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Alles anders von ZoeP

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Vorwort

Pairing: S/J
Spoiler: "Stargate, das Tor zum Universum" (der Film mit Kurt Russel) + "Lebenslinien"
Staffel: spielt direkt nach "Lebenslinien"
Kategorie: Hc, Hu, R
Anmerkung: Hab's eigentlich nicht so mit den alternativen Realitäten. Habe auch noch nie sooft die Worte 'parallel', 'alternativ' und 'Realität' verwendet. Werde es vorerst auch nicht mehr tun, weil ich mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden bin. Feedback ist Willkommen.
Hinweis für alle, für die es in der Story nicht klar raus kommt: Mit 'Sam" ist meistens (nicht immer) die Sam aus der alternativen Realität gemeint, die 'echte' muss sich 'Carter' nennen lassen ;) Ich warne euch hier auch davor, dass dies keine "reine" Sam/Jack Story ist, es geht vordergründig um das Parallelweltenproblem. Irgendwie kann ich mich mit der Story zwar nicht so richtig anfreunden, aber vielleicht könnt ihr es ;)
Alles anders


Es war dunkel.
Die Stille wurde nur von dem leisen Summen einer Überwachungskamera durchbrochen. Die Wände des Raumes zeigten ein monotones Grau, das nur von dem schmalen Lichtstrahl, der unter der Tür durchfiel, erhellt wurde. Mitten in dem kleinen Raum stand ein seltsames Gebilde, eine Art Spiegel, der von einem unförmigen, metallenen Rahmen umgeben war.
Plötzlich leuchtete die Oberfläche des Spiegels in einem Blitz gleißend hell auf und ein flaches, schwarzes Päckchen landete auf dem Boden davor. Das Licht erlosch, und im selben Moment ging der Alarm los. Nach wenigen Sekunden wurde die Tür des Raumes aufgerissen und Colonel O'Neill blieb unschlüssig im Türrahmen stehen, den Blick auf das Päckchen zu seinen Füßen gerichtet.

***

"Was wissen wir bis jetzt?" Hammond stand mit dem Rücken zum Tisch und sah auf den Spiegel, der sich jetzt zu näheren Untersuchungen im Torraum befand. Dann drehte er sich zu den vier Leuten seines besten Teams um und sah sie erwartungsvoll an.
"Na ja, Sir..." O'Neill tippte unschlüssig mit dem Kugelschreiber auf den Block vor sich. Sein Blick schweifte über den Tisch zu Carter.
"General, das Objekt, welches laut Überwachungsvideo durch den Spiegel kam, ist eine Art Botschaft. Es handelt sich dabei um einen..." Sie schüttelte leicht zweifelnd den Kopf.
"Um einen simplen Zettel. Er lag in dem schwarzen Kasten, Sir", beendete Jack ihren Satz. Er schob General Hammond ein Blatt Papier zu und lehnte sich zurück. Sein Vorgesetzter las es sich durch und sah erstaunt auf.
"'Wir sind friedliche Forscher von der Erde. Wartet um 1800 vor dem Spiegel auf uns.' Was hat das Ihrer Meinung nach zu bedeuten, Major?", wandte er sich an Carter. Die zuckte mit den Schultern.
"Ehrlich gesagt Sir... Wir wissen es nicht. Es könnte alles Mögliche sein. Vielleicht hat irgendjemand in einer parallelen Realität auf der Erde den Spiegel entdeckt und erforscht jetzt andere Welten. Vielleicht ist es auch ein Hilferuf."
"Oder ein Hinterhalt der Goa'uld", schlug Teal'c vor. Der Rest von SG 1 sah ihn fragend an.
"Jedenfalls müssen wir das Schlimmste annehmen", stimmte ihm der General zu.
"Und was, wenn sich nur irgend so ein Verrückter einen Spaß daraus macht, Zettelchen durch den Spiegel zu schicken?" Jack zeichnete das dritte Strichmännchen auf seinen Block.
Carter blickte ihn ungläubig an. "Sir?"
"Schon gut", winkte O'Neill ab. "Also, was schlagen Sie vor, General?"
"Wir werden zwei bewaffnete Teams vor dem Spiegel postieren, und abwarten, was passiert."
"Das ist alles?" O'Neill zog fragend seine Augenbrauen nach oben.
"Was würden Sie denn tun?" Daniel sah von seinen Unterlagen auf und blickte ihn über den Rand seiner Brille an.
"Na ja... Wir könnten den Spiegel vernichten. Ich meine, bis jetzt hat er uns nicht gerade besonders viele Vorteile gebracht." Jack war selbst nicht sonderlich überzeugt von seiner Idee, hatte jedoch auch nicht wirklich Lust auf neue Komplikationen.
"Ach, und wenn es doch ein Hilferuf war? Wollen Sie riskieren, dass wir diesen Leuten ihre vielleicht einzige Fluchtmöglichkeit nehmen?" Er sah ihn vorwurfsvoll an.
"Nein... Nein. So meinte ich das nicht. Ich denke, die bewaffneten Teams sind gut. Wirklich."
Carter schmunzelte. Sie wusste genau, dass der Colonel nicht ganz dieser Meinung war, jedoch auch keinen Streit mit Daniel oder dem General riskieren wollte.
"Also gut. SG 1 und das Alpha- und Betasicherheitsteam werden um 1730 im Torraum sein." Der General nickte, wie um seine Worte zu bestätigen.
"Ähm... Sir?"
"Major?"
"Ich habe um 1800 einen Termin bei Major Davis, der sich nicht verschieben lässt..."
"Ist in Ordnung, Major. Ich denke, wir werden auch so klar kommen. Wegtreten!" Der General sortierte die Unterlagen auf seinem Platz und verließ den Besprechungsraum. Daniel tat es ihm gleich und auch Teal'c machte sich auf den Weg zu seinem Quartier.
Jack blieb unschlüssig an seinem Platz stehen und beobachtete Carter dabei, wie sie sich etwas notierte und dann die Blätter um sich herum zusammensammelte.
"Bei Major Davis?"
Sie sah ihn fragend an, zog dann die Stirn in Falten. "Ja, Sir."
"Ach so." Er nickte ihr kurz zu, stopfte seine Hände in die Hosentaschen und schlenderte zu seinem Quartier. Sie hatten noch jede Menge Zeit, bis zur Ankunft von wem auch immer.

***

Colonel O'Neill und Teal'c waren bereits dabei, die Soldaten auf ihre Positionen zu weisen, als Daniel im Torraum eintraf. Er hob ab und zu die Arme, um missmutig die kugelsichere Weste zu betrachten, die ihn in seiner Bewegungsfreiheit hinderte.
"Hi", begrüßte er die anderen. Jack tippte sich kurz an die Mütze und Teal'c neigte leicht den Kopf zur Seite. Es war kurz vor sechs Uhr und die Teams starrten gespannt auf den Spiegel vor sich, der noch nicht die geringsten Anzeichen einer Veränderung zeigte.
"Sechs, fünf, vier, drei...", zählte Jack rückwärts mit, seine Uhr im Visier und den Spiegel aus den Augenwinkeln betrachtend. "Zwei, eins... Und?"
Es geschah nichts. Er konnte die Anspannung der Teams hinter sich fühlen. Auch er beobachtete hochkonzentriert den Spiegel. Und dann geschah es: Ein gleißendes Licht erhellte den Raum für den Bruchteil einer Sekunde und Jack kniff geblendet die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, nahm er die zwei Personen wahr, die jetzt vor ihnen standen und sich umsahen.
Ungläubig ließ er seine Waffe sinken und bedeutete den Soldaten im Torraum, sich zurückzuhalten. Doch auch die hatten jetzt erkannt, wer da durch den Spiegel gekommen war.
"Daniel? Carter?" Jack war der erste, der seine Sprache wiedergefunden hatte.
Die blonde Frau drehte sich zu ihm um und musterte ihn. Ihre Haare waren um einiges länger als die der Sam, die er kannte, und sie trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden... Aber es war eindeutig Sam.
Plötzlich hellte sich ihr Blick auf.
"Jack!", rief sie und fiel ihm um den Hals. "Du lieber Himmel, ich hab' dich ja schon ewig nicht mehr gesehen..."
"Sam!", ertönte hinter ihr die Stimme des Doktor Jacksons aus der parallelen Realität. "Wie oft muss ich dich noch daran erinnern, dass Kontakte auf peripherer Ebene gefährlich sein können?"
"Ups." Sam zog sich schuldbewusst von Jack zurück und hob entschuldigend die Schultern. "Ich werde mich nie daran gewöhnen."
"Na schön", schaltete sich Daniel ein. Er trat auf Sam und seinen Doppelgänger zu und betrachtete die beiden fragend. "Ich schätze, diese Nachricht war von euch ja?"
Sam nickte. Dann deutete sie auf die bewaffneten Männer. "Netter Empfang. Wirklich."
"Wegtreten!", befahl Jack den beiden Teams und wandte sich dann wieder an Sam. Er öffnete den Mund, um etwas zu fragen, schloss ihn jedoch gleich wieder, da ihm die Worte fehlten.
"Ich hasse diese Sache, mit den parallelen Realitäten...", murmelte er stattdessen.
"Ich schätze, wir sind diesmal wieder in einer asymptotischen Ebene gelandet." Sam blickte Daniel an, als würde sie auf eine Bestätigung warten. Dieser nickte.
"Ja. Ich tippe auf Grad drei oder zwei."
"Wollen wir wetten?" Sam grinste. Dann wandte sie sich wieder an Jack.
"Okay, entschuldige den Überfall. Eurem Empfang nach zu urteilen, scheint ihr mit dem Spiegel der alternativen Realitäten nicht sonderlich vertraut?"
"Ähm... Nun ja..."
"Also nicht."
Daniel konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er hatte zwar auch noch nicht sehr viel Erfahrung mit den Parallelwelten, aber genug, um zu wissen, dass in der Realität dieser Sam Jack nicht ihr Vorgesetzter war. Allerdings schienen sie auch nicht verheiratet zu sein, was O'Neill sicherlich begrüßen würde. Er hatte offensichtlich Probleme damit, wenn dieses Thema zur Sprache kam.
"Na gut, dann wollen wir euch erst einmal aufklären." Sam lächelte in die Runde. "Ich bin Doctor Samantha Carter und das ist Doctor Daniel Jackson." Sie deutete auf ihren Begleiter und nickte dann dem Daniel zu, der fragend neben Teal'c stand. "Aber wie ich sehe, scheint ihr das bereits zu wissen. Jedenfalls hoffen wir, dass ihr nicht allzu erschrocken über unsere Ankunft wart."
"Es hielt sich in Grenzen", meinte Jack mit einem Anflug von Ironie in der Stimme.
"Wir gehören einem Forscherteam der Erde in unserer Realität an, welches andere Parallelwelten erforscht", sprach sie weiter, ohne seine Bemerkung zu beachten. "Wir würden uns freuen, wenn wir ein wenig über eure Realität erfahren könnten."
"Moment mal." Jack hob abwehrend die Hand. "Schön. Eine kleine Frage... Wieso tut ihr das?"
"Was?"
"Parallelwelten erforschen."
"Na ja... Die lange oder die kurze Version?" Sam sah ihn zweifelnd an. Sie schien ihn recht gut zu kennen, was Jack etwas verunsicherte. Er hob sein Funkgerät.
"General, Sir, ich denke Sie können den Raum wieder frei geben."
Einen Augenblick später öffneten sich die Türen des Gateraumes und die Schotten, die den Anwahlraum davon trennten, fuhren nach oben. Der General blickte erstaunt auf die Ankömmlinge und befahl Colonel O'Neill, mit Ihnen in den Besprechungsraum zu kommen.
"Und ich war so nah dran", meinte O'Neill im Hinausgehen mit einem Blick auf seine Uhr und den Spiegel. Zwei Sekunden, verfluchte zwei Sekunden.

***

"Also noch mal von vorne... Ihr habt in eurer Welt ein Forschungsprogramm für diesen Spiegel?"
"Ja." Sam nickte. "Und wie ich sehe, gehört ihr zu den Realitäten, die ein Stargateprogramm betreiben. Regierung oder Forschung?"
"Beides", meinte Jack.
"Ich denke, wir sollten Ihnen nicht unbedingt Informationen zukommen lassen, bevor wir nicht sicher sein können, dass keine Gefahr von Ihnen ausgeht", schaltete sich der General ein.
"Ja, Sir."
"Du gehörst also wirklich dazu? Ich meine, du bist hier... mit drin?" Sam betrachtete ihn neugierig. Als sie keine Antwort erhielt und er nur entschuldigend mit den Schultern zuckte, nickte sie verstehend.
"Okay, okay. Was sollen wir tun, damit ihr uns nicht nur anschweigt?"
"Ich würde sagen, als erstes solltet ihr uns ein bisschen mehr über euch erzählen, hum?", schlug Jack vor.
"Und von Doktor Fraiser untersuchen lassen!", fügte Hammond hinzu. "Und das hat oberste Priorität."
Jack nickte und führte Sam und Daniel aus dem Raum.
Janet war nicht wenig überrascht, als sie die beiden erblickte.
"Du lieber Himmel, Sir, was..."
"Ich weiß." Er seufzte kurz. "Der Parallelweltenspiegel. Ich erklär's Ihnen später. Erst mal sollen Sie sie untersuchen. Das Übliche, Sie wissen schon."
Janet nickte und bedeutete der blonden Frau vor sich, die ihrer Freundin und Kollegin zum Verwechseln ähnlich sah, und dem Jungen Mann, der ein Ebenbild Daniel Jacksons war, sich auf die Liege zu setzen. Dann begann sie mit den Untersuchungen. Jack holte sich einen Drehstuhl ran und setzte sich neben Sam.
"Und nun erzählen Sie mal, Major..."
"Major?", wiederholte sie ungläubig.
"Oh... Ähm, Sie sind in Ihrer Realität nicht etwa Major der United States Air Force?"
"Nein. Eigentlich nicht." Sie grinste. Dann verzog sich ihr Gesicht zu einem Ausdruck des Zweifels. "Bin ich... das etwa hier?"
"Ja. Durchaus."
"Sam", kam ein fast schon belehrender Ruf von Daniel. "Du weißt doch, dass der quantenbedingte Wechsel von Molekülkompensation bei ein und derselben Person einen Kaskadensprung hervorrufen kann, was wiederum dafür sorgt, dass die Realitäten so extrem alternieren."
"Ja ja, es ist alles möglich." Sam schien davon leicht genervt zu sein.
"Hab ich da etwas verpasst?", klinkte sich Jack vorsichtig ein.
"Wieso?"
"Normalerweise bin ich ja gewohnt, solche Ausführungen ertragen zu müssen... Aber von Ihnen."
"Musst du mich eigentlich ständig Siezen?" Sam sah ihn missmutig an, ohne auf seine Frage zu antworten.
"Sam!" Daniel blickte sie vorwurfsvoll an. "Bevor du anfängst, hier deine Neugierde zu stillen, solltest du ihnen erst einmal etwas mehr über uns erzählen, meinst du nicht."
"Richtig." Sie nickte. "Okay, wo fange ich an?"
"Vielleicht damit, warum Daniel solche wundervollen Erklärungen von sich gibt", schlug Jack vor und sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Janet war dem seltsamen Gespräch bisher schweigend gefolgt und hatte ihre Schlussfolgerungen daraus gezogen. Sie nahm sich eine Ampulle, um Sam Blut abzunehmen, und beschloss, vorerst weiter zuzuhören.
Sam streckte ihren Arm aus und sprach nebenbei weiter.
"Also schön. Dann zu uns... Die Forschungsstation, von der wir kommen, beschäftigt sich mit parallelen Welten. Daniel ist Experte auf diesem Gebiet, seine Theorien haben uns bereits in vielen Punkten weitergeholfen. Das Projekt wird bei uns von Privatgeld finanziert, die Regierung sorgt lediglich dafür, dass es geheim bleibt. Die Army ist übrigens nicht daran beteiligt."
"Air Force."
"Wie?"
"Air Force, nicht Army."
"Ach so, ja. Du hast da schon immer drauf bestanden..."
"Sam. Er ist nicht der Jack." Wieder warf Daniel ihr einen ermahnenden Blick zu. Sie seufzte kurz und nickte.
"Dann habt ihr kein Stargateprogramm?", wollte Jack wissen.
"Na ja... Wir hatten mal eins. Das ist allerdings schon über drei Jahre her. Nachdem ich das Geheimnis des Tores entschlüsselt hatte, sind wir auf einem Planeten namens Abydos gewesen."
"Wir?"
"Ja. Wir. Du, ein Spezialteam und ich."
"Und Daniel?"
Sam schüttelte den Kopf. "Er kam erst später dazu und widerlegte meine Theorie, dass das Tor zu mehr als nur einer Welt führen müsse."
"Aber das tut es doch!", widersprach Jack.
"Das wissen wir durch unsere Spiegelreisen inzwischen auch. Aber wir wissen auch von den Gefahren die es bringt, und unsere Regierung entschied, dass es zu aufwändig wäre, ein eigenes Stargateprogramm zu starten. Deshalb wurde das Tor vernichtet."
"Oh."
Sam zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Dafür haben wir ja die Spiegelreisen. Wir haben begonnen, die Realitäten, in denen wir waren, in zwei Kategorien einzuteilen: Asymptotische Welten, die sehr nah an unserer Realität liegen, und symptotische Welten, die sich sehr stark davon entfernt haben."
"Und wir gehören anscheinend zu Ersterem?"
"Wie es aussieht... ja. Auch wenn hier einiges anders ist. Weißt du, wir waren bisher in vielen Realitäten, aber die meisten davon waren unserer kein bisschen ähnlich." Sam unterbrach sich und öffnete ihren Mund weit, damit Janet ihre Routineuntersuchung fortführen konnte. Während die Ärztin Sams Zähne kontrollierte und sich etwas notierte, kaute Jack auf seiner Unterlippe und versuchte, das eben Erfahrene zu verarbeiten.
"Aber du scheinst zu wissen, dass ich am Stargateprogramm beteiligt bin?"
Janet wandte sich jetzt Daniel zu, sodass Sam ungestört weiter reden konnte. "Ja. Wir hatten bisher zwei davon. In der ersten erfuhren wir eine ganze Menge über das Stargateprogramm. Und in der zweiten... Nun ja, da erfuhren wir, dass die Welt durch das Gate einer sehr großen Bedrohung ausgesetzt ist. Und es auch bei uns so sein könnte." Sie senkte ihren Blick. v "Was ist passiert?"
"Eine außerirdische Rasse, parasitäre Larven, die sich die Menschen als Wirte nehmen, eroberten die Erde und zerstörten sie."
"Ja... das hatten wir auch schon." Jack verzog das Gesicht.
"Einen solchen Angriff?" Sam sah ihn erschrocken an.
"Nein. Wir hatten bisher auch schon zwei Begegnungen mit alternativen Welten. Und in beiden wurde die Erde von den Goa'uld massiv bedroht."
"Nennt ihr so diese Rasse?"
Jack nickte. Ihre Welten schienen sich doch nicht ganz so ähnlich zu sein.
"Was mich viel mehr interessiert, ist diese Sache mit eurem Daniel."
"Was meinst du?"
Irgendwie war es Jack unangenehm, dass diese Sam ihn duzte. Er musste noch irgendwie herausfinden, wie sie in ihrer Welt zueinander standen. Aber das konnte er auch auf später verschieben.
"Na ja, er hat vorhin von so komischen Sachen geredet. Irgendwas, was ich eigentlich eher von Ihnen höre. Also, in meiner Realität. Normalerweise." Ob er diese Sache je richtig verstehen würde? Jack zweifelte daran.
"Vielleicht ist ihr Daniel ja nicht das, was unser Daniel ist: Astrophysiker und Quantentheoretiker."
"Wie bitte?" Jack riss seine Augen auf. Hatte er sich verhört? "Daniel uns Astrophysik? Das wäre wie Carter und Archäologie!"
"Ich verstehe nicht..." Sam machte einen leicht beleidigten Gesichtsausdruck.
"Unser Daniel ist Archäologe und Linguist. Er spricht über zwanzig verschiedene Sprachen, kann sämtliche Gottheiten im Schlaf zitieren... Ihn mit Astrophysik zu konfrontieren, wäre so, als würden wir unserer Carter seine Tontafeln vor die Nase legen und sie um eine Übersetzung bitten."
"Okay... Daraus schließe ich mal, dass die Samantha Carter in eurer Realität auch zu diesem Programm gehört und dass sie nicht Archäologin ist?"
"Wollen Sie damit sagen, dass Sie... Ich fass' es nicht." Jack stand auf und ging ein paar Schritte durch den Raum, um sich dann wieder zu ihr umzudrehen und sie mit einem verwirrten Ausdruck zu mustern.
"Vielleicht sollten Sie mir ganz genau erklären, welche Rolle Carter, Daniel und ich in ihrer Realität spielen."
Bevor Sam etwas erwidern konnte, kam Janet von Daniel zurück und wandte sich an den Colonel.
"Also soweit ich das feststellen kann, ist alles in Ordnung. Daniel... also, ich meine, die Person aus der parallelen Realität... Sie wissen schon." Sie strich sich verwirrt ein paar Strähnen aus dem Gesicht. "Er zeigt keinerlei allergische Reaktionen, wie das bei unserem Daniel der Fall ist. Ansonsten kann ich keine Unterschiede feststellen. Bis auf..." Sie stockte und sah zu Sam herüber.
"Sir", meinte sie dann etwas leiser und beugte sich näher zu ihm. "Ich habe in ihrem Blut ein seltsames Molekül gefunden. Es ist ein Gemisch aus Naquada und Wasserstoff, doch ich kann ihm keine Funktion zuordnen."
"Na dann fragen wir sie doch einfach."
Janet sah ihn ungläubig an und beobachtete, wie er sich an die beiden wandte uns sie danach fragte.
"Oh. Entschuldige, ich habe vergessen, Ihnen das zu sagen. Es handelt sich dabei um einen Botenstoff, der das Kaskadenversagen in den Parallelwelten verhindert", ergriff Daniel das Wort.
"Meinen Sie dieses seltsame Zucken, wenn eine Person in der Realität zweimal auftaucht?"
"Ja. Wir haben einen Weg gefunden, es zu unterbinden. Es ist wie eine Art Impfung."
"Ist das möglich, Doc?" Jack drehte sich zu Janet um. Sie zuckte mit den Schultern. "Möglich wäre es, aber damit müsste Sam sich näher beschäftigen. Mir scheint jedoch, dass der Stoff nicht übertragbar ist und keinerlei gefährliche Auswirkungen haben sollte."
"Okay, dann müssen wir ihnen einfach glauben. Und sonst ist nichts? Keine Bomben, keine Goa'uld, keine versteckten Seuchen?", scherzte Jack und Janet sah ihn vorwurfsvoll an. Sie konnte es nicht leiden, wenn man sich über ihre Arbeit lustig machte. Sie schüttelte den Kopf und schickte sie von der Krankenstation.
Jack ließ Hammond mitteilen, dass keine Gefahr von den beiden ausging und dass sie tatsächlich nur andere Realitäten erforschten. Der General erlaubte es ihnen, auf der Basis zu übernachten und Jack brachte die zwei zu den Gästequartieren.
Daniel verabschiedete sich knapp. Jack wunderte sich darüber, fragte jedoch nicht weiter nach und begleitete Sam zu ihrem Quartier. An der Tür wollte er sich verabschieden.
"Hast du nicht noch ein bisschen Zeit? Ich würde gerne mehr über deine Realität erfahren."
"Ähm... Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist."
"Ich habe dir aber deine Frage noch nicht beantwortet. Außerdem wollte ich dich bitten, mir etwas über 'Carter' zu erzählen, wie du sie hier nennst."
Jack nickte kurz und trat dann ein. Er sah sich in dem Zimmer um. Vor wenigen Tagen hatte er hier noch mit einer Sam diskutiert, mit der er in einer dieser Parallelwelten verheiratet gewesen war. Gott, es war alles so kompliziert.
"Na schön. Sie zuerst." Sam nickte. "Also gut... Zu Daniel. Er ist die Wissensbasis unseres Forschungsteams. Er entdeckte die Funktionsweise des Spiegels und entwickelte das Mittel gegen das Kaskadenversagen." Sie grinste. "Außerdem ist er manchmal wie ein Wachhund. Ständig erinnert er mich daran, was die Dinge, die ich auf unseren Reisen tue, für Folgen haben könnten."
"Wie meinen Sie das?" Jack setzte sich neben sie auf die Bettkante.
"Na ja... Zum Beispiel kann es innerhalb der Anaphase zu Problemen kommen, wenn man direkten Kontakt zu einem Lebewesen aus der anderen Welt hat."
"Der Anaphase?"
"Die wenigen Sekunden kurz nach der Ankunft. Der Körper muss sich erst stabilisieren."
"Natürlich", meinte Jack trocken und setzte seinen Warum-haben-Sie-das-nicht-gleich-gesagt Blick auf.
"Ich selbst bin, wie du vorhin mit Entsetzen festgestellt hast, Archäologin und Linguistin. Es ist schon seltsam, dass Daniel und mein Gegenstück hier anscheinend genau entgegengesetzte Funktionen haben..." Sie lächelte amüsiert.
"Eine Frau namens Catherine hat mich damals zum Stargateprojekt hinzugezogen, weil sie nicht weiterkamen. Ich habe die Symbole entschlüsseln können und so gelangten wir nach Abydos. Du warst damals damit beauftragt, auf dem Planeten zurückzubleiben und ihn bei drohender Gefahr zu sprengen. Ich bin dahinter gekommen und habe erfahren, weshalb du so gleichgültig mit deinem Leben umgegangen bist."
"Oh. Dann hat es den Jack in Ihrer Welt also auch getroffen..."
"Du meinst den Tod seines Sohnes?"
Jack nickte.
"Dann hat er sich hier auch... Das tut mir Leid."
Jack schüttelte den Kopf. "Schon okay."
"Na ja... Dann hast du den Auftrag..."
"Bitte", unterbrach er sie. "Nenn ihn nicht immer 'du'. Er ist nicht ich."
"Entschuldige. Ich vergesse das immer." Sie sah ihn entschuldigend an. "Also. Er hat den Auftrag nicht erfüllt, nachdem wir Ra getötet hatten. Weißt du... Okay, ich sollte vielleicht wissen, wie wir in dieser Welt zueinander stehen und wann wir uns kennen gelernt haben."
Jack sah sie fragend an. Dann seufzte er.
"Ein halbes Jahr nach dem Einsatz auf Abydos wurde ich erneut zum Stargateprogramm gerufen und es kam heraus, dass ich den Planeten nicht gesprengt hatte und Daniel dort geblieben ist."
"Daniel war mit auf Abydos?"
"Ja. Er war schließlich unser Archäologe", erinnerte Jack Sam. "Als herauskam, dass wir auf Abydos zurück müssten, wurde ein neues Team zusammen gestellt. Und da Major Carter, damals noch Captain, als Astrophysikerin die meiste Ahnung vom Gate hatte, wurde sie uns zugeteilt. Wir sind Kollegen. Freunde."
"Und mehr nicht?"
Jack verzog das Gesicht. Es war ihm unangenehm, mit ihr darüber zu reden, auch wenn sie nicht die Sam war. Irgendwie war sie es eben doch.
"Nein." Es war die beste Antwort, die ihm einfiel, um ihr nicht mehr erklären zu müssen. Es war allerdings auch die einzige, die ihm einfiel.
"Oh."
"Oh?"
"Dann waren wir nicht zusammen auf Abydos und haben nicht..." Sie stockte und blickte zu Boden.
"Was?"
"Ich weiß nicht, ob du das wissen willst. Ich meine..." Wieder stockte sie. "Du bist ihm sehr ähnlich, weißt du." Plötzlich wirkte ihre Stimme leiser, weicher und irgendwie verletzlicher. "Und wenn du ihm auch nur halb so ähnlich bist, wie ich denke, dann stimmt es nicht, dass ihr nur Freunde seid." Und sie war doch, wie Sam eben war.
"In der Air Force", unterbrach er sie, "gibt es nicht mehr als Freundschaft. Nicht zwischen Offizieren."
"Oh. Ich verstehe."
"Was ist auf Abydos passiert?", wollte Jack wissen. Er sah sie durchdringend an und erkannte das Unbehagen in ihren Augen. Er ahnte es.
"Jack und ich sind uns... näher gekommen."
"Wie nahe?"
"Sehr nahe." Ihr Blick gab ihm deutlich zu verstehen, was sie meinte, auch wenn sie es nicht aussprach. "Aus diesem Grund ist er auch mit uns zurück gekommen. Sein Leben hatte wieder... einen Sinn."
Jack nickte nur. Er konnte diesen anderen Jack gut verstehen. Dann fiel ihm etwas auf.
"Sie sagten bei Ihrer Ankunft, dass Sie 'mich' lange nicht gesehen hätten. Das spricht nicht gerade für..." Er beendete den Satz nicht. Vielleicht war der Jack dieser anderen Realität doch nicht so glücklich, wie er dachte.
"Nein, du hast Recht. Weißt du, die Monate nach der Abydosrückkehr waren die Glücklichsten in meinem Leben. Wir wollten heiraten. Aber dann wollte er zurück..."
"Nach Abydos?"
Sam blickte ihn verwirrt an, schüttelte dann den Kopf. "Nein, zur Air Force. Anfangs war es in Ordnung. Aber dann wurde es wie bei meinem Vater." Ihr Blick verfinsterte sich, wurde hart. "Er blieb immer länger weg, musste auf geheime Missionen und kehrte oft tagelang nicht zurück. Aus den Tagen wurden Wochen. Und als er dann schwer verwundet und halbtot von irgendwo aus der Welt eingeflogen wurde, über ein Jahr im Krankenhaus lag und mir kein Wort sagen durfte..."
Plötzlich begann Sam, zu schluchzen. Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen und ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Sie schien sich in der Erinnerung zu verlieren. Jack hatte mit so einem Ausbruch nicht gerechnet. Er kannte das Gefühl, wenn die Vergangenheit einen einzuholen drohte – sooft war es ihm nach Charlies Tod so ergangen. Er berührte Sam sanft an der Schulter und sie sah zu ihm auf.
"Und dann?", fragte er.
"Ich habe ihn vor die Wahl gestellt. Und er... er ist gegangen." Sam hielt sich die Hände vors Gesicht. Weinkrämpfe schüttelten sie und Jack wusste nicht, was er tun sollte. Also legte er behutsam seine Arme um sie und zog sie zu sich. 'Déjà vu', schoss es ihm durch den Kopf.
Eine Weile behielt das Zittern noch die Kontrolle über ihren Körper, dann wurde es schwächer und sie beruhigte sich. Jack löste sich vorsichtig von ihr und ließ sie sanft zur Seite gleiten und setzte sich wieder zu ihr. Sam winkelte ihre Knie an, schloss mit einem leisen Schluchzer die Augen und presste die Lippen aufeinander. Jack strich ihr die Tränen aus dem Gesicht und fuhr ihr sanft über die Haare. Irgendwann schlief sie ein.
Er wusste nicht, wie lange er noch dort gesessen hatte, als es plötzlich an der Tür klopfte.
Vorsichtig stand er auf und öffnete. Vor ihm stand Major Carter.
"Sir?" Sie schien überrascht zu sein, ihn hier anzutreffen.
"Schon zurück?", meinte er flüsternd, um die schlafende Sam nicht zu wecken. Er bedeutete Carter, leise zu sein und ging noch einmal zum Bett zurück, um Sam vorsichtig zuzudecken. Carter beobachtete die Szene verwirrt und registrierte, dass Jack ihr behutsam, fast schon liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Es irritierte sie. Dann verließ er das Zimmer und schloss lautlos die Tür.
Auf Sams fragenden Blick hin zuckte er mit den Schultern. "Das ist eine lange Geschichte."
"Ich habe Zeit."
"Cafeteria?"
Sam nickte. Schweigend gingen sie nebeneinander her.

***

"Und sie ist wirklich Archäologin?" Sam starrte ihn fasziniert an. Jack nickte. Er hatte ihr alles über die beiden Realitätsreisenden erzählt - alles, bis auf die Sache zwischen Sam und dem anderen Jack.
"Wow." Carter stocherte mit ihrem Löffel in der blauen Götterspeise vor sich herum. "So ähnlich und dennoch völlig anders."
Wie Recht sie doch hatte. Jack seufzte innerlich. Er hatte das Gefühl, verantwortlich dafür zu sein, dass diese andere Sam unglücklich war. Auch wenn er nicht wirklich Schuld an den Dingen war, die ihr dieser andere Jack angetan hatte... Irgendwie war er es doch. Immerhin blieb Jack eben Jack. Vielleicht konnte er ihr auch irgendwie helfen. Ihnen beiden helfen, damit wenigstens sie glücklich sein konnten.
"Sir?"
"Was?" Er sah von seinem Kaffee auf.
"Haben Sie mir überhaupt zugehört?"
"Nein, tut mir Leid."
"Na schön. War nicht so wichtig. Sagen Sie... eines würde mich interessieren."
Jack zog fragend die Augenbrauen nach oben.
"Wie schaffen sie es, genau die Realität zu finden, in die sie auch die Nachricht geschickt haben? Abgesehen davon, dass es doch unendlich viele Realitäten geben muss, denn bereits in der Sekunde, in der die Nachricht ankommt, spalten sie die Dimensionen auf und es entstehen neue Parallelwelten. Sie können doch unmöglich in alle davon reisen."
"Carter!" O'Neill hob abwehrend seine rechte Hand, um sie zu unterbrechen. "Nicht - schon - wieder."
"Entschuldigung." Sie lächelte, in ihren Augen spiegelte sich jedoch immer noch ihre Frage wider.
"Daniel hat da etwas von irgendeinem technischen Dingsbums erzählt, welches sie zusammen mit der Nachricht durch den Spiegel schicken. Es ist praktisch nicht nachweisbar und verhindert irgendwie, dass sich in dieser Realität neue Alternativwelten bilden. Weiß der Geier, wie. Außerdem zeigt es ihnen, wie sie hierher kommen."
"Und wie?"
O'Neill schenkte ihr einen seiner Woher-soll-ich-das-wissen Blicke. "Lassen Sie sich das von Daniel erklären. Er ist der Experte."
"Gut. Ich werde ihn morgen danach fragen." Sie schob sich einen weiteren Löffel der wabbeligen, blauen Masse in den Mund und begann dann, das Schälchen auszukratzen.
Jack beobachtete sie dabei. Er fragte sich, wie sie es schaffte, aus einer so einfachen Sache etwas so Faszinierendes zu machen. Sam sah von ihrem Schälchen auf und bemerkte seinen amüsierten Blick. Sie grinste leicht. "Ich kann nichts dafür, ich bin einfach süchtig nach dem Zeug." Dann steckte sie sich den letzten Löffel in den Mund und schob die leere Schale ein Stück von sich weg.
Jack grinste ebenfalls. Dann stand er auf und beugte sich zu ihr runter, die Hände auf den Tisch gestützt. Sam sah ihn leicht verwirrt an.
"Also ich weiß ja nicht, wie ihr Abend mit Major Davis war, aber meiner war ziemlich anstrengend. Ich werde jetzt schlafen gehen. Gute Nacht, Major."
"Gute Nacht, Sir", erwiderte Sam, doch Jack hörte es nicht mehr, denn er hatte die Cafeteria bereits verlassen. Sam sah ihm noch eine Weile verwundert nach. Dann stand auch sie auf und machte sich auf den Weg in ihr Quartier.

***

Als Jack am nächsten Morgen den Besprechungsraum betrat, saßen sein Team und die beiden Reisenden bereits um den Tisch. Er hob zur Begrüßung die Hand und suchte dann den Blickkontakt zu Sam aus der parallelen Realität. Sie zog leicht eine Augenbraue nach oben und er lächelte ihr mit einem leichten Nicken zu. Sie sah ihn dankbar an. Es war ein stummes Gespräch gewesen, dessen Inhalt nur sie kannten. Jack hatte ihr zu verstehen gegeben, dass es in Ordnung war, dass er es verstand, und dass er es für sich behalten hatte.
"Morgen, Sir!", meinte jetzt die Carter aus seiner Welt. Er grinste kurz und ließ sich dann in seinen Sessel sinken.
Carter begann, sich mit Daniel über die Funktion des Spiegels zu unterhalten und der 'echte' Daniel konnte nur fassungslos dabei zusehen, wie aus seinem eigenen Mund Fachbegriffe kamen, die er noch nicht einmal für Worte halten würde. Der anderen Sam schien es genauso zu gehen. Sie wandte sich an Jack.
"Und das musst du ständig ertragen?"
Carter sah auf. Hatte sie ihn gerade geduzt? Sie erinnerte sich an die Szene vom letzten Abend, wie er sie zugedeckt und ihr liebevoll über die Haare gestrichen hatte. Ein winziger Stachel der Eifersucht schien sich in ihr breit machen zu wollen, doch sie schluckte das Gefühl herunter. Es war Unsinn, aus welchem Grund sollte der Colonel innerhalb weniger Stunden eine Bindung zu einer Frau aufbauen, die er doch gar nicht kannte. Na ja, irgendwie kannte er sie ja schon...
"Carter?" O'Neill fuchtelte mit den Händen vor ihrem Gesicht herum.
"Was? Oh, Verzeihung Sir, ich war in Gedanken."
"Nicht zu übersehen", kommentierte Jack und grinste. Carter erwiderte es. Nein, da war nichts gewesen. Es konnte schließlich tausend Gründe dafür geben, dass sie ihn duzte.
"Sagen Sie... Carter..." Sam lächelte etwas unbeholfen. Sie hatte trotz der vielen Spiegelreisen noch nicht oft mit sich selbst gesprochen. Sozusagen. "Jack erzählte, Sie seien erst nach der Abydosmission zum Stargateprogramm gekommen?"
"Ähm. Na ja, das ist so nicht ganz richtig. Ich habe schon vor Daniel daran gearbeitet, das Tor wieder in Gang zu bekommen. Aber das basierte alles auf theoretischer Ebene, dem aktiven Dienst wurde ich erst danach zugeteilt, ja."
"Die Tau'ri verdanken Major Carter ihr Anwahlgerät", ergänzte Teal'c. Der unwissende Daniel aus der alternativen Welt zog fragend seine Augenbrauen nach oben. "Tau'ri?"
"So bezeichnen die Goa'uld die Menschen", erklärte der archäologisch informierte Daniel dem Astrophysiker. Dieser nickte.
"Und wieso sind Sie Astrophysikerin geworden?", wollte Sam wissen. Carter schien kurz zu überlegen.
"Ich glaube, weil ich mir damals immer gewünscht habe, eines Tages auch ins Weltall reisen zu können - mit Raketen, versteht sich. Ich wollte immer die Freiheit erleben, die man als Astronaut im Universum meiner Meinung nach fühlen musste." Sie grinste leicht.
Jack sah sie erstaunt von der Seite an. Er stellte fest, dass es Vieles gab, was er noch nicht von ihr wusste. Eigentlich wusste er sogar recht wenig über sie. Das musste er ändern. Irgendwann mal.
"Genauso könnte ich jedoch Sie fragen, weshalb Sie Archäologin geworden sind." Carter sah Sam erwartungsvoll an.
"Das wurde mir sozusagen mit in die Wiege gelegt. Mein Großvater war ein berühmter Archäologe, und als Kind war ich sehr oft bei ihm, wenn mein Vater wieder auf Missionen war."
"Sie kennen Ihren Großvater?"
Sam nickte. "Ja. Ist das in Ihrer Welt nicht so?"
"Nein." Carter schüttelte den Kopf. "Und er war Archäologe?"
"Ja. Howard Carter."
"Wie bitte?" Daniel aus der wirklichen Realität starrte sie fassungslos an. "Sagten Sie 'Howard Carter'? Der Entdecker Tut-Ench Ammuns?"
"Ja." Sam nickte. Ihr Pferdeschwanz wippte bei jeder Bewegung. "Dann kennen Sie ihn also doch?"
"Nein", meinte Carter verwirrt. "Nicht direkt. Er taucht in unserer Geschichte auf, ja, aber er hat nichts mit mir oder meinem Vater zu tun."
"Oh."
"Mein Vater wuchs bei Pflegeeltern auf, er kannte seine leiblichen Eltern nicht."
"Das ist Wahnsinn!", bemerkte Daniel plötzlich euphorisch.
Carter sah ihn verständnislos an.
"Ich meine, was, wenn Ihr Großvater auch in unserer Realität Howard Carter ist. Das wäre einfach Wahnsinn!" Er kritzelte sich etwas auf seinen Block, das wahrscheinlich nur er entziffern konnte.
"Aber wo sind Sie dann aufgewachsen?", wollte Sam wissen.
"Bei meiner Mutter. Und nach ihrem Tod schickte mich Dad in ein Internat." Carter schien noch etwas verwirrt zu sein, sie rieb sich die Schläfen und schüttelte den Kopf.
"Moment mal. Meine Mutter starb bei meiner Geburt... Das war hier nicht so?" Auch Sam schien es nicht anders zu gehen.
"Nein", meinte Carter. "Sie starb bei einem Autounfall..." Dann wandte sie sich an Jack.
"Sir, mit Ihrer Erlaubnis würde ich mich gerne noch länger mit... Doktor Carter unterhalten."
"Ich glaube nicht, dass das möglich ist", schaltete sich jetzt der andere Daniel ein. "Wir werden in zwei Stunden zurückerwartet und würden gerne noch etwas mehr über eure Technologien erfahren."
"Es tut mir Leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber dazu haben wir nicht die Befugnisse." General Hammond betrat den Raum und setzte sich. "Entschuldigen Sie meine Verspätung, SG 1 und..." Er schien nicht zu wissen, wie er die beiden anderen nennen sollte. Seufzend reichte er jedem die Kopie einer Anweisung, die er soeben erhalten hatte. Jack las sie sich durch und sah den General fragend an.
"Wer hat das angeordnet?"
"Leute, die über mir sitzen, Jack. Es tut mir Leid, ich werde den Befehl ausführen müssen."
"General, bei allem Respekt, Sir. Wenn wir den Spiegel zerstören werden wir vielleicht nie wieder die Chance haben, etwas über dieses Phänomen der alternativen Realitäten herauszufinden", meinte auch Carter. Sam und Daniel sahen sich betroffen an.
"Es tut uns Leid, dass Sie durch uns diese Probleme haben", entschuldigte sich Daniel.
"Der Entschluss hat nichts mit der momentanen Situation zu tun, sondern mit all unseren bisherigen Erfahrungen mit dem Spiegel. Es liegt leider nicht in meiner Macht, etwas dagegen zu tun. Wir werden die Anweisung nach der Rückkehr unserer zwei Gäste befolgen müssen." Hammond erklärte den beiden noch, dass er ihnen auch im Bezug auf ihre Anfragen zum genauen technologischen Stand keine Auskunft erteilen dürfe. Jedoch erklärte er sich bereit, ihnen die Missionsberichte mitzugeben, die von Missionen handelten, in denen SG 1 Erfahrung mit dem Spiegel gesammelt hatte. Daniel bedankte sich dafür.
Dann wies Hammond sie an, wegzutreten. Carter bot Daniel an, ihm ihr Labor zu zeigen. Sie wollte sich auch noch erklären lassen, wie sie das Problem mit dem Wiederfinden der Realitäten lösen konnten.
Sam machte sich auf den Weg zu ihrem Gästequartier, um die wenigen Dinge zusammenzupacken, die sie mitgebracht hatten. Wenig später klopfte es an ihrer Tür und Jack trat ein.
"Hey."
"Hey", erwiderte Sam lächelnd. "Ich wollte nachher sowieso noch bei dir vorbeikommen."
"Ja." Er lehnte sich gegen den Tisch und sah zu Boden. "Ich wollte Sie noch etwas fragen. Wegen Daniel."
"Welchem?"
"Ihrem."
Sam nickte. "Was ist mit ihm?"
"Er benimmt sich irgendwie seltsam."
"Du meinst zurückhaltend?"
"Abweisend war eher das Wort, welches mir vorschwebte, aber... ja. Er ist völlig anders als unser Daniel."
"Das denkst du nur, weil du ihn nicht besser kennst. Und weil du ihn an Jack aus unserer Welt erinnerst. Er weiß selbst, dass er euch nicht vergleichen sollte, aber dennoch tut er es."
"Und was ist an mir so schlimm?", wollte Jack wissen.
"Daniel hat damals unseren Streit mitbekommen. Er hat miterlebt, wie ich unter der Entscheidung seines besten Freundes gelitten habe."
"Oh. Ich verstehe." Das erklärte einiges.
Sam zuckte mit den Schultern. "Nimm es nicht persönlich."
"Nein. Natürlich nicht."

***

Carter ging die Gänge des Stargatecenters entlang. Sie war auf dem Weg zu Sam, um doch noch mal mit ihr zu reden. Sie bemerkte, dass die Tür des Gästequartiers einen Spalt offen stand, und gerade als sie anklopfen wollte, hörte sie von innen her Stimmen.
"Warum haben Sie eigentlich nie wieder versucht, ihn zu finden und noch mal mit ihm zu reden?" Das war doch die Stimme des Colonels? Es war eigentlich nicht Carters Art, zu lauschen, aber als sie den winzigen Stachel wieder in sich aufkeimen spürte, blieb sie stehen.

***

"Ich weiß es nicht", meinte Sam schulternzuckend. "Vielleicht hatte ich Angst, dass er noch einmal nein sagen würde."
Jack betrachtete sie, wie sie dort auf der Bettkante saß und ihren Rucksack packte.
"Weißt du, Jack...", meinte sie plötzlich und hielt in ihrer Bewegung inne. Dann legte sie das kleine Gerät beiseite und stand auf. Sie ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab und drehte sich dann zu ihm um. Er sah sie erwartungsvoll an.
"Ich wünschte, er wäre wie du."
"Hm?"
"Ich meine den Jack aus meiner Welt. Als ich neulich gesagt habe, du wärst ihm so ähnlich, da habe ich mich geirrt. Du bist anders."
Jack bedachte sie mit einem Ich-weiß-nicht-was-ich-dazu-sagen-soll Blick.
"Ich habe gesehen, wie du sie anschaust", meinte Sam leise.
"Wen?"
"Deine Sam."
"Oh."
"Du hättest dich anders entschieden, oder? Ich sehe es in deinen Augen. Du würdest den Jack aus meiner Welt am liebsten zur Rede stellen, wieso er das getan hat, wieso er einfach gegangen ist. Und du wünschst dir, dass du es irgendwie wieder gut machen könntest, dass wenigstens ich glücklich sein kann, richtig?"
"Wow", war alles, was ihm dazu einfiel. Sie schien ihn wirklich gut zu kennen. Allerdings wusste er nicht, ob es ihm gefallen oder ihm Angst machen sollte. War er so leicht durchschaubar oder lag es daran, dass diese Sam immerhin einige Monate mit ihm zusammen gewesen war. Nicht direkt ihm, aber mit einem der unendlich vielen Jacks. Verdammte Parallelwelten.
"Du hast Recht." Jack wusste nicht, weshalb er plötzlich zum Du übergegangen war. Aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass diese Frau hier seiner Sam zwar ähnelte, sich aber gleichzeitig in vielen Punkten von ihr unterschied.
Sam sah ihn an, die Lippen aufeinander gepresst. "Und wenn sie dich vor die Wahl stellen würde - du würdest sie nicht verlassen, oder? Du würdest dich für sie entscheiden."
Jack stopfte seine Hände in die Hosentaschen. Er sah betreten zu Boden.
"Ja." Das war nicht fair. Nicht ihr gegenüber und ihm gegenüber auch nicht. Sie hatte die Chance, hatte die Freiheit, mit ihm zusammen zu sein. Und was tat dieser Idiot? Ließ sie einfach alleine. Er hätte anders gehandelt. Aber er hatte nicht die Freiheit dazu...
"Das ist nicht fair", meinte sie nur. Er nickte.

***

Sam stand noch immer vor der Tür und wusste nicht, was sie tun sollte. Ihre Augen waren glasig und feucht, sie konnte einfach nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. 'Du würdest dich für sie entscheiden.'

'Ja.'

Die Worte hallten in ihrem Kopf nach. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Sie hatte immer gedacht, wenn sie seine Entscheidung kennen würde, wäre alles einfacher. Aber das war es nicht, es war sogar noch viel schwieriger geworden. Wenn sie wusste, dass er seinen Job für sie aufgeben würde... Wie in Trance ging sie den Gang entlang zurück zu den Fahrstühlen.

***

Daniel und Sam standen abmarschbereit vor dem Spiegel. Daniel schaltete mit einem Gerät den Spiegel ein und wählte sie mit einer einzigen Funktion in ihre Realität zurück. Sie verabschiedeten sich von General Hammond und dem SG 1 Team.
Jack schüttelte Daniel die Hand und umarmte Sam kurz. Dann trat er zu seinem Team zurück und nickte ihr zu. "Frag ihn. Wenn er auch nur halb so ist, wie du ihn beschreibst, dann trifft er die richtige Wahl."
Sam lächelte ihn dankbar an.
"Vielleicht", meinte sie. Dann berührten die beiden die Spiegeloberfläche und das gleißende Licht hüllte sie ein. Kurz darauf standen sie auf der anderen Seite des Spiegels. Die Oberfläche wurde schwarz.
Eine Weile standen Teal'c, Daniel, Carter und O'Neill noch davor, dann drehte Jack sich um und meinte: "Das war's Leute. Zurück zum Alltag."
Er schlenderte zum Ausgang und ging die Gänge entlang. Auf dem Weg zu seinem Quartier wurde er von Carter eingeholt.
"Sir?"
"Carter?" Er grinste sie an. Verlegen sah sie zu Boden.
"Lust auf einen Kaffee?"
"Wie bitte?"
"Ähm... Ich fragte, ob sie..."
"Nein, nein. Ich hab' schon verstanden. Ich war nur... überrascht."
"Also?"
"Klar. Wieso nicht."
Sam lächelte in sich hinein. Es war doch noch alles genauso wie vorher. Sie würde ihn sicherlich nie vor die Wahl stellen, aber zu wissen, dass er sich für sie entscheiden würde, falls sie es täte, fühlte sich gut an. Unheimlich gut.
"Okay. In zehn Minuten in der Cafeteria?"
Jack nickte. "In zehn Minuten. Wissen Sie, ich wollte schon immer mal dieses blaue Zeug probieren."

Ende
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