Hitting the ground by moth-to-flame
Summary: Jack verletzt sich auf einer Mission und stürtzt daraufhin in eine Art "Identitätskrise". Er lernt, dass richtige Freundschaft wichtiger sein kann als Liebe....
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Drama, Friendship, General, Hurt/Comfort, Romance
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 5 Completed: Ja Word count: 6844 Read: 28119 Published: 17.11.11 Updated: 17.11.11

1. Kapitel 1 by moth-to-flame

2. Kapitel 2 by moth-to-flame

3. Kapitel 3 by moth-to-flame

4. Kapitel 4 by moth-to-flame

5. Kapitel 5 by moth-to-flame

Kapitel 1 by moth-to-flame
Hitting the Ground


Wieder einer dieser schrecklichen Träume, in dem unbekannte Schatten ihre knochigen Arme nach ihm ausstreckten. Jacks Herz schlug noch immer wild gegen seine Brust, als er plötzlich erwachte. Blinzelnd versuchte er, die Schrecken der Nacht hinter sich zu lassen. Aber nur quälend langsam verzogen sich die Nebelschwaden aus seinen Gedanken. Immer noch schwer atmend befreite er sich aus der wohligen Wärme seines Schlafsackes und versuchte, sich zu orientieren. Kälte, Feuchtigkeit...und spärliches Licht, das von oben einfiel. Die Höhle, in der sie sich vor dem Unwetter gerettet hatten, welches sie am Vortag überrascht hatte.

"Der Regen hat aufgehört.", hallte plötzlich eine tiefe Stimme aus der vor ihm liegenden Dunkelheit. Die Höhle machte weiter vorne eine Kehre und verlor sich im Dunkeln. Jack grub in seinem Rucksack nach der Taschenlampe und stand auf. Er sah Teal'c und Carter nebeneinander an der Höllenwand lehnen.
"Kein Regen mehr?", vergewisserte er sich und trat neben seine beiden Teamkameraden.

"Ja...aber dafür haben wir jetzt einen ausgewachsenen Schneesturm.", gab Carter zur Antwort und stand auf. Sie klopfte sich ihre Hose ab und hob kurz ihre Augenbrauen. "Kaffee?", fragte sie und streckte ihm ihre halbvolle Tasse entgegen.

Erst nachdem Carters starker Kaffee seine Sinne endgültig geschärft hatte, konnte O'Neill klar denken. "Wie schlimm ist es?", fragte er und umschloss die warme Tasse mit beiden Händen.
"Ich habe mir heute Morgen ein Bild von der Lage gemacht, O'Neill. Solange der Sturm nicht nachlässt, sehe ich keine Chance, das Stargate zu erreichen.", antwortete Teal'c.
Jack verfolgte nachdenklich die sich auflösenden Atemwölkchen seines Freundes. "Toll.", kommentierte er und kehrte zu seinem Schlafplatz zurück.
Am Vorbeigehen stieß er kurz die noch in ihrem Schlafsack eingerollte Gestalt am Boden an. "Daniel, aufwachen.", brummte er und setzte sich.

"T., du hast nicht zufällig deine Videosammlung dabei? Scheint ein langer Tag zu werden.", meinte er kurz darauf und leerte seine Tasse. Im Halbdunkel war die hochgezogenen Augenbraue des Jaffa nicht zu erkennen, aber es war ohnehin nicht allzu schwer, sich Teal'cs Reaktion auf diese sinnlose Bemerkung vorzustellen. Seufzend beobachtete Jack, wie eine einzelne Schneeflocke den Weg von der kleinen Öffnung über seinem Kopf in die Höhle fand.
"Ich fasse zusammen. Kein Feuerholz. Keine Verpflegung. Keine Winterausrüstung. Klingt nach einem tollen Wochenende, meint ihr nicht?"
~*~


"Wie schön, dass Sie auch an unserer Besprechung teilnehmen, Daniel.", bemerkte Jack, als sich Daniel endlich laut gähnend zu seinen Teamkameraden gesellte, die mittlerweile in einem engen Kreis beieinander saßen.
"Wie sieht's aus?", wollte dieser wissen und ignorierte den Sarkasmus seines Freundes. Jack stöhnte nur, während Sam Daniel ebenfalls einen Kaffee reichte. "Statt Regen haben wir jetzt Schnee. Viel Schnee. Wir sitzen immer noch fest. Und wenn der Sturm da draußen nicht bald nachlässt, bekommen wir ein Problem.", erklärte Sam und seufzte tief.

Die Stunden des Vormittages vergingen relativ rasch, jeder der Vier hing im Stillen seinen eigenen Gedanken nach, gesprochen wurde nur selten. Während Daniel mit Carter und Teal'c über irgendwelche Unsinnigkeiten redete, hockte Jack ein wenig abseits auf seinem Schlafsack und trug seine schlechte Laune offen zur Schau. Als sie zu Mittag die spärlichen Nahrungsreserven aufteilten, wurde ihnen allen zum ersten Mal der Ernst der Lage bewusst. Lange würde die Verpflegung nicht mehr reichen. Wenigstens aber war Wasser nun kein Problem mehr, obwohl es langsam nervtötend wurde, den Schnee zuerst über dem Gaskocher zu erwärmen, nur um das Wasser dann wieder auf lauwarme Temperatur abkühlen zu lassen - bis man es endlich trinken konnte.

Während sich die Nachmittagsstunden immer mehr in die Länge zogen, und der Zeitbegriff allmählich seine Bedeutung einbüßte, fällte der Colonel eine Entscheidung.
"Morgen werden wir einen Versuch starten, zum Stargate zu kommen.", bestimmte er plötzlich. Seine raue Stimme, die in der ganzen Höhle unheimlich widerhallte, holte Sam unsanft aus einem tiefen Gedankengang in die Wirklichkeit zurück. Sie wollte gerade widersprechen, als Daniel ihr das Wort aus dem Mund nahm. "Ist das wirklich klug?", fragte er.

Jacks Gesichtszüge wurden zu Stein und er funkelte Daniel düster an.
"Nein Daniel, das ist nicht klug. Aber wir haben die Wahl. Hier drin verhungern oder erfrieren oder da draußen verhungern oder erfrieren.", gab er bissig zurück,
"Aber da draußen...haben wir wenigstens eine Chance.", fügte er hinzu.
Daniel seufzte resignierend. Jack sah auf die Leuchtanzeige seiner Uhr und stand ruckartig auf. "Ich werde nachsehen, wie es mit dem Sturm aussieht.", murmelte er und verschwand um die Ecke. Sam stand ebenfalls auf und folgte ihrem Vorgesetzten. "Ich hole noch ein bisschen Schnee.", erklärte sie.
~*~


"Keine Veränderung.", stellte Carter fest und gesellte sich zu O'Neill, der mit starrem Blick in den dichten Flockenwirbel stierte.
"Nein.", bestätigte er.
"Warum waren wir so leichtsinnig, was diesen Planeten angeht?", fragte er sich laut.
Sam räusperte sich schuldbewusst. "Nun ja. Ich dachte...den Sondendaten nach lagen alle Werte im grünen Bereich, nichts deutete auf eine so schnelle Wetteränderung hin.", rechtfertigte sie sich. "Ich weiß...Und trotzdem sollten wir mittlerweile gelernt haben, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.", addierte er.
Sam nickte und sah ihn von der Seite an. Sein Profil kam ihr in diesem Moment noch härter vor, als es sonst war. Sie wusste, dass Jack momentan schlecht schlief. Sein schlimmes Knie machte ihm Probleme und sie hörte ihn sich nachts ruhelos auf seinem Schlafplatz herumwälzen. Sie wusste nicht, ob es Träume oder Schmerzen waren, die ihn quälten und nächtelang wach hielten. Doch zweifellos würde er nichts davon von sich aus zugeben. Sie fühlte sich hilflos, und jedes Mal, wenn sie ihn im Schlaf stöhnen hörte, zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.

"Wollten Sie nicht noch etwas Wasser mitbringen?", fragte Jack und plötzlich starrte sie ihm direkt in die Augen. Schnell wandte sie ihren Blick ab und wartete, bis seine Schritte im Inneren der Höhle verklungen waren.

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by moth-to-flame
2. Kapitel

"Wir sollten versuchen, so viel Schlaf wie möglich zu bekommen.", schlug Jack vor. Daniel nickte sofort, "Hoffen wir, dass sich das Wetter bis Morgen bessert.", sagte er und gähnte. Ohne weitere Diskussionen richtete sich das Team für eine weitere Nacht in ihrer Zuflucht - die zu einer Art von Gefängnis geworden war - ein. Um so wenig Wärme wie möglich zu verlieren, schichteten sie ihre Schlafsäcke Seite an Seite.

Sam hatte noch nicht lange geschlafen, als sie durch ein ebenso vertrautes wie befürchtetes Geräusch geweckt wurde. Jack stöhnte und wandte sich neben ihr. Mit fest geschlossenen Augen versuchte sie, sich nicht darauf zu konzentrieren, doch es gelang ihr nicht. Mit klopfendem Herzen wartete sie darauf, dass Jack von selbst aus seinem Alptraum erwachte. Das tat er schließlich auch - und Sam hörte ihn keuchend nach Luft schnappen. Mit Tränen in den Augen verfolgte sie in der Dunkelheit seine Bewegungen. Sie hörte, wie Jack im Dunklen nach der Wasserflasche suchte und spürte die Hitze, die von seinem trotz der Kälte in der feuchten Höhle schwitzenden Körper ausging.
~*~


Jack wischte sich mit der Hand über sein schweißnasses Gesicht und versuchte krampfhaft, sich wieder zu besinnen. Ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass er erst zwei Stunden geschlafen hatte. Das war zu wenig, um einen mörderischen Tag in eisiger Kälte zu überstehen - und doch war an Schlaf nun wahrscheinlich nicht mehr zu denken. Er hustete mehrmals gedämpft, aus Angst, die anderen aufzuwecken. Er hatte Durst. Immer noch schwer atmend suchte er im Dunkel nach der Feldflasche.
"Alles in Ordnung?", drang plötzlich Carters geflüsterte Stimme an sein Ohr. Erschrocken zuckte er zusammen. "Natürlich.", wisperte er zurück und versuchte, genervt zu klingen.
"Schlafen Sie weiter.", sagte er nach einer Weile und rollte sich selbst ebenfalls wieder in seinen Schlafsack ein. Wenn er selber schon keine Ruhe fand, wollte er diese wenigstens Carter gönnen. Schweigend horchte er in die Stille hinaus und versuchte, den Rhythmus ihrer Atmung zwischen denen der anderen beiden zu unterscheiden.

Sie bewegte sich in ihrem Schlafsack - kam näher - und plötzlich spürte er ihren warmen Atem im Gesicht. Mit angehaltenem Atem verfolgte er, wie sie ihren Körper gegen den seinen presste.
Er lächelte und rutschte noch ein wenig näher an sie heran, bis sie ihren Oberkörper leicht anhob und schließlich mit halbem Gewicht auf seinem Brustkorb lag.
"Gute Nacht.", hauchte sie und ihre Stimme war seinem Ohr so nah, dass es ihm einen Schauer über den Rücken jagte.
Er genoss die zusätzliche Wärme, die von ihrem Körper ausging und lauschte, wie sich ihre Atmung wieder verlangsamte. Vielleicht konnte er doch noch ein wenig Schlaf finden, zumindest heute Nacht.
~*~


Ein kalter Hauch, der über ihr Gesicht fegte, weckte Carter am nächsten Morgen. Als sie aufstand und ihre steifen Glieder streckte, musste sie feststellen, dass heute sie die letzte war. Daniel, Teal'c und der Colonel saßen bereits einige Meter weiter bei einer Tasse Kaffee zusammen. Kaffee war augenscheinlich das Einzige, von dem sie mehr als genug eingepackt hatten.
Nach einer großen heißen Tasse schwarzen Kaffee und einer letzten Lagebesprechung machten sich die vier Teammitglieder marschbereit.

Schließlich standen sie am Höhleneingang vor einer undurchdringlich erscheinenden weißen Mauer aus Flocken. Einige Schneewehen hatten den Eingang kniehoch verschüttet und boten keinen sehr optimistischen Anblick.
"Ein Königreich für ein Paar Schneeschuhe.", murmelte Jack und trat schließlich als Erster in den immer noch anhaltenden Schneesturm hinaus.
Sam atmende tief durch und folgte schnell seinem sofort verschwimmenden Umriss.

Bereits nach wenigen mühseligen Schritten hatte Carter Mühe, ihre eigene Hand vor Augen zu erkennen. Die hartnäckigen Schneeflocken legten sich wie eine zweite Haut auf ihren Vordermann und ließen ihn annähernd perfekt in die weiße Umgebung eintauchen. Zusätzlich stachen ihr die vom Wind gepeitschten Flocken in den Augen. Endlich schaffte sie es, wieder so weit zu ihrem Vorgesetzten aufzuholen, dass sie seinen Rucksack packen und ihn so zum stehen bleiben zwingen konnte. Jack schrie ihr etwas zu, doch seine Stimme verlor sich ungehört im Schneetreiben. Etwas weiter hinten sah sie die unscharfen Gestalten von Daniel und Teal'c näherkommen. Sie ließen die beiden aufschließen und schließlich setzte Teal'c sich an die Spitze. Er kam mit den Verhältnissen relativ gut zurecht.

Auch wenn sie ihre klammen Finger fast gar nicht mehr spürte, hielt Sam es immer noch für das Beste, Jacks Rucksack mit einer Hand gepackt zu halten. So brauchte sie sich wenigstens nicht mehr darauf zu konzentrieren, ihn und Teal'c nicht aus den Augen zu verlieren.

Der kalte Wind fraß sich langsam unter ihre unzureichende Kleidung und eine Gänsehaut nach der anderen erfasste ihren Körper. Die peitschenden Flocken ließen ihre Wangen wund werden und sie brachte es nur unter Schmerzen fertig, ihre Augen überhaupt offen zu halten. Ihren Teamkameraden schien es nicht besser zu ergehen, denn sie legten viele Pausen ein, welche sie sich auf ihrem Weg eigentlich nicht hätten leisten dürfen.

Einige Stunden lang hielten die Vier die Qualen durch, bis es zur Tortur wurde, auch nur die Füße aus dem fast kniehohen Schnee zu heben. Als sie schon mit dem Gedanken des Aufgebens spielten, schien endlich der Schneesturm ein wenig nachzulassen.

Jack hielt es anfangs für Wunschdenken, als er seine Umgebung wieder mehrheitlich scharf erkennen konnte. Doch der Flockenwirbel wurde tatsächlich dünner und ehe es sich das Team versah - klang das Schneetreiben ganz ab. Nur vereinzelte Flocken trübten die Sicht auf die jetzt schneebedeckte Landschaft noch.
Erleichtert beschloss SG-1, eine kurze Pause einzulegen und sie schleppten sich unter eine mächtige Tanne.
~*~


Sie hatten noch einen weiten Weg vor sich, und trotzdem überwiegte Optimismus, als das Team zum zweiten Mal an diesem Tag seine Sachen packte und zur nächsten Etappe aufbrach.

Sie kamen erstaunlich gut voran, trotz der Müdigkeit, die sich ihnen immer hartnäckiger in die Beine schlich. Die kalte Feuchtigkeit ihrer Klamotten trug das ihre dazu bei, dass vor allem Daniel kaum noch einen Fuß vor den anderen zu setzen vermochte. Auch Sam kämpfte mit ihren Kräften, doch solange die anderen noch keine Ermüdungserscheinungen zeigten, würde auch sie durchhalten.
Einzig Teal'c bewegte sich mit ungebrochenem Ehrgeiz wie ein Pflug durch den hohen Neuschnee.

Als sie eine kleine Anhöhe erklommen hatten, meinte Carter, die Stelle wiederzuerkennen. Wie anders hatte es hier vor nur drei Tagen noch ausgesehen! Sie versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, wie weit es von hier noch zum Stargate sein mochte. Ein Halbtagesmarsch? Vielleicht, doch bei dieser Schneelage und bei ihrer nachlassenden Kondition...
Seufzend bemerkte sie, dass sie zurückgefallen war und schloss schnell wieder zu ihren Teamkollegen auf, die sich bereits an den leichten Abstieg des Hügels machten.

Einige Stunden später fühlte Sam sich besser. Das Gelände war meist eben oder fiel sogar sanft ab, was ihren müden Beinen sehr entgegengekommen war. Ihr Blick fiel auf O'Neill, der nun seinerseits langsam zurückfiel. Bei genauerer Betrachtung erkannte sie, dass er Probleme zu haben schien. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, verlangsamerte auch sie ihre Schritte, bis sie Daniel Gesellschaft leistete, der bis jetzt das Schlusslicht gebildet hatte.
~*~


"Er hat Probleme mit seinem Knie.", murmelte Daniel ergriffen und rieb seine Handflächen gegeneinander, um ihnen wieder Gefühl einzuhauchen. Sam sah ihn kurz von der Seite an. "Ja. Die Kälte und die dauernde Belastung sind nicht gerade das Beste.", antwortete sie. Mit diesen Worten holte sie wieder ein wenig auf.

Als sie sich wieder auf leicht ansteigendem Gelände befanden, verlangte Daniel nach einer kurzen Pause. Sam wusste, dass er diese Pause nicht nur für sich selbst hatte einlegen lassen. Seit seiner Erfahrung als Lichtwesen war er überaus sensibel, was die Bedürfnisse anderer anging. Sie lächelte ihm kurz wissend zu und half dann Teal'c dabei, den Schnee niederzutreten, um die Thermomatten ausrollen zu können.

Die letzten Nahrungsvorräte wurden ausgeteilt und langsam kamen die Vier wieder zu Kräften.
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Sam, wie Jack sich immer wieder verstohlen das Knie rieb und er wie unter Schmerzen die Augen schloss.
Keiner der drei anderen aber würde es wagen, Jack nach seinem Befinden zu fragen.
~*~


Es dauerte länger als sie alle vermutet hatten, bis Jack endlich das Zeichen zum Aufbruch gab. War es vor der Pause schwer gewesen, durch den hohen Schnee zu stapfen, so kostete es nun noch mehr Überwindung, die müden Glieder zu bewegen. Teal'c hatte die Führung übernommen und pflügte eine breite Schneise in den Schnee, die es den anderen leichter machte, ihm zu folgen. Jack kam hinter seinem Freund relativ gut voran. Mit zusammengebissen Zähnen versuchte er den pochenden Schmerz in seinem linken Knie zu ignorieren. Die Feuchtigkeit, Kälte und Anstrengung zehrte stärker an seinen Kräften als er zugeben wollte...

Tief in Gedanken achtete er für eine Sekunde nicht auf den von Teal'c vorgetretenen Pfad vor ihm und übersah die Wurzel eines Baumes, die aus dem frisch gefallenen Schnee herausragte. Im nächsten Augenblick spürte er, wie der Schmerz in seinem Knie explodierte und er unsanft zu Boden fiel. Den Mund zu einem tonlosen Schrei geöffnet, krümmte er sich und zog sein linkes Bein eng an den Körper.

Wie in Zeitlupe hatte Daniel seinen Freund fallen sehen. Mit wachsender Sorge schloss er im Laufschritt zu ihm auf und kniete sich neben ihn. Jack wand sich vor Schmerzen und Daniel erschrak, als er ihm ins Gesicht sah. Alle Farbe war daraus gewichen - es glich vielmehr dem Schnee. Regungslos sah Daniel auf seinen Freund hinab, dessen Atem in raschen Stößen kam. Endlich ließ sich auch Carter neben ihm in den Schnee fallen. Ohne unnötige Worte zu verlieren, schob sie Daniel sanft aber bestimmt beiseite und sprach auf O'Neill ein. Mit geübten Handgriffen lagerte sie Jacks Kopf hoch und ließ ihren Blick suchend über seinen gekrümmten Körper schweifen.

Sam zog ihr Messer aus der Tasche und schlitzte Jacks Hosenbein knapp über dem Knie auf. Der Anblick, der sich ihr bot, war schlimmer als sie sich vorgestellt hatte. Sie schaltete alle anderen Gedanken ab und ihre Professionalität half ihr dabei, sich auf die Erste Hilfe zu konzentrieren - und nicht auf die Person, die unter ihren Händen die schlimmsten Schmerzen litt. Endlich öffneten sich Jacks Augen und Sam versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen. "Es wird alles wieder gut. Ist nicht so schlimm, wie es sich anfühlt.", sagte sie mit zittriger Stimme. Jacks Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. "Er...schießen sie...mich. Carter.", brachte er unter mehreren Atemzügen hervor und stöhnte, als Sam den Verband über seinem geschwollenen Knie festzog.
"Keine Chance, Sir. Wir brauchen Sie noch.", sagte sie und versuchte, ihre Stimme zuversichtlich klingen zu lassen, auch wenn sie zu brechen drohte. Auch wenn sie nur das Nötigste von Medizin verstand, so hatte sie doch genug gesehen, um zu wissen, dass es um das Knie nicht gut stand...

"Sie werden jetzt aufstehen müssen, Sir.", forderte sie schließlich mit fester Stimme und schob die schwarzen Gedanken von sich.
Ein Blick auf Jacks Gesicht sagte ihr jedoch, dass er mittlerweile das Bewusstsein verloren hatte. Verzweifelt blickte sie in die Gesichter ihrer Freunde. "Verdammt!", fluchte sie.
"Teal'c! Wir müssen ihn so schnell wie möglich auf die Erde bringen!", rief sie und langsam ergriff die Panik von ihr Besitz, die sie vorher so erfolgreich unterdrückt hatte. "Es ist noch fast ein Tagesmarsch bis zum Stargate.", sagte Teal'c, während Sam unnachgiebig versuchte, Jack wieder aus seiner Bewusstlosigkeit zu holen.

weiter: Kapitel 3
Kapitel 3 by moth-to-flame
3. Kapitel

Als Jack langsam die Augen öffnete, spürte er ein paar einzelne Schneeflocken auf seinem Gesicht. Er blinzelte und blickte plötzlich in Sams Gesicht.

"Was...ist passiert?", fragte er und wollte sich aufsetzen. Ein reißender Schmerz in seinem Knie ließ ihn es sich anders überlegen und er sank zurück in den weichen Stoff eines Schlafsackes. "Es wäre besser, wenn Sie liegen bleiben würden, Sir.", sagte Sam ernst.
"Ja...fühlt sich...ganz so an.", presste Jack hervor. "Sie sind so vollgestopft mit Schmerzmitteln, dass es mich wundert, dass Sie wach sind.", sagte sie und der Hauch eines Lächeln huschte über Carters Gesicht.

Aber trotz der hohen Dosis Schmerzmittels erkannte Jack die Besorgnis, die sich in ihrem Blick widerspiegelte. Er konnte sich ausmalen, wie es um sein Knie geschrieben stand.
"Wo sind die anderen?", fragte er mit schwacher Stimme und sah sich um. Sie befanden sich in einer Art Biwak, gebaut aus aneinandergelehnten Ästen. Es bot ein wenig Schutz vor dem Wind, und nur wenige verirrte Schneeflocken fanden ihren Weg herein.
"Zum Stargate. Sie holen Hilfe.", kam die Antwort. Jacks Augen schlossen sich wieder und seine Gesichtszüge wirkten eigen-artig verzerrt. Sam wusste, dass er trotz der Medikamente immer noch starke Schmerzen hatte. "Sie sollten sich ausruhen, Sir.", flüsterte sie.

"Sie sollten...auch zum Stargate gehen.", sagte O'Neill unter zwei Atemzügen. Sam erschrak vor der Hoffnungslosigkeit, mit der seine Stimme getränkt war.
"Daniel und Teal'c werden bald Verstärkung bringen. Es wird alles wieder in Ordnung kommen.", gab Sam mit mehr Vertrauen in der Stimme als sie tatsächlich hatte.
"Ihre Verletzungen sind nicht so schlimm, als dass wir nicht noch ein bisschen hier aushalten könnten.", fügte sie hinzu und merkte erst jetzt, dass Jack entweder eingeschlafen oder wieder bewusstlos war. Sam streckte ihre schmerzenden Glieder und legte sich neben ihn. Irgendwann übermannte sie die Müdigkeit.
~*~


Stunden später wachte sie aus einem traumlosen Schlaf auf. Jack stöhnte und wand sich neben ihr unter Schmerzen. Er schwitzte und atmete schwer. Sie fühlte sich hilflos. Wenn sie ihm noch mehr Schmerztabletten verabreichte, würde ihr Vorrat nicht mehr lange reichen. Dieses Risiko wollte und konnte sie nicht eingehen. Sie rutschte näher an seinen zitternden Körper und strich ihm beruhigend über die Stirn. Selbst jetzt in seinem bedauernswerten Zustand kam es ihr noch wie ein Privileg vor, ihn zu berühren...

Sam begann, ihm leise Worte zuzuflüstern und ihm über seine glühenden Wangen zu streicheln. Was würde sie in diesem Moment nur alles geben, um ihm seine Schmerzen nehmen zu können. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrem Inneren aus, und bei jedem seiner leisen Schmerzensschreie war es ihr, als würde ein Dolch direkt in ihr Herz getrieben.

Eine einzelne Träne fand ihren Weg über ihre rechte Wange und landete auf Jacks heißer Stirn. Es tat weh, die Gewissheit zu haben, ihm nicht helfen zu können.
Ihre Hände glitten immer langsamer über seine erhitzte Haut und ihre Finger legten sich beschwichtigend auf seine trockenen Lippen, als könnte sie so sein Stöhnen unterdrücken und ihm die Schmerzen nehmen.

Vielleicht kam es ihr nur so vor, aber sein Atem wurde tatsächlich gleichmäßiger und er hörte auf zu stöhnen.
~*~


Jack erwachte langsam aus seiner komaartigen Bewusstlosigkeit. Ohne die Augen zu öffnen, wusste er, wo er sich befand. Er war wieder einmal davongekommen...
Die Wolken, die seinen Geist vernebelten, ließen keinen klaren Gedanken zu. Aber da war ein pochend klarer Schmerz ihn seinem Knie, der ihm signalisierte, dass er wach war. Außerdem hörte er gedämpfte Stimmen an sein Ohr dringen. Noch konnte er die Stimmen nicht zuordnen, aber er spürte die Gegenwart einer Person.
Er konzentrierte sich darauf und versuchte, die Augen zu öffnen. Es misslang und ein plötzlicher Schwächeanfall holte in beinahe wieder zurück in die gnadenvolle Dunkelheit der Ohnmacht. Ein leises Stöhnen entwich ihm. Er hörte die Person, die in seiner Nähe war, sich bewegen. Schmale, kalte Finger strichen seinen Unterarm entlang und fassten schließlich nach seiner Hand. Er musste nicht sehen können um zu wissen, wessen Hand nun in der seinen lag. Der Kontakt tat gut, der Schmerz wurde fast nebensächlich...
~*~


...drei Wochen später...

Schnell leerte Sam Carter ihre halbvolle Kaffeetasse und machte sich daran, die letzten paar Zeilen ihres Reports fertig zu tippen. Eine langweilige Arbeit, die in den letzten zwei Wochen leider zum Alltag geworden war. Während Daniel und Teal'c oft anderen Teams zugeteilt worden waren, wurden ihre 'Fähigkeiten' hier in der Basis nötiger gebraucht. Sie nach ihrer Meinung zu fragen, war keinem eingefallen...

Mit einem triumphierenden Seufzen druckte sie den seitenlangen Bericht aus und schickte ihn danach per e-mail an General Hammond. Zeit für den täglichen Besuch auf der Krankenstation...

Lange würde diese alltägliche Visite hoffentlich nicht mehr notwendig sein. Jack ging es den Umständen entsprechend gut. Bis auf sein malträtiertes Knie war er fit wie eh und je. Nur seine Laune hatte sich seit dem Unfall nicht gebessert. Er war noch schweigsamer und verschlossener als sonst und irgendwie war ihm sein Humor großteils verloren gegangen, was jeden, der ihn einigermaßen gut kannte, mit Besorgnis erfüllte.

Nach einer stundenlangen Operation hatte Dr. Frasier es zusammen mit einigen Experten geschafft, sein Knie großteils wieder herzustellen. Zurzeit arbeitete die Ärztin täglich an O'Neills Rehabilitation. Ein nervenaufreibender Job, was Sam un-gesehen geglaubt hatte. Und doch machte der Colonel gute Fortschritte. Seine Krücken hatte er bereits seit Tagen in die Ecke geworfen und er humpelte bereits durch die Gänge des SGC.

Leichte Vorfreude keimte in Sam, als sie die Tür der Krankenstation aufstieß. Sofort machte sie Janet aus, die mit ihrem Stethoskop bewaffnet gerade dabei war, einige Proben zu beschriften.
"Sam.", begrüßte sie Frasier.
"Hi Janet. Wie geht's dem Colonel heute?", fragte Sam.
Ein leichtes Lächeln huschte über das ebenmäßige Gesicht der Ärztin. "Ganz gut. Er wollte zu Hammond.", gab sie zur Antwort.
Sam runzelte die Stirn. Sie murmelte einen Dank und verließ das Lazarett eiligen Schrittes.

In ihrer Eile wäre sie beinahe an Daniel vorbeigelaufen, der ihr entgegenkam. Erst als er sie ansprach, blieb sie stehen. "Hey Sam. Ich habe dich gesucht. Hast du gewusst, dass Jack eine Woche Urlaub beantragt hat?", warf er ihr an den Kopf.
Überrumpelt machte Sam den Mund auf um etwas zu sagen, nur um ihn dann tonlos wieder zu schließen. Daniel sah sie schief an und fuhr fort. "Er will nach Minnesota. Ich konnte mich grade noch von ihm verabschieden.".
"Was?", brachte sie schließlich hervor. "Er ist schon weg?", addierte sie verwirrt. Daniel nickte und sah sie fragend an.
"Hatte es ziemlich eilig...", meinte er dann langsam.
Sam seufzte. "Danke, Daniel.", sagte sie und ließ ihren Freund ohne ein weiteres Wort stehen.
~*~


Eine Woche Urlaub. Was war dagegen einzuwenden? Sie war seit langem das erste Mal wieder dazu gekommen, den Rasen zu mähen und den zentimeterdicken Staubschichten, die sich auf sämtliche Inneneinrichtungen gelegt hatten, den Kampf anzusagen. Sie hatte die Waschmaschine repariert, den Inhalt des Kühlschrankes 'erneuert' und den Dachboden entrümpelt. Kurz gesagt, ihr war langweilig. Es gab nichts mehr zu tun.

Gott sei Dank war die Woche bald um. Ein sinnloser Abend vor dem Fernseher, und dann kehrte hoffentlich wieder Normalität in ihr Arbeitsleben. Sie war es nicht mehr gewohnt, Zeit für sich zu haben und wusste nichts damit anzufangen. Sam befand sich lieber in Lebensgefahr, Rücken an Rücken mit ihren Freunden im Kampf, sie tat lieber etwas Sinnvolles - wie zum Beispiel die Er-de zu retten.

Sie hoffte nur, dass ihrem Vorgesetzten der Urlaub ebenso missfiel wie ihr und er ebenfalls so schnell wie möglich wieder auf Missionen gehen wollte. Sehr viel länger würde sie diesen Zustand nämlich nicht mehr ertragen. Nachdenklich nahm sie einen Schluck von dem Bier, an dem sie nun schon seit einer geschlagenen Stunde arbeitete und richtete ihren Blick anschließend auf das prasselnde Kaminfeuer, das fast romantisch wirken könnte, wenn...
Das plötzliche Läuten des Telefons hinderte sie daran, diesen Gedanken weiterzuspinnen.
~*~


Drei Wochen? Das war nicht möglich, das war absolut un-denkbar. Irgendeine höhere Macht war da im Spiel. Jack würde doch niemals von sich aus drei Wochen Urlaub nehmen! Nicht der Jack, den sie kannte. Der ließ sich doch von einer simplen Knieverletzung nicht einschüchtern. Nein...irgendetwas stimmte hier nicht...

Aufgebracht ging Sam im Wohnzimmer auf und ab und versuchte, mit ihren verwirrenden Gedanken zurechtzukommen.
Sie hatte gerade einen Anruf von General Hammond erhalten, dass Jack dem SGC für weitere drei Wochen fernbleiben werde. Sie selbst werde zwischenzeitlich den Rest von SG-1 kommandieren und auf ein paar einfache Missionen führen.

Doch Sam stand nicht nur mit dieser Regelung auf Kriegsfuss - ein SG-1 Team ohne seinen Führer Jack O'Neill war kein SG-1 Team - sondern sie machte sich auch große Sorgen um ihn. Es widersprach einfach allem, was sie in den letzten Jahren über ihn gelernt hatte. Vielleicht hatte dieser Unfall doch mehr Verletzungen verursacht, als man äußerlich feststellen konnte...

Ein ungutes Gefühl erfasste Sam. Eigentlich gingen sie die Motive ihres Vorgesetzten in dieser Beziehung gar nichts an, aber sie konnte und wollte es nicht auf sich beruhen lassen. Sie musste einfach wissen, warum...

weiter: Kapitel 4
Kapitel 4 by moth-to-flame
4. Kapitel

Tausend verschiedene Gedanken kreisten durch ihren Kopf, als Sam auf den Freeway auffuhr. Sie hatte nicht einmal ein klares Ziel. Die mickrige Wegbeschreibung, die sie von Teal'c erhalten hatte und die - in aller Eile auf einen Zettel gekritzelt - ihre einzige Hilfe bei der Suche nach Jacks Hütte war, lag auf dem Beifahrersitz.

Vielleicht wollte Jack einfach nur für eine kleine Weile Abstand von allem haben, was er mit dem SGC in Verbindung brachte. Sie wusste, dass ihr Job einer der schwersten, gefährlichsten, gleichzeitig aber auch einer der schönsten und aufregendsten waren, die es überhaupt gab. Manchmal fühlte auch sie sich von den Aufgaben und Ansprüchen an ihre psychische und physische Stärke überfordert. Aber sie hatte in Jack O'Neill immer nur den Helden gesehen. Einen Mann, der sein Schicksal akzeptiert hatte und das Beste daraus machen wollte. Jemand, der sein eigenes Leben unzählige Male für andere Menschen oder für das Wohl des ganzen Planeten geopfert hätte...

Wer wäre Sam, ihm eine kleine Pause nicht zu gönnen? Aber es sah ihm einfach nicht ähnlich, Abstand halten zu wollen. Er war es, der ihnen allen immer Kraft gegeben hatte, der wie ein Fels in der Brandung auch in den ausweglosesten Situationen noch Hoffnung und Mut aufgebracht hatte, weiterzumachen. Er war es auch, der an die dunkelsten Orte und Situationen mit seinem Humor ein kleines Fünkchen Licht gezaubert hatte. Und sie hatte ihn für das alles immer bewundert. Bewundert?
Vielleicht auch mehr als das. Sie hatte seine Launen, seine manchmal harte Ehrlichkeit und all seine Eigenheiten kennen und lieben gelernt. Sie kannte jede seiner Bewegungen auswendig, würde sämtliche Ecken und Kanten seines Gesichtes im Dunkeln unter Hunderten erkennen...

Und sie kannte keine andere Person, mit der sie lieber zusammenarbeiten würde, selbst wenn es nicht immer leicht war. Jack O'Neill war etwas Besonderes - in vielen Beziehungen. Und sie war nicht bereit, dieses Besondere zu verlieren.

Draußen setzte leichter Regen ein...
~*~


Sie hatte es also tatsächlich gefunden. Sein Refugium, sein Heiligtum. Die kleine Blockhütte tauchte wie aus dem Nichts vor ihr zwischen den Bäumen auf. Die unbefestigte Straße hatte kein Ende nehmen wollen - kilometerweit nichts als undurchdringliches Grün, große Pfützen, Schlamm...und Wildnis. Bereits beim ersten Blick auf die Hütte verstand sie, warum Jack dieser Ort so wichtig war. Der starke Regen minderte die Schönheit nicht, die er ausstrahlte. Staunend stellte Sam den Motor ab und stieg aus dem Wagen. Sofort prasselte der Regen auf sie nieder, aber es machte ihr nichts aus. Langsam näherte sie sich dem Haus. Feiner Rauch stieg vom Kamin auf und wurde vom Regen fast vollständig verschlungen.
Sie bemerkte Jacks Wagen, der in einem kleinen Unterstand neben der Hütte geparkt war. Er war also tatsächlich hier...

Sie war nun fast an der Haustür angekommen und erst jetzt bemerkte sie die Gestalt, die am Ende eines langen Steges, der auf den See hinaus führte, saß. Sam lächelte und erinnerte sich an einen von Jacks Sprüchen, "Am besten beißen die Biester, wenn nicht einmal ein Hund freiwillig vor die Tür gehen würde.".

Diese Erinnerung schien Jahre zurück zu liegen. Wie auch immer, das Wetter war also perfekt zum Fischen. Sam trat auf den Steg und ging langsam auf Jack zu, der in einen langen schwarzen Regenmantel gehüllt, auf einem kleinen Sessel saß und regungslos seine Angel ins Wasser hielt. Hatte er sie schon bemerkt? Es schien zumindest nicht so.

Doch plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Der Schwimmer zitterte leicht auf der Wasseroberfläche und Jack drehte sich langsam um. Sam konnte nicht viel erkennen, sein Gesicht lag im Schatten der großen Kapuze, die er trug. Wasser tropfte vom Rand der Kapuze auf sein Gesicht. Er stand auf und die Angel fiel unbeachtet neben ihm auf zu Boden.

Sam schluckte und spürte, wie die Feuchtigkeit langsam an ihre nackte Haut drang. Sie trug nur einen dünnen Pullover und ein T-Shirt. Eine Weile schaffte sie es, seinem fragenden Blick standzuhalten, bevor sie den ihren auf den Boden senkte. Plötzlich war es ihr peinlich, hergekommen zu sein. Ihm ging es gut. Alles was er wollte, war ein wenig Ruhe, hier an diesem wunderschönen Platz. Sie kam sich wie ein Eindringling vor. Eine Fremde in seinem Territorium...

Langsam hob sie den Kopf und starrte ihm wieder in die Augen. Er erwiderte ihren Blick, hielt ihm aber nicht lange stand. Doch Sam hatte genug gesehen, um zu wissen, dass es ihm in Wirklichkeit nicht gut ging.

Irgendetwas war in seinen Augen, das dort nicht hingehörte. Es war, als läge ein Schatten auf seinem Gesicht...
Schweigend stand er vor ihr, der Regen prasselte unaufhörlich auf ihn nieder und sein Körper wirkte angespannt. Ihre Kehle fühlte sich trocken an und obwohl sie etwas erwidern wollte, fehlte ihr die Kraft dazu.

Endlich fand einer der beiden seine Stimme wieder. "Carter.", sagte er einfach. Es klang wie eine Feststellung. Sie starrte nur auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne, bis sie aus den Augenwinkeln plötzlich wahrnahm, dass er sich bewegte.

Weitere Sekunden verstrichen ungenützt, bis Jack plötzlich wortlos an ihr vorbeiging und sie dabei nur unabsichtlich an der Schulter streifte. Ohne ein Wort zu verlieren, ging er auf die Hütte zu und ließ sie zurück.

Sam schloss kurz die Augen und fröstelte. Wenig später drehte sie sich ebenfalls um und ging mit bedächtigen Schritten auf ihren Wagen zu. Sie kämpfte gegen die Tränen, die bereits ihre Augen füllten, eine seltsame Leere verdrängte alle anderen Gedanken. Es war, als würde sie in ein tiefes Loch fallen, aus dem es keine Wiederkehr gab.
Sie hätte nie herkommen sollen...
Sam ließ den Motor aufheulen und setzte rückwärts den Weg zurück.
~*~


Endlich wieder auf befestigter Straße ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Die Enttäuschung war zu groß, als dass sie diese nun noch zu unterdrücken imstande wäre.
Was hatte sie sich von ihrem Besuch erwartet? Mit offenen Armen empfangen zu werden? Er hatte nicht darum gebeten, dass sie nach ihm sah. Sie hätte es besser wissen müssen. In blinder Wut holte sie das Letzte aus ihrem Wagen heraus und der Motor jaulte verzweifelt auf.

Wenigstens hätte er aber mit ihr reden können, auch wenn sie ungefragt in sein Privatleben getreten war, so hätte er doch wenigstens ein Zeichen der Anerkennung geben können. Stattdessen hatte er sie durchnässt und frierend wortlos stehen lassen - eine Geste, die sie dem Mann, den sie als Jack O'Neill kannte, niemals zugetraut hätte...
~*~


Es war bereits weit nach Mitternacht, als Sam den Wagen mit letzter Kraft in ihre Auffahrt lenkte. Sie hatte nicht die Kraft, die Nacht auf der Basis zu verbringen. Sie könnte es heute nicht mehr ertragen, zurück in die Enge und Abgeschlossenheit unter dem Berg zurückzukehren. Nicht heute...

Als sie endlich die Tür zu ihrer Wohnung aufgeschlossen und Licht gemacht hatte, wurde ihr bewusst, dass es hier nicht viel besser war. Hier ersetzte eine unpersönliche Leere die Enge im Berg, die Einsamkeit ergriff von ihr Besitz, bald nachdem sie durch die Tür eingetreten war. Sams Lider flatterten, sie war völlig übermüdet und hatte in der letzten Stunde der Fahrt Mühe gehabt, das Auto auf der Straße zu halten. Sie zog sich den immer noch leicht feuchten Pullover über den Kopf und warf ihn achtlos zu Boden.

Trotz ihrer Müdigkeit dauerte es noch lange, bis Sam in dieser Nacht einschlief. Ihre Gedanken hingen noch am Rand des großen Loches, das Jack heute in ihr Herz gerissen hatte...

weiter: Kapitel 5
Kapitel 5 by moth-to-flame
5. Kapitel

Viel zu früh riss ein penetrantes Klingeln sie unsanft aus dem Schlaf. Stöhnend beschloss Sam, den Anruf zu ignorieren und drehte sich auf die andere Seite des Bettes. Doch das Klingeln brach nicht ab - es wurde immer lauter. Schließlich realisierte sie, dass es die Türglocke war, die ihre Nachtruhe störte. Ein blick auf die rote Anzeige des Digitalweckers sagte ihr, dass es erst fünf Uhr morgens war und sie lediglich zwei Stunden geschlafen hatte.
Mühsam kämpfte sie sich aus dem Bett, nachdem sie es aufgegeben hatte, zu hoffen, der frühmorgendliche Störenfried würde aufgeben.

Die Erinnerungen an den gestrigen Tag fluteten ihre Gedanken und sie stöhnte, während ihre wankenden Schritte sie zur Tür führten. Erst kurz vor ihrem Ziel bemerkte sie die umherliegenden Kleidungsstücke im Wohnzimmer und beschloss, dass es zu dieser Stunde ihr gutes Recht war, Unordnung zu haben.

Das Klingeln der Türglocke war mittlerweile zu einem ohren-betäubenden Dauerton angestiegen und Sam beschloss, die in ihrem Inneren neu aufflammende Wut an dem Quälgeist auszulassen.
Schwungvoll öffnete sie die Tür und schnappte im nächsten Augenblick nach Luft. Vor ihr stand Jack...
~*~


Ungläubig starrte sie ihn an. Zu überrascht, um irgend etwas zu sagen, spürte sie, wie zornig sie im Stillen auf den Mann war, der vor ihr stand. Auch er wusste scheinbar nicht recht, was er überhaupt hier tat.

Er trug eine schwarze Mütze und einen Parka - und er lächelte unsicher. Ihre Blicke trafen sich und Jack seufzte leise. "Tut mir leid.", sagte er. Sam brauchte nicht lange zu fragen, was ihm Leid tat, sie nickte einfach.
Erst jetzt realisierte sie, dass sie fast nichts anhatte. Jack schien dies mittlerweile auch bemerkt zu haben und räusperte sich unbehaglich. "Kommen Sie doch herein.", bot Sam an, doch Jack schüttelte schnell den Kopf. Sam sah ihn überrascht an. "Glauben Sie mir, das sind Sie mir schuldig.", murmelte sie, packte ihn am Armgelenk und zog ihn in die Wohnung.

Jack wehrte sich nicht, trotzdem schloss sie schnell die Haustür, sollte er es sich doch noch anders überlegen.
Schnell hob Sam die herumliegenden Kleider auf - darunter ein schwarzer BH - und verschwand im Schlafzimmer, um wenigstens einen Trainingsanzug anzuziehen. Jack hatte sich mittlerweile mit seinem Schicksal abgefunden, seine Jacke ausgezogen und es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht.

Nachdem Sam Kaffee gemacht hatte, saßen sich die beiden schweigend gegenüber. Einige Minuten verstrichen in einer Stille, in der man eine Stecknadel hätte fallen hören können.

"Es ist einfacher, nichts zu sagen, als etwas Falsches zu sagen.", sagte Jack plötzlich.
Sam sah erstaunt auf. Sie wusste genau, wovon er sprach und lächelte. "Das mag so scheinen, aber ich bin überzeugt davon, dass dem nicht so ist."
"Besser man sagt etwas Falsches, als man sagt gar nichts?"
Sam nickte und nahm einen Schluck ihres Kaffees.

"Ich bin eigentlich nur hier, um mich zu entschuldigen.", sagte Jack nach einer Weile. Er fühlte sich sichtlich unwohl.
"Ich weiß.", sagte sie und studierte sein Gesicht. War es das Licht oder wirkte er blass? Seine Wangenknochen erschienen ihr zumindest markanter als vor seinem "Unfall".
"Und?", drängte er.
"Was wollen Sie hören, Jack?", fragte sie absichtlich distanziert. Er räusperte sich und schwieg.
"Das es nett von Ihnen war, mich im Regen stehen zu lassen, ohne ein Wort, ohne...irgendetwas? Dass es mir nichts ausgemacht hat, stundenlang sinnlos durch die halben Staaten zu fahren?"
Jack schüttelte den Kopf.
"Sie haben mich überrumpelt...", murmelte er leise.
"Ich wollte nur sicher gehen, dass es Ihnen gut geht.", erwiderte Sam genauso leise.
Jack schloss kurz die Augen. "Es geht mir gut.", sagte er.
Sam erwiderte nichts, aber sie wusste, dass er log.

"Wann werden Sie wieder arbeiten?", fragte Sam einige stille Minuten später, um vom Thema abzulenken.
"Vielleicht nie wieder.", kam es zurück, wenngleich unsicher.
Seine Antwort traf sie wie ein Schlag auf den Kopf. "Was soll das heißen?", wollte sie wissen. Sie spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte.
Jack senkte den Kopf und schwieg.
"Frasier sagt, mit Training und ein bisschen Vorsicht wird ihr Knie wieder okay...Sie sind der Beste, Jack.", sagte Sam und biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu schreien. Das durfte doch nicht sein Ernst sein. Das war nicht der O'Neill, den sie kannte. Aber irgendwie hatte sie gefühlt, dass noch etwas anderes hinter seiner gestrigen Abweisung gesteckt hatte.

"Das ist es nicht...nicht nur.", unterbrach er ihre Gedankengänge.
"Was...was dann?"
"Es war eine Routinemission, Sam.", sagte er.
Sam nickte verständnislos. "Was wäre passiert, wenn wir im Kampf gegen die Goa'uld gewesen wären? Ich hätte euch alle in Gefahr gebracht.", erklärte er. Sam schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht glauben, was ihn beschäftigte!

"Aber...es war nicht so. Und so etwas könnte jedem von uns passieren, dieses Risiko gehen wir bei jedem Gang durch das Sternentor ein...", widersprach sie vehement.
"...aber ich kann den Gedanken daran nicht ertragen, Carter. Ich hasse es, mir vorzustellen, dass ich der Grund für den Tod eines anderen bin.", unterbrach er sie.
"Ich kann das nicht glauben, Jack. Vielleicht sind nur wir beide Militärs, aber das gesamte SG-1 Team besteht aus Soldaten. Aus Kriegern, die gegen einen übermächtigen Feind kämpfen. Wir alle riskieren täglich unser Leben für ein höheres Ziel, wir wissen, was wir tun. Sie vor allem sollten das am besten wissen. Zumindest dachte ich das...bis jetzt.", brauste sie auf.
Jack schloss kurz die Augen.
"Es geht darüber hinaus.", sagte er und Sam verstummte.
Ein Schatten hatte sich über seinen Blick gelegt, der ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

"Es sind Träume, Sam. Sie zeigen mir oft, was passieren könnte, machen wir nur einen falschen Schritt. Sie sind wie ein ständiger Begleiter meiner Entscheidungen. Vielleicht bin ich es leid, jeden Tag mit dem Gedanken leben zu müssen, vielleicht ein weiteres Mal jemanden auf dem Gewissen zu haben, der mir etwas bedeutet.", sagte er und blickte sie mit einer eigenartigen Tiefe an.
Sam erstaunte seine Offenheit ebenso wie es sie erschreckte, dass er seine Empfindungen vor ihr so offen auf den Tisch legte.
"Aber es sind nur Möglichkeiten, wie es sein könnte. Wir haben in unserem Kampf schon so viel erreicht...Vielleicht wäre es nur nobel, eines Tages dafür sein Leben zu las-sen.", erwiderte sie.
Erstaunt sah er sie an.

"Vielleicht haben Sie Recht. Was hält uns hier schon. Was bietet uns das Leben?", fragte er sich selbst und stand plötzlich auf.
"Das habe ich nicht gemeint.", gab sie zurück.
"Ich weiß.", sagte er und setzte sich seine Mütze auf.
"Aber bestreiten Sie es?", wollte er wissen.
Sam musste nicht lange überlegen. "Ja...ja, das tue ich. Es gibt durchaus Dinge, die uns hier Kraft geben. Und die ich nicht missen möchte.", sagte sie.
"Uns?".
"Mir...und ich bin sicher, dass es auch für Sie etwas gibt, Jack, wofür das es sich zu leben lohnt.", sagte sie und stand ebenfalls auf.
"Da haben Sie vielleicht sogar Recht. Nur ist es sehr schwer, diese Dinge zu finden.".
Sam nickte langsam.
"Wie auch immer. Ich sollte jetzt gehen...", überlegte Jack und griff zu seiner Jacke.

Sam folgte ihm bis zur Tür. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus packte sie ihn an der Schulter. "Wann werden Sie wieder arbeiten?", wiederholte sie ihre Frage von vorhin.
Jack starrte sie erstaunt an. Sie lächelte.
"Ich weiß es nicht.", sagte er wahrheitsgemäß und verfing sich in ihrem Blick. Dann drehte er sich um. Den Parka immer noch in seiner rechten Hand, öffnete Jack endlich die Haustür und spürte die frische Morgenluft, die ihm entgegenblies.

"Ich möchte nicht, dass Sie mit dem Gedanken gehen, es gäbe in ihrem Leben nichts Lebenswertes.", sagte sie und war auch über ihre eigene Offenheit erstaunt. Jack drehte sich daraufhin wieder zu ihr um.

Etwas in seinem Blick hatte sich verändert. Sam spürte, wie eine Gänsehaut über ihren Körper jagte. Was passierte hier gerade?
Jack trat einen Schritt auf sie zu, bis sie seinen heißen Atem an ihrer Wange spüren konnte. Sie schloss die Augen und lauschte auf ihr Inneres. Ihr Herz pochte fast schmerzhaft gegen ih-re Brust und sie fühlte sich, als wäre ihr der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Und das alles nur aufgrund seiner Nähe? Was war nur los?

"Wirklich nicht?", fragte er und ging damit auf ihre Aufforderung ein. Seine Stimme war tief und rauchig. Ein Kribbeln ging durch ihren Körper.
"Nein.", hauchte sie.
Augenblicke später spürte sie seine Lippen auf den ihren. Es war ein sanfter, liebevoller und zärtlicher Kuss. Und er endete viel zu schnell...

Schnell ließ Jack von ihr ab und trat einen Schritt zurück. "Jetzt habe ich wenigstens die Erinnerung an etwas, für das es sich zu leben immer lohnen würde.", sagte er und lächelte kurz, bevor er sich umdrehte und durch die Tür nach außen trat.

ENDE
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