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A Place Nearby von ZoeP

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Vorwort

Pairing: Sam/Jack
Staffel: in Staffel 3, spielt noch vor "O’Neill und Laira"/"A hundred days"
Disclaimer: Die Charaktere von Stargate gehören… okay, Sam und Jack gehören zusammen! Mir gehört jedenfalls nur die Story, alle Personen, Planeten und Techniken gehören MGM und den restlichen Drehbuchautoren, Machern etc.
Kapitel Bemerkung: Anmerkung: Ein Dankeschön an alle, die Stargate ebenso lieben wie ich, und die diese Air Force Regeln ebenso hassen ;-) Ich muss an dieser Stelle mal etwas zu meiner Art des Schreibens sagen: Mein Ziel ist es oft, nur die Fantasie des Lesers anzuregen, ihn zum Nachdenken zu bringen. Oft ist ein Ende offen gelassen, weil sich so jeder selbst denken kann, wie es ausgeht – eben so, wie er es gerne hätte. Diesmal schreibe ich eine komplette Story, damit sich auch meine harten Kritiker zufrieden geben... Feedback ist erwünscht ;) Der Song „A place nearby“ gehört Lene Marlin. Er hat mich zu dieser Story inspiriert, aber keine Sorge, dies ist keine Song-Fanfiction.
A Place Nearby - Teil 1


"Major Carter? Bitte sofort in mein Büro kommen."
Die Stimme hallte knisternd durch das Stargatecenter. Die blonde Frau, die gerade über einigen wüst ausgebreiteten Blättern mit Formeln brütete, hob den Kopf. Seufzend und nur widerwillig ließ sie von ihrer Arbeit ab und machte sich auf den Weg zu General Hammond, der sie soeben zu sich beordert hatte. Weshalb wollte er sie sprechen? Und wieso nur sie? SG1 konnte zur Zeit so oder so keine Mission antreten, da der Colonel noch nicht zurück war – und ob Hammond sie ohne Jack O’Neill losschicken würde? Wohl kaum...
Sam trat vor die Tür von Hammonds Büro und klopfte kurz an. Auf das "Herein!" des Generals trat sie ein.
"Sie wollten mich sprechen, Sir?" Carter sah ihn fragend an.
"Ich will gleich zur Sache kommen, Major. Colonel O’Neill ist vor wenigen Minuten... ähm – zurückgekehrt." Er sah ihr nicht direkt in die Augen und fühlte sich sichtlich unwohl. Sam verstand nicht, weshalb er sich so seltsam verhielt. Sie verlagerte ihr Gewicht auf die andere Seite. Etwas verwirrt fragte sie den General: "Verzeihung Sir, aber... deshalb lassen Sie mich zu sich kommen?"
"Nun, genauer gesagt wurde er eingeliefert." Erst jetzt sah er sie an, und Sam erkannte das Unbehagen in seinen Augen. Eingeliefert? Das klang nicht besonders positiv... "Er ist auf der Krankenstation und Dr. Fraiser hat angeordnet, dass er absolute Ruhe braucht – aber Sie kennen ja Jack."
Sam wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, also räusperte sie sich nur. Ihr Vorgesetzter schien jedoch keine Antwort zu erwarten, denn er äußerte gleich sein Anliegen.
"Er hat nach Ihnen verlangt."
Sam sah mit hochgezogenen Augenbrauen auf. Was sollte sie sagen? Sie beschloss, abzuwarten.
"Bitte verlieren Sie ihren Teamkollegen gegenüber kein Wort darüber. Dr. Fraiser ist der Meinung, solange niemand etwas von seinem… Zustand erfährt, gibt es keine unnötige Unruhe. Und die könne er im Moment absolut nicht gebrauchen. Ich denke jedoch, dass Sie mit der notwendigen Professionalität handeln und nichts tun werden, was den Colonel gefährdet." Der General bedeutete der verdutzten Major Carter, wegzutreten. Anscheinend hatte er momentan einige Probleme mit höherer Priorität zu lösen. Sie entgegnete ihm ein "Ja, Sir." und verließ den Raum. Auf dem Gang musste sie erst einmal tief Luft holen. Es musste dem Colonel wirklich ziemlich schlecht gehen, wenn Janet solch harte Maßnahmen anordnete. Und er hatte nach ihr verlangt? Nach IHR? Kopfschüttelnd machte sich Carter auf den Weg zur Krankenstation. Sorge und Nervosität breitete sich in ihr aus, als sie Janet antraf und diese sie mit einem seltsamen Blick bedachte.
"Was ist los, Janet?", begrüßte Sam ihre Freundin und Kollegin.
"Sam, gut, dass Sie kommen." Die junge Brünette führte sie wieder aus der Krankenstation heraus.
"Wohin gehen wir?", wollte Sam wissen. Als Janet nicht antwortete, hakte sie weiter nach. "Und könnte mir vielleicht mal einer sagen, was mit dem Colonel ist?"
"Nun ja... Sie wissen von der Mission, auf der er sich befand?", erkundigte sie Fraiser.
Sam nickte. "Es war irgendeine geheime Regierungssache, bei der er unbedingt dabei sein wollte. Deshalb hat man ihn vorrübergehend vom Dienst bei SG1 freigestellt. Aber er sollte eigentlich erst in drei Tagen zurückkehren." Die zwei betraten den Fahrstuhl und Janet wählte sie einige Etagen weiter in Richtung Erdoberfläche, auf Ebene 17. Sam war hier nur sehr selten.
"Es ist wohl einiges schiefgelaufen..." Janet seufzte leise. Als sie angehalten hatten und auf den Gang hinaus traten, sprach sie weiter. "Der Colonel wurde mit einer Schusswunde an der linken Schulter, schweren Rippenprellungen und unzähligen blauen Flecken, die jedoch das kleinere Übel darstellten, eingeliefert. Viel mehr Sorgen als das macht mir seine Lungeninfektion. Sie scheint ab und zu schwächer zu werden, doch dann bricht sie plötzlich wieder aus. Jede kleine Aufregung kann der Auslöser für eine Art Anfall sein, bei dem seine Vitalfunktionen unerwartet aussetzen. Deshalb wurde er auch von allen anderen isoliert. Ich möchte nicht riskieren, dass er sich unnötig aufregt – und wir beide wissen, wie schnell das gehen kann – und sich so in Lebensgefahr bringt." Wieder atmete Janet seufzend aus. Sam sah sie geschockt an. Ging es ihm wirklich so schlecht?
Inzwischen schienen sie dort angekommen zu sein, wo Janet hinwollte, denn sie stoppte plötzlich vor einer Stahltür, von denen es hier im Stargatecenter unzählige gab.
"Sam." Sie sah ihr direkt in die Augen. "Ich weiß nicht, was auf seiner Mission vorgefallen ist – aber er scheint sich um irgendetwas sehr große Sorgen zu machen. Das trägt nicht gerade zu seiner Genesung bei. Er braucht etwas Ablenkung."
Sam senkte den Kopf. "Ich vermute, dass Sie nur deshalb zugestimmt haben, dass ich ihn besuchen darf?" Ein winziger Funken der Enttäuschung bahnte sich seinen Weg in ihr Bewusstsein, verschwand jedoch sofort wieder, als Sam sich ins Gedächtnis rief, dass Dr. Fraiser genauso ihre Befehle zu befolgen hatte, wie sie selbst.
"Nein." Janet lächelte. "Er hat seine Medikamente nicht mehr genommen und das Essen verweigert. Also musste ich klein bei geben." Sie hob entschuldigend die Schultern. Dann legte sie ihre Hand auf die Klinke und öffnete vorsichtig die Tür. Nach ihr betrat Sam leise den Raum. Er war nicht sehr groß und sie fühlte sich sofort, wie im Krankenhaus. Es roch nach Desinfektionsmittel und eine Maschine gab in Regelmäßigen Abständen Pieptöne von sich.
"Carter", ertönte eine ihr wohlbekannte Stimme. Sam lächelte.
"Hallo Colonel. Wie geht es Ihnen?"
"Ging mir noch nie besser!", meinte er und wandte sich an Janet. "Sie können mir das Essen jetzt bringen lassen." Er grinste und Janet schüttelte amüsiert den Kopf. Sie schloss leise die Tür hinter sich und ließ Carter mit O’Neill alleine.
"Schön, Sie wiederzuhaben, Sir", begann Carter das Gespräch. Sie setzte sich auf den Hocker vor seinem Bett.
"Jaaa...", meinte O’Neill gedehnt. "Ich dachte schon, ich würde hier oben versauern. Fraiser ist immer noch die Alte, wie ich bemerkt habe."
Sam grinste. Sie sah ihn einfach nur an. Trotz seines üblichen Sarkasmus erkannte sie, wie es ihm wirklich ging. Er wirkte schwach und ausgelaugt. Unter seinen Augen zeigten sich dunkle Ringe und seine Wangen waren matt und blass. Sein Körper schien irgendwie... leblos zu sein.
"Sir, darf ich Sie fragen, was passiert ist?"
"Fragen dürfen Sie gerne. Aber antworten darf ich Ihnen nicht." O’Neill sah sie bedrückt an und fügte hinzu: "Auch, wenn ich es gerne würde." Plötzlich begann der Colonel zu husten. Es war ein kehliges, tiefes Röcheln und Carter sprang erschrocken auf. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und stand einfach nur da. Gerade, als sie Janet holen wollte, beruhigte sich O’Neill wieder.
"Sir..." Carter sah ihn fragend an. Er winkte ab. "Passiert mir öfter. Ich hab’ irgendwelche Bakterien in der Lunge. Infektion eben." Er wollte gleichgültig mit den Schultern zucken, doch seine Schussverletzung machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Mit einem schmerzverzerrten Gesicht unterließ er den Versuch und wechselte das Thema.
"Ist irgendetwas vorgefallen, während ich weg war?"
"Nein, Sir." Carter schmunzelte. Er konnte es einfach nicht leiden, wenn er schwach war – und vor allem nicht, wenn andere es auch noch bemerkten oder es wagten, ihn zu bemitleiden. "Wir waren alle vom Dienst befreit."
"Also habe ich nichts verpasst?" Er sah fast enttäuscht aus. "Ich dachte, Sie hätten ein paar Storys auf Lager, um mich zu unterhalten. Nicht vielleicht das eine oder andere Mutterschiff in die Luft gejagt?"
Sam lachte. "Tut mir Leid, nein. Und ich denke nicht, dass Sie mit mir über die imaginäre Hologrammphysik reden wollen, mit der ich mich in der Zwischenzeit beschäftigt habe?"
"Wieso nicht?"
Als sie ihn daraufhin leicht erstaunt ansah, fügte er schnell hinzu: "Vielleicht nicht jetzt gleich..."
"Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?", erkundigte sich Carter. Irgendwie fühlte sie ein gewisses Unbehagen in sich aufsteigen.
"Höre ich da ein unterschwelliges ‚Kann ich wieder gehen?’ heraus, Major?" O’Neill zog seine Augenbrauen hoch.
"Nicht direkt", druckste Sam herum. "Aber ich habe da ein paar wichtige Blätter mit Formeln auf meinem Schreibtisch, und..." Doch weiter kam sie nicht, denn Jack nickte nur.
"Schon gut. Ich weiß, dass Sie die anderen nicht von mir Grüßen dürfen, also lasse ich das." Er schien kurz zu überlegen. "Es wäre schön, wenn Sie ab und zu mal vorbeikommen könnten, nur, damit ich weiß dass es da draußen noch anderes Leben außer mir gibt."
Sam lächelte verlegen. Dann stand sie auf und nickte ihm noch einmal zu. "Ich werde sehen, was sich machen lässt. Ach und...", fügte sie hinzu, während sie die Tür öffnete. "Danke, dass Sie mir – wenn auch auf eine recht seltsame Art – mitteilen lassen haben, dass Sie wieder hier sind."
"Habe ich das?" Er grinste.
Als sie das Zimmer verließ, stieß Sam beinahe mit Janet zusammen, die ein Tablett vor sich hertrug. Nachdem Sam aus ihrem Blickfeld verschwunden war, trat sie ein und schubste mit dem Fuß die Tür ran. Mit einem ermunternden Lächeln stellte das Essen neben O’Neill ab und schob ihm den Drehtisch vor die Nase.
"Wissen Sie was?", meinte er mit zusammengezogener Stirn. "Ich habe plötzlich doch keinen Hunger mehr."
Ohne Janets verblüfftes Gesicht abzuwarten zog er die Decke weiter hoch, verschränkte die Arme und drehte sich von ihr weg. Dr. Fraiser ahnte, weshalb ihr Patient sich so seltsam benahm, doch leider stand es nicht in ihrer Macht, irgend etwas dagegen zu tun.


***


"Ähm... Ich komme wohl lieber später wieder."
Daniels leise gemurmelte Worte holten sie aus einem flachen Schlaf. Verdammt, sie musste eingenickt sein. Sam hob benommen den Kopf und sah gerade noch Daniels Rücken.
"Nein, das..." Sie blinzelte ein paar Mal und ließ ihren Satz unvollendet, da der Archäologe sie sowieso nicht mehr hörte. Sam betrachtete die Papiere, auf denen sie gelegen hatte. Wahrscheinlich hatte der Schlaf sie einfach übermannt, als sie versuchte, einen Sinn in das Chaos zu bringen. Wie spät war es? Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie über drei Stunden geschlafen hatte. So würde sie das nie hinbekommen. Müde rieb sie sich die Augen und massierte mit zwei Fingern ihre Nasenwurzel. Plötzlich ertappte sie sich dabei, wie ihre Gedanken zum Colonel schweiften. Er würde jetzt sagen, es gäbe auch noch anderes, als Wurmlochphysik und Quantentheorie – zum Beispiel einen See in Minnesota wo die Barsche sooo groß werden. Sam schmunzelte unbewusst. Vielleicht hätte er sogar Recht und sie würde eine Pause machen. Aber im Moment war da kein Colonel O’Neill, der sie an ihre Gesundheit erinnerte. Damit hatte er zur Zeit selbst genug zutun. Ob es ihm schon besser ging? Eine Lungeninfektion war nicht unbedingt ungefährlich und konnte unerwartet wieder stärker werden. Sam stellte überrascht fest, dass sie sich mehr um ihren Vorgesetzten sorgte, als es normalerweise üblich wäre. Die aufkommenden Gedanken verdrängend stand sie auf, wobei ihr Drehstuhl schwungvoll zurückrollte, und machte sich auf den Weg zu Ebene 17.
Als sie vor O’Neills Zimmer stand und die Hand zum Klopfen anhob, wurde sie plötzlich unsicher. Es war mitten in der Nacht, sie konnte doch nicht einfach in das – wenn auch nur vorübergehende – Quartier ihres Vorgesetzten... Seufzend ließ Sam ihre Hand sinken und wollte sich auf den Rückweg machen, als sie plötzlich Stimmen aus dem Zimmer hörte.
"Wir müssen ihn ruhig stellen!" Das war Dr. Fraiser. Ohne groß zu überlegen trat Sam nun doch ein.
"Wenn er sich nicht beruhigt, hyperventiliert er!" Ein Assistent reichte ihr eine Injektionsnadel, mit der sie dem Colonel etwas verabreichte. Sam beobachtete die Szene, die irgendwie so unwirklich erschien.
"Janet?" Sie sah die Ärztin fragend an.
"Sam!" Sie unterbrach kurz ihre Arbeit und sah zu ihr auf. Dann ging sie um das Bett herum, auf dem ein unruhig zuckender O’Neill lag und stoßweise nach Luft rang. Mit einigen schnellen Handgriffen hatte sie ihn durch zwei Schläuche mit einem Beatmungsgerät verbunden und Carter konnte beobachten, wie er sich langsam beruhigte und seine Atmung gleichmäßiger wurde. Janet legte zwei Finger auf die Adern seines Handgelenkes und prüfte den Puls. Ein Nicken deutete Sam an, dass es Jack soweit gut ging.
Dr. Fraiser löste sich von ihrem Patienten und trat an Carter heran.
"Was machen Sie um diese Zeit hier?", erkundigte sie sich, sichtlich erschöpft.
"Ich dachte, nach der doch etwas barschen Abfuhr heute Nachmittag...", begann sie, unterbrach sich jedoch selbst, seufzte und schüttelte dann den Kopf. "Ist ja auch egal. Was war denn gerade eben los?"
Dr. Fraiser entging der ehrlich besorgte Ausdruck in Sams Blick nicht. Sie hob schwach ihre Schultern und sah dann zum Colonel hinüber. "Manchmal passiert es, dass eine Bronchie so stark gereizt ist, dass sie durch das Husten aufreißt und Blut in seine Lunge tritt. Die Luftröhre verengt sich dann unkontrolliert stark, so dass er nur unter großer Anstrengung atmen kann."
"Und was genau... bedeutet das?" Sam wollte die Antwort eigentlich gar nicht wissen, es konnte nichts Gutes sein.
"Nun ja, im schlimmsten Fall könnte Colonel O’Neill hyperventilieren, oder das genaue Gegenteil tritt ein und er erstickt sich selbst." Janet sah starr geradeaus. Sam öffnete ihren Mund, um etwas zu erwidern, doch sie brauchte eine kurze Zeit, um das zu verdauen. "Janet, ich wusste nicht, dass es so schlimm um ihn steht!"
"Es stand mir auch nicht zu, es Ihnen mitzuteilen." Sie drehte sich zu ihr um und legte ein warmes Lächeln auf. "Das wird schon wieder, Sam. Besser Sie gehen jetzt und ruhen sich etwas aus. Sie brauchen dringend Schlaf. Und ich übrigens auch." Dr. Fraiser blinzelte ein paar Mal, um die aufkommende Müdigkeit zu unterdrücken. Sam schüttelte energisch den Kopf, ohne ihren Blick vom Colonel zu wenden. "Nein Janet, ist schon okay. Ich möchte gerne hier bleiben."
Die Ärztin nickte leicht und meinte nur: "Es ist Ihre Entscheidung. Ich bin zwei Räume weiter. Sobald sich etwas verändert, wird es dort angezeigt und ich komme sofort."
Carter bekam Janets Worte nur noch am Rande mit. Sie zog sich den Hocker heran, auf dem sie auch schon am Nachmittag gesessen hatte und ließ sich wie in Trance darauf niedersinken. Erst jetzt begann sie, die Tragweite von Dr. Fraisers Worten zu begreifen. O’Neill war vor wenigen Sekunden nur knapp dem Tod entgangen. Carter hätte zu gerne gewusst, auf was für einer Mission er gewesen war. Vielleicht würde das seine Infektion erklären. Seinen Zustand. Eben alles.
Nachdenklich stützte sie ihren Kopf mit den Händen ab. Ihre Ellenbogen ruhten an der Kante des Krankenbettes. Sie war müde und ihre Augen brannten, doch ihre Gedanken hielten sie wach. Sie wusste schon lange, wie viel er ihr bedeutete, aber begriffen hatte sie es erst gerade eben. Er hätte sterben können! Der Gedanke brannte sich in Carters Kopf und sie presste angespannt ihre Lippen aufeinander. So konnte es nicht weitergehen. Er musste es einfach schaffen – er musste wieder gesund werden. Die Vorstellung, ihn zu verlieren, war unerträglich. Carter unterdrückte ein Schluchzen und eine einsame Träne bahnte sich einen Weg über ihre Wange.
Sie wischte sie sich aus dem Gesicht und verschränkte ihre Arme auf der Bettkante, um ihr Kinn darauf aufzustützen. Sie fühlte, wie ihre Lider schwer wurden, konnte jedoch nichts dagegen tun. Irgendwann übermannte sie die Müdigkeit und ihr Kopf sank zur Seite. Sam fiel in einen drückenden, schweren Tiefschlaf.


***


Graue Dunkelheit. Bedrückende, erniedrigende Dunkelheit. Die Augen lieber wieder schließen. Wo war er? O’Neill versuchte, sich aufzurichten, doch es gelang ihm nicht. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine linke Schulter und die Erinnerung kam zurück. Richtig, er war in dieser verdammten Quarantänekrankenstation auf Ebene 17. Sein Hinterkopf machte sich mit dumpfem Druck bemerkbar und nur langsam konnte er seine Augenlider heben. Die einzige Lichtquelle war der Herzfrequenzmesser rechts von ihm, doch viel erkannte man auch in dem matten Neonlicht nicht, das langsam seine Linie auf den Monitor zeichnete. Jack hob vorsichtig seinen linken Arm, soweit ihm dies möglich war, um sein Kissen etwas zurechtzurücken. Dabei stieß er unerwartet an etwas Weiches. Seine erste Reaktion war ein überraschtes Zurückschrecken gefolgt von einem unterdrückten Laut der Verwirrung, doch dann tastete er vorsichtig danach. Plötzlich begann das Etwas unter seine Hand zu murren, um sich dann erschrocken aufzurichten. "Wo zum Teufel..."
"Carter?"
Sam konnte sich seinen fragenden Gesichtsausdruck regelrecht vorstellen, auch wenn es zu dunkel war, ihn tatsächlich zu sehen. "Ähm... ja Sir, ich bin’s." Sie wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Bestimmt erwartete er eine Erklärung. Carter stand auf und ging in Richtung Tür. Wollte sie gehen? O’Neill registrierte ihre Schritte und protestierte.
"Könnten Sie vielleicht..." Die Schritte verstummten. "Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch kurz hier zu bleiben?" Als er keine Antwort vernahm, sondern nur das Tasten einer Hand an der Wand entlang, stieg eine unerklärliche Panik in ihm auf, sie würde ihn jetzt alleine lassen. Er wusste, dass seine Reaktion übertrieben und die Angst unbegründet war, deshalb atmete er einmal kurz durch und fügte dann hinzu: "Ganz kurz, wirklich."
Plötzlich ging das Licht an. Von der Helligkeit geblendet hielt sich O’Neill seine Hand vor die Augen. "Carter... Verdammt."
"Entschuldigung." Sie lächelte matt. "Ich hatte eigentlich noch nicht vor zu gehen." Sie trat wieder an das Bett heran und setzte sich. Irgendwie nervös trommelte sie mit ihren Fingern einen Takt auf die Sitzfläche des Hockers und tippte rhythmisch mit dem Fußspitze an den Bettpfosten. Sie sah ihren Vorgesetzten nicht an, spürte jedoch deutlich seinen bohrenden Blick. Ohne, dass er eine Frage gestellt hatte, begann sie zu erklären.
"Sie hatten heute Nacht ein Lungenversagen durch innere Blutungen. Dr. Fraiser konnte Sie gerade noch davor bewahren, sich durch das Hyperventilieren selbst zu ersticken. Ich bin dann hier geblieben, damit sie etwas schlafen kann." Noch immer wich sie seinem Blick aus.
Jack zog seine Stirn kraus. Was sie da erzählte, war nicht wirklich schlüssig. Fraiser blieb nachts auch nie in seinem Zimmer - sie war also nicht bei ihm geblieben, damit Janet Ruhe hatte, sondern aus einem anderen Grund. Doch er bemerkte, dass sich Sam unwohl fühlte, und hakte nicht weiter nach.
"Wie spät ist es?", erkundigte er sich. Er wusste selbst, dass es eine dämliche Art war, das Thema zu wechseln, doch ihm fiel im Moment nichts Besseres ein.
"Ähm..." Sam sah ihn erst überrascht an und zeigte dann auf die Wanduhr, die gegenüber von seinem Bett über dem Tisch hing. "Kurz nach halb sechs, würde ich sagen."
"Oh."
Es entstand eine bedrückende Stille. Sam sah mit aufeinandergepressten Lippen auf ihre Füße und schien die Beschaffenheit ihrer Schuhe eingehend zu studieren. O’Neill beobachtete sie eine Weile, wie sie immer wieder ihre Unterlippe mit den Zähnen einzog, nur, um sie wieder loszulassen und mit dem ganzen von Neuem zu beginnen.
"Sam?"
Die Angesprochene sah auf und kniff leicht ihre Augen zusammen. Hatte er sie gerade Sam genannt? Das tat er nur in sehr wenigen Augenblicken. Sie konnte sich aber auch geirrt haben. "Sir?"
Jack seufzte leicht. Sie wollte also die Distanz waren. "Ich weiß nicht, ob Dr. Fraiser Sie über meinen Gesundheitszustand in Kenntnis gesetzt hat. Aber..." Er hob kurz die Hand, um sie daran zu hindern etwas zu sagen. "Selbst, wenn sie es nicht getan hat... Immerhin haben Sie heute Nacht mitbekommen, wie es zur Zeit aussieht." Sam sah ihn an, unschlüssig, ob sie etwas erwidern sollte.
"Colonel..." Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, da sich ihr Mund irgendwie trocken anfühlte, und suchte nach Worten. Sie schlug ihre Augen nieder und nickte. "Janet hat es mir gesagt. Und um ehrlich zu sein... Ich mache mir Sorgen." Sie blickte wieder auf. Diesmal war sie es, die ihn mit einem Kopfschütteln dazu brachte, nichts zu sagen. "Ich weiß, dass Sie mir nicht sagen dürfen, wo Sie waren – aber es ist nicht nur die Lungenentzündung, die mir Sorgen macht. Sie haben sich verändert. Jack, bitte... Was ist da vorgefallen?"
Er drehte seinen Kopf von ihr weg. Es tat ihm weh, dass er ihr nichts sagen durfte. Er wollte nicht, dass sie sich solche Sorgen machte. Aber es ging nicht anders. Er würde ihr noch ganz anders weh tun müssen. Verdammt. Langsam wendete er sich wieder seinem Major zu. Sie hatte wahrscheinlich Recht – Distanz bewahren war das Einzige, was ihm und ihr helfen konnte. "Major Carter, Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen. Wenn ich hier endlich raus bin, werde ich wieder ganz der Alte sein und Sie werden sich noch darüber beschweren, das verspreche ich Ihnen." Lüge, alles Lüge. Aber hatte er eine Wahl? Er versuchte, zu grinsen. Carter erwiderte es mit einem zaghaften Lächeln.
"Ich glaube, ich sollte dann wieder runter gehen. Wenn Sie möchten, kann ich heute Nachmittag noch einmal wiederkommen – um Ihnen ein paar Storys zu erzählen, damit sie nicht versauern." Ihr Lächeln wurde stärker, und O’Neill atmete erleichtert aus. So gefiel sie ihm schon viel besser – obwohl sie ihm eigentlich immer gefiel. Carter drehte sich um und verließ den Raum. Der Colonel sah noch eine Weile auf die graue Tür, durch die sie gegangen war und grübelte.


***


In der Kantine war es um diese Zeit noch leer und fast schon gespenstisch still. Carter schlenderte ziellos an den Tischen vorbei, auf denen die Stühle verkehrt herum platziert waren, und überflog mit den Augen die Auslage. Sauber blitzte das Metall. Keine Spur davon, dass hier am Vortag ein ganzer Stützpunkt sein Essen angeholt hatte.
Sam nahm einen Hocker vom Tisch und drehte ihn sich um. Dann ließ sie sich seufzend darauf sinken und vergrub ihren Kopf zwischen den verschränkten Armen, die auf der frei gewordenen Stelle des Tisches ruhten. Sie hatte frei – schön. Eigentlich hatte Hammond recht und sie brauchte dringend etwas Entspannung und Ablenkung. Aber was nütze ihr Urlaub, wenn sie ihn mit dem Gedanken verbringen würde, dass ihr CO schwerkrank in einem isolierten Quartier lag und sich quälte? Gar nichts.
Aber immerhin konnte sie so ab und zu bei ihm vorbeischauen und sich nach seinem Zustand erkundigen.


***


"General, bei allem Respekt, Sir... Ich halte das für keine gute Idee." Sam verzog skeptisch ihr Gesicht und versuchte, dem Blick ihres Vorgesetzten standzuhalten. Doch dieser sah sie mit unerschütterlich fester Miene an und bekräftigte mit einem nachdrücklichen Nicken seine Worte. "Da wir den Colonel innerhalb der nächsten Wochen nicht von seiner Mission zurück erwarten, wird SG1 den Außendienst wieder aufnehmen. Und ich will keine Widerrede hören, Major."
Auch Daniel war sprachlos. Weniger aufgrund der harten Worte, die Hammond an den Tag legte, als vielmehr durch Sams starke Widersetzung. Zu Beginn hatte sie darauf bestanden, auch während O’Neills Abwesenheit auf Missionen zu gehen – und jetzt sträubte sie sich? Da stimmte etwas nicht. Entweder hatte er etwas verpasst, oder... Er musste etwas verpasst haben. Logisch. Wie immer.
"Ähm, General, ich denke, Sie wird sich schon beruhigen..." Mit einem vielsagendem Blick führte er Sam aus dem Büro des Generals und ließ seine Hände auch noch auf ihren Schultern ruhen, als sie schon längst auf dem gang waren.
"Sam?"
"Daniel?"
Sie sahen sich nur an, jeder mit hochgezogenen Augenbrauen und tausend Fragen im Kopf.
"Was hält uns davon ab? Halt, nein... was hält Sie davon ab?"
"Daniel, meinen Sie allen Ernstes, dass das gut geht? Wir wären nur zu dritt und..." Ihr fiel kein weiteres stichhaltiges Argument ein und sie erkannte die Sinnlosigkeit ihres Versuches, weiterhin auf dem Stützpunkt bleiben zu können, also schwieg sie und nickte nur resignierend. Urlaub vorüber. Keine täglichen Besuche beim Colonel mehr. Sie wusste nicht, was sie mehr ärgerte: Dass sie ihn nicht mehr besuchen durfte, oder dass es ihr soviel Angst machte, ihn alleine zu lassen.
"Schön." Carter hob ihre Hände zu einer ausschweifenden Geste und ließ sie dann gleichgültig wieder fallen. Dann würde sie den Colonel wohl zwischen den Missionen besuchen müssen. "Schön", wiederholte sie. "Dann also in einer halben Stunde am Stargate."
Daniel nickte und machte sich auf den Weg in sein Labor. Carter suchte sich den nächsten Aufzug und betrat schließlich Ebene 17. Die letzten Tage war sie oft hier gewesen. Meistens saß sie einfach nur am Bett des Colonels und hoffte, dass er ab und zu aufwachen würde. Es geschah nur sehr selten. Manchmal sie es auch Janet ab, ihm das Essen zu bringen, wenn er wach war und Fraiser ließ es gerne geschehen. Sie fühlte, wie es in Sam aussah, und auch wenn sie nicht darüber reden durfte, war sie froh, dass Sam immer wieder bei ihm vorbeisah. Seit seinem Anfall war knapp eine Woche vergangen und sein Zustand blieb unverändert. Carter spürte, wie O’Neill mit sich und der Infektion kämpfte. Er war kein Mensch, den man einfach so klein kriegen konnte. Ohne anzuklopfen betrat sie das Zimmer, es war schon mehr oder weniger zur Gewohnheit geworden.
Leise schloss sie die Tür hinter sich und trat an das Bett heran.
"Hallo Sir", flüsterte sie und setzte sich.
"Hallo Carter..." Die Stimme ließ sie kurz aufschrecken.
"Ähm... Verzeihung, Sir, ich wusste nicht, dass Sie wach sind. Wie geht es Ihnen?", erkundigte sie sich.
"Wunderbar. Ich könnte Bäume ausreißen", scherzte er. "Na ja, vielleicht in zwei, drei Wochen."
Sam stand auf und nahm eine Akte vom Tisch, die sie dort entdeckt hatte. Es war O’Neills Krankenakte. Carter blätterte einige Seiten durch und stutzte, als sie auf etwas stieß. Sie sah zu ihrem Vorgesetzten auf, blickte wieder die Aufzeichnung an und sah ihm erneut in die Augen.
"Sir..." Sie runzelte die Stirn.
"Carter?"
"Wussten Sie, dass in ihrer Schulter ein 12 Millimeter-Breitbandgeschoss gesteckt hat?"
"Ach deshalb tat meine Schulter so weh."
Carter sah ihn verdutzt an, bis sie bemerkte, dass er es ironisch gemeint hatte und durchaus Bescheid wusste.
"Kommen Sie, Carter, legen Sie die Akte weg." Sam ließ die Mappe wieder auf den Tisch sinken und setzte sich neben ihn.
"Sir, eigentlich bin ich hier, um Ihnen mitzuteilen, dass SG1 seinen aktiven Außendienst wieder aufnimmt." Sie räusperte sich kurz.
"Wurde aber auch langsam Zeit, oder?", kommentierte er.
"Da teilen sich die Meinungen, Sir." Sam seufzte kurz.
"Ah, lassen Sie mich raten... Ein überaus schmieriger, kaum zu ertragender Colonel Sowieso wird Ihnen als meine Vertretung zugeteilt und das Team will sie damit nicht zufrieden geben." Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.
"Nein Sir, das ist es nicht. SG1 bleibt zu dritt bestehen, für die Übergangszeit trage ich das Kommando, nur..."
"Stop." Er hob seine rechte Hand und unterbrach sie so. "Carter, wollen Sie mir sagen, dass Sie sich nicht darüber freuen?"
"Nun ja, Sir, ich halte es nicht für gut, ohne erfahrenen Anführer loszuziehen."
"Aber Sie sind erfahren."
"Und ich bin die Einzige, die Ahnung von physikalischen Anomalien hat. Ich kann mich nicht um beide Dinge zugleich kümmern." Sam senkte ihren Blick. "Aber der General duldete keinen Widerspruch." Sie sah auf und zeigte den Versuch eines Lächelns. Sie wollte ihn nicht auch noch mit ihren Problemen belasten. "Immerhin habe ich dann etwas zu berichten, wenn ich wiederkomme."
O’Neill lächelte ebenfalls.
Sam stand auf und wandte sich zum Gehen. "Die Anderen warten."
Der Colonel nickte. "Halten Sie mich auf dem Laufenden."


***


Die Mission auf P3X-454 verlief ohne Zwischenfälle. General Hammond hatte ihnen "für den Anfang" eine einfache Aufgabe zugeteilt, wie Sam schmunzelnd feststellte. Sie war gerade dabei, einige Bodenproben fachgerecht zu verstauen, nebenbei die Energiewerte im Auge zu behalten und die Daten in kurzen Abständen zu speichern. Teal’c beobachtete in einiger Entfernung die Umgebung und Daniel stand nur wenige Meter neben ihr und schien nicht zu wissen, was er mit sich anfangen sollte.
"Hey Daniel, keine Spuren von irgendwelcher Zivilisation gefunden?", erkundigte sich Carter, stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. Dass es auf diesem Planeten äußerst schmutzig war, hatte sie bereits kurz nach ihrer Ankunft festgestellt, als sie Bekanntschaft mit einer versteckten Schlammgrube gemacht hatte. Daniel schüttelte gelangweilt den Kopf. "Nichts. Kein Pfad, keine Schriftzeichen, nicht der kleinste Hinweis." Hätte Daniel früher noch enttäuscht geklungen, so war er jetzt einfach lustlos. Es kam schließlich oft genug vor, dass sie auf einem Planeten niemanden trafen. Solche Orte langweilten ihn.
"Na dann...", meinte Sam und wandte sich mit etwas lauterer Stimme an Teal’c. "Wir sind hier fertig. Hast du irgend etwas Auffälliges bemerken können?"
Wie erwartet verneinte der Jaffa ihre Frage und Daniel wählte sie auf Sams Befehl hin zurück. Es war seltsam für sie, plötzlich die Verantwortung über das Team zu haben. Nachdem Dr. Jackson und Teal’c den Ereignishorizont durchquert hatten, trat auch Sam hinein, um sich von dem Strudel mitreißen zulassen und wenige Sekunden später wieder im Stargatecenter anzukommen. General Hammond stand ihnen gegenüber und erkundigte sich nach ihrem Befinden.
"Es geht uns gut. Die Mission verlief, wie erwartet, ohne Zwischenfälle."
Er nickte ihr zu. "Dann sehen wir uns in einer halben Stunde zum Lagebericht." Diesmal nickten Sam und Daniel, während Teal’c eine Verbeugung andeutete. Sam war dem General insgeheim dankbar, dass er ihr noch genug Zeit ließ, den Colonel zu besuchen. Auf dem Weg zu den Quartieren trennte sie sich von den anderen zwei Mitglieder ihres Teams und ging zum Fahrstuhl.
Carter hielt es für besser, diesmal anzuklopfen. Als auf ihr leises Pochen nicht geantwortet wurde, wiederholte sie es, diesmal etwas lauter.
"Doc...", ertönte O’Neills genervte Stimme von innen. Er schien heute schon einige unfreundliche Begegnungen mit ihr gehabt zu haben und war allem Anschein nach nicht besonders scharf auf eine weitere.
Sam musste schmunzeln und trat ein. Die Fortsetzung von Jacks Worten erwartete sie.
"Ich habe keinen Hunger und werde auch diese ‚Atmen-Sie-mal-tief-ein-damit-ich-sehen-kann-ob-Sie-noch-wasweißich-in-der-Lunge-haben’-Nummer nicht mehr mitmachen, außerdem warte..."
"Wenn Ihnen gerade nicht nach Gesellschaft ist, dann gehe ich wieder, Sir", unterbrach Sam ihn.
"Oh." Er sah sie an und runzelte die Stirn. "Hi. Ich hatte jemand anderes erwartet."
"Hi", erwiderte Sam und nahm ihren Platz auf dem Hocker ein. "War ja nicht zu überhören."
"Sie sind schon zurück?"
"Ja, gerade eben angekommen."
"Sieht man", meinte O’Neill und ohne Sams verdutzten Blick zu beachten sprach er weiter. "Ich schätze mal, Hammond hat sich selbst übertroffen und Ihnen gleich aufgetragen, die Galaxis zu retten?" Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
"Fast", entgegnete sie und erwiderte das Grinsen. "Wie geht es Ihnen?", lenkte sie ihr Gespräch in eine andere Richtung.
"Können Sie nicht mal was anderes fragen?" O’Neill deutete mit einer ausschweifenden Geste der rechten Hand auf die Schläuche und Geräte. "Denn eigentlich liege ich hier nur zum Vergnügen und genieße die Nadel in meinem Arm. Entspannung pur." Plötzlich beugte er sich leicht vor und kam ihr ganz nahe. Seine Lippen berührten fast ihr Ohr. Seine Stimme war rau und geheimnisvoll. "Wissen Sie, Carter, das Schönste sind noch immer die Schmerzen. Ich bin nämlich masochistisch veranlagt – das weiß nur keiner."
Zuerst war sie etwas verwirrt, doch dann unterdrückte Sam ein Lachen und versuchte vergeblich, ernst zu bleiben. Es machte sie glücklich, ihn in seinem üblichen Sarkasmus reden zu hören. Das war der alte Jack. Und trotzdem wusste sie, dass es ihm körperlich nicht wirklich gut ging. Seine Infektion wurde nicht besser und die Heilung der Schusswunde verlief schleppend. Ansprechbar war der Colonel nur selten, meistens schlief er oder lag im Halbkoma. Seine Krankenakte gab ihr genug Auskunft darüber...
"Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich mir anvertraut haben und werde Stillschweigen bewahren", ging sie auf seinen Scherz ein und grinste verschwörerisch. Vielleicht waren es diese kleinen Dinge des Alltags, die er brauchte, um gegen die Krankheit anzukämpfen und wieder gesund zu werden.
Janet betrat das Krankenquartier des Colonels und schmunzelte, als sie Sam erblickte. "Sollten Sie nicht in wenigen Minuten zur Besprechung bei Hammond sein?"
Sam erwiderte das Lächeln. "Ja, aber bis dahin ist noch genug Zeit."
"Na ja", mischte sich O’Neill ein. "Ich würde vorher noch einen Blick in den Spiegel werfen."
Als Carter ihn fragend ansah, deutete er auf die andere Seite des Raumes zu einer weiteren Tür, die sie bisher nur unbewusst wahrgenommen hatte. Der Aufforderung folgend erhob sie sich und betrat den anliegenden Raum – ein Badezimmer. Als sie ihr eigenes Gesicht im Spiegel sah, wusste sie, was die Andeutung des Colonel bedeutete: Ihre rechte Wange war völlig verdreckt. Und sie war hierher gekommen, ohne sich auch nur ein wenig frisch zu machen! Dafür konnte man unter dem Schmutz wenigstens nicht die Röte sehen, die ihr jetzt ins Gesicht stieg.
"Danke für den Hinweis. Ich werde dann mal lieber in den paar Minuten bis zur Besprechung versuchen, das zeug runter zu kriegen, bevor ich so dem General unter die Augen trete." Und sie verschwand aus Jacks Zimmer, ohne sein "Mir hat’s nichts ausgemacht!" hören zu können. Janet lächelte in sich hinein. Sams Besuchte taten dem Colonel wirklich gut. Und wenn sie sich die Beiden so ansah, schien ihre Freundin das nicht nur aus Pflichtgefühl zu tun – sonst hätte ihr erster Besuch nach der Ankunft auf der Erde sicherlich nicht ihrem Vorgesetzten, sondern ihrer Dusche gegolten. Janets Schmunzeln machte einem Augenverdrehen Platz, als sie ihrem Patienten eine Infusion in den Oberarm verpasste und dieser daraufhin jammerte, wie ein kleines Kind. Männer!


***


Die Tage vergingen. Die Missionen waren nichts Besonderes, Hammond hatte ein Nachsehen mit SG1. Vielleicht war es ihm auch einfach zu gefährlich, sie ohne den Colonel auf neue Planeten zu schicken. So beschäftigten sie sich damit, bereits erforschte Welten genauer unter die Lupe zu nehmen, laufende Projekte zu überwachen oder andere Teams zu unterstützen. Sam war es egal. Daniel bemerkte, dass sie auffallend öfter auf ihre Uhr sah, als gewöhnlich. Irgend etwas musste sie zurück auf die Erde ziehen. Seine Kollegin und Freundin war sowieso lustloser geworden in der letzten Zeit. Manchmal, wenn sie sich unbeobachtete fühlte, schweifte ihr Blick ins Nichts und sie bekam dabei einen undefinierbaren Glanz in ihren Augen. Daniels erster Gedanke war, dass sie jemanden kennen gelernt hatte. Eine männliche Person, der sie nichts vom Stargateprojekt erzählen durfte, und zu der sie so schnell wie möglich zurück wollte? Daniel rückte sich seine Brille zurückt und schüttelte ungläubig den Kopf. Nein, Sam hatte gar keine Zeit für andere Männer. Sie verbrachte fast vierundzwanzig Stunden am Tag in der Basis und die wenige Freizeit, die ihr zur Verfügung stand, nutzte sie für ihre privaten Projekte. Obwohl... In letzter Zeit war sie immer seltener in ihrem Labor. Manchmal war sie einfach unauffindbar. Sie hatte doch nicht etwa... Nein, Sam würde nicht heimlich mit jemandem von der Basis eine Affäre haben. Nicht Sam. Trotzdem beunruhigte es ihn irgendwie. Der Archäologe machte sich eine Notiz im Hinterkopf, sie bei passender Gelegenheit mal darauf anzusprechen. Was er nicht wissen konnte, war, dass Major Carter fast jede freie Minute im Krankenquartier des Colonels verbrachte. Auch wenn er die meiste Zeit schlief, saß sie an seinem Bett und beobachtete ihn. Es kam auch vor, dass sie plötzlich durch eine Hand auf ihrer Schulter wach wurde, die Janet gehörte und sie sanft dazu aufforderte, sich in ihrem Quartier schlafen zu legen und nicht ständig die Nächte hier oben zu verbringen. Anfangs hatte Doktor Fraiser noch versucht, ihrer Freundin klar zu machen, dass es nichts brachte. Sie verbrauchte unnötig Kraftreserven und würde O’Neill damit nicht helfen. Doch Sam ließ sich nicht davon abhalten. Wenn sie auf Mission war, hatte sie immer Angst, dass er nicht mehr leben könnte, wenn sie zurückkam. Diese Anfälle kamen unvorhersehbar und plötzlich. Sam wusste inzwischen, was dann zu tun war und sie half Janet, wo sie nur konnte.
Manchmal gab es Momente, in denen O’Neill aufwachte. Wenn er dann Sam neben sich erblickte, musste er unwillkürlich lächeln. Seine Augen waren blass und trüb, doch er schien seinen Humor nicht zu verlieren. In diesen seltenen Augenblicken spürte Sam, dass es richtig war. Es gab ihm Halt, eine vertraute Person um sich zu haben. Das Gefühl, wichtig zu sein und gebraucht zu werden, gab sowohl ihm als auch ihr Kraft.
Als sie diesmal die Korridore auf Ebene 17 entlangging, machte Sam sich Sorgen. Für morgen war eine längere Mission auf P3J-466 vorgesehen, auf der Daniel, Teal’c und sie ein Forscherteam begleiten und unterstützen sollten. Es konnte durchaus zwei oder drei Wochen dauern, bis sie zurück kehren würden. Sie betete inständig, dass sich sein Zustand in dieser Zeit nicht verschlimmern würde. Bevor sie den Raum betrat, passte Doktor Fraiser sie ab.
"Einen Moment, Sam."
"Hallo Janet", lächelte sie. Auch ihr Verhältnis hatte sich vertieft. Sam unterstützte sie bei ihren Untersuchungen und half ihr, wo es nur ging, damit sich Janet auch um ihre anderen Patienten kümmern konnte.
"Ich habe gute Nachrichten." Ihr Freundin zog eine Akte aus dem Stapel, den sie bei sich trug und reichte sie Sam. Diese öffnete sie, während Janet weiter sprach und ihr eigentlich nur das erklärte, was sie aus der Akte entnehmen konnte. "Der Colonel scheint über den Berg zu sein. Seine Vitalfunktionen funktionieren wieder in natürlichem Rhythmus und die Infektion beschränkt sich jetzt fast ausschließlich auf den oberen Abschnitt des linken Lungenflügels sowie einige Bronchien. Die Schusswunde macht noch ein paar Probleme, aber wenn sein Körper die Infektion auskuriert hat, besitzt er auch wieder die Kraft, die Heilung alleine zu übernehmen."
Sams Lächeln wurde stärker. Janet hatte ihr eine große Last abgenommen – sie brauchte sich nun kaum noch Sorgen zu machen, wenn sie auf P3J-466 war. Nachdem Sam ihr gedankt hatte, ging Janet weiter in ihr Labor und Carter betrat O’Neills Zimmer.
"Hey", wurde sie begrüßt.
"Hey", erwiderte sie und nahm ihren Platz ein. "Wie geht es Ihnen heute?"
"Furchtbar."
Als Sam ihn erstaunt ansah, grinste er und deutete auf das Tablett mit dem Essen. "Das ist jetzt schon das dritte Mal Spinat. Ich möchte mal sehen, wie es Ihnen geht, wenn Sie das essen müssen. Also ich bezeichne das als furchtbar."
Sam schmunzelte. "Seien Sie froh, dass es den Spinat heute wenigstens nicht intravenös gibt."
Diesmal war es Jack, der erstaunt seine Augenbrauen hochzog. "Sagen Sie, haben Sie eigentlich Ihren Dienst quittiert?", fragte er plötzlich.
"Wieso?"
"Na ja, immer, wenn ich aufwache, sitzt plötzlich Samantha Carter neben meinem Bett oder taucht nach wenigen Minuten auf."
Sam wurde rot und räusperte sich. "Das täuscht, Sir. SG1 ist durchaus unterwegs."
"Aber?" Er legte seinen Kopf leicht schief.
"Nun ja, Sir, General Hammond überhäuft uns nicht gerade mit schwierigen Missionen. Man könnte unsere Aufgaben auch als routiniertes Training bezeichnen."
"Ah..." Er sah sie verstehend an. "Nichts los, Langeweile, und vor Allem: Viele, viele Wissenschaftler betreuen."
"So in etwa", bestätigte Sam grinsend. Seine Sympathie für Wissenschaftler war weitgehend bekannt. Beide schwiegen eine Weile und hingen ihren Gedanken nach. Dann unterbrach Jack die Stille.
"Wenn ich Glück habe, bin ich in einer Woche hier raus und kann auf die normale Krankenstation verlegt werden." Sein Blick zeigte deutlich an, dass er damit nicht wirklich zufrieden war. Wenn es nach ihm ginge, würde er die Basis und vor Allem jede Krankenstation – egal ob auf Ebene 17 oder sonst irgendwo – sofort verlassen und ein paar Tage Urlaub machen. Aber selbst wenn er wieder gesund war, gab es noch etwas Wichtiges zu tun.
"Das freut mich, Sir. Leider wird SG1 Sie nicht sofort besuchen können."
"Oh." Er machte einen leichten Schmollmund, fragte aber nicht nach einer Begründung.
"Die Sache ist die, Sir, dass wir ab morgen für unbestimmte Zeit ein Forscherteam begleiten werden."
"Unbestimmte Zeit?", hakte O’Neill nach.
"Zwei bis drei Wochen, es können aber auch mehr werden. Ich kann Ihnen nichts Genaueres sagen." Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Man kann eben nichts alles haben", kommentierte Jack und ließ sich zurück in sein Kissen sinken. Sam verstand den Wink, dass er Ruhe haben wollte und stand auf. "Wir werden nach Ihnen sehen, sobald wir zurück sind, Sir", versprach sie ihm und verabschiedete sich. O’Neill nickte nur. Kurz bevor Sam den Raum verließ, begann sein Herzfrequenzmesser plötzlich, auszuschlagen. Sie vernahm hinter sich ein seltsames Röcheln und drehte sich sofort um. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie den Notschalter für Doktor Fraiser gedrückt und war an seinem Bett. Mehrere Male hatte sie das jetzt miterlebt, und eigentlich hatte sie gedacht, er sei auf dem Wege der Besserung.
"Colonel", sprach sie ihn an, doch er konnte in seinem Hustenanfall nicht reagieren. "Bleiben Sie ganz ruhig, Doktor Fraiser ist gleich hier. Versuchen Sie, die Luft anzuhalten und sich zu konzentrieren", gab sie ihm Anweisungen und versuchte, ihn nebenbei aufzurichten. Das war nicht besonders einfach, denn er krümmte sich vor Schmerzen zusammen und zuckte unkontrolliert. Carter legte ihm eine Hand auf die Stirn und bemerkte, dass er vor Fieber glühte. Als Janet nicht auftauchte, nahm sie eine Ampulle aus dem Notfallschränkchen und zog den Inhalt in eine Injektion, die sie dem Colonel verabreichte. Sie drückte ihn mit aller Kraft an den Oberarmen zurück in sein Kissen und wartete, bis er sich langsam beruhigte. Sein Atem ging stockend und das Einatmen verursachte ein dumpfes Rasseln, aber seine Atemwege schienen wieder frei zu sein. Verdammt, wieso passierte das jetzt? Janet hatte gesagt, er sei auf dem besten Wege der Besserung, und jetzt das... Sam musste unbedingt diese Mission absagen, und wenn sie dafür einen Verweis bekommen würde.
"Sam..." Zwei glasige Augen sahen sie leblos an. Der Colonel schien ihre Gedanken lesen zu können. "Sie werden da hin gehen. Es geht mir gut."
Sie war nicht in der Lage, etwas Vernünftiges zu antworten. Sie ließ ihre Hände langsam von seinen Armen gleiten und setzte sich. Erfolglos versuchte sie, ihre verkrampften Muskeln zu entspannen.
"Ich... Ich kann nicht, Sir." Sie sah ihn an und ihr Blick schmerzte ihn tief in seinem Inneren. Diese Hilflosigkeit war erdrückend.
"Major Carter", flüsterte er, denn zu mehr war er momentan nicht in der Lage. "Das ist ein Befehl." Sie las die Worte mehr von seinen Lippen ab, als dass sie sie hörte.
"Und wenn..." Sie traute sich nicht, es auszusprechen. Ein schwerer Kloß machte sich in ihrem Hals breit. "Und wenn Sie nicht mehr da sind, wenn wir wiederkommen?" Ihre Augen fühlten sich plötzlich so wässrig an. Rasch blinzelte sie die ungewollten Tränen weg.
"Hören Sie mir zu, Sam. Sie werden jetzt diesen Raum verlassen und durch das Stargate auf diesen Planeten gehen. Und egal, was Sie erfahren, wenn Sie wieder hier sind, ich bin bei Ihnen, okay?"
Sam versuchte vergeblich, einen Sinn in seinen Worten zu finden. Trotzdem nickte sie. Wie in Trance stand sie auf und ging zur Tür.
"Sam?", reif sie die heisere Stimme ihres Vorgesetzten. Sie hob ihren Blick und schaffte es nicht einmal, auch nur ein winziges Lächeln zu zeigen. Jack sah sie sanft und fast schon liebevoll an.
"Ich möchte, dass Sie sich etwas merken. Der Himmel ist gar nicht soweit weg, wie alle sagen. Wir brauchen uns nicht voneinander zu verabschieden." Er blickte sie an und erkannte deutlich die Tränen in ihren Augen, die seine Worte verursachten. "Sam, ich möchte, dass Sie nicht weinen. Ich verspreche Ihnen, ich werde immer da sein."
Sam schluckte schwer und wäre am Liebsten zu ihm gegangen und hätte ihm gesagt, worüber sie sich die letzten Wochen klar geworden war. Doch sie wusste, dass es sinnlos war. Sie musste seinen und den Befehl des Generals befolgen. Sam versuchte, sich einzureden, dass er diese Dinge nur in seinem Fieberwahn gesagt hätte. Vielleicht war sein Anfall nur eine letzte Nachwirkung gewesen, ein Zufall weil er vielleicht zuviel geredet hatte. Während sie die Gänge von Ebene 17 entlangging, hämmerte sie sich künstliche Zuversicht ein und schaffte es, das Bild des Colonels aus ihrem Kopf zu bekommen. Sie bemerkte kaum, wie Janet aufgeregt auf sie zu rannte und ihr wild Fragen stellte. Wortfetzen drangen in Carters Gedanken. Janet sei bei einem Notfall gewesen, ein weiteres SG Team, schwere Verbrennungen... Hätte den Alarm gehört und war so schnell gekommen, wie es ging... Monoton gab Sam ihr Auskunft darüber, dass der Colonel es überstanden hätte und sie zum Gateraum müsse. Als Doktor Fraiser mitbekam, dass mit ihr im Moment wenig anzufangen war, setzte sie ihren Weg in Richtung des Krankenzimmers fort.
Carter hatte sich wieder einigermaßen gefasst, als sie bei ihrem Team angekommen war. Ihre Kraft reichte aus, um die Fassade des Majors vor sich aufzubauen und die notwendige Professionalität an den Tag zu legen. Der General wünschte ihnen viel Glück und gemeinsam durchschritten Daniel, Teal’c und Carter das Gate.


Ende Teil 1
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