem kleinen Schwatz mit Nataniel, verabschiedeten sie sich wieder. Zu lange wollten sie sich nicht aufhalten, denn der Weg bis zur St. Claire-Farm war noch weit. Sie folgten dem großen Fahrweg, bis sie am frühen Nachmittag die Laurel-Farm erreichten, um auch hier ihre Lieferung abzuliefern. Leider konnten sie nicht wie beabsichtigt gleich aufbrechen, denn auch die Laurels wollten sie ohne Wegzehrung nicht ziehen lassen. So war es schon später Nachmittag, als sie die Farm verließen.

„Es sind fünfzehn Kilometer bis zu den St.Claires“, meinte Kora. „Selbst wenn wir uns beeilen, ist es längst dunkel, bis wir dort ankommen.“

„Wir könnten noch ein paar Kilometer hinter uns bringen und uns dann einen geeigneten Rastplatz suchen“, schlug Lukas vor. „Dann sind wir Morgen am späten Vormittag bei den St. Claires.“

„Eine gute Idee. Eine Nacht unter den Sternen ist auch schön“, meinte Kora. „Zu essen haben wir genug in den Satteltaschen.“

„Was meint ihr, John, Rhiana?“

„Wir sind einverstanden.“

Nachdem sie das geklärt hatten, ritten sie auf dem Hauptweg weiter. Die Farm lag in gerader Linie am Hauptweg, in einem Ausläufer des Rückengebirges.

Die Paras verfielen erneut in einen flotten Trab. Die Sonne ging langsam unter, doch sie hatten ihr gewünschtes Ziel erreicht. Vor ihnen lag der Ausläufer des Rückengebirges, der sich zwei Kilometer weit in die Tiefebene hineinschnitt. In regelmäßigen Abständen wurde der Gebirgsrücken von unterschiedlich großen Tälern durchzogen. In einem dieser Seitentäler lag die St. Claire-Farm, von ihrem Standort aber noch sieben Kilometer entfernt. So beschlossen sie, hier zu übernachten.

Kora hob einen ihrer Arme und zeigte auf einige große Felsbrocken, neben denen Bäume wuchsen. Vom nahen Gebirge floss ein winziger Bach zwischen den Bäumen hindurch und verlor sich in den Weiten der grasbewachsenen Ebene.

Ein idealer Platz um die Nacht zu verbringen. Während Lukas aus herumliegenden Zweigen und Ästen ein kleines Feuer entzündete, machten sich Kora, John und Rhiana auf die Suche nach größeren Holzstücken, damit sie es auch in der Dunkelheit warm und bequem hatten. Dann setzten sie sich in den Schatten der Bäume, aßen und unterhielten sich. Als sie müde wurden, rollte Kora sich zusammen und Lukas breitete in ihrem Schutz seine Decke aus. Eines von Koras Hinterbeinen gab ein vorzügliches Kopfkissen ab. So dauerte es nicht lange, bis Lukas tief und fest schlief.

John und Rhiana suchten sich ebenfalls einen bequemen Schlafplatz und kuschelten sich zusammen, während Lea und Thea sich ebenfalls nebeneinander legten, um sich zu wärmen.

Kora lauschte auf die Atemzüge ihres menschlichen Freundes und zog die Decke fester um seinen Körper. Als sie klein und hilflos war, hatte Lukas für sie gesorgt. Jetzt tat sie es für ihn. Menschen waren schwach und vielen Gefahren schutzlos ausgeliefert. Sie konnten bei Gefahr nicht schnell genug laufen und waren ohne ihre saurischen Partner vielen unnötigen Risiken ausgesetzt. Ihre Instinkte waren noch ausgeprägter, als die des Menschen. Das geringste Geräusch würde sie wecken.

Dann sah sie zu den beiden anderen Menschen hinüber und sah, dass sie sich zusammenkuschelten. Ein Lächeln überzog ihr Gesicht. Die beiden Fremden hatten es zwar nie erwähnt, doch Kora konnte an ihrer Körpersprache herauslesen, dass sie ein Paar waren. Eines Tages würde auch sie einen geeigneten Partner finden und eine Familie gründen, doch bis es so weit war, gehörte ihre ganze Fürsorge Lukas.

Es musste spät in der Nacht sein, als Kora aufwachte. Im ersten Moment wusste sie nicht, was sie geweckt hatte. Lukas Atem ging noch ruhig und gleichmäßig. Er schlief tief und fest. Kora hob ihre Schnauze in die Luft und witterte. Dabei vermied sie es, dass Luft durch ihre Nüstern in ihr Horn gesogen wurde. Damit konnten Paras Laute ausstoßen oder Musik machen.

Alles war ruhig, aber dann war ihr, als hörte sie weit entfernte Laute, die sich langsam näherten. Da es mitten in der Nacht war, und hinter dem Rückengebirge das Regental lag, war Kora sich nicht sicher, ob es Freund oder Feind war, der sich näherte.

Sanft weckte sie Lukas und flüsterte: „Jemand kommt! Wir müssen das Feuer ausmachen und die beiden Menschen wecken.“

Das kleine Feuer, welches sie über die Nacht gewärmt hatte, war nur noch als Glut vorhanden. Doch es leuchtete immer noch in der Dunkelheit. Lukas stand schnell auf und schüttete Wasser aus dem nahen Bach darauf, bis keine Glut mehr zu sehen war.

Durch die leisen Geräusche waren auch John und Rhiana aufgewacht. John griff nach seinem Gewehr, das er trotz der Bitte der Dinotopier nicht abgelegt hatte. Wenn Gefahr drohte, wollte er sich wehren können.

Dann lauschten alle angespannt.

Koras Gehör war ohne Zweifel besser, als das der Menschen. Noch konnte John nichts hören. Vielleicht hatte Kora sich geirrt? Ein Blick auf Thea und Lea sagte ihm aber, dass auch die beiden etwas bemerkt hatten.

Dann glaubte auch John etwas zu hören. Er konzentrierte sich auf den Laut. Jetzt war er sicher eine Stimme gehört zu haben. Die Stimmen wurden lauter. Die Freunde nahmen Deckung hinter den Bäumen. Die drei Paras hatten da mehr Probleme als ihre menschlichen Freunde, da sie vier Mal mehr Masse als diese hatten. Allerdings half die Finsternis und Paras konnten regelrecht zur Salzsäule erstarren. Falls jemand in ihre Richtung blickte, hielt er sie in der Finsternis für Steine.

John, Rhiana und Lukas hatten weniger Probleme damit. Der mittelgroße Redwoodbaum, hinter dem sie sich versteckten, gab genug Deckung ab.

„Hoffentlich riechen sie den Rauch nicht“, flüsterte John in Rhianas Ohr.

Die nächtlichen Wanderer kamen immer näher und gingen an ihrem Versteck vorbei, ohne sie zu entdecken. Wahrscheinlich nahmen sie nicht an, dass sich in den Bäumen jemand verstecken würde. Leider verstanden sie die Worte nicht, da es ein saurischer Dialekt war.

Erst, als kein Laut mehr zu hören war, wagte Lukas Kora zu fragen: „Hast du etwas von dem verstanden, was sie sagten? Ich konnte nicht einmal erkennen, was für Saurier es waren.“

„Fleischfresser“, beantwortete Kora ängstlich seine Frage. Im Gegensatz zu Lukas hatte sie fast jedes Wort verstanden.

„Fleischfresser? Sind sie wieder auf Beutejagd?“

„Nein, sie kehren zurück. Sie haben damit geprahlt, was sie für Beute gemacht haben."

„Wo? Haben sie das gesagt?“

„Nein.“

„Wir sollten sie verfolgen“, meinte Lukas.

„Sie verfolgen? Bist du verrückt geworden?“ fragte Kora.

„Ich hoffe nicht, aber das ist eine einmalige Gelegenheit zu erfahren, woher die Fleischfresser kommen und wohin sie immer so schnell verschwinden. Die Behörden wären über dieses Wissen sehr dankbar.“

„Aber nur, wenn wir das auch überleben“, meinte Kora.

„Kannst du ihnen folgen? Ich meine, findest du noch ihre Spuren?“

„Erst, wenn es hell wird. Wie soll ich in der Dunkelheit Spuren erkennen?“ Kora begriff nicht, wieso sie so dumm war, auf Lukas Wunsch einzugehen. Das war doch glatter Selbstmord.

„Wir helfen euch“, sagte Rhiana. „John und ich sind Spezialisten für solche Jobs.“

„Ja“, bestätigte John. „Zwar wissen wir nichts von euren Schwierigkeiten, aber wenn wir helfen können, helfen wir gerne.“

„Dann seid ihr noch verrückter als Lukas“, meinte Kora, doch sie wusste, dass sie die Menschen nicht umstimmen konnte. Menschen handelten oft unlogisch und taten Dinge, die nicht zu ihrem besten waren.

Trotz ihrer Ungeduld mussten sie noch eine Stunde warten, bis es hell genug war, um Spuren erkennen zu können. Die Fleischfresser waren sich ihrer Sache sehr sicher gewesen, denn sie hatten keinen Versuch unternommen, ihre Spuren zu verwischen.

Eine halbe Stunde lang ging es entlang des Bergrückens, dann waren die Fleischfresser in ein winziges Seitental abgebogen. Nach etwa dreihundert Meter entlang des Talgrundes wurde das Tal breiter. Die Wände wichen auseinander. Der Boden wurde felsiger und es wurde schwieriger die Spuren zu erkennen. Da es aber bisher keine Abzweigung gegeben hatte, brauchten sie einfach nur dem Verlauf des Tales zu folgen.

Etwa eine Stunde ging das so, dann hörten sie Stimmen. Sofort blieben sie stehen und lauschten. Kein Zweifel, es waren saurische Laute. Sie sahen sich um, doch es gab keine Möglichkeit sich zu verstecken. Sollten sie umkehren?

Während sie noch überlegten, erkannten sie, dass die Stimmen nicht auf sie zukamen sondern in gleicher Entfernung blieben. Vor ihnen lag eine Biegung.

„Bleibt hier“, sagte John. „Ich sehe nach.“ Er warf Rhiana einen bezeichnenden Blick zu und sie bestätigte ihm mit einem Blick, dass sie verstanden hatte. Sie würde dafür sorgen, dass weder Lukas noch die Saurier eine Dummheit machten.

Die Zurückbleibenden blickten Sheppard nach, der sich bis zur Biegung schlich und sich vorsichtig umblickte. Vor ihm endete das Tal in einem großen Talkessel. Zumindest sah er auf den ersten Blick keinen Weg, der weiter führte. In seiner Nähe war die Felswand nicht so steil und ging in ein Geröllfeld über. Hinter der Halde stieg die Wand wieder steil nach oben. Im Schutze des Gesteinsschutts schlich er weiter. Ein großes Lager war am anderen Ende des Tales aufgebaut worden. Menschen und Saurier bewegten sich zwischen den Zelten. John erkannte, dass die Saurier überwiegend Fleischfresser zu sein schienen. Große und kleine Arten, deren Namen er aber nicht kannte.

Was taten die Menschen bei den Fleischfressern?

John nahm sein Fernglas heraus und beobachtete sie. Da erkannte er, dass es Gefangene waren, die von den Fleischfressern zur Arbeit angetrieben wurden. Allerdings bemerkte er jetzt auch einige kleinere Dinosaurier, die genauso wie die Menschen zur Arbeit getrieben wurden. Was ging hier vor?

Alle zu retten wäre aussichtslos. Einen Einzelnen herauszuholen, war da schon realistischer. Aber wie sollte er einen der Menschen befreien, ohne selbst gefangen zu werden? Wenn man ihn entdeckte, war er verloren. Was er brauchte, war ein Ablenkungsmanöver. Vorsichtig schlich er die Halde hinunter und kehrte zu den anderen zurück, die sich schon Sorgen gemacht hatte.

Sie hörten besorgt zu und Lukas meinte: „Gefangene Menschen bei den Fleischfressern? Das hat es noch nie gegeben. Sie machen keine Gefangenen sondern fressen ihre Beute gleich auf. Außerdem ist Sklaverei in Dinotopia verboten.“

„Bei den Fleischfressern im Regental geht etwas vor, was wir unbedingt herausfinden müssen. Wenn wir einen der Gefangenen befreien, kann er uns vielleicht Näheres erzählen“, meinte Lukas.

„Das gleiche dachte ich auch“, sagte John.

„Wie stellt ihr euch das vor? Einfach ins Lager schleichen und einen herausholen vielleicht? Sie werden uns sofort sehen.“

„Nicht, wenn wir sie ablenken“, meinte John.

„Und wie sollen wir sie ablenken.“

„Warum ist nie einer von den Saurierpiloten da, wenn er gebraucht wird?“ beschwerte sich Lukas. „Ein Flieger wäre genau das Richtige.“

„Saurierpilot?“ fragte John neugierig.

„Das erklären wir dir später. Und leider ist kein Flieger da“, gab Kora zurück.

„Wie wäre es dann mit einem Steinschlag?“ Sheppard war eine Idee gekommen. „In der Nähe, wo ich sie beobachtet habe, war ein Geröllfeld. Wenn wir die zum Rollen bringen, rennen alle weg und wir könnten uns jemanden holen.“

„Und wie bringen wir die Steine ins Rollen?“ erkundigte sich Kora.

„Es wird bald dunkel. Dann machen wir es. Wir müssen uns beeilen.“ Er kramte in einer seiner Taschen herum und fand das kleine Päckchen C-4-Sprengstoff darin. Er hielt es Kora unter die Schnauze. „Damit, es ist Sprengstoff und macht einen großen Krach.“

Kora fuhr zurück und konnte gerade noch verhindern, dass sie tief einatmete und die Luft durch ihren Röhrenkamm wieder ausstieß. Ihr Kamm hätte dann aber einen weithin hörbaren Ton erzeugt. „Bist du verrückt geworden? Das könnte losgehen.“

„Keine Sorge, ich weiß damit umzugehen“, sagte John.

„Und was willst du damit anfangen?“ fragte Lukas.

„Wie gesagt, ich schleiche mich zu dem Geröllhaufen und sprenge ihn in die Luft. Im dadurch entstehenden Chaos greife ich mir einen der Gefangenen.“

„Das ist viel zu gefährlich“, sagte Rhiana besorgt.

„Ist es nicht. Ihr müsst bereitstehen mich und den Befreiten aufzunehmen, damit wir sofort flüchten können.“

„Wir werden bereit sein“, versprachen Kora, Lea und Thea im Brustton der Überzeugung.

Rhiana warf John einen skeptischen Blick zu, aber sie war bereit nachzugeben. „Also gut, dann machen wir es so.“

Bis zur Dämmerung mussten sie nicht mehr lange warten. Sobald es John dunkel genug erschien, machte er sich auf den Weg und ließ eine sehr besorgte Partnerin, Lukas und drei Paras zurück. Sheppard hatte Glück. Keiner der Carnosaurier achtete auf den Taleingang. Sie schienen nicht damit zu rechnen, dass jemand so verrückt sein konnte, ihnen zu folgen, geschweige denn, es zu wagen, einen der Gefangenen zu befreien.

Jede Deckung ausnützend huschte er von Stein zu Stein, bis er sein Ziel erreicht hatte. Jetzt musste er nur noch die richtige Stelle finden, damit der Sprengstoff seine optimale Kraft entfalten konnte, um die Gerölllawine auszulösen. Nach kurzem Suchen glaubte der die richtige Stelle gefunden zu haben und steckte den Sprengstoff in ein kleines Loch hinein. Er aktivierte den Zünder und machte, dass er weg kam. Er hatte gerade den Talgrund erreicht, als das C-4 explodierte und als Ergebnis dafür sorgte, dass der halbe Hang ins Tal stürzte, genau auf ihn zu.

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Kapitel 5 by Selana
Teil 5

Sheppard konnte gerade noch einem herunterstürzenden Felsblock ausweichen. So einen großen Erfolg hatte er nicht erwartet. Unten im Lager gab es ein großes Durcheinander. Saurier und Menschen huschten in Panik umher und versuchten sich vor den herumfliegenden Steinen und Geröllmassen in Sicherheit zu bringen. John sah einige der großen Fleischfresser von Steinmassen begraben am Boden liegen, doch das bedauerte er nicht. Er hoffe jedoch, dass keiner der menschlichen oder saurischen Gefangenen zu Schaden kam.

Ein kleiner Schatten huschte an ihm vorbei und John reagierte sofort. Er sprang vor und packte den Fliehenden. Es war ein etwa achtjähriges Mädchen, dass vor Angst aufschrie.

„Still!“ zischte Sheppard ihr ins Ohr und hielt gleichzeitig ihren Mund zu. „Ich bin hier, um dich zu retten. Komm mit mir!“

Das Mädchen nickte erleichtert, als sie in dem vermeintlichen Angreifer einen Menschen erkannte und folgte ihm ohne Widerrede. Sie rannten so schnell sie konnten zu der Biegung, hinter der die Freunde auf sie warteten. Das Mädchen erschrak beim Anblick der Paras erneut.

„Keine Angst, Kleine. Das sind Kora, Thea und Lea. Sie werden uns in Sicherheit bringen.“

Lukas und Rhiana saßen schon auf Kora und Thea. Lea ging in die Knie und John setzte das Mädchen vor sich in den Sattel und stieg dann selbst auf. Eilig erhob sich Lea. So schnell ihre Beine sie trugen, rannten die Paras den Weg zurück, den sie vor Stunden gekommen waren. Niemand sagte ein Wort. Sie warfen immer wieder einen Blick zurück, doch anscheinend hatte keiner ihre Anwesenheit bemerkt. Wahrscheinlich hatten die Fleischfresser genug damit zu tun, Ordnung im Lager herzustellen und die Flüchtenden wieder einzufangen. Sie hofften, dass es noch mehr Menschen und Sauriern gelungen war, zu fliehen.

Das Mädchen erzählte ihnen, dass sie auf einer Farm gelebt hatte. Die Farm war vor einigen Wochen von den Fleischfressern überfallen worden, die die meisten Bewohner getötet hatten, auch ihre Eltern.

Eine Farm zerstört? Warum hatte man nie etwas davon gehört? Es konnte nur sein, dass diese so abgelegen lag, dass es noch niemand entdeckt hatte.

Sie hielten erst an, als sie den Ausgang des Tales erreicht hatten. Inzwischen musste es weit nach Mitternacht sein, und die Kleine war im Sattel eingeschlafen.

„Wohin jetzt?“ fragte Kora. „Heidesaum oder die St. Claires?“

„Nach Heidesaum ist es noch weit. Die St. Claires können wir bis zur Morgendämmerung erreichen. Außerdem müssen wir sie warnen, dass in ihrer Nähe ein Lager der abtrünnigen Fleischfresser ist“, sagte Lukas.

„Glaubst du nicht, dass diese das Lager abbrechen werden? Wenn sie den Hangabbruch untersuchen, bemerken sie, dass ihn jemand gesprengt hat. Außerdem werden sie die Kleine vermissen“, meinte Lea.

„Du hast wohl Recht, trotzdem müssen wir die Behörden informieren und die St. Claires warnen. Was, wenn die Horde ihre Farm überfällt? Sie würden jeden niedermetzeln oder als Sklaven verschleppen.“

„Dann also zu den St. Claires. Das Problem mit den Abtrünnigen wird immer größer und Besorgnis erregender“, sagte Kora.

Sie setzte sich wieder in Bewegung. Die kurze Pause hatte allen gut getan. Lea erzählte John noch mehr über das Regental und das Problem mit den dort lebenden Fleischfressern, die sich nicht an das Abkommen mit den Menschen und friedlichen Sauriern hielten. Nicht alle Fleischfresser lebten im Regental. Die meisten wohnten mit den übrigen Dinotopiern zusammen.

Als die Morgendämmerung hereinbrach, erreichten sie die Farm der St. Claires. Alles war ruhig, die Bewohner schliefen noch friedlich. Die Farm lag, wie zuvor das Lager, in einem weiteren Seitenarm des Gebirgsausläufers. Dieses Tal war jedoch keine Sackgasse. Der Weg führte an der Farm vorbei, weiter ins Tal hinein.

Die Farm war lange nicht so groß wie Ostara, aber trotzdem ein stattliches Anwesen. Hier wurde Getreide und Obst angebaut, dass die St. Claires und ihre Helfer nach Heidesaum lieferten oder an die kleineren Farmen verkauften, die sich nur auf den Anbau eines Produktes spezialisiert hatten.

Sie liefen zum Haupthaus und Lukas läutete Sturm. Es dauerte nicht lange bis St. Claire, ein Mann in mittleren Jahren, auftauchte, um nachzusehen, wer so früh störte. Seine ärgerliche Miene hellte sich etwas auf, als er die blaue Uniform von Lukas erkannte. Ein neugieriger Blick traf allerdings auch die beiden anderen, seltsam gekleideten Menschen, auf ihren Paras.

„Wir haben euch schon gestern erwartet. Meine Frau begann sich schon Sorgen zu machen.“ Sein Blick fiel auf das kleine Mädchen, das vor John im Sattel schlief. „Wer ist das?“

„Wissen wir nicht“, erwiderte Lukas. „Wir haben sie aus der Hand von Fleischfressern befreit, die noch mehr menschliche und saurische Sklaven halten.“

„Was? Das gibt es doch nicht!“ rief St. Claire entsetzt auf. „Das arme kleine Ding. Bringt sie herein. Mathilde!“ rief er dann laut nach seiner Frau.

John übergab die Kleine vom Sattel aus in die Arme von St. Claire. Der Farmer trug das immer noch schlafende Kind ins Haus.

Mathilde kam herein. Sie hatte sich in der Eile nur einen langen Morgenrock übergezogen und legte erschrocken ihre Hand an den Mund, als ihr Mann ihr von dem Schicksal des Mädchens erzählte. „Die arme Kleine. Legt sie auf die Liege neben dem Kamin. Ich entzünde das Feuer und mache das Frühstück.“

Lukas wusste, dass die St. Claires sich Kinder wünschten, aber keine bekommen konnten. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie das Mädchen bei sich behalten würden. Dann wandte er sich an St. Claire und erzählte, was sie erlebt hatten.

„Ich schicke sofort einen Boten nach Heidesaum und verstärke die Wachen. Zum Glück leben bei uns drei Brachiosaurier und mehrere Triceratops. Sie schrecken die Fleischfresser ab.“

„Hoffen wir es. Wir anderen brechen sofort nach Heidesaum auf. Wir müssen den Behörden berichten, was wir gesehen haben.“

„Wollt ihr nicht erst etwas frühstücken?“ fragte St. Claire.

„Keine Zeit. Wenn wir uns beeilen, sind wir zum Abendessen in Heidesaum“, sagte Kora. „Es wäre aber gut, wenn ihr das Kind behalten würdet.“

„Selbstverständlich. Meine Frau ist glücklich, dass sie jemanden zum Bemuttern hat. Da ihre Eltern tot sind, behalten wir sie vielleicht bei uns.“

„Das wäre ganz toll.“

„Das arme Ding. Sie kann gerne bei uns leben, wenn sie möchte“, sagte Mathilde aus dem Hintergrund.

St. Claire brachte sie noch ins Freie und sah ihnen nach. Er selbst ging dann los, um einen Botenvogel mit einer Nachricht auszusenden, dass die Gruppe unterwegs war, und die Fleischfresser eine Farm zerstört hatten.



Atlantis

Als Lorne durch das Stargate trat, wartete schon Elizabeth auf ihn.

„Was ist passiert, Major?“

„Wir haben den Colonel und Miss Remor verloren.“

„Wie bitte?“ Elizabeth glaubte sich verhört zu haben und blickte den Major ungläubig an. „Wiederholen Sie das bitte.“

Schnell erzählte Lorne, was passiert war.

„Sie geben also McKay die Schuld?“

„Wem sonst? Er hat herumexperimentiert und dabei etwas ausgelöst. Der Doktor glaubt, dass die Antiker daran gearbeitet haben, einen Weg in eine andere Dimension oder eine Parallel-Welt zu finden. Anscheinend waren sie erfolgreich. Die Welle verschluckte die beiden und löste sie auf.“

„Es kann also sein, dass sie noch am Leben sind?“ fragte Weir hoffnungsvoll.

„Natürlich ist das möglich. McKay ist sogar davon überzeugt. Und im Interesse des Colonels und Miss Remor hoffe ich, dass das stimmt.“

Weir sah Lorne durchdringend an. „Sie können McKay nicht leiden, nicht wahr?“

Der Major hielt Elizabeths Blick stand. „Das würde ich nicht gerade sagen, aber er ist zu überzeugt von seiner Genialität und nervt einfach. Ich bewundere Sheppard für seine Geduld.“

Weir konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Ich weiß, was Sie meinen, aber Sie kennen ihn noch nicht so gut wie wir. Er mag manchmal etwas nerven, aber er hat auch seine gute Seiten.“

„Dann hoffe ich, dass ich diese Seiten noch kennen lerne“, meinte der Major seufzend.

„Brauchen Sie Hilfe?“

„Ja, das wäre nicht schlecht. Dr. McKay könnte sicher noch Hilfe gebrauchen.“

„Ich gebe Ihnen Zelenka mit, Major.“

„Das ist eine gute Idee“, meinte Lorne. Im Gegensatz zu McKay fand er Zelenka sehr sympathisch.

Schon wenige Minuten später kehrte Lorne mit Zelenka auf den Planeten zurück. Dort war alles ruhig und McKay noch immer an der Arbeit. Zelenka gesellte sich zu ihm, um ihn zu unterstützen.

Nur wenig später hörte Lorne die beiden streiten, was dem Major ein Grinsen auf das Gesicht zauberte. Selbst seine Kollegen schienen mit McKay ihre Probleme zu haben. Das beruhigte ihn irgendwie.

Lorne ging durch das Wäldchen, wo seine Männer durch die Gegend streiften, um sicher zu gehen, dass ihnen keine weiteren Überraschungen ins Haus strömten. Etwas abseits sah er Teyla und Ronon Dex an einem kleinen Feuer sitzen und sich unterhalten. Er gesellte sich zu ihnen.

Teyla sah auf. „Etwas Neues, Major?“

Lorne schüttelte den Kopf. Als er Teylas enttäuschtes Gesicht sah, versuchte er sie zu beruhigen. „McKay und Zelenka werden sicher bald etwas herausfinden.“

Ronon sah Lorne ungeduldig an, denn Warten gehörte nicht zu seinen Stärken. „McKay sollte lieber was finden, denn wenn Sheppard etwas passiert ist, kann er was erleben.“

„Sie gehören zu seinem Team. Sie können doch nicht im Ernst daran denken, ihm etwas anzutun. Er hat den Colonel nicht mit Absicht in Gefahr gebracht.“

„Sie verteidigen ihn noch?“ fragte Ronon überrascht. „Bisher hatte ich den Eindruck, dass Sie ihn nicht leiden können.“

„Das tue ich auch nicht. Trotzdem würde ich ihn mit meinem Leben beschützen.“

„Wie ich bei Sheppard.“

Jetzt sah Lorne Ronon verblüfft an. „Das überrascht mich. Bisher hielt ich Sie für einen Einzelgänger, der mehr auf seinen Vorteil bedacht ist. Warum also?“

„Ich verdanke ihm und Teyla, dass ich kein Runner mehr bin. Ohne sie würde ich immer noch vor den Wraith davonlaufen oder schon tot sein.“

Lorne setzte sich neben die beiden. Auf dem Feuer brutzelte ein Eintopf. Daneben stand ein Topf von Teylas hervorragendem Tee. „Darf ich?“ fragte Lorne.

Teyla nickte zustimmend. Der Major nahm sich eine Tasse und Teyla sah einen Augenblick zu, wie er das warme Getränk schluckweise trank. „Wir machen uns große Sorgen um den Colonel“, sagte sie dann.

„Wie ich, denn ich bewundere Sheppard sehr. Als er vor einem Jahr hierher kam, war er wie ich ein kleiner Major. Dann wurde er gezwungen, das militärische Kommando zu übernehmen. Genauso gut hätte ich an seiner Stelle sein können, und ich frage mich, ob ich es genauso gut wie er gemacht hätte. Seine Beförderung hat er mehr als verdient.“

„Ich bin sicher, Sie hätten es auch so gut gemacht, Major. Sie ähneln ihm sehr.“

„Das bezweifele ich, denn ich hätte nicht den Mut, mich einem Befehl zu widersetzen, wie es Sheppard getan hat.“

„Das hat auch seine Nachteile, glauben Sie mir“, meinte Teyla.

„Zwar kenne ich Sheppard noch nicht lange, aber ich bewundere ihn sehr“, sagte Ronon.

„Obwohl Sie ihn in jedem Kampf mit Leichtigkeit schlagen können?“ fragte Lorne.

„Darauf kommt es nicht an. Er ist ein Kämpfer in jeder Beziehung, ein guter Stratege und auf seine Art auch ein Diplomat, was ich in keiner Weise bin. Und das Wichtigste: Er ist ein guter Mann“, erklärte Ronon.

„Der Eintopf ist fertig“, sagte Teyla. „Darf ich Ihnen etwas anbieten?“

„Aber sicher, doch ich frage lieber nicht, was das für Fleisch ist. Es sieht frisch aus.“

Ronon grinste ihn nun offen an. „Sie tun gut daran, nicht zu fragen.“ Als er Lornes Gesichtsausdruck sah, brachen Teyla und Ronon in lautes Gelächter aus.

Teyla klopfte ihm auf den Rücken. „Essen Sie ruhig. Es schmeckt gut.“

Lorne nahm vorsichtig einen Löffel und stimmte Teyla zu. „Sie haben Recht, Teyla. Sie sind nicht nur eine gute Kämpferin, sondern auch noch eine gute Köchin. Der Mann, der sie einmal heiratet, kann sich glücklich schätzen.“

„Wenn ich ehrlich sein soll, ist der Eintopf das einzige Gericht, dass ich einigermaßen hinbekomme. Doch wollen Sie mir einen Antrag machen?“ fragte sie schmunzelnd.

Lorne verschluckte sich fast und wurde knallrot im Gesicht.

Ronon klopfte ihm auf den Rücken. „Ganz ruhig, Lorne. Teyla scherzt nur.“

Lorne lächelte verlegen und schob schnell einen weiteren Löffel in den Mund. Er beschloss lieber ruhig zu sein.

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Kapitel 6 by Selana
Teil 6

Dinotopia

Igor Scharfklaue wieselte wie ein Verrückter durch das Lager. Er scheuchte jeden Fleischfresser auf seinen Posten und zischte sie an, jeden Gefangenen gut zu bewachen und zur Arbeit anzutreiben. Immer wieder warf er einen Blick hinauf zur Wand, die so urplötzlich heruntergekommen war und das ganze Chaos angerichtet hatte. Das ging nicht mit rechten Dingen zu. Seit Jahren benutzten sie das winzige Tal als Lager. Es war wohl überlegt ausgesucht worden, denn, auch wenn es den Anschein hatte, eine Sackgasse zu sein, kannte er und seine engsten Vertrauten einen Weg hinaus. Er begann hinter dem Lager und führte durch den ganzen Ausläufer des Gebirges, bis hinein ins Regental.

Scharfklaue war ein Deinonychus, ein kleiner, etwa drei Meter langer Fleischfresser. Vom Gewicht her war er leicht und dadurch sehr gelenkig, besaß aber den großen Kopf und einen kräftigen Hals wie ein T-Rex. Scharfklaue ging immer aufrecht auf den langen, schlanken Hinterbeinen. Seine beiden Greifarme waren relativ lang und endeten in dreifingrigen Händen mit scharfen Krallen. Die kräftigen Hinterfüße besaßen vier Zehen. Der innere Zeh endete in einer riesigen Sichelkralle, lang und scharf wie ein Dolch. Die Klauen der anderen Zehen waren viel kürzer. In seinem Schwanz befanden sich Knochenstäbe, damit er ihn versteifen konnte. Gerade nach hinten gestreckt, half dann der Schwanz beim Rennen das Gleichgewicht zu halten.

Dreizahn, ein kleineres Mitglied seiner Rasse und sein engster Vertrauter, kam zu ihm: „Wir haben etwas entdeckt, Igor. Das war kein Zufall. Hinterfuß hat beim Zählen der Gefangenen zudem entdeckt, dass ein Menschenkind fehlt.“

„Ein Gefangener fehlt? Sucht den Menschen. Sicher versteckt er sich nur“, zischte Scharfklaue böse.

„Nein, wir haben alles abgesucht. Das Kleine ist weg.“

„Habt ihr auch an den Talweg nach draußen gedacht? Vielleicht versucht es, Talauswärts zu fliehen.“

„Ich habe drei Raptoren nach draußen geschickt. Wenn das Menschenkind dort ist, finden sie es“, sagte Dreizahn.

„Und was habt ihr sonst noch herausgefunden?“

„Komm mit!“ Dreizahn zeigte mit einer seiner Hand nach vorne, wo der Hang heruntergekommen war.

Widerwillig folgte ihm Scharfklaue. Dreizahn zeigte ihm oben, was er entdeckt hatte. Am Ausgangpunkt des Abganges entdeckten Igors scharfe Augen, dass der Felsen schwarze Flecken besaß. „Ohne Zweifel Pulverreste. Jemand hat den Hang gesprengt“, erkannte er.

„Ganz genau“, bestätigte Dreizahn, der seinen Namen bekommen hatte, weil ihm oben einige Zähne fehlten. Wenn er den Mund aufmachte, konnte man immer nur drei Zähne sehen. Da er im Regental aufgewachsen war, hatte keiner der Zivilisierten ihm künstliche Zähne verpassen können. Die fehlenden Zähne hinderten ihn aber nicht, seine Beute zu fangen und zu zerreißen.

Igor dagegen war in Sauropolis, der Hauptstadt von Dinotopia aufgewachsen. Schon als Kind war er aber ein Außenseiter gewesen. Das ganze zivilisierte Getue seiner Artgenossen widerte ihn an. Sie waren Carnovoren, Fleischfresser, die ihre Beute jagten und dann töteten.

Fleisch!

Und er war in Sauropolis gezwungen gewesen Gemüse zu fressen. Igitt! Wenn er nur daran dachte, wurde ihm ganz schlecht. Also war er, als er größer wurde, immer wieder heimlich zu Expeditionen ins Regental aufgebrochen und hatte seinem Jagdeifer gefrönt. Dort hinderte ihn niemand daran. Diese Zeiten waren immer das Schönste für ihn gewesen. Dann, eines Tages, war er leichtsinnig geworden. Beim Anblick vieler badender kleiner Compsognatus war der Jagdeifer bei ihm durchgebrochen.

Als eines der Kleinen alleine in die Büsche ging, hatte er es gejagt. Doch bevor er es töten und fressen konnte, war einer der großen Sauropoden aufgetaucht. Er hatte natürlich gesagt, dass er nur Spaß gemacht hatte und dem Compsy nur einen Schrecken einjagen wollte. Man hatte ihm zwar geglaubt, weil es für Dinotopier undenkbar war, einen der Ihren zu essen, doch seitdem hatte man ihn gemieden. Selbst seine anderen zivilisierten Artgenossen mieden ihn.

Diese Dummköpfe!

Diese Narren!

Sie wussten überhaupt nicht, was ihnen entging. Es gab nichts Schöneres als die Jagd. Von dem Tag an war er vorsichtiger und immer häufiger im Regental. Offiziell betrieb er dort für die historische Gesellschaft Forschungen, so fiel es nicht auf, wenn er wochenlang weg war.

Dann, eines Tages, änderte sich alles. Er begegnete dem Predator. Zuerst hatte er ihn auch als Beute angesehen, doch da er dessen Sprache beherrschte, hatten sie sich verständigt. Der Predator erzählte ihm, was er vorhatte, nämlich ganz Dinotopia unter seine Herrschaft zu bringen. Angeführt von seinen Gefolgsleuten, den Fleischfressern, die alleine durch ihren Anblick jeden anderen einschüchtern konnten.

Nun, vielleicht nicht die riesigen Sauropoden, aber der Predator erklärte, dass sie diese einfach als Freiwild erklären würden und jeder Fleischfresser sie als Beute ansehen dürfte. Und bald würden diese Riesen nicht mehr existieren. Die Menschen aber und die kleineren Saurier würden ihnen als Sklaven dienen müssen. Scharfklaue führte viele Gespräche mit dem Predator und schloss sich ihm an. Das war vor ein paar Monaten gewesen. Seitdem war er zwar öfters nach Sauropolis und Baumstadt zurückgekehrt, aber nur um zu spionieren. Niemand verdächtigte ihn, etwas mit den Abtrünnigen zu tun zu haben. So wurden die Fleischfresser von den Zivilisierten genannt, die sich nicht an den Vertrag hielten.

Der Predator hatte sein Hauptquartier im Regental aufgeschlagen und organisierte dort die größte Armee, die Dinotopia je gesehen hatte. Dort war er sicher, dass niemand etwas von seiner Existenz erfuhr. Er stellte einige Ausfallgruppen zusammen, die immer wieder in die bewohnten Gebiete der Dinotopier einbrachen, um Terror und Schrecken zu verbreiteten.

Gleichzeitig dienten diese Raubzüge auch dem Zweck, sich die ersten Sklaven zu besorgen. Die Dinotopier begannen sich zwar zu wundern, warum auf einmal viele Fleischfresser sich nicht mehr an den Vertrag hielten, aber in ihrer Einfalt hielten sie dies noch als Nebenwirkungen nach dem Ausfall der Sonnensteine.

Der Ausfall der Sonnensteine vor sechs Jahren war das Zeichen gewesen. Zwar waren, mit Hilfe der Menschen David und Karl Scott, viele neue Sonnensteine gefunden worden, doch sobald sie an der Herrschaft waren, würden sie die Steine entfernen und so den Zivilisierten ihre Energie berauben. Diese beiden Menschen standen auf der Liste des Predators ganz oben. Sobald er die Macht besaß, würden sie sterben. Falls sie vorher in Scharfklaues Hände fielen auch früher.

„Wenn jemand den Hang gesprengt hat, tat er das mit Absicht“, bemerkte Dreizahn.

„Ja, und zwar um die Gefangene zu befreien. Sie wissen jetzt, dass wir hier sind. Sofort das Lager abbrechen. Wir ziehen uns über den Pfad zurück“, befahl Scharfklaue.

„Und die Gefangenen? Es wird schwierig werden, wenn wir den schmalen Pfad benutzen. Manche sind schon sehr schwach.“

„Tötet die Schwachen! Nehmt nur die mit, welche stark genug sind“, befahl Scharfklaue kalt. „Ich will nicht durch sie aufgehalten werden.“

Dreizahn ging fort, um Scharfklaues Befehl auszuführen. Igor achtete nicht auf die Entsetzensschreie, die gleich darauf erklangen, als die Fleischfresser die hilflosen und schwachen Gefangenen töteten. Seine Gedanken waren bei dem Anschlag, bei dem vier seiner Raptoren und ein Allosaurier getötet worden waren. Wer immer das getan hatte, er würde es büßen müssen.

Nachdem er zu den anderen zurückgekehrt war, und das Lager abgebrochen war, übernahm er die Führung durch das Tal. Seine Gefolgsleute trieben die hilflosen und verängstigten Gefangenen auf dem Weg entlang. Sie würden ein Ausweichversteck aufsuchen und dort überlegen, was weiter zu tun war. Er selbst jedoch, würde nach Baumstadt zurückkehren. Es wurde Zeit, dass er ausspionierte, was die Menschen vorhatten.



Heidesaum

Als die Sonne am Horizont versank, sahen John und Rhiana ihr Ziel vor sich liegen. Die Stadt bot einen prächtigen Anblick. Auf dem höchsten Turm befand sich der große Sonnenstein der Stadt. John wusste von Lea, dass die Dinotopier daraus ihre Energie bezogen. Im ersten Moment dachte John an ein ZPM.

Es war die Zeit, wo der Stein aufgeladen wurde. Ein Stern schien aufzugehen, als die Energie des größten Sonnensteins der Insel, in Wasserfallstadt, auf den etwas kleineren Stein von Heidesaum traf. Geblendet schloss John die Augen und wagte erst Sekunden später, sie wieder zu öffnen. Es war vorbei. Die Energien des großen Steins hatten ihn aufgeladen und seine Leuchtkraft war auf ein Minimum gesunken. Sie würde für einen weiteren Tag ausreichen und Energie und Schutz für die Stadt versprechen.

Also kein ZPM sondern eine große Energiequelle, die netzartig die ganze Insel mit Energie versorgte.

John blickte über die Häuser der Stadt. Von ihrem Hügel aus hatte er einen guten Überblick über die Heimstätten. Wie überall in Dinotopia sah man Bau- und Stilarten der verschiedensten Art. Fernöstliche Pagogenbauten, griechische Tempelbauten, moderne europäische Häuser, und auch die kleineren ärmlicheren Häuser der gewöhnlichen Leute, wechselten sich mit den märchenhaften Bauten aus der arabischen Kultur ab. Alles Bauten, die an die Erde erinnerten. Gab es also doch eine Verbindung mit seiner Erde? War er etwa in einer Parallel-Erde gelandet?

Da sah John etwas am Himmel kreisen, dass seine Aufmerksamkeit erregte. Im ersten Moment dachte er an ein Luftfahrzeug, doch dann erkannte er einen großen Vogel, der gemächlich über den Häusern kreiste und schließlich ganz in ihrer Nähe auf einem der höchsten Gebäude landete. Gemächlich steuerte das Tier die Landeplattform an und setzte auf. Eine kleine Gestalt löste sich von seinem Rücken und sprang auf die Plattform.

John kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Was ist das?“

„Das ist ein Saurierpilot“, erklärte ihm Lea geduldig.

„Saurierpilot, davon hat schon Kora gesprochen. Was machen sie?“

„Sie sind unsere Flugstaffeln und fliegen mit ihren saurischen Partnern Patrouille, überbringen Nachrichten und Medikamente in entlegene Gegenden und beschützen die Bevölkerung.“

Sofort war John interessiert. Das musste er näher erfahren. Vielleicht konnte ihm Lukas helfen, Kontakt mit den Fliegern aufzunehmen. Langsam ritten sie den Hügel hinunter, auf die Häuser zu.



P3X201

Ein paar Tage vergingen, in denen McKay und Zelenka fast ununterbrochen arbeiteten.

Ein Schrei von McKay schreckte Lorne auf. Er hielt sich in dem kleinen Lager auf, dass die Atlanter in dem kleinen Wäldchen errichtet hatten. Zwischen Atlantis und dem Planeten herrschte inzwischen ein ständiges Kommen und Gehen. Lorne packte sein Gewehr und lief zu dem Einstieg, wo sie eine feste Leiter gebaut hatten, um bequem nach unten steigen zu können.

„Doktor“ rief Lorne nach unten. „Ist alles in Ordnung?“

„Ich habe es geschafft!“

„Wir haben es geschafft!“ Zelenkas Stimme.

Lorne stieg hinab. „Was haben Sie geschafft?“

„Wir können nun ein Tor aufbauen. Wie es aussieht, haben die Antiker eine Verbindung zu einer anderen Dimension geschaffen, aber nur zu einer Welt. Doch leider baut sich die Falte immer an anderer Stelle auf. Wenn wir da nun hindurch gehen, kann es sein, dass Sheppard und Rhiana an einem ganz anderen Ende der Welt sind.“

„Aber es ist die gleiche Welt?“

„Ja“, McKay zeigte auf den Bildschirm, der für Lorne aber nur unverständliches Zeug zeigte. „Wir müssen Elizabeth informieren.“

Sie kehrten nach Atlantis zurück und erklärten Weir, was sie entdeckt hatten.

Dr. Weir war sehr erleichtert, als sie das hörte. „Ich ermächtige Sie, ein Rettungsteam zu senden. Rodney, sind Sie sicher, dass es ungefährlich ist?“

„Ja, ganz sicher. Sonst würde ich mich wohl nicht freiwillig melden, mitzugehen.“

Alle grinsten.

„Major, Sie führen das Rettungsteam an. Nehmen Sie genug Leute mit.“

„Alles ist schon vorbereitet, Dr. Weir“, sagte Lorne. „Meine Leute warten schon auf dem Planeten. Teyla und Ronan schließen sich auch an. Am besten nehmen wir einen Jumper.“

„Von dem würde ich abraten.“

Weir sah Rodney an. „Warum?“

„Ich bin mir nicht sicher, wie ein Jumper auf eine solche Energiewelle reagiert. Laut den Aufzeichnungen gingen die Antiker immer zu Fuß durch.“

„Dann sollten wir das auch machen“, bestimmte Weir. „Und wie kommt ihr wieder zurück.“

„Zelenka hat ein Rückrufgerät gefunden. Zumindest hoffen wir, dass es das ist. Es sendet ein Signal aus, dass die Computer auf P3X201 auffangen, und der Mann am Computer, in unserem Fall Zelenka, muss den Strahl wieder aktivieren und das Tor aufbauen. Dann sollten wir wieder zurück können.“

Sie sah Lorne und McKay an. „Ich hoffe nur, dass das auch stimmt. Sonst ist es eine Reise ohne Wiederkehr.“

„Ich bin sicher, dass es funktioniert“, betonte McKay.

„Dann viel Glück und bringt die beiden wohlbehalten zurück.“

„Selbstverständlich, Doktor“, sagte Lorne.

Elizabeth sah ihnen nach, wie sie durch das Sternentor auf den anderen Planeten gingen. Sie hoffte, dass alles gut ging und jeder gesund zurückkam.

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Kapitel 7 by Selana
Teil 7

Auf dem Planeten machte der Major seine Männer sich zum Aufbruch bereit. Sie waren acht Soldaten, dazu noch Teyla, Ronon und Dr. McKay. Lorne hoffte, dass es genug Männer waren. Sie wussten schließlich nicht, wo sie heraus kamen und was sie dort erwartete.

Zelenka blieb in der Anlage zurück und aktivierte die Welle. Inzwischen konnten sie die Energie-Welle nach ihren Wünschen einstellen. Zelenka hoffte, dass sie keinen Fehler gemacht hatten, sonst würde er gleich für den Tod von elf Menschen verantwortlich sein.

Als Zelenka die entsprechenden Schalter betätigte, baute sich die Welle auf, diesmal aber viel kleiner und mit weniger Energie, als beim ersten Mal. Zelenka lenkte den Energiestrahl auf die freie Fläche zwischen dem Wäldchen und dem Sternentor. Der Strahl senkte sich auf ein Gebiet von drei mal vier Meter und die Luft fing an zu flimmern und zu wabern. Fast sah es wie der Ereignishorizont im Sternentor aus.

Lorne ging ohne zu zögern hindurch, gefolgt von drei seiner Soldaten. Als Nächste gingen Teyla, Ronon und McKay hindurch, dann die letzte Gruppe der Soldaten. Zelenka konnte alles von seinem Monitor aus beobachten. Als der letzte Mann durch war, schaltete Zelenka den Strahl aus. Nun musste er warten und hoffen, dass das Rückrufgerät auch funktionierte.



Heidesaum

Die Behörden waren sehr besorgt, als John, Lukas und Rhiana ihnen die Neuigkeiten mitteilten. Sie versprachen, die Behörden in Sauropolis sofort über die geänderte Situation zu unterrichten.

Als Lukas das hörte, war er nicht gerade begeistert. Nach seiner Erfahrung würden einige Tage, wenn nicht Wochen vergehen, bis etwas Entscheidendes unternommen werden würde.

John und auch Rhiana wollten so lange nicht untätig herumsitzen. „Lukas, kannst du mich mit den Saurierpiloten bekannt machen?“

Lukas sah John erstaunt an. „Was hast du vor?“

„Ich bin Pilot und fliege Flugmaschinen. Diese gibt es hier nicht, aber dafür Flugsaurier.“

„Es ist nicht einfach, ein Saurierpilot zu werden. Man muss lange warten, und nicht jeder Anwärter wird von einem Flugsaurier akzeptiert.“

„Ich möchte einfach nur mit ihnen sprechen“, verlangte John, natürlich nicht ohne Hintergedanken.

„Na schön, dann komm mit. Ich bringe dich zum großen Horst.“

Der große Horst von Heidesaum lag auf dem höchsten Gebäude der Stadt. Lea, Thea und Kora brachten die drei Menschen dorthin. Während des Rittes durch die Stadt kamen die beiden aus dem Staunen nicht mehr heraus. Menschen aller Rassen und in die seltsamsten Bekleidungen gehüllt, liefen an ihnen vorbei und grüßten sie freundlich. Saurier aller Arten und Größen liefen an ihnen vorbei. Das Gewimmel war sehr groß und bunt.

Schließlich standen sie vor dem Haus, ein großer runder Steinbau, auf dessen Spitze der Horst lag. Immer wieder sahen sie Flugsaurier landen und starten. John war mehr als fasziniert. Er blickte den Fliegern sehnsüchtig hinterher. Sheppard vermisste das Fliegen und einen Jumper oder andere normale Flugmaschinen gab es nicht auf Dinotopia. Er hoffte, dass McKay und die anderen Wissenschaftler einen Weg nach Dinotopia öffnen konnten, aber bis dahin mussten sie hier leben. Sein Entschluss stand fest. Er wollte Saurierpilot werden.

Rhiana bemerkte seinen sehnsüchtigen Blick. „Versuch es einfach, John.“

„Was ist mit dir?“

„Oh, mich bekommst du nicht auf den Rücken eines solchen Wesens. Noch bin ich nicht lebensmüde.“ Sie streichelte Theas Hals. „Meine neue Freundin hier genügt mir.“

Thea sah zu ihr auf. „Ich würde dich gerne überall hintragen, solange du möchtest.“

„Da hörst du es, John. Ich bleibe mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Zum Horst hinauf begleite ich dich gerne, aber weiter nicht.“

„Schön, dann kommt“, fügte Lukas hinzu.

Lea, Thea und Kora blieben zurück. Sie setzten sich in den Schatten des Gebäudes und fingen ein Schwätzchen an.

John sah ihnen kopfschüttelnd einen Moment zu, dann folgte er eilig Lukas, der schon im Gebäude verschwunden war. Die Wendeltreppe schien sich endlos nach oben zu ziehen. Hin und wieder zweigte ein Gang ab. Dort befanden sich die Unterkünfte der Menschen, wie Lukas erklärte.

Schließlich erreichten sie das Dach, das hier flach gebaut war. Der Horst nahm fast die ganze Fläche ein. John schätzte den Durchmesser auf 50 m.

Im Nest wimmelte es von Flugsauriern, und um das Nest herum arbeiteten Menschen, die entweder den Horst ausbesserten, ihn säuberten oder die Saurier fütterten oder ihren Körper pflegten. Die Saurier ließen sich das bereitwillig gefallen.

John blickte dem Treiben fasziniert zu, während Lukas zu einem großen dunkelhäutigen Menschen ging und sich mit ihm unterhielt. Dabei zeigte er immer wieder auf John und die Saurier.

Schließlich kamen die beiden auf ihn zu. „Ich bin Joshua, der Leiter dieses Horstes. Mein Freund Lukas sagte mir, dass dich der Beruf eines Saurierpiloten interessiert?“

„Ja, ich bin schon Pilot, allerdings mit mechanischen Flugmaschinen.“

„Lukas erzählte mir, dass deine Freundin und du Außenweltler sind. Dort magst du ein begabter Pilot sein, doch das bedeutet nichts hier. Wir …“ Joshua verstummte, als er sah, dass John ihm gar nicht richtig zuhörte.

Sheppard seinerseits glaubte ein Wispern und Flüstern zu hören und lauschte. Erst, als Joshua ihn am Arm packte, erwachte er aus seiner Versunkenheit. „Es scheint dir nicht ernst zu sein, wenn du mir nicht zuhörst.“

„Habt ihr das nicht gehört? Diese leise Stimme. Ein Wispern und Flüstern.“

Die anderen sahen ihn erstaunt an. „Nur ich habe gesprochen“, sagte Joshua.

Da hörte John es wieder, diesmal laut und deutlich.

Sieh nach oben, John Sheppard.

Erstaunt blickte John hinauf und sah einen Flugsaurier dicht über ihnen kreisen. Der Saurier zog seine Kreise enger und flog so dicht über ihnen hinweg, dass alle den Lufthauch spürten. Dann zog er senkrecht nach oben und stieß laute Schreie aus.

Ich lade dich ein.

Der Saurier kam zurück und landete auf der großen Plattform neben dem Horst. Er breitete die Schwingen aus und schlug sie probeweise. Die Spannweite der Flügel betrug fast 12 m und sahen sehr kräftig aus. Der übrige Körper war dunkelgrün, und die Flügel purpurrot mit schwarzen Rändern.

„Er sagte gerade, dass er mich einlädt“, sagte John zu Joshua.

„Es ist eine Sie und ihr Name ist Feuerwolke. Du hast verstanden, was sie sagte?“

„Ja, es war eine Stimme in meinem Kopf.“

„Dann bist du wirklich etwas besonders, denn nur wenige Menschen können sich mit den Sauriern telepathisch verbinden. Versteht sie auch, was du sagst?“

Ich verstehe deine Gedanken, John!

„Sie versteht mich.“

„Das ist erstaunlich! Feuerwolke hat vor Jahren ihren Reiter verloren und bis heute niemanden mehr gewählt.“

„Sie wählt mich“, erklärte John.

„Trotzdem musst du erst lernen, mit einem Flugsaurier zu fliegen. Es ist nicht so einfach, wie du denkst.“

„Was muss ich tun?“

„Unsere Kurse dauern in der Regel einhundert Tage.“

„So lange brauche ich nicht“, sagte John selbstsicher.

„Wir werden sehen“, meinte Joshua. „Erkläre Feuerwolke die Situation.“

Das ist nicht nötig! Lerne, John und dann komme ich wieder!

John und Rhiana folgten Joshua in das Gebäude zurück, während Lukas sich verabschiedete.

In einem großen Raum sah John einen seltsamen Flugsimulator.

„Hier sammeln unsere angehenden Piloten erste Flugerfahrungen. Setz dich mal drauf.“

John gehorchte und Joshua legte einen Schalter um. Der Simulator machte die seltsamsten Bewegungen und schon flog John herunter. Rhianas Lachen klang in Johns Ohren, doch er ignorierte es. Verbissen stieg er wieder auf, nur um wieder runterzufallen. Doch schon nach einer Stunde schaffte er es, oben zu bleiben.

Joshua war beeindruckt. Das hatte noch keiner seiner Flugschüler geschafft. Die nächsten Tage übte John ununterbrochen an dem Simulator, während Rhiana mit Thea die Stadt anschaute. Sie wusste, dass John nicht eher aufhören würde, bis er es geschafft hatte.



Feuerwolke

Mein Name ist Feuerwolke und ich bin ein Quetzalcoatlus. Vor zwanzig Jahren wurde ich auf dem Lachfelsen im Horst „Dritter von oben“ geboren. Der Lachfelsen steht genau gegenüber der Menschensiedlung Schluchtenstadt. Ich bin sicher, dass die Menschen den Felsen anders nennen, sofern sie ihm überhaupt einen Namen gaben. Bei uns heißt er so, weil wir dort die amüsanten Säugetiere am besten beobachten können. Die Horste weiter unten gehören den Pteranodons.

Für die Menschen unter euch, welche diese Zeilen lesen, hört sich das vielleicht etwas seltsam an, aber im Gegensatz zu anderen Dinosauriern lebt mein Volk nicht mit den Menschen zusammen. Meine Vorfahren haben vor vielen hundert Jahren beschlossen, sich von den Menschen und anderen Dinosauriern zu trennen.

Doch einige von meinem Volk finden die Menschen lustig, liebenswert und auch faszinierend. Aus diesem Grunde sind sie damit einverstanden, besondere Menschen auf sich fliegen zu lassen und auch bei ihnen zu leben. Als Gegenleistung für unsere Dienste besitzen wir ein sorgenfreies Leben. Haben immer, oder wenigstens meistens, einen warmen Horst, Pflege und genügend zu essen, ohne selbst auf die Jagd gehen zu müssen.

Schon als kleiner Nestling fand ich die Menschen lustig und sah entzückt zu, wie die erwachsenen Artgenossen mit ihren menschlichen Reitern durch die Schluchten des Cañons flogen und mit ihren Flugkünste angaben. Oft überflogen sie in niedriger Höhe meinen Horst und die Menschen winkten mir begeistert zu. Als ich größer war und das Fliegen perfekt beherrschte, beschloss ich, mir einen Menschen zu suchen und mit ihm zusammenzuarbeiten.

Meine Eltern waren nicht begeistert. Ich war die Erste in meiner Familie, die diesen Beruf wählen wollte. Meine Mutter meinte, ich solle mir einen Gefährten suchen und eine eigene Familie gründen, wie jede anständige Quetzalcoatlus. Davon wollte ich aber nichts wissen und blieb bei meinem Entschluss. Meine Eltern gaben schließlich nach und so suchte ich mir eine junge Fliegerin aus.

Diesen Entschluss bereute ich nie. Lange Jahre lebte und arbeitete ich mit meiner geliebten Zara zusammen. Wir waren ein großartiges Team und verstanden uns gut. Natürlich verstand sie meine Sprache nicht. Nur wenige Menschen sind in der Lage unsere Sprache zu lernen und sie auch auszusprechen. Umgekehrt ist das natürlich genauso. Ich kenne keinen Quetzalcoatlus, der die menschliche Sprache sprechen kann. Dafür gibt es schließlich die Übersetzer. Meistens ein kleiner Protoceratopsaurier oder auch ein anderer Hadrosaurier (Entenschnabeldinosaurier), die am begabtesten dafür sind, die menschlichen Laute zu verstehen und auszusprechen.

Trotzdem konnten Zara und ich uns gut verständigen. Wir erahnten, was der andere wollte und lernten gegenseitig eine Zeichensprache, um uns unterhalten zu können. Ihr Menschen seid sehr talentiert dafür, euch in Gesten auszudrücken.

Vor sechs Jahren kam dann das Unheil über uns, dass unsere ganze Welt auf den Kopf stellen sollte. Es begann damit, dass zwei Brüder, David und Karl Scott mit ihrem Vater Frank auf unserer Insel strandeten. Der Vater galt als tot, die beiden Brüder konnten sich ans Ufer retten. Sie waren eine Sensation, denn seit über 50 Jahren hatte es keinen Außenweltler mehr nach Dinotopia verschlagen. Gleichzeitig begannen immer mehr Sonnensteine auszufallen. Aber an diese Krise erinnert ihr euch gewiss selbst noch.

Als die unzivilisierten Fleischfresser begannen, die Menschen und die friedlichen Dinosaurier zu überfallen, gelang es den Brüdern in der Welt im Inneren neue Sonnensteine zu finden. Die Fleischfresser zogen sich in ihr Gebiet im Regental zurück und die Pteranodon in den unteren Teil des Cañons bei Schluchtenstadt. Vorher haben sie aber unsere Horste überfallen. Viele meiner Leute starben, auch meine Mutter und eine meiner Schwestern und ein Neffe.

Zara und ich beteiligten uns an der Verteidigung von Sauropolis, unserer Hauptstadt, wo ich auch meinen Horst hatte. Viele Opfer wurden beklagt. Meine geliebte Zara wurde getötet und ich selbst schwer verletzt. Ich erholte mich wieder, doch ich hatte meine menschliche Lebensgefährtin verloren. Nach einer angemessenen Trauerzeit beschloss ich, nach Schluchtenstadt zurückzukehren.

Dort hatte man inzwischen die meisten Schäden behoben und ich begann, die neuen Rekruten zu beobachten und zu studieren. Doch ich fand keinen passenden Flieger für mich. Also wartete ich ab und lebte einige Zeit bei meinem Vater und meinen anderen Verwandten.

Vater meinte ja, ich solle endlich vernünftig werden und mir einen Gefährten suchen, doch ich fand keinen, der mir zusagte. Nach einigen Wochen hatte ich endlich Ruhe vor den aufdringlichen Bewerbern und damit mehr Zeit, mich auf die Menschen zu konzentrieren. Hin und wieder mache ich Rundreisen über ganz Dinotopia, und so landete ich in Heidesaum und beschloss, hier eine Weile zu bleiben. Wie in Schluchtenstadt gibt es auch hier eine Ausbildungsstätte für Saurierpiloten.

Eines Tages spürte ich einen fremden Gedanken in meinem Kopf. Neugierig suchte ich mir einen hohen Sitzplatz im Horst und sah mich um und lauschte in mich hinein. Nachdem ich alles andere um mich herum ausgeschlossen hatte, hörte ich die Stimme ganz deutlich.

Ein Mensch!

Ich konnte die Gedanken eines Menschen hören! Das war fantastisch!

So besah ich mir die Personen unter mir genauer und bemerkte neben Joshua zwei mir unbekannte Menschen. Eine Frau und einen Mann. Zuerst konzentriere ich mich auf die Frau, doch dann erkannte ich, dass es die Gedanken des Mannes waren, die ich hörte. Er sah sehr gut aus für einen Menschen. Groß, schlank und mit kurzen schwarzen Haaren. Sein größter Wunsch war es, ein Flieger zu werden. Meine Artgenossen finden ja, dass die Menschen alle gleich aussehen, aber ich habe gelernt sie zu unterscheiden. Es gibt viele Menschen, die glauben, dass wir Quetzalcoatlus auch alle gleich aussehen, was natürlich absoluter Unsinn ist.

Vielleicht sollte ich dem Menschen seinen Wunsch erfüllen? Ich begab mich zum äußersten Punkt meines Sitzes und breitete die Schwingen aus und schlug sie probeweise. Meine Flügel sind mein ganzer Stolz, denn für ein Weibchen sind sie sehr groß.

Kurz prüfte ich die Winde und empfand die warmen Aufwinde als ausreichend, um starten zu können. Ich nahm kurzen Anlauf und stürzte mich in den Abgrund. Zuerst ging es wie üblich steil nach unten, bis die Winde sich in meinen Schwingen fingen und mich sanft trugen.

Langsam segelte ich über die Stadt. Im Hintergrund sah ich die unendlichen Wälder des Regentales. Ich kreiste über ihnen und hörte die Menschen sprechen. Zwar konnte ich die Worte nicht verstehen, doch ich verstand die Gesten.

Ich stieß einen Ruf aus und begrüßte den Mann. Der Mensch hob den Kopf und sah mich erstaunt an. Ganz deutlich erkannte ich seine Gedanken.

Überrascht über die deutlichen Worte in meinem Kopf, vergaß ich fast mich den Winden anzupassen und segelte nach unten. Mit einigen Flügelschlägen glich ich den Höhenverlust aus und schwebte wieder nach oben, noch höher als vorher. Von dort aus sah ich dem Treiben der Menschen weiter zu und beschloss diesen Mann meine Hilfe anzubieten.

Die Tage vergingen und die Ausbildung von John ging in erstaunlich kurzer Zeit seinem Ende zu. Mehrmals schon hatte ich mich dem Menschen genähert und weitere Kontakte aufgenommen. John hatte es ohne Scheu oder gar Angst geschehen lassen. Das musste er auch, denn sonst wäre er nie ein Saurierpilot geworden.

Schließlich kam der Tag der letzten Prüfung. John musste sich auf die große Landeplattform stellen und mich rufen. Er stand auf der Plattform und sah sich suchend um. Er hob die Hand und hörte seinen Ruf.

„Edle Feuerwolke! Wenn du mich als würdig empfindest, komm zu mir!“

Ich hatte mich schon längst entschieden und wollte ihn nicht enttäuschen. Mit einem lauten Schrei schlug ich mit meinen Flügeln, um sie zu entfalten und stürzte mich in die Tiefe. John verließ eilig die Plattform und wartete am Fuß der kleinen Treppe, damit ich Platz zum Landen hatte. Dann drehte ich mich um und gab ihm damit die Möglichkeit, den Sattel auf meinem Rücken zu befestigen. Ich wartete, bis sich John auf meinen Rücken gelegt und die Sicherheitsgurte um seinen Körper festgemacht hatte. Schließlich wollte ich meinen neuen Piloten nicht schon beim ersten Flug verlieren.

Nachdem ich mich mit einem schnellen Blick nach hinten nochmals versichert hatte, dass John sicher saß, startete ich. Mit einem schnellen Sprung stürzte ich mich in die Tiefe. Es ging viele Meter steil abwärts, bis die Winde sich unter meinen Flügeln fingen und mich sicher abfingen. Mit schnellen und kraftvollen Schlägen brachte ich uns nach oben, bis wir hoch über Heidesaum und dem Regental schwebten.

John stieß immer wieder Geräusche aus, die mich im ersten Moment beunruhigten. Ich hatte doch hoffentlich nicht die falsche Wahl mit meinem Flieger getroffen? Doch dann erkannte ich, dass die Geräusche Begeisterungsrufe waren und ich begriff, dass es für John der erste Flug war. Ich beschloss, es ihm leicht zu machen und flog so vorsichtig wie möglich.

Schließlich mussten wir beide uns erst noch aneinander gewöhnen. Jetzt spürte ich auch wieder Johns Gedanken, die voller Freude und Dankbarkeit waren, weil ich ihm erlaubte, mit mir zu fliegen.

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Kapitel 8 by Selana
Teil 8

Nach seinem ersten Flug mit Feuerwolke wurde John in die Saurierstaffel aufgenommen. Seine neuen Kameraden begrüßten ihn mit großem Hallo. Noch nie hatte es jemand geschafft, in so kurzer Zeit auf einem Flugsaurier zu fliegen. Dieses Ereignis feierte John zusammen mit Rhiana, Lukas, Kora, Lea und Thea.

Am Morgen seines ersten Arbeitstages betrat John den Aufenthaltsraum der Saurierstaffel von Heidesaum. Einige seiner neuen Kameraden von der Flugstaffel saßen schon beim Frühstück.

Langsam ließ John den Blick über die anwesenden Kameraden schweifen. Sein Blick fiel auf den Leiter der Flugstaffel, der alleine an einem Tisch saß und Unterlagen studierte. Er war noch reichlich jung für diese führende Position, Mitte bis Ende zwanzig und dazu erst seit sechs Jahren Dinotopier. Bei der Krise mit den Sonnensteinen hatte er Dinotopia gerettet und deshalb diese Stelle bekommen. Außerdem war er der beste Saurierpilot seit dem legendären William Denison. Und er behauptete, wie John von der Erde zu kommen. Dies wollte er heute herausfinden.

Sheppard nahm ein Tablett und schichtete sein Frühstück darauf, Rühreier von Hühnern und einige Früchte. Dazu trank er Kaffee. Dann ging er mit dem Tablett zu David Scotts Tisch.

Er sah auf, als John vor ihm stehen blieb. „Atme tief.“

„Fliege hoch“, gab David den Fliegergruß zurück.

„Darf ich mich setzen?“

„Natürlich!“ Einladend zeigte David auf den Stuhl neben sich. Dann sah er John an: „Ist Feuerwolke wohlauf?“

Erstaunt sah John ihn an. „Woher kennst du den Namen meines Sauriers?“

„Es ist doch allgemein bekannt, dass der neue Außenweltler auf Feuerwolke fliegt“, meinte Scott.

„Darf ich dich etwas Persönliches fragen?“

„Sicher!“

„Du behauptest, von der Erde zu kommen?“

„Wir kommen doch alle von der Erde“, sagte David erstaunt.

„Ja, aber ich befand mich auf einem anderen Planeten. Der liegt sogar in einer anderen Galaxis.“

David sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. „Anderer Planet? Andere Galaxie?“
John erklärte ihm die Situation.

„Das ist unmöglich“, meinte David. „Deine Erde ist ohne Zweifel meine Erde.“

„Wie kann das sein?“ John überlegte. „Es gibt nur eine Möglichkeit. Niemand auf der Erde kennt Dinotopia. Aber bei unserer überlegenen Technik ist es unwahrscheinlich, dass noch niemand die Insel entdeckt hat. Es sei denn, sie liegt in einer anderen Existenzebene oder Dimension. Vielleicht sogar eine Parallel-Erde. Wir wissen, dass es viele alternative Wirklichkeiten gibt. Das würde auch diesen seltsamen Wirbel erklären, in den Rhiana und ich gerieten.“

„Oder den seltsamen Sturm, in dem unser Flugzeug abstürzte“, meinte David. „Aber ihr seid nicht von der Erde hierher gekommen.“

„Wahrscheinlich gibt es viele Tore in diese Welt. Und das auf vielen Planeten des Universums. Dann gibt es auch eine Rückkehr in unsere Welt. Wir müssen nur ein Tor finden. Du könntest dann mit uns kommen.“

„Vielleicht“, meinte David. „Aber selbst wenn ihr es findet, werde ich hier bleiben. Dies ist nun meine Heimat. Meine Frau lebt hier.“

John sah ihn an. „Das ist natürlich deine Entscheidung. Was ist mit deinem Vater und Bruder?“

„Mein Bruder lebt mit seiner Frau und 26 auf der Vidava-Farm von Marions Mutter. Den beiden gefällt das Leben dort sehr. Mein Vater besitzt außerhalb von Wasserfallstadt eine kleine Kneipe.“

„26?“

„26 ist Karls saurische Lebenspartnerin, ein Casmosaurier.“

„Oh! Und du wolltest nicht bei ihnen leben?“

„Nein, Marion hat sich für meinen Bruder entschieden und ich habe das längst akzeptiert. Außerdem liebe ich Romana. Rosemarie, die Mutter von Marion, hatte schon Recht, als sie mich in die Schluchtenstadt schickte, um eine Ausbildung als Saurierpilot zu machen. Auch wenn ich das am Anfang nicht begriff. Ich habe nämlich Höhenangst.“

„Was?“ Überrascht über das Geständnis sah John ihn an. „Und dann setzt du dich auf Blitz?“

„Ich habe gelernt meine Angst zu überwinden. Die Ausbildung hat mir geholfen und mein Ausbilder, Meister Oolu, auch. Jetzt liebe ich es, mit Blitz zu fliegen.“

John blickte auf den Teller vor David. „Wie kannst du das nur essen?“ John sah angewidert auf den Brei auf Davids Teller.

David schob sich genüsslich einen Löffel des Getreidebreis in den Mund. „Das Zeug wie du es nennst, ist sehr nahrhaft und schmeckt sehr gut.“

„Das sagst du! Wenn ich das essen müsste, wäre der Tag für mich schon gelaufen.“ John schob einen Bissen der Eier in den Mund und brach sich ein Stück von dem Fladenbrot ab.

„Liegt etwas Besonderes an?“ fragte er.

„Nein, seit dem Zwischenfall mit den Raptoren, wo du zum Glück den Boten und seinen Para retten konntest, ist kein weiterer Vorfall gemeldet worden.“

„Was aber nicht sagt, dass es keinen gibt?“

„Nein“, David Scott sah John nachdenklich an. „Irgendwie habe ich bei der Sache ein komisches Gefühl. Etwas stimmt da nicht. Die Angriffe kommen mir gesteuert vor.“

„Wie das?“ fragte John erstaunt. „Die Übergriffe waren an verschiedenen Stellen, zu unterschiedlichen Zeiten und von verschiedenen Saurierarten ausgeführt.“

„Ja, aber trotzdem. Mein sechster Sinn für Gefahr warnt mich.“

„Dein sechster Sinn für Gefahren? Das sollte eigentlich mein Part sein. Schließlich bin ich Soldat.“

„Unsere Agenten sind unterwegs. Sobald wir herausfinden, wo wir ansetzen können, werden wir aktiv werden. Doch im Moment sind alle Spuren im Sand verlaufen. Wir wissen zwar, was die Fleischfresser tun, doch nicht warum.“

„Wenn du erlaubst, würde ich gerne mit Feuerwolke einen Rundflug machen. Ich möchte gerne die Insel von oben sehen.“

„Natürlich“, sagte David. „Fliegt los.“

John beendete sein Frühstück und kehrte zu Feuerwolke zurück.

„Atme tief“, wurde John von Feuerwolke begrüßt.

„Fliege hoch“, erwiderte John den traditionellen Gruß.

“Ich bin so weit, liebster Freund! Lass uns losfliegen!“

John legte den Sattel auf. Dann stürzten sie sich ins Flugvergnügen. Feuerwolke schraubte sich immer höher, bis die Häuser nur noch wie Spielzeuge aussahen.

John erzählte Feuerwolke seinen Wunsch, etwas von Dinotopia zu sehen. Feuerwolke war einverstanden und so ließen sie die Stadt hinter sich liegen. Bald sahen sie Baumstadt unter sich liegen. Baumstadt ist die ungewöhnlichste Stadt auf Dinotopia. Die Häuser, alle auf Bäumen, auf Plattformen oder Ästen gebaut, waren von oben kaum auszumachen.

Eine weitere Stunde später lag Füllhornstadt unter ihnen. Die Stadt lag am Tiefen See. Die Wasser glänzten im Licht und die Zinnen und Türme der Stadt funkelten wie Diamanten in der Sonne.

Danach flogen sie über unbewohnte Regionen am Rande des Regentals, bis sie die Quelle des Polongo-Flusses erreichten. Die Urwälder des Regentals erstreckten sich zu ihren Linken, doch sie vermieden es, die Grenze zu überfliegen. Dadurch war der Weg länger, doch sollten sie aus irgendeinem Grund gezwungen sein, im Regental notzulanden, wären sie verloren gewesen. Keine Suchmannschaft würde es wagen, sie dort zu suchen und die Fleischfresser würden sie als willkommene Mahlzeit betrachten.

Hier, über dem Fluss, gab es immer wieder Fischerboote, kleine Siedlungen oder Aussiedlerhöfe, bei denen sie im Notfall um Hilfe bitten konnten. Rechts tauchten die Berge von Volcaneum auf, dessen Gipfel jedoch lange nicht so hoch waren, wie die des Rückengebirges oder der Verbotenen Berge. Dann drehten sie um, weil sie sonst den Rückweg bis zur Dunkelheit nicht geschafft hätten.

John war beeindruckt von den unterschiedlichen Landschaften der Insel. Dinotopia war nicht besonders groß, doch sehr eindrucksvoll. Es wurde schon Nacht, als Feuerwolke wieder in seinem Horst landete. John verabschiedete sich herzlich von dem Saurier und kehrte zu Rhiana zurück. Sicher wartete sie schon längst auf ihn.

Drei Tage später gab es neue verstärkte Übergriffe der Fleischfresser. Daraufhin entschlossen sich die Behörden, endlich etwas zu unternehmen.



Feuerwolke

Als ich John zusammen mit vielen anderen Saurierpiloten den Horst betreten sah, ahnte ich, dass es so weit war.

„Es geht los!“ informierte mich John. „Es sind wieder Überfälle passiert und diesmal sind sie von ernster Natur.“

„Dann wird es Zeit, dass wir etwas unternehmen“, gab ich zurück und setzte mich in die richtige Position, damit John mir den Sattel auflegen konnte.

Auf einem Nachbarnest saß Blitz, der einzige Pteranodon in unserer Truppe. Er war David Scotts Flugsaurier. Wahrscheinlich war Blitz sogar der einzige Pteranodon, der einen Menschen auf sich duldete. Zwischen Blitz und David bestand ein besonderes Band der Freundschaft. Als ich Blitz nach dem Grund fragte, sagte er mir, dass er David mochte und dieser das einzige Lebewesen gewesen war, der ihn so akzeptierte, wie er war. Seine Artgenossen hatten ihn nicht unter sich geduldet, weil er ein Albino war und die Menschen hatten ihn gefürchtet, weil er ein Pteranodon war.

Die Pteranodon waren meiner Meinung nach noch nie besonders Helle gewesen, aber einen der ihren wegen seiner Hautfarbe wegzujagen, war mehr als dumm und unverständlich in meinen Augen.

Nach und nach starteten die Flugsaurier mit ihren menschlichen Reitern. David und Blitz, sowie meine Wenigkeit mit John, waren unter den Ersten, die vom Horst abflogen. Nachdem wir unter strahlend blauem Himmel unsere Flughöhe erreicht hatten, formierten wir uns und steuerten unser erstes Ziel, die Farm der St. Claires, an.

Schon nach kurzem Flug sahen wir unser Ziel unter uns liegen. Auf den umliegenden Feldern arbeiteten Farmarbeiter mit ihren saurischen Partnern. Zu ihrem Schutz sahen wir einige Ceratopsier mit ihren spitzen Hörnern und Sauropoden, die allein durch ihre Größe jeden Angreifer abschreckten, entlang den Feldern patrouillieren.

Dicht neben dem Hauptgebäude setzten wir zur Landung an. Sofort öffnete sich die Tür und die St. Claires kamen heraus. Ich lauschte dem Gespräch der Menschen, dass John für mich übersetzte.

„Atmet tief!“ begrüßte uns Charles St. Claire.

„Fliege hoch!“ lautete die Antwort.

„Wie ich erkennen kann, haben Sie die notwendige Vorsicht zum Schutz Ihrer Arbeiter getroffen, Charles“, begann David Scott das Gespräch.

„Selbstverständlich! Das Schicksal der Kleinen ist uns eine Warnung“, antwortete St. Claire und zeigte auf das kleine Mädchen, dass sich an den Arm von Mathilde St. Claire geklammert hatte. „Glauben Sie, wir dürfen Amalie bei uns behalten? Wir würden sie gerne als unsere Tochter aufziehen.“

„Das klären wir später“, sagte David in freundlichem, aber bestimmenden Tonfall. „Ich bin aber sicher, dass die entsprechenden Behörden in Sauropolis nichts dagegen haben werden.“

„Natürlich! Sie haben Recht, David“, entschuldigte sich St. Claires.

„Zuerst müssen wir jetzt der Bedrohung durch die Abtrünnigen aus der Welt schaffen. Wissen Sie, in welchem Tal das Kind gefunden wurde? Dort werden wir als Erstes mit unserer Suche anfangen.“

„Ja, ich kann es euch auf der Karte zeigen.“ Er verschwand im Haus und kam wenig später mit einer Karte zurück. „Hier!“ St. Claires Finger zeigte auf ein Tal auf der Karte.

„Es ist nicht weit von hier“, sagte David. „Wir sind auf unseren Patrouillen oft darüber weg geflogen, doch nie ist uns etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Auf Leute! Es gilt, keine weitere Zeit zu vergeuden. Wir hätten schon längst etwas unternehmen sollen.“

Schon wenig später befanden wir uns erneut in der Luft. Wir fanden den Taleinschnitt auf Anhieb. In geringer Höhe folgten wir dem Verlauf des Tales. Ein Kessel kam in Sicht. Hier endete das Tal in einer Sackgasse. Um weiterzukommen, musste man schon klettern, was den größeren Carnosauriern sicher unmöglich war. Die Hütten waren direkt an die Felswände gebaut worden und so schwer von oben auszumachen.

Wir kreisten über dem Kessel, doch weder Saurier noch Menschen waren zu sehen. Wie erwartet hatten sie sich aus dem Staub gemacht.

Oder doch nicht!

Ich strengte meine Augen an, die viel schärfer waren, als die der Menschen und sah jetzt deutlich einige reglose Gestalten am Boden liegen: Menschen und einige Saurier, meist aber Menschen, die sich nicht mehr bewegten. Mir schwante Böses, als ich John informierte.

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Kapitel 9 by Selana
Teil 9

Feuerwolke

In den Reihen der kreisenden Fliegerpaare war Unruhe gekommen. Sie schienen die gleiche Entdeckung gemacht zu haben wie ich. Und ich roch den Tod.

Wir landeten neben den ersten Gestalten. Ein paar meiner Kameraden ließ David zur Vorsicht in der Luft weiter über dem Talgrund kreisen. Wir wollten keine unangenehmen Überraschungen erleben. John und David sprangen auf den Boden. Die reglosen Gestalten waren nach der langen Zeit kein angenehmer Anblick mehr.

Die übrigen Saurierpiloten liefen von einer reglosen Gestalt zur anderen. Es handelte sich um 20 Lebewesen: 14 Menschen, 2 Hypsilophoden, 2 Gallinimus, 1 Compsognatus und 1 Anatosaurier, alle niedergemetzelt.

„Sie müssen krank, schwach oder verletzt gewesen sein“, vermutete einer der Saurierpiloten, Iris, eine Frau mittleren Alters. Entsetzen spiegelte sich jetzt in ihrem Gesicht. Wegen dem Verwesungsgeruch hielt sie ein Tuch vor den Mund. „Sie haben sie lieber umgebracht, als sie einfach hier zurückzulassen.“

„Sie sind skrupellos. Wir dürfen bei ihnen keine normalen dinotopischen Maßstäbe anlegen“, erklärte David traurig. „Sie erinnern mich an viele Menschen der Außenwelt, in der ich aufgewachsen bin.“

Sheppard stimmte zu. „Bist du froh, jetzt hier zu leben?“

„Das bin ich“, bestätigte David. „Es ist ein uralter Traum, der für meinen Vater, meinen Bruder und auch für mich in Erfüllung gegangen ist: in einer Gesellschaft zu leben, die keine Verbrechen kennt und in der jeder für den anderen einsteht. Und dieser Traum wird jetzt bedroht. Deshalb werde ich alles in meiner Macht stehende tun, diese Welt zu erhalten, sollte es auch mein Leben kosten.“

John legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. „Wir alle, die ganze Staffel, hoffen nicht, dass das nötig sein wird.“

David gab sich innerlich einen Ruck. „Tragt die Toten zusammen.“

David sandte Spurensucher aus. Es dauerte nicht lange, bis sie eine Spur fanden. Iris war diejenige, die es entdeckte.

„Ich habe einen begehbaren Weg in die Berge gefunden“, sagte sie.

„Wo?“

Iris zeigte nach vorne. „Nicht weit von hier.“

„Wo ist eigentlich Romana?“ fragte Iris, als sie David und John führte.

„In Wasserfallstadt. Sie kommt morgen zurück“, antwortete David. Romana war Davids Frau. Sie hatten sich bei der Ausbildung zum Saurierpiloten kennen gelernt und vor einem Jahr geheiratet.

„Deswegen! Sonst ist sie ja immer an vorderster Front, wenn es gefährlich wird“, meinte Iris.

„Manchmal zu weit vorne“, meinte David und John hörte einen besorgten Tonfall heraus.

„Romana weiß, was sie tut“, versuchte Iris David zu beruhigen.

David warf ihr einen nicht zu deutenden Blick zu. „Ich hoffe, du hast Recht. Sie hat viel vom Wagemut ihres Vaters geerbt und auch sein Flugtalent.“

Romana war die Tochter des legendären Will Denison, des besten Saurierpiloten aller Zeiten. Er war erst vor einigen Jahren im Alter von 140 Jahren gestorben. Für einen Dinotopier war das keine ungewöhnliche Lebensdauer. Die Menschen lebten hier länger, als in der Außenwelt. Wie David war Will auch in der Außenwelt geboren worden und ungefähr mit 10 Jahren zusammen mit seinem Vater Arthur durch Schiffsbruch auf der Insel gestandet. Arthur Denison war Forscher und Gelehrter gewesen und einer der bekanntesten Wissenschaftler von Dinotopia geworden. Ihm waren viele neue Erfindungen zu verdanken.

Iris blieb stehen und bog einige Zweige am Hang des Berges zur Seite. Hier endete das Tal an einer Felswand, zumindest sah es auf den ersten Blick so aus. Hinter den Zweigen war ein schmaler Pfad zu erkennen, der ein paar Meter an der Wand entlang führte und dann um eine Ecke bog. Deshalb war der Pfad nicht zu erkennen gewesen. Als sie um die Biegung gingen, sahen sie, dass der Pfad etwas breiter wurde und in Schlangenlinien bis zum Gipfel hinauf führte, meist unter überhängenden Felsen verborgen.

„Kein Wunder, dass der Pfad bisher nicht entdeckt wurde“, sagte David.

„Ja, selbst vom Rücken eines Quetzi aus, ist er nur schwer zu entdecken. Wie hast du ihn gefunden?“ fragte John.

„Das war Zufall“, erklärte Iris. Sie war eine routinierte Pilotin mit strengen Gesichtszügen und braunen Haaren, die sie zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Sie und ihr Quetzi Schneeflocke bildeten eines der erfahrensten Teams der Staffel.

Iris wurde rot: „Ich bin gestolpert und durch die Hecke gefallen.“

John und David grinsten über beide Ohren. Es kam nicht oft vor, dass Iris so etwas zugab.

„Nun, dann war deine Ungeschicklichkeit für uns von Vorteil“, schüttete David noch Holz ins Feuer. Iris lief jetzt knallrot an. „Andernfalls hätten wir den Weg nie entdeckt“, sagte David und verkniff sich ein weiteres Grinsen.

„Ich nehme Schneeflocke und fliege den Weg ab“, schlug Iris vor. „Ich bin bald wieder zurück.“

David stimmte schnell zu. Zu weit wollte er seinen kleinen Scherz nicht treiben, da Iris zu schnell aufbrausend wurde. Die Pilotin verschwand und David kehrte nach einiger Zeit mit John zu den anderen zurück.

Einige hatten die Leichen in der Zwischenzeit an einem Platz zusammengetragen. Andere hatten das Lager durchsucht. Die Abtrünnigen hatten jedoch nichts von Wert zurückgelassen.

Iris kehrte mit Schneeflocke zurück und erstattete Bericht. „Der Pfad führt ins Nirgendwo. Ich bin so weit ich konnte entlang geflogen, doch er endet im Schnee. Es gibt keine Spur von den Mördern.“

„Dann fliegen wir jetzt weiter. Wir finden sie, keine Sorge. Wenn nicht hier, dann an anderer Stelle. „Als Nächstes müssen wir die Farm finden, woher das kleine Mädchen stammt.“

Zwei Saurierpiloten-Teams blieben bei den Toten zurück und verbrannten sie. Der Rest der Staffel folgten ihm.

Auch John und ich befanden uns wieder in der Luft. David hatte uns in vier Teams zu je fünf aufgeteilt. Zu meinem Team gehörten Iris mit Schneeflocke. Schneeflocke war ein schon älterer Artgenosse mit heller, fast weißer Hautfarbe, daher auch sein Name.

Wir konzentrierten unsere Suche auf die ganz abgelegenen Farmen, weil wir hofften, so am ehesten das Zuhause der kleinen Amalie zu finden. Jede der kleinen Farmen, die wir überflogen, schien in Ordnung zu sein, denn die Bewohner winkten uns zu, sobald sie uns sahen. Bei jeder Farm erkundigten wir uns, ob jemand etwas Verdächtiges gesehen oder gehört hatte. Oder ob einer der Nachbarn schon lange nichts mehr von sich hatte hören lassen.

Es war schon fast Abend und wir hatten die Grenze des Gebietes erreicht, dass unser Team absuchen sollte. Eine letzte Farm lag noch vor uns. Diesmal waren Iris und Schneeflocke an der Reihe zu landen und mit dem Farmerpaar zu sprechen.

Wir konnten Iris‘ besorgten Gesichtszügen erkennen, als Schneeflocke wieder neben uns flog. „Der Farmer erzählte mir von einem kleinen Anwesen in einem Tal in der Nähe. Nur das Farmerpaar und einige Struthies leben dort. Und ...“ Iris machte eine kleine Pause. „Sie haben eine kleine Tochter, auf die die Beschreibung von Amalie passt.“

„Haben sie dir den Weg beschrieben?“ fragte John.

„Was glaubst du denn? Schneeflocke und ich übernehmen die Führung.“

Zwischen Schneeflocke und Iris gab es keine so perfekte Verständigung wie zwischen John und mir. Trotzdem wusste der eine instinktiv, was der andere wollte. Außerdem verstand Schneeflocke die Zeichensprache der Menschen.

Unter der Führung von Schneeflocke und Iris fanden wir die Farm in kürzester Zeit. Das Tal war klein, im Grunde nur ein Einschnitt im Felsen, in dem die Gebäude hineingebaut worden waren. Eine große Wiese mit Obstbäumen und drei kleinere Felder, auf denen Getreide angebaut worden war, hatte gerade noch Platz. Alles sah verlassen aus. Als wir näher kamen, sahen wir auch, dass die Früchte auf den Bäumen überreif waren und schon längst hätten abgeerntet werden müssen. Das gleiche galt für das Getreide.

Die meisten von uns landeten vor dem Farmhaus. Nur ein Paar flog zur Sicherheit weiter Patrouille. Die Piloten stiegen ab und begannen das Gelände abzusuchen.

In Erwartung, dass Schlimmste vorzufinden, betraten John und Iris das Farmhaus, doch obwohl sie alle Räume durchsuchten, fanden sie niemanden, doch noch war es zu früh, um aufzuatmen.

„Entweder ist das die falsche Farm oder sie haben alle verschleppt“, meinte John.

Iris‘ Blick fiel auf eine Kommode, wo Bilder abgestellt waren. Sie trat näher und betrachtete sie. Eines zeigte einen Mann und eine Frau mit einer Struthie-Familie. Die Straußdinosaurier und die Menschen lächelten gut gelaunt in die Kamera. Iris wurde es mulmig zumute, wenn sie an das Schicksal der Familien dachte, denn ein zweites Bild zeigte nur das Farmerpaar und ein kleines Mädchen. Bei dem Kind handelte es sich um Amalie.

„Wir sind hier richtig“, sagte Iris zu John und zeigte ihm das Foto.

Johns Gesichtszüge umwölkten sich. „Die Frage ist jetzt, was mit allen passiert ist.“

Von draußen hörten sie Rufe und eilten ins Freie.

Boris, einer der Piloten rief ihnen zu: „Wir haben sie gefunden!“

„Wo? Leben sie noch?“ fragte Sheppard, wider besseren Wissens.

Langsam schüttelte Boris seinen Kopf. „Die Fleischfresser haben sie alle umgebracht. Wir sind durch den Geruch aufmerksam geworden.“ Er führte die beiden Piloten zu einem Geräteschuppen, bei dem die anderen warteten. In dem Schuppen lagen das Farmerpaar und die Struthies tot am Boden.

„Diese Barbaren“, sagte Iris und knirschte vor Wut mit den Zähnen, als sie die Leichen sah. Es war nach der langen Zeit kein schöner Anblick mehr.

„Wir werden sie begraben, sie haben ein ordentliches Begräbnis verdient“, meinte John tief betroffen von dem Verbrechen.

„Jemand muss zum Treffpunkt mit David fliegen und ihn informieren, dass wir Amalies Farm gefunden haben“, sagte Iris.

„Das könnte ich machen, wenn ihr einverstanden seid“, bot John an.

Alle nickten und so kam John zu mir zurück und wir flogen los. Schon nach kurzer Flugzeit erreichten wir den mit David Scott vereinbarten Treffpunkt. Obwohl wir alle mit dieser Nachricht gerechnet hatten, waren auch David und die anderen schockiert. Es war etwas anderes, ein solches Verbrechen mit eigenen Augen zu sehen, als es sich nur in Gedanken vorzustellen. Nach und nach trafen die restlichen Paare ein und David schickte einige zu der Farm. Er selbst, John und ich, sowie die übrig gebliebenen Fliegerpaare machten sich auf den Weg zur Farm der St. Claires.

Nach einer guten Stunde tauchte unter uns die große Farm der St. Claires auf. Die meisten landeten, doch aus einem Grund, den ich mir nicht erklären konnte, drehte ich mit John noch eine Runde über die Farm. Plötzlich bemerkte ich unter mir eine verstohlene Bewegung. Zuerst hielt ich den kleinen Saurier für einen der Struthies, von denen auf der Farm viele lebten. Ein solcher hätte jedoch keinen Grund sich so heimlich zu bewegen. Es war ein Raptor. Es gab zwar einige kleine zivilisierte Fleischfresser auf der Farm, aber keiner davon war ein Raptor. Er musste ein Spion sein.

„John, da unten ist ein Raptor, der die Farm beobachtet,“ informierte ich meinen Piloten.

„Wo?“

Um ihm den Spion zu zeigen, diesen aber nicht zu warnen, flog ich noch eine Runde. Der Raptor versteckte sich jetzt in einem großen Gebüsch, in der Nähe des Hauptgebäudes.

„Jetzt sehe ich ihn auch“, sagte John laut. Auch laut ausgesprochene Worte von ihm konnte ich gut versehen. „Was machen wir?“

„Ihn fangen natürlich! Halt dich fest! Ich mache einen Sturzflug und packe ihn.“

Gedacht, getan! Ohne länger zu zögern, verwandelte ich meinen Gleitflug in einen Sturzflug. Der Raptor wusste nicht, was ihm geschah. Er hörte nur ein Rauschen über sich, da war ich auch schon über ihm und packte ihn mit meinen Krallen und hob ihn in die Lüfte.

Der Raptor stieß einen überraschten Schrei aus, der sich in Angstgeheul verwandelte, als er sich so unvermutet 20 m über dem Boden wieder fand. Die anderen unserer Gruppe sahen uns erstaunt entgegen, als ich mit meinem Gefangenen vor ihnen aufsetzte. Den Raptor hielt ich jedoch weiterhin fest.

„Was ist das, John? Was macht Feuerwolke da?“

„Wir haben einen Spion gefangen“, erklärte John. „Oder kennt ihn jemand?“ John sah sich auffordernd um.

St. Claires schüttelte den Kopf. „Es leben keine Raptoren auf der Farm.“

„Feuerwolke entdeckte ihn in dem Gebüsch neben dem Haus“, erzählte John weiter und zeigte auf das betreffende Gestrüpp neben dem Haus.

„Wer bist du? Gehörst du zu den Abtrünnigen?“ wandte sich David an den Raptor, der sich verzweifelt unter meinem Griff wand.

Dieser sah den Menschen jetzt verächtlich an und gab seine sinnlosen Versuche auf. „Ihr werdet alle bald sterben“, fauchte er wütend.

„Fesselt ihn und sperrt ihn ein“, befahl David, der nicht auf die Worte des Raptors achtete, der anscheinend die Menschensprache nicht nur verstand sondern sie auch sprechen konnte. „Dann verhören wir ihn. Er weiß sicher eine Menge.“

Der Raptor wurde mit Ketten gefesselt und in einen fensterlosen Raum gesperrt. Er war so von seiner Sache überzeugt, dass er bereitwillig alle Fragen beantwortete. Wahrscheinlich dachte er, dass es den Menschen und den zivilisierten Sauriern nichts mehr nützen würde, da sie ja bald alle sterben würden.

Sein Name war Rotzahn und er war in der zivilisierten Welt aufgewachsen, doch immer wieder zog es ihn ins Regental, um dort zu jagen. Vor einiger Zeit begegnete er einem anderen Raptor, der ihm vom Predator und seinem Vorhaben erzählte. Dieser begann alle Fleischfresser im Regental um sich zu versammeln mit dem Ziel, eine Armee aufzustellen, um die Insel zu erobern. Es würde nicht mehr lange dauern. Überall befanden sich ihre Spione, in jeder großen Stadt und in jedem Dorf Dinotopias. Andere saßen schon in wichtigen Positionen und warteten nur darauf loszuschlagen. Rotzahn kannte nur zwei dieser Spione: Einen Deinonychus, der in Baumstadt lebte, sowie einen, der aus Schluchtenstadt stammte. So war gewährgeleistet, dass im Falle einer Enttarnung des jeweiligen Spions, dieser nicht zu viel verraten konnte.

Sie glaubten, ihren Ohren nicht trauen zu können: eine Armee, die im Regental aufgestellt wurde, um Dinotopia zu erobern.

David Scott und John Sheppard waren die einzigen, die das denkbar fanden.

„Was können wir tun?“ fragte St. Claires, der ganz blass war. „Sind wir hier in Gefahr?“

„Ich fürchte ja“, sagte David. „Die Farmen in der Nähe des Regentals werden als Erstes angegriffen. Diese Farm ist bisher nur zu groß gewesen. Um nicht aufzufallen, haben sie mit den kleinen Farmen angefangen. Einer Armee von großen Fleischfressern seid ihr nicht gewachsen. Vielleicht wäre es besser, wenn ihr in eine große Stadt geht. Füllhornstadt oder sogar Sauropolis.“

„Und was machen wir?“ fragte John. „Däumchen drehen und zusehen?“

David lachte und meinte: „Auf keinen Fall. Wir versuchen die Invasion zu verhindern.“

Plötzlich entdeckte John unter den Umstehenden vier bekannte Gesichter: Lukas und Kora mit Rhiana und Lea. „Was macht ihr denn hier?“

„Wir haben doch gesagt, dass wir zu den St. Claires kommen, wenn Kora ausgeruht ist“, antwortete Lukas. „Wir wollen helfen.“

„Du glaubst doch nicht, dass ich nur herumstehe, wenn ihr euch in Gefahr begebt?“ fügte Rhiana hinzu und sah ihren Freund stirnrunzelnd an.

„Nun gut“, meinte John. Er wusste, dass er Rhiana nicht umstimmen konnte. „Wir teilen uns auf. Eine Gruppe fliegt nach Schluchtenstadt. Ihr vier kommt mit mir und Feuerwolke nach Baumstadt.“

„Eine gute Idee“, meinte Lukas. „Wir sind schon oft dort gewesen und kennen die Stadt in- und auswendig.“

„Ich gebe euch ein offizielles Schreiben mit Siegel mit, dass die Behörden in Baumstadt auffordert, euch zu helfen. Findet den Spion und inhaftiert ihn. Vielleicht weiß er Näheres über diesen geheimnisvollen Predator und seine Pläne“, sagte David.

„Wir brechen sofort auf“, versprach John.

David übergab ihnen eine Schriftrolle mit offiziellem Siegel. Eine dritte Gruppe schickte er nach Sauropolis. Die Behörden in der Hauptstadt mussten informiert werden, damit auch sie entsprechende Schritte zur Sicherheit der Bevölkerung einleiten konnten. David hoffte nur, dass sie diesmal schneller und effektiver handelten, als damals bei der Krise um die Sonnensteine. Vielleicht sollte er selbst hinfliegen und Schneeflocke mit Iris nach Schluchtenstadt abkommandieren.

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Kapitel 10 by Selana
Teil 10

Ankunft in Dinotopia

Sie kamen in einem breiten Tal heraus. Ein kleiner Bach schlängelte sich durch das mit Wiesen und Feldern bestehende Tal. Die Sonne brannte heiß herunter.

Lorne ging zu einem der Felder und besah sich die Ähren. „Das Korn ist fast reif. Die Menschen, die es angepflanzt haben, können nicht weit weg wohnen.“

Einer der Soldaten blickte durch sein Fernglas. „Major, ich sehe da vorne ein Dorf liegen.“

„Marschieren wir dort hin. Vielleicht können die Menschen uns helfen“, meinte Lorne. „Und wie immer nur im Falle eines Angriffes von der Waffe gebrauch machen.“

„Wer Felder anlegt, ist meist friedlich“, sagte Teyla und blickte den Major an.

„Ich werde auf jeden Fall meine Waffen bereithalten“, fügte Ronon hinzu.

Während die Gruppe auf das Dorf zu marschierte, blickte Lorne in den Himmel hinauf. Ein blauer und wolkenloser Himmel war zu sehen. Am Horizont erblickte er einige große Vögel, die am Himmel ihre Kreise zogen.

Vögel?

Lorne kniff die Augen zusammen. Die Vögel wurden größer und waren dadurch deutlicher zu sehen. So große Vögel hatte er noch nie gesehen. Ein lauter und durchdringender Schrei war zu hören.

Jetzt blickten auch die anderen aufgeschreckt nach oben.

„Was ist das denn?“ rief McKay alarmiert aus.

„Ein großer Vogel“, meinte Teyla. „Hoffentlich ist er friedlich.“

„Das ist kein Vogel“, sagte Lorne und hob sein Gewehr, als das Tier näher kam und dicht über ihnen hinweg flog. „So etwas habe ich in Büchern oder Filmen gesehen.“

„Ein Flugsaurier“, fügte McKay hinzu und duckte sich, als die Echse nochmals über sie hinwegzog.

„Da sitzt ein Mensch darauf“, erkannte Ronon und hob ebenfalls seine Waffe.

Doch das Tier machte keine Anstalten anzugreifen. Es flog mit seinem Reiter nochmals über sie hinweg und verschwand dann.

McKay wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Da war knapp. Ich dachte schon, es wollte mich packen.“

„Keine Sorge“, sagte Lorne. „Wir hätten Sie schon beschützt. Mir schien, dass der Reiter uns nur sehen wollte und dann beruhigt seiner Wege zog.“

„Er hatte eine Art Uniform an“, sagte Teyla. „Wahrscheinlich war es ein Wächter.“

„Das scheint ein seltsames Land zu sein“, meinte McKay. „Wo Menschen auf Flugsaurier fliegen.“

Sie gingen weiter und näherten sich dem Dorf. Auf einigen Feldern vor den Häusern arbeiteten Menschen und …

Lorne traute seinen Augen nicht. Da liefen doch tatsächlich kleine Tiere mit Gabeln, Hacken und Rechen umher. Und um allem noch eins draufzugeben, trugen sie Hüte!

Eines dieser kleinen Tiere kam nun auf sie zu. Es trug einen Rechen, den es nun schulterte und einen großen roten Schlapphut. Das Tier ähnelte einem Strauß und hob nun die rechte Pfote zum Gruß.

„Atme tief!“

McKay fuhr erschreckt zurück und sah sich um. Wer hatte da gerade gesprochen?

„Atmet tief!“ erklang es nochmals.

Lorne war nun sicher, dass das Tier gesprochen hatte. Er schluckte und nahm es mit Humor. „Ich grüße dich! Du kannst sprechen?“

Das Tier sah ihn erstaunt an. „Das weiß doch jeder. Woher kommt ihr denn?“

Inzwischen hatten sich auch einige Menschen um sie versammelt.

„Atmet tief!“ sagte auch einer der Menschen.

Lorne begriff, dass dies wohl eine Art Gruß sein musste. „Verzeiht, aber wir sind fremd hier. Wir wundern uns natürlich, dass ein Tier sprechen kann.“

„Aber Lola ist doch kein Tier“, sagte der Mann empört.

„Es sieht aus wie ein Dinosaurier“, sagte Lorne.

„Lola ist ein Dinosaurier und die können bekanntlich alle sprechen. Ihr müsst von weit herkommen, um das nicht zu wissen.“ Der Mann sah sie alle der Reihe nach an. „Ihr seid Außenweltler?“

Lorne stellte alle der Reihe nach vor. „Wir kommen von einem Planeten genannt Erde. Wir sind durch eine Art Energiewand auf eure Welt gereist und suchen zwei Freunde. Einen Mann und eine Frau.“

„Unsere Welt heißt auch Erde“, meinte der Mann erstaunt.

„Das ist seltsam“, Lorne sah sich um. Inzwischen waren noch andere Menschen und Saurier erschienen und bildeten einen Kreis um sie.

„Mein Name ist Hano und ihr seid willkommen in Dinotopia.“

„Dinotopia?“

„So nennen wir unsere Insel.“

McKay machte erschreckt einen Schritt zurück, als einer der kleinen Dinos auf ihn zukam und seinen Arm ausstreckte. „Ich bin Nalo und ich freue mich, dich kennen zu lernen.“

„Dr. Rodney McKay“, antwortete er verwirrt. Das gab es doch nicht. Er sprach mit einem Dinosaurier.

„Du siehst verwirrt aus, Dr. Rodney“, sagte Nalo.

„Ich habe mich noch nie mit einem Tier unterhalten.“

„Wir sind keine Tiere“, sagte Nalo etwas beleidigt. Diese Menschen waren wirklich seltsam. Doch gleichzeitig war er auch neugierig. Nalo hatte noch nie einen Außenweltler gesehen.

Die Gruppe wurde ins Dorf gebeten, wo man sich gegenseitig ihre Geschichte erzählte. So erfuhren sie, dass das Dorf ganz in der Nähe der Hauptstadt Sauropolis lag. Sie versprachen einen Botenvogel dorthin zu schicken, um Näheres zu erfahren. Die Dorfbewohner selbst hatten nichts von zwei Außenweltlern gehört.

Der Vogel kam am anderen Tag zurück. Die Gruppe wurde gebeten, nach Sauropolis zu kommen. Dort würden sie vielleicht etwas über ihre zwei Freunde erfahren. Als Transportmittel diente ein riesiger Brachiosaurier, auf dessen Rücken ein großer Korb befestigt war, der als Sitz diente. Ähnlich wie bei einem Elefanten.

Lorne und die anderen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie vor dem riesigen Tier standen, das majestätisch über ihnen thronte und hin und wieder gemächlich seinen Kopf senkte.

„Da …, da rauf bekommt mich niemand“, ereiferte sich Rodney. „Das ist ja lebensgefährlich.“

„Dann müssen Sie hier bleiben“, sagte Lorne grinsend. „Wir setzen uns auf jeden Fall in den Korb da oben.“

„Hier bleiben! Wollen Sie mich umbringen?“

Widerwillig stieg Rodney die Leiter nach oben und setzte sich mitten in den Korb. Niemand würde ihn dazu bringen, sich an den Rand zu setzen.

Der Brachiosaurier setzte sich schließlich schaukelnd in Bewegung.

Lorne fand die Reise schön, denn von dieser Höhe aus hatten sie einen guten Überblick über die unter ihnen liegende Landschaft. Er überhörte Rodneys Gemecker, dass ihm die Schaukelei Übelkeit bereitete.

Sie brauchten einige Stunden, bis sie Sauropolis erreichten. Die große Stadt war ein unglaublicher Anblick. Häuser aller Größen und Bauarten säumten die überfüllten Straßen, wo sie von Menschen und Dinosaurier aller Größen und Arten winkend begrüßt wurden.

Teyla, Lorne und die Soldaten winkten zurück, während Ronon misstrauisch um sich blickte. Er traute dem Frieden nicht so ganz.

McKay dagegen sah nur das Ende dieser entsetzlichen Reise. Er konnte es kaum noch erwarten, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Womit hatte er das nur verdient?

Auf einem großen Platz wurden sie vom Bürgermeister freundlich begrüßt. Er trug eine bunte Fantasie-Uniform und einen großen, mit Federn geschmückten Hut. „Herzlich willkommen! Erst vor kurzem konnte mein Kollege in Heidesaum zwei andere Außenweltler begrüßen.“

Lorne horchte auf. Zwei andere Außenwelter? Ob das der Colonel und Rhiana gewesen waren. Er begrüßte den Bürgermeister freundlich und stellte seine Begleiter vor. Dann fragte er nach den anderen Außenweltlern.

„Ach, das hat doch Zeit bis später. Wir feiern erst einmal. Dann können wir in Ruhe alles besprechen.“

Um gute Miene zum Spiel zu machen, gab Lorne nach. Sie folgten dem Bürgermeister in das Rathaus und hier in einen großen Festsaal. Ein großer Tisch brach fast vor Speisen und Getränken über. Lorne fiel jedoch sofort auf, dass kein Fleisch dabei war. Die Dinotopier schienen Vegetarier zu sein.

Während Rodney und die anderen herzhaft zugriffen, hielt Lorne sich etwas zurück. Er begann erneut den Bürgermeister auszufragen.

„Bürgermeister! Wir sind in Ihre Welt gekommen, weil wir zwei Freunde suchen. Sie wurden durch einen Unfall hier her verschlagen. Wir wollen sie wieder nach Hause bringen. Sie sprachen von zwei Außenweltler. Wissen Sie Näheres?“

Der Bürgermeister sah Lorne mitleidig an. „Niemand kann Dinotopia verlassen. Ich fürchte, auch Sie und Ihre Freunde sind hier gefangen.“

„Das überlassen Sie ruhig uns, Sir. Wissen Sie nun etwas?“

„Ich habe meinen Kollegen natürlich ausgefragt. Schließlich kommen nicht oft Außenweltler her. Deshalb hätte ich mir nie träumen lassen, Sie zu treffen. Ich werde berühmt werden.“

„Die anderen Außenweltler“, erinnerte Lorne ihn und versuchte nicht zu ungeduldig zu klingen.

„Oh ja! Mein Kollege aus Heidesaum sagte, es wären ein Mann und eine Frau.“

„Das würde passen“, sagte Lorne erleichtert. „Verriet Ihr Kollege auch zufällig die Namen der zwei?“

„Daran kann ich mich nicht erinnern?“

„Gibt es jemanden, der es kann?“

„Mein Sekretär vielleicht. Er erledigt diese ganze lästige Arbeit für mich.“

„Wäre es vielleicht möglich diesen Mann zu treffen?“

„Aber ja! Er sitzt da neben Ihrer wunderschönen Freundin und himmelt sie an.“

Lorne sah zu Teyla, die neben einem Dinotopier saß, der ihr irgendwelche Geschichten erzählten. Der Major verkniff sich ein Lächeln, als er Teylas genervten Gesichtsausdruck erkannte. Sie würde sicher froh sein, wenn er sie von dem Mann befreite.

Zu Lornes Glück erschien nun eine aufgedonnerte Frau, die auf den Bürgermeister einredete. Der Major nützte die Gunst der Stunde und ging zu Teyla hinüber.

„Der Bürgermeister sagt mir, dass Sie der wichtigste Mann nach ihm in der Stadt sind?“

„Oh ja!“ Der Dinotopier warf sich in die Brust. „Das bin ich. Ohne mich funktioniert nichts in der Stadt.“

Warum kam Lorne das nur bekannt vor? „Dann können Sie mir sicher die Namen der zwei Außenweltler sagen, die seit kurzem in der Stadt mit dem seltsamen Namen Heidesaum leben?“

„Aber natürlich kann ich das! Der Mann heißt John Sheppard und die Frau nennt sich Rhiana Remor.“

Lorne und Teyla sahen sich bedeutungsvoll an. Das fing ja gut an. Jetzt mussten sie nur noch in diese Stadt mit dem seltsamen Namen kommen.

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Kapitel 11 by Selana
Teil 11

Baumstadt

Der Weg nach Baumstadt war nicht allzu weit. John und Feuerwolke wachten am Himmel über ihre Freunde, während Rhiana, Lukas, Kora und Thea am Boden dahin ritten.

Rhiana warf immer wieder ein Blick in den Himmel, wo ihr Freund mit seinem ungewöhnlichen Flugwesen über sie wachte. Gerne wäre sie jetzt dort oben bei ihm gewesen, doch das war in diesem Fall unmöglich, außerdem war diese Flugart nicht ihre Sache. Und als Thea angeboten hatte, sie weiterhin zu tragen, hatte sie das unmöglich ablehnen können.

Sie brauchten den restlichen Tag, um die vielleicht ungewöhnlichste Stadt Dinotopias zu erreichen. Von dem kleinen Hügel hatten sie einen guten Überblick auf die Stadt. Die letzten Sonnenstrahlen hüllten die Bäume in ein sanftes goldenes Licht und zeigten jede Einzelheit in einem gestochen scharfen Bild. Ohne Ausnahme waren es riesige Redwood-Bäume, in die man die Häuser gebaut hatte.

Die Baumstadt war einer der wenigen Orte, an denen die menschlichen Bewohner beim Blick aus den Fenstern selbst auf die größten Saurier hinabsehen konnten. Die Häuser ruhten auf breiten Ästen und waren durch ein kompliziertes Netz von Leitern, Brücken, Seilen und Kabeln miteinander verbunden. Sogar der Marktplatz lag etwa fünfundzwanzig Meter über dem Boden. Jeder Stand hatte einen eigenen Ast oder eine Astgabel. Die großen Dinosaurier verbrachten die Nacht in riesigen Scheunen, auf eigens dafür angelegten Lichtungen. Die Baumstadt lag zwar hoch, aber trotzdem in der Nähe des Regentals und nicht selten kamen verirrte Raubdinosaurier auf der Suche nach Beute hierher. Vor diesen boten die hoch gebauten Häuser einen sicheren Schutz.

Ein schmaler Fußweg führte vom Hügel zur Stadt hinunter. Die vier sahen, wie John und Feuerwolke auf den höchsten der Bäume zuflogen. Elegant setzte Feuerwolke zur Landung an. Rhiana entschied, dass es höchste Zeit war, selbst die Stadt zu erreichen.

Je näher sie den Bäumen kamen, desto höher erschienen diese ihnen. Die Wohnungen der Menschen verloren sich in dem dichten Blätterwerk. Einige Hallen waren auch direkt unter die Äste der Redwood-Bäume gebaut worden, weil diese erst in einigen Metern Höhe begannen. Treppen, am Boden noch aus Holz gefertigt, begannen neben den Hallen und führten hinauf in die erste Ebene des jeweiligen Baumes.

Kora und Lukas waren schon oft in Baumstadt gewesen und kannten sich aus. Im größten und wahrscheinlich ältesten Baum, waren die Büros der Behörden errichtet worden. In den Bäumen daneben die Schulen und öffentliche Häuser, wie Unterkünfte für Reisende oder die Versammlungsräume der Bewohner.

Der Behördenbaum enthielt auch den Horst der Flugechsen. Als sie dort ankamen, wartete John schon am Fuß des Baumes auf sie. Er lächelte Rhiana an und half ihr aus dem Sattel.

„Das ist einfach cool“, sagte er.

Rhiana wusste, dass er den Flug mit dem Saurier meinte. „Ich weiß nicht, mir ist der Boden lieber.“

„Du bist eben kein Flieger“, fügte John hinzu. „Ich dagegen fliege alles.“

„Sogar einen Saurier.“

„Besonders einen Saurier. Und dazu einen, mit dem ich mich unterhalten kann.“

„Diese telepathische Verbindung zu Feuerwolke ist schon seltsam“, meinte Rhiana.

John zuckte mit den Schultern. „Aber sie funktioniert.“

Inzwischen war auch Lukas von Koras Rücken gestiegen. Während Kora und Thea am Boden die Dinosaurier befragen wollten, würden Lukas, John und Rhiana nach oben steigen und den Kommissar aufsuchen, den obersten Gesetzeshüter von Baumstadt.

Auch Kora und Thea, bedingt durch ihre Größen, gehörten zu den Dinosauriern, die nicht in die Bäume steigen konnten oder wollten. „Wir treffen uns in einer Stunde wieder“, sagte Lukas zu ihnen.

Kora und Thea nickten zustimmend und machten sich auf den Weg. Die Menschen stiegen die Treppe zur ersten Etage hinauf. Bis dahin war sie aus Holz, weiter oben aber würde sie in ein Geflecht aus Seilen, Hölzern und Strickleitern übergehen. Während Lukas und Rhiana sich dabei alles andere als wohl fühlten, waren die Bewohner das gewöhnt und bewegten sich mit traumwandlerischer Sicherheit zwischen den Bäumen Hin und Her. Auch John fand nichts Besonderes dabei, da ihm als Flieger Höhen nichts ausmachten.

Das Haus des Kommissars war gleich auf der ersten Etage errichtet worden. Es war ein mittelgroßes einfaches Haus, mit einem großen fast offenen Raum ohne Fenster. Nur eine Wand war ganz aus Holz gebaut worden. Diese Wand bestand aus Regalen, die wiederum mit Schriftrollen voll gestopft waren. Die übrigen Wände waren etwa ein Meter hoch, darüber war alles offen. Wenn es regnete oder stürmte ließ man einfach vom Dach feste Rollos herunter. Dieses Haus war typisch für alle Häuser Baumstadts. Die Bewohner liebten die Freiheit und die freie Sicht. Verschlossene Türen gab es nicht. Zugebaute Häuser waren ein Gräuel für sie.

Sie betraten das Reich von Ibn ben Raab, des Kommissars von Baumstadt. Seine Vorfahren waren vor 300 Jahren aus dem arabischen Raum auf Dinotopia gestrandet.

Er saß hinter seinem Schreibtisch und studierte Schriftrollen. Als die drei eintraten, sah er auf. „Lukas Berger! Was führt dich in meine bescheidene Hütte? Und wer sind deine beiden Freunde?“

„Ich fürchte, es sind keine guten Nachrichten, die uns herführen.“ Schnell erzählte Lukas den Grund ihres Kommens.

Ibn ben Raab, ein Mann in mittleren Jahren mit strengen Gesichtszügen und mit einem weiten bunten Gewand bekleidet, rieb sich nachdenklich das Kinn. „David Scott denkt also, ein Spion der Abtrünnigen lebt in Baumstadt? Das glaube ich nicht. Hier leben nur ehrenwerte Menschen und Dinosaurier.“

John sah ihn erstaunt an. „Aber der Hinweis ist eindeutig. Sie müssen Ihre Leute nach dem Verdächtigen suchen lassen.“

„Immer mit der Ruhe! So schnell geht das nicht. Das braucht Zeit, denn es sind viele Genehmigungen auszustellen. Und wer sind Sie überhaupt?“

„Colonel John Sheppard. Im Moment den Saurierpiloten unterstellt.“

Lukas dagegen glaubte sich verhört zu haben. Angesichts der Trägheit des Kommissars, der aber typisch für die Schwerfälligkeit der dinotopischen Behörden war, konnte er nur den Kopf schütteln.

„Meine saurische Partnerin Kora und ihre Freundin Thea befragen die Saurier am Boden. Und meine zwei Freunde und ich, wir wollen hier oben dasselbe machen.“

„Ohne behördliche Genehmigung? Ich werde sofort meine Leute aussenden, um das zu verbieten!“ rief der Kommissar aus und sprang endlich von seinem Sitz auf. „Und ihr drei werdet ebenfalls keine Befragungen durchführen. Wer glaubt ihr eigentlich, dass ihr seid?“

„Besorgte Bürger Dinotopias“, erklärte Lukas wütend. Er war nahe daran, die Geduld zu verlieren.

Sheppard beruhigte ihn mit einem Blick. Er kannte sich mit solchen behördlichen Sturköpfen zur Genüge aus. Er trat ganz dicht an den Kommissar heran, der ihm gerade bis zum Kinn reichte, und blickte ihm in die Augen. „Sicher werden Sie uns die Genehmigung erteilen, nicht wahr?“

Unter Johns Blick wurde der Kommissar ganz kleinlaut. „Aber die Genehmigungen?“

„Vergessen Sie diese. Es geht hier um die Existenz von Dinotopia. Das sollten Sie doch sicher in ihr Gehirn kriegen. Schließlich ist auch ihr Hintern in Gefahr.“

Das schien den Mann noch immer nicht zu überzeugen. Schnell trat er einen Schritt zurück. „Ihr übertreibt sicher. Die Gefahr ist bestimmt nicht so groß. Es sind nur ein paar abtrünnige Fleischfresser. Was geht uns das in Baumstadt an?“

„Sie töten unschuldige Dinotopier. Das geht uns wohl etwas an“, entrüstete sich Lukas. Er begriff jetzt, dass Ibn ben Raab im Grunde nur um sein bequemes Leben fürchtete. Er hasste wie die meisten Dinotopier Veränderungen. „Ich komme in offiziellem Auftrag. Entweder du schickst jetzt deine Leute los oder ich tue es für dich. Eigentlich hatte ich gehofft, das nicht zu gebrauchen, aber du lässt mir keine andere Wahl.“ Lukas holte die kleine Schriftrolle mit dem offiziellen Siegel heraus und reichte sie Ibn ben Raab.

Der Kommissar nahm sie entgegen und entrollte sie. Je ausgiebiger er las, desto länger wurde sein Gesicht. „Hier steht, dass ich euch jede Hilfe geben muss, die ihr verlangt. Mit dem offiziellen Siegel aus Sauropolis.“

„Er kann ja lesen“, sagte John.

„Ganz richtig!“ bestätigte Lukas grinsend. „Setz deine Leute endlich in Bewegung.“

Widerstrebend rief Ibn ben Raab nach seinem Assistenten und gab die entsprechende Befehle weiter.

Nachdem das nun geklärt war, machte sich die drei auf die Suche nach Kora. Vielleicht hatte sie schon etwas erfahren. Sie kletterten nach unten und fragten jeden, den sie sahen nach Kora und Thea. Zwar verstanden die meisten Saurier nicht, doch Lukas konnte sich mit Zeichensprache verständlich machen. Langsam begann es zudem zu dämmern. In den Häusern gingen nach und nach die ersten Beleuchtungen an. Die Bäume sahen aus wie mit Lichtern behängte Weihnachtsbäume.

Schließlich fanden sie Kora und Thea bei einer Triceratops-Familie. Die Sippe bewohnte einen geräumigen Stall, der direkt unter die ersten Äste eines Redwood-Baumes gebaut worden war. Tagsüber stellten sie sich den Menschen als Lastenträger zur Verfügung. Dafür wurden sie gepflegt und konnten in diesem geräumigen Stall wohnen.

Geduldig wartete Lukas bis Kora ihr Gespräch beendet hatte. „Hast du etwas erfahren?“ fragte Lukas, als Kora sich ihm zuwandte.

„Vielleicht. Bisher haben Thea und ich erfolglos jeden Saurier befragt, der uns über den Weg lief. Keiner wusste etwas. Dann stießen wir auf die Familie von Stolzfuß. Ihre Tochter Leichtgewicht ...“

John prustete los. „Leichtgewicht? Ein Triceratops?“

„Ja, was ist daran so komisch?“ fragte Kora irritiert.

„Nun, sie ist alles andere als leicht.“

„In den Augen von euch Menschen vielleicht. Für ein Triceratops ist sie sehr schlank. Aber lassen wir das. Also, wo war ich stehen geblieben, als John mich so unfein unterbrach?“

„Du wollest uns sagen, was Leichtgewicht entdeckt hat.“

„Richtig! Sie sah einen Deinonychus, auf den die Beschreibung des Gesuchten passt. Und was habt ihr erreicht?“

„Nachdem wir Ibn ben Raab leicht in den Hintern getreten haben, hat er seine Leute ausgeschickt“, erklärte John.

„Du hast Ibn ben Raab in den Hintern getreten?“ fragte Kora entsetzt. Dieser Mensch war einfach unmöglich.

Lukas verkniff sich ein Grinsen. „Das ist nur bildlich gesprochen, meine Liebe. Er hat sich erst aus seinem bequemen Sessel erhoben, als ich ihm unser offizielles Siegel gezeigt habe.“

„Ach so! Die meisten Dinotopier lieben keine Aufregungen und noch weniger Veränderungen“, seufzte Kora.

„Das sollten sie aber, sonst kann es mit dem bequemen Leben bald vorbei sein“, meinte Rhiana.

„Wer mag dieser geheimnisvolle Predator sein?“ fragte Kora.

„Wahrscheinlich ein T-Rex. Die sind noch am wenigsten zivilisiert“, vermutete Lukas.

Es wurde draußen immer dunkler. „Die Familie hat Thea und mich eingeladen bei ihnen zu übernachten“, sagte Kora.

„Dann nehmt das Angebot an.“

„Was ist mit euch?“

„Wir werden eines der öffentlichen Quartiere beziehen. Wir treffen uns dann morgen Früh wieder hier“, sagte Lukas.

Am Boden führte Lukas sie zwischen den Redwood-Bäumen entlang, bis sie zu dem Baum kamen, auf dem sich die öffentlichen Unterkünfte befanden. Inzwischen waren über ihnen alle Wohnungen hell erleuchtet.

Für Lukas war das ein gewohnter Anblick, doch für John und Rhiana nicht. Sie blickten fasziniert hoch. Als sie ihr Ziel erreichten, stieg Lukas mit ihnen zur zweiten Plattform hoch. Dort befanden sich die entsprechenden Quartiere. Er meldete sich bei dem Verwalter an und bekam Betten zugewiesen. In dem großen Raum standen zehn einfache Liegen. Drei davon waren belegt, wie die zugezogenen Vorhänge bewiesen.

Lukas suchte sich ein freies Bett unter einem der Fenster. Er zog den Rollo hoch und frische Luft strömte herein. Von hier aus hatte er einen herrlichen Überblick über die Stadt. Noch herrschte geschäftiges Treiben zwischen und auf den Bäumen.

John und Rhiana suchten sich dagegen einen abgeschiedenen Platz in der Ecke aus. Eines der Betten reichte für sie zwei gut aus. Zwischen jedem Bett war eine Trennwand gezogen worden. Um die Privatsphäre gewähren zu können, konnte man vor jedem Bett einen Vorhang herunterlassen. Sie legten ihre Taschen neben das Bett und holte sich etwas zu essen heraus. Danach suchten sie die Sanitärräume auf und legten sich anschließend zusammen in das Bett. Ihre Mahlzeit war einfach, aber ausreichend. Neben ihrem Bett war ebenfalls ein Fenster und so genossen sie noch etwas den Anblick der vielen Lichter unter, neben und über ihnen. Noch nie war John in so einer seltsamen Stadt gewesen. Überhaupt war Dinotopia ganz anders, als alles, was er bisher gesehen hatte.

Auch Rhiana dachte so. Sie war auffallend still. „Du bist so still, Süße“, sagte John und schloss sie fest in die Arme.

„Das alles ist so anders. Sprechende und intelligente Saurier. Menschen, die wie du von der Erde sind und vieles mehr. Ich frage mich, ob wir je nach Atlantis zurückkommen.“

„McKay gibt nicht auf. Er wird einen Weg finden.“

„Und was, wenn nicht?“

„Dann, Liebste, werden wir uns hier ein neues Zuhause schaffen müssen. Wir sind unter Menschen und haben eine Arbeit. Ich möchte natürlich zurück, aber solange du bei mir bist, ist alles gut.“

„Ich werde immer für dich da sein, John.“

„Und ich für dich“, er zog sie an sich und sie küssten sich eng umschlungen.

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Kapitel 12 by Selana
Teil 12

Die Sonne schien direkt durch das Fenster und weckte John am anderen Morgen. Rhiana schlief noch tief und fest. Schlaftrunken schlug er vorsichtig die Decke zur Seite und stand auf. Er streckte sich und gähnte herzhaft. Sein Blick fiel aus dem Fenster. Die ersten Menschen erschienen vor ihren Häusern. Ein weiterer arbeitsreicher Tag begann für alle.

John beobachtete noch immer das Treiben, als Rhiana aufwachte und gähnend die Decke zurückschlug. Er lächelte sie an.

„Was?“ fragte sie.

„Selbst, wenn du gerade aus dem Schlaf erwachst, siehst du wunderschön aus.“

Sie lächelte erfreut. „Danke, aber wir sollten uns langsam fertig machen. Wir haben noch viel vor heute.“

John stimmte zu. Nach der Morgentoilette machten sie sich mit Lukas sich auf den Weg nach unten. Auf dem Fußweg, zwischen den Bäumen, herrschte schon reger Betrieb. Zudem war noch Markttag. Überall waren Stände aufgestellt worden, in denen die unterschiedlichsten Sachen angeboten wurden. Auch auf den Plattformen standen die Stände, bis hinauf in die höchsten Ebenen. Lukas war kein Saurierpilot und Höhen mochte er auch nicht besonders, deshalb begnügte er sich damit, die Stände am Boden zu betrachten. Wie erwartet fanden sie Kora und Thea bei der Triceratops-Familie beim Frühstücken.

„Setzt euch doch“, sagte Kora und zeigte einladend auf eine kleine Sitzgelegenheit neben sich.

Die Trics waren Pflanzenfresser, doch John sah auch Obst auf dem Tisch liegen. Trotzdem war das nicht gerade das Frühstück, das ihm vorschwebte.

Kora bemerkte seinen Blick und ahnte, was in ihm vorging. Sie wandte sich an einen der kleinen Trics und stieß einige Laute in dessen Sprache aus. Kora zeigte mit ihrer Hand nochmals auf den Platz. „Setzt euch endlich! Leichtgewicht besorgt Menschenfrühstück. Ihr wollt doch meine neuen Freunde nicht beleidigen?“ Kora zwinkerte dabei mit einem Auge.

John sah dem Trics nach. Das war also Leichtgewicht. Er setzte sich neben Rhiana, die ihm zu zwinkerte.

„Leichtgewicht zeigt uns nach dem Frühstück den Baum, auf dem sie den Deinonychus gesehen hat.“

„Sollten wir das nicht gleich tun?“ fragte Lukas. „Was, wenn er durch die Fragereien der Gesetzeshüter gewarnt wurde?“

„Geruhige dich! Die Beschreibung passt auf viele Deinonychus“, meinte Thea.

Etwas widerstrebend wartete John auf sein Frühstück. Da kam auch schon ein etwa 12-jähriges Mädchen mit einem vollen Tablett herein. Darauf stand eine Kanne mit herrlich duftendem Kaffee, eine Kanne Tee, frisch gebackenem Brot, Getreidebrei, Marmelade und Hühner-Rührei.

„Das ist Michaela“, erklärte Thea. „Ihre Familie und die von Stolzfuß arbeiten zusammen.“

John schenkte dem braun gebrannten dunkelhaarigen Mädchen ein Lächeln. „Danke schön, mein Kind.“

Michaela sah zu, wie er kräftig zulangte. „Du bist ein Saurierpilot?“

„Ja, aber gerade zu einem Sondereinsatz abkommandiert“, antwortete John. „Und Lukas hier, ist ein Bote.“

„Wenn ich groß bin, möchte ich auch eine Botin werden. Vielleicht bewerbe ich mich auch bei der Flugstaffel“, sagte sie selbstbewusst.

„Wenn du das wirklich willst, schaffst du das auch“, ermutigte Lukas sie.

Nach Beendigung des Frühstücks schob John das Tablett zur Seite und bedankte sich bei Michaela.

Michaela strahlte: „Ich habe es selbst gemacht. Leichtgewicht wird euch jetzt zum Baum bringen.“ Sie zögerte einen Moment: „Darf ich mitkommen?“

„Das geht nicht“, sagte John. „Wenn der Deinonychus wirklich der gesuchte Terrorist ist, dann ist er gefährlich.“

Das Mädchen zog einen Schmollmund, akzeptierte aber Johns nein. „Was ist ein Terrorist?“ fragte sie dann.

„So nennt man Leute in meiner Welt, die unschuldige Menschen töten, um ihre Meinungen oder Ansichten durchzusetzen.“

„Ich verstehe! Durch diese Taten verbreiten sie Angst und Schrecken.“

„Du bist ein schlaues Kind. Ja, das ist ihre Absicht. Allerdings versuchen unsere Terroristen Dinotopia zu erobern“, sagte Lukas.

Leichtgewicht gesellte sich zu ihnen und fing an zu grunzen.

„Sie wird ungeduldig. Leichtgewicht meint, dass sie noch anderes zu tun hätte“, übersetzte Michaela.

„Recht hat sie“, gab John zu. „Gehen wir also.“

Leichtgewicht führte sie zwischen den Bäumen hindurch und blieb vor einem der höchsten Redwood-Bäume stehen. Kora und sie führten ein kurzes Gespräch, dann wandte die junge Trics sich ab und trottete davon.

Der Baum befand sich am Rande der Stadt, dicht an einem Abgrund. Von hier hatte man einen guten Überblick über die Landschaft. Am Horizont sahen sie die Ausläufer des Regentals. Am Baum führte ein schmaler Fußweg ins Tal hinunter. Von dort tauchte gerade eine Brachio-Familie auf. Auf dem Baum, auf der untersten Plattform, saßen in Hängekörbe Menschen, wieder andere gingen irgendwelchen Beschäftigungen nach. Als die Brachio-Familie vom Tal heraufkam, hielten die Menschen mit ihren Tätigkeiten inne, um die Familie zu begrüßen. Die erwachsenen Brachs konnten mit ihren langen Hälsen bis weit in die Bäume hinauf reichen, während die drei kleineren Familienmitglieder mit den Menschenkindern am Boden anfingen zu spielen. Einige Menschen brachten Heubündel und reichten sie den großen Brachs, die diese Gabe mit Genuss verspeisten.

Die Freunde sahen ihnen einen Augenblick zu, dann besannen sie sich auf ihre Aufgabe.

„Leichtgewicht hat mir erzählt, dass sie den Deinonychus auf der ersten Plattform gesehen hat. Das war alles. Ich kann euch leider nicht hinauffolgen“, sagte Kora. „Also seid bloß vorsichtig.“

„In Ordnung, Thea und du, ihr wartet einfach hier auf uns“, antwortete Lukas und setzte seinen Fuß auf die erste Stufe der Treppe zur ersten Plattform hinauf. Hier standen drei große Häuser und jeder der Menschen besuchte eines der Häuser und fragte die Besitzer aus.

Der Besitzer des Hauses, den John ausfragte, wusste, dass irgendwo weiter oben ein Deinonychus wohnte.

Weiter hinauf also. John hob den Blick. Der Baum war riesig. Zur zweiten Plattform führte noch eine normale Treppe hinauf, doch danach ging sie in Strickleitern und Stege über. Die Äste wurden größer und breiter und die Plattformen immer verzweigter. Auf jeder stand ein Haus, von jeder Plattform führte eine Leiter zur nächsten. Ein richtiges Labyrinth war so entstanden. Um den Stamm herum gab es in regelmäßigen Abständen große zentrale Plattformen, auf denen sich die Bewohner trafen, um sich zu unterhalten, zusammenzuarbeiten oder um Feste zu feiern. Es sah aus wie ein Bienenstock, und sie mussten jedes Haus absuchen. Johns Blick reichte bis zur 5. Stufe hinaus. Alles, was danach kam, war in dem Blättergewirr des uralten Baumes verborgen.

Einen tiefen Seufzer ausstoßend ging Sheppard zu den anderen und informierte sie. Sie beschlossen, dass es das Beste war, sich aufzuteilen.

John ging auf das erste Haus zu. Vorher ermahnte er die anderen nochmals zur äußersten Vorsicht. Beim ersten Haus begann John seine Fragen zu stellen. So arbeitete er sich durch die 2. Ebene. Also hoch zur 3. Ebene.

Links von sich sah er immer Rhiana zwischen den Häusern auftauchen, doch sie winkte jedes Mal ab. Lukas, der weiter rechts suchte, hatte ebenfalls keinen Erfolg aufzuweisen.

Ein Geräusch lenkte John ab und er blickte zur Seite. Der lange Hals eines der Brachiosaurier erschien neben ihm. Sein Kopf befand sich in Höhe der 3. Ebene. John stieg die steile Treppe aus geflochtenen Seilen hoch. Etwa zwanzig Häuser befanden sich hier. Bei einem dieser Häuser verweilte der Brach und ließ sich füttern.

Sheppard trat zu der Menschenfamilie und bemerkte: „Euer Freund scheint hungrig zu sein.“

Die Familie musterte den Fremden neugierig. Der Mann sagte: „Wolkenschauer und seine Familie besuchen uns oft. Sie leben unten am Fuß des Abhangs. Baumstadt ist nichts für Brachs. Sie leben gerne im Freien. Dort unten gibt es jede Menge Pflanzen und Bäume für den Fall, dass das Wetter schlecht ist. Im Notfall gibt es aber auch bei uns Hallen für Brachs. Hin und wieder hilft uns Wolkenschauers Familie beim Transport von Lebensmitteln und anderen Gegenständen. Dafür bekommen sie von uns gutes Heu, was für alle in der Familie ein Leckerbissen ist.“

John bewunderte den Brach noch eine Weile und fragte dann auch die Familie nach dem Deinonychus aus. „Sein Name ist Igor Scharfklaue. Ihr kennt ihn nicht zufällig?“

„Aber ja“, sagte der Mann zu Johns großem Erstaunen. „Er wohnt in einem kleinen Haus in der 7. Etage. Er ist ein verschrobener Forscher, der sehr zurückgezogen lebt. Weswegen suchst du ihn denn?“

„Er steht in Verdacht ein Spion der abtrünnigen Fleischfresser zu sein“, erklärte Sheppard.

„Igor? Das kann ich mir nicht vorstellen. Er tut keiner Fliege etwas zuleide. Zu Kindern ist er immer sehr nett.“

„Vielleicht tut er keiner Fliege etwas zuleide, aber wenn er der Gesuchte ist, Menschen und Sauriern schon.“

Die beiden Menschen sahen ihn erschrocken an und die Frau zog ihr Kind fest an sich.

„Geht am besten in euer Haus und kommt erst heraus, wenn keine Gefahr mehr besteht“, forderte John sie auf. „Wenn er sich entlarvt sieht, weiß man nie, was er machen wird.“

Die Frau und der Mann verschwanden mit ihrem Kind im Haus, während John zur 7. Etage hochkletterte. Von dem Mann hatte er sich noch das Haus beschreiben lassen und auch, auf welchem Ast es stand.

Die 7. Etage war genau so groß wie die, welche Sheppard gerade abgesucht hatte. Das Haus des Deinonychus sollte das oberste Gebäude rechts von der Treppe sein. Er sah nach oben und erkannte das kleine Haus auf den ersten Blick. Im Gegensatz zu den anderen Häusern hatte es feste Wände mit nur zwei Fenstern. Scharfklaue hatte sich vor dem Blick der anderen verborgen. So konnte er ungestört seinen Geschäften nachgehen. Die anderen Bewohner hatten seine Zugeknöpftheit seiner Verschrobenheit zugeschrieben und sich nichts weiter dabei gedacht. Für John aber gab es jetzt keinen Zweifel mehr – Scharfklaue war der Gesuchte.

Sheppard dachte daran, dass er jetzt Hilfe gebrauchen könnte. Er informierte Rhiana über Funk über seinen Fund und sie versprach, sofort zu kommen. Vielleicht war es jetzt auch an der Zeit, die Sicherheitsbeamten zu holen. Doch er wollte das Haus nicht unbeobachtet lassen. Da tauchte aus dem Haus ein Deinonychus auf. Mit einigen langen und gewandten Sätzen stand dieser vor ihm. Scharfklaue schien die Höhe nichts auszumachen. Im Gegenteil, er bewegte sich mit traumwandlerischer Sicherheit auf den Bäumen umher.

„Suchst du mich?“ Igor musterte Sheppard von oben bis unten mit einem abschätzenden Blick.

Sheppard kam es vor, als überlegte der Deinonychus, ob er eine gute Mahlzeit abgeben würde. Allerdings verwarf er diesen Gedanken gleich wieder. Auch wenn Scharfklaue als Spion für die Abtrünnigen arbeitete, war er doch immer noch ein Zivilisierter.

„Wie kommst du darauf? Warum sollte ich dich suchen?“ fragte Sheppard in unschuldigem Tonfall.

„Mir ist zu Ohren gekommen, dass ein paar Menschen nach mir fragen. Außerdem stehst du schon seit Minuten auf dem gleichen Fleck und beobachtest mein Haus.“

Sheppard beschloss, nicht zu leugnen, schließlich war er in offizieller Funktion hier. „Wir suchen einen verdächtigen Deinonychus, dessen Beschreibung ganz genau auf dich passt.“

„Wir?“

„Die Behörden“, stellte Sheppard klar. „Es wäre das Beste, wenn du mich einfach begleiten würdest, dann können wir die Angelegenheit klären.“

„Und wohin soll ich dich begleiten?“

„Zu den Polizeibehörden natürlich“, erklärte Sheppard.

„Du Narr!“ Scharfklaue versuchte nicht einmal zu leugnen. Blitzschnell packte er mit seinen klauenbewehrten Händen Sheppard am Kragen seiner Uniformjacke und zog ihn zu sich heran. „Glaubt ihr armseligen Kreaturen etwa, uns aufhalten zu können?“

John bekam den Atem seines Gegenübers ins Gesicht geblasen und blickte in dessen aufgerissen Mund mit den langen scharfen Zähnen. Er packte die Arme des Deinonychus und versuchte sich loszureißen. Es gelang ihm zwar sich zu befreien und Scharfklaue von sich zu stoßen, doch dabei verlor er seinen Halt und stürzte nach hinten.

Sheppard stand auf einer der kleineren Plattformen und fühlte, wie er den Boden unter den Füßen verlor und von der Plattform stürzte. Verzweifelt schlug er mit den Armen um sich, um Halt zu finden und bekam ein Seil zu fassen. Es war das Halteseil einer Strickleiter, die nach oben zu einer anderen Plattform führte. Mit beiden Händen packte er zu. Das Seil hielt seinem Gewicht stand und John zog sich nach oben. Gerade, als er sich auf die Sprossen der Leiter zog, stand Scharfklaue über ihn und grinste ihn hämisch an. Die Krallen seiner rechten Hand fuhren nach unten und streiften Johns linken Arm. Der Schmerz fuhr durch seinen Körper und er sah sein Blut fließen. Sheppard hatte jedoch keine Zeit darauf zu achten, der Deinonychus griff erneut an.

Diesmal konnte John den Arm von Scharfklaue packen und von sich weg halten. Zusammen rollten sie die kleine Leiter hinunter und blieben auf einer Plattform liegen. Beim Hin- und Herrollen, versuchte jeder oben liegen zu bleiben.

Sheppard war eindeutig im Nachteil, denn Scharfklaue besaß mehr als die doppelte Kraft wie er und machte seinem Namen alle Ehre. Seine Klauen waren so scharf wie ein Rasiermesser. Außerdem begann sein Arm immer mehr zu schmerzen und er fühlte, wie er durch den Blutverlust schwächer wurde.

Scharfklaue bemerkte das und sein Gesicht begann, sich siegessicher zu verziehen. Ein Schlag traf Johns Magen und er krümmte sich vor Schmerzen zusammen, als die Klauen blutige Spuren auf seinem Bauch hinterließen. Seine letzte Kraft verließ ihn und er begriff, dass dies sein Ende war.

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Kapitel 13 by Selana
Teil 13

Erneut hob der Deinonychus seinen Arm um Sheppard seine Krallen ins Gesicht zu schlagen, da schoss ein Schatten auf ihn zu und schleuderte Scharfklaue durch die Luft und von der Plattform herunter. Er schlug hart auf der unter ihm liegenden größeren Plattform auf und blieb benommen liegen. Scharfklaue bekam jedoch keine Chance sich aufzurappeln, denn er war genau zwischen den Füßen von drei Coelurus gelandet. Das waren 2 m große kleine Fleischfresser, welche gerne als Polizeibeamte eingesetzt wurden, weil sie trotz ihrer geringen Größe sehr kräftig waren. Entfernt ähnelten sie den Straußdinosauriern, doch durfte niemand auf die Idee kommen sie mit diesen zu verwechseln. Coelurus nahmen ihre Aufgabe sehr ernst und ließen nicht mit sich spaßen, wenn man ihren Befehlen nicht gehorchte.

Die drei Dinos packten den sich wehrenden Deinonychus und fesselten ihm mit speziellen Fesseln die Hände und die krallenbewehrten Hinterbeine. Alles Sträuben half Scharfklaue nichts, er war gefangen. Der vierte Coelurus landete mit einem eleganten Satz neben ihnen. Er hatte Sheppard gerettet, als er sich wagemutig an einem Seil durch die Luft schwingend, auf den Deinonychus gestürzt hatte und ihn durch den Schwung von John weg befördert hatte.

Einige der Bewohner hatten inzwischen bei John erste Hilfe geleistet und seine stark blutenden Wunden verbunden. Die Frau, die seine Wunde verbunden hatte, sagte: „Das hilft erst einmal, aber du solltest gleich einen Heiler aufsuchen und die Verletzungen fachmännisch versorgen lassen. Sicher hast du auch Schmerzen.“

Sheppard lächelte die Frau dankbar an. „Ich danke dir, gute Frau. Und ich werde deinen Rat befolgen.“ Er stand auf. Die Blutungen war zwar gestoppt, doch noch immer schmerzte der Arm und die Brust höllisch. John stieg die Leiter zur unter ihm liegenden Plattform hinunter und trat zu den Coelurus. Sie sahen ihm neugierig entgegen.

„Da sind wir gerade noch zur rechten Zeit gekommen“, sagte sein Retter. „Sich mit einem Deinonychus anzulegen, war sehr dumm von dir.“

„Das kann man wohl sagen. Vielen Dank. Woher wusstet ihr davon?“ fragte John.

„Deine Freundin hat uns geholt. Sie meinte, du wärst in Schwierigkeiten“, antwortete der Angesprochene.

„Da hat sie Recht gehabt“, John sah sich um und sah Rhiana auftauchen.

„John!“ rief sie. Sie sah seine Bandagen. „Bei den Ahnen, was ist passiert?“

„Dank dir nur Fleischwunden“, sagte John erleichtert. „Du hast wieder einmal mein Leben gerettet.“

„Gern geschehen.“

Sheppard sah Scharfklaue an. „Wir werden euch besiegen.“

„Pah! Den Predator könnt ihr nicht besiegen.“

„Wer ist er? Sicher ein dummer T-Rex“, meinte John abfällig und hoffte, dass Scharfklaue in seiner Wut etwas ausplaudern würde, dass ihnen half. Doch der Deinonychus war schlau.

Scharfklaue lächelte nur siegessicher und meinte: „Du glaubst doch nicht, dass ich darauf hereinfalle und dir etwas erzähle?“

Sheppard zuckte mit den Achseln. „Es war ein Versuch wert.“

„Wir werden den Gefangenen zum Verwaltungsbaum bringen. Und du sollest unseren Heiler aufsuchen. Kennst du den Weg?“ fragte einer der Coelurus ihn.

„Nicht genau.“

„Dann begleite uns. Wir bringen dich hin.“

John folgte den Beamten und ihrem Gefangenen nur zu gern. Langsam wurde ihm vor Schmerzen und Blutverlust ganz schwindelig.

Am Boden wartete schon Lukas, Kora und Thea auf ihn. „Da bist du ja! Wir haben uns schon große Sorgen gemacht ...“ Lukas verstummte, als er Johns Bandagen sah. „Was ist mit dir passiert? Du bist ja verletzt.“

„Scharfklaue wollte mich aufschlitzen. Doch die Beamten, die Rhiana aufgetrieben hat, haben mich gerettet. Sie bringen mich zum nächsten Heiler.“

Inzwischen hatten die vier Beamten den Deinonychus in den Käfigwagen gesperrt, der von einem Triceratops gezogen wurde. Dann wandte sich einer der Saurier an Sheppard. „Es ist nicht weit zum nächsten Heiler. Trotzdem solltest du dich auf einen der Para setzen.“

Thea stellte sich sofort zur Verfügung. So konnte Sheppard sich mithilfe des Coelurus in den Sattel setzen und sich an dem großen Haltebügel festhalten. Der Beamte ging voran und hielt nur etwa hundert Meter weiter an einem mittelgroßen Baum an.

Seine Hand zeigte nach oben. „Auf der zweiten Plattform direkt am Stamm ist seine Praxis. Ich helfe dir die Treppe hinauf.“ Der Coelurus half John aus dem Sattel und führte ihn die große Treppe nach oben. Wie üblich in Baumstadt gab es auch in der Heilerpraxis keine Tür.

„Joseph, ich bringe dir einen Patienten!“ rief der Beamte in den Raum hinein.

Augenblicklich erschien in Mensch in mittleren Jahren im Eingang. Er warf einen Blick auf Sheppards Verband. „Was ist passiert?“

„Ein Deinonychus wollte ihn aufschlitzen“, sagte der Polizist.“

„Wieso das?“ fragte der Heiler entgeistert.

„Eine lange Geschichte. Du solltest dem Menschen lieber helfen, sonst kippt er noch um“, fügte der Coelurus-Beamte hinzu.

Tatkräftig packte der Heiler zu und zog John in seine Haus hinein. „Komm, mein Junge und setz dich.“

Sheppard gehorchte und ließ den Heiler seine Arbeit machen. Nachdem er ein starkes Schmerzmittel bekommen hatte, der Heiler seine Wunde genäht und verbunden hatte, ging es ihm gleich besser.

„Er kommt doch sicher wieder in Ordnung?“ fragte Rhiana, die der ganzen Prozedur besorgt zugesehen hatte.

„Aber ja, Kindchen“, meinte der Heiler gut gelaunt und beendete seine Arbeit. „So, so gut wie neu.“

John bedankte sich bei dem Heiler freundlich.

Der Beamte hatte sich zurückgezogen und Sheppard aufgefordert zum Verwaltungsbaum nachzukommen. Er würde noch einige Fragen beantworten müssen und John hatte versprochen zu kommen.

Nachdem ihn der Heiler entließ, kehrten Rhiana und er zu den anderen zurück, die am Fuß des Baumes warteten. „Bist du in Ordnung?“ rief ihm Lukas zu.

„Ja, ja! Es ist halb so schlimm. Wir müssen nochmals zum Verwaltungsbaum zurück.“

Gemächlich trabten sie dort hin. Thea trug John und Rhiana lief neben her. Am Ziel gingen sie die breite Treppe hinauf. Die Gefängniszellen lagen gleich in der ersten Etage und zu Sheppards Überraschung fand er dort David Scott vor.

„John!“ begrüßte David ihn. „Ich habe gehört, dass du verletzt wurdest. Wie geht es dir?“

„Dank dem Heiler wieder besser. Es ist nur halb so schlimm.“

„Da bin ich aber froh. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dich dieser Gefahr ausgesetzt zu haben.“

„Ich habe es freiwillig gemacht. Und vergiss nicht, dass ich dem Militär angehöre und schon ganz andere Sachen gemacht habe. Dieser Einsatz war nicht der Rede wert. Wir hatten Erfolg und Scharfklaue wird sicher Reden.“

„Das wird nicht nötig sein“, sagte David und lächelte. „In Schluchtenstadt hatten wir auch Erfolg und den Spion geschnappt. Jetzt sind wir dabei eine große Expedition auszurüsten.“

„Eine Expedition? Wohin?“ fragte Lukas neugierig.

„In das Regental natürlich. Wir wollen den Predator aufspüren und ihn unschädlich machen.“

Lukas erstarrte. Welch kühner Plan! Ohne zu zögern, sagte er: „Kora und ich kommen natürlich mit.“

David sah ihn erstaunt an. „Das ist viel zu gefährlich. Wir suchen erfahrene Polizeibeamte, die uns freiwillig begleiten wollen.“

„Kora und ich gehören zwar nicht zur Polizei, aber wir kennen uns im Spurenlesen aus. Zudem beherrscht Kora einige Sprachen der Fleischfresser.“

„Na schön! Wenn ihr unbedingt wollt. Wir können jede Hilfe gebrauchen“, sagte David.

„Von wo aus startet die Expedition?“ erkundigte sich John. „Feuerwolke und ich werden uns natürlich anschließen.“

„Thea und ich auch“, fügte Rhiana hinzu.

„Auf euch beide hatte ich natürlich gehofft. Wir ziehen unsere Leute zusammen und starten von hier aus. Das Regental ist nicht weit entfernt.“

„Das stimmt. Und wann geht es los?“

„Bis alle hier sind, werden einige Tage vergehen. Also hast du genug Zeit, um dich auszuruhen und auch um deinen Verletzungen ein paar Tage Ruhe zu gönnen.“

„Sehr schön“, sagte John. „Und wenn niemand etwas dagegen hat, werde ich jetzt Feuerwolke besuchen. Sie wird sich sicher schon Sorgen machen.“

„Ich komme mit“, sagte Rhiana.

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Kapitel 14 by Selana
Teil 14

Die Zusammenkunft

Die Atlanter unter Major Lornes Führung, erreichten Heidesaum einen Tag später mithilfe eines Luftschiffes, dass zwischen der Hauptstadt und den größeren Städten Heidesaum, Füllhornstadt und Baumstadt verkehrten. Der Zeppelin war die beste Alternative zu Reisen mit den großen und langsameren Brachs oder den Parasaurolophus. Die Paras, sie sahen wie übergroße Kängurus aus, waren zwar schneller, als die Brachs, aber um die drei Städte am Rande der Nördlichen Tiefebene zu erreichen, musste man quer durch das Regental. Oder man machte einen riesigen Umweg.

Major Lorne entschied jedoch, dass sie so schnell wie möglich zu Sheppard und Rhiana gelangen mussten. So hatte der Bürgermeister eine Reise im Luftschiff angeboten, was die Atlanter dankend annahmen.

McKay saß an einem Fenster und blickte nach unten, als der Zeppelin mit gleich bleibender Geschwindigkeit über die unüberschaubaren Wälder des Regentals flog. Dort sollte es noch lebende T'Rexe geben. McKay schauderte bei dem Gedanken, einem dieser Ungeheuer gegenüber zu stehen. Dann schaute er noch lieber einem Wraith ins Auge.

Oder noch besser: Er mied beide.

Die Wraith waren in Dinotopia unbekannt. Zumindest hatte noch keiner einen gesehen. Und es gab auch keine Legenden über sie. Wenn Dinotopia wirklich auf der Erde lag, in einer parallelen Erde oder einer anderen Dimension, war dies auch nur zu verständlich. Die Wraith kannten die Milchstraße nicht.

Sie erreichten Heidesaum am Abend, als gerade die Sonne unterging. Dort erfuhren sie, dass Colonel Sheppard und seine Begleiter sich vor zwei Tagen auf den Weg nach Baumstadt gemacht hatten, um einen Spion der Fleischfresser ausfindig zu machen.

Typisch Sheppard, dachte Lorne. Immer bereit anderen zu helfen, ohne Rücksicht auf sich selbst. Nun gut, dann würden sie eben auch nach Baumstadt reisen. Am anderen Morgen brachen sie auf. Diesmal auf dem Rücken von Paras, von denen fast alle die Menschensprache sprachen und McKay damit jedes Mal verblüfften. Rodney erschrak noch immer, wenn einer der Saurier ihn ansprach.

Nach Baumstadt waren es nur etwa 10 Kilometer. Die Paras legten die Strecke in einem halben Tag zurück. Doch in Baumstadt, einer der ungewöhnlichsten Städte, die Lorne je gesehen hatte, erfuhren sie, dass sie den Colonel um einen Tag verpasst hatten.

Sie hatten aber auch ein Pech!

Sie erfuhren, dass sich in Füllhornstadt die größte Armee versammelte, die Dinotopia je aufgestellt hatte. Ein Feldzug gegen die Abtrünnigen im Regental begann. Es würde nicht leicht sein, eine Blockade um das Regental aufzustellen, doch jeder Mann, jede Frau und jeder Saurier in Dinotopia, die gesund und nicht zu gebrechlich waren, beteiligten sich daran. Ein großer Ring würde sich um das ganze Regental ziehen und die Fleischfresser einschließen.

Nach einer kurzen Pause reisten die Atlanter weiter. Diesmal mussten sie 20 Kilometer zurücklegen, eine Entfernung, die sie heute nicht nicht mehr zurücklegen konnten. Also wurde am Abend ein Lager aufgeschlagen.

Am anderen Morgen ging es früh weiter. Es war später Vormittag, als sie ihr Ziel erreichten. Vor ihnen setzte sich die Armee gerade in Bewegung. Ohne zu zögern, schlossen sich die Atlanter der Menge an. Mit ihren beweglichen Paras kamen sie schneller voran, als die langsameren Hadrosaurier oder die großen Horndinosaurier. Jeden, den sie überholten, fragten sie nach Sheppard und Rhiana.

An den Grenzen des Regentals flogen Flugstaffeln Patrouille, um zu verhindern, dass noch weitere Angriffe auf die Bevölkerung des Inselstaates geschahen. Den Befehl über die Flugstaffeln führte Oolu, David Scotts alter Lehrer. David war sein Stellvertreter. Den Befehl über die Bodentruppen hatte General Woba, ein alter und erfahrener Mensch. Allerdings hatte er noch nie eine richtige Armee anführen müssen. Bisher waren es nur Einsätze auf Paraden und Umzügen gewesen. Dies würde eine ganz andere Herausforderung für General Woba sein.

Als die Bodentruppen, angeführt von einigen alten erfahrenen Brachiosauriern und ihren Reitern, sich in Bewegung setzte, wurden sie von den Zurückbleibenden auf den ersten Kilometern begleitet und jeder wünschte ihnen Erfolg und glückliche Heimkehr. Das bedeutete aber auch, dass die Fleischfresser im Regental nun informiert waren, wenn das nicht schon längst von ihren Spionen geschehen war.

Eine Armee, angeführt von den riesigen Brachiosauriern und den Horndinosauriern war nicht zu übersehen. Sie boten aber den kleineren Dinosauriern und den Menschen Schutz, denn wenn es den riesigen Fleischfressern wie T-Rex, Spinosaurier oder Allosaurier einfallen sollte, sie zu überfallen, waren sie ein perfekter Schutzwall. Doch das Ziel war, den Fleischfressern alleine durch ihre Belagerung des Regentals Furcht einzujagen und sie zur Aufgabe zu zwingen.

Lukas mit Kora und Rhiana mit Thea fanden sich mitten in den Bodentruppen wieder. Hier gab es noch viele Paras mit ihren Reitern. An der Flanke wurden sie von den Casmosauriern und ihren Verwandten beschützt. Dazu kamen noch Fleischfresser der kleineren Arten, die sich dem Leben in der Gemeinschaft Dinotopias angepasst hatten und ihre wilden Verwandten verachteten. Auch wenn diese Fleischfresser nicht so groß waren wie die Rexe und ihren Verwandten, so waren sie doch allein durch ihre Zähne und Klauen ernst zu nehmende Gegner. Allerdings wollten alle nur in äußerster Not tödliche Waffen einsetzen. Noch hofften alle, dass es eine friedliche Lösung geben würde. Die meisten glaubten alleine durch ihren Aufmarsch, die Abtrünnigen zur Aufgabe zwingen zu können.

Rhiana befürchtete jedoch, dass solange der Predator in Freiheit war, dies eine vergebliche Hoffnung war. Deshalb war beschlossen worden eine kleine Gruppe loszuschicken, um den Predator zu fangen.

Da horte Rhiana, wie jemand ihren Namen rief und drehte sich um. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Dort saßen doch tatsächlich McKay, Teyla, Ronon, Major Lorne und einige Soldaten aus Atlantis auf Paras und winkten ihr zu.

„Thea, dreh um“, rief sie ihrer Sauriergefährtin zu. „Dort sind Freunde aus meiner Heimat.“

Thea drehte sich um und trug Rhiana leichtfüßig zu ihren Freunden hinüber. Teyla umarmte ihre Freundin herzlich über den Rücken ihres Paras hinweg. Auch den anderen stand die Freunde ins Gesicht geschrieben, sie endlich gefunden zu haben.

„Wo kommt ihr denn auf einmal her?“ fragte Rhiana, als sich die Freude über das Wiedersehen erst einmal gelegt hatte.

„Das ist eine lange Geschichte“, erklärte Lorne. „Wo ist Colonel Sheppard.“

„Ja, das würde mich auch interessieren“, sagte McKay. „Lass mich raten! Mitten im Getümmel.“

„Nicht ganz“, Rhiana zeigte schmunzelnd in den Himmel.

Alle Blicke richteten sich nach oben. Doch dort waren nur die Flugsaurier zu sehen, die am Himmel kreisten und die Armee begleiteten. Zusammen mit ihren Reitern.

Lorne stockte der Atem. Der Colonel konnte doch nicht so verrückt sein!

Doch wenn er es richtig überlegte …

McKay hatte es noch nicht ganz begriffen. „Dort sind nur die Flugsaurier.“

„Richtig, und auf einem von ihnen fliegt John“, erklärte Rhiana leichthin.

„Das ist ein Scherz! Nein, du scherzt nicht“, McKay wurde blass, als er sich vorstellte, wie es sein musste, auf so einem Ding zu fliegen. „Oh Mann! Ich wusste ja, dass Sheppard verrückt ist, aber so …“

„Er ist nicht verrückt“, verteidigte Rhiana ihren Freund. „Er fliegt halt gerne.“

„Aber das ist ein Flugsaurier! Er lebt, fliegt, macht Loopings und all das verrückte Zeug!“ rief McKay entsetzt.

„Richtig und sie kann sich mit John telepathisch unterhalten.“

„Das ist fantastisch“, sagte Teyla und blickte schwärmerisch nach oben. „Das muss ein unbeschreibliches Gefühl sein.“

„Ja, ein Gefühl, dass bei mir sofort einen Herzinfarkt auslösen würde“, schrie McKay. „Eines könnt ihr mir glauben, selbst wenn jetzt hundert Wraith auftauchen würden, mich würdet ihr nie auf so ein Ding bekommen.“

„Rodney, niemand wird das von dir verlangen“, beruhigte Rhiana den aufgeregten Wissenschaftler. „John wird bald kommen. Er fliegt mit den anderen Patrouille.“

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Kapitel 15 by Selana
Teil 15

Während die Bodentruppen sich langsam dem Regental näherten, hatten die Flugsaurier das Grenzgebiet schon erreicht. Sheppard und Feuerwolke gehörten zu einer Staffel, die das Regental überflogen.

Sheppard warf einen Blick zurück. Dort lag die Sicherheit, unter ihnen die Gefahr. Noch nie hatte Feuerwolke das Regental direkt überflogen. Stets war sie in weitem Bogen darum geflogen oder höchstens am Rand entlang, auch wenn das immer einen Umweg bedeutet hatte. Sicherheit und Einhaltung des Vertrages waren immer vorrangig gewesen. Doch nun lag der Wald unter ihnen. Etwas beängstigen war das schon.

Sheppard spürte, dass es Feuerwolke ähnlich ging, doch sie versuchte, ihn zu beruhigen. „Keine Sorge, John. Wir sind schließlich nicht alleine.“

Ein Blick neben sich bestätigte Feuerwolkes Gedanken. Da flogen David und Blitz, Iris mit Schneeflocke, sowie andere aus der Einheit. Johns Blick traf sich auch mit dem von Iris und in den Augen der älteren Frau las er dieselbe Besorgnis, gleichzeitig nickte sie John aber beruhigend zu und machte das Siegeszeichen mit der Hand. Sheppard gab das Zeichen grinsend zurück. Er hatte schon viele Kampfeinsätze geflogen, allerdings noch nie mit einem Flugsaurier.

Nach längerem Flug über dem Wald entstand vor ihnen Unruhe. David flog nach vorne, um nachzusehen und Sheppard schloss sich ihm an. Vor ihnen begannen die Flugsaurier zu kreisen und John sah unter sich eine große Lichtung liegen. Dort hatte sich eine große Gruppe Fleischfresser aller Größen und Rassen versammelt. In der Mitte stand ein großer T-Rex und brüllte seine Leute an. Zumindest hörte sich das für John so an.

„Ob das der Predator ist?“ fragte David.

„Das wäre zu einfach“, antwortete John, der die Worte gehört hatte. „Du glaubst doch nicht, dass dieser sich so einfach hier hinstellt, wo ihn alle sehen könnten?“

„Wir befinden uns mitten im Regental. Sie haben bestimmt nicht damit gerechnet, dass wir sie angreifen“, meinte David.

„Das glaubst du doch nicht selbst? Sie wissen schon lange, dass wir kommen. Ihre Spione sitzen überall.“

In diesem Moment hörte der T-Rex auf zu brüllen und sah nach oben. Man hatte sie entdeckt. Nun begann das Gebrüll erst recht. Alle Fleischfresser fingen gleichzeitig an zu rufen und zu lärmen.

David sah sich um. „Oolu will mit ihnen sprechen. Eine Gruppe landet mit weißer Fahne.“

Johns Blick folgte Davids ausgestreckter Hand, wo gerade Oolu mit Wolkengleiter und drei weiteren Paaren landeten. Sie sahen, wie Oolu die weiße Fahne schwenkte und mit seinen menschlichen Begleitern auf die Saurier zuging.

„Ist das nicht leichtsinnig?“ fragte John.

„Sie stehen im Schutz der weißen Fahne“, sagte Iris. „Nicht einmal die Fleischfresser im Regental haben das bisher ignoriert.“

In diesem Moment geschah das Unglaubliche. Der T-Rex in der Mitte stieß ein Gebrüll aus und alle Fleischfresser stürzten sich auf die Menschen und ihre Flugsaurier. Diese wurden von dem Angriff total überrascht und hatten keine Möglichkeit auszuweichen. Hilflos mussten die in der Luft gebliebenen zusehen, wie zwei der Menschen und einer der Flugsaurier getötet wurden. Die übrigen Menschen, unter ihnen Oolu, wurden gefangen genommen. Zwei der Flugsaurier schafften es, sich in die Lüfte zu schwingen, doch nur Wolkengleiter, Oolus Flugsaurier gelang es zu fliehen. Der andere Saurier wurde von einem großen Spinosaurier regelrecht aus der Luft geholt, bevor er hoch genug war, um außer Reichweite seiner riesigen Hände zu sein.

John Sheppard und seine Freunde erholten sich nur langsam von dem Schock. Alles war so schnell gegangen. Jetzt hoben alle Abtrünnigen unten die Arme und stimmten ein Siegesgeschrei an.

„So nicht! Nicht so schnell!“ rief John nach unten. „Das nützt euch nichts!“

„Das ist ungeheuerlich!“ rief Iris dazwischen. „Noch nie in der Geschichte von Dinotopia wurde die weiße Fahne ignoriert.“

Plötzlich wurde sich David bewusst, dass ihn alle anstarrten, aber erst, als Iris sagte: „Sie erwarten Befehle von dir“, wurde ihm bewusst, dass nach Oolus Ausfall, er der Befehlshaber der Fliegerstaffeln war.

Doch als er die besorgten Blicke der anderen sah, begriff er, dass es Zeit war, zu handeln. „Wir dürfen Oolu und die anderen Gefangenen nicht aus den Augen verlieren. Ein paar von uns werden ständig über ihnen kreisen, um zu sehen, wohin sie ihn und die anderen bringen. Ich selbst fliege zurück, um mich mit General Woba zu besprechen. Durch diesen gemeinen und hinterhältigen Angriff lassen wir uns nicht aufhalten.“

„Was wird mit Oolu und den anderen Gefangenen?“ fragte John. „Ich lasse keinen Freund zurück.“

„Wir werden alles tun, um sie zu retten“, antwortete David. „Aber notfalls werden wir sie opfern müssen. Es geht um ganz Dinotopia. Der Angriff auf die weiße Flagge ist eine offene Kriegserklärung.“

„Das ist die Blockade auch.“

Ein paar der Flieger meldeten sich freiwillig, die Spur von Oolu nicht zu verlieren. John hatte jedoch den Verdacht, dass sie Oolu im dichten Blätterdach bald aus den Augen verlieren würden, sagte jedoch nichts.

David befahl den Zurückbleibenden äußerst vorsichtig zu sein und auf keinen Fall zu landen. Dann kehrte er mit dem Rest der Gruppe zurück zu der Hauptarmee, die von General Woba angeführt wurde.

Als David erklärte, was passiert war, herrschte zuerst großes Schweigen, und Entsetzen machte sich auf vielen Gesichtern breit.

Sheppard begriff, dass den meisten nun erst aufging, auf was sie sich eingelassen hatten. Bisher hatten sie es als eine Art Sonntagsausflug angesehen und erwartet, dass die Fleischfresser bei ihrem Anblick sofort aufgaben. Nun aber hatte es die ersten Toten gegeben.

David wusste, dass er etwas sagen musste: „Freunde! Wir werden das Geschehen nicht einfach hinnehmen sondern unsererseits den Angriff starten.“

„Und was schlagen Sie vor?“ fragte General Woba gespannt.

„Wie wäre es, wenn wir eine kleine Truppe zusammenstellen und versuchen den Predator zu fangen. Wenn er ausfällt, bricht alles zusammen. Da bin ich mir sicher.“

General Woba rieb sich das Kinn. „Eine ausgezeichnete Idee. Aber wie?“

„Ich habe eine Idee“, sagte John. „Gebt mir jemanden mit, der sich im Regental auskennt, und ich fange euch den Predator. Mit solchen Einsätzen kenne ich mich aus.“

„Aber das wird gefährlich“, meinte der General.

„Das ist meine Sache“, sagte John.

Woba sah ihn an. „Ich kenne da die richtige Person.“

John verabschiedete sich. Er wollte zu Rhiana zurückkehren. Er fand sie schließlich inmitten einer Gruppe von Menschen sitzen. Sheppard zuckte zusammen. Das konnte doch nicht sein!

Feuerwolke flieg noch eine Runde über Rhiana. Ich glaube, die Menschen da unten sind meine Freunde aus Atlantis.

Wie du möchtest, John.

Dicht über den Köpfen der Menschen flog Feuerwolke dahin. Deutlich konnte John sehen, wie McKay vor Schreck sein Essen fallen ließ und einen Satz in die Luft machte. Bei diesem Anblick grinste John schadenfroh. Er wusste zwar nicht, woher seine Freunde so plötzlich kamen, aber es tat gut, sie zu sehen und McKay etwas zu ärgern.

Es sind meine Freunde, Feuerwolke. Setz mich bitte bei ihnen ab.

Elegant setzte der Quetzi zur Landung an und John sprang mit einem Satz von ihrem Rücken und lief zu seinen Freunden. Die Wiedersehensfreude war groß und die Umarmungen herzlich.

Nur McKay machte ein betretenes Gesicht. Warum musste Sheppard denn ausgerechnet ihn immer ärgern?

Lorne erzählte Sheppard, was passiert war. Sheppard hörte gespannt zu. „Wir können also nach Hause zurück, Sir“, beendete Lorne die Erzählung.

„Hm!“ Sheppard überlegte nachdenklich. „Ich möchte die Rückkehr noch verschieben. Unsere neuen Freunde könnten Hilfe gebrauchen.“

McKay war der Einzige, der lautstark protestierte, doch er wurde überstimmt und so wurde beschlossen, erst nach Ende des Feldzuges nach Atlantis zurückzukehren.

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Kapitel 16 by Selana
Teil 16

Kampf um Dinotopia

Langsam drückte Tabor mit seiner krallenbewehrten Hand das Geäst zur Seite, um besser sehen zu können. Sheppard und Rhiana lagen reglos neben ihn. Drei Tage dauerte die Belagerung des Regentals inzwischen. Immer wieder gab es kleine Geplänkel und leider auch Tote auf beiden Seiten.

Tabor war ein Raubsaurier, ein 1,80 m langer Raptor mit dunkelgrüner Hautfarbe, eine ideale Tarnung im Regental, wo er öfters als Spion für die Zivilisierten arbeitete. Auch sie hatten Spione bei den Abtrünnigen.

Die Aufgabe, der drei war, den geheimnisvollen Predator ausfindig zu machen, und wenn möglich auszuschalten.

Als Raptor konnte Tabor aufrecht gehen, Rhiana und John dagegen, mussten bei diesem Einsatz auf die kleinen Tarnschilde zurückgreifen, wenn es gefährlich wurde. Ein idealer Auftrag um die winzigen Tengwar-Geräte zu testen. Bisher hatten sie hervorragend funktioniert. Im Moment drohte keine Gefahr und so hatten sie die Geräte nicht eingeschaltet.

„Hast du etwas entdeckt?“ flüstere John.

„Sieh selbst“, gab Tabor zurück.

John blickte zwischen der Greifhand Tabors vorbei und sah einen Höhleneingang in der Felswand vor ihnen. Raubsaurier der unterschiedlichsten Arten gingen ein und aus.

In Johns Kopf meldete sich eine Stimme: „Meister Oolu befindet sich in eurer Nähe! Ich kann seine Gedanken spüren.“

„Danke, Feuerwolke“, antwortete John in Gedanken. Er wusste, dass über ihnen die Fliegerstaffeln kreisten. Feuerwolke begleitete sie ohne Reiter und horchte dabei auf jeden von Johns Gedanken. Das taten sie seit der Belagerung, um die Aktionen des Feindes zu überwachen. Es durfte nicht geschehen, dass die Abtrünnigen unbemerkt eine Armee zusammenzogen und sie überraschend angriffen.

Die Belagerung des Regentals hatte die Abtrünnigen überrascht. Damit hatten sie nicht gerechnet. Und noch immer kamen aus allen Teilen Dinotopias Menschen und Saurier und verstärkten den Belagerungsring. Die Abtrünnigen ihrerseits bekamen keine Verstärkung, weil die Blockade keinen in das Regental hinein oder hinaus ließ. Sie konnten den Ring zusammenziehen und die Abtrünnigen vernichten, doch das würde ein großes Blutbad bedeuten und das wollte General Woba verhindern oder wirklich nur als letzten Ausweg einsetzen.

Da die Fliegerstaffeln ein alltäglicher Anblick geworden war, fiel es nicht auf, dass diese Gruppe Feuerwolke nur zur Tarnung begleitete. Als einziger Flieger war er in der Lage, die Gedanken von Menschen und Sauriern zu lesen, wenn er sich auf die Person konzentrierte. Das klappte sogar aus großer Entfernung.

Tabor und John sahen sich an. „Also ist Oolu in der Höhle, vielleicht auch die anderen Gefangenen“, sagte John.

„Es ist aber unsere Aufgabe den Predator zu finden und nicht die Gefangenen“, warf Tabor ein.

„Was aber nicht heißen soll, dass wir nicht das Versteck der Gefangenen ausfindig machen können“, sagte John. Er strich sich über sein dunkles kurzes Haar. „David Scott kann sie mit der Flugstaffel befreien.“

„Was aber bedeutet, dass wir die Höhle vorher auskundschaften müssen. Ich gehe hinein.“ Tabor machte sich bereit zu gehen.

John hielt ihn an einem Arm fest. „Ich komme mit.“

„Nein!“ Tabor sah ihm tief in die Augen. „Das ist zu gefährlich.“

„Wir schalten die Tarnschilde ein“, fügte Rhiana hinzu. So wollte ebenfalls nicht zurückbleiben.

„Erst kundschafte ich die Höhle aus. Wenn jemand auf euren Schild läuft, seid ihr enttarnt. Ich bleibe nur kurz und komme gleich wieder zurück.“

Widerstrebend stimmte John zu. „Ich gebe dir eine halbe Stunde. Dann kommen wir nach.“

„In Ordnung“, meinte Tabor und schlug seinem menschlichen Begleiter aufmunternd auf die Schulter, schob sich aus dem Gras und erhob sich dann vorsichtig auf dem dunklen Waldweg. Dieser war nur schmal und schlängelte sich zwischen den Bäumen des Urwalds hindurch. Immer wieder tauchten dort Abtrünnige auf, die sich zur Höhle begaben.

„Gute Beute, Bruder“, grüßte ihn ein Raptor mit wildem Aussehen. Im Gegensatz zu den Zivilisierten gingen die Abtrünnigen im Regental nackt umher. Tabors Gegenüber trug nur einen breiten Gürtel mit Taschen daran, und über den Schultern eine große Armbrust. Sein linkes Auge schien zu fehlen, denn er trug eine schwarze Augenklappe.

Tabor war stolz auf seine Vorfahren, die es geschafft hatten, der Barbarei abzusagen und nützliche Mitglieder der dinotopischen Gesellschaft zu werden. Der Rückfall der Abtrünnigen in die Urzeit entsetzte Tabor und er würde alles tun, um dies zu beenden. Vorher waren die Regental-Bewohner zwar nicht gerade friedlich gewesen, aber sie hatten sich an den Vertrag gehalten und waren in ihrem Gebiet geblieben. Dieses wiederum wurde von den Dinotopiern anerkannt. Obwohl Tabor die Abtrünnigen hasste, hatte er sich für diese Mission ihrem Aussehen angepasst und trug kaum Bekleidung.

Natürlich hatten sich John und Rhiana darüber lustig machen müssen.

„Gute Beute!“ knurrte Tabor zurück. Er kannte den Gruß der Abtrünnigen.

Der fremde Raptor musterte ihn neugierig. „Kommst du auch zur Versammlung, Bruder? Ich habe dich noch nie hier gesehen.“

„Ja, ich war noch nie hier. Ich komme direkt aus Füllhornstadt und möchte mich unserem Kampf anschließen. Zum Glück bin ich noch hereingekommen, bevor die Zivilisierten den Belagerungsring geschlossen hatten. Schon lange verachte ich die so genannte Gesellschaft und ihr Getue und habe nur auf eine passende Gelegenheit gewartet“, log Tabor dem anderen frech ins Gesicht.

Der andere schien ihm zu glauben. „Diese Gelegenheit hast du hier. Tod allen Feinden! Wir werden sie vernichten.“

„Tod allen Feinden!“ wiederholte Tabor die Parole.

Er folgte seinem neuen Freund, der ihn bereitwillig in die Höhle führte. Diese entpuppte sich zu seiner Überraschung jedoch nicht als Höhle sondern als Durchgang in ein kleines Tal. In dem Tal wimmelte es nur so von Raubsauriern aller Rassen und Größen. Tabor war froh, dass die beiden Menschen zurückgeblieben waren. Das Gewimmel war einfach zu groß.

Im Zentrum des Tales stand eine große Hütte. Dort wurden bestimmt die Gefangenen festgehalten, so fern sie wirklich hier waren. Sein Blick nach oben zeigte ihm, warum die Fliegerstaffel das Tal bisher nicht entdeckt hatte. Ein riesiges Netz war über das ganze Tal gespannt worden und mit Blättern und Ästen abgedeckt. Von oben sah es dadurch, wie ein normales Blätterdach aus.

Tabor fragte sich, wie viele solche unentdeckter Verstecke es noch im Regental gab.

Ein Überraschungsangriff durch das Netz sollte aber möglich sein. Tabor wollte seine Entdeckung seinen Freunden mitteilen. Solange er seinen neuen Freund nicht los wurde, war aber nicht daran zu denken.

Die nächsten Minuten suchte er fieberhaft nach einer Möglichkeit den lästigen Raptor abzuschütteln, doch die kam erst, als sein Begleiter Freunde entdeckte und zu ihnen lief, um sie zu begrüßen. Tabor blieb unauffällig stehen. In dem Gedränge war es nicht verwunderlich, wenn sie sich aus den Augen verloren.

Schnell drehte Tabor sich um und hastete zum Ausgang zurück. Er wollte zurück zu John und Rhianas Versteck. Die halbe Stunde war fast um, und sicher würde John gleich aufbrechen, um ihn zu suchen. Ein paar schnelle Sätze, Raptoren waren ungeheuer schnell, und er stand in dem Höhlengang. Tabor lief zum Ausgang und sah sich um. Im Moment kam niemand zur Höhle oder verließ diese. Die Gelegenheit war günstig.

Mit einem gewaltigen Satz sprang Tabor ins Unterholz und verschmolz mit der Umgebung. Uralte Sinne erwachten in ihm. Er entdeckte die Menschen im alten Versteck, die Straße und die Umgebung beobachtend.

Ein Satz brachte ihn neben die Menschen und John fuhr erschrocken herum, atmete aber erleichtert auf, als er Tabor erkannte.

„Wenn ich ein Abtrünniger wäre, wärt ihr beide jetzt tot. Ihr seid leichtsinnig.“

„Du hast mich nur überraschen können, weil du wusstest, wo ich mich befand“, verteidigte sich John. „Hast du etwas entdeckt?“

„Und ob!“ Tabor begann zu erzählen. Nachdem er geendet hatte, meinte er: „Und nun musst du Feuerwolke informieren. Das Flattervieh soll Hilfe holen.“

„Flattervieh?“ fragte John amüsiert. Der Raptor war echt cool.

„Na, ja! Ist sie doch, oder? Und nun halt deinen Mund, und konzentriere dich.“

John tat wie verlangt und schloss die Augen. Er stellte sich Feuerwolke in Gedanken vor, wie sie umringt von ihren Freunden über ihm ihre Kreise zog. Nach kurzer Zeit bekam er Kontakt. Schnell erklärte John Feuerwolke, was er sich ausgedacht hatte. Feuerwolke fand die Idee gut und versprach, so schnell wie möglich mit Verstärkung zurückzukommen und brach den Kontakt ab.

„Ich hoffe deine Freundin Feuerwolke ist auf Zack. Es ist besser, wenn ich zurückgehe“, sagte Tabor.

„Diesmal begleiten wir dich aber“, meinte John.

„Hast du nicht gehört, was ich sagte? Es sind zu viele.“

„Mein lieber Freund! Wir gehen das Risiko ein und lassen dich nicht noch einmal alleine in die Höhle des Löwen gehen.“

Tabor sah das Menschenpaar an. Er konnte die Entschlossenheit in dem Menschengesicht genau erkennen und wusste, dass er John nicht umstimmen konnte, und so gab er widerstreben nach. Hoffentlich kam Feuerwolke bald mit der Verstärkung zurück.

Sie sahen zum Höhleneingang, doch alles war ruhig. Die Gelegenheit war günstig. John und Rhiana schalteten ihre Tarnschilde ein und wurden unsichtbar. Schnell schlichen sie bis zum Eingang der Höhle und spähten hinein.

Niemand zu sehen. Eilig durchquerten sie den Gang und blickten in das Tal hinab. Die Sonne stand hoch am Himmel, wurde jedoch durch das Netz über ihnen abgeschwächt.

Langsam schlenderten sie durch das Tal. Dabei bemühten sich John und Rhiana einen weiten Bogen um jeden Saurier zu machen, damit niemand auf sie drauf laufen würde. Bei dem Betrieb im Tal, war das nicht einfach. Mehr als einmal konnte sie gerade noch verhindern, dass sie entdeckt wurden.

Ihr Ziel war die Hütte, in der sie die Gefangenen vermuteten. Schließlich erreichten sie unbehelligt die Hütte und atmeten erleichtert auf. Die Hütte wurde von einem großen Allosaurier bewacht. Er bemerkte nur Tabors Neugierde, die Menschen konnte er ja nicht sehen, weil dieser durch das einzige Fenster neben der Tür spähte. Er knurrte etwas in seiner Sprache, die John nicht verstand, aber Tabor schon. Tabor knurrte eine Antwort zurück. Anschließend ging er zur Rückseite, gefolgt von den unsichtbaren Menschen.

„Was hat er gesagt?“ fragte Rhiana, als sie die Rückseite der Hütte erreichten.

„Dass dies hier Sperrgebiet ist, und wir besser verschwinden sollten. Was wir dann ja auch getan haben“, erklärte Tabor.

Der Raptor sah sich um. Sie mussten unbedingt Kontakt mit den Gefangenen aufnehmen, denn das sie sich in der Hütte befanden, daran zweifelten sie nun nicht mehr. Der Boden auf der Rückseite war nicht sehr hart. Tabor fuhr seine Krallen aus und begann zu graben. Die Hütte war aus Holz und Geflechtwerk gebaut, und nach kurzer Zeit hatte er ein faustgroßes Loch dicht am Boden gegraben.

„Hallo! Hört ihr mich?“ Tabors Stimme war nur ein Hauch. Der Allosaurier auf der anderen Seite durfte ihn nicht hören.

Drinnen herrschte Ruhe, dann die leise Frage: „Wer ist da?“

„Mein Name ist Tabor. Wir sind im Auftrag General Wobas hier. In Kürze wird ein Angriff auf das Tal beginnen. Halten Sie sich bereit. Haben Sie verstanden? Sind Sie Oolu?“

„Ja“, kam es zurück.

„Sehr gut! Wir verschwinden jetzt. Sonst werden wir noch entdeckt“, sagte Tabor. Er deckte das kleine Loch wieder zu und entfernte sich mit John und Rhiana von der Hütte.

Sie gesellten sich zu einer kleinen Gruppe winziger Fleischfresser, die um ein Feuer saßen und sich schnatternd in ihrer Sprache unterhielten. Tabor verstand, dass sie sich auf die Beute freuten, die man ihnen versprochen hatte.

Die armen Toren.

John und Rhiana hielten sich im Hintergrund. Die Zeit war bald herum. Noch immer war keine Spur von Feuerwolke und der versprochenen Verstärkung zu sehen.

Rhiana sah in die Höhe und glaubte auf dem Netz eine Bewegung zu sehen. Sie fasste Tabor und John am Arm. „Oben“, flüsterte sie ihnen zu. Tabor und John blickten hoch und erkannten, dass die Verstärkung endlich da war.

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Kapitel 17 by Selana
Teil 17

Im nächsten Augenblick brach die Hölle los. Riesige Steine fielen scheinbar aus dem Nichts vom Himmel, wobei sie viele der Abtrünnigen trafen. Das Chaos war perfekt, überall Schreie und Unordnung. Vom Himmel stürzten riesige Flugsaurier und verfolgten die vor Angst und Schreck fliehenden und total überraschten Fleischfresser. Den meisten würde die Flucht gelingen, aber das störte die Angreifer nicht. Der Plan war, die Gefangenen zu befreien und das schien zu gelingen. Nur wenige große Raubsaurier befanden sich im Tal, und von diesen flohen auch die meisten nach kurzem Kampf. Der Überraschungsangriff war gelungen.

Tabor, Rhiana und John kümmerten sich nicht um das Kampfgeschehen. Der Plan sah vor, sich mit den Fliehenden abzusetzen. Manch einer würde zu dem geheimnisvollen Predator eilen, um ihn zu informieren, und dann wollten sie zur Stelle sein.

Da sah Tabor einen alten Bekannten vor sich, der gerade wie sie durch den Höhlengang in den Dschungel flüchtete. Es war der Raptor, der ihn eingeführt hatte.

Tabors Krallenarm berührte Johns Hand. Der Raptor zeigte nach vorne. „Das ist der Typ, der mich hier eingeführt hat. Wir sollten ihm folgen.“

„Dann schalten Rhiana und ich unsere Schilde ein.“

Wenige Augenblicke später waren die beiden Menschen unsichtbar und Tabor heftete sich unauffällig an die Hinterbeine des Raptors. Dieser hatte es so eilig, dass er nicht auf seine Umgebung achtete, da sich ihm noch mehr Fliehende angeschlossen hatten. So fiel es nicht weiter auf, dass auch John und Rhiana unsichtbar und Tabor sichtbar, ihm folgten.

Ihre Hoffnung schien aufzugehen. Während Sheppard und Rhiana Abstand hielten, um nicht mit einem der Fliehenden anzustoßen, schloss Tabor dichter auf. Er hörte, wie sich der Raptor mit seinem Begleiter unterhielt. Sie wollten tatsächlich zu ihrem Anführer eilen, um ihn zu informieren.

Tabor blieb wieder zurück und informierte John und Rhiana über die Neuigkeit. So eilten sie zwei Stunden den Fliehenden hinterher. Plötzlich hörten sie laute Geräusche vor sich und John blieb stehen. Er fühlte Rhiana mehr neben sich, als er sie sah. Auch Tabor hatte angehalten. Vor ihnen öffnete sich der Wald und sie sahen eine große baumfreie Fläche vor sich liegen. Über ihnen waren wieder diese Tarnnetze gespannt. Sie blieben am Rande der Lichtung stehen und suchten sich einen sicheren Platz.

Auf der Lichtung wimmelte es von Raubsauriern jeder Größe und Rasse. Dazwischen waren auch Menschen zu sehen, die von Sauriern angetrieben wurden oder in großen Pferchen untergebracht waren.

„Sie haben viele menschlichen Gefangenen gemacht“, sagte Tabor leise neben ihnen. „Das ist ungewöhnlich.“

„Ich kenne den Grund“, Sheppards Stimme hörte sich heiser an.

Rhiana konnte ihn nicht sehen, doch sie wunderte sich darüber. „Was meinst du?“

„Seht zu der großen Hütte hinüber.“

Seinem Vorschlag folgend blickte Rhiana in die Richtung und erstarrte. Sie begriff sofort, was John meinte.

„Was ist das für ein Wesen?“ fragte Tabor. „So eines habe ich noch nie gesehen.“

Mitten auf der Lichtung stand eine große Hütte. Diese war auf Stelzen erbaut, sodass der Besitzer auf der Veranda die ganze Waldlichtung überblicken konnte. Auf der Veranda stand ein großer Stuhl, auf dem der Predator saß.

Sheppard zweifelte nicht daran, dass es dieses Wesen war. „Das, mein Freund, ist ein Wraith. Nur die Hölle weiß, wie es ihn hierher verschlagen hat.“

„Und warum dann die menschlichen Gefangenen?“

„Er ernährt sich von ihnen. Ein Wraith saugt die Lebensenergie eines Menschen aus.“

Tabor konnte das nicht glauben. „Du scherzt.“

„Warum sollte ich. Die Raubsaurier töten die Menschen und auch Dinos und fressen sie auf. Im Grunde nicht viel anders, als es die Wraith machen“, meinte Rhiana.

„Verschwinden wir von hier“, sagte Tabor. „Wir können ihn nie zu dritt gefangen nehmen. Aber unsere Aufgabe haben wir trotzdem erfüllt. Wir kennen den Aufenthaltsort des Predators. Holen wir die Verstärkung.“

„Ja, bringen wir die Markierung an, damit wir dieses Versteck später wieder finden“, stimmte John zu. Er versteckte das kleine Ortungsgerät, das er später mithilfe seines Antikerdetektors wiederfinden würde, und damit auch das Versteck des Predators.

Sheppard warf er noch einen Blick zurück zur Lichtung, wo sich der Wraith gerade zwei Menschen bringen lies. Diesen Armen konnten sie nicht mehr helfen, aber die anderen Gefangenen würden sie befreien. Dann gingen sie vorsichtig den Weg zurück, den sie gerade gekommen waren. In sicherer Entfernung wollten sie Kontakt mit den Saurierpiloten aufnehmen, die über dem Dschungel kreisten und auf ihr Zeichen warteten.

Als sie sich sicher glaubten, versuchte John Kontakt mit Feuerwolke aufzunehmen. Dazu schaltete er seinen Schutzschild aus, denn der Energieschild blockte aus Gründen, die sie nicht kannten, auch Gedankenströme ab.

Er setzte sich neben den hohen Baum und konzentriere sich. Es dauerte einige Zeit, bis er glaube, die Gedanken von Feuerwolke zu hören. Ganz schwach noch, doch sie kamen näher und wurden deutlicher.

Es klappte!

Feuerwolke musste nun genau über ihm kreisen, denn auf einmal waren sie ganz klar verständlich. Schnell erzählte er Feuerwolke, was sie herausgefunden hatten. Feuerwolke versprach die anderen zu holen und riet ihnen, in ihrem Versteck zu bleiben.

Erschöpft unterbrach John die Gedankenverbindung.

„Wen haben wir denn da?“

Erschrocken fuhr Sheppard hoch und sah sich von vier Raptoren umringt.

„Ein kleiner Flüchtling. Wie ist es dir denn gelungen, abzuhauen?“

John sah sich um, doch von Tabor und Rhiana, die noch sicher unter ihrem Schild ausharrte, war nichts zu sehen. Für ihn war es jedoch zu spät. Bevor er reagieren konnte, wurde er von kräftigen Klauenhänden gepackt, und das kleine Gerät von seiner Brust gerissen.

„Was ist das denn?“ fragte einer der Raptoren.

„Nichts Wichtiges!“ sagte ein zweiter Raptor und riss es dem ersten Raptor aus der Klaue und warf es ins Unterholz.

„Sollen wir ihn gleich töten?“ fragte der dritte Raptor und sah John gierig an, dem dabei Angst und Bange wurde. „Ich habe Hunger.“

„Du weißt genau, dass der Predator ihn will. Alle Gefangenen im Lager gehören ihm“, fuhr der Erste ihn an.

„Wer bestimmt denn das? Warum tun wir, was diese abscheuliche Kreatur uns sagt?“

„Weil er uns hilft, die Macht über Dinotopia zu erlangen. Danach können wir immer noch mit ihm machen, was wir wollen.“

„Das hört sich gut an“, meinte der Dritte.

„He du! Komm her!“

John sah Tabor aus dem Dickicht auftauchen. „Was machst du hier?“

„Ich bin hinter dem Menschen her. Er ist mir abgehauen. Gut, dass ihr ihn aufgehalten habt. Ihr könnt ihn mir übergeben, dann bringe ich ihn zurück.“

„Das machen wir schon. Du solltest in Zukunft besser auf die Gefangenen aufpassen, sonst könnten wir auf die Idee kommen, dich als Futter zu verwenden.“

Tabor tat so, als bekäme er furchtbare Angst. „Natürlich, Sir! Gewiss, Sir, das kommt nie mehr vor, aber er war so schnell, dass ich es nicht verhinderten konnte.“

Da Tabors Plan nicht aufging, schloss er sich John und den vier Raptoren an, die ihren Gefangenen mitschleiften. Auf der Lichtung angekommen, warfen sie John einfach in eines der Gehege zu den anderen Gefangenen.

Tabor blieb am Zaun in Johns Nähe. „Verhalte dich einfach ruhig, bis die Verstärkung eintrifft, John.“

„Wo ist Rhiana?“

„In Sicherheit, mach dir um sie keine Sorgen.“

„Wie lange wird es dauern, bis die Verstärkung da ist, was meinst du?“

Tabor überlegte. „Es kann schon einige Stunden dauern.“

John stimmte zu. Die nächste Zeit verhielt er sich einfach wie die anderen Gefangenen und tat als sei er eingeschüchtert und ängstlich. Sheppards Gefängnis befand sich ganz in der Nähe der Hütte des Wraith. Hin und wieder tauchte dieser auf der Veranda auf und blickte über die Lichtung. Manchmal glaubte Sheppard seinen Blick auf sich zu spüren, doch da er auch die anderen Menschen ansah, hoffte John, dass er sich irrte und der Wraith in ihm nur einen von vielen Gefangenen sah. Warum sollte er auch ausgerechnet in ihm etwas anderes sehen?

Tabor blieb in Johns Nähe und tat, als sei er einer der Wächter.

Sechs Stunden vergingen. Einmal bekamen sie etwas zu Essen vorgeworfen, das diesen Namen kaum verdiente. Das Obst und Gemüse war matschig und halb verdorben und somit fast ungenießbar. Die armen Menschen störten sich aber nicht daran und stürzten sich halb verhungert darauf.

Plötzlich sah John drei Raptoren auf das Gehege zukommen. Sie gaben dem Wächter ein Zeichen aufzumachen. Kamen sie um Menschen für den Wraith zu holen?

Sheppard schauderte es bei dem Gedanken.

Die verängstigten Menschen wichen vor den Wächtern zurück. John hielt sich im Hintergrund und versuchte nicht aufzufallen. Doch die Raptoren schienen an den Menschen nicht interessiert zu sein. Sie kamen genau auf ihn zu.

Sie packten ihn und nahmen ihn mit. Tabor sah das mit Entsetzen, doch er konnte nicht eingreifen. Hoffentlich sah das die Menschenfrau nicht und machte irgendwelche Dummheiten.

Sheppard wurde zur Hütte des Wraith geschleift. Dieser saß wieder auf der Veranda und blickte ihm gemein grinsend entgegen. Sheppard wurde vor ihm zu Boden geworfen. Der Wraith machte zu seinem Erstaunen jedoch keine Anstalten, ihn auszusaugen. Stattdessen ruhte sein Blick lange auf ihm.

Der Colonel fühlte sich unter dem Blick immer Unwohler. Wenn der Wraith ihn töten wollte, warum tat er es dann nicht einfach.

„Ich habe dich beobachtet! Du bist nicht von dieser Welt. Zwar hast du versucht dich zu verhalten wie alle anderen hier, doch mir ist der Unterschied wohl aufgefallen.“

Jetzt war John erstaunt. Er hatte fest angenommen, sich nicht anders, als die anderen Gefangenen verhalten zu haben. „Du bist auch nicht von dieser Welt.“

Der Wraith stieß ein Furcht einflößendes Lachen aus und stand auf. War es jetzt so weit? John nahm seinen ganzen Mut zusammen. Wenn er schon sterben musste, dann mit Würde. Er hoffte nur, dass Rhiana es nicht mit ansehen musste.

Doch zum zweiten Mal überraschte ihn der Wraith. „Schafft ihn in die Hütte“, befahl er den Raptoren. „Dann lasst uns alleine.“

Die Raptoren brachten John in die Hütte. Dort wurde er an einen mitten im Raum stehenden Pfahl geführt. Seine Arme wurden nach oben gedrückt und über seinem Kopf festgebunden. Dann gingen die Raptoren nach draußen.

Der Wraith blieb vor John stehen, der ihm in dieser Stellung hilflos ausgeliefert war. Der stechende Blick des Wraith wanderte über seinen Körper und blieb auf seiner Brust heften.

Sheppard atmete schwer, doch er überwand seine Furcht und unterdrückte die Panik. „Mach schon“, herrschte er den Wraith an. „Wenn du mich töten willst, dann tue es.“

Die Hand des Wraith schoss nach vorne und hielt dicht vor Johns Brust an. Die Augen blickten ihn gnadenlos an. „Ich bin sicher, dass du gut schmeckst, doch ich will dich noch nicht töten. Außerdem habe ich gerade gegessen.“

„Was willst du dann von mir?“ fragte John überrascht.

„Du wirst mir helfen, von dieser Insel weg zu kommen.“

„Was?“

Der Wraith zog ein kleines Gerät heraus und scannte John damit. Dann nickte er. „Wie ich vermutetet habe. Du bist ein Antiker.“

Jetzt war John noch mehr überrascht.

Die Hand des Wraith packte Sheppards Haar und dann zog er ihm den Kopf in den Nacken. „Ich beobachte dich schon eine ganze Zeit. Etwas an dir war anders, als bei den anderen Gefangenen. Ich sah zufällig, wie man dich brachte. Du hast dir zwar den Anschein gegeben ängstlich zu sein, doch schnell erkannte ich, dass es nur Tarnung war.“

Der nächste Schock folgte sofort. „Du bist aus Atlantis.“

„Jetzt bin ich noch mehr überrascht“, sagte Sheppard. „Wie bist zu hergekommen?“

„Ich war mit meinem Gleiter beim Kampf um Atlantis beteiligt. Wir wollten die Stadt vernichten, und ich war bereit, mich dafür zu opfern. Also flog ich mit meinem Gleiter im Sturzflug auf die Stadt zu. Plötzlich packte mich ein Sog und nahm mich mit sich. Ich fand mich über dieser Insel wieder. Mein Gleiter war schwer beschädigt und ich musste im Dschungel notlanden. Dort fanden mich diese abscheulichen Wesen, doch ich brauchte nicht lange, um sie zu beherrschen und zu überreden, die Macht auf der Insel zu übernehmen.“

„Wir haben den Schutzschild aktiviert“, sagte John. „Vielleicht war dieser Sog eine Nebenwirkung, als eure vielen Schiffe auf den Schild knallten. Wie auch immer, das werden wir nie genau wissen.“

Der Wraith ließ Johns Kopf los. „Du wirst mich wegbringen.“

„Das kann ich nicht“, sagte John. „Ich bin auch hier gestrandet.“

Der Wraith schlug mit der Hand auf den Tisch und stieß einen Wutschrei aus. „Wenn du mir nicht helfen kannst, töte ich dich.“

„Na gut“, John tat, als ob er überlegte. „Es gibt da vielleicht eine Möglichkeit …!“

„Wusste ich es doch“, der Wraith grinste hinterhältig und sah ihn drohend an. „Und nun wirst du mir verraten, was du hier machst.“

Der Wraith ging erneut drohend auf ihn zu, als draußen der Tumult losbrach.

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Kapitel 18 by Selana
Teil 18

In der Zwischenzeit lag Rhiana in einem sicheren Versteck und wartete auf die Ankunft der Verstärkung. Mit Entsetzen hatte sie zusehen müssen, wie John gefangen wurde und dann auch noch Tabors Plan schief ging. Sie war ihnen dann bis hierher gefolgt und beobachtete mit bangen Herzen das Geschehen. Und nun war John verschwunden. Sie hatte nicht gesehen, was passiert war, denn einmal war sie gezwungen gewesen, sich tiefer in den Wald zurückzuziehen, als eine Gruppe Saurier ausgerechnet auf ihr Versteck zukam. Sie wären unweigerlich über sie gestolpert, was sie verraten hätte.

Als sie zurückkehrte, hatte sie John in dem Gehege nicht mehr entdecken können. Wo war er? Sie kämpfte mit sich, ob sie auf die Lichtung gehen und John suchen sollte, oder weiter abwarten. Es war gefährlich, sich auf die Lichtung zwischen die vielen Fleischfresser zu wagen, doch lange wollte sie nicht mehr warten. Ihre Angst um John wurde mit jeder Sekunde größer. Was, wenn der Wraith ihn geholt hatte? Er könnte schon tot sein oder sich gerade in Lebensgefahr befinden. Oder gefoltert werden. Und sie saß hier untätig herum und drehte Däumchen.

Gerade, als sie sich gegen alle Vernunft entschloss, los zu gehen, aktivierte sich ihr Funkgerät. Es war David Scott, der von McKay ein Funkgerät erhalten hatte. „Rhiana, bitte melden.“

„David, sie haben John!“

„Was?“

„Wo seid ihr?“ fragte Rhiana.

„Genau über dir“, antwortete David. „Mit McKays Signalgeber haben wir das Signal geortet, dass John ausgelegt hat. Wir greifen gleich an. Was ist mit John passiert?“

„Er wurde entdeckt und von den Raptoren mitgenommen, als er den Kontakt mit Feuerwolke beendet hat. Und nun ist er weg. Ich vermute, dass der Wraith ihn hat.“

„Wir müssen ihn retten.“ David konnte nicht glauben, was er hörte.

Plötzlich waren überall Geräusche zu hören. Die Flugstaffeln der Saurierpiloten griffen an. Ihr einziges Ziel war es, den Predator, in diesem Fall den Wraith zu fangen. Man hoffte, dass dann nach und nach die Fleischfresser aufgaben, sodass mit der Zeit wieder normale Verhältnisse eintreten konnten.

Rhiana dachte nicht daran, zurückzustehen. Sie wollte John retten, ganz egal, was es sie auch kosten würde. Zusammen mit Tabor, der inzwischen wieder bei ihr war, schlich sie zur Lichtung zurück. Dort herrschte inzwischen ein heilloses Durcheinander.

Von oben griffen die Saurierpiloten und ihre Flugechsen, die überraschten Fleischfresser auf der Lichtung an. Diese gerieten völlig in Panik und rannten wild durcheinander. Das Chaos vergrößerte sich, als die Flieger begannen, Steine auf die Lichtung zu werfen und damit manchen der Fliehenden trafen.

Rhiana und Tabor rannten durch das Durcheinander auf die Hütte zu, in der Tabor Sheppard wusste. Im Gegensatz zu Rhiana hatte er ja beobachtet, was mit John geschehen war.

Sie kamen gerade dazu, als der Wraith auf die Veranda rannte und sich umsah. Er stieß ein wütendes Brüllen aus, als er bemerkte, was passiert war. Dann rannte er in die Hütte zurück. Tabor und Rhiana hinter ihm her.

Rhiana sah sofort, was los war. John war an einen Pfosten gefesselt und Wraith erreichte ihn gerade, als sie eintrat. Er machte Anstalten John das Leben auszusaugen. Die junge Frau zögerte keine Sekunde. Ihre Betäubungspistole herausreißen und ihn auf den Wraith richten, geschah im Bruchteil von einer Sekunde. Sie stellte ihn auf volle Leistung und drückte ab.

Der Wraith stieß ein wütendes Brüllen aus, war aber nicht gewillt, sein Opfer aus seinen Klauen zu lassen. Rhiana drückte noch zweimal ab und endlich fiel der Wraith zu Boden. Tabor war mit einem Satz bei ihm und beugte sich über ihn.

„Sei vorsichtig! Die Wraith haben sieben Leben!“ schrie John ihm zu. Er hatte schon mit dem Leben abgeschlossen gehabt, als der Wraith auf ihn zukam. Doch sein rettender Engel war auch heute wieder zur Stelle.

Tabor beherzigte Johns Rat und beugte sich vorsichtig über ihn. „Er ist definitiv tot, Freunde.“

„Bist du sicher?“

„Ganz sicher.“

Rhiana erreichte John und befreite ihn von seinen Fesseln. Erleichtert fielen sie sich in die Arme. „Das war Rettung in letzter Sekunde“, sagte John.

„Ich überlasse dich doch nicht diesem Monster“, meinte Rhiana.

„Schleifen wir ihn hinaus und zeigen ihn den Fleischfressern“, sagte Tabor. „Dann geben sie vielleicht auf.“

John warf einen misstrauischen Blick auf den Wraith. Tabor hatte jedoch recht, der Wraith war tot. Zu dritt schleiften sie ihn nach draußen. Vor der Veranda landeten sechs Flugsaurier unter ihnen Feuerwolke, die ihren Freund telepathisch begrüßte und ihm sagte, wie froh sie war, ihn gesund zu sehen.

„Danke“, sagte John. Er zeigte auf den Wraith. „Das ist der Predator. Er ist tot.“

„Wir zeigen ihn den Fleischfressern“, meinte David Scott. Er gab unverzüglich die Anweisung. Vier Flugsaurier packten den Wraith mit ihren Klauen und drehten einige Runden über die Lichtung. Das blieb natürlich nicht unbemerkt.

Als die Fleischfresser ihren toten Anführer sahen, flohen auch die Letzten von ihnen in den Urwald. Die Flieger flogen darauf hin mit dem Predator davon.

Sheppard sah ihnen erleichtert hinterher. Für sie war die Aufgabe hier erledigt. Den Rest mussten die Behörden und die Unterhändler der Dinotopier selbst erledigen. Sie konnten nun daran denken, nach Hause zu gehen.

Da Rhiana nicht laufen wollte, setzte sie sich widerstrebend hinter John auf Feuerwolke, die versprach, ganz vorsichtig zu fliegen. Einer der anderen Saurierpiloten nahm Tabor mit, dem der Flucht sichtbar gefiel.

Nach einer Stunde erreichten sie den Rand des Regentals und somit die wartende Armee der Dinotopier. Hierher war auch der tote Wraith gebracht worden.

General Woba begrüßte sie erfreut und sagte, dass sie schon die ersten Unterhändler der Fleischfresser erwarteten. Er hoffte, dass in Kürze wieder normale Zustände in Dinotopia herrschen würden.

„Das haben wir auch Ihnen und ihren Freunden zu verdanken, Colonel Sheppard. Was haben sie nun vor?“

„Nun, mein Freund McKay hier kennt eine Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren. Wir werden also die Ersten sein, die Dinotopia verlassen.“

„Und keine Sorge, niemand wird sie belästigen, denn ich denke, dass die Insel in einer anderen Dimension oder Zeitebene liegt. Deshalb wurde sie auf der Erde auch noch nicht entdeckt“, fügte McKay hinzu.

„Wann wollt ihr gehen?“ fragte David.

Sheppard sah McKay an.

„Ich kann den Übergang jederzeit und überall erscheinen lassen, sofern Zelenka nicht schläft und den Rückruf bemerkt“, erklärte Rodney.

„Der Rest des Problems mit den Fleischfressern könnt ihr ohne uns erledigen“, meinte Sheppard. „Wir gehen sofort, nachdem ich mich von Feuerwolke verabschiedet habe.“

John wandte sich dem Quetzi zu. Feuerwolke hatte alles durch John Gedanken mitbekommen.

„Du willst also gehen, John?“

„Ja, ich kann nicht bleiben und du könntest in unserer Welt nicht leben.“

„Dann lass uns einen letzten Flug machen.“

„Gerne“, John schwang sich auf Feuerwolkes Rücken und zusammen erhoben sie sich in die Lüfte.

Die Menschen unter ihnen wirkten wie kleine Spielzeugfiguren. „Ein Flug mit dir ist eines der schönsten Erlebnisse in meinem Leben“, sagte John.

„Ich danke dir für alles. Die wenigen Wochen mit dir, haben mir gezeigt, was mir fehlt: ein Reiter, mit dem ich durch dick und dünn gehen kann. Deshalb suche ich mir einen Neuen und werde diesmal nicht so große Ansprüche stellen.“

„Das freut mich, Feuerwolke. Ich bin sicher, dass du einen passenden Partner finden wirst.“

„So, wie du deinen gefunden hast. Rhiana ist ein Juwel. Du darfst sie nicht gehen lassen.“

„Wie käme ich dazu. Dazu liebe ich sie zu sehr.“

Sie drehten noch ein paar Runden über die Armee der Dinotopier und dann setzte Feuerwolke zur Landung an.

Sheppard umarmte seine saurische Partnerin nochmals und nickte dann Rodney zu. McKay betätigte den Schalter. Zelenka schien nicht zu schlafen. Nur wenige Sekunden später baute sich der Durchgang auf und die ersten Atlanter gingen hindurch.

John und Rhiana verabschiedeten sich nochmals von ihren dinotopischen Freunden und gingen dann Hand in Hand zurück.

Atlantis, ihre neue richtige Heimat wartete schon.

Ende
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