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A Place Nearby von ZoeP

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Kapitel Bemerkung: Den allergrößten Dank an LittleSGFreak. Was hätte ich nur ohne dich gemacht;)
Ich weiß, dass viele Dinge in diesem Abschnitt klein und unwichtig wirken, aber genau darauf kam es mir an. Jeder geht mit Trauer anders um. Und ich lasse Sam den Weg gehen, der mich damals zurück ins Leben geführt hat: Kleine Schritte.
A Place Nearby - Teil 3


Es waren drei Tage vergangen, seit jener Nacht, in der die Halluzination das erste Mal aufgetaucht war. Sam hatte sich inzwischen für zwei Wochen beurlauben lassen, in der Hoffnung, dass sie danach die Kraft fand, zu Janet zu gehen. Heute wollte sie anfangen, ihre Küche aufzuräumen und vielleicht auch ihren Kleiderschrank. Oder sollte sie doch lieber damit anfangen? Sam seufzte und öffnete die Schranktüren. Dahinter befanden sich mehrere ordentlich zusammengelegte Wäschestapel und ebenso ordentlich aufgehängte Blusen und Jacken. Wahllos nahm sie ein paar Kleiderbügel heraus, nur um sie gleich wieder hineinzuhängen. Nach welchen Kriterien wollte sie eigentlich Sachen aussortieren?
Sie entschied sich, doch mit der Garage anzufangen. Es dauerte kaum eine Stunde, und auf dem Platz davor stapelten sich Kisten, Kartons und alte Möbel. Sam begann, sich eine Liste anzulegen und jedes Teil mit einem Zettel zu markieren - Dinge, die sie behalten wollte, und Gerümpel, dass auf den Sperrmüll konnte. Es war bereits später Nachmittag, als sie sich mit einem tiefen Seufzer den Schweiß von der Stirn wischte und die Garageneinfahrt nicht mehr mit Kartontürmen zugestellt war. Jetzt passte immerhin ihr Auto hier rein. Wie es ja bei ihrem Einzug auch geplant gewesen war. Mit einem kräftigen Ruck zog sie von innen das Garagentor nach unten und es wurde dunkler in dem kleinen Raum. Sam ging zur Tür und wollte gerade das Licht ausknipsen, als ihr das alte Paket wieder einfiel, dass sie gleich zu Beginn ihrer Räumaktion gefunden und neben der Tür abgestellt hatte. Vorsichtig nahm sie es mit ins Wohnzimmer. Sie wusste genau, was sich hinter dem braunen Packpapier verbarg. Behutsam öffnete sie den Knoten und streifte das Papier ab. Es war die alte Gitarre ihrer Mutter. Zärtlich strichen Sams Finger über das glatte, kastanienbraune Holz, fuhren sanft über die Saiten. Sam setzte sich auf die Couch und nahm die Gitarre auf den Schoß. Fast schon ehrfürchtig ließ sie ihren Daumen über die sechs Saiten gleiten und zuckte bei dem leisen Geräusch, welches sie verursachte, leicht zusammen. Sie stieß die Luft aus, hatte gar nicht registriert, dass sie sie angehalten hatte.
Bilder formten sich in ihrem Kopf, Erinnerungen kamen hoch. An ihrem letzten gemeinsamen Weihnachten hatte ihre Mutter ihr Lieder vorgespielt. Sie sah sie genau vor sich, die warmen, strahlenden blauen Augen, glaubte, die Stimme ihrer Mutter für einen winzigen Augenblick zu hören. Nach ihrem Tod hatte Sam Gitarrenunterricht genommen, im Internat. Zuerst hatte sie es für ihre Mutter getan, wie, um sie lebendig zu halten. Im Laufe der Jahre war es für sie zu einer Möglichkeit geworden, Gefühle auszudrücken, die sie nicht in Worte fassen konnte.
Wie in Trance begannen ihre Finger, sich auf die Saiten zu legen, zupften behutsam einige Töne. Ihre linke Hand griff in verschiedene Bundstäbe und plötzlich registrierte Sam, dass sie spielte. Es war ein trauriges Stück, sie erinnerte sich dunkel daran, wie ihre Lehrerin ihr die Rhythmik und Dynamik erklärt hatte. Sam wusste nicht, weshalb sie es noch spielen konnte, aber vielleicht war es wie mit Schwimmen und Lesen, man verlernt es einfach nicht.
Sam schloss ihre Augen und merkte, wie sie sich langsam entspannte. Ihre Finger schienen ein Eigenleben zu führen, spielten das Stück bis zum Ende, leise und zart. Ein hohles Klatschen ließ sie aufschrecken. Sie sah in die Richtung, aus der es kam, und seufzte. Jack stand erneut im Türrahmen.
"Du spielst schön."
Sam machte eine abwinkende Handbewegung. "Geh."
"Ich kann nicht. Das weißt du."
"Die letzten drei Tage warst du doch auch nicht da."
Jack zuckte mit den Schultern. "Meinst du nicht, es ist Zeit, zu Janet zu gehen? Sie hat Psychologie studiert..."
Sams Augenbrauen wanderten nach oben. "Willst du damit sagen, ich bin verrückt?"
Er sah sie grinsend an, blickte demonstrativ an sich herunter und dann wieder zu ihr. Sie seufzte.
"Klar bin ich das. Ich halluziniere."
Sie kniff die Augen zusammen und blinzelte ein paar Mal, doch er verschwand nicht. Auch vier weitere Versuche, die Augen zu schließen und zu öffnen, brachten nicht das gewünschte Ergebnis. Er stand immer noch im Türrahmen.
"Also schön. Ich gehe jetzt zu Janet. Und dann?"
"Das wirst du wissen, wenn du da bist."
"Danke." Sie zog eine Grimasse, legte dann die Gitarre beiseite und ging zu ihrem Auto. Jack war natürlich verschwunden, kurz bevor sie an der Tür gewesen war. Die Fahrt zum Cheyenne Mountain Komplex kam ihr ungewöhnlich lang vor. Doch diesmal kehrte sie nicht auf halbem Weg um.
Im Fahrstuhl, auf dem Weg nach unten, legte sie sich ein paar Worte zurecht. Sie wusste, dass es wenig Sinn machen würde, denn wenn sie vor Janet stand, war es bestimmt nicht so leicht, ihr alles zu erklären. Auf ihrem Weg zur Krankenstation begegneten ihr zwei Offiziere, und beide teilten Sam ihr Beileid mit. Sie nickte bloß und versuchte, sich zusammenzureißen.
Vor der Krankenstation angekommen, machte sie kurz halt, holte tief Luft und trat ein. Janet war überrascht.
"Sam. Ich dachte, Sie hätten sich zwei Wochen Urlaub genommen."
Carter nickte. "Ich... muss mit Ihnen reden."
Janet nickte ebenfalls. "Vielleicht sollten wir in mein Büro..."
"Nein." Sam schüttelte den Kopf. "Ich glaube, ich sollte mich untersuchen lassen."
Dr. Fraiser zog ihre Augenbrauen nach oben. "Heben Sie irgendwelche Schmerzen?"
Sam setzte sich auf eine der Untersuchungsliegen und Janet zog eines der fahrbaren Untersuchungstischchen zu sich.
"Nein, ich glaube, irgendetwas in meinem Kopf spielt verrückt. Ich... habe Halluzinationen." Sie senkte den Kopf.
"Halluzi...?" Janet hielt in der Bewegung inne. "Sind Sie sicher? Ich meine, Schatten oder Lichtspiele können leicht aussehen, wie etwas Reales."
"Aber nicht wie Colonel O'Neill." Sam hob den Kopf und sah Janet direkt in die Augen. Ihr fiel auf, dass die Ärztin blass war und dunkle Ringer unter den Augen hatte.
"Oh. Ich... verstehe. Wie lange... und vor allem... wie?"
Carter seufzte. War der Boden schon immer grau meliert gewesen? "Gleich am ersten Tag. Ich dachte erst, dass ich träume. Und dann tauchte er... es noch zweimal auf. Und heute wieder." Sie machte eine Pause und presste die Lippen aufeinander, schluckte. "Ich glaube, mein Unterbewusstsein hat das erschaffen, damit..."
"Damit Sie über den Tod des Colonels hinweg kommen können, ja." Janet nickte. "Sam, so etwas ist ganz normal."
"Normal?" Sie zog ihre Stirn in Falten.
"Ja." Die Ärztin notierte sich etwas auf ihrem Klemmbrett. "Das nennt man posttraumale Synapsenstörung. Ihr Gehirn wurde mit dem Stress nicht fertig und versucht nun, auf die Ursache zu reagieren. Und die ist... Colonel O'Neills Selbstmord."
Selbstmord. Sam hatte das Wort in Zusammenhang mit Jacks Tod nicht mehr benutzt. Es ließ noch immer leichte Wut in ihr aufflammen. Sie schluckte sie runter.
"Und wie werde ich das wieder los?"
"Da gibt es verschiedene Methoden, die jedoch alle noch recht unerforscht sind. Die geläufigste ist die Konfrontation."
"Ich soll mit ihm kämpfen?"
"Nein, natürlich nicht." Janet musste leicht schmunzeln. "Sie sollen sich mit ihm auseinandersetzen. Streiten Sie mit ihm, wenn er wieder auftaucht. Schimpfen Sie, sagen Sie alles, was Ihnen gerade einfällt, fragen Sie. Nur so können Sie Ordnung in Ihr Unterbewusstsein bringen."
Sam blickte sie immer noch zweifelnd an.
"Und vor allem: Lassen Sie ihn los."
Sam runzelte die Stirn. Wie meinte Janet das? Als hätte die Ärztin ihre Gedanken gelesen, meinte sie: "Es wird erst verschwinden, wenn Sie den Tod des Colonels verarbeiten. Sie müssen trauern, Sam."
Trauern. Das klang so schrecklich psychologisch. So weich. Und schwach. Sie wollte nicht schwach sein, hatte sich nach dem Tod ihrer Mutter geschworen, nie wieder schwach zu sein. Und trotzdem nickte sie.
"Können Sie mir vielleicht ein leichtes Schlafmittel verschreiben?"
"Natürlich." Sie ging zu einem Schreibtisch und suchte nach einem passenden Medikament. Sie drückte es Sam in die Hand. Diese bedankte sich nickend und wollte gerade gehen, als Janet sie noch kurz zurück hielt.
"Und Sam... Wenn es in einem Monat noch nicht weg ist, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen." Sie sah Sam eindringlich an.
"Mach ich, keine Sorgen."


***


"Also schön."
Sam seufzte.
Jack - oder besser gesagt, die Halluzination von ihm - stand grinsend an eine Wand gelehnt und sah ihr zu, wie sie eine Tasse Tee trank, um sich zu beruhigen.
"Wieso lässt du mich nicht einfach in Ruhe?"
"Das weißt du ganz genau."
"Ach, tue ich?" Provozieren. Ob das ein guter Weg war? Meinte Janet das mit Konfrontation? Einen Versuch war es wert.
"Du willst es nicht, so einfach."
"Oh, da irrst du dich. Ich möchte jetzt gerne meinen Tee trinken, es mir gemütlich machen und sonst nichts. Und das Ganze möglichst alleine!" Sie war lauter geworden, als sie beabsichtigt hatte.
Gespannt wartete Sam auf die Antwort, die er ihr sicher gleich entgegenschmettern würde, doch es kam nichts. Sie wurden von der Klingel unterbrochen. Jack löste sich in Sekundenbruchteilen auf.
"Na toll", murmelte Sam, schlurfte zur Tür und öffnete sie.
"Daniel."
"Sam."
"Hat Dr. Fraiser Sie geschickt?"
"N... Nein, eigentlich nicht. Ich wollte nur mal sehen, wie es Ihnen geht. Mit wem haben Sie gerade geredet?"
Sam rollte mit den Augen. "Mit niemandem."
"Oh."
"Kommen Sie doch rein. Einen Kamillentee wollen Sie sicher nicht."
"Nein, nicht wirklich."
Daniel sah sich in der Wohnung um, als glaubte er tatsächlich, Sam habe Besuch. Sam musste leise lächeln.
"Dann haben Sie also Selbstgespräche geführt?" Daniel ließ sich in einen der Sessel sinken.
Sam nickte zögernd.
"Das kam mir bei in den letzten Tagen auch oft vor. Manchmal rede ich mit einer Zimmerpflanze oder meinen Skulpturen, nur, um von der Stille nicht erdrückt zu werden." Er blickte zu Boden. Sam stieg die Röte ins Gesicht. Gott, wie hatte sie nur so unsensibel sein können - nicht nur sie hatte unter dem Verlust des Colonels zu leiden. Daniel und er waren immerhin gute Freunde gewesen. Sehr gute Freunde.
"Es tut mir Leid, Daniel."
"Mmh?" Er sah zu ihr auf.
"Wie... wie geht es Ihnen?"
Daniel nickte leicht. "Es geht mir... ich weiß nicht. Ich fühle mich nicht depressiv oder hilflos, wie nach Sha'res Tod. Ich bin irgendwie... wütend. Und taub."
"Taub?", wiederholte Sam fragend.
"Ja. So, als würde ich nicht mehr dazugehören. Zu dieser Welt, meine ich, in dieses Leben. Es ist, als würde ich uns alle von außen betrachten, mit einer Gleichgültigkeit, die mir Angst macht."
"Ich weiß, was Sie meinen", flüsterte Sam. "So ging es mir nach dem Tod meiner Mutter."
"Und wie geht es Ihnen jetzt?", wollte Daniel wissen. Sam zuckte mit den Schultern.
"Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Ich war heute bei Janet, und sie hat mir ein paar nützliche... Hinweise gegeben."
Wieder nickte Daniel nur. "Ich war auch schon bei ihr. Ich bewundere sie."
"Janet?"
"Ja. Sie ist so unglaublich stark. Immerhin hat sie auch drei Jahre lang mit Jack zusammengearbeitet."
"Ich frage mich auch, wie sie das schafft. Vielleicht hat sie als Ärztin mehr Erfahrung damit." Sie seufzte und rieb sich die Augen. "Daniel, es tut mir wirklich Leid, aber ich bin schrecklich müde. Vielleicht..."
"Oh. Schon klar." Daniel sprang auf. "Ich... ich habe mir auch Urlaub genommen. Sie finden mich in der Basis im Archiv. Ich dachte, ich könnte mich mal um ein paar alte Reliquien kümmern. Nur falls..."
"Falls ich mal reden möchte. Danke, Daniel." Sam lächelte und brachte ihn zur Tür. Vielleicht würde sie ihn wirklich mal besuchen kommen. Er war immerhin ein guter Freund. Und er war zu ihr gegangen, um nach ihr zu sehen. Sie war es ihm schuldig.


***


Die Tage vergingen, langsam, schleppend, als würde jemand mit aller Macht versuchen, sie festzuhalten. Sam schleppte sich mit ihnen vorwärts, Stück für Stück. Nachts lag sie oft wach, den Kopf völlig leer oder voll wirrer Gedanken, die sich nicht ordnen ließen. In solchen Nächten saß Jack an ihrem Bett und sie ließ sich von ihm trösten. Immer wieder fielen ihr Janets Worte ein, doch sie brachte nicht die Kraft auf, mit ihm zu streiten. Es tat zu gut, seine Nähe zu spüren, auch wenn sie nicht echt war. Sie wollte nicht auch noch dieses winzige Bisschen verlieren, dass ihr von ihm geblieben war. Es war ein Teufelskreislauf, und Sam wusste, dass sie ihm gar nicht entfliehen wollte.
Als die zwei Wochen vergangen waren, verlängerte sie ihren Urlaub auf unbestimmte Zeit. Tagsüber lenkte sie sich ab, spielte Gitarre, las oder sah sich Filme an, ab und zu bearbeitet sie alte Akten, ging ein paar Formeln durch und ließ die Ergebnisse regelmäßig von einem Boten abholen. Doch der Schlafmangel und ihr schwindender Appetit zehrten an ihren Kräften. Ihre Konzentration ließ nach. Und dann kam der Tag, an dem sie eine Entscheidung traf. So konnte es nicht weitergehen.
Sie hatte sich nur ein Glas Wasser holen wollen, und musste sich, um an das Glas zu kommen, auf die Zehenspitzen stellen. Dabei war ihr plötzlich schwindelig geworden und sie musste sich an der Tischkante festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das Glas fiel zu Boden und zersprang in tausend Teile. Da begriff sie, dass jeder Versuch, sich weiter zurückzuziehen, sie nur tiefer in Depressionen drängte.
Wenn sie aus dem Strudel der Verzweiflung und Orientierungslosigkeit herausfinden wollte, dann musste sie etwas tun. Diese Einbildung war zu real geworden. Inzwischen vergaß sie sogar ab und zu, dass es nicht er war. Das musste sich ändern.
Sam schnappte sich ihre Jacke und verließ das Haus. Sie suchte sich ein gut besuchtes Café und wählte einen Platz in der Sonne. Es war Spätsommer, fast schon Herbst. Sam schloss die Augen und versuchte, sich auf die Gerüche in der Luft zu konzentrieren. Es roch nach Kaffe und Gras. Der Wind strich sanft durch die Bäume und einige Vögel in dem Park tanzen in ihm. Sam sog tief die Luft ein und mit ihr das Leben. Als sie die Augen öffnete, fühlte sie sich besser. Sie hatte den ersten Schritt getan. Sie war wieder unter Menschen. Menschen, die echt waren.
Ihr zweiter Schritt würde es sein, ihren Dienst wieder anzutreten. Und dann würde sie sich von Dr. Fraiser die Nummer einer Psychologin geben lassen. Sam wusste, dass sie alleine nicht damit fertig werden konnte. Sie brauchte Hilfe. Bei dieser Störung in ihren Gehirn handelte es sich nicht um eine vorübergehende Phase. Sie brauchte jemanden, der sich damit auskannte und wusste, was dagegen zu tun war.
Dieser Jack... Das war nicht der Jack, den sie gekannt hatte. Das war etwas, das ihr Unterbewusstsein erschaffen hatte - und es sah zwar aus wie Colonel O'Neill, aber... es redete zuviel. Jetzt, wo sie hier draußen war, sah sie das Ganze aus einer anderen Perspektive. Wieso war ihr das während ihren Gesprächen nicht schon eher aufgefallen? Er sagte stets, was sie hören wollte, tauchte genau dann auf, wenn sie ihn brauchte und er verstand sie. Sogar ihre physikalischen Ausführungen. So war Jack nie gewesen.
Sam zahlte und machte sich sofort auf den Weg in die Basis. Sie führte ein langes Gespräch mit General Hammond und bat darum, wieder arbeiten zu dürfen. Sie wollte noch nicht gleich wieder schwere Aufträge erfüllen, aber sie wollte zurück in den aktiven Dienst.
Noch am selben Tag ließ sie sich eine Termin bei einer gewissen Dr. Gray geben, deren Nummer sie von Janet erhalten hatte. Als sie Abends ins Bett ging, konnte sie das erste Mal seit langem wieder sofort einschlafen. Und Jack war nicht da. Ein flaues Gefühl beschlich Sam, aber sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie musste es einfach schaffen.


***


"Versuchen Sie, sich zu entspannen." Die Stimme der jungen Frau war angenehm warm.
Sam nickte, die Augen geschlossen. Sie saß in einem bequemen Behandlungssessel und wartete darauf, dass Dr. Gray etwas sagte. Die Ärztin war erstaunlich jung, doch sie machte einen ruhigen, sympathischen Eindruck, und das allein schon gab Sam das Gefühl, hier richtig zu sein.
"Wann haben die Bilder in ihrem Kopf angefangen?"
Sam atmete tief durch. Auf diese Frage hatte sie sich vorbereitet.
"Vor sechs Wochen beging mein Vorgesetzter Selbstmord. Noch am selben Abend, als ich es erfuhr, habe ich das erste Mal seine Gestalt gesehen. Richtig gesehen, meine ich. Als wäre sie echt."
Ein leises Kratzen gab Sam zu verstehen, dass sich Dr. Gray etwas notierte.
"Gab es besondere Situationen, in denen er auftauchte, oder kam das eher zufällig?"
"Nein. Ich denke, er... Sie nannten es 'er'?" Sam stutzte und musste sich daran erinnern, die Augen geschlossen zu halten. Es war schwer, ein Gespräch ohne Augenkontakt zu führen.
"Ja. Es handelt sich hier nicht einfach um eine Halluzination. Sie haben sich eine bestimmte Person, die eigenständig handelte, eingebildet. Die Ursache für diese vorübergehende Störung in ihren Nervenbahnen muss bei dieser Person liegen. Ich ziehe es aus psychologischen Gründen vor, sie auch als solche zu bezeichnen."
Sam nickte.
"Jedenfalls glaube ich, dass... er dann auftauchte, wenn ich mich besonders... mh... schlecht fühlte."
"Wenn Sie besonders einsam waren?"
"Ja."
"Hatten Sie eine besondere Beziehung zu Ihrem Vorgesetzten?"
Stille.
Sam leckte sich über die Lippen, weil sie sich plötzlich ungewöhnlich trocken anfühlten.
"Keine Sorge, nichts, was Sie sagen, wird diesen Raum verlassen, Samantha."
Es war seltsam, so angesprochen zu werden. Doch das gehörte zur Therapie.
"Ich würde es nicht direkt so bezeichnen. Wir haben drei Jahre zusammen gearbeitet. Dabei hat unser Team - wir bestehen... bestanden aus vier Leuten - einiges erlebt. Das hinterlässt seine Spuren."
"Ich verstehe."
Wie hatte sie das jetzt gemeint? Sam merkte, wie sie sich anspannte. Es war nicht leicht, mit jemandem über seine Probleme zu reden, der einem völlig fremd war.
"Ich denke, das ist genug für heute."
Sam öffnete die Augen und setzte sich auf. "Mehr wollen Sie nicht wissen?"
"Nicht heute." Die junge Frau lächelte warmherzig und reichte Sam einen Zettel. "Das ist ein Mittel, das einen entspannenden Einfluss auf die neuralen Nervenbahnen hat. Ich möchte, dass Sie jeden Abend direkt vor dem Schlafengehen eine Tablette davon nehmen. Allerdings sollten Sie auf jegliche Art Schlafmittel verzichten, das würde sonst die Wirkung des Medikamentes hemmen. Wir sehen uns dann übermorgen wieder."
Sam nickte, noch etwas benommen. "Auf Wiedersehen."


***


Als Sam am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich das erste Mal wieder lebendig. Sie war nicht schwach, übermüdet und leblos, auch die Morgendepression schien sie heute zu verschonen. Ihr Blick fiel auf das Foto, welches sie aus O'Neills Haus mitgenommen und in einem Bilderrahmen auf ihren Nachttisch platziert hatte. Mit der Rückseite nach oben, sodass sie die vier Zeilen lesen konnte, die er mit der Hand notiert hatte.
Erneut begann sie, zu grübeln. Es ergab noch immer keinen Sinn für sie, dass Jack ihr diese Worte bereits mitgeteilt hatte, bevor sie mit Daniel und Teal'c auf diesen Planeten gereist war. Und plötzlich fiel ihr etwas anderes wieder ein.
Und egal, was Sie erfahren, wenn Sie wieder hier sind, ich bin bei Ihnen, okay?
Damals hatte sie nicht gewusst, worauf er anspielen könnte, hatte gedacht, es wäre eine Folge seines Anfalls. Doch jetzt machte sich ein flaues, seltsames Gefühl in ihr breit. Irgendetwas stimmte hier nicht. Der Gedanke, der gleich nach der Nachricht über Jacks Selbstmord in ihrem Kopf dominiert hatte, wurde erneut laut.
Jack bringt sich nicht ohne Grund selbst um.
Nicht einfach so. Nicht, ohne dass etwas vorgefallen war. Es musste irgendetwas mit der geheimen Mission zu tun gehabt haben. Verdammt, was war passiert? Was hatte ihn so schlimm getroffen, dass er mit dem Gedanken daran nicht weiterleben wollte? Was hatte der General gesagt... Ein Lieutenant aus SG-12 hatte O'Neill gefunden. Sam beschloss, zu ihm zu fahren und mit ihm zu reden. Vielleicht war ihm etwas aufgefallen. Eine winzige Kleinigkeit, die ihr mehr verraten würde.


***


Das Klingeln des Telefons holte ihn unsanft aus seinen Überlegungen. Seufzend wischte er sich den Schweiß von der Stirn und griff danach. Sein erster Versuch, einen Laut von sich zu geben, scheiterte an seiner trockenen Kehle. Also nahm er einen Schluck des kostbaren Wassers aus dem Glas neben sich und atmete tief durch.
"O'Neill", meldete er sich schließlich.
"Johnson", erwiderte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Die Verbindung war schlecht, und das ständige Knacken zehrte an seinen sowieso schon überstrapazierten Nerven. Wieso hatte er sich darauf eingelassen?
"Johnson. Schön, von Ihnen zu hören. Was gibt's?"
Ein Räuspern drang zu ihm durch.
"Sir, nichts wirklich Wichtiges."
"Wenn es nicht wichtig wäre, dann hätten Sie mich nicht angerufen. Also, was ist?"
"Sir..." Stille. O'Neill atmete tief durch, um irgendwo in sich ein wenig Geduld zu finden.
"Major Carter war heute bei mir."
"Oh."
"Sir, Sie hat mich ausgefragt, über..."
"Darüber, wie Sie mich gefunden haben." Jack nickte. Er hatte gewusst, dass das passieren würde. Aber Johnson und er waren schon sehr lange befreundet und er war ein zuverlässiger, loyaler Soldat. Was also sollte so ungewöhnlich sein?
"Ich habe natürlich nur die Version wiederholt, die wir abgesprochen haben. Sir, darf ich offen sprechen?"
"Natürlich." Jack musste lächeln. Es war nicht einfach für ihn gewesen, als Jack damals schneller befördert worden war.
"Major Carter war in einem besorgniserregenden Zustand."
"Wie meinen Sie das?" Jack spannte sich an. Natürlich wusste er, dass es ihr momentan nicht gut gehen konnte, aber er hatte die letzten Wochen versucht, diesen Gedanken zu verdrängen und sich auf seine Mission zu konzentrieren. Jetzt machte sich das schlechte Gewissen erneut bemerkbar.
"Als Sie sich verabschiedete, fiel ihre Jacke herunter und einige Sachen lagen auf dem Boden verstreut. Ihr Schlüssel, der Peeper und so, Sie wissen schon. Mir ist dabei ein Zettel aufgefallen, eine Terminkarte. Ich dachte mir nichts weiter dabei, aber als ich den Namen darauf erkannte..."
"Johnson, was wollen Sie mir sagen?"
"Nun ja, es war eine Karte der Praxis von Evelin Gray."
"Und?"
"Jack, Evelin Gray ist eine anerkannte Psychologin für besonders schwere Fälle. Sie ist eine Bekannte von Doktor Fraiser und ich habe herausgefunden, dass Major Carter sich hat überweisen lassen."
Das war allerdings... hart.
"Eine Psychologin, sagten Sie?"
"Ja, Sir."
"Verdammt."
"Wie bitte?"
"Nichts, Johnson. Ich danke Ihnen, dass Sie mich darüber informiert haben. Bitte behalten Sie Carter und auch Doktor Jackson ein wenig im Auge. Ich werde morgen weiter nach Süden müssen und dort das Telefon aus Sicherheitsgründen nicht benutzen können."
"Ja, Sir. Viel Glück."
"Danke."
"Sir..."
"Was gibt es noch?"
"Ich weiß, Sie dürften eigentlich nicht darüber reden, aber... Kriegen Sie die dran?"
"Sie haben Recht Johnson, ich darf nicht darüber reden. Ich habe Ihnen schon viel mehr erzählt, als man mir gestattet hatte."
Johnson seufzte verstehend.
"Aber Johnson..." Jack grinste müde.
"Sir?"
"Wissen Sie, es gibt da so eine Mission, eine ganz unwichtige, vielleicht haben Sie davon gehört..."
"Sie meinen einen hypothetischen Fall?"
"Meinetwegen."
"Sicher hab' ich davon gehört." Auch aus Johnsons Stimme war ein Grinsen zu hören.
"Na ja... Und der kommandierende Offizier scheint ziemlich zuversichtlich zu sein. Es ist alles nur eine Frage der Zeit."
"Ich denke, dass würde die Freunde dieses Offiziers freuen. Allerdings frage ich mich auch, wie lange das eigentliche Team dieses Offiziers das noch durchhält."
"Vorsicht, Johnson, wir bewegen uns hier auf dünnem Eis."
"Ich weiß, Jack. Sieh zu, dass du da heil raus kommst. Und das sage ich als dein Freund."
"Danke." Jack nickte, obwohl er wusste, dass sein Gesprächspartner es nicht sehen konnte.
"Bis dann."
"Ja. Bis dann." Jack unterbrach die Verbindung und ließ den Hörer sinken. Ein tiefes Seufzen entwich ihm und füllte den Raum für einen kurzen Augenblick mit Jacks Resignation. Die letzten Wochen waren furchtbar gewesen. Wieso war es damals schiefgelaufen? Sicher, einer dieser kleinen schmierigen Typen von der anderen Seite hatte sie verraten. Aber er hätte einfach nicht angeschossen werden dürfen. Die Mission war gescheitert, die ganze Arbeit war umsonst gewesen. Und jetzt hatte er von vorne anfangen müssen. Zuerst dachte er, es würde ihm leicht fallen, seinen Selbstmord vorzutäuschen, denn er wäre ja nach zwei, höchstens drei Wochen wieder da. Doch jetzt waren bereist zwei Monate vergangen und er war der Organisation immer noch nicht näher gekommen.
In letzter Zeit schlich sich immer wieder dieser eine Gedanke in seinen Kopf: Aufgeben. Einfach alles hinschmeißen und zurückkehren. Dieses Versteckspiel war einfach unerträglich. Niemand in der Basis wusste davon, dass er noch lebte. Nicht einmal General Hammond. Was, wenn seine Kollegen und Freunde ihn vergaßen? In ihren Augen war er für immer aus ihrem Leben verschwunden - und es musste irgendwie weitergehen. Vielleicht hatte SG 1 längst einen neuen Colonel zugeteilt bekommen und der Alltag ging weiter. Ohne ihn.
Jack rieb sich die Augen und schüttelte energisch den Kopf. Er durfte so nicht denken. Er musste sich auf sein Ziel konzentrieren. Und vor allem darauf, warum er das hier tat.
Bilder formten sich in seinem Kopf. Erinnerungen drängten nach vorne. Er war damals noch Second Lieutenant gewesen und diente in einer Spezialeinheit unter einem Captain, dem er seine letzte Beförderung zu verdanken hatte. Johnson, damals noch First Lieutenant, war ebenfalls in dem Team gewesen.
Sie waren seit Monaten hinter einer Organisation her, die im Untergrund mit Waffen handelte und einem anonymen Hinweis nach einen terroristischen Angriff plante. Doch sie hatten es nie geschafft, sie auffliegen zu lassen. Am Tag des entscheidenden Einsatzes war Jacks Team in einen Hinterhalt geraten und eine Kettenreaktion wurde ausgelöst. Viele Soldaten starben, unter ihnen auch der Captain. An dem Tag hatten Johnson und O'Neill sich geschworen, dass sie ihn eines Tages rächen würden, dass sie es schaffen könnten, dem ein Ende zu setzen.
Und jetzt war es also so weit. Jack seufzte erneut. Es war viel Zeit vergangen. Die Organisation war gewachsen. Sie waren professioneller geworden. Gott, er musste es einfach schaffen.


***


Sam hatte bereits ihre achte Sitzung bei Dr. Gray.
War sie anfangs noch verspannt und nervös gewesen, wenn sie das Behandlungszimmer betreten hatte, so breitete sich jetzt jedes Mal ein Gefühl der Erleichterung in ihr aus. Die Halluzinationen waren noch nicht weg, und Sam hatte begriffen, dass sie Geduld brauchte, aber sie kamen nur noch in ganz bestimmten Momenten. Nachts, wenn sie mit einem schmerzenden Gefühl der Einsamkeit aufwachte, stand er plötzlich in ihrem Zimmer. Tagsüber war er schon seit drei Wochen nicht mehr da gewesen.
Bei ihrer dritten oder vierten Sitzung hatte Sam erwähnt, dass sie manchmal Gitarre spielen würde, um sich abzulenken. Dr. Gray hatte das sehr befürwortet und riet ihr, sich ein Publikum zu suchen, um dem Stau an Gefühlen, den Sam beim Spielen verarbeitete, ein Ventil zu geben. Anfangs hatte sie darüber gelacht und den Kopf geschüttelt. Doch dann hatte sie ernsthaft darüber nachgedacht und in letzter Zeit war da immer wieder ein kleiner Funken in ihren Gedanken, der sie nicht mehr los ließ.
Und so kam es dazu, dass sie eines Abends in eine Bar ging und einer Band beim Spielen zuhörte, die ihr Bruder ihr empfohlen hatte. Warum sollte sie das nicht tatsächlich mal versuchen? Am fünften Abend passte Sam den Saxophonspieler auf dem Weg zu seinem Auto ab. Sie atmete kurz tief durch und sprach ihn dann an. Sie erwähnte, dass sie die Schwester eines guten Freundes sei und kam sofort mit Ben ins Gespräch.
Sie gingen zurück in die Bar und Ben lud sie zu einem Drink ein. Die halbe Nacht sprachen sie über Sams Bruder, Bens Familie und die Band und Ben meinte schließlich, dass seine Jungs sicher nichts gegen weibliche Verstärkung hätten. Einen Versuch sei es Wert. Als Sam früh halb sechs ins Bett kam, ließ sie das Gespräch Revue passieren und konnte es immer noch nicht glauben. Das war irgendwie zu einfach gewesen. Schulterzuckend schaltete sie das Licht aus, beschloss noch, am nächsten Tag mit Evelin darüber zu reden und schlief schließlich ein. In dieser Nacht tauchte Jack das erste Mal weder in ihren Träumen noch in ihrer Vorstellung auf.


***


"Daniel, einen unbewohnten Planeten habe ich mir irgendwie anders vorgestellt."
"Sie meinen... unbewohnter?" Der Archäologe lächelte gequält und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sam seufzte und schob die dichten Zweige des Gebüsches, hinter dem sie sich versteckt hatten, etwas auseinander, um das Geschehen besser verfolgen zu können. SG 3 hatte ihnen versichert, dass es kein Leben auf P9X-442 geben würde. Und jetzt entpuppte sich dieses Nichts als eine Reihe von Jaffa, deren Systemlord allem Anschein nach ebenso viel Interesse an der Naquadamine hatte, wie das Stargatecenter. Und das ausgerechnet auf ihrem ersten Außeneinsatz, seit ihrer Rückkehr in den aktiven Dienst und ihrer Ernennung zur vorübergehenden Kommandantin von SG-1.
"Und was schlagen Sie jetzt vor?" Daniels Stimme klang besorgt.
"Wir müssen zurück zum Gate und die Lage mit General Hammond besprechen. Teal'c, du gehst als erster, nach dir Daniel und ich gebe euch Rückendeckung." Ihr Flüstern war leise, aber bestimmt. Daniel nickte und machte sich nach Teal'c geduckt auf den Weg, bis er den schmalen Trampelpfad erreichte, den sie gekommen waren. Plötzlich hörte er ein lautes, hohes Zischen und neben ihm explodierte ein Baumstamm. Es dauerte eine Sekunde, ehe Daniel registrierte hatte, dass sie angegriffen wurden. Doch bevor die nächste Salve ihn treffen konnte, hatte Teal'c ihn in Deckung hinter eine kleinere Felsgruppe gezogen.
Sam folgte ihnen nur den Bruchteil einer Sekunde später.
Was sollten sie jetzt tun? Sam wusste, dass sie schnellstens eine Entscheidung treffen musste, denn die Jaffa würden sie in kurzer Zeit erreicht haben. Sollten sie hier bleiben und sie überraschen? Sollten sie zum Gate rennen? Welche der beiden Möglichkeiten war mit weniger Risiken verbunden? Sams Gehirn arbeitete auf Hochtouren und sie presste krampfhaft die Lippen aufeinander. Verdammt, was hätte Colonel O'Neill getan?
"Hey."
Sam blickte erschrocken auf. Da stand er, vor ihr, und grinste sie an, als wäre das alles nur ein böser Traum. Sam war nicht fähig, zu antworten oder sich aus ihrer Starre zu lösen.
"Was tust du hier, Sam?"
Wie meinte er das?
"Das ist nicht richtig. Du solltest nicht hier sein. Du solltest nicht da sein, wo du jetzt bist. Denk an dein Team."
Ihr Team... Verdammt.
"Verschwinde!" Ihre Stimme war lauter als beabsichtigt, doch sie bewirkte tatsächlich, dass die Einbildung sich auflöste. Sam atmete zweimal tief durch.
"Daniel, versuch, zum Tor zu gelangen. Teal'c und ich geben dir Deckung. Beeil dich."
Daniel nickte und hastete los, Carter und Teal'c im Rücken, die unentwegt feuerten. Gerade, als er die Lichtung erreichte, auf der das Tor stand, hatten die Jaffa sie erreicht und schleuderten die Salven ihrer Stabwaffen nach ihnen. Daniel schaffte es, an das DHD zu kommen und die Erde anzuwählen. Die anderen beiden Teammitglieder tauchten jetzt ebenfalls aus dem Wald auf und Sam schrie: "Lauf, Daniel!"
Daniel stolperte zum Gate, als er ein viel zu lautes Zischen hörte und ihn ein harter, heißer Schlag an der Schulter regelrecht durch das Tor schleuderte. Der Strudel riss ihn mit sich und in dem Moment, als er auf der anderen Seite ankam, schrie er vor Schmerzen auf. Die Welt um ihn herum wurde schwarz. Er bekam nicht mehr mit, wie Sam mit Teal'c hinter ihm durch das Tor kam und den Befehl zum schließen der Iris gab. Auch das Sanitätsteam, das ihn auf eine Trage hob und hektisch auf die Krankenstation brachte, nahm er nicht wahr.
"Sam, was ist passiert?" Janet hielt die Infusion hoch, an die sie Daniel angeschlossen hatte und prüfte im Laufen seinen Puls.
"Wir wurden von einigen Jaffa überrascht und Daniel wurde angeschossen, kurz bevor er den Ereignishorizont erreichte." Ihr Mund fühlte sich schrecklich trocken an und ihre Stimme war ein einziges heiseres Krächzen. Es war ihre Schuld. Sie hatte zu lange gezögert. Sie hatte durch ihre Halluzination das ganze Team gefährdet. Gott, was, wenn Daniel... Nein. Sie musste jetzt Ruhe bewahren.
"Janet, wie schlimm ist es?"
Die Ärztin schloss Daniel an einen Herzfrequenzmesser und ein Beatmungsgerät an. Sorgfältig entfernte sie den Stoff rund um die Einschussstelle und prüfte die Schusswunde. Dann seufzte sie tief und schüttelte erleichtern den Kopf.
"Die Wunde ist nicht sehr tief. Er hat Glück gehabt. Wir müssen die Stelle reinigen und desinfizieren, damit sich keine Infektion bildet."
Jetzt war es Sam, die erleichtern die Luft ausstieß. Völlig benommen verließ sie die Krankenstation, um sich bei General Hammond zu melden. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Daniel war noch einmal mit einer harmlosen Schusswunde davongekommen. Dieses Mal.
"General?" Sam klopfte an den Türrahmen.
"Treten Sie ein, Major Carter."
Sam setzte sich.
"Was ist da draußen passiert?"
"Sir, wird wurden von Goa'uld angegriffen. Daniel wurde angeschossen. Teal'c und ich sind unverletzt. Und bitte, Sir...", setzte Sam an, als Hammond eine Frage stellen wollte. Er nickte nur.
"Lassen Sie mich etwas erklären. Sicherlich hat Doktor Fraiser Sie darüber informiert, dass ich..."
"Dass Sie bei Dr. Gray in Behandlung sind, ja", unterbrach der General sie. "Und aus diesem Grund hatte ich Ihnen auch erst einmal Missionen mit geringerer Priorität und geringerem Risiko zugeteilt. Ich möchte, dass Sie eines wissen, Major. Ich denke nicht, dass das, was da draußen passiert ist, daran liegt, dass das Team von einem Major angeführt wurde."
"Danke Sir, aber mit allem Respekt, Sir, ich muss Ihnen widersprechen. Es war meine Schuld."
"Wie darf ich das verstehen?" Hammond verschränkte seine Arme und sah sie fragend an.
"Sir, mir ist auf P9X-442 etwas passiert, das mit dem Grund der Behandlung bei Dr. Gray zu tun hat. Eine Art... Anfall. Ich hatte nicht erwartet, dass mir das in Gegenwart anderer passieren könnte, weil dies bisher nie der Fall war. Aber Sir, solange ich nicht wieder völlig gesund bin, stelle ich für das Team ein Risiko dar. Wie sicher eine Mission auch immer aussehen mag, Dinge wie heute können auf jedem Planeten geschehen."
"Worauf wollen Sie hinaus, Major?"
"Sir, ich möchte erneut vom aktiven Dienst zurücktreten. Vorläufig auf unbestimmte Zeit. Ich weiß nicht, wie lange ich brauche, um diese Sache in den Griff zu bekommen, aber ich bin ein Major der Air Force und ich würde nicht als solcher handeln, wenn ich weiterhin andere Menschen in Gefahr bringe."
"Major, das ist..." Stille. Hammond räusperte sich und sah Sam eine Weile mit einem undefinierbaren Blick an. Dann nickte er und erhob sich. "Ich denke, Sie haben Recht. Ich werde Sie vorläufig aus dem aktiven Dienst zurückziehen. Sie können in dieser Zeit auf der Basis arbeiten. SG-1 wird für drei Wochen beurlaubt, ich werde in dieser Zeit nach zwei neuen Mitgliedern suchen."
"Danke, Sir."
Hammond nickte. "Wegtreten."


Ende Teil 3
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