Desire against all odds by suehsi, Anyana
Summary: Regency-AU: Es war der 3. Juni 1822, als sich die Nachricht über die Ankunft eines reichen Marinecaptains in Foxley Capes verbreitete…
Categories: Stargate Atlantis Characters: Elizabeth Weir, John Sheppard, Kate Heightmeyer, Multi-Chara, Own Character
Genre: Alternativ Universum, Friendship, Romance, UST
Challenges: Keine
Series: Tales of long forgotten Times
Chapters: 3 Completed: Ja Word count: 19428 Read: 12466 Published: 19.12.10 Updated: 25.10.18
Story Notes:
Short-Cut: Es war der 3. Juni 1822, als sich die Nachricht über die Ankunft eines reichen Marinecaptains in Foxley Capes verbreitete…

Charakter: Sheppard/Weir, Heightmeyer, Multi-Charakter, OC
Kategorie: AU, UST, Romance, Friendship
Rating: G-6

Author's Note: Puh, was soll ich zu meiner Verteidigung sagen? >> Love Period Drama!

Widmung: An meine süße Anyana, welche ich gezwungen habe 4 Stunden (Gaskell's) North & South mit mir zu gucken, obwohl sie mir mitten drinnen weggedöst ist *flausch*

Disclaimer: Stargate Atlantis und seine Charaktere gehören MGM Television.

1. Kapitel 1 by suehsi

2. Kapitel 2 by suehsi

3. Kapitel 3 by Anyana

Kapitel 1 by suehsi
Desire against all odds


***


3. Juni 1822, Barmwell House

"Vater, Vater!", fuhr es aus Kate, welche gerade durch die Halle in die Stube des Hauses st�rmte. "Vater, wundervolle Neuigkeiten gibt es aus dem Dorf!"
Kate warf ihren Hut eifrig zur Seite, ehe sie sich auf einem h�lzernen Stuhl neben ihrem Vater niederlie�.
Mit einem leisen St�hnen schob der alte Mann seine Morgenzeitung zur Seite, um seiner j�ngeren Tochter einen fragenden Blick zuzuwerfen. Er war gespannt, welches Gerede sie dieses Mal mit nach Hause gebracht hatte und somit machte er es sich auf der alten, gepolsterten Bank gem�tlich. "Also�", begann Kate, w�hrend sie eifrig nach Luft schnappte und ihre Handschuhe beiseite legte. "Als ich gerade eben beim B�cker war, kam Miss Caldwell ins Gesch�ft, welche sofort �ber den Jungen Dr. Beckett herfiel, um ihn �ber die Wahrheit des neuesten Ger�chtes auszufragen."
Da war es! Ein Ger�cht. Er hatte ja nichts anderes erwartet und somit holte Jonas Barmwell tief Luft, da dies wohl ein etwas l�ngeres Gespr�ch zu werden schien. Kurz blickte er seine �ltere Tochter Elizabeth an, welche auf einer Kiste neben dem Fenster sa� und stickte. Am�siert grinste Elizabeth ihn an.
"Angeblich hat ein gewisser Captain John Wakeham Drayton Abbey gekauft und soll auch schon in zwei Tagen hier eintreffen!" Kates Stimme �berschlug sich vor Aufregung, was Elizabeth l�cheln lie�. Das war so typisch f�r ihre Schwester� Nichts in der Welt regte ihre Fantasie und Freude mehr, als die Ankunft eines Neulings in Foxley Capes, speziell die Ankunft von einem von der m�nnlichen Sorte.
"Befindet Drayton Abbey sich nicht im Bestitz von Magistrat McKay?!", warf Elizabeth dann ein und wissend hob Kate einen Finger.
"War im Besitz des Magistrates!", korrigierte sie, was ihre Schwester neugierig von ihrer Stickerei hochblicken lie�.
"Soweit ich informiert bin, befindet sich Magistrat McKay in finanziellen Schwierigkeiten!"
"Woher hast du dies schon wieder?", warf Elizabeth ein, woraufhin sie ihre Stickerei ganz zur Seite legte, um sich neben ihrem Vater auf dem alten Sofa zu platzieren.
"Die alte Mrs. Beckett hat es aus erster Hand von McKays Stallburschen geh�rt!", erkl�rte Kate, was Jonas Barmwell dazu brachte, die Augen zu verdrehen. Schon wieder ein Ger�cht�
"Du h�rst eindeutig zu viel Unsinn, wenn du ins Dorf gehst!" Elizabeth hob eine Augenbraue, um ihre Schwester genauer unter die Lupe zu nehmen.
"Vielleicht�"

"Nicht vielleicht, ganz bestimmt sogar!", meldete sich nun auch der Vater der beiden jungen Damen ins Geschw�tz. "Ich wage zu behaupten, dass Rodney McKay viel zu reich ist, um in finanziellen Schwierigkeiten zu sein und deshalb Drayton Abbey verkaufen zu m�ssen!"
"Vielleicht�"
Kate r�mpfte sich hochn�sig, bevor sie fortfuhr: "Jedenfalls - unbedeutsam, ob der Magistrat in Schwierigkeiten ist oder nicht - er hat Drayton Abbey an Captain Wakeham verkauft und dieser kommt �bermorgen hier an!"
Elizabeth musste grinsen. "Wieso interessiert dich dieser Captain eigentlich so besonders? Du kennst ihn ja gar nicht!?"
"Wohl war, doch Dr. Beckett hat erz�hlt, dass er ein gr��eres Verm�gen bei der Navy gemacht hat. Au�erdem soll er ledig und sehr gutaussehend sein!"
Schmunzelnd strich sich Jonas durchs Haar. Er warf beiden seiner T�chter einen Blick zu, bevor er langsam nach seiner Zeitung griff um weiter zu lesen. Es war doch l�cherlich, wie sehr Kate immer hinter den M�nnern her war. Konnte sie sich nicht ein Beispiel an Elizabeth nehmen?
"12.000 soll er im Jahr haben", schoss es aus Kate, um ihren Standpunkt klar zu machen.
"12.000 sagst du?", bohrte ihr Vater nach und Kate nickte.
"In dem Fall wird uns wohl nichts anderes �brig bleiben als uns bei ihm vorzustellen!", legte ihr Vater da und Elizabeth riss den Mund weit auf.
"Vater!"
"Tscht, Lizzie! Du wei�t genau, dass er, wenn er sich hier niederl�sst, fr�her oder sp�ter sich zu verm�hlen gedenken muss� warum sollte dieses Gl�ck nicht einer meiner T�chter treffen?"
Er sah Elizabeth scharf an, welche es nicht fassen konnte. Warum sollte sie sich einem kompletten Fremdling vorstellen, nur weil er einen gr��eren Besitz hatte?
Au�erdem hatte weder sie noch ihrer Schwester eine Chance bei so einem angesehenen Mann, schlie�lich waren sie Dienstboten, keine Adeligen oder Reichen. Es war das Ziel eines jeden M�dchens, sich in h�here Schichten zu verheiraten, doch nur wenige hatten dieses Gl�ck. Der Adelige, welcher ein Bauernm�dchen liebte gab es nur in Erz�hlungen, nicht im richtigen Leben.
Dienstboten wurden von ihrem Herren nicht mal aus dem Augenwinkel angesehen, da es f�r die Herren eine Schande war, sich mit einer Magd einzulassen. Gesellschaftlicher Abstieg aufgrund deren Geburt und Versto�ung aus deren Familien war meist die Folge�
Ihre Schwester Kate war jedoch von der Idee ihres Vaters begeistert und rieb sich nerv�s die H�nde. Ein junger, reicher und lediger Captain.. hier in Foxley Capes� besser konnte Kates Tag nicht werden.

***


5. Juni 1822, Drayton Abbey

"Guten Abend, Captain!", kam es von Rodney McKay, als John Wakeham vom Pferd stieg um dem Stalljungen die Z�gel zu reichen. Im selben Moment kam auch die dunkle Kutsche, welche gefolgt von ein paar Reitern, zum Stillstand und ein junger Soldat, welcher in Begleitung einer jungen Dame war, stieg aus.
"Guten Abend, Herr Magistrat!", gr��te Wakeham, wobei er McKays Hand sch�ttelte. "Darf ich Ihnen meinen Bruder Lt. Evan Wakeham und unsere h�bsche Begleitung Teyla Emmagan vorstellen!"
McKay begr��te die Beiden freundlich, doch sein Blick blieb an der Damen h�ngen. Sie hatte dunkle Haut und hochgesteckte, lockige Haare, welche sie sehr mediterran wirken lie�en. Ein kaum gesehener Anblick in dieser Gegend von England. Den meisten war es zu kalt und regnerisch hier, deshalb blieben sie im S�den.
"Ich hoffe, alles ist auf unser Ankommen hier eingerichtet!?", wollte Captain Wakeham wissen und McKay best�tigte.
"Wenn Sie mir bitte folgen wollen!"
Die Gruppe der Neuank�mmlinge nickte, bevor sie dem Magistrat in ihr neues Zuhause folgten.
Drayton Abbey war gr��er als sie sich es vorgestellt hatten. Es war ein richtiges Herrenhaus mit gro�em Park, einem kleinen Labyrinth, hohen S�ulen und stilgerechten gro�en Hallen. Das Mobiliar war sehr altert�mlich, genauso wie die Zeichnungen an den W�nden. F�r Captain Wakeham war es jedoch nichts Au�ergew�hnliches, da er schon vorher in schicken H�usern gewohnt hatte.

***


6. Juni 1822, Barmwell House

"Sie sind da! Sie sind da!", keuchte Kate, als sie eifrig �ber die kleine Br�cke vor ihrem Haus lief, um ihren Vater und ihre Schwester zu informieren. Naja, eigentlich war es kein richtiges Haus, es war mehr ein kleines Cottage, welches an allen Ecken Spr�nge und Risse hatte.
Elizabeth war gerade dabei, die W�sche herunterzunehmen, als Kate um die Ecke geschossen kam. Ihr Kleid war mit Schmutz bespritzt und ihre Stiefel waren in Dreck geh�llt, doch Kate schien ihre l�cherliche Gestalt nicht wahrzunehmen.
"Sie sind da!"
"Wer?", wollte Elizabeth wissen, welche eine handvoll B�nder von der W�scheschnur nahm.
"Der Captain!" Kates Stimme klang �berdreht. "Er ist hier. Seit gestern. Mit seinem Bruder, welcher genauso attraktiv sein soll wie der Captain selbst�"
Elizabeth zuckte kurz mit den Lippen, bevor sie mit einem gleichg�ltigen "Sch�n!" antwortete.
Kate sah sie genervt an.
Konnte sich ihre Schwester nicht ein Mal im Leben f�r wichtige Dinge wie M�nner interessieren?
"Ich erz�hle es Vater!", schnaubte Kate. Mit dreckigen Stiefeln trampelte sie die steinernen Stufen zur T�re hoch. "Aber eines sag ich dir, Lizzie, die Freude jetzt magst du mir vermiesen, doch den Ankunftsball wirst du nicht!"
Elizabeth konnte den �rger auf dem Gesicht ihrer Schwester sehen.
"Wenn es einen Ball geben wird, werde ich bestimmt nicht gehen�also mach dir diesbez�glich keine Sorgen!", murrte Elizabeth Kate an, welche ver�rgert mit dem Fu� zu Boden stampfte.
"Du musst, weil sonst ich nicht darf!"
Uninteressiert zuckte Elizabeth mit den Schultern, bevor sie sich wieder ihrer W�sche widmete. Sie hatte eindeutig Wichtigeres zu tun als sich an den Hals eines Navy-Captains zu werfen, welche sie sowieso nicht ansehen w�rde. Au�erdem war es noch nicht einmal sicher, ob es �berhaupt einen Ball geben w�rde�
"Vater wird dich zwingen!", fauchte Kate, ehe sie ihren Hut und ihr Schultertuch auf die Holzkiste neben der T�r warf. "Er wird dich zwingen�."

***


8. Juni 1822, Foxley Capes

"Haben Sie schon das Neueste geh�rt?", fragte Miss Jennifer Caldwell Mrs. Beckett, welche gerade dabei war einen Stoff f�r ihre neuen Gardinen auszusuchen. Der Schneider hatte gerade eine neue Kollektion an Stoffen aus Indien bekommen, deshalb war das kleine Gesch�ft �berf�llt mit Leuten, die Neues ben�tigten.
Im Gesch�ft roch es nach Moder und alten Laken, doch dies war jede Frau im Dorf gewillt auf sich zu nehmen, wenn es neue Stoffe gab.
"Nein, was?", wollte die alte Mrs. Beckett - welche die Mutter des jungen Dr. Carson Becketts war - wissen.
"Der Captain von Drayton Abbey gibt n�chsten Samstag einen Er�ffnungsball!"
Jennifer grinste breit, wobei sie eine blonde Locke unter die Kante ihres Huts steckte.
"Er hat uns sogar pers�nlich eine Einladung gebracht!", erg�nzte sie, wobei sie arrogant die beiden Barmwell-T�chter anblickte, welche an der Theke hinter ihr standen.
Stillschweigend wechselten Elizabeth und Kate Blicke.
"Ein unglaublich attraktiver Mann. Und so freundlich!", fuhr sie fort, wobei sie ihren Vater angrinste. "Nicht war, Papa?"
Steven Caldwell nickte, w�hrend er seiner Tochter stolz �ber den R�cken strich. Er hatte eindeutig das h�bscheste Kind hier im Ort und er schien gar nicht daran zu zweifeln, dass Captain Wakeham m�glicherweise eine andere Dame ins Auge stechen k�nnte� und w�rde.
"Wohl wahr, Jennifer!", best�tigte er.
Mrs. Beckett sah die Beiden nur kurz an, nickte und widmete sich wieder dem Stoff vor sich. Sie hatte leider keine Tochter, die sie zu verheiraten vermochte. Sie hatte einen Sohn, Carson, welcher schon bald vollst�ndig die Praxis ihres Mannes �bernehmen w�rde. Dessen Brautwahl stand bis jetzt noch ganz au�er Frage.
"Wir sind n�mlich deshalb hier�", fuhr Jennifer fort und fummelte an einem Seidenstoff herum. "Papa hat mir ein neues Kleid f�r den Ball versprochen!"
Kurz warf sie einen Blick �ber ihre Schulter, um Kate und Elizabeth zu betrachten. Kate verdrehte genervt die Augen, was Jennifer Caldwell zum Gl�ck nicht sehen konnte.

Langsam beugte sich Miss Caldwell zur alten Beckett, bevor sie fl�sterte: "Leider kann sich nicht jeder diesen Luxus leisten!"
Jennifers Aussage war jedoch am Nebentisch nicht zu �berh�ren und verletzt sah Kate zu ihrer Schwester hoch. �kann sich nicht jeder diesen Luxus leisten� Eingebildete Kuh. Nur weil ihr Vater reich war, hatte sie noch lange nicht das Recht, auf andere herabzureden�
Kate schluckte kurz, ehe sie begann, sich in ihrem Kopf auszumalen, wie sie sich jetzt umdrehen k�nnte, um Miss Caldwell ins Gesicht zu schlagen. Es spielte sich gerade ein kleines Szenario in ihrem Kopf ab, als Elizabeth nach ihrer Hand griff und ihr andeutete, dass sie jetzt besser gehen sollten.
"Aber zum Gl�ck geht es ja uns nicht so, nicht wahr Papa?", meinte Jennifer sarkastisch, wobei sie falsch grinste und an ihrem edlen Kittel herumzupfte. Ihr Kleid war aus teurem, blauem Kaschmir, bestickt mit wei�en Ornamenten und Blumen, wozu sie wei�e Handschuhe, einen passenden Hut und ein flauschiges Schultertuch trug.
Man konnte ihr ihren Reichtum ansehen, was Kate gar nicht ausstehen konnte. Die Barmwells waren nie eine reiche Familie gewesen. Ihr Vater hatte jahrelang hart gearbeitet, um die Familie mit einem halbwegs netten Haus ausstatten zu k�nnen. Elizabeth arbeitete hin und wieder als Stickerin und N�herin hier in der Schneiderei Chuck und Kate war damit besch�ftigt, dem B�cker auszuhelfen, wann immer sie konnte.
Kate konnte Jennifer Caldwells Arroganz riechen, doch zum Gl�ck war ihre Schwester hier, um sie vor einer Blamage zu bewahren. Elizabeth nahm Kate am Arm und verlie� das Gesch�ft rasch, da sie das Temperament ihrer kleinen Schwester nur allzu gut kannte.
Kaum hatte Elizabeth die Gesch�ftst�re hinter sich geschlossen, begann auch Kate schon, zu jammern und sich zu beklagen.
"Da geht man einmal ins Gesch�ft, um neue B�nder zu kaufen und dann das!"
Sie schnaubte vor Wut. Elizabeth konnte ihre Gef�hle nur allzu gut teilen, da sie genauso �ffentlich nieder getratscht wurde, doch Elizabeth behielt ihr Leid eher f�r sich - im Gegensatz zu Kate.
"Ich wei߅", versuchte Liz ihre Schwester zu beruhigen. Sie hasste es, als niedrige Klasse dargestellt zu werden. Ja, sie waren nicht reich und nicht hoch angesehen, aber was machte das schon? Waren sie deshalb schlechtere Menschen?
"Ich hasse diese hochn�sige Ziege!", fauchte Kate, als sie die Stra�e entlang wanderten. Sie waren gerade dabei, �ber den Marktplatz zu gehen, als ein dunkles Pferd nahe ihres Weges stehenblieb und ein edel gekleideter Mann vom Ross stieg. Er trug dunkle Reiterstiefel, eine schicke Hose, dazu einen dunklen Mantel und einen Zylinderhut. Er band sein Pferd an einem Pfosten fest, bevor er in die Richtung von Elizabeth und Kate ging.
"Oh mein Gott!", keuchte Kate und griff nach dem Arm von Elizabeth. "Das ist er!"
Neugierig blickten die beiden jungen Damen hoch, um den Mann, der auf sie zuzugehen schien, zu mustern. Er sah wirklich gut aus, das musste sich Elizabeth eingestehen und als er an den Beiden vorbeimarschierte, blieben sie ruckartig stehen, um ihn nachzustarren.
Erst als er in einem Gesch�ft verschwunden war, regten sich die Beiden und warfen sich einen Blick zu.
"Ich wage es zu behaupten, dass du absolut keine Chance bei ihm hast!", stellte Elizabeth nach einigen Sekunden der Stille fest.
"Du aber auch nicht!", konterte Kate geschickt, welche noch immer mit offenem Mund dastand. Captain John Wakeham war nicht um sonst ein so guter Ruf vorausgeeilt. Er war im wahrsten Sinne des Wortes der wohl ansehnlichste Mann in ganz Foxley Capes.
"Und wie kommen wir jetzt auf den Ball� ohne Einladung?", wollte Kate wissen, woraufhin Elizabeth mit ihren Schultern zuckte.
"Ich habe keine Ahnung�"

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Drayton Abbey

"Wie geht es mit den Ballvorbereitungen voran?", wollte Evan von seinem Bruder wissen, welcher gerade in die gro�e Halle getreten war, um seinen Hut und Mantel abzulegen.
"L�uft alles nach Plan!", best�tigte John und Evan l�chelte erleichtert.
"Die musikalische Unterhaltung ist organisiert, genauso wie gen�gend Dienstboten und Wein!", fuhr John fort, w�hrend er in die anliegende Bibliothek trat, um sich dort auf einem gepolsterten Stuhl niederlie�. Er fasste eine Liste aus seiner Brusttasche und legte sie auf den Tisch, um die bereits erledigten Punkte wegzustreichen.
"Und die h�bschen Damen kommen von selbst!", erg�nzte Evan, wobei er sich belustigt �ber die Brust strich und sich neben das gro�e Panoramafenster stellte, um in den Park zu blicken.
"Wohl wahr!" John sah zu ihm hoch und l�chelte.
Evan fummelte ein wenig an den langen Gardinen rum, ehe er sich zu seinem Bruder wendete: "Wo warst du eigentlich?"
"In Foxley!", gab John karg zur Antwort.
"Und in welcher Gesellschaft?", bohrte Evan nach. "In h�bscher nehme ich an?"
John lachte leise. Er wusste nur allzu gut, worauf Evan anspielte�
"Sie ist eine reizende junge Dame, Evan�"
Sein Bruder nickte, wobei er John musterte. "John, ganz ehrlich: Was ist deine Intention ihr gegen�ber?"
John �berlegte kurz, bevor er die Lippen zu einem L�cheln verzog. "Dessen bin ich mir noch nicht ganz im Klaren�Ich bin mir nur bewusst, dass Miss Caldwell das wohl h�bscheste M�dchen in ganz Derbyshire sein muss!"

***


13. Juni 1822, Barmwell House

"Ich kann es nicht fassen, dass Vater es nicht geschafft hat, eine Einladung f�r den Ball zu bekommen!", schnaubte Kate, wobei sie sich auf ihr Bett fallen lie�.
"Ich wei߅", stimmte Elizabeth ihr zu, welche sich schon in ihr Abendkleid geworfen hatte und sich die Haare k�mmte. "Aber irgendwann wirst du dem Captain schon vorgestellt werden!"
"Irgendwann� Na toll� bis dahin hat sich Jennifer schon l�ngst an seinen Hals geworfen!"
Kate nahm die Nadeln aus ihrem Haar und legte sie aufs Bett, bevor sie den Kopf sch�ttelte, um ihr Haar lose fallen zu lassen. Sie hatte sich schon ausgemalt gehabt, wie sie ihr Haar f�r den Ball stecken konnte und welches Kleid sie anziehen wollte, doch nun fand der Ball ohne sie statt�

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Drayton Abbey

"..und dann hat Kenmoore nach dem Tau gegriffen und w�re uns dabei fast ersoffen!", erz�hlte Evan Wakeham und die Damen begannen zu kichern.
"Wir haben ihn noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen. Dennoch war er sehr erk�ltet!", warf nun auch John Wakeham ein. Er grinste in die Runde, was ihm einen anbetenden Blick von Miss Jennifer Caldwell einbrachte.
"Unglaublich!", meinte sie und grinste den Captain an. "Sie m�ssen ja viele Abenteuer erlebt haben, w�hrend sie auf See waren�"
"Wohl wahr!" John grinste Jennifer an, bevor er einen kleinen Schluck von seinem Glas Wein nahm. Der Ball war in vollem Gange und jeder schien sich gen�sslich zu am�sieren, speziell die Damenwelt.
Teyla hatte sich schon l�ngst an Dr. Beckett vergriffen und tanzte mit ihm seit Minuten. Jedoch schien es so, als ob der Doktor gar nicht von ihrer Seite weichen wollte und so forderte er sie immer wieder zu einem neuen Tanz auf.
"Tanzen Sie, Captain?", wollte Jennifer wissen, welche sich dicht neben ihn stellte und die tanzenden G�ste betrachtete.
"Ich bin leider kein hervorragender T�nzer�", versuchte sich der Captain rauszureden. Er hatte keine Freude am Tanzen, da er schlecht darin war und wollte sich daher auch bestimmt nicht bei Miss Caldwell blamieren.
Jennifer sah ihn etwas entt�uscht an.
"Aber mein Bruder Evan ist ein gro�artiger T�nzer, nicht wahr?", sah er Evan hoffnungsvoll an, welcher bescheiden grinste. Miss Caldwell verzog uninteressiert die Lippen, da sie den Captain ansprechender fand als seinen kleinen Bruder.
"Darf ich bitten?", wollte Evan Wakeham wissen und streckte Jennifer seinen Arm entgegen, so dass sie seine Aufforderung akzeptieren konnte. Captain Wakeham nickte ihr zu und mit einem Seufzen akzeptierte Miss Caldwell die Einladung von Lt. Evan Wakeham�

"Guten Abend, Herr Magistrat!", entfuhr es John Wakeham, als Rodney McKay durch die gro�e T�re in den Raum getreten kam.
"Abend, Sir!", erwiderte McKay und nahm sich ein Glas Wein von einem Tablett, welches ihm ein Dienstbote hinhielt. "H�bsch eingerichtet haben sie Drayton Abbey!"
"Vielen Dank, Sir!"
"Gar nicht am Tanzen?", wollte McKay wissen, wobei er kurz von seinem Glas schl�rfte und durch die Runde blickte.
"Nein, bis jetzt habe ich mich davor bewahren k�nnen!", erwiderte der Captain mit einem Grinsen auf den Lippen und McKay lachte. Er war selbst kein gro�er T�nzer und wusste nur allzu gut, wie nervig die M�dchen sein konnten, wenn es ums Tanzen ging. Schlie�lich war er selbst ein wohlhabender Herr, welcher noch zu haben war.
McKay stellte sich neben den Captain, welcher gerade in ein Gespr�ch mit Dr. Beckett und Teyla Emmagan verwickelt war. Dabei grinste er freundlich in die Runde, was ihm von Teyla einen freundlichen Knicks einbrachte�

***


14. Juni 1822, Foxley Capes

"Ich sage es Ihnen, der Captain ist so ein hinrei�ender Herr� ", fuhr Jennifer Caldwell fort und McKay nickte. Sie waren gerade auf dem Weg zur B�ckerei, als ihnen Kate und Elizabeth Barmwell �ber den Weg rannten.
"Ah, Miss Barmwell!", gr��te McKay freundlich und hob seinen Hut. Elizabeth und Kate l�chelten.
"Ich habe sie gestern vermisst�"
"Wir.. wir hatten gestern andere Priorit�ten!", entgegnete Elizabeth, da sie nicht erw�hnen wollte, dass sie nicht auf den Ball eingeladen gewesen waren. Jennifer zog neugierig die Augenbraue nach oben.
"Unser Vater�er� er war gestern nicht ganz bei Wohlbefinden!", stotterte Kate und Elizabeth nickte.
"Soso!", murmelte McKay. "Ich hoffe doch, es geht ihm heute wieder gut!?"
"Ja, danke Sir!", meinte Elizabeth, wobei sie sich nerv�s �bers Kleid strich. Sie trug ein gelbes Kleid, welches ihre schlanke Figur betonte. Leider war es nicht mehr das Neueste, weshalb Miss Caldwell sie etwas herablassend musterte, bevor sie eingebildet ihren Kopf hob. Bauernm�dchen�
"Ich sage es Ihnen�", fing Jennifer an. "Sie haben wirklich einen unglaublich tollen Ball verpasst! Captain Wakeham war so charmant und alles war so vortrefflich dekoriert�"
Um ihrer Aussage etwas mehr Ausdruck zu verleihen, machte sie dazu passende Handbewegungen und �bertrieb mit ihrer Mimik ein wenig, was Kate nicht ausstehen konnte.
"Er hat sogar mit mir getanzt!"
Elizabeth dr�ckte sich kurz ein Grinsen auf die Lippen, bevor sie einen kleinen Blick mit ihrer Schwester wechselte.
"Er und sein Bruder sind sehr am�sant. Und so kultiviert."
"Jennifer!", warf Rodney ein, welcher sehen konnte, dass sich die beiden Barmwells nicht sehr wohlf�hlten. Er wusste, dass Jennifer sie reizen wollte, deshalb versuchte er, das Gespr�ch so schnell wie m�glich ausklingen zu lassen.
"Jennifer, ich bin mir sicher die Beiden bedauern, dass sie nicht anwesend sein konnten!"
Er sah sie streng an, woraufhin Miss Caldwell kurz mit einem "Sicher doch!" antwortete, ehe sie sich ihren teuren Hut richtete und an ihren Handschuhen zu zupfen begann.
"So, aber nun m�ssen wir weiter!", meinte der Magistrat und legte seine Hand auf Jennifers R�cken, um sie zu bewegen. Kate nickte, genauso wie Elizabeth.
"Guten Tag, meine Damen!", entschuldigte sich der Magistrat, wobei er anfing loszugehen. Miss Caldwell machte einen kurzen Knicks, ehe sie ihm folgte und die beiden M�dchen stehen lie�.
Zum Gl�ck hatte McKay das Gespr�ch mit den Beiden beendet. Sie konnte deren abgenutzten Kleider nicht ausstehen und es w�re eine Schande, wenn sie jemand Einflussreiches mit den Barmwells auf der Stra�e sehen w�rde�

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Barmwell House

"Vater, du kannst dir gar nicht vorstellen wie sie auf uns herab geredet hat�", beklagte sich Kate, w�hrend sie in der Stube auf und abging. Mit jedem Schritt, den sie t�tigte, knirschte der Boden.
"Kate, beruhige dich!", warf Elizabeth ein, welche sich von der Feuerstelle erhob. "So schlimm war es auch wieder nicht!"
Sp�ttisch sah Kate sie an und ihr Vater l�chelte. Kate nahm sich alles viel zu sehr zu Herzen und somit hatte sie gen�gend Stoff, um sich wochenlang zu beklagen und sich zu bemitleiden.
"F�r dich war es vielleicht nicht schlimm! Aber f�r mich ... f�r mich war es schlimm", schnaubte sie, bevor sie sich auf das alte Sofa fallen lie�, um ins Feuer zu starren. Elizabeth nahm neben ihr Platz, wobei sie nach Kates Hand griff.
"Kate, warum k�mmert es dich so sehr, was Miss Caldwell von uns denkt?"
Kate dachte kurz nach, bevor sie antwortete:"Weil sie reich ist und weil sie das hat, was wir uns nicht leisten k�nnen! Und genau das wirft sie uns jedes Mal ins Gesicht!"
Der Vater nickte und schmunzelte.
"Damit m�sst ihr leben, Kinder! Wir sind nun mal nicht aus der Adelsschicht, also gew�hnt euch dran!"
Elizabeth st�hnte leicht und sah ihre kleine Schwester an, welche ver�rgert ins Feuer starrte. Sie dachte kurz nach, bevor sie sich von der Bank erhob.
"Ich sollte vielleicht r�ber zu den Chucks gehen, um ein paar extra Schillinge zu verdienen!"
Elizabeth wusste, dass die Chucks immer Arbeit f�r sie hatten, da die Schneiderei sehr �berlastet war mit Auftr�gen. Kaum blickte der Vater zu ihr hoch, hatte sie schon ihr Schultertuch umgeworfen und nach ihrem Hut gegriffen. "Elizabeth�"
"Nein, Vater, du hast recht!", begann sie. "Wir sind Arbeiter, keine Adeligen, also sollten wir auch dementsprechend genug arbeiten, um uns ein wenig Luxus leisten zu k�nnen!"
Jonas machte ein kleines Ger�usch des Widerspruchs.
"Wartet mit dem Essen nicht auf mich!", begann sie, w�hrend sie zur T�r ging, wobei sie kurz einen Blick aus dem Fenster warf. Die dicken, dunklen Wolken deuteten Regen an und somit sollte sie sich schnell auf den Weg machen, um noch trocken bei den Chucks anzukommen.
Elizabeth war eine gute Seele und sobald sich ihre kleine Schwester etwas w�nschte, setzte Elizabeth alles daran, es ihr zu geben. Ja, sie wusste, sie konnte sie nicht aus der Armut retten, dennoch konnte sie ein wenig mehr Geld verdienen, was ihnen das Leben erleichterte�
"Sei vorsichtig, Lizzie! Und kommt, nicht zu sp�t heim!", meinte ihr Vater und Elizabeth nickte, bevor sie das Haus verlie�. Er wusste nur allzu gut, dass Elizabeth ein stures Gem�t hatte und somit versuchte er es gar nicht, ihr das Arbeiten auszureden.
"Das macht sie nur wegen dir!", kam nach einigen Minuten der Stille von Jonas und Kate sah ihn an. "Das Arbeiten, meine ich!"
"Warum?"
St�hnend lie� sich Jonas wieder auf das Kissen nieder. "Ihr hattet nie eine Mutter, deshalb f�hlt sich Elizabeth f�r dich verantwortlich!"
Kates Blick dr�ckte Verwirrtheit aus.
"Ach, nicht so wichtig�"

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Irgendwo zwischen Barmwell House und dem Haus des Schneiders Chuck

Eine Windb�e ergriff Elizabeths Hut und hob ihn leicht hoch, woraufhin Elizabeth ihre Hand auf den Kopf dr�ckte, um diesen nicht zu verlieren. Es war kalt und somit wickelte sie ihr Schultertuch fest um ihren Oberk�rper, um sich vor der K�lte zu sch�tzen.
Sie war befand sich gerade am Rande eines Feldes, wo sie die kleinen B�ume entlang wanderte, um ein wenig Schutz vor dem immer st�rker werdenden Wind zu finden. Sie hatte noch nicht einmal die H�lfte des Weges hinter sich zur�ckgelegt und so musste sie sich beeilen, um dem grauenvollen Wetter zu entkommen.
Gerade als sie ihre Schrittgeschwindigkeit beschleunigte, f�hlte sie schon die ersten dicken Tropfen vom Himmel fallen. Die B�e verwehte sie ein wenig, doch rasch begannen immer mehr aus den Wolken zu fallen und Elizabeth begann zu zittern. Es dauerte nur wenige Minuten, bis Elizabeth bis auf die Haut nass war und fror, wie ein nacktes Huhn im Sturm.
Sie hatte das Wetter untersch�tzt und ersch�pft dr�ckte sie sich dicht an einen dicken Baum, um etwas Schutz zu finden. Der anfangs schwache Regen hatte sich in ein Sch�tten verwandelt, was Elizabeth zusammenkauern lie�.
Es hatte keinen Sinn weiter zu gehen, da der Wind zu sehr zugenommen hatte und somit verharrte Elizabeth unter einem gro�en Baum, in der N�he eines kleinen Baches. Theoretisch m�sste sie nur den Bach entlang wandern, um zu den Chucks zu gelangen, doch dies war bei diesem Wetter unm�glich.
Sie wusste nicht, wie lange sie unter dem Baum sa�, doch schon bald begann ihre K�rpertemperatur zu sinken und alles um sie verschwand in Finsternis�

Sie h�rte ein leises Knistern neben sich und als sie die Augen �ffnete, starrte sie an die Decke eines alten, morschen Stalles. Vorsichtig versuchte sie sich ein wenig zu erheben, um sich umzublicken, als eine starke Hand nach ihr griff und sie vorsichtig st�tzte.
"Ssssccchhh..", ert�nte eine Stimme hinter ihr und verwirrt blickte sie sich um. Das Knistern kam von dem Feuer neben ihr, neben welchem Stiefel lagen.
"Alles okay?", wollte eine raue M�nnerstimme wissen und eifrig drehte sie sich um. Hinter ihr sa� ein dunkelhaariger Mann, mit einem wei�en Hemd und gr�nen Augen. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie mit einem dunklen, schweren Mantel zugedeckt war.
"Ja, danke Sir!", mummelte sie leise, w�hrend sie den Mann musterte. Sie k�nnte schw�ren, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte�
"Wer sind Sie? Und wo bin ich?", stotterte sie leise, w�hrend sie sich durch ihr feuchtes Haar strich. Ihre Frisur hatte sich im Sturm gel�st und vereinzelt fielen Locken aus ihrer Steckfrisur.
"Sie sind in einer alten Scheune. Ich hab sie neben einem Baum am Bach befunden, bewusstlos!", erkl�rte der Mann, welcher sie mit gro�en Augen ansah. Dann grinste er.
"Vielen Dank, Sir!", meinte sie mit einem L�cheln. "Dass sie mich gerettet haben!"
"War mir eine Ehre!"
Er hatte ein sehr charmantes L�cheln und Elizabeth fragte sich, was er hier zu suchen hatte. Er sah nicht aus wie der Typ Mann, welcher wie ein Landstreicher durch die Gegend lief.
"Einen Namen, Sir!?", fragte sie ihn, wobei sie ihm ein L�cheln schenkte. Gelassen stocherte er kurz im Feuer rum, ehe er sie anblickte und kurz mit "John!" antwortete.
Ein eigenartiges Ger�usch am Ende der Scheune lie� sie aufblicken und ein schwarzes, edles Pferd stach ihr ins Auge. Er war also auf einem Pferd geritten, als er sie gefunden hatte...
Das Pferd war mit einer alten, dreckigen Decke zugedeckt, welche er wahrscheinlich hier in der Scheune gefunden hatte. Neben dem Feuer lagen seine dunklen Stiefeln, sowie ein Zylinder, Elizabeths Hut, ihr Schultertuch und einige andere Kleinigkeiten.
Vorsichtig musterte sie den fremden Mann, welcher gerade dabei war, einige alte Holzlatten in das Feuer zu werfen. Rasch brannte das Feuer etwas h�her in die Luft und Elizabeth rieb sich die H�nde, um sich ein wenig aufzuw�rmen. Es war nach wie vor st�rmisch kalt drau�en und Regen klatschte mit gro�er Wucht gegen die offene Scheunent�re.
Sie konnte sehen, dass die D�mmerung schon l�ngst eingesetzt hatte und sie begann sich zu fragen, wie lange es dauern w�rde, bis sich ihr Vater Sorgen machen w�rde.
"Tee?"
John riss sie aus ihren Gedanken und verwirrt sah sie zu ihm hoch. "Bitte?"
"Ich hab Sie gefragt, ob sie Tee wollen, Miss...?"
"Elizabeth!", meinte sie mit einem Grinsen, bevor sie auf die kleine Tasse in seinen H�nden blickte, welche er aus seiner Satteltasche gefischt hatte.
"Bitte!" Sie l�chelte und John strich sie kurz durchs Haar, bevor er sich neben die Satteltasche kniete und ein wenig Tee herausholte, um ihn in die Tasse zu werfen. Er f�llte sie eifrig mit Wasser, bevor er sie vorsichtig an den Rand des Feuers stellte, um das Wasser zu erw�rmen.
W�hrend sie beide warteten, setzte er sich neben sie, um mit seinen Fingern zu spielen und ins Feuer zu starren. Elizabeth hatte das Gef�hl, als ob er ihren Blick vermeiden w�rde�
"Was bringt Sie hier in diese Gegend, Sir?", wollte sie nach einer Weile der Stille wissen und John sah kurz zu ihr hoch, bevor er sich �ber die Lippen leckte und wieder ins Feuer starrte.
"Ich war gerade auf dem Heimweg vom Schneider!", erz�hlte er ihr und Elizabeth nickte. Schneiderei Chuck... das war genau das, wohin sie auf dem Weg war.
"Verstehe ich Sie richtig, Sir, Sie wohnen hier?", bohrte sie neugierig nach. Sie wunderte sich, warum sie ihn nicht kannte, wenn er hier in Foxley Capes wohnte.
"Ich bin erst vor kurzem hier angekommen!", erkl�rte er ihr und Elizabeth riss die Augen auf.
"Wakeham!", fl�sterte sie leise vor Schock und der Mann blickte zu ihr hoch, bevor er verlegen nickte.
"Ja, Captain John Wakeham ist mein Name!", best�tigte er ihr und Elizabeth musste schlucken. Das war Wakeham? Captain Wakeham? Gott, sie hatte doch gewusst, dass sie diesen Mann schon einmal gesehen hatte� wie peinlich.
"Elizabeth Barmwell, Captain!", stotterte sie unsicher und John grinste. Sie war bezaubernd. Sehr sogar. Nur kam sie ihm leider kein wenig bekannt vor.
"Waren Sie auf dem Ball gestern?", wollte Wakeham wissen und Elizabeth sch�ttelte den Kopf. Sie war ja nicht eingeladen gewesen, wie h�tte sie da gehen sollen? Es waren keine Dienstboten sowie Arbeiter eingeladen gewesen, nur Herren und Damen mit Ruf und Verm�gen�
"Nein, Sir, mein Vater� er, er war nicht ganz bei Wohlbefinden!", log sie und grinste sch�chtern.
Wakeham nickte, griff nach der Teetasse und hielt diese Elizabeth hin. "Aber beim n�chsten Mal kommen Sie, ja?"
Elizabeth nickte kurz, bevor sie nach der Teetasse griff, um einen kleinen Schluck Tee zu nehmen. Sie wusste, dass sie auch beim n�chsten Ball nicht kommen durfte, da dieser wahrscheinlich wieder nur mit Einladung betretbar war�
Sie begann, vorsichtig mit der Tasse in ihren H�nden zu spielen, um sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den lausigen Ball. Den Ball voller Reichen und Sch�nen.
John Wakeham sa� ruhig neben ihr und beobachtete sie dabei, wie ihre zarten Finger �ber die Tasse auf und abglitten. Ihre Haut war bleich, jedoch frei von Unreinheiten. In ihren funkelnden gr�nen Augen konnte er die Reflektion des Feuers sehen und ihre langen, dunklen Locken schmiegten sich an ihr Gesicht. Sie war ein h�bsche junge Dame. Sehr h�bsch und John konnte nicht anders, als sie anzusehen.
Sie raubte ihm im wahrsten Sinne des Wortes den Atem.
Unruhig aufgrund Wakehams Blick rutschte Elizabeth etwas hin und her, da sie nicht wusste, wie sie auf sein Starren reagieren sollte. Nach einem Wimpernschlag blickte sie kurz zu ihm hoch, was ihn dazu veranlasste, rasch wegzusehen und auf etwas anderes zu starren.
Unsicher grinste sie, bevor sie wieder auf die Tasse in ihren H�nden blickte.
"Sie sollten auch etwas trinken, Sir!", meinte sie mit einem L�cheln und John nahm die Tasse aus ihren H�nden, um davon zu trinken. Er dachte nicht einmal f�r eine Sekunde daran, ihr zu widersprechen.
Er gab ihr die Tasse wieder zur�ck, wobei er sich nerv�s durchs Haar strich. Er hatte kurzes, dennoch h�bsches, dunkles Haar, was ihn sehr attraktiv wirken lie�.
Sie sa�en wieder einige Minuten stillschweigend am Feuer, w�hrend das Gewitter �ber sie hinweg donnerte. Die Stille war beinahe ungem�tlich und Elizabeth hatte das Gef�hl, als ob sie ein Gespr�ch beginnen m�sste. Sie �berlegte kurz, bevor sie begann: "Ich habe geh�rt, dass Sie und Miss Caldwell sehr�"
Ihr schn�rte es die Kehle ab. Dies war ein reichlich bl�des Thema, um ein Gespr�ch zu beginnen und sie bereute es sofort, dass sie etwas gesagt hatte. Sein verwirrter und zu gleich alarmierter Blick best�tigte dies.
"Nein...", stotterte er, wozu er eine abwehrende Handbewegung machte und sich nerv�s �ber die Lippen leckte. "Nein, wir sind nicht� nein!"
Unsicher versuchte sich Elizabeth ein Grinsen aufzuzwingen, ehe sie nickte und wieder ins Feuer blickte. H�tte sie doch blo� nichts gesagt. Die Aff�ren eines Gentlemans gingen sie nichts an, wieso hatte sie also danach gefragt? Es war nicht so, als ob sie neugierig und neidisch w�re�
"Und selbst?", bohrte John nach und Elizabeth sah ihn kurz verdattert an.
"Nein .. ahm... nein, gar nicht!", meinte sie und schluckte. Sie mochte die Richtung, in welches diese Unterhaltung zu laufen schien, nicht. Wakeham nickte und starrte dann ebenfalls ins Feuer. Sie war also nicht gebunden, gar nicht. Es war komisch, doch irgendwie f�hlte sich diese Tatsache gut an und ein kleiner Stein fiel ihm vom Herzen. Nicht gebunden. Also ledig. Sie war ledig� und h�bsch. Sehr h�bsch sogar�
Mit Kribbeln im Bauch richtete sich Wakeham auf und ging zur Scheunent�r, um einen Blick hinaus zu werfen. Elizabeths Augen folgten ihm.
"Sieht nicht so aus, als ob der Sturm heute noch vorbeiziehen w�rde!", meinte John, als er sich gegen den Holzrahmen lehnte. Es war bereits stockdunkel und der Regen hatte nicht nachgelassen. Zum Gl�ck�
"Wir m�ssen die Nacht hier verbringen!", erg�nzte er mit einem L�cheln auf den Lippen, ehe er sich zu ihr umdrehte und sie am Feuer betrachtete. Sie war in seinen Mantel eingeh�llt, w�hrend sie die W�rme des Feuers genoss. Es war sein Mantel, in welchem sie sich wohlf�hlte�
"Mein Vater wird sich Sorgen machen!", riss sie ihn dann aus dem Gedanken und sah ihn beunruhigt an.
"Ich wei�!", erwiderte er dann und schloss die Scheunent�r, um sie vor der n�chtlichen K�lte zu sch�tzen. Neben der T�r befand sich eine alte Holzkiste, welche mit Textilien gef�llt war und er griff nach einer grauen, rauen Decke, die ihnen W�rme f�r die Nacht bieten sollte. Er legte sie neben Elizabeth zu Boden, bevor er sich setzte und leise meinte: "Versuchen Sie zu schlafen!"
Elizabeth nickte.

-~-~-~-

Barmwell House

"Gott, wo bleibt sie denn?", meinte Kate nerv�s, als sie am Fenster hing und in die Nacht hinaus starrte. Elizabeth war schon seit Stunden weg und Kate hoffte inst�ndig, dass sie es vor dem Wettereinbruch zu den Chucks geschafft hatte.
"Beruhigen Sie sich, Miss Barmwell!", kam von Rodney McKay, welcher hinter ihr stand, um sie vom Fenster wegzubringen. "Sie ist wahrscheinlich �ber Nacht bei den Chucks geblieben!"
"Aber was ist, wenn sie es nicht bis dorthin geschafft hat?", begann Kate nerv�s und drehte sich zum Magistrat um, welcher bei ihnen im Haus - aufgrund des Wetters - festsa�. Er war gekommen, um die Miete einzukassieren, doch aufgrund des grauenvollen Wetters musste er hier auch �bernachten.
"Sie hat es bestimmt geschafft!", versuchte sie McKay zu beruhigen und ihr Vater nickte. Sie musste es geschafft haben�
Unsicher versuchte Kate zu grinsen, bevor sie ihren Vater betrachtete. Sie wusste, dass er sich mehr sorgte als sie und somit griff sie nach seiner Hand, um diese zu dr�cken.
"Kate, bring dem Herrn Magistrat bitte einige Kissen und Decken!"
Kate nickte, bevor sie das Zimmer verlie�, um die n�tigen Sachen f�r McKays �bernachtung zu holen.
"Sie ist ein gutes, nettes M�dchen!", fing McKay an, als er auf die T�r starrte, durch welche Kate gerade verschwunden war. Sie war ein h�bsches M�dchen und McKay war keinem von dieser Sorte abgeneigt.
"Ja, das ist sie!", best�tigte Jonas, bevor er McKay auf die Schulter klopfte. Dieser grinste. Vielleicht war ja doch nicht alle Hoffnung verloren, dass er einmal heiraten w�rde�
Er war gerade dabei, sich auf dem Sofa vorm Feuer niederzulassen, als er Barmwells Blick aus dem Fenster bemerkte.
"Ihr wird es schon gut gehen!", meinte McKay erneut. "Wenn sie bis morgen Mittag nicht aufgetaucht ist, werden ich veranlassen, dass sich ein Suchtrupp aufmacht!"
Barmwell nickte dankbar.

***


15. Juni 1822, Scheune

Die ersten Lichtstrahlen bahnten sich durch die kleinen Ritzen des morschen Scheunendaches und Elizabeth begann zu blinzeln. Konnte denn keiner einen Vorhang vorziehen? Sie hatte gerade so gut geschlafen�
Mit einem kleinen St�hnen kuschelte sie sich fester gegen den warmen K�rper neben ihr. Ihr Kopf befand sich auf Johns Schulter, ihre Hand war �ber seinen Brustkorb gelegt und je mehr sie sich an ihn kuschelte, desto mehr schlang er seine Hand um ihre H�fte.
Es war der Moment, in dem sie ihren Kopf etwas bewegte, als eine Locke John im Gesicht kitzelte und er sich mit der Hand ins Gesicht griff, um die Locke zu entfernen, als er langsam die Augen �ffnete.
Sofort fiel ihm Elizabeth auf, welche noch zu schlafen sein. Sie hatte sich liebevoll an ihn geschmiegt, um die W�rme zu genie�en. Die Decke hatten sie bis ganz nach oben gezogen und Wakeham grinste, als er sich langsam so richtete, damit er Elizabeths schlafendes Gesicht sehen konnte.
Sie sah so gelassen und ruhig aus, dass er sie nicht wecken wollte. Ja, dies war nicht die Position, in der er sich mit einer jungen Frau befinden sollte, doch er konnte sich nicht helfen und musste den Moment genie�en. Sie hatte sein Herz gestohlen, als sie ihn gestern das erste Mal angesehen hatte und John war sich dessen nur allzu sehr bewusst�
"Mmh...", murmelte sie leise, als John ihr durchs Haar strich, bevor sie erneut zu blinzeln begann. Dieses Mal jedoch wurde sie wach und sah verwirrt auf, bevor sie vor Schreck hochsprang und Captain Wakeham anstarrte, welcher neben ihr unter der Decke lag.
"Guten Morgen!", stotterte er, bevor er ihren geschockten Gesichtsausdruck zu mustern begann. Nerv�s blickte Elizabeth an ihm auf und ab, musterte ihn genau, bevor sie die Decke hochzog und ein St�ckchen von ihm wegr�ckte.
"Guten Morgen, Captain!", entgegnete sie ihm nur leise. Sie konnte nicht fassen, dass sie sich nachts zu einem Fremden gekuschelt hatte. Naja, er war nicht ganz fremd, aber dennoch. Es war nicht angebracht, sich an einen Mann zu schmiegen, welcher nicht deren Ehemann war.
Nerv�s erhob sich Captain Wakeham aus dem Stroh, bevor er sich durch die Haare fuhr und in der Glut des erloschenen Feuers herumstocherte. Elizabeth betrachtete ihn genau, was ihn unwohl f�hlen lie�. John ging auf die Stallt�re zu, um diese zu �ffnen.
Der Sturm war vor�bergezogen und die Sonne schummelte sich zwischen den letzten verbleibenden Wolken hindurch auf die Erde. Das Feld war voller Schlamm und Pf�tzen, doch der Sturm hatte keinen gro�en Schaden angerichtet.
"Ich sollte nach Hause, mein Vater sorgt sich bestimmt bald zu Tode!", meinte Elizabeth, welche mit der Decke um die Schultern neben John in die Scheunent�re trat, um auf die Landschaft vor ihnen zu blicken. John konnte den Duft ihrer Haare riechen, da sie so dicht neben ihm stand.
"Soll ich Sie nach Hause bringen, Ma'am?", wollte John wissen und Elizabeth blickte zu ihm hoch. Erst jetzt stellte sie fest, wie dicht sie neben dem Captain stand und verwirrt blickte sie zwischen seinen Augen und Lippen hin und her. Sie zuckte zusammen, als seine Hand vorsichtig �ber ihre Wangen strich.
Sie war bleich. Doch ihre Augen hatten ihn verzaubert und ehe sie sich versehen konnte, f�hlte sie seine Lippen auf den ihren. Sie waren warm und weich, genauso wie der Kuss. Nur langsam reagierte sie darauf, doch je l�nger der Kuss anhielt, desto mehr f�gten sich ihre Lippen fester an die seinen.
Als sich der Kuss l�ste, �ffnete sie ihre Augen und John sah sie intensiv an, bevor er zur�cktrat und ein leise "Vergeben Sie mir!" fl�sterte.
Er wusste, dass es nicht angebracht war, doch er hatte einfach nicht widerstehen k�nnen. Unsicher trat er von der Stallt�re weg, um sein Pferd zu satteln.
Elizabeth stand f�r einen Moment nur da, verwirrt, bevor sie sich ein L�cheln aufsetzte und die Decke, in welche sie eingewickelt war, in die Kiste legte. Es war wirklich an der Zeit, nach Hause zu gehen, bevor sich die Situation hier verstrickte und ihr Vater vor Sorge starb�

-~-~-~-

Barmwell House

"Vater, Vater!", schrie Kate freudig, w�hrend sie durchs Fenster starrte. "Da kommt jemand auf einem Pferd!"
Eifrig rannte ihr Vater ans Fenster, mit der Hoffnung, dass es seine �ltere Tochter war. Je n�her das Pferd jedoch ritt, desto mehr konnte man die Gestalt eines Mannes erkennen. Er trug einen dunklen Mantel und einen dunklen Hut und schien auf ihr Haus zu zusteuern.
Kate kniff die Augen zusammen, um ihr Bild etwas sch�rfer zu machen, doch es half nichts und somit ging sie - gefolgt von ihrem Vater - zur T�re, um sich auf die kleine Veranda zu stellen. Der Fremde kam n�her und langsam konnte man erkennen, dass jemand hinter ihm auf dem Ross sa�.
Wenige Meter vor dem Haus kam das Pferd zu Stillstand und der Reiter stieg ab, um Elizabeth - welche hinter ihm gesessen hatte - vom Pferd zu helfen.
"Meine G�te! Das ist Captain Wakeham!", keuchte Kate, w�hrend sie ihrem Vater einen geschockten Blick zuwarf. Wie zur H�lle war der Elizabeth �ber den Weg gelaufen?
Wakeham nahm Elizabeth am Arm, um sie zum Haus zu begleiten, wo er den Hut abnahm und ruhig meinte: "Sir, ich bringe Ihnen ihre Tochter wohlbehalten zur�ck!"
Jonas Barmwell nickte dankbar, bevor er Elizabeth um den Hals fiel. "Gott sei Dank, Kind, ist dir nichts passiert!"
"Mir geht es gut, Vater!", erwiderte sie mit einem L�cheln, bevor sie sich zum Captain umdrehte.
"Captain!", begann sie, wobei sie einen Knicks machte. "Ich danke Ihnen f�r Ihre Freundlichkeit!"
Wakeham nickte, bevor er sich unsicher umdrehte, um sich auf sein Pferd zu setzen. Er hatte mit Elizabeth kein Wort auf dem Weg hierher gewechselt und somit wusste er auch nicht, was er sagen sollte.
"Guten Tag, meine Damen. Sir!", brachte er deshalb nur hervor, bevor er ohne ein weiteres Wort zu sagen wegritt. Die Drei starrten ihm kurz hinterher, bevor sie sich nochmals um den Hals fielen �
"Ah, Miss Elizabeth!", gr��te dann auch Mr. McKay, welcher gerade aus dem Haus ihres Vaters getreten war. Elizabeth wunderte sich, was er hier zu suchen hatte, fragte jedoch nicht. Wahrscheinlich war er hier, um Schulden einzutreiben�
"Freut mich, Sie so wohlauf zu sehen!"
Er l�chelte und Elizabeth dankte ihm, bevor sie von ihrer Schwester - welche anscheinend was Wichtiges mit ihr zu bereden hatte - in Haus gezogen wurde.

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Drayton Abbey

"Oh mein Gott, Captain Wakeham!", h�rte er eine weibliche Stimme kreischen, als er n�her an Drayton Abbey heran ritt. Kaum hatte sich John versehen, stand Miss Jennifer Caldwell neben seinem Pferd.
"Wir haben uns solche Sorgen gemacht!"
Ihre Stimme �berschlug sich und ihrem Gesichtsausdruck nach hatte sie sich die ganze Nacht zu Tode gesorgt. John stieg langsam vom Pferd, welches sofort von einem Dienstjungen in den Stall gebracht wurde.
"John!", h�rte er Evan vom Balkon. "Wir hatten schon zu bangen begonnen�"
Sein Bruder l�chelte freundlich und John lief sofort ins Haus, um ihm von Elizabeth zu erz�hlen. Leider folgte ihm Jennifer jedoch. Er hatte bef�rchtet, dass sie hier war. Ja, sie war ein nettes, h�bsches M�dchen, aber sie war eindeutig viel zu anstrengend, zu schrill und zu aufdringlich, um f�r John jemals in Frage zu kommen� speziell jetzt, wo er Elizabeth kennen gelernt hatte.
"Evan, hast du einen Moment?", wollte John wissen, als sein Bruder die Marmorstufen in die Halle geeilt kam.
"Entschuldigen Sie uns f�r einen Moment?", fragte Evan Jennifer und sie nickte lustlos. Eigentlich wollte sie h�ren, was der Captain zu sagen hatte, doch aus welchen komischen Gr�nden auch immer war sie in diesem Gespr�ch nicht willkommen. Somit wartete sie in der Halle, w�hrend die beiden Wakehams die Bibliothek betraten.
"Was ist passiert?"
Evan konnte sehen, dass seinen Bruder etwas bedr�ckte.
"Evan, ich hab die unglaublichste und h�bscheste Frau aller Zeiten kennengelernt", platzte John heraus, wobei er verliebt l�chelte und sich st�hnend auf der Fensterbank niederlie�.
"Was? Wen?", bohrte Evan neugierig nach, als er sich neben seinen Bruder setzte.
"Elizabeth!", keuchte John, w�hrend er in den weiten Park des Hauses blickte. "Sie.. sie ist einfach unglaublich!"
Lt. Wakeham kicherte, da sein Bruder verliebt zu sein schien. Er war noch nie von einer Frau so hingerissen gewesen, das konnte Evan feststellen, denn schlie�lich kannte er seinen Bruder von klein auf.
"Kenne ich sie auch? Aus welcher Familie stammt sie?"
Mit verliebten Augen sah John ihn an. "Nein. Ihr Name ist Barmwell� sie wohnt ein St�ck au�erhalb von Foxley Capes!"
Evan schmunzelte. Er hatte diesen Namen noch nie geh�rt� Beunruhigt stand er auf, um aus dem Schreibtisch die Einladungsliste des Balles zu holen, jedoch standen keine Barmwells darauf.
"Ist es eine angesehene Familie?", wollte er von John wissen und John nickte. Sie musste von einer angesehen Familie stammen, da sie �ber bezaubernde Manieren verf�gte. Genauso wie �ber Charme und Sch�nheit.
"John, ich will dich ja nicht beunruhigen, aber hier auf der Liste stehen keine Barmwells� und wir hatten jede wohlhabende Familie innerhalb von 20 Meilen eingeladen!"
�berrascht �ber diese Information stand John auf und riss seinem Bruder die Liste aus den H�nden.
Tats�chlich.
Unsicher knabberte John an seiner Unterlippe, bevor er nach einem Grund zu suchen begann.
"Vielleicht hatten wir vergessen, sie einzuladen?"
Evan sch�ttelte den Kopf, bevor er sich gegen den Tisch lehnte und seinen Bruder ansah. "Tut mir leid, John!"

***


17. Juni 1822, Foxley Capes

Es waren bereits 2 Tage vergangen, seit John Elizabeth gesehen hatte. Nerv�s strich er mit den Fingern �ber seinen Hut, w�hrend er eine schmale Gasse in Foxley Capes entlang wanderte. Er konnte nicht mehr aufh�ren, an Elizabeth zu denken und somit hatte er Jennifers und Evans Geschw�tz neben sich komplett ignoriert.
"�finden Sie nicht auch, Captain?", meinte dann Jennifer, wobei sie nach seinem Arm griff, um sich einzuh�ngen.
"Nat�rlich!", brachte er karg aus sich heraus, was ihm einen Blick von Evan einbrachte. John hatte keine Ahnung, wor�ber sich die Beiden unterhalten hatten und es war ihm auch egal. Er musste Elizabeth sehen, musste mit ihr reden�
"Hier sind wir, Sir!"
Die Gruppe blieb vor einer kleinen Boutique stehen, welche laut Miss Caldwell die Schneiderei zu sein schien. John l�chelte dankbar, bevor er die T�re �ffnete, um in die Boutique zu treten. Das T�rgl�ckchen ging an, als die Gruppe eintrat und schon wenige Sekunden sp�ter stand der Schneider Chuck vor ihnen.
"Wie kann ich Ihnen helfen?", wollte er wissen und John legt seinen Zylinder auf die Theke.
"Ich hatte vor 3 Tagen einen Anzug bestellt. Sie meinten, ich k�nnte ihn heute abholen!", erkl�rte der Captain dem Schneider und Chuck bl�tterte in einem Buch, um die Bestellungen zu checken.
"Ah, nat�rlich Sir!", meinte er, sobald er Captain Wakeham auf der Liste gefunden hatte. "Einen Moment bitte, mein Dienstm�dchen wird ihn sofort bringen!"
Der Captain nickte, bevor er sich wieder der kleinen Gruppe hinter ihm zuwandte.
"Ihr Anzug, Sir!", ert�nte dann die Stimme des Dienstm�dchens hinter ihm und er drehte sich um. F�r einen Moment f�hlte er, als w�rde ihm die Luft abgeschnitten werden. Elizabeth stand vor ihm, in ihren H�nden war sein ma�geschneiderter Anzug. Sie trug hochgestecktes Haar und einen Marktkittel.
Mit Entsetzen in den Augen betrachtete er die Dienstmagd vor ihm, bevor er den Blick senkte.
Sie war eine Dienstbotin. Eine aus der Arbeiterschicht. Und keine Dame wie sie ihn es hatte glauben lassen.
"Alles in Ordnung, Sir?", bohrte der Schneider nach, nachdem er festgestellt hatte, dass sein Kunde geschockt zu sein schien. "Ist der Anzug nicht nach Ihrem Geschmack?"
"Doch!", entfuhr es John nerv�s, bevor er den Anzug aus Elizabeths H�nden nahm, ihren Blick vermeidend. "Doch, der Anzug sieht perfekt aus. Ich bezahle Ihn auch sofort!"
Er holte seine Geldb�rse aus seiner Tasche, um den Schneider zu bezahlen. Um Elizabeth zu bezahlen. Er konnte nicht glauben, dass sie ihn belogen hatte.
Verst�rt sah Elizabeth zu Boden, bevor sie der Schneider mit einem "An die Arbeit, marsch!" aus den Gedanken riss. Elizabeth schluckte, ehe sie sich umdrehte, um an ihre Arbeit zu gehen.
"Nutzlose Dienstmagd!", murmelte der Schneider, bevor er das Geld des Captains entgegennahm.
"Vielen Dank, Sir!"
Wakeham nickte, bevor er sein Wechselgeld einsteckt und ohne ein weiteres Wort das Gesch�ft verlie�.
Evan und Jennifer wechselten verst�rte Blicke, als John orientierungslos durch Foxley Capes wanderte.
"Alles in Ordnung, John?", fragte sein Bruder nach einer Weile und John antworte mit einem unfreundlichen "Mmhm.."
"Kanntest du die junge Dame im Gesch�ft?", bohre Evan nach, da er gesehen hatte, wie Johns Blick verst�rt an ihr h�ngen geblieben war. John sch�ttelte den Kopf.
"Ich kenne sie!", mischte sich nun auch Jennifer ein, welche noch immer hinter den Beiden her rannte. "Sie ist blo� eine Dienstmagd, jedoch ist sie wohl bekannt hier im Dorf. Wird als sehr hilfreich dargestellt, aber wenn Sie mich fragen, eine sehr unsympathische Person. Viel zu.. schlicht!", erz�hlte Jennifer, was Johns Stimmungslage nicht gerade weiterhalf.
"Sie lebt mit ihrem Vater und ihrer unm�glichen Schwester au�erhalb von Foxley Capes. Eine Bruchbude sage ich Ihnen. Au�erdem sind sie verschuldet bis �ber beide Ohren. Der Magistrat kann schon gar nicht mehr hinterher mit dem Steuerneintreiben...", fuhr sie fort. "Elizabeth Barnwell ist ihr Name!"
�berrascht blieb Evan stehen. "Elizabeth Barmwell?"
Miss Caldwell grinste, w�hrend sie nickte.
Jung Wakeham hatte es nicht schwer, Eins und Eins zusammen zu z�hlen und schnell wurde ihm klar, warum John so bedr�ckt aus der Schneiderei gest�rmt war. Seine liebe Elizabeth war nicht mehr als eine armselige Dienstmagd�

***


20. Juni 1822, irgendwo au�erhalb von Foxley Capes

Ihre zarten Finger strichen �ber eine der kleinen Bl�tenbl�tter, woraufhin sie an der Blume roch. Daraufhin lie� sich Elizabeth auf einem ungefallenen Baumstamm nieder, um in den kleinen, schmalen Bach zu ihren F��en zu starren. Sie hatte weg m�ssen von ihrem Haus, ihren Problemen und so war sie in die Natur gefl�chtet.
Er hatte gesehen, was sie war und Elizabeth lie� das Gef�hl nicht mehr los, als ob er sie daf�r hassen w�rde. Sie hatte nicht geahnt, dass Dinge so enden w�rden wie sie geendet hatten.
Mit einem Schnaufen warf sie ihre Arme um ihren Oberk�rper, um sich zu beruhigen. Sie hatte ihn angelogen, hatte ihn verletzt� Er w�rde nun nie wieder mit ihr sprechen wollen. W�rde sie nicht wieder ansehen.
Ein leises Knacken hinter ihr lie� Elizabeth hochblicken.
F�r einen kleinen Moment herrschte Stille. Nur das Rauschen des Baches war zu h�ren, doch etwas in ihr war alarmiert und so drehte sie vorsichtig ihren Kopf, um �ber ihre Schulter zu blicken. Sie biss sich auf die Lippen, ehe sie kurz die Augen zusammenkniff und sich vom Baumstamm erhob.
"Captain!", versuchte sie so freundlich als m�glich zu gr��en und sah den Mann an, welcher starr wie ein Stock einige Meter weit weg hinter ihr stand. Sie konnte sein Pferd in der Ferne grasen sehen und sie wusste, dass er nicht beabsichtigt hatte, ihr �ber den Weg zu laufen.
"Miss Elizabeth!", gr��te John zur�ck und trat einen Schritt n�her. Er wich ihrem Blick aus und sah somit seine dreckigen Stiefel an. Er �berlegte, was er sagen konnte.
"Miss Elizabeth, es tut mir aufrichtig leid, wenn ich Sie in irgendeiner Weise verletzt habe...", begann er und Elizabeth sah ihn verwirrt an. "Es tut mir leid, wenn ich Ihnen in gewissen Dingen falsche Hoffnung gemacht habe!"
Falsche Hoffnung? Elizabeth verstand nicht ganz�
"Der� der Kuss�", versuchte er ihr klar zu machen und Elizabeth schnappte kurz nach Luft.
"Ich bin mir Ihrer gesellschaftlichen Stellung nun im Klaren und es tut mir Leid, Ihnen sagen zu m�ssen, dass ich gegen jegliche Vernunft gehandelt habe. Es war alles nur ein Missverst�ndnis!"
Mit sch�chternem Blick betrachtete er Elizabeth, welche sich �berrascht gegen den Baumstamm vor sich lehnte. "Es tut mir leid, Sir, wenn ich Sie in den falschen Glauben gesetzt habe, dass ich�", wollte sich Elizabeth entschuldigen, doch John unterbrach sie, indem er unfreundlich die Hand hob und ihr ins Wort fiel.
"Nein! Ich h�tte es wissen m�ssen!", schnaubte er eingebildet. Er h�tte wissen m�ssen, dass sie ihn belogen hatte, da alles einfach zu perfekt gewesen war� Sie war ein einfaches Bauernm�dchen, nicht mehr. Er hatte sich mit der untersten Schicht der Gesellschaft eingelassen und f�r einen Mann mit Ruf, war dies die gr��te Schande, die auf einem lasten konnte.
"Miss Elizabeth, wenn Sie mich jetzt entschuldigen!", keuchte er wild. Er war ein Idiot gewesen. Ein verdammt gro�er Idiot und er bereute es zutiefst, dass er f�r sie gefallen war.
Mit diesem Satz machte er kehrt und ging auf sein Pferd zu. Er lie� Elizabeth verdattert in der Wiese stehen, welche gerade die ersten Tr�nen �ber ihre Wange kullern f�hlen konnte. Sie hatte keine Chance gehabt, ihm zu erkl�ren, wie Leid ihr alles tat, wie sehr sie f�hr ihn f�hlte�
Sie presste ihr Schultertuch fest gegen ihren K�rper, als sie John in der Ferne wegreiten sah. Verletzt strich sie sich ihre Tr�nen aus dem Gesicht, doch der Schmerz sa� zu tief.
Wieso hatte sie blo� glauben k�nnen, dass ein so eleganter, attraktiver Mann f�r sie Gef�hle entwickeln k�nnte. Sie war ein Nichts und das hatte er sie auch f�hlen lassen. Zutiefst verletzt lie� sie sich zu Boden fallen, um ihm nachzuheulen. Er war fort gegangen, weg. Und es war alleine ihre Schuld�

Fortsetzung: Kapitel 2)
Kapitel 2 by suehsi
Author's Notes:


Nach 8 Jahren stillstand geht es nun endlich bei diesem Werk weiter. Tut uns leid für die lange Wartezeit auf die letzten beiden Teile XD

Diese FF wurde NICHT gebetat. Jegliche Fehler gehören uns ganz alleine :D
Kapitel 2


21. Juni, Drayton Abbey

Mit großen Schritten durchquerte John die Vorhalle, während er sich seine Handschuhe überzog. Aus dem Speisesaal trat sein Bruder Evan und sah ihn irritiert an.
„Was hast du vor, John?“, fragte dieser, worauf der Captain innehielt und den Blick des Jüngeren kühl erwiderte.
„Ich verlasse Drayton Abbey.“
Evan Wakeham blieb mit offenem Mund stehen und versuchte, seine Sprachlosigkeit zu überwinden.
„Aber weshalb?“, fragte er schließlich.
„Ich habe noch einiges in London zu erledigen.“
„Sicher nichts, was nicht auch noch zwei Tage warten könnte!“, widersprach Evan empört. „Morgen ist der Ball bei den Kolyas. Da kannst du nicht fehlen. Du bist der Ehrengast und sie verlassen sich auf dein Kommen.“
Entschlossen griff John nach seinem Zylinder, welcher auf einer der edlen Garderoben in der Eingangshalle lag. Musternd starrte ihn sein Bruder an, als er sich den Hut aufsetzte und nach seiner Aktentasche griff.
„Tut mir leid“, blieb John stur. „Richte den Kolyas bitte mein Bedauern aus.“
„Aber John!“
Geschockt versuchte Evan ihm in den Weg zu treten, doch John wich seinem Bruder aus, während er die Halle eilig durchschritt.
„Ich bin nicht bereit, mit dir darüber zu diskutieren. Meine Entscheidung steht fest und daran kann nichts etwas ändern. Auf Wiedersehen!“
Er nickte seinem Bruder zu, trat dann aus der Halle und ging zur Kutsche. Ohne sich noch einmal umzublicken stieg er ein und das Gefährt setzte sich in Bewegung. Hastig galoppierte die dunkle Kutsche den breiten Weg entlang, vorbei an den gepflegten Gartenanlagen hinaus durchs Tor, von wo aus sie eine Allee entlang eilte.
Evan, der ihm gefolgt war, sah ihm erstaunt hinterher und kehrte dann nachdenklich in die Halle zurück. Irgendetwas stimmte mit seinem Bruder nicht…

***


Irgendwo außerhalb von Foxley Capes

Elizabeth zog ihr Schultertuch enger um sich, um den kalten Wind davon abzuhalten, in ihr Kleid zu fahren, während sie zum Haus zurückging. Bereits seit dem Morgen war der Himmel bewölkt, doch nun wehte ein eisiger Wind über die immer düsterer wirkende Landschaft.
Das Wetter passte genau zu Elizabeths Stimmung, welche niedergeschlagen und frustriert war. Die Begegnung mit Captain Wakeham in der Boutique und gerade eben am Fluss waren genug, um ihr die ganze restliche Woche zu vermiesen.
Der Ausdruck in seinen Augen, als ihm die Wahrheit über ihre Herkunft bewusst geworden war, hatte sich in ihr Gehirn eingebrannt. Er hatte sie angesehen, als wäre sie etwas verabscheuungswürdiges, und die Art und Weise, wie er sie angesehen hatte, hatte sie zutiefst verletzt.
Und doch war sie ebenso wütend auf sich selbst, weil sie sich einredet hatte, dass sie bei ihm eine Chance hätte.
‚Eine Chance’… diese Worte wiederholten sich langsam in ihrem Kopf, was sie geschockt aufblicken ließ. Sie klangen fast so, als wären sie aus dem Munde ihres Vaters… Er hatte immer gehofft, dass eine seiner Töchter reich heiraten würde.
‚Reich’ … Elizabeth schluckte, woraufhin sie stehen blieb und in die Weite starrte. Sie hatte ihn doch wohl nicht wegen seines Geldes anziehend gefunden, oder etwa doch?
Nein. Nein, ganz bestimmt nicht.
Verwirrt blinzelte sie, bevor sie der kalte Wind erfasste und sie ihr Tuch noch enger an sich zog. Sie hatte sich geschworen nie aufgrund des Geldes zu heiraten. Doch wusste er das?
Sie vermutete nicht, da er sonst nicht so reagiert hätte wie er es hatte.
Nach seiner Flucht aus dem Laden war sie traurig und verletzt gewesen, doch erst jetzt am Fluss hatte er ihr unmissverständlich klargemacht, dass sie unter seiner Würde war. Sie würde die Erinnerung an sein Gesicht bestimmt nie loswerden. Der Ausdruck des Entsetzens und der Abscheu in seinen Augen.

***


22. Juni, Barmwell House

Aufgeregt stürmte Kate durch die Eingangstür und schnappte dann hektisch nach Luft.
„Vater, Elizabeth…“, stieß sie schließlich aus und stützte sich am Türrahmen zum Wohnraum ab. Sachte legt sie ihre Hand auf ihren Bauch, um nach Luft zu schnappen.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte Jonas Barmwell sanftmütig und sah von seiner Zeitung auf.
„Captain Wakeham! Er hat gestern Drayton Abbey verlassen und ist zurück nach London gereist! Gerüchte sagen, dass er ganz außer Rand und Band war… als wäre ihm etwas Scheußliches widerfahren.“
Im selben Moment war das Scheppern von zerbrechendem Keramik zu hören und Elizabeth sah ihre Schwester entsetzt an. Als sich die Augenpaare ihres Vaters und ihrer Schwester auf sie hefteten, errötete sie bis zu den Haarspitzen und kniete sich auf den Boden, um den zerbrochenen Teller zusammenzusammeln.
Verdatterten wechselten Kate und Jonas Blicke, ehe Jonas seine Zeitung zusammenlegte und sich von seinem Stuhl erhob.
„Lizzie…“, begann er langsam, wobei er auf seine ältere Tochter zuschritt, welche wie verstört die Scherben aufsammelte. „Lizzie, du weißt doch nicht etwa, was mit Wakeham los war!?“
Elizabeth schluckte, ehe sie ihren Vater stumm anblickte und den Kopf schüttelte.
„Hm!“, gab er von sich, wobei er seine Tochter musterte. „Ich dachte, du wüsstest vielleicht etwas, da du ja mit ihm ‚befreundet’ zu sein scheinst!“
Erneut schüttelte Elizabeth den Kopf, woraufhin Jonas nickte und sich wieder zu seinem Stuhl begab. Genervt verdrehte Kate die Augen, da ihr Vater doch nicht ernsthaft dachte, dass Elizabeth etwas von dem Vorfall wüsste…. ‚Elizabeth’, welche die wohl uninformierteste Person in ganz Foxley Capes war. Lächerlich.
Rasch machte Kate kehrt, um zur alten Beckett zu laufen, welche bestimmt schon neue Info bezüglich Wakeham hatte. Verwirrt und verlegen starrte Elizabeth ihrer Schwester hinterher, welche die Türe hinter sich laut ins Schloss fallen ließ.
Leise stöhnte sie auf, als sie sich am Boden zusammenkauerte und sich auf die Lippen biss.
Er war fort. Weg.

***


28. Juni. London, Convent Garden

Unruhig tippte John mit der Feder auf das leere Blatt Papier vor sich, ehe er sie endgültig zur Seite legte und sich nervös durch die Haare strich.
Was zur Hölle war bloß los mit ihm?
Es war noch nicht einmal eine Woche vergangen und schon sehnte er sich danach, seinem Bruder einen Brief zu senden. Sehnte sich danach, sich zu erkundigen, was in Foxley Capes seit seiner Abreise geschehen war. Unruhig stand er auf und schritt langsam auf das Fenster zu, von welchem aus er den großen Platz außerhalb betrachten konnte. Eifrig eilten Kutschen auf und ab, während sich im Getümmel wohl gekleidete Männer in Begleitung von hübschen Damen ihren Weg zur romantischen Arkade suchten.
Der Platz war ein beliebter Treffpunkt der heutigen Gesellschaft, da er übersät war von schicken Boutiquen und edlen Kaffeehäusern.
Johns Körper erstarrte, als er ein Bündel dunkles, loses Haar in der Menge erblickte. Ein schmutziges Kleid mit einer zerrissenen Schütze… Die Magd drehte sich kurz um, um einen zu Boden gefallenen Apfel aufzuheben. Sie war jung und an ihren Gesichtszügen konnte John erkennen, dass sie keinen Hauch der Dame ähnlich sah, an welche seine Gedanken schon seit Stunden gefesselt waren.
Resignierend lehnte er sich mit der Hand gegen den hölzernen Fensterrahmen, während er sich mit der anderen Hand leicht zitternd über die Stirn strich.
Was um Gottes Willen war bloß los mit ihm!?
Sie war eine Magd. Ein dreckiges Bauernmädchen und doch schnellten seine Gedanken immer wieder an den verstürmten Abend zurück, an welchem er sie bewusstlos aufgefunden hatte. Ihre Gesichtszüge waren so zückend gewesen, ihre Augen so funkelnd und ihr Lächeln so bezaubernd.
Schmunzelnd biss er sich auf die Lippen, während er ziellos weiter in die Menschenmenge starrte. Er wäre ein Narr, wenn er sich nicht eingestehen würde, dass ihn ihr Paar von feinen Augen verzaubert hatte. Sie hatten ihn in einen Bann gezogen.
Er wusste, wie lächerlich seine Gefühle waren. Wie falsch es war und doch … doch sehnte er sich nach ihr. Sehnte sich nach ihr wie ein verliebter Stalljunge, wessen Liebe nie erfüllt werden würde.

***


24. Juni, Barmwell House

„Bitte, was hast du da eben gesagt, Vater?“ Verdattert starrte Elizabeth ihr älteres Gegenübern an. Jonas seufzte tief, bevor er auf seine Tochter zuging und beide Hände auf ihre Arme legte.
„Ich weiß, aber es ist das Beste“, begann ihr Vater, während er ihr liebevoll über die Arme strich. „James hat schon mehrmals um deine Hand angehalten und aufgrund der Gerüchte, die über euch gerade herum kursieren, hielt ich es für das Beste, sein Angebot dieses Mal zu akzeptieren!“
Geschockt schnappte Elizabeth nach Luft. Jonas wusste, dass seine Tochter James nicht heiraten wollte, doch angesichts der Umstände war das die einzige Möglichkeit seine Tochter vom sozialen Absturz zu bewahren.
Elizabeth konnte es nicht fassen, dass ihr Vater sie so hintergehen und ihre Hand ohne ihre Einwilligung an einen jungen Mann versprechen würde. Mit großen und verwirrten Augen starrte sie ihren Vater an. „Welche Gerüchte?“
„Wie ‚welche Gerüchte‘?“, warf Kate spöttisch ein, welche mit verschränkten Armen auf der schäbigen Chaiselongue das Gespräch der beiden verfolgte.
„Kann mir bitte einmal einer erklären, worum es gerade geht?“, forderte Elizabeth, welcher nach wie vor der Schock ins Gesicht geschrieben stand. „Wieso soll ich James heiraten?“
Jonas ließ von ihr ab und rieb sich mit einer Hand verzweifelt seine verrunzelte Stirn. Elizabeth beobachtete ihn dabei wie er kurz grübelnd einige Schritte im Raum auf und ab ging. Sie wusste, dass er auf der Suche nach den richtigen Worten war.
„Erinnerst du dich an den heftigen Sturm vor einigen Wochen, wo du die Nacht auswärts verbracht hast?“
Elizabeth nickte. Wie konnte sie dieses Ereignis jemals vergessen.
Bestätigend musterte sie ihr Vater, doch als Elizabeth ihn weiter fragend ansah, fühlte er sich gedrungen, das Thema weiter zu erläutern.
„Du hast die Nacht in einer Scheune verbracht, richtig?“
Elizabeth nickte erneut, jedoch wusste sie nicht, worauf er hinaus wollte. Schweigend warf er seiner Tochter einen intensiven Blick zu, welche jedoch nach wie vor nicht eins und eins zusammen zu zählen schien.
„Herrgott nochmals“, stöhnte Kate. „Du hast mit James geschlafen!“
Verwirrt blinzelte Elizabeth. „Bitte wie?“
Langsam stand Kate auf und ging auf ihre Schwester zu. Ihre Körperhaltung war angespannt.
„James hat einem Stallkollegen erzählt, dass er die Nacht dort mit dir verbracht hat!“
Empört riss Elizabeth den Mund auf, jedoch ohne ein Wort zu sagen. Eigentlich hätte Kate auf Elizabeths eindeutig überraschte Mimik reagieren sollen, doch Kate hob nur arrogant einen Finger.
„Das ist genau das, was man für seine Indiskretion bekommt!“, schnaubte die Jüngere der Schwestern. „Mich hast du oft damit belehrt, dass ich nicht Männern zu nahe treten soll und selbst… selbst verbringst du wilde Nächte mit James Ryan!“
Elizabeth schluckte und warf ihrem Vater einen Blick zu. Dieser stand nun hinter ihrer Schwester, als ob er ihre Rede vollkommen unterstützen würde. Er war nicht gut darin, Elizabeth zu belehren, also schwieg er und überließ das Reden seiner Jüngeren.
Im Raum herrschte einen Moment lang Stille, ehe sich Elizabeth fasste und zu Wort griff.
„Glaubt ihr ernsthaft diese falschen Anschuldigungen?!“
Ihre beiden Gegenüber seufzten.
„Willst du etwa abstreiten, dass du die Nacht mit einen Mann verbracht hast?“, wollte ihre Schwester wissen. Doch bevor Elizabeth ihr antworten konnte fuhr sie fort mit „Versuch es gar nicht erst! Du hast nach männlichem Parfum gerochen, als du heimkamst.“
Wissend neigte Kate ihren Kopf leicht zur Seite und betrachtete ihre Schwester. Elizabeths Gesicht war bleich und man konnte ihr ansehen, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Elizabeth rang nach den richtigen Worten. Ja, sie hatte die Nacht nicht alleine in der Scheune verbracht, aber es war nicht… James. Wie sollte sie sich da nun rausreden? Sollte sie zugeben, dass sie mit John Wakeham zusammen gewesen war? Dass es sein Körper gewesen war, an den sie sich unwissend geschmiegt hatte, während des tobenden Sturms? Nein, das konnte sie nicht. John war ein respektabler Mann und sie würde mit solchen Aussagen ganz gewiss seinen Ruf ruinieren.
„Ich streite nicht ab, in dieser Nacht Gesellschaft gehabt zu haben…“, begann sie nach einer langen Pause, welche sich mit unangenehmer Stille gefüllt hatte. „…aber es war nicht James!“
Ihr Vater musterte sie, bevor er nickte und sich endlich dazu überwand auch ein Wort in der Konversation beizusteuern. „Und wer war es dann?“
Elizabeths Lippen zitterten. Sollte sie es ihremVater gestehen? Er würde sofort erkennen, wenn sie log, also sprang Elizabeth mit all ihrer Kraft über ihren Schatten und murmelte kaum hörbar „John Wakeham!“ Ein lautes, empörtes und unglaubwürdiges Lachen entwich Kates Kehle. Was zur Hölle? Entsetzt gab sie ihrer Schwester einen kleinen Stoß mit der Hand.
„Sag mal, geht es dir noch gut?“, fuhr es aus Kate. „Glaubst du etwa, dass wenn du die Geschichte drehst, dich ein besserer Mann wie der Colonel, heiraten würde?“
Kalt starrte sie ihrer Schwester ins Gesicht. Kate glaubte ihr kein Wort. Ja, der Colonel hatte sie auf dem Pferd nach Hause gebracht, aber hiermit ging sie eindeutig zu weit. Wie konnte sie nur einen so netten und attraktiven Mann mit in den Skandal ziehen?
Elizabeths Stimme war leise und bröckelig. „Es ist die Wahrheit.“
Kate keuchte und schnaufte spöttisch vor sich hin. Glaubte ihre Elizabeth ernsthaft, jemand wie der Colonel würde sie heiraten, wenn sie seinen Ruf als Gentleman aufs Spiel setzte? Kate hatte ihre Schwester immer als starke und korrekte Person angesehen, doch im Moment sah sie nichts außer Erbärmlichkeit in ihr.
Jonas sah seine ältere Tochter einen Moment lang an. „Wie dem auch sei, Lizzie, Jonas hat behauptet, er sei es gewesen…“ Schwer atmete er ein und aus.
„Aber…“
„Kein ‚aber‘“, unterbrach sie der alte Mann. „Meine Entscheidung steht fest. Du wirst Jonas zum Mann nehmen!“ Seine Entschlossenheit war ihm ins Gesicht geschrieben. Das Geschwätz und Geläster im Dorf über Elizabeths fehlenden Anstand wurde von Tag zu Tag schlimmer. Es schmerzte ihn zu hören, wie schlecht über seine liebste Tochter geurteilt und geredet wurde. Egal, ob die Behauptungen richtig oder falsch waren, Elizabeth wurde als Dorfflittchen dargestellt und nichts außer eine schnelle Hochzeit konnte die gehässigen Mäuler ihrer Nachbarn zum Schweigen bringen.
„Das hässliche Gerede über euch zwei hat sich schon viel zu weit verbreitet. Ich will kein Wort mehr davon hören. Du hast die Nacht außerhalb des Hauses mit einem Mann verbracht und du wirst die Konsequenzen dafür tragen, Elizabeth!“

***


Drayton Abbey

Hastigen Schrittes eilte Elizabeth von einer Pferdebox zur nächsten. Verzweifelt durchkämmte sie den Stall, doch James war nicht zu finden. Elizabeth hatte schon seit den frühen Morgenstunden Bauchschmerzen, da sie sich immer und immer wieder die Szene mit ihrem Vater und Kate durch den Kopf laufen ließ. Wie konnte James nur behaupten, er sei der Mann in der Scheune gewesen? Woher wusste er überhaupt, dass sie mit einem Mann zusammen gewesen war? Wie konnte er bloß ihren Ruf bewusst so schädigen und sich selbst in so einen abscheulichen Skandal involvieren?
Das Rascheln von Stroh ließ Elizabeth aufschrecken.
„Ah, Miss Bramwell!“, keuchte der alte Mann, der eben mit einer Heugabel einen Haufen Stroh in den Stall neben ihr geschmissen hatte. „Sie suchen bestimmt James, oder?“
Elizabeths Hand rastete auf einer der verdreckten Holzsäulen neben ihr, während sie den Mann kurz musterte.
„Ja, haben Sie ihn zufällig gesehen?“, wollte sie wissen und der Mann lächelte.
„Natürlich. Er war gerade eben noch draußen bei den Futtersäcken!“
Elizabeth nickte ihm dankend zu, bevor sie kehrt machte und schnellen Schrittes den dunklen Stall verließ. Sie blinzelte kurz als sie in die Sonne trat, doch als ihre Augen sich an die Helligkeit der Sonne gewöhnt hatten, erblickte sie schon James an der Kante des Hauses wie er Futtersäcke stapelte.
„James!“, fuhr es aus ihr, mehr erleichtert als sie es beabsichtigt hatte. Überrascht sah der Mann auf und betrachtete die Frau, welche auf ihn zuging. Er wusste, warum sie gekommen war.
Elizabeth wollte gerade etwas sagen, als James die Hand hob und sie unterbrach. „Ich weiß, wieso du hier bist, Lizzie!“
Überrascht zog Elizabeth eine ihrer Augenbrauen nach oben und musterte das Gesicht ihres Gegenübers. Sie kannten sich schon lange und eine unförmliche Ansprache war zwischen den beiden nichts Unübliches.
„Ich weiß, ich bin nicht der Typ Mann, den du als Ehemann bevorzugst…“, begann James, während er sich Staub von den Kleidern klopfte. „…aber ich werde meine Meinung nicht ändern!“
Nervös leckte sich Elizabeth über die Lippen. „James, ich bin hier, weil ich eine Erklärung von dir möchte…“
Der Stallarbeiter verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Wie konntest du nur behaupten, ich hätte eine Nacht mit dir verbracht?“, schnaubte Elizabeth, welche von Sekunde zu Sekunde innerlich unruhiger wurde. „Weißt du überhaupt, welchen Schaden du mit solchem Gerede verursachst?“
James schwieg für einen Augenblick. Er konnte in ihren Augen ablesen, dass sie im Moment nicht besonders gut gelaunt war. Er verzog kurz die Lippen, bevor er nickte, kurz zu Boden blickte und lächelte.
„Ja, weiß ich, Lizzie“, begann er, während er in ihre schönen funkelnden Augen blickte. Sie war einfach hinreißend, wenn sie wütend war.
„Ich habe bloß meine Chance gesehen und sie ergriffen!“
Seine Stimme war rau und Elizabeth Lippen zuckten verwirrt.
„Ich wusste, dass du mich nie freiwillig heiraten würdest…“, begann er. Seine Arme waren noch immer verschränkt und langsam wippte er mit seinem Körper vor und zurück. „Wie oft hab ich dich schon gefragt ob du mich heiraten willst?“, wollte er wissen, doch ehe sie antworten konnte fuhr er fort. „3 Mal? Nein, 4 Mal?“
Elizabeth schwieg.
„Jedes Mal hast du mich abgewiesen… hat dein Vater verweigert…“, er pausierte kurz um nach den richtigen Worten zu suchen. „Du weißt, wie sehr ich dich liebe und trotzdem… trotzdem… hast du mir jedes Mal ein Messer ins Herz gestochen mit deiner Abfuhr.“
Er strich sich hastig mit einer Hand durchs Haar. „…und ich Idiot kann nicht anders als dich weiter zu lieben!“
Er stemmte die rechte Hand auf seine Hüfte und blickte auf ihre zierliche Gestalt hinab. James war um einiges größer als sie und von festerer Statur. Die beiden kannten sich schon seit etlichen Jahren und seither hatte James versucht, Elizabeths Gefühle für sich zu gewinnen. Leider bislang ohne Erfolg.
„James…“, murmelte Elizabeth mitfühlend. „Ich weiß, dass du so fühlst, aber…“
Ihre Stimme schien in ihrer Kehle zu erstickten. Er war ein netter und aufrichtiger Mann und es tat ihr jedes Mal leid, wenn sie ihn enttäuschen musste. Der Schmerz war ihm jedes Mal ins Gesicht geschrieben gewesen, doch das hier… das hier ging eindeutig zu weit. Sie schnappte kurz nach Luft, um sich zu fassen. „…aber so ein skandalöses Gerücht zu verbreiten, nur um meine Hand zu gewinnen…“
Sie pausierte und James nickte. Er wusste, dass es eine äußerst extreme Art und Weise war, wie er vorgegangen war und er es war ihm bewusst, dass er ihr eine Erklärung schuldete. Er starrte für einen Moment lang seine Füße an, mit welchen er einige Heu-Reste hin und her schob. Als ihn Elizabeths suchender Blick dann erfasste, sah er zu ihr hoch und schluckte.
„Ich wusste nicht, was ich tun sollte…“, begann er dann leise. „Ich war verzweifelt.“
Elizabeth musste nicht fragen ‚Wieso?‘, denn er konnte ihr die Frage von den Augen ablesen.
„Ich wurde panisch, als ich hörte, dass du mit einem Mann in einer Scheune den Sturm abgewartet hast…“, fuhr er fort und verwundert riss Elizabeth beide Augen auf. „…also hab ich behauptet, ich sei der Mann gewesen.“
Elizabeth Lippen zitterten, kurz ehe sie mit „Woher wusstest du das?“ konterte.
„Laydon hat gesehen, wie dich ein Mann im Regen in die alte Kolya Scheune getragen hat...“ Er atmete tief ein und aus. „..und als ich dann von Kate hörte, dass du erst am Morgen nach dem Unwetter nach Hause kamst… da zählte ich eins und eins zusammen.“
Sie blinzelte, bevor sie sich mit ihren zarten Fingern auf die Lippen griff. Sie schwieg und schien über etwas nachzudenken. James hatte natürlich Recht, sie war die Nacht nicht alleine in der Scheune gewesen. Ob er wusste, wer der Mann gewesen war?
Sie wagte es nicht, ihm diese Frage zu stellen, denn wäre die Antwort ‚Nein‘, würde mit Sicherheit eine Gegenfrage mit ‚Wer war es?‘ folgen. Somit schwieg Elizabeth und betrachtete den Mann vor ihr.

James hatte Mut, dass musste sie sich eingestehen. Eine so gewagte Berechnung hatte sie ihm nicht zugetraut und obwohl sie von seiner Kühnheit diesbezüglich schockiert war, konnte sie ihm nicht so böse sein wie sie es gerne mochte.

***


14. August, London

Gelangweilt ging John die Post durch, die wenige Minuten zuvor gekommen war und wollte den kleinen Stapel schon weglegen, als er die Handschrift seines Bruders erkannte. Mit einem amüsierten Lächeln griff er nach dem Brief und brach das Siegel.

Verehrter Bruder,
die Dinge in Drayton Abbey gehen alle ihren gewohnten Lauf.
Mrs. Hollis spielt zurzeit den Hausdrachen, vor allem dem neuen Koch gegenüber. Aber ich bin mir sicher, dass sie Gefühle für ihn hegt. Ich habe mit Edward um 20 Schillinge gewettet, dass die beiden noch vor Jahresende vor dem Altar stehen werden. Kannst du dir das vorstellen? Mrs. Hollis und der Koch? Das wäre ja ein riesen Spaß.
Apropos Hochzeit… Erinnerst du dich an den Stallarbeiter James Ryan? Den taffen Kerl mit den dunklen Locken? Du wirst es nicht glauben, aber… er wird heiraten! Und zwar Elizabeth Barmwell.
Ja, du hast richtig gelesen - Elizabeth Bramwell. Die hübsche Schneidereigehilfin, von der du einst geschwärmt hast. Angeblich standen sich die beiden schon immer nahe und Gerüchten zufolge soll sie mit ihm schon eine Nacht verbracht haben. Schockierend, nicht wahr?
Die Hochzeit soll noch diesen Monat stattfinden, vermutlich am letzten Samstag.
Obwohl ich über ihre… „Leichtigkeit“ in Bezug auf Männern etwas erschrocken bin, muss ich gestehen, dass sie in der Tat eine Schönheit ist. Wäre sie nicht von niedriger Herkunft und hätte nicht solch schlechten Anstand, dann wäre ich versucht gewesen, ihr ebenfalls meine Aufwartung zu machen. Aber wenn dies der Fall gewesen wäre, hättest du sie bereits geehelicht. Die Hochzeit…


Entsetzt ließ John den Brief sinken.
Elizabeth Barmwell wollte James Ryan heiraten!? Seine Elizabeth!?
Glühende Eifersucht brodelte in seinen Eingeweiden. Seine Fantasie kreierte Bilder, in denen der kräftige James Elizabeth in den Arm nahm, sie küsste, ihren Körper streichelte…
Es schnürte ihm wahrhaftig den Atem ab. Geschockt ließ er seinen Blick erneut auf Evans Zeilen fallen.
„Gerüchten zufolge soll sie mit ihm schon eine Nacht verbracht haben. Schockierend, nicht wahr?“
John blinzelte. Er hatte auch eine Nacht in einer Scheune mit ihr verbracht, als ein gewaltiger Sturm über Foxley Capes hinweg donnerte aber… nicht… so. Sein Gesicht wurde bleich, als er sich ausmalte, was James vielleicht alles mit ihr angestellt hatte. Er kniff verkrampft die Augen zusammen und schüttelte hastig den Kopf, um alle aufkommenden Gedanken an ihre mögliche Intimität aus seinem Kopf zu vertreiben. Vergebens.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in seinem Bauch breit. Elizabeth war doch nicht so Eine, oder? Hat er sich in ihr komplett getäuscht? Sie hatte ihn schon einmal angelogen und an außereheliche Aktivitäten mit anderen Männern konnte er gar nicht denken.
Er schluckte kurz, ehe er benommen aufstand, um sich ein Glas Whiskey einzuschenken. Seine Hände zitterten, als er nach der edel geschliffenen Glaskaraffe griff, welche auf einem Mahagoni Beistelltisch unweit seines Arbeitstisches stand. Eifrig schüttete er ein ganzes Glas Whiskey seinen Rachen hinab, bevor er sich ein zweites einschenkte.
Er musste sich beruhigen.

***


27.August 1822, außerhalb von Foxley Capes

Das leise Plätschern des Flusses war neben dem Gezwitscher der Vögel das einzige hörbare Geräusch.
Elizabeth saß auf dem umgefallenen Baumstumpf und sah über das Wasser, welches vom Sonnenlicht funkelte und glitzerte. Noch zwei Tage, dann würde sie endgültig die Frau von James Ryan werden.
Entspannt atmete sie tief ein und aus. Mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden, James zu ehelichen. Er war ein anständiger Kerl, welcher fleißig arbeitete und immer nur ihr Bestes wollte. Jahrelang hatte sie sich gegen diese Vereinigung gewehrt, doch ihr Vater hatte Recht. James war ein guter Mann und obwohl sie ihn nicht liebte, war sie zuversichtlich, dass sie ihn mit der Zeit zu lieben lernen würde.
Elizabeth war nicht mehr die Jüngste und mit jedem Monat, der verstrich wurde ihre Chance auf einen Ehegatten geringer. Sie war bereits längst über das Alter hinweg, in dem sich viele junge Männer anstellten und um ihre Hand bettelten.
Nein, James war ein guter Fang. Sie sah es nun endlich ein. Sie konnte nicht ewig auf eine herzzerreißende Liebesgeschichte warten, welche vielleicht nie kommen würde. Es war an der Zeit, die Träumereien von einem gewissen Captain aufzugeben und der Realität ins Auge zu blicken. James war real, John war es nicht. Captain Wakeham hatte sie schon vor langer Zeit vergessen und nun war es an der Zeit, dass Elizabeth das Gleiche tat. Ihre Hochzeit mit James war der erste Schritt in die richtige Richtung.

***


London, Convent Garden

John saß nachdenklich an seinem Schreibtisch und dachte über die geplanten Investitionen nach, die der Vorarbeiter in den Werften vorgeschlagen hatte. Sein Blick ging über die Einrichtung des Zimmers, ohne auch nur einen Gegenstand davon wirklich wahrzunehmen. Schließlich erregte ein weißer Fleck auf dem Boden unterhalb des Fensters seine Aufmerksamkeit. Stirnrunzelnd erhob er sich von seinem Stuhl und ging zu der dort stehenden Couch. Als er sich nach vorne beugte, erkannte er, worum es sich handelte. Halb verborgen unter dem herabhängenden Stoff des Sofas lag ein ungeöffneter Brief. Neugierig griff er danach und hob das kleine Stück Papier auf, während er sich in Gedanken eine Notiz machte, mit den Bediensteten über die Qualität ihrer Arbeit zu sprechen. Mit gerunzelter Stirn trat John näher ans Fenster und öffnete den Brief. Er erkannte die Handschrift seines Bruders.

„Lieber John,
Ich schreibe dir nur kurz, um dir die erbetenen Informationen deines letzten Briefes zu übermitteln. Ich habe mich bezüglich der kursierenden Gerüchte von James Ryan und Elizabeth Bramwell etwas genauer umgehört. Ich kann dir aber leider nichts Genaueres über Miss Bramwells Charakter mitteilen. Die einzige Information, welche mir - neben den Hochzeitsvorbereitungen - zu Ohren gekommen ist, ist dass Miss Bramwell anscheinend während des heftigen Sturmes vor einigen Wochen mit James in einer Scheune geschlafen hat. Augenzeugen zufolge habe er sie bewusstlos aufgefunden und mit ihr in einer Scheune unweit des Kolya-Waldgebietes Zuflucht gesucht. James hatte schon mehrmals um ihre Hand in der Vergangenheit angesucht, also ist eine Liebesverbindung unbestreitbar. Genauere Details über ihre Intimität mit dem Gentleman sind jedoch nicht bekannt. Es hieß nur, dass sie erst später am darauffolgenden Morgen nach Hause gekommen sei. Angeblich warst du sogar derjenige, der sie an diesem Tag zum Haus ihres Vaters begleitet hat...“


Johns Hände zitterten und verdattert starrte er einen Moment lang auf die Zeilen vor ihm.
Sturm? Bewusstlos? Scheune?
Schockiert schnappte er hastig nach Luft. Er wusste, dass Elizabeth den falschen Mann heiraten würde. Einen Mann, der mit den im Brief geschilderten Ereignissen nichts am Hut hatte.
Er erinnerte sich plötzlich wieder an den Brief, den ihm Evan vor fast zwei Wochen geschickt hatte und ihm darin mitteilte, wann Elizabeth Barmwell heiraten würde. John hatte an jenem Abend viel getrunken und konnte sich nicht mehr erinnern, wo genau er den Brief hingelegt hatte. Panisch begann er die Papierstapel auf seinem Schreibtisch danach zu durchwühlen. Er überflog jedes einzelne Blatt Papier und Zettel für Zettel landete am Boden. Das Papierchaos am Boden wurde, genauso wie Johns Verzweiflung, immer größer, denn er konnte das besagte Schreiben nicht finden.
Wo zur Hölle war bloß der verdammte Brief hin?
Plötzlich schoss es ihm in den Kopf, dass er an jenem Abend vorhatte, den Brief zu verbrennen. Als ihm jedoch der Whiskey ausgegangen war, legte er das Schreiben auf den Kaminrahmen, um den Bediensteten zu läuten und nach mehr Whiskey zu verlangen. Eifrig eilte er durch den Raum und ergriff das zerknüllte Stück Papier, welches noch immer auf dem Marmorstein des Kamines lag.
Hastig überflog er den Brief, auf der Suche nach dem Datum des Ereignisses.
„29. August“, murmelte er leise.
Das waren gerade noch 2 Tage, stellte er nach einem Blick in seinen Kalender fest.
Nachdenklich starrte er ins Feuer. Was sollte er tun? Er wusste, sie war gesellschaftlich gesehen keine gute Partie, da sie einer niedrigeren Schicht angehörte und nur die Tochter eines Bauern war. Trotzdem drehten sich ihm jetzt bei dem Gedanken, dass sie einem anderen Mann gehören sollte, die Eingeweide um. Konnte er es verantworten, dass sie wegen seinen Taten einen anderen Mann heiratete? Er wollte sie für sich. Sollte er die Hochzeit stoppen? Doch was würde das für ihn bedeuten? Ganz sicher die Ausgrenzung und der Verlust des gesellschaftlichen Ansehens. Doch war er bereit, diesen Preis zu zahlen? War er gewillt, sein bisheriges Leben und seinen Lebensstil aufzugeben? Für eine Frau?
Er hatte sie nach Evans ersten Brief falsch verurteilt und sie verflucht. Hatte geglaubt, sie wäre eine Frau ohne Scham und Charakter. Er hatte sich fast ohnmächtig getrunken, um den Schmerz jener Gedanken zu verdrängen. Er schämte sich für seine Dummheit, für seinen Hass und für alles, was er ihr innerlich an den Kopf geworfen hatte. Wie falsch und ungerecht er doch über sie geurteilt hat. Doch war er bereit, alles für sie aufs Spiel zu setzten?
Sich immer mehr in seine Gedanken vertiefend ging er im Raum auf und ab, ohne zu bemerken, dass ihm die Bediensteten durch die offene Türe seltsame Blicke zuwarfen.

***


29. August 1822, Barmwell House

Nervös betrachtete sich Elizabeth im Spiegel und drehte sich in alle Richtungen, um jedes Detail ihres Hochzeitsgewandes zu sehen. Ihre Schwester und ihre beste Freundin Meredith hatten mehrere Tage daran genäht und ihr ganzes Können darauf verwendet, für Elizabeth ein dem Anlass entsprechendes Kleid zu fertigen. Es war aus dem feinsten Stoff, den sie je getragen hatte, und sie wagte es fast nicht, sich damit zu setzen.
Während im Garten bereits hektische Betriebsamkeit herrschte, genoss sie die Stille des Raumes und atmete tief durch. Erst jetzt wurde sie sich wirklich bewusst, was sie zu tun gedachte. Sie war auf dem Weg, einen Mann zu ehelichen. In weniger als einer Stunde würde sie Mrs. James Ryan sein, die Frau eines Stallarbeiters.
Ohne es zu wollen sah sie plötzlich das Gesicht von Captain John Wakeham vor sich. Sie sah seine leuchtenden Augen und sehnsüchtig hielt sie dieses Bild für einen kurzen Moment fest. Als sie ihre Schwester rufen hörte, verdrängte sie sein Gesicht und warf einen letzten Blick in den Spiegel. Es half nichts. Er hatte ihr durch sein Verhalten deutlich gezeigt, wie er zu ihr stand und so weh es auch tat, sie musste sich der Realität stellen. John Wakeham war ein Mann, der sich außerhalb ihrer Reichweite bewegte und sie würde gesellschaftlich nie auch nur in seine Nähe kommen.
James war der Mann, den sie heiraten wollte. Er war ein guter Mann, der noch nie auf sie herab geblickt oder sie wegen ihrer sozialen Stellung verurteilt hat. Sie war ihm dankbar für seine Liebe ihr gegenüber und sie wusste, dass sie mit ihm ein gutes Leben führen werde.
„Elizabeth!“, hörte sie ihre Schwester erneut rufen und im selben Moment öffnete sich die Tür. Mit erstauntem Blick betrat Kate den Raum und betrachtete ihre Schwester ehrfürchtig.
„Du siehst wunderschön aus“, raunte sie und legte dann ein Grinsen auf. „Da wird James kaum ein Auge von dir lassen können.“
„Ach hör auf, Kate“, antwortete Elizabeth etwas verlegen und schob ihre Schwester auf die Türe zu. „Ich denke, wir sollten gehen.“
Kate stimmte ihr mit einem Nicken zu und gemeinsam verließen die Schwestern den Raum.

***


Foxley Capes, Dorfkirche

Ein dezentes Hüsteln unterbrach die kurz eintretende Stille, als der Pfarrer eine Seite umblätterte und dann wieder zum Brautpaar hochblickte.
Die Trauzeremonie war in vollem Gange und die kleine Kirche brach aus allen Nähte. Fast das ganze Dorf war gekommen, viele unter ihnen lediglich aus Neugier, was an den Gerüchten Wahres dran war und sich aufgrund dessen vielleicht noch einmal etwas Skandalöses ereignen würde. Der Bräutigam stand mit stolzgeschwellter Brust neben seiner schüchternen Braut und konnte, wie Kate bereits vorhergesagt hatte, kaum seine Augen von ihr lassen. Sie sah wunderschön aus in ihrem einfachen, aber sehr kunstvoll gefertigten Kleid. Er erkannte, dass es mit viel Liebe hergestellt worden war.
„Sollte jemand Einwände gegen diese Verbindung haben, so solle er jetzt hervortreten oder für immer schweigen“, sprach der Pfarrer die üblichen Worte und sah dabei über die gesamte Gemeinde hinweg. Nach all den Gerüchten, die über Elizabeth Barmwell im Umlauf waren, hätte ein Einspruch zu diesem Zeitpunkt die Lästermäuler im Dorf nur jubeln lassen.
Alle sahen gespannt umher, obwohl nicht wirklich jemand annahm, dass jetzt etwas Unerwartetes geschehen würde. Umso erstaunter waren alle, insbesondere der Pfarrer, als in diesem Moment die Kirchentüren aufschwangen und ein Schatten in die Türöffnung trat. Erstauntes Raunen ging durch die Menge und viele waren froh, doch gekommen zu sein. Der Skandal schien weiter zu gehen.
„Stopp!“ schrie die Person. Auch die Brautleute wandten sich nun dem Störenfried zu und Elizabeth's Herz begann zu pochen, als die Gestalt mit großen Schritten nach vorne trat. Je näher die dunkle und unscharfe Gestalt kam, desto mehr Form nahm sie an.
„Wakeham“, murmelte sie kaum hörbar und drückte ihre kleine Faust fest auf ihre Brust. Was tat er hier? War er etwa...?
„Stoppt die Vermählung!“, wiederholte er und sah den Geistlichen mit festem Blick an. Er blieb einige Schritte vor den Altarstufen entfernt stehen.
„Captain Wakeham!“, entfuhr es diesem ehrfürchtig, während besagter Herr sich bereits der Braut zuwandte.
„Tut es nicht!“, bat er nun und hielt ihren Blick fest, verlor sich geradezu darin. „Ehelicht ihn nicht.“
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Elizabeth den Marine-Captain an. Stille war in der Kirche eingekehrt und man hätte eine Nadel fallen hören können.
„Wieso?“, wollte sie flüsternd wissen.
Neben ihr hatte James sich inzwischen von seinem Schock erholt und sah seinen Herrn fast zornig an. „Mylord, was macht ihr hier? Was wollt Ihr von meiner Braut?“
John sah seinen Bediensteten an und ein bedauerndes Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
„Sie wird dich nicht heiraten, mein Junge“, antwortete er und sah dann zu Elizabeth zurück. Diese erwiderte seinen Blick. Er konnte in ihren Augen so vieles sehen. Wut, Hoffnung... Liebe?
„Aber...“, versuchte James aufzubegehren, doch sein Herr sah ihn nur streng an und schüttelte den Kopf.
„Nicht heute“, erwiderte er und blickte zurück zu Elizabeth, welche ihn nach wie vor fassungslos musterte. „Vielleicht sollten wir die Entscheidung Miss Bramwell überlassen“, schlug Wakeham zuversichtlich vor. Er spürte, dass er gewonnen hatte. Elizabeth sagte jedoch kein Wort.
„Nun, Captain Wakeham, wenn wir dann fortfahren könnten…“, unterbrach der Pfarrer das Dreiergespräch nach einigen Augenblicken, worauf John ihn mit festem Blick ansah.
„Es gibt keine Hochzeit!“, stellte er mit rauer Stimme und Entschlossenheit klar. Dann nahm er Elizabeth an der Hand und wollte sie aus der Kirche ziehen, doch diese stemmte sich dagegen. Mit einem gewaltigen Schwung riss sie sich von Johns Griff los und taumelte einige Schritte rückwärts.
„Nein…“, widersprach sie empört. Ihre Stimme klang zornig.
Ihr Herz hatte meterhohe Sprünge gemacht, als er vor wenigen Minuten die Kirche gestürmt hatte, doch dass er annahm, sie würde so einfach über sich bestimmen lassen, war ihr zuwider. John wandte überrascht sich zu ihr um und sah sie fragend an.
„Warum nicht?“
„Weil er ein guter Mann ist, der mich liebt!“, brachte sie es auf den Punkt. Ihre Stimme hatte einen säuerlichen Unterton angenommen und John blinzelte überrascht.
Nach einem kurzen Atemzug fasste er sich. „Aber du liebt ihn nicht!“
Empörung machte sich in ihr breit. Ja, er hatte Recht. Sie liebte James nicht. Noch nicht. Jedoch hatte Wakeham nicht das Recht, ihre Gründe in Frage zu stellen.
„Woher willst du das wissen?“, keuchte sie, während sie auf jegliche förmliche Anrede vergaß. Johns Gesicht wurde bleich, als ihn das erste Mal der Verdacht überrollte, dass sie ihn vielleicht gar nicht haben wollte und er sich hier eben zum Idioten machte. Verkrampft schluckte er.
„Ich kann nicht zulassen, dass du ihn heiratest!“, wurde John jetzt lauter. Ihre Frage hatte ihn komplett verunsichert und er fühlte sich in die Enge getrieben.
„WARUM?“, schrie Elizabeth ihn nun an und erneut ging eine Welle der Empörung durch die Kirche. Eine einfache Bauerntochter wagte es, gegen einen Gutsherren und zugleich wohlhabenden Captain aufzubegehren!? Das hatte es in Foxley Capes noch nie gegeben.
Elizabeth war inzwischen wütend. Dieser Tag hätte der schönste in ihrem Leben werden sollen, doch Captain Wakeham schien diesen ruinieren zu wollen… offensichtlich noch dazu ohne triftigen Grund. Es schien, dass er aus einer Laune heraus handelte. War es, weil sie ihn belogen hatte? Oder wollte er ihr nur nochmals seine Macht und Stellung vor Augen führen? Tausend Fragen und Theorien machten sich binnen weniger Wimpernschläge in ihrem Kopf breit. Doch dann riss er sie mit dem unerwartetsten Satz von allen aus ihrer Gedankenwelt.
„Weil ich dich liebe!“
Aus den Kirchenbänken war kollektives Keuchen zu hören und Elizabeth sah ihn mit offenem Mund an.

Fortsetzung: Kapitel 3


Kapitel 3 by Anyana
Kapitel 3


Eigentlich hatte John mit einer Umarmung, einem Liebesgeständnis oder sonst irgendeiner freudigen Antwort von Elizabeth gerechtet. Der Schlag ins Gesicht überrumpelte ihn.
Geschockt griff er sich instinktiv an die linke Wange und starrte die Braut mit weit aufgerissenen Augen an. Der Schock über ihre Reaktion saß tief.
Am liebsten hätte Elizabeth ein ‚Ich hasse dich‘ oder ‚fahr zur Hölle‘ gesagt und sie musste sich eingestehen, dass sie selbst von ihrem Schlag überrascht war. Verdattert blinzelte sie einige Augenblicke, während sie ihr sprachloses Gegenüber betrachtete. Der Captain war weiß wie Kreide und sie selbst war über ihre primitive Reaktion geschockt. Sie sammelte sich so schnell sie konnte und warf voller Wucht den kleinen Strauß Sommerblumen in ihren Händen zu Boden. Wutentbrannt drehte sich Elizabeth um und rannte ohne ein weiteres Wort den Korridor der Kirche entlang und hinaus ins Freie. Worte konnten sie von ihrer Scham, die sie gerade verspürte, nicht mehr retten. War sie wahnsinnig geworden?
Von dieser Reaktion ebenfalls überrascht sah John ihr mit offenem Mund nach. Er wollte ihr folgen, wurde aber von James am Arm gepackt und zurückgehalten. James Ryan war in ebenso schlechter Verfassung wir Captain Wakeham und er hatte nicht vor, seinem Vorgesetzten noch eine Chance zu geben, seiner Braut hinterher zu jagen. Hätte ihn Elizabeth nicht schon geschlagen, hätte er spätestens jetzt eine von James aufs Auge bekommen, denn der Stallarbeiter war sauer wie eine Zitrone.
Johns Wange glühte und als er sich umsah, trafen ihn die entgeisterten Blicke der Dorfbewohner. Erst jetzt bemerkte er, dass das ganze Dorf Zeuge ihrer Auseinandersetzung und seiner Abfuhr gewesen war. Beschämt kehrte John der Gruppe den Rücken zu, woraufhin Miss Caldwell sich ein süffisantes Schmunzeln nicht verkneifen konnte.

***


2. September 1822, Barmwell House

Mit einer einzelnen gelben Heckenrose, welche ihm McKay hatte diskret zukommen lassen, stand Captain Wakeham nervös vor der bescheidenen Holztür des Barmwell-Hauses. Er versuchte mehrfach, an die Tür zu klopfen, doch immer wieder verließ ihn der Mut. So starrte er weiterhin auf die geschlossene Tür, ohne dass er einen Schritt weiterkam.

Im Innern des Hauses stand Kate am Fenster neben der Eingangstüre und beobachtete den verunsicherten Captain, welcher mit erhobener Hand dastand, aber sich nicht zu bewegen schien.
„Hat er sich schon bewegt?“, wollte ihr Vater wissen, ehe er seine Zeitung zur Seite legte und zu ihr ans Fenster trat. Über ihren Kopf hinweg sah er ebenfalls auf den erstarrten Besucher.
„Er steht da, als wäre er eine Salzsäule“, antwortete sie schmunzelnd und schob sich noch dichter ans Fenster. „Er hat irgendwas in der Hand“, begann Kate, worauf ihr Vater ebenfalls neugierig an der Gardine zupfte.

Im Augenwinkel bemerkte Captain Wakeham auf der anderen Seite der Eingangstüre eine leichte Bewegung, worauf er den Kopf zum Fenster neben der Türe drehte. Ein leises Kichern, gefolgt von einem tiefen Brummen, durchdrang die dünne Holztür, was ihn realisieren ließ, dass seine Anwesenheit entdeckt worden war. Nervös leckte er sich über die Unterlippe und atmete noch einmal tief durch, bevor er entschlossen an die Tür klopfte.
Einen Sekundenbruchteil später wurde diese bereits von Kate Barmwell geöffnet.
„Captain! Was für eine wundervolle Überraschung!“, begrüßte sie ihn mit einem breiten Lächeln.
„Miss Barmwell, es ist mir wie immer eine Ehre, Sie zu sehen“, antwortete er mit einem leichten Zittern in der Stimme.
Für einen kurzen Moment herrschte Stille, während Kate ihn mit erwartungsvollem Blick musterte. Als sie jedoch keine Erklärung für seinen Besuch bekam, brach ihre Neugierde das Schweigen.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?“
„Äh,... ich bin gekommen, um mit Miss Elizabeth zu sprechen“, erwiderte er etwas unsicher. „Ist sie zu sprechen?“
Während er sprach, wurde Kate’s Gesicht ernst und sie schüttelte den Kopf.
„Nein. Leider musste sie heute nach Foxley Capes, um dem Schneider zu helfen“, antwortete sie ihm, woraufhin John einen erleichterten Seufzer von sich gab und sich durch die Haare strich.
„Würden Sie ihr bitte mitteilen, dass ich hier war?“, bat er Kate, worauf diese ihm zunickte. „Und bitte überreichen Sie ihr diese von mir.“ Gefasst reichte er Kate die gelbe Heckenrose, welche die junge Frau an sich nahm und ein weiteres Mal nickte. Captain Wakeham verbeugte sich zum Abschied freundlich und verließ schnellen Schrittes und ohne ein weiteres Wort das Grundstück. Mitfühlend sah ihm Kate hinterher, ehe sie die kleine Blume in ihren Händen musterte. Grinsend stellte sie fest, dass es dieselben Rosen waren, welche Magistrat McKay ihr bei seinem Besuch vor zwei Tagen mitgebracht hatte.

***


3. – 6.September 1822, Barmwell House

In den folgenden Tagen besuchte Captain Wakeham mehrmals die bescheidene Behausung der Barmwells, ohne jedoch Elizabeth je anzutreffen.

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8. September 1822, Drayton Abbey

Jennifer Caldwell war gerade dabei, sich ein weiteres Stück ihres Kuchens in den Mund zu schieben, als sie energisch nach Luft schnappte und ihren Blick auf Captain Wakeham an seinem Schreibtisch richtete.
„Haben Sie schon die Neuigkeiten von Foxley Capes gehört?“, fragte sie unschuldig.
„Nein“, erwiderte ihr Evan Wakeham und legte sein Buch auf den kleinen Beistelltisch neben sich. „Was gibt es denn Neues?“
„Carson Beckett hat es geschafft, die Hand des Schmieds zu retten, ohne diese amputieren zu müssen...“, begann sie aufgeregt. „Und ich habe gesehen, wie Euer Stalljunge James um die Küchenmagd von Magistrat McKay herumgeschwänzelt ist.“
Etwas desinteressiert wanderte Evan’s Blick zu dem seines Bruders, welcher nicht von dem Brief, den er gerade verfasste, aufsah.
„Ach ja, nächste Woche kommt der Zirkus nach Oxford. Werdet Ihr hingehen?“, fuhr sie unbeirrt fort, bekam aber als Antwort nur ein Kopfschütteln von Evan. Ihr Blick wanderte erneut zu John, welcher sich weiterhin auf seine geschäftlichen Belange konzentrierte.
Leise räusperte sie sich, bevor sie ihren Kuchenteller anhob und rasch hinzufügte: “Übrigens, Captain Wakeham, Ihre Miss Barmwell hat Foxley Capes verlassen, um eine Position als Gouvernante in Schottland anzunehmen.“ Zufrieden, diese Nachricht endlich losgeworden zu sein, grinste sie und schob sich ein weiteres Stück Kuchen in den Mund.
John’s Kopf schoss hoch und erschüttert über diese Nachricht drehte er sich zu ihr um.
„Wann?“, war das einzige, was über seine Lippen kam. Auch Evan sah sie mit weit aufgerissenen Augen an.
„Vor ein paar Tagen schon. Im Dorf wird darüber gemunkelt, dass diese rasche Abreise mit Ihrer peinlichen Auseinandersetzung in der Kirche zu tun hat.“
Gehässig grinsend genehmigte sie sich ein weiteres Stück Kuchen, während die beiden Männer sich gegenseitig ungläubig anblickten.
„Ich fand ihr Verhalten von Anfang an sehr respektlos. Wie unverschämt muss man sein, um sich einem so stattlichen Mann wie Ihnen gegenüber so einen Ton herauszunehmen. Wenn man von solch niedriger Herkunft ist, sollte man seinen Platz in der Gesellschaft kennen und wissen, wie man sich zu verhalten hat.“ Beifall heischend sah sie in die Runde, doch keiner der Männer erwiderte etwas.
„Aber zum Glück waren Ihre Gefühle für diese Person ja nur ihrer Fantasie entsprungen. Miss Barmwell hat sie an der Nase herumgeführt, nur weil sie mit der Position als Ihre Gattin geliebäugelt hatte. Doch anscheinend hat sie ihre Meinung jetzt geändert und Sie herzlos abserviert“, bohrte Jennifer weiter in John’s gepeinigtem Herz. „Zum Glück hat sie ihre Ränkespiele aufgegeben und Ihnen bleibt eine große Peinlichkeit erspart.“
Entschlossen, dem Ganzen ein Ende zu machen und seinen Bruder vor weiteren Attacken zu bewahren, stand Evan nun auf und trat zu ihr. Dann zog er sie fast grob von ihrem Stuhl.
„Miss Caldwell, es wird spät und ich denke, Sie machen sich jetzt besser auf den Heimweg, bevor Ihr Vater sich Sorgen macht“, meinte er beherrschte und geleitete die verblüffte junge Frau zur Tür der Bibliothek. „Harold, bitte bereite eine Kutsche für Miss Caldwell vor. Sie möchte sich auf den Heimweg machen.“
„Jawohl, Sir“, antwortete der Dienstbote und deutete Jennifer, ihm voran zu gehen.
Ohne einen weiteren Blick wandte sich Evan um und ging in die Bibliothek zurück, während die gerade entlassene Jennifer Caldwell ungläubig auf die nun geschlossene Tür starrte und dann widerstrebend dem Dienstboten folgte.

Evan hatte kaum die Mitte des Raumes erreicht, als John von seinem Tisch aufsprang und seinen Bruder verzweifelt ansah.
„Was soll ich jetzt tun?“, wollte er mit bebender Stimme wissen. Sein Bruder sah ihn mitfühlend an.
„Finde sie!“
„Wie?“
Evan überlegte kurz, wobei er den Raum mehrfach auf- und abschritt. Schließlich blieb er wieder mitten im Raum stehen.
„McKay“, war alles, was er von sich gab. Ohne ein weiteres Wort wusste John, was sein Bruder meinte und nickte, ehe er mit großen Schritten die Bibliothek verließ und in Richtung der Ställe rannte.

***


9. September 1822, Barmwell House

Erfüllt von freudiger Erwartung, Kate Barmwell wieder zu sehen, klopfte Magistrat McKay an die Tür des Barmwell-Hauses. Kurz darauf wurde diese geöffnet und er sah sich einer mehlbestäubten Kate Barmwell gegenübersah.
„Rodney! Ähm, ich meine Magistrat McKay...“, stotterte sie verblüfft und sah ihn verlegen an. „Sie müssen meine Aufmachung entschuldigen, aber ich bin gerade dabei, Brot zu backen.“
Mehlstaub bedeckte das Oberteil ihres verschlissenen Kleides und selbst im Gesicht hatte sie einige weiße Flecken. Darunter konnte er die leichte Röte ihrer Verlegenheit sehen. Trotzdem erwärmte sich sein Herz und ein Lächeln legte sich auf sein sonst ernstes Gesicht.
„Aber nicht doch, meine Liebe. Sie haben keinen Grund zu falscher Bescheidenheit. Über ihren Liebreiz müssten Sie sich doch schon längst bewusst sein.“
Mit funkelnden Augen bewunderte er ihre anmutende Gestalt.
Das laute Knarren eines Bodenbrettes unterbrach die schweigende Bewunderung der beiden.
„Herr Magistrat, welch Freude, Sie wieder zu sehen“, ertönte die Stimme von Jonas Barmwell. „Was führt Sie in unsere bescheidene Behausung?“
McKay räusperte sich.
„Ich bin im Auftrag von Captain Wakeham gekommen. Es geht um Ihre Tochter Elizabeth...“, begann er.
„Kommen Sie doch herein. Wir wollen das nicht hier zwischen Tür und Angel besprechen“, bot der Ältere ihm an, worauf der Magistrat eintrat und ihm in das Wohnzimmer folgte. Dort bot ihm Jonas einen Platz in der Nähe des Feuers an und setzte sich selbst in seinen Sessel.
„Nun, Herr Magistrat, worum geht es?“
Ehe McKay antworten konnte, trat Kate dicht neben ihn und bot ihm ein Sitzkissen an. Als er dieses ergriff, berührten sich ihre Finger und er konnte die Sanftheit und Wärme ihrer Haut spüren. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich von ihr los zu reißen und ein leises „Danke“ zu murmeln. Dann wandte er sich wieder Jonas Barmwell zu, welcher ihn nach wie vor mit hochgezogener Augenbraue ansah.
„Wie Sie bereits wissen, hegt Captain Wakeham Gefühle für Miss Elizabeth. Mit Entsetzen musste dieser gestern feststellen, dass sie uns verlassen hat.“
Erneut tauchte Kate neben ihm auf und bot ihm dieses Mal eine Tasse Tee an. Auch diese nahm er mit einem dankenden Lächeln an.
„Und was ist das Problem dabei?“, wollte Jonas wissen. „Captain Wakeham weißt sehr genau, dass meine Tochter diese Gefühle nicht erwidert.“
McKay runzelte die Stirn.
„Nun ja, Mister Barmwell, in Bezug auf Liebe sind wir alle gegen unser Herz und dessen Wünsche machtlos. Der arme Captain findet es schwer, die Entscheidung Ihrer Tochter zu akzeptieren.“
Jonas nickte schweigend.
„Ich bitte Sie, seinem leidendem Herz noch etwas Hoffnung und ihm die Möglichkeit zu geben, Miss Elizabeth von der Aufrichtigkeit seiner Gefühle zu überzeugen.“
Erwartungsvoll endete der Magistrat und sah Jonas an, welcher unentschlossen wirkte.
„Bitte, Vater“, drängte ihn Kate. Nach einer weiteren kurzen Stille nickte Jonas schließlich.
„In Ordnung. Helfen wir dem Glück etwas auf die Sprünge. Wir wissen alle, wie stur Elizabeth manchmal sein kann.“
Kate’s jubelndes Quietschen ließ McKay’s Herz höher schlagen.

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15. September 1822, Schottland, außerhalb von Paisley

Mit kräftigen Hüben pumpte Elizabeth Wasser aus dem kleinen Steinbrunnen, welcher sich am Rand des Gutshofs befand. Das Quietschen der herumrennenden Kinder, welche einem kleinen Schwein hinterher jagten, ließ sie vom Holzeimer aufblicken. Dann ging ihr Blick über den Hof hinweg, hinüber zum Herrenhaus, welches das Gut und die umgebenden Felder prachtvoll beherrschte.
Eine Hand, die sich fest um eine ihrer Pobacken legte, riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie herumfahren. Wie erwartet trafen ihre Augen auf das schwammige Antlitz ihres Herrn.
„Na, du Bauernschlampe, träumen wir schon wieder in den Tag hinein, anstatt zu arbeiten?“, fauchte er sie mit rauer Stimme an und ließ seine Hand von ihrem Hinterteil über ihre Hüfte wandern. Dann zog er sie grob an sich, während seine andere Hand sich in ihrer Brust vergrub. Elizabeth entfuhr ein Schrei und sie versuchte sich von ihrem Peiniger zu befreien. Doch anstatt von ihm weg zu kommen, presste er sie noch enger an sich und rieb seinen Unterleib wollüstig an ihrer Taille.
„Wollen wir doch mal sehen, ob wir keine sinnvollere Beschäftigung für dich finden, als Wasser zu holen!“, knurrte er und sein warmer, modrig-riechender Atem beschleunigte sich, als sich sein hungriger Blick in den Ausschnitt ihres Mieders versenkte.
„Lassen Sie mich los!“, keuchte sie empört und schlug mit beiden Fäusten gegen seinen Brustkorb. Doch wie so oft in den vergangenen Tagen hatte sie auch dieses Mal keinen Erfolg, sich gegen seine Übergriffe zu wehren. Als eine seiner Hände seinem Blick in ihr Mieder folgte, hob sie die Hand und ohrfeigte ihn so fest sie konnte. Mit einem lauten Knall trafen ihre zarten Finger auf die teigige Haut ihres Gegenübers. Erstaunt über die Wucht dieses Schlages ließ er sie los, als er nach hinten taumelte. Elizabeth zögerte keine Sekunde und rannte Richtung Herrenhaus, doch sie schaffte es nur wenige Schritte weit. Der selbstgerechte Gebieter packte sie gewaltvoll am Handgelenk und sie wurde ruckartig zurückgerissen. Dann warf er sie grob zu Boden und stürzte sich auf ihre schmächtige Gestalt. Sein massiger Körper drückte sie fest auf den unebenen Kieseluntergrund, woraufhin ihre Schläfe unsanft gegen einen der größeren Steine prallte. Ein Schmerzensschrei entfuhr ihrer Kehle. Im selben Moment spürte sie bereits seine schwieligen Hände unter ihrem Kittel ihre Hüften hinauf grabschen. Während er sie weiterhin am Boden festhielt, öffnete er sich seinen Hosenlatz. Kreischend und mit fest zusammen gepressten Augen sah sie dem kommenden Horror entgegen.
Plötzlich wurde der massige Leib von ihrem zarten Körper gerissen.
„Ich bringe Sie um!“, hörte Elizabeth eine bekannte Stimme schnauben. Verwirrt öffnete sie ihre Augen wieder und erblickte einen rasenden Captain Wakeham, der gerade dabei war, ihren Herren über den Steinboden zu schleifen. Als er genügend Abstand zwischen Elizabeth und ihren Peiniger gebracht hatte, riss er ihn hoch und begann auf ihn einzuschlagen. Obwohl sich der Bauer wehrte und auch einige Treffer in John’s Gesicht landeten, hatte er gegen die Wut des Captains keine Chance. Schließlich sackte der Fiesling ohnmächtig zu Boden und John wandte sich endlich der verstörten Elizabeth zu. Dieses saß zitternd und mit blutendem Gesicht auf dem harten Untergrund und sah verwirrt auf den am Boden liegenden Bauern.
„Elizabeth?“, versuchte John ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Verdattert musterte sie ihn. „Alles in Ordnung?“
„Nein“, war ihr schwache Antwort, dann erschlaffte ihr Körper.
Ohne weiter darüber nach zu denken, hob er sie hoch und verließ mit ihr in den Armen stumm den Gutshof.

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15.September 1822, Schottland, Paisley, Gasthaus

Behutsam tupfte John die kaum noch blutenden Wunde an Elizabeth’s Schläfe.
„Brauchen Sie und Ihre Frau noch etwas?“, fragte ein junges Mädchen, welche dabei geholfen hatte, Elizabeth Wunden zu versorgen.
„Nein, danke. Du kannst jetzt gehen“, entließ er sie mit einem Kopfschütteln.
„Wie Ihr wünscht, mein Herr. Ich hoffe, Ihre Frau erholt sich schnell von ihrem Reitunfall.“ Mit diesen Worten schloss sie die Tür hinter sich und ließ John alleine an Elizabeth’s Krankenbett zurück.

Ein leises Stöhnen ließ John aus seinen Gedanken aufschrecken. Er saß jetzt bereits mehreren Stunden an ihrem Bett und hoffte, dass sie bald wieder zu Bewusstsein kam. Als er die leichte Bewegung ihrer Finger zwischen seinen Händen spürte, suchte er in ihrem Gesicht nach einem Anzeichen des Erwachens. Ihre Lider begannen zu flattern und schließlich blinzelte sie.
„John?“ Ihre Stimme war brüchig und kaum zu verstehen. „Was ist passiert?“
„Der Bauer hat dich bedrängt. Erinnerst du dich daran?“
Elizabeth schloss kurz die Augen, als sie nachdachte. Sie schluckte kurz und nickte dann.
„Er...“
„Er wird dir nie wieder wehtun!“, beteuerte John und drückte ihre Hand liebevoll.
„Danke!“, flüsterte sie.
„Ich wüsste nicht, wofür. Schließlich war ich an der Situation nicht ganz unschuldig.“ Zärtlich strich er ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht, was sie dazu brachte, ihn zu betrachten. Das Grün seiner Augen wurde durch die Kratzer und die bläulich-schimmernde Schwellung unterhalb seines Auges verstärkt.
Langsam hob sie ihre Hand und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über die Beule in seinem Gesicht.
„Tut es sehr weh?“, wollte sie wissen. John schüttelte den Kopf.
„Es ist nichts im Vergleich zu den Qualen, die ich in den letzten Tagen gelitten habe, als du fort warst.“ Sein Blick senkte sich. „Ich weiß, dass du meine Gefühle nicht erwiderst, doch ich konnte dich einfach nicht loslassen.“
„Ich habe nie behauptet, dass ich deine Gefühle nicht erwidere“, widersprach sie irritiert, worauf John den Kopf wieder hob und sie ansah.
„Du hast gesagt, dass du mich hasst.“
„Nur wer liebt, kann auch hassen“, belehrte sie ihn schmunzelnd. Sie konnte geradezu sehen, wie der Hoffnungsschimmer in seinen Augen zum Leben erwachte.
„Heißt das, du liebst mich?“
Elizabeth sah John lange an.
„Ja!“, hauchte sie und erlöste ihn damit von seinen Qualen.
„Genug, um den Rest deines Lebens mit mir verbringen zu wollen?“, wollte er wissen, während er eine Schatulle aus seiner Tasche zog und ihr entgegen hielt.
Als Antwort zog sie ihn nur zu sich und ihre Lippen trafen sich zum von ihr langersehnten Kuss.

***


1. Oktober 1822, Drayton Abbey

Das Klappern der Pferdehufe ließ Evan von seinem Champagnerglas aufblicken und aus dem Fenster schauen. Gerade als die Kutsche zum Halten kam, trat er in die Vorhalle, um die Neuankömmlinge zu begrüßen.
„Gibt es einen bestimmten Grund, dass ich hierher eingeladen wurde?“, fragte Jennifer Caldwell kurz darauf, als der Diener sie eingelassen und ihren Umhang an sich genommen hatte.
Evan schenkte ihr ein bezauberndes und geheimnisvolles Lächeln. Aufgeregt drehte sie sich zu ihrem Vater um, welcher ihr zustimmend zu zwinkerte. Nervös strich sie sich das neue Samtkleid glatt und hakte sich bei ihrem Vater unter. Gemeinsam folgten die beiden Evan in den Ballsaal.
„Ich habe dir doch gesagt, dass er mich heiraten wird“, murmelte sie aufgekratzt, während sie den prunkvollen Korridor entlang schritten.
Als sie den Ballsaal betraten, erblickte Jennifer zielsicher die Barmwell-Schwestern und ihre Laune verschlechterte sich dramatisch. Arrogant und mit erhobenem Haupt schwebte sie an den beiden Bauernmädchen vorbei und stellte sich neben ihren Captain. Dieser nickte ihr freundlich zu und hob sein Champagnerglas.
„Meine verehrten Gäste, ich begrüße Sie alle herzlich zu dieser kleinen Feierlichkeit und möchte mich für ihr zahlreiches Kommen bedanken. Wir sie alle wissen, hat eine bestimmte Dame mein Herz erobert“, begann er in die Runde zu sprechen und warf Jennifer einen vielsagenden Blick zu. Diese wurde noch aufgeregter und ihre Augen leuchteten förmlich.
„Wir haben uns heute hier versammelt, um meine Verlobung zu feiern.“ Die Stimmung im Saal war gespannt und Jennifer stand kurz davor, vor Stolz zu platzen.
„Meine Damen und Herren, ich darf ihnen die zukünftige Mrs. John Wakeham vorstellen...“ Er machte eine kleine Kunstpause und wie erwartet machte Jennifer einen Schritt in seine Richtung.
„Miss Elizabeth Barmwell!“
Jennifer hielt mitten in der Bewegung inne und blickte auf Elizabeth, die mit schüchternem Lächeln zu John trat.
„WAS????“, kreischte Jennifer empört durch den Saal und alle Augen richteten sich auf sie. „Du willst diesen Bauerntrampel heiraten???“
John’s Blick verfinsterte sich und bedrohlich trat er auf Jennifer zu, welche vor Schock zu hyperventilieren begann.
„Ich will derartige Beleidigungen gegenüber meiner zukünftigen Frau nie wieder hören!“, schnaubte er. Jennifer wollte noch etwas erwidern, doch Carson Beckett ging dazwischen.
„Ich kümmere mich um das arme Ding.“, meinte der Doktor und zog mit einem entschuldigenden Blick die hysterische, junge Frau aus dem Saal.
„Lasst uns anstoßen auf die zukünftige Mrs. Wakeham...“, brachte Evan einen Toast aus und hob das Glas.
„Sowie auf die zukünftige Mrs. Rodney McKay“, fügte der Magistrat hinzu und drückte Kate sanft an sich, welche vor Freude leise quietschte.
Für einen Augenblick durchzog Stille den Raum, doch dann stimmten alle ein und gratulierten den Brautpaaren.

ENDE


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