Herzleid by Christian
Summary: Wenn du willst, kannst du alles erreichen! Aber bist du auch bereit, den Preis zu zahlen?
Categories: Stargate SG-1 Characters: Samantha Carter (SG-1), Universell
Genre: Alternativ Universum, Angst, Character Death, PoV, PwP, Romance, UST, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 1311 Read: 5937 Published: 07.11.11 Updated: 07.11.11
Story Notes:
Dies ist KEINE nette Geschichte.

1. Kapitel 1 by Christian

Kapitel 1 by Christian
Author's Notes:
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Herzlied


"Bewahret einander vor Herzleid,
denn kurz ist die Zeit die ihr beisammen seid.
Denn wenn euch auch viele Jahre vereinen,
einst werden sie wie Minuten euch scheinen."
- Rammstein, Herzleid


Das Leben ist wie eine Straße mit vielen Weggabelungen. Immer wieder muß man sich für eine Richtung entscheiden, ohne wirklich zu wissen, wohin einen der Weg führen wird. Und plötzlich findet man sich dann in einer Sackgasse wieder und stellt fest, daß es kein Zurück mehr gibt.

Die Physik der alternativen Universen sagt aus, daß wir uns an einer Weggabelung nicht wirklich entscheiden, wo uns der Weg hinführen wird. Statt dessen spalten wir uns auf und setzen unseren Weg in beide Richtungen fort - ohne daß der eine Teil weiß, welches Schicksal dem anderen Teil widerfährt. Wir können nur spekulieren, was geschehen wäre, wenn wir uns anders entschieden hätten, was hätte sein können und nun niemals sein wird - zumindestens nicht für uns. Denn obwohl in Wirklichkeit alle Möglichkeiten gleich wahr sind, können wir nur eine dieser Wahrheiten als solche erkennen.

Mein Weg hat mir nur Leid gebracht.

***

Der Raum ist bis zur Decke angefüllt mit kalter, metallischer Technologie. Überall klickt, zischt und summt es, und als einziges lebendiges Wesen inmitten dieser grotesken Anhäufung von Computern, Generatoren und Servomotoren wächst meine Angst, einfach gepackt und von der brutalen Maschinerie in einem seelenlosen Akt zu einer blutigen Masse zerquetscht zu werden. Ich sitze in einem metallischen Käfig, von zahllosen Gurten festgeschnallt, so daß ich mich kaum noch rühren kann. Kalter Schweiß bricht mir aus und durchtränkt meinen Overall.

Der Chefingenieur tritt auf die kleine Plattform, die zu meinem Käfig führt: "T minus 10 Minuten. Wie fühlen Sie sich?" Der Mann trägt soviel Technik am Leib, daß man ihn fast für einen Roboter halten könnte.

Ich murmel eine unverständliche Antwort, und er nickt nur: "Gehen Sie es ruhig an. Befreien Sie ihren Geist. Möchten Sie, daß wir die Theorie noch einmal kurz überfliegen?"

Ich versuche zu nicken, aber einer der Gurte hindert mich daran.

"Schön. Der Quanten-Wandler" - er macht eine ausschweifende Armbewegung - "wird es Ihnen ermöglichen, zum ersten Mal das zu tun, was der Menschheit bislang verwehrt war: Das kontrollierte Tunneln zu einer anderen Raum-Zeit-Ebene. Während man normalerweise an den kausalen Zusammenhang von Ursache und Wirkung gebunden ist, unterbricht der Wandler diesen Zusammenhang und führt Sie direkt an ihr Ziel. Effektiv verlassen Sie dieses Universum und reisen in ein paralleles Universum. Inwieweit Sie diese Reise steuern können, wird dieses Experiment zeigen."

Wie beim Quantenspiegel! kommt es mir in den Sinn. Aber das sage ich ihm nicht. Ebensowenig wie ich ihm verrate, warum ich wirklich hier bin.

Er lächelt, versteht meinen grimmigen Gesichtsausdruck völlig falsch: "Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die elektronische Steuerung wird dafür sorgen, daß Sie nach wenigen Sekunden wieder in unser Universum zurückkehren. Sie können stolz auf sich sein. Sie werden der erste Mensch sein, der sich außerhalb seines eigenen Universums aufgehalten hat!"

Falsch! Ich werde nicht der erste sein. Oder habe ich am Ende Unrecht, und fiktive Universen haben nicht dieselbe Existenzberechtigung wie "reale" Universen? Es würde meine Weltanschauung von der unendlichen Vielfalt zerstören. Und außerdem würde es das tödliche Risiko nicht rechtfertigen, das ich hier eingehe. Plötzlich wird mir flau im Magen, als ob mich eine dunkle Vision der Zukunft heimgesucht hätte und ich muß gegen den aufkommenden Brechreiz ankämpfen.

***

Liebe, Haß, Leidenschaft, Größenwahn - das alles sind Dinge, die einen Menschen vorantreiben können. Meine treibende Kraft ist immer die Liebe gewesen. Die Liebe zu einer Frau. Welche Frau, das war mir lange Zeit nicht klar. Also baute ich mir eine Vorstellung von ihr zusammen, die keine reale Frau jemals erfüllen konnte.

Dann begegnete ich Samantha Carter und wußte, daß sie es war. Sie ist ebenso wunderschön wie intelligent, ebenso stark wie sanft. Sie ist vollkommen. In ihr fand ich alles was ich mir jemals gewünscht hatte. Das einzige Problem - sie war keine reale Frau.

Zumindestens nicht in dieser Realität. Doch bei einer unendlichen Anzahl Realitäten ist das nicht wirklich das Problem. Das wirkliche Problem besteht darin, zu ihr zu gelangen.

Andere Menschen meiner Realität lösten das Problem für mich. Sie sind mir dankbar, daß ich mich ihren Forschungen zur Verfügung gestellt habe. So dankbar in der Tat, daß sie mich noch nicht einmal gefragt haben, warum ich das alles tue.

Ihr Fehler.

***

Die gewaltige Maschinerie, an die sie mich gefesselt haben, erwacht vollends zum Leben und ich werde zum Spielball der Gewalten. Ich spüre, wie sich meine Persönlichkeit über Millionen von Wirklichkeitsebenen verschmiert und konzentriere mich auf einen einzigen Gedanken: Sam, Sam, Sam, Sam, Sam ...

***

Als ich das Kreischen der Maschinen vernehme, die Blitze und das Donnern ferner Explosionen, weiß ich, daß etwas schiefgelaufen ist. Furchtbar schiefgelaufen ist. Ich werde herumgerissen und etwas schlägt mir ins Gesicht. Feuchtigkeit. Ich schmecke Blut. Mein eigenes Blut. Mein Arm schmerzt, er wurde aus dem Gurt gerissen. Um mich herum tintige Schwärze. Mühsam befreie ich mich. Kämpfe gegen Schwindel und Bewußtlosigkeit an. Sam! Was ist hier geschehen?

Ich taumel aus dem Labor und ins Tageslicht. Ich sehe die Trümmerlandschaft einer unbekannten Stadt, Menschen und Häuser zerfetzt von orbitalen Titanenfäusten, die immer und immer wieder auf sie herniederregnen. Die Welt ist ein Friedhof.

***

Sie liegt bäuchlings da, reglos. Ihre Uniform und der Körper darunter sind zerrissen, überall ist Blut. Ihr Blut. Ihr kostbares, lebenspendendes Blut. Ihr blonder Haarschopf ist rotverschmiert. Oh Gott, sie ist tot!

Ich eile zu ihr, gehe neben ihr auf die Knie und drehe sie sanft herum. Ich höre ein Knacken und die Galle steigt in meiner Kehle auf.

Ihr Gesicht ist totenblaß, wunderschön für alle Ewigkeiten wie das eines unsterblichen Engels. Die Tränen lassen mein Blickfeld verschwimmen und ich reiße sie an mich, küsse ihre bleiche Stirn, mische meine Tränen mit ihrem Blut.

Sie stöhnt leise auf und öffnet die Augen. Klare blaue Augen wie zwei riesige Ozeane, in denen sich ein einzelner Mensch verlieren kann. Doch die Ozeane sind leer, ihr Blick reicht durch mich hindurch in die Ewigkeit des Todes.

"Jack?" Ihr Körper bäumt sich unter heftigen Zuckungen auf. Ihre Schmerzen müssen entsetzlich sein. Ich ziehe sie fester zu mir heran.

"Ich bin hier, Sam", sage ich mit bebender Stimme, "alles wird gut."

"Nein." Blut sickert aus ihrem Mundwinkel und ihre Stimme wird immer leiser. "Ich sterbe."

Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Was soll ich dieser Frau sagen - hier und jetzt?

"Jack. Ich liebe dich", flüstert sie kaum hörbar.

Ich weiß. "Ich liebe dich auch. Geh nicht fort. Nicht jetzt."

Es ist ein Wunsch, den sie mir nicht erfüllen kann. Sie stirbt dort, in meinen Armen, und alles was ich tun kann, ist sie zu halten und ihre Lebenskraft aus ihr schwinden zu sehen.

***

Seit einer Ewigkeit knie ich hier und halte ihren toten Körper. Der rußgeschwärzte Himmel über mir und die Zerstörung um mich herum zeigen mir, daß es auch für mich keine Hoffnung mehr gibt. Wie sehr wünsche ich mir nun, daß dies alles nicht passiert wäre. Daß ich irgendwo gemütlich sitze und diese Gesichte mit einer Gänsehaut lese. Doch dort gelange ich nicht hin, denn diesen Platz nimmst du bereits ein. Du bist der Beweis, daß der Weg an anderer Stelle fortgesetzt wird, während er hier in einer Sackgasse endet.

Du bist mein Trost.

ENDE
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