Steinring by Christian
Summary: Ein neues Team macht sich bereit, in die unbekannten Tiefen des Stargate-Netzwerks vorzudringen - und sie beginnen ihre Reise nicht vom Stargate-Center aus ...
Categories: Stargate SG-1 Characters: Daniel Jackson (SG-1), Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Other Character, Own Character, Samantha Carter (SG-1), Teal’c (SG-1)
Genre: Action, Drabble, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 3 Completed: Nein Word count: 13754 Read: 29493 Published: 07.11.11 Updated: 07.11.11
Story Notes:
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1. Der Aufbruch by Christian

2. Freunde by Christian

3. Im SG-C by Christian

Der Aufbruch by Christian
Steinring
Der Aufbruch



"DAS ist es! Das siebte Symbol! Herueeka!"

Ein Glanz war in die Augen des Grafen getreten und er begann aufgeregt auf und ab zu laufen. Sein junger Lehrling Igor lächelte nur und blieb ruhig stehen. Er wußte, daß sein Herr und Meister mal wieder von einer Welle der Begeisterung erfaßt worden war, die ihn seine Umgebung völlig vergessen ließ. Gerade diese Begeisterung war es, für die er seinen Herrn so liebte. Sie war ihm viel lieber als die tiefe, an Depression grenzende Ernsthaftigkeit, die ihn normalerweise beherrschte.

"Igor! IGOR!"

"Ich bin hier, Meister."

"Ah ja," erwiderte der Graf, der selbst noch keine dreißig Jahre zählte, mit fahriger Stimme, "bring mir etwas zu schreiben. Ich muß diesen Gedanken festhalten, bevor er mir wieder davonfliegt."

"Jawohl, Herr Graf." Igor eilte los und trug das Gewünschte heran - ein paar Pergamentblätter und ein Tintenfäßchen samt Feder. Der Graf entriß sie ihm und begann sofort mit zittriger Hand zu schreiben.

Die Katakomben unter dem Schloss waren zu spärlich beleuchtet, als daß Igor hätte erkennen können, was sein Meister da aufschrieb. Also übte er sich in Gedult. Sobald der Graf seine anfängliche Begeisterung überwunden hätte, würde er ihn schon einweihen.

Schließlich endete das kratzende Geräusch der Feder auf dem Papier und der Graf wandte sich an seinen Lehrling: "Ich glaube ich habe die Lösung gefunden." Seine Stimme klang jetzt wieder normal, auch wenn immer noch ein Teil seiner Begeisterung hindurchschien. Dann hob er zu einer langen, umständlichen Erklärung an, die wohl nur er selbst verstehen konnte. Igor hörte etwas von sechs Punkten, die einen weiteren Punkt im Raum bezeichneten, und von einem siebten Punkt als Ausgangspunkt. Er hätte sich sehr gewünscht, daß der Graf seine Überlegungen anhand einer Skizze erläuterte, doch auf diese Idee kam sein Herr und Meister, der das ganze wahrscheinlich klar und deutlich vor seinem geistigen Auge sah, gar nicht.

Seine Ausführungen endete der Graf mit den Worten " ... somit ist alles, was wir jetzt noch brauchen, ein Blitz." Und damit deutete er auf das Objekt hinter ihnen, das einen großen Teil der unterirdischen Halle einnahm: ein großer steinerner Ring, der mit seltsamen Zeichen beschriftet war.

****

Das Klima in Xalviar war rauh und tückisch. Die Tage waren lang und düster und die Nächte noch viel länger und düsterer. Die Sonne zeigte sich nur selten und schwere Unwetter waren an der Tagesordnung. So mußten Graf Sebastian Freund und sein junger Lehrling nicht lange auf ihren Blitz warten. Kurz breitete sich strahlende Helligkeit über dem Schloss und dem nahegelegenen Dorf aus und der Blitz schlug in den höchsten Turm, wo er von einer langen Metallstange erfaßt und über eine dicke Metallkette direkt in den Steinring hineinfuhr. Der Ring gab ein Geräusch von sich, das unmöglich von dieser Welt stammen konnte und eine kurze Vibration erfaßte die unterirdische Halle. Dann war wieder alles still.

Vorsichtig trat der Graf näher heran und berührte den Ring mit einer Fingerspitze, wobei er erleichtert feststellte, daß sich der Stein nicht wesentlich erhitzt hatte. Triumphierend fuhr er herum: "Es ist genauso wie ich es mir gedacht habe. Der Ring hat die Kraft des Blitzes in sich aufgenommen. Schnell, wir müssen ihn richtig einstellen, bevor sich die Kraft entlädt!"

Eilig begannen sich die beiden an der hölzernen Konstruktion zu schaffen zu machen, mit der sich der innere Ring drehen ließ. Igor war etwas ratlos, aber der Graf schien genau zu wissen was er da tat. Während er mit der einen Hand kurbelte, hielt er in der anderen ein Pergament mit einer Reihe aus sieben Zeichen. Als die erste Klammer einrastete und zu glühen begann, grunzte er zufrieden. "Keine Zeit zu verlieren. Schnell jetzt, in die andere Richtung!"

Igor warf sich in die Holzkurbel und kurbelte was das Zeug hielt. So arbeiteten sie angestrengt weiter, bis sich schließlich die siebte Klammer schloß.

"So, und jetzt müßte eigentlich ..."

Weiter kam der Graf nicht, als eine gewaltige Wolke wirbelnder Energie mehrere Meter aus dem Ring hervorbrach, sie nur knapp verfehlte und das Stehpult des Grafen verschlang. Dann stürzte die Woke zurück in den Ring und pendelte sich zu einer wabernden, blau schimmernden Oberfläche aus, welche die unterirdische Halle und ihre völlig verstörten Bewohner in ein strahlendes Licht tauchte.

Igor fand als erster zu seinen fünf Sinnen zurück. Aus dem Augenwinkel registrierte er Harold, den alten Diener des Grafen. Der arme Mann war gerade durch den Eingang hereingekommen, als das Schauspiel seinen Anfang genommen hatte. Er war kreidebleich, die Schüssel mit Suppe, die er gerade servieren wollte, lang in tausend Teile zersprungen zu seinen Füßen.

Ungedultig rüttelte Igor an seinem Meister, der mitten in seinem Satz erstarrt war und mit offenen Mund auf das Wunder blickte, das direkt vor seinen Augen Gestalt angenommen hatte. "Herr Graf?"

"Es ... es hat mein Stehpult gefressen!"

"Ja, Meister."

"Wa - Warum?"

"Vielleicht ist es böse auf uns?"

"Aber warum hat es mein Stehpult gefressen?"

"Herr Graf!"

"Was?" Der Graf blickte seinen jungen Lehrling an, als würde er ihn zum ersten Mal in seinem Leben sehen.

"Was tun wir jetzt?" Igor wußte genug aus den Ausführungen seines Meisters, daß sie es hier mit einem Durchgang zu tun hatten - in eine andere Welt jenseits von allem was sie kannten. Zu den Sternen - wo immer das auch sein mochte. "Gehen wir durch?"

"Nein!" Der Graf kam nun langsam wieder zur Besinnung. "Das ist viel zu gefährlich."

Vorsichtig trat er an die schimmernde blaue Oberfläche heran und streckte seinen Finger aus, um sie zu berühren. Der Finger tauchte in die Oberfläche ein und "verschwand" darin. Ein seltsames Prickeln erfaßte ihn und er zog den Finger schnell wieder zurück - unverletzt. Sicher, der Gedanke war verführerisch ...

"Nein! Wir wollen erst einmal sehen, ob auf der anderen Seit jemand ist, der uns antworten kann. Schnell, hol eine Truhe! Irgendeine leere Truhe. Vom Speicher!"

Igor eilte los und hielt kurz inne, als er am Diener des Grafen vorbeikam: "Harold, alles in Ordnung mit Ihnen?"

Der Schock über das Erlebte saß tief in Harolds Knochen, aber er hatte in seinen unzähligen Jahren im Dienste des Grafen und seiner Vorgänger schon ganz andere Dinge gesehen. "Mir geht es schon besser, Junge, danke. Bei Selket! Ich werde wohl einen Besen holen müssen, um dieses Maleur zu beseitigen." Er deutete bestürzt auf die zerschellte Suppenschüssel. "Und dann werde ich eine neue Suppe kochen. Eine kräftige!" Damit wandte er sich ab und überließ seinen Schützlingen das Feld.

Als Igor mit der Truhe zurückkam, hatte der Graf einen kurzen Text auf einem Pergamentblatt notiert. "Eine Nachricht für die Leute auf der anderen Seite," sagte er mit einem Augenzwinkern, während er das Blatt in die Truhe legte und diese fest verschloß. Dann ergriff er die Truhe und warf sie kurzentschlossen durch die schimmernde Oberfläche des Steinrings, wo sie augenblicklich verschwand. Gern wäre er einfach hinterhergesprungen, aber diesmal - ausnahmsweise - hatte er sich unter Kontrolle.

Mit einem reißenden Geräusch brach die Verbindung ab und für einen kurzen Moment hatten der Graf und sein junger Lehrling das Gefühl, in die Unendlichkeit zu blicken, dann erfüllte nur noch das düstere Licht der Fackeln die unterirdische Halle.

"Nun heißt es warten."

****

Meine Welt ist auf einen Tisch aus schwarzem Holz zusammengeschrumpft, darauf eine Flasche mit billigem Wein und ein leeres Glas. Ich starre in das Glas hinein und sehe mich selbst, tief unten inmitten der erschütternden Leere.

Dieser Anblick ist zuviel für mich und ich beginne wie ein kleiner Junge zu weinen. Es stört mich nicht, was die anderen Besucher der Kneipe von mir denken, denn ich habe kein Ehrgefühl mehr übrig, um das ich mich scheren könnte. Für einen Moment schwelge ich in Schmerz, Hilflosigkeit und Selbstmitleid, dann fülle ich das Glas mit einem ungeschickten Schwung aus der Flasche und stürze den billigen Fusel in einem Zug meine Kehle hinunter. Der beißende Alkohol verbrennt meine Trauer und hinterläßt nur stumpfsinnige Leere.

Meine Welt ist ein dunkles Loch, in das mich die Grimme Dame eingesperrt hat, um mich für Taten zu bestrafen, an die ich mich nicht erinnern kann. Die Grimme Dame, ja! Für einen kurzen glücklichen Augenblick meines Lebens dachte ich, ich könnte ihr entfliehen. Doch es war eine Täuschung. Es ist alles nur eine Täuschung! Die Grimme Dame schlug erneut zu und raubte mir mein kurzes Erdenglück, meine wunderbare Elena und meinen kleinen Jakob. An einem Tag erfreuten sie sich noch eines unbeschwerten Lebens, am anderen lagen sie tot und aufgedunsen in ihren Betten, hinweggerafft von der Dame. Krieg, Seuche, Elend, das ist die Welt, die mir bestimmt ist.

Ich weiß nicht, woher ich die Kraft genommen habe, weiterzumachen und am Leben zu bleiben. Die Grimme Dame abzuschütteln. Vielleicht ist es dieser Stolz, der mir schon immer gegeben war, die Unfähigkeit, einfach loszulassen und aufzugeben. Doch von diesem Stolz ist nicht viel geblieben. Gerade genug, mein letztes Geld zu verprassen und mich dann in die Gosse zu legen, um zu sterben.

Dann klart meine Sicht auf und ich finde mich im Innern der Kneipe wieder. Ein Mann kommt zur Tür herein. Er ist alt - uralt. Er tritt durch die versammelten Bauern und Händler hindurch, die erfurchtsvoll vor ihm zurückweichen. In der Hand hält er ein Pergament, daß er nun sorgfältig am Schwarzen Brett befestigt. Danach wendet er sich um, läßt seinen Blick durch die Kneipe streifen - kurz bleibt er an meiner erbärmlichen Erscheinung haften -, runzelt die Stirn und verläßt den Raum ebenso würdevoll wie er ihn betreten hat.

Ein seltsames Gefühl hat von mir Besitz ergriffen, fast so als würde mein Unterbewußtsein kurzzeitig die Kontrolle übernehmen. Ich richte mich mühsam auf, wanke zu dem Anschlag am Schwarzen Brett hinüber, und lasse die geschriebenen Worte langsam in mich einsickern.

Tapfere Leute gesucht
für eine Expedition mit ungewissem Ausgang.
Hohe Belohnung.
Meldet Euch bis zum 13. Tage
im Schlosse derer zu Freund.

gez. Graf Sebastian von Freund

Plötzlich steht eine junge Frau neben mir und sieht mich keck an: "Dort willst du doch wohl nicht etwa hin, oder? In deinem Zustand? Sie werden dich nur achtkantig hinauswerfen!"

Ich stoße sie grob beiseite und wende mich dem Ausgang zu. Ein Schritt vor den anderen, irgendwie werde ich es schon zum Schloss hinauf schaffen. Doch schon nach drei Schritten muß ich mein Vorhaben aufgeben, denn die Welt beginnt zu kreiseln und der näherkommende Boden trifft mich wie ein Hammerschlag.

****

Harold runzelte mißmutig seine Stirn. Nicht nur, daß der junge Graf seine adligen Aufgaben sträflich vernachlässigte und es damit ihm, seinem getreuen Diener, überließ, die Bauern des zur Grafschaft gehörenden Dorfes bei der Stange zu halten, nun hatte er es sich auch noch in den Kopf gesetzt, diese leichtsinnige Reise durch das Artefakt zu unternehmen.

Der Aufforderung, die er am Tage zuvor ausgehängt hatte, waren nur zwei Leute gefolgt, und wie zu erwarten war, handelte es sich bei diesen beiden um höchst besorgniserregende Subjekte.

Der Mann war ihm schon in der Kneipe aufgefallen. Er paßte einfach nicht zu den Bauern, die dort üblicherweise verkehrten. Er war groß, muskulös und mit einem gefährlich aussehenden Schwert bewaffnet. Seine linke Gesichtshälfte war von wüsten Narben verunstaltet, und seine linke Augenhöhle lag unter einer abgewetzten braunen Augenklappe verborgen. Eindeutig ein Kriegsveteran, der Vater des jungen Grafen wäre begeistert gewesen! Die Statur des Mannes erinnerte Harold grob an ein schweres Weinfaß mit Armen un Beinen. Und wenn man dem Geruch glauben schenken konnte, der von dem Mann ausging, wurde der Vergleich mit einem Weinfaß immer passender.

Die Frau war jünger als der Mann, aber nicht sehr - Harold schätzte sie auf Mitte Dreißig. Sie war zierlich, gute zwei Köpfe kleiner als der Mann und in die bunten Kleider des Fahrenden Volkes gekleidet. Mit ihrem langen nußbraunen Haar, das sie zu vielen kleinen Zöpfchen verflochten hatte und ihrem elegant geschnittenen Gesichtszügen stellte sie durchaus einen aufreizenden Anblick dar. Allerdings war sich Harold nicht so sicher, ob ihm dies gefallen oder eher noch mißtrauischer machen sollte.

Die beiden waren zusammen auf dem Schloss erschienen, obwohl sie nicht wirklich zusammenzugehören schienen. Oder wie sonst sollte er die giftigen Blicke deuten, die sie sich zuwarfen? Doch all diese Überlegungen waren ohnehin ohne Nutzen, denn der junge Graf würde die beiden sicherlich ohne Umschweife vor die Tür setzen, sobald er ihrer ansichtig wurde. Andererseits - die Grafen derer von Freund hatten sich noch nie durch eine gute Urteilskraft ausgezeichnet.

Und genauso sollte es auch kommen, als er die Fremden in die Bibliothek führte, wo der Graf über einigen Büchern brütete. Der Graf blickte nur kurz auf, erfragte die Namen der Neuankömmlinge - der Mann hieß Gundar Seiler, die Frau hörte auf den exotischen Namen Carmen Selaro - und ließ sie dann von Harold auf ihre Zimmer führen. Ihre unverschämt grinsenden Gesichter zeigten nur zu deutlich, daß sie ganz genau wußten, was der mürrische alte Diener von der ganzen Angelegenheit hielt. Das konnte ja heiter werden!

****

Sie hatten sich alle in der unterirdischen Halle versammelt. Igor hockte still auf der Treppe, die zum steinernen Ring hinaufführte, Gundar hatte es sich in einer Ecke gemütlich gemacht und Carmen saß auf dem einzigen Stuhl, den der Raum anzubieten hatte. Am Eingang stand Harold mit unbewegter Miene - die Zornesröte wich langsam aus seinem Gesicht. Ihn hatte die Wut gepackt, als er die Gäste nicht auf ihren Gästezimmern vorgefunden hatte, sondern im ganzen Schloss nach ihnen suchen mußte. Carmen hatte er schließlich im Speisezimmer gefunden, wo sie das Silberbesteck inspizierte, während sich Gundar in den Weinkeller gestohlen hatte, um sich einen Schluck aus dem kostbaren Bestand derer von Freund zu gönnen. Dieses respektlose Verhalten sprach für Harold eine deutlichere Sprache als es ihre äußere Erscheinung ohnehin schon tat.

Der Graf ging aufgeregt im Raum auf und ab und schien sich nicht an den jüngsten Ereignissen zu stören: "Wie ich hörte, habt ihr euch bereits mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht - schön schön. Ich muß euch jedoch mitteilen, daß wir nicht hier verweilen, sondern bald zu einer Reise aufbrechen werden, die uns sehr weit von hier fortführen wird. Ihr seht diesen steinernen Ring?" Er deutete auf den Ring, der unmöglich zu übersehen war.

"Klar und deutlich," erwiderte der düster dreinblickende Söldner trocken.

"Diesen Ring werden wir durchschreiten, um uns dem zu stellen, was auch immer auf der anderen Seite auf uns wartet."

Die Frau warf dem steinernen Gebilde einen zweifelnden Blick zu. Es wirkte interessant und geheimnisvoll mit den vielen seltsamen Symbolen, die entlang seiner Seite eingraviert waren. Aber darüber hinaus war es nur ein toter, kalter Gegenstand. "Was ist so besonderes daran, durch diesen Ring zu gehen? Oder ist das irgendeine Form von - schwarzer Magie?" Sie hatte die Stimme geheimnisvoll gesenkt, doch es war klar, daß sie die Frage nicht ernst meinte.

"Nein, nein," erwiderte der Graf ungeduldig, "das ist alles streng wissenschaflich! Mein Urgroßvater hat diesen Ring vor über achtzig Jahren in einer uralten Ruine in Zowizio gefunden und hierher bringen lassen." Er hielt kurz inne, als er sich vorstellte, was für ein Unternehmen das gewesen sein mußte, das mehrere Tonnen wiegende Artefakt die ganzen 1200 Meilen hierher zu schaffen - aber die Sammelleidenschaft seines Urgroßvaters kannte nun einmal keine Grenzen. "Nach einem ausführlichen Studium uralter Schriften wurde mir klar, daß man mit Hilfe des Rings zu anderen Welten reisen kann. Wir werden ihn mit der Kraft eines Blitzes füllen, und dann wird sich in seinem Innern ein Tor öffnen. Ich habe das Tor im Laufe der letzten Woche zweimal geöffnet und beide Male eine Nachricht hindurchgeschickt, ohne eine Antwort zu erhalten. Also werden wir diesmal höchstpersönlich zu dieser anderen Welt reisen, uns dort ein wenig umsehen und dann wieder zurückkehren. Jeder der mich begleitet, erhält zur Belohnung einhundert Taler, und vielleicht gibt es sogar noch einen kleinen Bonus. Noch Fragen?"

Gundar, dem eigentlich alles egal war, fragte nur aus Routine: "Werden wir dort auf feindlich gesinnte Kräfte stoßen?"

"Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich hoffe aber, daß dem nicht so sein wird. Für den Fall, daß es zu einer Auseinandersetzung kommt, habt Ihr ja Euer Schwert. Ich denke Ihr könnt damit umgehen?"

Der Söldner nickte nur.

"Ein Schwert allein wird uns nicht schützen." sagte Carmen entschieden. Sie glaubte nicht an diesen Unsinn von einer Reise in eine andere Welt, aber wenn sich dieser exzentrische Graf schon seinen Phantasien hingab, würde sie auf jeden Fall mitspielen - vielleicht war dann für sie ja noch mehr drin als die drei silbernen Gabeln, die sie sich bereits gesichert hatte.

"Sie hat recht," warf Harold ein. Die ehrliche Besorgnis in der Stimme des alten Dieners beunruhigte Carmen. Sie hatte ihn eigentlich für eine Person gehalten, die mit beiden Beinen fest in der Realität stand. Und jetzt dieser Einwand? Ein unangenehmes, taubes Gefühl begann sich in ihrer Magengegend auszubreiten.

"Ja, wahrscheinlich. In Ordnung, Igor, lauf los und hol mir das Schwert meines Vaters und die Schatulle mit den Duellpistolen. Und vielleicht noch einen von den Dolchen," fügte er mit einem Seitenblick auf Carmen hinzu, "schließlich sollt Ihr nicht ganz schutzlos sein."

Kurz loderten die Widerworte in ihr auf, aber dann besann sich die Diebin auf ihre Rolle und warf dem jungen Grafen ein betörendes Lächeln zu. "Aber nein, in so guter Gesellschaft wird mir sicher nichts zustoßen!" flötete sie.

"Ich weiß nicht ob es klug ist, sie überhaupt mitzunehmen," warf Gundar ein, "ich meine, sie ist eine Frau."

Das war nun doch zuviel des Guten. "Was wollt Ihr damit sagen?" wandte sie sich erbost an den grimmigen Söldner. "Daß ich weniger wert bin als ein trunksüchtiger alter Mann?"

Gundar erhob sich ebenfalls und wollte gerade zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, als der Graf dazwischenging: "Nonsens! Ich brauche euch beide. Also hört auf, euch anzufeinden!"

Und dann kam Igor mit den Waffen zurück und unterbrach damit die Auseinandersetzung. Carmen und Gundar warfen sich nur noch einen giftigen Blick zu und beließen es vorerst dabei. Der Graf nahm das Schwert aus Igors Händen entgegen. Die Waffe weckte unangenehme Erinnerungen in ihm. An seinen Vater und dessen Tod in einem unsinnigen Krieg, der nur wenige Tage gedauert und nichts als Leid gebracht hatte. Sein Vater wollte immer einen Krieger aus ihm machen, aber er hatte sich beharrlich geweigert. Dennoch hatte er natürlich eine umfangreiche soldatische Ausbildung über sich ergehen lassen müssen, die ihm nun vielleicht von Nutzen sein würde. Entschlossen schüttelte er die Erinnerung ab. Er würde gewappnet sein, aber er würde keinen Kampf provozieren, das schwor er sich in diesem kurzen Augenblick.

Dann griff er zu der Schatulle und holte eine der fein gearbeiteten Duellpistolen heraus. "Bedient Euch!" wies er den Söldner an.

"Duellieren wir uns jetzt?" fragte dieser prompt, aber in seinen Worten lag kein Humor. Er griff sich die andere Pistole und steckte sie sich in den Gürtel. Ihre kostbare Konstruktionsweise wollte überhaupt nicht zu seinem abgewetzten Erscheinungsbild passen.

Harold schüttelte nur den Kopf. Er war nicht in der Position, seinen Herrn von einer Dummheit abzuhalten, das wußte er. Dennoch kam ihm das ganze nicht geheuerlich vor, und bei all der Klugheit seines Herrn bezweifelte er doch, daß sich dieser den Risiken wirklich bewußt war.

Ein Donnern und ein helles, blendendes Leuchten unterbrach seine Gedanken . Dann war wieder Ruhe.

"War das der Ring?" fragte Carmen mit belegter Stimme.

"Nein, nein, das war nur der Blitz!" Der Graf war schon auf den Beinen und hielt auf den Steinring zu, von dem jetzt ein schwaches Glühen ausging. "Schnell, faßt mit an!"

Gemeinsam halfen sie dem Grafen bei seinen Bemühungen, wobei sich Carmen und Gundar ständig fragten, was hier eigentlich vor sich ging. Kurz bevor die siebte Klammer einrastete, rief der Graf ein lautes "In Deckung!" Seine Worte duldeten keinen Widerspruch und alle warfen sich zu Boden.

Die Energie brach über sie hinweg wie eine Flutwelle, dann erstrahlte der Ring in seinem geheimnisvollen Glanz.

"Bei Selket!" entfuhr es Gundar. Er hockte auf allen vieren und warf der leuchtenden Oberfläche einen ungläubigen Blick zu. Sein Herz wummerte in ungeahnter Geschwindigkeit und der Adrenalinausstoß raubte ihm fast den Atem. So lebendig hatte er sich schon seit Jahren nicht mehr gefühlt. Gleichzeitig wurde er sich seiner eigenen Sterblichkeit bewußt und verfluchte sich innerlich, daß er so bereitwillig auf den Plan dieses wahnsinnigen Grafen eingegangen war.

Einen Moment lang überlegte er, sich einfach umzudrehen und fortzugehen. Doch wo sollte er schon hingehen? Er war ein trunksüchtiger Nichtsnutz, der keinen einzigen Heller mehr in der Tasche hatte. Wenn er jetzt kniff, war es aus für ihn, dann würde ihn die Grimme Dame endgütig in ihre tödliche Umarmung zwingen. Erneut stieß er einen Fluch aus und näherte sich mit bedächtigem Schritt dem Unausweichlichen.

Ein Seitenblick auf die Frau zeigt ihm, daß sie ganz ähnlichen Überlegungen nachging. Vor ihr würde er sich keine Schwäche erlauben. "Nun Graf, nach euch!" sagte er jovial.

"Einen Moment!" erwiderte der Angesprochene und holte aus einer anderen Ecke des Raums zwei große Rucksäcke hervor. Einen davon zog er sich selbst an, den anderen reichte er Gundar. Dann rief er Igor zu sich und redete leise mit ihm.

"Du weißt, daß du das nicht tun mußt, Igor."

"Und Euch allein ins Abenteuer ziehen lassen? Niemals, Meister!"

Der Graf nickte zufrieden und wechselte einen kurzen Blick mit Harold, der immer noch am Eingang stand und mißmutig die Stirn runzelte. "Ihr haltet hier die Stellung, bis ich zurück bin!"

"Ja. Seid bitte vorsichtig, Herr Graf!" erwiderte der alte Diener mit ungewohnt sanfter Stimme.

"Versprochen!" Mit diesen Worten ergriff der Graf die Hand seines Lehrlings, und sie traten entschlossen auf das Leuchten zu - und waren verschwunden.

Carmen stand immer noch wie erstarrt. Gundar wollte beruhigend seinen Arm um ihre Schulter legen, aber sie schüttelte ihn ab: "Du glaubst, ich wäre schwach und feige. Aber ich bin aus einem anderen Holz geschnitzt. Und das werde ich dir gleich beweisen!" Und damit löste sie sich von ihm und warf sich durch den Ring aus Stein.

Gundar runzelte nur die Stirn: "Das war es eigentlich nicht, was ich sagen wollte ..." Resigniert zuckte er die Achseln und näherte sich betont gelassen dem bläulichen Schimmern. Erst schob er seinen linken Arm in das Leuchten, dann den rechten, und schließlich tat er einen Schritt nach vorn, und machte gleich darauf die unglaublichste Erfahrung seines ganzen Lebens.

weiter: 2 Teil
Freunde by Christian
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Freunde


Major Samantha Carter verließ den Ereignishorizont des Stargates auf P3X298. Sie hatte die mehr als tausend Lichtjahre Entfernung zwischen der Erde und diesem Planeten in nur wenigen Sekunden überbrückt - für sie war das selbst nach all den Reisen der vergangenen Jahre immer wieder ein überwältigender Effekt. Es war, als würde man sämtliche Erkenntnisse der Physik von sich werfen, um sich einer Welt zu stellen, die jede Erwartung mühelos übertraf. Als würde man einen glücklichen Gedanken haben und vom Boden abheben, um zu fliegen! dachte sie bei sich.

"Was gibt es da zu grinsen, Carter?" fragte der Colonel mit leicht griesgrämigem Ausdruck in seiner Stimme. Er hatte heute mal wieder einen seiner gereizten Tage.

"Nichts, Sir!" erwiderte sie knapp und verbannte das Lächeln aus ihrem Gesicht. Suchend blickte sie sich um.

Sie standen in einer großen Halle, die aussah, als wäre sie direkt in den nackten Fels geschlagen worden. Teile der Halle wirkten sogar, als wären sie völlig in ihrer natürlichen Form belassen worden. "Wer immer das hier geschaffen hat, er hatte Geschmack."

"Oder er hatte einfach Angst, daß ihm diese Felsdinger auf den Kopf fallen, wenn er an ihnen herumsägt", erwiderte der Colonel trocken.

"Das sind Stalagtiten, Jack", warf Daniel ein.

"So? Und ich hätte schwören können, die Dinger heißen Stalagmiten."

"Stalagmiten sind Tropfsteingebilde, die von unten nach oben wachsen. Stalagtiten sind Tropfsteingebilde, die von oben nach unten wachsen!"

"Stalagmiten, Stalagtiten, Stalag-Wasauchimmer! Keine Ahnung wie man die Dinger unterscheiden soll."

"Nun, es gibt da eine einfache Eselsbrücke ..." Daniels Gesicht rötete sich.

"Und die lautet?"

"Nun ... äh ..." verlegen sah Daniel zu Sam hinüber. "Das erzähle ich Ihnen ein andernmal, in Ordnung?"

Teal'c, der bis jetzt überhaupt nichts gesagt hatte, rettete Daniel vor weiteren Peinlichkeiten: "Ich frage mich, wo das Leuchten herkommt."

"Welches Leuchten denn? Hier leuchtet doch gar nichts!"

"Das ist korrekt, Colonel O'Neill. Unsere Lampen sind aus und wir befinden uns in einer Höhle. Also warum ist es taghell hier drin?"

"Teal'c hat recht, Sir!" sagte Sam aufgeregt. "Diese Höhle ist taghell erleuchtet, obwohl ich keine Lichtquellen ausmachen kann." Sie griff in ihren Rucksack und zog ein Energiemeßgerät hervor, das sie mit Hilfe von Tok'ra-Bauplänen entwickelt hatte. Mit dem Meßgerät in der Hand strich sie prüfend über die Wände. "Keine meßbare Energiesignatur, aber ich messe eine hohe Hintergrundstrahlung im Gamma-Bereich. Hm ..."

Instinktiv begann sie auf ihrer Unterlippe zu kauen und legte ihre Stirn in tiefe Denkerfalten. Wie macht sie das nur, so klug zu sein und dabei auch noch so unverschämt gut auszusehen? dachte Jack fasziniert.

"Das ist nur eine Vermutung, aber dieses Stargate befindet sich in einer Nähe zum Kern der Milchstraße wie nie zuvor. Die Sterne stehen hier so dicht beieinander, daß die hohe Strahlung vermutlich keinerlei Leben ermöglicht. Das heißt, an der Oberfläche! Aber gesetzt der Fall, wir befinden uns gar nicht an der Oberfläche ..."

"... sondern tief im Planeteninnern", warf Daniel faziniert ein.

"Genau! Dann wären wir vor einem Großteil der Strahlung geschützt."

"Und wo kommt dann dieses Licht her?"

"Sir, Materie ist keineswegs so fest und undurchlässig wie sie erscheint. In Wirklichkeit ist sie aus Atomen zusammengesetzt - Protonen, die auf weiten Bahnen von Elektronen umkreist werden -, die wiederum relativ weit auseinanderstehende molekulare Ketten bilden ..."

"Bitte, Carter, ersparen Sie mir das und versuchen Sie die einfache Version."

"Sir, das IST die einfache Version!"

So sehr er ihr Lächeln mochte, so sehr nervte es ihn, schon wieder in die Falle getappt zu sein. Warum mußte ER eigentlich immer als der große Idiot dastehen, warum nicht zur Abwechslung einmal Teal'c? Oder Daniel?

"Also gut. Wir lassen uns also gerade durch mehrere hundert Tonnen Felsgestein die Sonne auf den Pelz brennen. Und stellt das eine Gefahr dar, Major?"

"Nein, Sir, nicht solange wir uns hier nur für ein paar Tage aufhalten."

"Na schön. Dann laßt uns einen kleinen Höhlenspaziergang machen."

***

Das Höhlensystem erstreckte sich über viele Kilometer, aber da sie auf einem gepflasterten Weg wanderten, hatten sie keine Angst, sich zu verirren. Außerdem hatten sie immer noch Carters Meßgerät, mit dem sie das Naquadah des Stargate orten konnten.

Auf ihrem Weg bestaunten sie viele faszinierende Höhlenformationen, trafen aber auf kein einziges lebendes Wesen. Um so überraschter waren sie, als sie plötzlich von einer großen Gruppe Bewaffneter eingekreist waren. Die Haut dieser Leute war von tiefschwarzer Farbe und auf ihrer Stirn trugen sie das Symbol eines Goa'uld. Dennoch schien es sich um Menschen zu handeln, denn ihre Oberkörper waren unbekleidet, und keiner von ihnen verfügte über eine Printa. Die meisten von ihnen waren mit Speeren bewaffnet, nur der Anführer trug eine Stabwaffe. Er wandte sich an Teal'c und sprach ihn in der Sprache der Goa'uld an: "Ich grüße dich, Fremder. Sind dies deine Sklaven?" Er deutete auf die anderen Mitglieder von SG-1.

Teal'c überlegte kurz und stimmte dann mit einem Nicken zu: "Das ist richtig. Mein Name ist Teal'c, wie lautet deiner?"

"Ich bin Rov'ass von den Kindern Selkets. Vernimm dies, Teal'c: Wenn du Carmoria besuchen willst, um dort Handel zu treiben, müssen deine Sklaven ihre Waffen abgeben, denn kein Sklave in Carmoria darf eine Waffe tragen. Dies sind doch Waffen, oder?" Mit diesen Worten machte er einen Schritt auf Colonel O'Neill zu, der reflexartig zurückwich und seine Waffe hochriß. Auch der Anführer richtete seine Stabwaffe nun auf den Colonel und machte sie schußbereit.

"Dieser hier ist sehr schlecht erzogen", wandte er sich erneut an Teal'c, "du solltest ihn öfters auspeitschen. Kein weißer Sklave darf sich den Worten eines Herrenmenschen widersetzen."

"Diese Sklaven sprechen unsere Sprache nicht, und ihre Sitten machen sie wild und aufrührerisch", erwiderte Teal'c. "Doch gehorchen sie mir aufs Wort."

Er wandte sich an seine Teamkameraden: "Bitte, ihr müßt eure Waffen abgeben, dann haben wir vielleicht Gelegenheit, diese Situation friedlich zu lösen."

"Und was ist mit dir, Teal'c?" fragte O'Neill mit einem Stirnrunzeln.

"Ich bin euer Sklavenmeister, Colonel O'Neill", antwortete Teal'c mit lauter Stimme, "und du machst jetzt besser ein unterwürfiges Gesicht, oder diese Strategie wird keinen Nutzen zeigen!"

O'Neill erfaßte die Situation blitzschnell. Einen Kampf und eine anschließende Flucht würde ihrem Team hohe Verluste abverlangen, die er nicht riskieren wollte. Außerdem würden sie P3X298 dann ersteinmal auf die Liste verfeindeter Planeten setzen müssen, woran er ebenfalls kein Interesse hatte. In dieser Situation war eine diplomatische Vorgehensweise sicher vorzuziehen - auch wenn es ihm fast körperliche Schmerzen bereitete, sich von seiner Waffe zu trennen. So hatten sie zumindestens Teal'c, um die Dinge ins Lot zu bringen. Er nickte den anderen unauffällig zu, und zusammen mit Carter und Daniel entledigte er sich seiner Waffen. Daniel - der in jeder Situation eine diplomatische Lösung vorzog - machte sogar einen ausgesprochen erleichterten Eindruck.

Rov'ass nickte zufrieden und eskortierte Teal'c und seine ‚Sklaven' nach Carmoria. Die unterirdische Stadt bot einen beeindruckenden Anblick. Sie war in einer gigantischen, hell erleuchteten Höhle angelegt, deren Deckenhöhe mindestens einen Kilometer betrug und deren Durchmesser sie auf mindestens zehn Kilometer schätzten. Mitten durch diese Höhle hindurch verlief ein breiter, unterirdischer Fluß, auf dem sie Boote und Lastkähne sehen konnten, und an dessen Ufer sich niedrige Büsche schmiegten. Im Zentrum der Höhle erhob sich die Stadt. Sie war eindeutig ägyptischen Baustils, und gruppierte sich um eine gewaltige Pyramide. Auf ihrem Weg zur Stadt passierten sie einen großen Steinbruch, in dem sicherlich an die tausend Sklaven ihren tristen Dienst versahen. Es fiel auf, daß die Haut aller Sklaven weiß und von der Strahlung übel zugerichtet war, während ihre Aufseher ausschließlich schwarze Hautfarbe besaßen. "Ein Trinium-Steinbruch", flüsterte Carter, der man ihr Meßgerät gelassen hatte, den anderen zu.

"Großartig", murmelte O'Neill, "bin gespannt, welchem Goa'uld wir vorgeführt werden."

Doch sie wurden keinem Goa'uld vorgeführt. Statt dessen brachte man sie zu den Sklavenquartieren, wo sie gemeinsam in eine Zelle geworfen wurden, während man Teal'c freundlich aufforderte, in der örtlichen Herberge Quartier zu beziehen. Der Jaffa nickte seinen Teamkameraden kurz zu und entfernte sich dann. Die Wache der Sklavenquartiere aktivierte ein Gerät an ihrem Handgelenk, und eine rötlich schimmernde Energiebarriere verschloß den Eingang zu ihrer Zelle.

"Irgendeine Idee, wo wir uns befinden?" fragte der Colonel.

Daniel Jackson zuckte nur mit den Schultern: "Die Bauweise stammt von den Goa'uld, und auch die Waffen und Ausrüstung der Bewohner deutet auf die Goa'uld hin. Leider habe ich keine Symbole oder ähnliches feststellen können, das eindeutig auf einen bestimmten Goa'uld-Herrscher hindeutet. Auch der Name der Stadt, Carmoria, sagt mir nichts. An einigen Stellen meinte ich das Symbol der Selket ausmachen zu können. Das ist eine altägyptische Totengottheit, die in der Liste der Goa'uld-Systemlords nicht erscheint. Vielleicht gehört sie zu den niederen Goa'uld, die nur einen einzelnen Planeten beherrschen."

"Sir, ich finde das faszinierend."

"Was finden Sie faszinierend, Major?"

"Dieses Energiefeld." Sam Carter trat näher an die Energiebarriere heran und untersuchte sie mit ihrem Meßgerät. "Die Energie, die nötig ist, um ein solches Feld aufrechtzuerhalten, ist - astronomisch, Sir."

"Und? Wie hilft uns das in dieser Situation weiter?"

"Garnicht, Sir. Ich meine nur, diese Leute hier verschwenden unglaubliche Energiemengen, um Sklaven einzusperren, die tagein tagaus nichts anderes tun, als mit primitiven Spitzhacken im Steinbruch zu arbeiten. Finden Sie das etwa nicht absurd?"

"Carter, wir stecken hier in Schwierigkeiten. Wirkliche, echte Schwierigkeiten. Also hören Sie auf mit diesem Unsinn und lassen Sie sich etwas einfallen, wie Sie uns hier herausbringen können!"

"Jawohl, Sir."

***

Zwei ganze Tage strichen völlig ereignislos vorüber. Die Wachen brachten ihnen Nahrung und Wasser und weigerten sich ansonsten, mit ihnen zu sprechen. Von Teal'c war nichts zu sehen und zu hören. Daß es auf (oder besser: in) diesem Planeten niemals richtig dunkel wurde, machte die Sache nicht gerade einfacher. Der Colonel begann allmählich unruhig zu werden und steckte die anderen damit an, indem er in der engen Zelle auf- und ablief.

"Jack, bei aller Freundschaft, setzen Sie sich hin, oder ich werde Sie eigenhändig niederschlagen!" verlangte Daniel lautstark und erntete nur einen bösen Blick des Colonel.

"Wir müssen hier raus."

"Ich wüßte nicht wie, Sir", sagte Major Carter deprimiert. "Wenn sie uns wenigstens im Steinbruch arbeiten ließen, könnten wir uns vielleicht einen vernünftigen Fluchtplan überlegen. Aber hier drin können wir überhaupt nichts machen. Wir bräuchten schon ein Wunder."

In dem Moment brach das Energiefeld in sich zusammen.

"Was war das?" fragte O'Neill.

"Das Energiefeld," flüsterte Sam, "es ist erloschen."

"Perfekt. Dann nichts wie raus hier", sagte Daniel und erhob sich.

"Moment noch!" sagte O'Neill und hielt den Doktor zurück. "Sind Sie sicher, Major?"

Erneut bemühte sie ihr Meßgerät: "Es ist erloschen."

"Dann los!" sagte O'Neill und gemeinsam verließen sie ihre Zelle. Der Gang, auf dem sie sich nun befanden, lag leer im Zwielicht der ‚Nacht'. Eilig hielten sie auf das nächste Treppenhaus zu und kamen dabei an mehreren anderen Zellen vorbei, deren Insaßen sich nicht von der Stelle rührten.

"Wir werden fliehen", begann Daniel ein Gespräch mit den Sklaven, "wenn ihr wollt, könnt ihr uns begleiten." Doch die Sklaven regten sich nicht und wandten nur furchtsam ihre Gesichter ab.

"Vergiß es, Daniel, diese Leute sind wahrscheinlich schon ihr Leben lang Sklaven. Die werden uns nirgendwohin folgen."

Doch so leicht ließ sich Daniel nicht von seinem Vorhaben abbringen. Er trat an einige Sklaven heran und zog an ihnen. Doch diese wehrten sich mit Händen und Füßen, aus den Zellen geschleift zu werden.

"Daniel, nun machen Sie schon!"

Enttäuscht ließ Daniel die Sklaven hinter sich und folgte seinen Freunden. Im Treppenhaus wären sie fast in einen Jugendlichen hineingestolpert, der die Treppe hinuntergehastet kam. Der Junge bremste gerade noch rechtzeitig ab und sah sie verwirrt an. Seine Kleidung war anders als die der Leute, denen sie bisher begegnet waren. Und als er den Mund öffnete und in einer fremdartigen Sprache zu sprechen begann, stieß Daniel einen Laut der Überraschung aus: "Das ist Deutsch! Ein sehr altertümlicher Dialekt, aber dennoch unverkennbar."

Daniel sprach kurz mit dem Jungen und übersetzte den anderen: "Er gehört zu einer Gruppe, die durch das Stargate hierher gelangt ist, und die gerade versucht, die Sklaven zu befreien. Dazu haben sie die Energiequelle der Sklavenquartiere kurzzeitig außer Gefecht gesetzt. Leider haben sich die Sklaven als völlig unkooperativ erwiesen. Wir scheinen die einzigen zu sein, die wirklich an einer Flucht interessiert sind."

"Wie auch immer", erwiderte der Colonel kurzangebunden, "wir müssen hier schleunigst raus!"

Sie folgten dem Jungen, der sich als Igor vorgestellt hatte, aus den Sklavenquartieren. Draußen versteckten sie sich in einem Buschwerk nahe beim Eingang des Gebäudes. Hier fanden sie zwei gefesselte und geknebelte Wachen vor. Carter und O'Neill bewaffneten sich mit den Speeren der Gefesselten.

Kurz darauf brach in dem Gebäude ein Tumult aus und ein schriller Alarm ertönte. Mehrere Personen kamen aus dem Eingang gehastet und hielten wild gestikulierend auf das Versteck zu. Es waren drei Männer und eine Frau. Zwei der Männer und die Frau waren ähnlich gekleidet wie der Junge, der dritte Mann war eindeutig ein Sklave. Der jüngste Mann rief Igor etwas zu und Igor deutete SG-1 in eine Richtung. "Das ist der Fluchweg!" übersetzte Daniel, und gemeinsam setzten sie sich in Bewegung.

"Was ist mit Teal'c?" fragte Sam, aber der Colonel riß sie einfach mit sich. "Um den kümmern wir uns später. Jetzt müssen wir erst einmal hier weg!"

Ihre Flucht gestaltete sich zu einem abenteuerlichen Katz- und Mausspiel, doch schließlich hatten sie den Rand der großen Höhle erreicht und hängten ihre Verfolger in dem weitläufigen Höhlensystem ab.

***

Sebastian von Freund war enttäuscht. Ihr Versuch, die Sklaven zu befreien, hatte sich als großer Fehlschlag erwiesen. In der Tat hatten sie nur einen einzigen Sklaven dazu überreden können, sein Quartier zu verlassen, und das wohl nur, weil er Angst vor Gundar hatte. Der Sklave schien in Gundar seinen neuen Herrn zu sehen, denn er wieselte unterwürfig um ihn herum - nicht gerade zur Freude des grobschlächtigen Söldners.

Der einzige Lichtblick waren die drei anderen Leute, die sie befreit hatten. Sie stammten von einem anderen Planeten und besaßen eindeutig überlegene Technologie. Einer von ihnen - er hatte sich als Daniel Jackson vorgestellt - sprach sogar Xalviarisch, die anderen unterhielten sich nur in einer Sprache, die den Grafen entfernt an die der Findalia erinnerte. In diesem Moment besprachen sie, wie sie ihren verschollenen Kameraden befreien sollten. Daniel diente als sprachliches Verbindungsglied zwischen den beiden Gruppen. Der Mann war ein Wissenschaftler und schien ebenso wie der Graf sehr an einem Austausch kultureller Informationen interessiert zu sein, aber die Befreiung des Vermißten ging selbstverständlich vor.

Carmen, Gundar und Igor zeigten nur mäßiges Interesse an dieser Unterhaltung, von der sie nur die Hälfte verstanden. Carmen und Igor unterhielten sich über die riesige Höhle mit den Tausenden von Symbolen, die sie ein paar Tage zuvor gefunden hatten, und welche Wunder dieser Planet wohl sonst noch bereithalten mochte. Gundar ärgerte sich derweilen mit ‚seinem' Sklaven herum und versuchte ihm gewaltsam abzugewöhnen, sich vor ihm in den Staub zu werfen. Somit hatte der Graf genug Gelegenheit, dem Gespräch der Fremden zu lauschen und jedes ihrer Worte in sich aufzunehmen.

***

Daniel war begeistert: "Der Graf von Freund und seine Gruppe stammen von einer Welt, die sie selbst Erde nennen. Das Land, aus dem sie kommen, heißt Xalviar. Anscheinend gibt es auf ihrem Planeten noch andere Länder. Das ist erstaunlich. Offensichtlich hat sich die Bevölkerung dort weit genug verstreut, um unterschiedliche Kulturkreise zu bilden. Erst vor kurzem wurde Xalviar von einer schweren Seuche heimgesucht, bei dem ein Großteil der Einwohner umgekommen ist. Trotzdem sollten wir einmal darüber nachdenken, diesen Planeten zu besuchen. Obwohl ihre technologische und kulture Entwicklung dem finsteren Mittelalter entspricht, scheint der Graf eine Ausnahme darzustellen. Er hat es ganz allein geschafft, den Sinn des Stargates UND seine Funktionsweise zu erfassen. Wir haben es hier mit einem wirklich hellen Kopf zu tun, der ..."

"Daniel," unterbrach Colonel O'Neill. "Teal'c ist irgendwo in dieser Stadt und braucht vielleicht unsere Hilfe. Also fragen Sie diesen hellen Kopf, ob er irgendetwas weiß."

Ein kurzer Wortwechsel zwischen Daniel und dem Grafen, danach wandte sich Daniel wieder den anderen zu: "Er sagt, er weiß nichts über Teal'c, aber er kennt einen Weg, unbemerkt in die Stadt zu gelangen."

"Dann heraus damit! Wir haben keine Zeit zu verlieren."

Ein erneuter Wortwechsel zwischen Daniel und dem Grafen. "Jack, er sagt, daß dieser Weg ihm und seiner Gruppe vorbehalten ist. Aber einer von uns kann sie beleiten, um Teal'c zu identifizieren."

"Das kommt überhaupt nicht in Frage! Das sind doch Zivilisten! "

"Äh, ich fürchte, er wird nicht von seiner Position abrücken."

"Wie? Warum das?"

"Äh, nun, weil er sich als der oberste Befehlshaber hier ansieht."

"Was???" O'Neill war fassungslos.

"Rein kulturell betrachtet hat er recht. Als Mitglied der Aristrokatie steht er natürlich über dem Militär", stellte Dr. Jackson nüchtern fest.

"... !?!"

"Sir, letzlich müssen wir uns den Bedingungen des Grafen beugen, wenn wir seine Möglichkeit nutzen wollen, unbemerkt in die Stadt zu gelangen." warf Sam ein.

"Was, Sie unterstützen diese Verschwörung auch noch? Von Ihnen hätte ich etwas mehr Loyalität erwartet, Carter."

"Sir, es ist einfach die vernüftigste Lösung."

"Sie hat recht," warf der Graf ein. Sein Akzent war grauenhaft, aber er sprach ihre Sprache. Sam, Jack und Daniel starrten ihn völlig verblüfft an, als käme er von einem anderen Planeten (was natürlich auch der Fall war).

"Äh, wie ...?" begann Daniel.

"Es gibt eine ähnliche Sprache wie die eure auf meinem Planeten. Ich mußte nur ein wenig zuhören, um die fehlenden Bruchstücke einzufügen."

"So allmählich verstehe ich, was mit ‚hellem Kopf' gemeint war", sagte Sam.

"Neidisch, Major?" grinste der Colonel.

"Ein wenig, Sir." sie lächelte zurück.

"Nun, mein lieber Graf von Freund", O'Neill machte eine ironisch unterwürfige Verbeugung, "wir sollten so bald wie möglich aufbrechen. Ich werde euch begleiten."

"Äh, Jack", wandte Daniel ein, "ich bin eigentlich der Meinung, es wäre klüger, wenn ich ..."

Jacks Blick brachte den jungen Wissenschaftler zum verstummen.

Graf Freund wandte sich an Carmen: "Rühr noch etwas Farbe an, wir haben einen Begleiter."

***

Colonel O'Neill fühlte sich erniedrigt wie selten zuvor. Er hatte eine Verkleidung der Wachen von Carmoria angelegt und sich den Oberkörper, die Arme und das Gesicht mit schwarzer Farbe bemalen lassen. Samantha Carter betrachtete in von allen Seiten und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken: "Perfekt, Colonel. Solange Sie den Mund nicht aufmachen, könnte man Sie wirklich für einen von denen halten. Und sie sind sogar bewaffnet." Sie drückte ihm einen Speer in die Hand.

Auch Carmen war mit ihrem Werk zufrieden. Die Ausbildung in allen Bereichen der Täuschung, die sie seit frühester Kindheit genossen hatte, machte sich wieder einmal bewährt. Leider verstand sie die Sprache nicht, in der sich dieser Mann und diese Frau unterhielten, aber es war eindeutig zu erkennen, daß diese beiden eine Menge füreinander übrig hatten. Die Frau machte wirklich einen sehr selbstbewußten Eindruck. Ob alle Frauen so sind, wo sie herkommmt? fragte sie sich, während sie sich ihre eigene Verkleidung einer carmorianischen Edelfrau anlegte. Der Graf war bereits fertig verkleidet - er würde wie beim letzten Mal die Rolle des sprechenden weißen Sklaven für seine stumme Herrin spielen. Zu dritt würden sie sich in die Stadt aufmachen und diesen Teal'c befreien.

Sie sah zu Gundar hinüber, dem es gar nicht zu gefallen schien, hier zurückzubleiben. Hätten sie ihn auch noch mitgenommen, wäre die Gefahr, daß ihre Tarnung auffliegt, noch größer gewesen. Immerhin bewahrte es ihn davor, sich ein weiteres Mal bemalen zu lassen. Dieser O'Neill schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Sie konnte nur hoffen, daß er sie nicht verriet.

***

Die Unternehmung erwies sich als weitaus weniger problematisch, als Jack angenommen hatte. Zwar litt er immer noch unter seiner Verkleidung und wünschte, er hätte Daniel seinen Willen gelassen, aber letztlich war er nicht der Mann, der anderen die Action überließ.

Sie wanderten inzwischen mitten durch die belebte Hauptstraße von Carmoria und schienen keinerlei Aufsehen zu erregen. Sie waren zu der Herberge gegangen und der Graf und Carmen hatten ihre ‚Sprechender Sklave der stummen Herrin'-Nummer abgezogen. Die beiden arbeiteten hervorragend zusammen und erinnerten ihn ein bißchen an Sam und Daniel - wie Bruder und Schwester. Der Inhaber der Herberge erinnerte sich an Teal'c und verwies sie an das Siechenhaus von Carmoria. Offensichtlich war der Jaffa an einer unbekannten Krankheit erkrankt.

Beim Siechenhaus stießen sie das erste Mal auf spührbare Probleme, als der Vorsteher sie nicht zu Teal'c vorlassen wollte. Da er kein Wort verstand, blieb Jack nichts anderes übrig, als stumm dabeizustehen und dem Grafen die Konversation zu überlassen. Er haßte es, die Kontrolle aus der Hand zu geben. Diese ‚Graf schlägt Colonel'-Nummer gefiel ihm ganz und garnicht. Aber schließlich ging es hier um seinen Freund Teal'c, also riß er sich zusammen.

Schließlich brach Carmen in Tränen aus (hatte sie keine Angst, ihre Farbe zu verwischen?) und schaffte es tatsächlich, den Vorsteher zu erweichen. Dieser wechselte noch ein paar ernste Worte mit dem Grafen (wahrscheinlich wegen der Ansteckungsgefahr), dann ließ er sie passieren.

Sie fanden Teal'c in einem abgegrenzten Raum wieder. Der Jaffa sah übel aus, seine Haut wächsern und sein Gesicht eingefallen. Er lag wie tot auf seinem Krankenbett und starrte mit blutunterlaufenen Augen zur Decke.

"Teal'c!" In Sekundenschnelle war der Colonel neben seinem Freund.

"Colonel O'Neill." Der Jaffa fand kaum die Kraft, seinen Kopf in Jacks Richtung zu drehen. Jack ergriff seine Hand und strich ihm behutsam über die schweißnasse Stirn. Er war kein Doktor, aber der Jaffa hatte definitv hohes Fieber.

"Du siehst seltsam aus, O'Neill."

Der Colonel verzog nur das Gesicht:"Das erklär ich dir später. Was ist mit Junior? Warum hilft er dir nicht?"

"Ich kenne die Ursache nicht, O'Neill, aber mein Symbiont scheint diese Umgebung nicht zu vertragen. Kein Goa'uld kann auf diesem Planeten überleben."

"Dann sollten wir dich schleunigst hier wegbringen. Bist du transportfähig?"

"Ich glaube schon, O'Neill." Der Jaffa erhob sich langsam und stieß dabei ein leises Stöhnen aus.

"Sachte, Teal'c. Du mußt das nicht ganz allein machen." Der Colonel half dem Jaffa auf die Beine und stützte ihn. Er hatte Teal'c selten so schwach erlebt, und das war nicht gut, denn er wog sicherlich seine 150 Kg.

Der Graf trat von der anderen Seite an Teal'c heran und stützte ihn ebenfalls: "Das wird kein leichtes Unterfangen."

"Wer ist das?" fragte Teal'c.

"Ein Freund", erwiderte O'Neill. "Er wird uns helfen."

***

Es war eine dumme Idee, aber sie mußten es einfach versuchen. Gemeinsam schleppten sie Teal'c aus dem Siechenhaus und die Straße entlang. Sie kamen nicht weit.

"Halt! Stehenbleiben!"

Sechs von den Stadtwachen hatten sie umstellt. Sie machten einen alles andere als freundlichen Eindruck. Bei ihnen war der Vorsteher des Siechenhauses: "Das sind die Leute!"

O'Neill warf einen Blick nach links und rechts. Es war hoffnungslos. Selbst ohne Teal'c hätte sich eine Flucht schwierig gestaltet. Mit Teal'c - unmöglich. Er stieß einen resignierten Seufzer aus.

Gundar war plötzlich da. Er trat mitten in den Kreis der Wachen und tat genau
das, was er in jahrelanger harter Praxis erlernt hatte - er tötete ohne nachzudenken. Er sprang auf einen der Gegner los und schoß ihm mit der Duellpistole auf kürzeste Distanz mitten ins Gesicht. Der Mann stieß einen erstickten Schrei aus und die vordere Hälfte seines Kopfes verwandelte sich in einen roten Sprühnebel. Noch ehe sich irgendjemand von dem lähmenden Entsetzen befreien konnte, hatte Gundar bereits sein Schwert gezogen und zwei weiteren Gegnern mit gezielten Schlägen den Garaus gemacht. Bevor der Kampf richtig begonnen hatte, lagen drei Feinde tot am Boden und den anderen stand die nackte Angst ins Gesicht geschrieben. Langsam wichen sie vor dem mordlüsternen Söldner zurück

"Lauft!" rief er den anderen zu.

"Was ist mit dem Kranken?" fragte der Graf.

"Ich kümmere mich um ihn!" Gundar packte den Jaffa und warf ihn sich über die Schultern. Gemeinsam rannten sie auf den Ausgang der Stadt zu.

***

Gundar war völlig außer Atem. Irgendwie hatten sie es geschafft, die Stadtgrenze und ihre Verfolger hinter sich zu lassen, aber nach allem, was passiert war, waren sie hier nicht mehr sicher. Man würde die Tunnel nun gründlicher nach ihnen durchsuchen, und auch den Steinring würde sicherlich schwer bewacht sein. Er wandte sich an den Anführer der anderen Gruppe: "Dein Freund ist sehr schwer, O'Neill."

Der Colonel verstand zwar nicht, was dieser grobschlächtige, einäugige Kämpfer von einer anderen Welt ihm da sagte, aber er konnte es sich denken. Er nickte nur: "Danke."

Ihre Blicke streiften sich, und sie erkannten eine Menge Gemeinsamkeiten. Sie hatten viel Leid gesehen und manches davon selbst verschuldet. Sie hatten auch selbst gelitten, und während O'Neill seine Narben in seinem Innern trug, prangten sie nur allzu deutlich auf dem Söldner. Ich wünschte, ich spräche seine Sprache, dachten beide.

Teal'c war inzwischen ins Koma gefallen und Carmen hatte ihm eine Medizin gegen das Fieber gegeben. Der Graf schaute ihr bewundernd zu. Sie hatte sich auf dieser Reise als eine sehr viel nützlichere Begleitung erwiesen als er anfangs befürchtet hatte. In der Tat war sie in jeder Hinsicht zu einem vollwertigen Mitglied seiner Gruppe geworden. Und da war immer noch diese geheimnisvolle Aura, die sie umgab ...

Als ihr die drei silbernen Gabeln aus der Tasche fielen, wurden die Augen des jungen Grafen ganz groß: "Nanu, die kenne ich doch?"

Sie blickte zu ihm auf, erst angstvoll, dann voller Selbstvertrauen: "Natürlich. Sie gehörten mal deiner Familie."

"Ich dachte, Harold hätte dich gründlich durchsucht."

"Nun, er war wohl nicht gründlich genug", erwiderte sie, und ihr Lächeln wurde noch breiter.

***

Auf ihrem Weg zum Stargate/Steinring kamen sie durch eine riesige Höhle, deren Wände über und über mit Stargate-Symbolen bedeckt waren. "Das sind Stargate-Adressen", flüsterte Daniel erfürchtig. "Ebensoviele wie auf Abydos, wenn nicht sogar mehr." Auch Sam war völlig aus dem Häuschen und begann sofort damit, Filmaufnahmen von den Wänden zu machen.

"Das ist wirklich nicht notwendig", sagte der Graft. "Wir sollten lieber euren verwundeten Kameraden nach Hause bringen."

"Das ist wahr. Aber wir würden uns eine einmalige Gelegenheit entgehen lassen. Vielleicht kehren wir niemehr zu diesem Planeten zurück!"

"Das wird auch nicht nötig sein. Ich habe mir alle diese Symbole eingeprägt."

"Was?" Sam sah ihn ungläubig an. "All ..." sie machte eine ausschweifende Geste. "All das??? Eingeprägt? Wann?"

"Als wir vor ein paar Tagen hier waren. Wenn wir bei euch zu Hause eingetroffen sind, werde ich sie euch aufschreiben."

"Das heißt, ihr kommt mit uns?" fragte O'Neill.

"Natürlich. Ich brenne darauf, eure Kultur kennenzulernen."

"Oh, wirklich?" O'Neills Stimme war voller Sarkasmus. "Ist es bei euch Brauch, sich selbst einzuladen?"

"Habt ihr etwas dagegen?"

"Nein, natürlich nicht. Stets zu Diensten, Herr Graf." sagte O'Neill und deutete eine Verbeugung an.

Igor bemerkte den Spott in der Stimme des Colonel. "Euer adliger Status scheint diese Leute nicht besonders zu beeindrucken, Herr Graf." sagte er.

"Die werden schon noch lernen, mich mit Respekt zu behandeln." erwiderte der Graf. Daniel, der der als einziger ihre Sprache verstand, schüttelte nur den Kopf. Das konnte ja heiter werden!

***

Schließlich hatten sie den Steinring erreicht. Wie zu befürchten war, hatten sich an die zwanzig Wachen darum verteilt. Ihr Anführer war Rov'ass, dem sie schon vorher in die Arme gelaufen waren. Von einem leicht erhöhten Seiteneingang aus beobachteten SG-1 und die Gruppe des Grafen das Treiben unter ihnen.

"Das sieht nicht gut aus", sagte O'Neill, und reichte sein Fernglas an Carter weiter. Der Graf riß es ihr aus der Hand und blickte damit zu den Wachen hinunter. Für einen Moment sah es so aus, als würde ihm der Colonel an die Gurgel gehen, und nur ein kurzes Kopfschütteln von Carter hielt ihn davon ab.

"Ich stimme dir zu, O'Neill." sagte der Graf. "Carmen hat ein Mittel, mit dem sie euren Freund für kurze Zeit wieder auf die Beine bringen kann. Danach braucht er aber dringend medizinische Versorgung. Seid ihr bereit?"

Der Colonel nickte mürrisch: "So bereit wie immer."

Graf Freund gab Carmen das Zeichen, und sie flößte Teal'c eine bittere Brühe ein. Der Jaffa hustete heftig und schlug die Augen auf: "Wo bin ich? Was ist passiert?"

"Später, Teal'c. Wir müssen durch das Stargate - jetzt oder nie! Daniel und ich werden dich tragen. Carter, Sie geben die Koordinaten ein! Die anderen lenken die Wachen ab."

Diesmal erhob der Graf keinen Einspruch gegen die Befehle des Colonel. Er übersetzte dem Rest seiner Gruppe und gab dem Colonel das Zeichen. Vorsichtig krochen sie so weit aus ihrer Deckung heraus wie irgend möglich. Dann zählte O'Neill langsam von Drei auf Null und gemeinsam stürmten sie auf den Steinring zu.

***

Gundar kämpfte wie ein Besessener. Der Anführer der Wachen hatte ihn mit seiner Stabwaffe im linken Arm getroffen, der nun nutzlos herabhing. Dennoch stellte Gundar auch einhändig immer noch die größte Gefahr für die Wächter des Steinrings dar. Wie ein Pflug brach er durch ihre Verteidigungslinie und bahnte den Nachkommenden einen Weg. An seiner Seite kämpfte der von ihm befreite Sklave, der sich als Keber vorgestellt hatte. Der Bursche war so ungeschickt, daß er Gundar eher behinderte als half. Gerade feuerte der Anführer mit seiner Stabwaffe auf ihn, und nur ein schneller Schwertstreich Gundars, der die Stabwaffe ablenkte, rettete den ehemaligen Sklaven. Gundar setzte augenblicklich nach und streckte den Anführer nieder.

Noch hatten sie den Überraschungsvorteil auf ihrer Seite, aber ihre Feinde überwanden langsam ihren ersten Schreck und begannen damit, ihre Verteidigung zu organisieren. Die Zeit wurde knapp!

Sam erreichte das D.H.D.-Wahlgerät und begann die Koordinaten der Erde einzugeben, wobei sie von Carmen beschützt wurde, die sich mit einem Speer bewaffnet hatte. O'Neill und Daniel näherten sich inzwischen mit dem wankenden Teal'c dem Stargate, flankiert von Igor und dem Grafen. Dort angelangt, überließen sie den Jaffa sich selbst und hielten ihre Feinde mit ihren Waffen in Schach. Eine Wache näherte sich der Stabwaffe, die der Anführer fallengelassen hatte, als ihm Gundar das Herz durchbohrt hatte. O'Neill sah es und schrie etwas, aber Gundar hatte es bereits bemerkt. Schnell sprang er herbei und schlug den Wächter zurück. Ausfall. Parade. Finte. Attacke. Und ein weiterer Feind, den er in den Rachen der Grimmen Dame schleuderte.

Dann hörte er hinter sich einen Schrei. Carmen!

Er wirbelte herum und die Welt verwandelte sich in Zeitlupe. Er sah, wie einer der Feinde seine Kameradin mit dem Speer durchbohrte. Blutüberströmt brach sie zusammen und ließ Sam Carter schutzlos zurück. Drohend schloß sich der Kreis der Wachen um den Major, der gerade das letzte Symbol eingab und das Stargate aktivierte.

Die Wächter erhielten keine Gelegenheit, ihren Triumph auszukosten, denn die menschliche Urgewalt namens Gundar brach über sie herein. Der Söldner schlug zu, hackte ab, verstümmelte, und stieß dabei einen so unmenschlichen Schrei aus, daß er selbst das Wirbel des sich öffnenden Stargates übertönte. Carter nutzte die kurze Atempause, um Carmen aus der Gefahrenzone zu ziehen. Daniel und Keber kamen ihr zur Hilfe und trugen die bewußtlose Frau, während Sam ihr Codegerät aktivierte. Langsam zogen sie sich zum Stargate zurück. Nur Gundar befand sich immer noch beim D.H.D., und schien in seinem Blutrausch keinen Gedanken an die eigene Sicherheit zu verschwenden.

"Gundar!" schrie der Graf, während hinter ihm Igor mit Teal'c und Daniel mit Carmen durch den Ereignishorizont des Steinrings traten. "Wir müssen ihn da herausholen!" wandte er sich an Sam und Jack. Auch der hagere Keber, der so garnichts von einem Kämpfer hatte, sah sie hilfesuchend an. Sie waren nur mit Speeren und Schwertern bewaffnet - der Graf hatte seine Pistole schon vor einer Weile abgefeuert - und waren von sechs feindselig dreinblickenden Wachen umgeben. Der Colonel blickte dem Grafen tief in die Augen: "Wenn ich das tue, dann will ich danach mit Respekt behandelt werden, klar?"

Der Graf antwortete mit einem bitteren Lächeln: "Jawohl - Sir."

"Carter, wir machen Ihnen den Weg frei und sie schnappen sich die Stabwaffe!"

"Jawohl, Sir!"

O'Neill machte mit seinem Speer einen Ausfall nach links, Graf Freund mit dem Schwert seines Vaters einen Ausfall nach rechts. Der plötzliche Gewaltausbruch brach eine Lücke in die Abwehr ihrer Feinde, und Major Carter schlüpfte hindurch. Geschickt tauchte sie unter mehreren Schlägen hinweg und beendete ihr Manöver mit einem Hechtsprung in Richtung Stabwaffe. Während sie sich abrollte, riß sie die Waffe an sich und aktivierte sie.

Zuerst mußten die beiden überlebenden Wachen dran glauben, die immer noch auf Gundar einhackten, danach drehte sie sich zu den anderen um, die O'Neill und Graf Freund bedrohten. Aber diese hatten sich bereits entschieden, aufgrund der veränderten Machtverhältnisse ihr Heil in der Flucht zu suchen. Während sie die Umgebung im Auge behielt, hoben der Graf, der Colonel und der ehemalige Sklave den schwer verwundeten Söldner hoch und schleppten ihn in Richtung Stargate. Gemeinsam sprangen sie durch den Ereignishorizont und ließen den Ort ihrer gewonnenen Schlacht hinter sich.

weiter: 3 Teil
Im SG-C by Christian
Author's Notes:
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Im SG-C


"Soll das ein Witz sein, Sir?!?" Captain Dan Frisco war aus seinem Stuhl aufgesprungen und starrte General Hammond zornig an.

"Setzen Sie sich hin und mäßigen Sie sich, Captain!" erwiderte General Hammond mit ebenso lauter Stimme. "Sie sind immer noch ein Mitglied dieses Kommandos!"

Frisco stand noch ein paar Sekunden da, dann setzte er sich langsam wieder hin und sprach mit verbitterter Stimme weiter: "Ich habe den Eindruck, Sie wollen mich loswerden - Sir."

"Nun, Frisco, Sie werden mir sicher zustimmen, daß Sie ein ungewöhnlicher Fall sind, selbst wenn man berücksichtigt, womit wir es hier tagtäglich zu tun haben."

Frico nickte verdrossen.

"Sie haben sich hier im Stargate Kommando eine Menge Freundschaften verspielt. Dazu kommt Ihr augenblicklicher ... Zustand. Kein Team-Kommandant ist mehr bereit, Sie in sein Team aufzunehmen - und ich kann es ihnen nicht verübeln. Alles wäre sehr viel einfacher, wenn Sie bereit wären, zu den Tok'ra zu gehen."

"Sir, diese Diskussion hatten wir doch schon! Zu den Tok'ra zu gehen ist gleichbedeutend damit, seine Persönlichkeit aufzugeben."

"Das sehe ich zwar etwas anders, aber ich werde ihnen da nichts vorschreiben. Also ..."

"Also schieben Sie mich ab ..."

"Reißen Sie sich zusammen, Frisco! Ich gebe Ihnen die einmalige Chance, diesem Kommando und in gewisser Weise auch unseren Verbündeten, den Tok'ra, zu dienen. Sie werden weiterhin die Gelegenheit haben, die Galaxie zu erkunden und in unserem Namen zu sprechen. Ich weiß, daß tief in Ihnen ein guter Kern steckt, deshalb möchte ich nur ungern die Alternative in Erwägung ziehen."

"Tief in mir ein guter Kern? Reden Sie jetzt von dem Wurm oder was?"

"Nein, Frisco, ich rede von Ihnen. Von Ihnen persönlich. Wenn ich nicht irgendwie von Ihren Qualitäten überzeugt wäre, wären sie niemals ein Teil dieses Kommandos geworden."

"Hm. Danke, Sir. Sehe ich das richtig, daß ich gar nicht wissen möchte, worin die Alternative besteht?"

"Das sehen Sie richtig, Captain."

"Und ich wäre weiterhin ein Mitglied des Stargate Kommandos?"

"Sozusagen. Sie würden als - diplomatischer - Verbindungsmann fungieren." Das Wort ‚diplomatisch' schien Hammond sichtbare Schmerzen zu verursachen.

"Ich verstehe, Sir. Dann werde ich es wohl mal mit diesem verrückten Grafen versuchen."

"Freut mich zu hören, Frisco. Wegtreten!"

Frisco erhob sich, deutete einen mißmutigen Gruß an und schlenderte in Richtung Ausgang.

"Noch etwas, Frisco!" die Worte des Generals ließen den Captain innehalten. "Machen Sie mir keine Schande, oder ich werde Sie eigenhändig an ihren Eiern aufhängen!"

"Jawohl, Sir!"

***

Janet Frazier lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und rieb sich müde den Nasenrücken, als Samantha Carter mit zwei Tassen Kaffee in ihr Büro balancierte. Sam schloß die Tür mit einem Fuß und setzte die Tassen vorsichtig auf dem Schreibtisch ab, bevor sie ebenfalls Platz nahm.

"Nun?"

"Was nun?"

"Sie sehen erschöpft aus."

"Ist das so deutlich zu erkennen? Liegt wohl daran, daß die Krankenstation mal wieder aus allen Nähten platzt. Jedesmal, wenn sich dieses Tor öffnet, rechne ich mit einer neuen Fuhre von Patienten. Und nicht genug, daß sich die Mitglieder dieses Kommandos regelmäßig unter allen denkbaren und undenkbaren Umständen Verletzungen zuziehen, jetzt bringen sie schon irgendwelche Fremden mit, die sie unterwegs aufgelesen haben. Besonders SG-1 scheint es sich in den Kopf gesetzt zu haben, meine Krankenstation mit Patienten vollzustopfen." An der Stimme des Doktors war deutlich zu erkennen, daß sie es nicht wirklich ernst meinte.

"Und wie machen sich unsere Patienten?"

"Teal'c geht es schon wieder viel besser. Nachdem sein Symbiont nicht mehr der schädigenden Strahlung von P3X298 ausgesetzt war, hat er sich erstaunlich schnell erholt und seine körperlichen Beschwerden geheilt. Ich habe ihn gerade entlassen. Daniel geht es ebenfalls gut. War ja auch ‚nur' eine Schnittwunde am Bein."

"Und die Besucher?"

"Da haben Sie uns ganz schön was angeschleppt. Um die Frau - Carmen heißt sie, nicht war? - habe ich mir zuerst am meisten Sorgen gemacht. Sie hat durch ihre Bauchwunde eine Menge Blut verloren. Zum Glück sind keine lebenswichtigen Organe verletzt worden. Inzwischen ist sie über den Berg. Dem befreiten Sklaven - Keber? - habe ich eine Salbenkur gegen die Hautverbrennungen verschrieben, die er auf dem Planeten erlitten hat. Am schlimmsten hat es dieses Ungeheuer erwischt. Verzeihen Sie meine Ausdrucksweise, aber der Kerl sieht aus, als hätte er die Hälfte seines Lebens im Lazarett verbracht. Sein linker Oberarm wurde von einem Stabwaffentreffer förmlich zerschmolzen - mehrfacher Knochenbruch, gerissenes Muskelgewebe, Verbrennungen dritten Grades. Ein Wunder, daß er mit einer solchen Verletzung noch weitergekämpft hat. Aber anscheinend hat er es getan - und dabei noch mehr eingesteckt. Er wies insgesamt einundzwanzig Schnitt- und Stichwunden unterschiedlicher Schwere auf. Dazu Prellungen am ganzen Körper, einen Schädelbasisbruch und innere Blutungen. Eigentlich müßte er tot sein. Statt dessen ist er auf dem Weg der Genesung. Ein weiteres medizinisches Wunder."

"So ist das Leben im Stargate Center."

"Scheint so. Vor allem hält es einen ständig beschäftigt. In der letzten Woche habe ich allerhöchstens zwanzig Stunden Schlaf bekommen und mich größtenteils von Kaffee ernährt."

"Da geht es mir ganz ähnlich."

"Ja? Wie ist der Graf? Ich bin ihm nur kurz begegnet, aber er scheint nett zu sein. Und knackig."

"Janet! Wo haben Sie wieder Ihre Augen gehabt?"

Der Doktor lachte laut: "Genau an der richtigen Stelle, würde ich sagen. Soweit ich weiß, ist er ungebunden, oder? Kein Interesse?"

"Wer, ich?" Sam machte einen ehrlich überraschten Eindruck. "Nein. Wirklich nicht."

"Dabei würden Sie beide gut zueinander passen. Er soll ziemlich was auf dem Kasten haben."

"Er ist brilliant. Und nervtötend. Er hat auf diesem Planeten über eintausend Stargate-Adressen einfach so auswendig gelernt. Nach etwas mehr als einer Woche spricht er unsere Sprache perfekt. Und schon nach der ersten Führung kannte er sich besser im Stargate Center aus als ich. Ich könnte noch stundenlang so weitererzählen. Der Kerl ist mir einfach unheimlich."

Janet lächelte nur und sagte nichts.

"Was?" fragte Sam leicht irritiert.

"Nun wissen Sie, wie sich die meisten von uns in Ihrer Umgebung fühlen."

"Wirklich?"

"Schon gut, war nur ein Witz."

***

Meine Glieder sind schwer wie Blei und ein Druck wie von hundert Tonnen Wasser lastet auf meiner Brust. Ich kämpfe dagegen an wie ein Ertrinkender, ringe japsend nach Luft. Doch kein Wasser füllt meine Lungen, alles ist trocken. Staubtrocken. Ich huste, will mich befreien von diesem Hustenreiz, doch meine Lungen sind zu schwach.

Ich öffne ein Auge und grelles Licht sticht wie ein heißer Dolch in meinen Kopf hinein. Die Schemen verwandeln sich in ein Gesicht und ich erblicke SIE. Da weiß ich, daß ich tot bin. Die Grimme Dame hat es zu guter Letzt doch noch geschafft, mich zu sich holen. Wieder und wieder bin ich ihr entkommen, aber nun ist der Kampf vorbei.

Ich bin geschlagen und fühle Enttäuschung, aber auch ein wenig Erleichterung. Wer hätte gedacht, daß die Grimme Dame ein so schönes Antlitz ihr Eigen nennt? Sie wendet sich ab und redet mit jemandem, den ich nicht sehen kann. Dann blickt sie wieder zu mir hinab, die Augen voller Zuneigung und Trost: "Gundar?"

Carmen! Ich versuche zu sprechen, bringe aber nur ein Krächzen hervor. Eine Welle der Erleichterung durchläuft mich. Ich bin der Grimmen Dame ein weiteres Mal entkommen! Ich fühle nur noch Erleichterung und vielleicht noch einen leichten Hauch der Verbitterung, weil ich meine Frau und meinen Sohn nun doch noch nicht wieder in die Arme schließen kann.

"Schhhhhh!" sagt sie leise. "Schön, daß du dich entschieden hast, weiter unter den Lebenden zu weilen. Nun überanstreng dich nicht, und schon bald wirst du wieder gesund."

Jetzt sind mehrere Leute bei ihr. Keber ist dabei und sieht mich freudestrahlend an. Ich glaube, er hält meine Hand. Sie reden, aber ich drifte bereits wieder davon und verstehe ihre Worte nicht. Ich werde nicht sterben. Ich habe Freunde, für die es sich zu leben lohnt.

***

Die Tage im Stargate Center vergingen wie im Fluge. Während Carmen und Keber die meiste Zeit bei Gundar in der Krankenstation verbrachten und der Graf seinen unersättlichen Wissensdurst stillte, konnte sich Igor ziemlich frei durch den Komplex bewegen. Mit seinen 15 Jahren war der Schmiedesohn die jüngste Person hier, dennoch hatte er sich recht schnell mit anderen jungen Leuten angefreundet. Sie halfen ihm bei seinem Englisch-Unterricht, den er wie alle anderen Mitglieder der Gruppe um den Grafen erhielt, nachdem der Graf und General Hammond ein kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen ihren beiden Planeten vereinbart hatten (der Graf nahm sich wie immer einiges heraus, indem er für seinen ganzen Planeten sprach, aber den General schien dies nicht weiter zu stören).

Der Graf schien in dieser neuen Umgebung förmlich aufzublühen, oft zum Leidwesen der Wissenschaftler, mit denen er zu tun hatte. Igor mußte schmunzeln, als er an das Gespräch zwischen dem Grafen und Samantha Carter dachte, das er mitangehört hatte.

Sam: "... und weil sich die Iris 5 Mikrometer über dem Ereignishorizont befindet, verhindert sie die Reintegration der Materie und schützt uns vor allem, was durch das Stargate zu uns gelangen will."
v.Freund: "Das bedeutet, wenn ein Mensch versucht, durch das geschlossene Stargate zu euch zu gelangen, dann stirbt er?"
Sam: "Uhm ... ja. Aber das kann nur feindlich gesinnten Menschen passieren. Unsere Freunde und Verbündeten verfügen über Transmitter."
v.Freund: "Und wenn die Iris beschädigt wird und sich verklemmt?"
Sam: "Sie verklemmt sich nicht."
v.Freund: "Und wenn sie sich doch verklemmt? Ich meine, es könnte doch passieren."
Sam: "Nein, wir führen regelmäßige Wartungschecks durch. Die Iris gehört zu den am sorgfältigsten gewarteten Systemen auf diesem Planeten. Da kann gar nichts passieren."
v.Freund: "Und wenn der Transmittercode falsch eingegeben wird? Oder wenn jemand in friedlicher Absicht durch das Tor kommt, ohne etwas von der Iris zu ahnen?"
Sam: (unverständliches ärgerliches Gemurmel)
v.Freund: "Bitte? Ich habe Sie akkustisch nicht verstanden."
Sam: "Äh ja, ich muß jetzt leider wieder zurück an die Arbeit. Wir sehen uns später!"

***

General Hammond, Colonel O'Neill und Teal'c saßen im Besprechungsraum, und wieder einmal kam das Thema auf die Gruppe des Grafen - in diesem Fall auf Gundar. Jack O'Neill hatte sich förmlich heißgeredet: "Dieser Kerl ist übel, Sir, wirklich übel. Der nimmt es allein mit dem ganzen Stargate-Center auf - mit Teal'c darin! Und ohne Teal'c schafft er's sogar mit einer Hand auf den Rücken gebunden."

Hammond runzelte ungläubig die Stirn: "Teal'c, stimmt das?"

"Nun, diese Behauptung mußte noch nicht unter Beweis gestellt werden, General Hammond, aber davon abgesehen stimme ich Colonel O'Neill zu."

"Und, glauben Sie er stellt eine Gefahr dar?"

"Das weniger." erwiderte O'Neill. "Es ist nur so ... wir sollten ihn nicht unnötig reizen - Sir."

"Er hat das Herz eines Kriegers", fügte Teal'c hinzu. "Und er steht auf unserer Seite. Wir haben nichts von ihm zu befürchten."

"Wäre er eine Bereicherung für das Stargate Kommando?"

"Sicher, Sir - vorausgesetzt, wir führen Schwerter und Musketen als Standardbewaffnung ein."

"Seine Loyalität gilt allerdings Graf Sebastian von Freund", wandte Teal'c ein.

"Das ist mir klar. Sobald er genesen ist, werden sich unsere Wege wahrscheinlich trennen. Der Austausch zwischen unseren Wissenschaftlern und dem Grafen ist so gut wie abgeschlossen. Soweit ich den Grafen verstanden habe, möchte er ein eigenes Expeditions-Korps gründen, das eng mit uns zusammenarbeitet und uns im Kampf gegen die Goa'uld unterstützt."

"Wobei er von diesem Bündnis weit mehr profitiert als wir, Sir."

"Sicherlich können wir uns technisch fortgeschrittenere Verbündete wünschen. Aber wir können nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse höherstehender Kulturen einfordern, wenn wir im Gegenzug nicht bereit sind, weniger entwickelten Kulturen jede nötige Unterstützung zukommen zu lassen. Außerdem haben wir durch den Grafen über fünfzig neue Stargate-Adressen in Erfahrung gebracht, die den Goa'uld nicht bekannt sind."

"Deshalb unterstützen wir den Grafen auch mit Waffen?"

"Einschließlich aller anderen Gerätschaften, die für die Erforschung fremder Welten und zum Schutz der eigenen Einrichtung nötig sind."

"Eine Iris, Sir?"

"Baupläne für eine Iris, ja. Aber wenn ich mich recht ersinne, hält der Graf nicht viel von dem Konzept. Fragen Sie mich nicht, was er statt dessen bauen möchte, ich habe keine Ahnung."

"Hm ..." O'Neill machte ein unglückliches Gesicht.

"Sprechen Sie ruhig offen, Colonel."

"Halten Sie es für klug, das Wissen um unsere Technologie so freigiebig zu verschenken?"

"Worauf wollen Sie hinaus, Colonel? Sie selbst haben gesagt, daß wir dem Grafen vertrauen können."

"Äh, ja. Aber trotzdem ..."

"Haben Sie Gewissensbisse? Muß ich Sie daran erinnern, daß wir uns im Krieg befinden? Im Krieg gegen einen Feind, der uns technologisch überlegen ist? In unserer Situation kann man sich keine Erste Direktive oder ähnlichen Unsinn leisten. Dieses Kommando ist das einzige, was zwischen den Goa'uld und der Unterwerfung unseres Planeten steht. Da ist es ganz beruhigend zu wissen, daß da draußen eine weitere Gruppe unterwegs ist, die auf unserer Seite steht."

"Ich stimme ihnen zu, General Hammond. Ihr Handeln ist weise."

"Danke, Teal'c. Nun, Colonel?"

"Sicher, Sir. Entschuldigen Sie meine Paranoia. Waffen und Ausrüstung für unsere Verbündeten. Kein Problem. Und einen Schlangenkopf als Begleiter?"

"Die Bezeichnung ‚Schlangenkopf' halte ich für unzutreffend", wandte Teal'c ein, "schließlich war es nicht Captain Friscos Verschulden, daß er mit einem Tok'ra verschmolzen wurde."

"Aber es war doch seine freie Entscheidung, oder? Außerdem konnte ich den Kerl schon vorher nicht leiden. Der geborene Befehlsverweigerer. Aufmüpfig, ... arrogant, ... habe ich aufmüpfig erwähnt?"

"Captain Frisco ist alles andere als über jeden Zweifel erhaben. Aber wir müssen auch seine Situation verstehen. Seine Verschmelzung geschah nicht völlig freiwillig und unter Umständen, die eine Trennung der beiden unmöglich machen. So etwas wäre für jeden von uns ein einschneidendes Erlebnis ... Verzeihung, ich vergaß für einen Moment, mit wem ich hier rede." Sowohl Teal'c als auch Jack O'Neill nickten mit ernster Miene. "Und wir sprechen hier von Dan Frisco. Ihn hat das ganze noch viel härter getroffen. Soweit ich weiß, verhält sich der Tok'ra die meiste Zeit über passiv, aber dennoch ..."

"Man kann nie mehr allein aufs Klo gehen, Sir."

"Ich sehe, Sie begegnen der ganzen Angelegenheit mit dem Ihnen typischen Ernst, Colonel. Wie dem auch sei. Als Begleiter des Grafen wird er vielleicht in der Lage sein, seine neue Identität zu verstehen und zu akzeptieren. Und für den Grafen ist er eine wertvolle Hilfe."

Teal'c nickte nachdenklich: "Das gesammelte Wissen der Tok'ra und der Tau'ri. Hoffen wir, daß er niemals den Goa'uld in die Hände fällt."

"Dan Frisco? Mir tut der arme Systemlord schon jetzt leid, der sich mit Frisco anlegt."

***

Dan Frisco saß im Besprechungsraum und fühlte sich unbehaglich. Ihm gegenüber saß Graf Sebastian von Freund und schien die Ruhe in Person zu sein. Bis jetzt hatte keiner von ihnen ein Wort gesagt, und sie musterten sich nur abschätzend über den Konferenztisch hinweg.

Graf Freund ergriff das Wort: "Du hast dich also entschlossen, uns im Namen der Tau'ri zu begleiten. Was führt dich zu diesem Entschluß?"

Frisco starrte den Grafen nachdenklich an. Hier saß sein Ticket aus dem großen Misthaufen heraus, zu dem sein Leben geworden war. Das SGC wollte ihn nicht mehr haben, zu den Tok'ra wollte er nicht gehen und die einzige Alternative bestand in Sicherheitsverwahrung - Gefängnis, auch wenn sie es nicht so nannten. General Hammond hatte schon ganz Recht gehabt, als er die Gruppe des Grafen als letzten Ausweg genannt hatte. Das einzige Problem bestand nun darin, den Grafen von seinem Wert zu überzeugen. Sollte er ihm die Wahrheit erzählen, oder lieber ein Lügenmärchen auftischen?



Halt's Maul, Wurm! Zugegeben, seine diplomatischen Fähigkeiten waren äußerst begrenzt und nur zu leicht ließ er sich von seinem Temperament mitreißen. Ein Lügenhaus würde also nur allzu schnell einstürzen. Also gut, die Wahrheit: "Ich habe einige ... Differenzen ... mit den Leuten hier. Nicht nur, weil ich einen Wurm in mir trage. Die Leute hier kommen einfach nicht mit mir klar. Was ich dringend brauche, ist ein Tapetenwechsel."

"Du bist mit einem Tok'ra verschmolzen. Aber du nennst in ‚Wurm'?"

Verdammt, dieses Thema behagte Frisco überhaupt nicht: "Sie haben keine Ahnung, was für eine Hölle das ist, mit einem denkenden Wesen verschmolzen zu sein, daß jederzeit die Kontrolle an sich reißen kann. Sie können sich denken, daß ich keine allzu freundlichen Gefühle für meinen ... Symbionten ... hege."

"Aber ist das nicht ungeheuer nervenaufreibend, ständig im Konflikt mit diesem Wesen zu leben?"

Frisco sah den Grafen schief an. Worauf wollte er hinaus? "Es treibt einen langsam in den Wahnsinn."

"Versetz dich in meine Lage. Wäre es klug, ein nervliches Wrack wie dich mit auf eine gefährliche Reise voller Unwägbarkeiten zu nehmen?"

"Was???" Die Zornesröte stieg in Friscos Gesicht. Was erdreistete sich diese ... diese Person?

< Er versucht dich zu reizen. Und ist sehr erfolgreich damit. >

Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt, Wurm?

< Wie du bereits sagtest. Er ist dein ... unser Ticket zur Freiheit. Was willst du nun tun? Ihm an die Kehle springen? >

Raus aus meinem Kopf! Ich regel das!

Der Graf bemerkte die Veränderung in Frisco: "Alles in Ordnung?"

"Ich bin okay. Es ist nur ... Ich meine ... Ich wollte sagen ... ihr braucht mich. Ihr braucht mich da draußen. Ich kenne die Goa'uld. Ich spüre ihre Präsenz. Nur mit meiner Hilfe habt ihr überhaupt eine Chance gegen die Schlangenköpfe."

"Und wenn wir in eine kritische Situation geraten, und du rastest aus? Was tun wir dann?"

"Das ist nur eine Unbekannte mehr in einer Gleichung voller Unbekannter. Kein großes Risiko also."

"Kein großes Risiko. Hm ..." Der Graf musterte den Captain für eine Weile. Dann rang er sich zu einem Entschluß durch: "Also gut, du bist dabei! Aber vorher möchte ich noch mit dem Tok'ra sprechen."

Friscos Gesicht machte gleich mehrere Veränderungen durch. Zuerst Nervösität, während der Graf überlegte, dann Triumph, als der Graf seine Entscheidung verkündete, und schließlich Erschütterung, als er die Bedingung nannte. Er konnte den Wurm in seinem Innern leise kichern hören. Du verdammter Mistkerl!

< Dieses Kompliment nehme ich gerne entgegen. >

Ich meinte den Grafen!

"Sie wissen, was Sie mir da abverlangen?"

Der Graf nickte ungerührt: "Ja."

"Also gut." Frisco senkte seinen Kopf und übergab die Kontrolle an den Tok'ra. Als er den Kopf wieder hob, war in seinen Augen ein ganz leichtes Leuten zu erkennen: "Mein Name ist Trell."

"Kann Frisco hören, was wir sagen?"

"Jedes Wort."

Der Graf nickte: "Gut. Wie alt bist du, Trell?"

"Ich bin 78 Jahre alt. Für einen Tok'ra ist dies kein hohes Alter."

"Dennoch bedeutet es, daß du an ein Leben in Freiheit gewöhnt bist."

"Worauf willst du hinaus, Sebastian von Freund?"

"Korrigiere mich, wenn ich mich irre. Die Tok'ra teilen sich den Körper mit ihrem Wirt. Das bedeutet, beide Teile haben gleichermaßen das Recht auf die Benutzung des Körpers. Du dagegen überläßt deinem Wirt die Kontrolle. Dieser Körper muß dir wie ein Gefängnis vorkommen."

Frisco/Trell nickte nachdenklich: "Diese Einschätzung entspricht der Wahrheit."

"Hast du keine Angst, früher oder später an der inneren Einsamkeit zugrunde zu gehen?"

"Dieser Gefahr sehe ich entschlossen ins Auge", erwiderte Trell mit fester Stimme. "Was die Tok'ra von unseren Feinden, den Goa'uld unterscheidet, ist unser tiefes Verständnis davon, was wir sind. Wir sind ... Schmarozer. Wir schenken unseren Wirten zwar Gesundheit und ein langes Leben, reißen dieses Leben dafür aber an uns und beanspruchen es für uns selbst. Dieses Eingeständnis ist ein fester Bestandteil unserer Kultur. Deshalb beschränken wir uns darauf, Wirte zu nehmen, die sich freiwillig dazu bereit erklären. Und wir gehen noch weiter. Wir unterdrücken auch den tiefen Drang in uns, ständig die Kontrolle auszuüben. Dieser Drang ist es, dem die Goa'uld nachgeben. Er ist es, der sie zu den Monstern macht, die sie sind. Mein ganzes Leben lang habe ich gelernt, dem Drang zu widerstehen. Es hat mich darauf vorbereitet, die Prüfung zu bestehen, der ich mich nun stellen muß."

"Warum läßt du dich nicht in einen neuen, willigeren Wirt einpflanzen?"

"Es wäre wahrscheinlich mein Tod. Und Dan Friscos Tod ganz sicher. Als er mich rettete ... ich meine, als er meinen früheren Wirt zu retten versuchte, aber nur mich retten konnte, wurde er so schwer verletzt, daß nur eine Verschmelzung mit mir ihn retten konnte. Seither ersetze ich die Funktion wichtiger Körperorgane, die durch die Verletzung gänzlich zerstört wurden. Er rettete mein Leben, also leiste ich ihm diesen Dienst gerne."

"Ich verstehe."

"Ich werde mich nun zurückziehen. Dan Frisco drängt nach der Kontrolle und ich will sie ihm nicht weiter verweigern."

Graf Freund nickte und Frisco senke erneut seinen Kopf, um ihn zornerfüllt wieder zu heben: "Sie haben keine Ahnung, wie sich das anfühlt, Graf! Es ist schrecklich! Hüten Sie sich davor, Mitleid mit diesem Wurm zu empfinden. Er ist ein Schmarozer, er hat es selbst zugegeben. Er hat damals nicht nur mein Leben gerettet, wie er so scheinheilig behauptet, sondern auch sein eigenes. Oder glauben Sie, er hätte lange in ..." Frisco hielt kurz inne, und fuhr dann traurig fort: "... In seinem toten Wirt überleben können? Ich bin ihm garnichts schuldig! Nicht das geringste! Ich brauche diesen Job, Graf, aber bestehen Sie nie wieder darauf, mit dem Wurm zu sprechen!"

Graf Freund erwiderte nichts. Was er gerade gehört hatte, hatte ihn tief erschüttert. So saßen sie mehrere Minuten schweigend da. Dann erhob er sich und sagte: "Ich werde dich in meine Gruppe aufnehmen und deinen Wunsch respektieren. Ich bete ... nein, ich würde beten, wenn sich die Götter, zu denen ich betete nicht als Goa'uld herausgestellt hätten. Also bete ich zu dem allmächtigen Schöpfer selbst, daß du eines Tages lernen wirst, das Wesen in deinem Innern zu akzeptieren."

***

Der Tag des Aufbruchs war gekommen, und die Gruppe des Grafen hatte sich im Stargate-Raum versammelt. Gundar ließ seinen Blick über die Gruppenmitglieder wandern und mußte schmunzeln. Sie wirkten allesamt ein wenig fehl am Platze mit ihrer fremdartigen, modernen Ausrüstung. Carmen verschwand geradezu in ihrer Uniform, aber nachdem er sie näher kennengelernt hatte, war sich der Söldner sicher, daß sie in jeder Hinsicht eine Bereicherung der Gruppe darstellte. Der Graf mauserte sich immer mehr zu einem strahlenden Anführer, dem Gundar überall hin folgen würde, und Dan Frisco ... nun, er war sicherlich ein erfahrener Soldat, aber er würde seinen Wert noch unter Beweis stellen müssen. Und letztlich Igor und Keber. Nun, Igor würde sie sicherlich auf ihren weiteren Reisen begleiten, schließlich war er der Lehrling des Grafen und nach den Maßstäben ihrer Heimat Xalviar auf dem besten Weg zum Erwachsenen. Keber dagegen würde noch Jahre brauchen, seine Unterwürfigkeit abzulegen. Aber er war wild entschlossen, in die Dienste des Grafen zu treten, also würden sie in der Burg des Grafen eine Aufgabe für ihn finden.

Alles in allem ein seltsamer Haufen, auf den der Söldner da blickte. Zu ihrer Verabschiedung hatten sich viele Mitglieder dieser unterirdischen Festung eingefunden, darunter auch die Mitglieder des Teams, dem sie auf dem Weg hierher begegnet waren. Die Verabschiedung fiel größtenteils herzlich aus, und wurde in der Sprache der Fremden geführt, die Gundar nicht verstand, weil er wegen seiner Verletzung nur wenig Sprachunterricht erhalten hatte - außerdem lagen ihm Fremdsprachen ohnehin nicht sonderlich. So stand er eher im Abseits und hatte die Gelegenheit, die anderen zu beobachten.

Auffällig waren die vielen weiblichen Mitglieder dieser Festung, die sich eingefunden hatten und nun um Igor scharten, nicht wenige davon mit einer kleinen Träne im Knopfloch. Der Junge hatte seine Zeit hier anscheinend gut genutzt, um die diplomatischen Bindungen ihrer beiden Heimatwelten zu stärken.

Ebenso auffällig waren die finsteren Blicke, die sich Frisco und seine ehemaligen Kollegen zuwarfen. Hier war anscheinend einiges im Argen. Kein Wunder, daß sich der Air Force Captain dazu entschieden hatte, sie zu begleiten.

Im Mittelpunkt standen General Hammond und Graf Freund, die sich gerade freundlich die Hand schüttelten: "Beehren Sie uns bald wieder, Herr Graf!"

"Sehr gerne, General."

Im Hintergrund begann der Steinring zu rotieren und die Adresse von P3X797 anzuwählen. Dieser Planet, der von Leuten bewohnt wurde, die dem SGC freundlich gesonnen waren, würde ihre Zwischenstation sein. Aus einem Grund, den Gundar nicht genau verstand, war es nämlich nicht möglich, direkt nach Xalviar zu reisen.

Der Steinring aktivierte sich und erhelle ihre Gesichter mit seinem verheißungsvollen, blauen Leuchten. Der Graf gab das Zeichen und gemeinsam näherten sie sich dem Ereignishorizont. "Ich freue mich auf Zuhause", sagte Igor. Alle nickten, selbst Keber und Frisco, die den genauen Wortlaut nicht verstanden. Dann traten sie durch das Tor und rasten durch die Unendlichkeit des Alls.

***

Dr. Frasier betrat die Kommandozentrale in großer Eile und mit Sorgenfalten im Gesicht.

"Was gibt es, Doktor?" fragte General Hammond besorgt.

"Sir. Das Team des Grafen hat das Stargate-Center verlassen?"

"So ist es. Pünktlich um 1400 Uhr."

Die Ärztin ließ resigniert die Schultern hängen. "Dann können wir nur hoffen, daß sie bald zurückkehren werden."

"Warum? Was stimmt denn nicht, Doktor?"

Sie sah ihn traurig an: "Sir, ich habe gerade die letzten Laborauswertungen erhalten. Es ist Carmen Selaro. Sie hat Krebs."

Fortsetzung folgt
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