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Double Trouble - In den Händen des Schicksals von Arielen

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Vorwort

Anmerkung:
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Wie schon „Double Trouble - Unerwartete Begegnungen“ ist auch diese Geschichte in der dritten Staffel nach Ep.7 „Common Ground“ angesiedelt und mit einer kleinen aber feinen Verbindung zu Ep. 13 „Irresponsible“ ausgestattet, ohne letztere jedoch zu spoilern.

Disclaimer: Stargate Atlantis und seine Charaktere gehören MGM Television.
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Im geostationären Orbit über der Erde in einem getarnten Schiff
Mittwoch, nach 17.00 Uhr
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„Nein!“ Mit einem Wutschrei hob Acastus Kolya den Kopf – doch zu spät. Grelles, weißes Licht, aus dem sich metallene Ringe schälten erfassten ihm bereits, ein unangenehmer Sog schien ihn in tausend Stücke zu zerreißen.
Wer wagte es jetzt, seinem Kampf mit Sheppard ein Ende zu setzen? Zorn durchpulste ihn, der auch noch andauerte, als seine Reise ein jähes Ende hatte.
Ehe er sich versah, befand er sich in einem nüchternen Raum aus Metall. Schriftzeichen, die er nicht entziffern konnte, bedeckten die Wände. Sofort versuchte er auf die Beine zu kommen, doch da packten ihn schon kräftige Hände und zerrten ihn auf die Beine. Der Griff der beiden archaisch gekleidete Männer war eisern – fast so stark wie der von Wraith-Drohnen.
Und doch würde er nicht so einfach aufgeben und sich wie ein Tier zur Schlachtbank führen lassen. Er setzte sich zu Wehr und die Wut verlieh ihm ungeahnte Kräfte – leider doch nicht genug, um gegen seine Wächter anzukommen. Sie zeigten sich nicht einmal sonderlich beeindruckt von seinen Tritten.
Der Genii-Commander holte tief Luft und schaltete wieder um. Physischer Widerstand hatte also keinen Sinn. Also gab er seinen Widerstand auf und ließ er es zu, dass die Männer ihn aus dem Raum und durch einen kurzen Gang führten. Mit jedem seiner Blicke versuchte er sich Detail einzuprägen, die ihm bei einer späteren Flucht helfen sollten.
Wo war er hier? Das Vibrieren unter seinen Füßen und das Summen verrieten ihm, dass sich der Ort in Bewegung befand. Konnte das hier ein Raumschiff sein? Wenn dann gehörte es zu einem ganz anderen Volk, das er bisher noch nicht kennengelernt hatte, und dass er nicht verstand. Einerseits spürte er das Wirken von Technik, andererseits war die Umgebung, in der er sich aufhielt mehr als barbarisch. Welcher Wahnsinnige benutzte offenes Feuer um die Gänge und Räume zu erleuchten?
‚Ich darf nicht vergessen, wohin es mich verschlagen hat. Ich bin nicht mehr unter heimatlichen Sternen. Und das ist nicht das erste Mal, dass sich hier barbarische mit hochtechnischen Elementen mischen. Wie war das mit der Hütte, in der ich die letzten Tage verbracht habe? Wie passt diese in das Bild der Welt, auf die mich der Sturm gebracht hat?.’ Acastus Kolya presste seine Lippen aufeinander.
Die Männer schoben ihn unsanft in einen Raum, der von zwei breiten Sesseln und einer Konsole beherrscht wurde. Dahinter befand sich ein Fenster. Er konnte einen blau und weiß schimmernden Planeten am unteren Rand erkennen und darüber einen Sternenhimmel von ungewohnter Dichte.
„Hier ist der Gefangene, hohe Gebieterin!“
Im Gegensatz zu seinen Bewachern trug die Frau, die sich mit einer fließenden Bewegung aus dem Sessel erhob, die Kleidung der Menschen des Planeten unter ihnen. Aber war sie wirklich eine von ihnen? Ihre Augen wurden schmal, dann begannen sie zu leuchten. „Das ist nicht der Mann, den ich erwartet habe“, sagte sie mit ungewöhnlich dunkler Stimme. „Das ist nicht Lt. Colonel Sheppard.“
„Hohe Gebieterin, es war uns nur möglich diesen ...“
Mit einer barschen Geste gebot sie den Männern schweigen. „Dieser Tauri erscheint mir eher nutzlos. „Sie trat einen Schritt näher und musterte ihn genauer. „Und doch ist etwas Ungewöhnliches und Interessantes an ihm.“
Kolya starrte sie unverwandt an. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken. Etwas an der Frau erinnerte ihn an die Wraith, mochten es nun die leuchtenden Augen sein – oder ihre deutlich zu spürende unangenehme Aura. „Auf die Knie mit ihm!“
Seine Wächter brauchten eine Weile, um ihn in die demütigende Position zu zwingen. Dann erst hob die Frau ihre Hand. Aus einem daran befestigten Gerät schoss ein heller Lichtstrahl, den sie auf Kolyas Stirn richtete.
Der Genii Commander stöhnte. Nicht nur, dass ihn das Gleißen blendete, es drang durch die Haut und Knochen seines Schädels wie ein Messer. Doch anstatt zu töten übte es Zwang auf ihn aus.
Er versuchte dagegen anzukämpfen. Nein, sie durfte nicht, sie sollte nicht... er würde es nicht zulassen, dass sie seine Erinnerungen und Gedanken las wie ein Wraith.
„Du wirst mir sagen woher du kommst, und wer du bist.“
Das würde er zu verhindern wissen.
Oder auch nicht.
Er war Acastus Kolya. Kammandant der Streitkräfte der Genii und bis vor kurzem der zweite Mann hinter Chief Cowen. Er hatte auf seine Weile Kontrolle über das Volk ausgeübt um es gegen die Wraith zu verteidigen und wieder zur bedeutendsten Rasse neben den Wraith zu machen. Doch dann waren die Fremden aufgetaucht, deren Technik noch etwas weiterentwickelt war als die der Genii. Und sie hatten nach und nach seine Pläne zur Machtergreifung durchkreuzt und vielen guten Männern der Genii das Leben gekostet. Vor allem einer von ihnen ... John Sheppard. Durch diesen Bastard waren die letzten Missionen gescheitert und hatten dafür gesorgt, dass er in Cowens Schussfeld geraten war und die Genii ihn zum Renegaten erklärt hatten. Vor allem nachdem ein anderer den ihm rechtmäßig zustehenden Platz eingenommen hatte: Ladon Radim.
Noch einmal hatte er versucht, alles zu seinen Gunsten zu wenden und die neuen Lantianer zu erpressen, aber erneut hatte dieser verfluchte Sheppard den Spieß umgedreht und sich wider Erwarten aus der Opferrolle befreit, die er ihm zugedacht hatte. Nein, ab jetzt würde er diesem Mann keine Gnade mehr zugestehen. Jemand, der es auch noch schaffte, sich mit einem Wraith zu verbünden, musste endgültig aus dem Weg geräumt werden.
‚Nein. Nicht weiter... Es ist genug!’
Kolya warf den Kopf zurück, aber der Schmerz blieb und zwang ihn wieder auf sie und das Licht zu blicken. Sie drang sie bis zu den Innersten seiner Gedanken vor und wühlte in ihnen herum. Sie kannte dabei keine Rücksicht.
„Sehr interessant. Vielleicht lasse ich dich ja doch noch am Leben. Du bist wirklich ein erstaunlicher Tauri, und es ist die Zeit wert, sich noch ein wenig weiter mit dir zu beschäftigen.“
Was meinte sie damit? Doch ihm blieb keine Zeit mehr darüber nachzudenken, denn sie verstärkte ihre Folter. Kolya stöhnte und rang nach Luft.
Ihre beißende Stimme war das einzige, was ihn nun noch in einer Welt voller Schmerzen erreichte...



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In einen Vorort von Denver
Donnerstag, 2.30 Uhr
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Er schreckte zusammen, als eine Sirene nur eine Straße von seinem Block entfernt aufheulte. Waren sie ihm schon auf der Spur? Für einen Moment spannte er sich an, dann ließ er jedoch die Luft wieder pfeifend aus seinen Lungen entweichen. Nein. Die Sirene entfernte sich wieder. So wie immer, seit er in dem Wohnblock lebte. Es war doch nicht so dumm gewesen, sich in eine Gegend zurück zu ziehen, in der nicht der Abschaum lebte, sondern ganz normale Bürger ihre Wohnungen hatten, denn auch die verschlossen ihre Türen und Sinne vor dem, was sie nicht verstehen konnten und wollten.
Trotzdem dachte er einen Moment verärgert an seinen gestrigen Fehler. Er hätte dem zeternden Hundesohn im Wald das Fotohandy wegnehmen und nicht nur aus der Hand schlagen solle. Aber die Verfolger waren zu dicht hinter ihnen gewesen. Jede weitere Verzögerung hätte den Vorsprung seiner Begleiter und den seinen nur vermindert und sie in die Falle laufen lassen. Und dann wären sie alle in Erklärungsnot geraten, denn ihre Auftraggeber hätten sie fallen lassen wie heiße Kartoffeln.
Bestimmt war der Speicherchip schon durch den Schlag in Mitleidenschaft geraten. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie empfindlich die modernen Geräte waren. Und wie unsauber vor allem die Handys arbeiteten. Deshalb hatte er sich letztendlich doch lieber eine Digitalkamera zugelegt.
Er lächelte. Selbst wenn sie den Speicherchip fanden und seinen Inhalt rekonstruieren konnten, war die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie ihn identifizieren konnten. Und wenn, dann würden sie mit Sicherheit dazu zu lange brauchen. Technisch war das FBI sicher noch nicht so weit - und die Wunder würden eher auf seiner Seite sein. Er hatte genug Zeit, um seine Pläne durchzuführen und würde dennoch über alle Berge sein, ehe sie ihm auf die Schliche kamen.
Zufrieden nahm er einen tiefen Schluck aus der Saftflasche. Auf Alkohol verzichtete er, denn er wollte bei klarem Verstand bleiben. Nein, er musste sich keine Sorgen machen. Schließlich war es ihm bisher immer gelungen, seine Spuren zu verwischen, und das letzte Mal wo er in die Schar der Verdächtigen geraten war, lag über fünfzehn Jahre zurück. Damals in Boston hatte er einmal einen dummen Fehler begangen, danach nie wieder.
Sorgsam ließ er weitere Habseligkeiten in seiner Sporttasche verschwinden.
Vielleicht war unvorsichtig gewesen noch einmal hierhin zurück zu kommen, aber er hatte es einfach tun müssen, um seine Trophäen mit zu nehmen. Liebevoll strich er über eine alte hölzerne Schatulle – dem Erbe und Vermächtnis seiner Großmutter - in der es klapperte. Die moderne Technik machte es doch um so leichter, seine Sammlung mit sich zu nehmen. Früher war es immer ein Problem gewesen, die Videobänder mit sich herum zu schleppen, in den letzten Jahren hatte er sie nach und nach auf DVD‘s überspielt.
Als nächstes angelte er nach einer Mappe, die auf der wurmstichigen Kommode des vollmöblierten Zimmers lag und fluchte, als ihm der Plastikhefter zu Boden fiel und sich Teile seines Inhaltes auf dem Boden verteilte. Schnell rutschte er vom Sofa auf die Knie und sammelte die Schriftstücke und Fotos vom Boden auf.
Als er seine Hand unter das Sofa schob, um nachzufühlen, ob dort noch etwas lag, zog er sie gleich wieder angewidert zurück und wischte die klebrige Schmiere an dem abgewetzten Polster ab. Er unterdrückte einen Würgereiz. Nein, da musste er nicht noch einmal drunter greifen.
Für einen Moment hielt er eines der Fotos ins Licht. „Wir kriegen dich schon noch“, murmelte selbstvergessen und starrte auf das Bild eines Mannes mit strubbeligen dunklen Haaren, der eine Fliegerjacke der Air-Force trug.“Ich bekomme dich schon noch in meine Hände.“ Er leckte sich über die Lippen. „Und ich werde dich vom Einfluss der dreckigen Aliens befreien.“
Es gab Dinge, die wussten auch seine Kollegen vom Trust nicht. Und sie würden es niemals erfahren. Deshalb kam es ihm zupass, dass sie sich getrennt hatten, um es möglichen Verfolgern schwerer zu machen, sie aufzuspüren.
Er grinste in sich hinein. Ja, er war immer gut darin gewesen, nur die Hälfte von dem offen zu legen, was er fühlte und dachte, selbst als sie ihn bei der Aufnahme in den NID auf Herz und Nieren geprüft hatten. Darauf hatten ihn die zwei Jahre seines Exils in Mexiko vorbereitet, in denen er durch die „Kinder des Herrn“ in Gott geruht hatte.
Und dann – nach dem Zwischenfall mit dem jungen Mann, der behauptet hatte, von Außerirdischen entführt worden zu sein, und den er von seiner Seelenqual erlöst hatte, waren die Stimmen zurück gekehrt und hatten ihm befohlen, in die Staaten zurück zu kehren.
Durch die geheime Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Menschen vor dem verderblichen Einfluss der Fremden zu schützen, waren seine Möglichkeiten ins Unendliche gewachsen. Sein Gesicht verzog sich zu einer bösartigen Grimasse. Durch sie hatte er endlich ungestraft tun können, zu dem ihn die Engel des Herrn berufen hatten.
„Und tilge die vom Antlitz der Erde, die in den Pfaden der Teufel wandeln, die von den Sternen kommen. Denn nicht länger soll sich die böse Saat unter den Menschen verbreiten und ihre Herzen erfüllen. So spricht der Herr, befreie die von der Knechtschaft des Bösen, die sich der Finsternis geöffnet haben und sie in sich tragen: In ihrem Herzen, ihrer Seele, ihrem Blut und ihrem Geist“, sprach er das aus, was ihn seit seiner Kindheit tief bewegt hatte.
Es waren sein Erbe und seine Mission.
Seine Großmutter hatte ihn alles gelehrt was er wissen musste und ihm den Weg geebnet. Sie war nun eine von den Engeln, die ihm den richtigen Weg wies.
Noch einmal blickte er auf das Foto. „Du bist nicht auf Nimmerwiedersehen aus meinem Zugriff verschwunden, John Sheppard.“
Zum Glück war er in den letzten beiden Jahren der Verbindungsmann zu den Spitzeln gewesen, die der Trust unter dem Personal von Cheyenne Mountain und dem Militärhospital in Colorado Springs eingeschleust hatte. Also würde er gleich morgen früh seine Verbindungen spielen lassen.
Die Vorfreude stieg in ihm auf, denn er hatte schon eine ganz bestimmte Vorstellung, wie er den Lt. Colonel von dem Einfluss der außerirdischen Teufel befreien würde. Und das würde befreiender sein als die schnelle Liquidierung seines letzten Opfers.
Dr. Granger hatte gar nicht die Zeit bekommen, Reue zu empfinden. Diesmal würde er sich die Zeit dazu nehmen, seinem Opfer den rechten Weg zu weisen. Immerhin unterhielt der Trust einen geeigneten Ort in Colorado Springs, auf den so schnell niemand kommen würde, und wo er ihn hinbringen konnte. Dort...
Später. Über die Details konnte er sich Gedanken auf der Fahrt nach Colorado Springs machen.
Er stand auf und schulterte die Sporttasche. Nachdem er auch noch den Schweren Koffer mit seinem Laptop und der Fotoausrüstung aufgenommen hatte, blickte er sich in seinem Raum um. Das Stativ und noch ein paar andere Kleinigkeiten hatte er bereits im Wagen, und den Rest seiner Habseligkeiten benötigte er nicht mehr...


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Denver Memorial, Krankenzimmer von Dr. Tom Arquette
Donnerstag, 14.30 Uhr
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„Es tut mir leid, ich darf nichts mehr zu dem Fall sagen!“ Tom Arquette hob die Hände und sah Rachel Burke bedauernd an. „Heute morgen waren zwei Offiziere von der Air Force und ein Agent der NID hier. Sie befragten mich und danach musste ich eine offizielle Erklärung unterschreiben, Schweigen über die Sache zu bewahren. Die Polizei ist informiert.“
„Das darf doch nicht wahr sein! Die sind schneller und gründlicher als ich dachte.“ Rachel Burke seufzte und zuckte zusammen, als John Grant in den Raum trat.
Er schien die letzten Worte gehört zu haben. „Stell dir vor, dass hätte ich dir auch sagen können. Was meinst du wie oft uns früher beim FBI ein Riegel vorgeschoben wurde, wenn wir in fremden Gefilden wilderten? Die Army oder die Homeland Security sind da ziemlich rigoros. Und die lassen sowohl das FBI wie auch die Polizei regelmäßig dumm da stehen, weil sie die Akten auf Nimmerwiedersehen einziehen. Ich habe mir ein paar Leuten hier sagen lassen, dass das seit einigen Jahren sogar Normalzustand in Colorado Springs geworden zu sein scheint.“ Er lachte. „Muss wohl an der Nähe zu der streng geheimen Basis Cheyenne Mountain liegen. Ich nehme an, Bailey hat heute morgen auch schon entsprechende Anweisungen bekommen.“
„Ja, ich habe ihn, als ich ging, fluchen gehört. Alles was mit diesem Lt. Colonel John Sheppard von der Air Force zusammen hängt , steht unter Verschluss und muss dem zuständigen Stellen ausgehändigt werden. Wir konnten den Fall des Bombenlegers zwar aufklären...“ Sie blickte bedauernd auf Tom und legte ihre Hand auf seinen Arm. „Aber die Entführung ist der Zuständigkeit der Polizei und des FBI entzogen worden.“
„Das ist wohl der Lauf der Dinge!“ Tom grinste schief. „Ich hoffe, sie kriegen den Kerl, der mich so zugerichtet hat. Schade, dass ich nun nicht mehr in den Genuss komme, noch ein paar Wörtchen mit meinem Doppelgänger zu reden, und ihn zu fragen, mit was für seltsamen Leuten er es sich da verscherzt hat.“
Rachels Lippen zuckten. Für einem Moment sahen sich die beiden an. Im nächsten Moment zuckten sie zusammen und John nahm das Handy aus der Manteltasche. „Tut mir leid ...Ja, hier ist John Grant!“
Er lauschte aufmerksam. Rachel zog ihre Hand von Toms Arm zurück, als sie bemerkte, wie das Gesicht ihres Kollegen immer ernster wurde. „Ja, ich habe verstanden. Wir kommen sofort ins Büro zurück.“ Dann nahm er das Mobiltelefon vom Ohr und schaltete aus. „Es tut mir leid, euch Turteltauben zu trennen, aber Bailey möchte, dass wir sofort ins FBI-Büro zurück kommen, Rachel. Es geht um den Granger-Fall.“
„Daran hast du doch gearbeitet, während wir hier beschäftigt waren.“
„Ja. Aber offensichtlich haben sich neue Spuren ergeben, die hier nach Denver führen.“
Rachel Burke nickte und blickte dann Tom Arquette an, der sie anlächelte. „War schön, dich noch mal wieder zu sehen, Rachel. Wenn du noch mal Zeit haben solltest, du weißt ja, wo ich bin. Ein paar Tage wollen die mich hier schon noch behalten...“ Er wirkte jetzt sehr müde und erschöpft.
„Ja, ich werde daran denken. Wenn ich Zeit erübrigen kann, dann schaue ich noch einmal vorbei.“ Rachel Burke beugte sich vor und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. „Auf Wiedersehen, Tom.“ Sie lächelte, aber sie wusste, dass sie ihn wohl nicht mehr besuchen würde.
Das Gespräch mit ihm, bevor John aufgetaucht war hatte zu viele bittere Erinnerungen und den Schmerz über den Tod ihres Bruders Danny aufgewühlt. Und sie hatte festgestellt, dass sie ihn nun, nach all diesen Jahren nicht mehr als Freund betrachten konnte, allenfalls als Bekannten. Daher hatte es keinen Sinn mehr, diese Bekanntschaft aufzufrischen.



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FBI-Büro, Denver
Donnerstag 13.30-15.00 Uhr
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‚Ich hasse es, einen Fall entzogen zu bekommen.’ Auch wenn er sich in seinen langen Dienstjahren daran gewöhnt hatte, das es dann und wann geschehen konnte, war es immer noch ärgerlich genug. Vor allem nach dem, was Rachel und er bei ihrem letzten Fall erlebt hatten.
Deshalb hatte er sich nach dem Besuch des Army-Geheimdienstes und der Homeland Security mit dem Granger-Fall abzulenken versucht. John hatte die neuen Indizien und Fotos vom Tatort mitgebracht, aber keine weiteren Erkenntnisse.
Missmutig blätterte er durch die Akte.
Dr. Granger hatte mehrere Bücher publiziert, in denen er versucht hatte, das Wirken von Außerirdischen auf der Erde nachzuweisen. Gerade in seinem letzten schien er darauf hin gewiesen zu haben, dass es damit immer noch nicht vorbei sei. Dabei hatte er sich auf die etwa zwei Jahre zurückliegenden Medienauftritte des Industriellen Colson gestützt, in denen dieser behauptet hatte, Beweise für eine Raumschlacht über der Antarktis und die Existenz der Roswell-Aliens zu haben. Der FBI-Techniker hatte ihm entsprechende Webseiten gezeigt, die den Inhalt immer noch wiedergaben, auch wenn die Veröffentlichungen von Colson-Industries schon längst zurückgerufen und der Firmenbesitzer seither unauffindbar war. Auch dort schien die Army ihre Finger mit im Spiel gehabt zu haben.
Grangers Buch hatte offensichtlich neues Öl auf das Feuer gegossen. Die Diskussion war wieder aufgeflammt. Und auch Bailey war inzwischen geneigt...
‚Du hast genug Gedanken darauf verschwendet.’ Mit dieser Ermahnung kehrte er zurück zum eigentlichen Fall. Dr. Granger war von einen Freund Tage nach seinem Tod in der eigenen Wohnung aufgefunden worden. Der Mörder hatte ihn mit einem schweren Beruhigungsmittel kaltgestellt. Zum Tode durch Ersticken hatten Seiten seiner Bücher, die der Täter ihm in die Kehle gestopft hatte, geführt. Und Kratzer auf dem empfindlichen Parkett des Zimmerbodens deuteten darauf hin, dass der Sterbende bei seinem Todeskampf gefilmt worden war.
Der Mord trug damit die Handschrift eines Serienkillers, der mit kurzen Unterbrechungen seit zwanzig Jahren mordete. Seine Opfer entstammten allen gesellschaftlichen Schichten – unter anderem ein Cowboy aus Nevada, eine Prostituierte aus den Slums von New Orleans, ein Geschäftsmann aus Boston, ein Drogendealer aus New York oder ein Hotelbesitzer in Miami. Alle hatten jedoch eine Gemeinsamkeit: Sie waren durch die Klatschpresse aufgefallen, weil sie mehrfach über ihre Begegnungen mit Aliens berichtet hatten.
Nachdenklich er zog die Kopie eines alten, sehr blassen Fotos aus der Akte. Das Original hatte durch einen Brand im Bostoner Archiv schon längst das Zeitliche gesegnet. Es war der einzige Hinweis, den sie auf den Täter hatten. Vor fünfzehn Jahren hatte er zu den Verdächtigen gehört, hatte sich aber entlasten können. Seither fehlte jede Spur von ihm. Niemand hatte seither mehr den Namen ‚Daniel Hiob Reardon’ und die dazugehörige Sozialversicherungsnummer benutzt.
Dann schreckte er plötzlich auf. Jemand stand hinter ihm und beugte sich nun überrascht vor. Unangenehm berührt wollte der Profiler aufbrausen, doch dann erkannte er, wer es war.
„Oh, entschuldigen Sie, Sir.“ Der Techniker deutete auf die Kopie. „Darf ich mir das mal eben ausleihen?“
„Warum?“ Bailey musterte ihn erstaunt. „Was ist damit?“
„Das sieht.... Ach, kommen Sie einfach mal mit, Mr. Malone.“
Bailey begleitete den Techniker neugierig zu seinem Arbeitsplatz. Nachdem dieser bereits im Fall des Bombenlegers gute Arbeit geleistet und entscheidende Hinweise gefunden hatte, vertraute er dessen Gespür. Der Mann scannte die Kopie, dann gab er ihm das Blatt sofort wieder zurück. Er schaltete wieder zurück auf das Fenster in dem er ein Bild bearbeitet hatte.
„Ich habe mir erlaubt, den Inhalt des Speicherchips zu rekonstruieren, den unsere Leute aus einem Handy entfernt haben. Ein Spaziergänger hat ganz offensichtlich die Unbekannten fotografiert, die bei der Ermittlung gegen den Bombenleger in den Sperrbezirk eingedrungen waren. Ich wollte rekonstruieren, ob vielleicht einer davon auf unseren Fahndungslisten steht.“
Bailey legte den Kopf schief. „Und?“
Der Techniker benutzte das Programm, um das kleine Bild in schlechter Auflösung so aufzuwerten, dass man schließlich mehr als nur Pixel sah. Wenn auch etwas unscharf zeichneten sich zwei halbe und ein ganzes Gesicht auf dem Bildschirm ab. Er benutzte einen Ausschnitt um noch etwas an der Qualität zu arbeiten, dann schien er zufrieden zu sein. Als nächstes stellte er dem so gewonnenen Bild den Scan der Kopie gegenüber.
Bailey zog scharf die Luft ein.
Er verglich die beiden Gesichter aufmerksam miteinander. Fünfzehn Jahre hatten ihre Spuren in dem Gesicht des Mannes hinterlassen, aber es konnte keinen Zweifel geben. Das war der Verdächtige von damals. Das konnte kein Zufall sein.
„Machen sie mir bitte einen Ausdruck davon.“ Bailey blieb äußerlich ruhig, innerlich war er erleichtert, endlich wieder einen neuen Ansatz in diesem Fall zu haben.
„Natürlich, Sir.“ Der Techniker grinste und drückte ein paar Tasten. Summend schaltete sich der Laserdrucker in seiner Nähe an und spuckte nach kurzer Zeit ein fein auflösendes Foto aus.
„Ich werde die Ähnlichkeit noch mittels entsprechender Programm überprüfen und dann einen Suchlauf in den Einwohnermeldeämtern und Verbrecherkarteien des Staates Colorado laufen lassen, aber das wird naturgemäß einige Stunden dauern. Vielleicht besteht der unwahrscheinliche Fall, dass der Mann sogar hier gemeldet ist.“
„Danke.“ Bailey nickte und kehrte zu seinem Platz zurück. Als nächstes nahm er sein Mobiltelefon und wählte die Nummer von John Grant.

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„Du hast neue Erkenntnisse im Fall Granger? Wie denn das? Ich dachte, ich hätte alles mitgebracht.“ John Grant stützte sich auf den Schreibtisch und sah Bailey Malone abwartend an. Rachel trat an seine Seite. Sie wirkte ebenfalls sehr neugierig.
Malone lächelte unergründlich. „Ja. Wir haben einen möglichen Verdächtigen, und es ist kein Unbekannter. Erinnerst du dich noch an den Mord an dem Geschäftsmann James Cameron Breckenridge aus Boston?“
„Ja, natürlich erinnere ich mich. Das war doch so ziemlich einer der ersten Morde nach dem Schema dieses Serientäters!“ John runzelte die Stirn. Sein Vorgesetzter nahm indessen die alte Kopie und das frische Foto aus der Akte und legte beide nebeneinander auf den Tisch.
Grant stutzte und grinste dann. Er tippte auf das neue Bild. „Sieh an, die Ähnlichkeit ist unverkennbar.“ Er hielt die beiden Bilder nebeneinander. „Das könnte der gleiche Mann sein. Wo hast du denn das Foto aufgetrieben?“
Bailey suchte Rachels Blick. „Es stammt aus unserem letzten Fall. Glücklicherweise hat der Techniker eine Kopie angelegt, ehe die ganzen Unterlagen und Beweise im Fall Arquette eingezogen wurden. Der Kerl hier gehörte zu den drei Männern, die unberechtigt in das von FBI und Polizei abgesperrte Gebiet im Bombeleger-Fall eindringen wollten. Durch einen verärgerten Spaziergänger, den sie dabei fast über den Haufen liefen und dessen Reaktionsschnelligkeit, wurden ihre Gesichter durch ein Foto-Handy festgehalten.“
Rachel zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Sie nahm John das neuere Foto aus der Hand und holte tief Luft. Dann setzte sie sich, während John Grant mit den Fingern auf den Tisch klopfte. „Und was jetzt? Er kann schon längst wieder über alle Berge sein. Zumindest haben wir jetzt ein neueres Bild von ihm. Wenn er...“
„Nein. Etwas sagt mir, dass er uns näher ist, als wir denken.“
John Grant sah seine Kollegin an und verdrehte die Augen. Wie immer hielt er nicht viel von den Vermutungen seiner Kollegin. Doch inzwischen hatte er gelernt den Mund zu halten und zuckte nur mit den Schultern. „Na gut, wie du meinst, Rachel. Und wo fangen wir an, ihn zu suchen?“
Bailey deutete auf den, beschäftigten Techniker, der aufmerksam seinen Bildschirm studierte und immer wieder Eingaben machte. „Er arbeitet schon daran. Der Mann erstaunt mich immer wieder. Ich glaube er ist Forensiker aus Leidenschaft.“
Rachel Burke musste unwillkürlich lächeln, als sie einen Blick über die Schulter riskierte. „Ja, das kann ich bestätigen“, erklärte sie John. „Er hat uns auch schon im letzten Fall sehr geholfen. Jetzt würde ich allerdings vorschlagen, dass wir den Fall noch einmal genau durchgehen.“
Nun setzte sich auch John. „Ich habe nur darauf gewartet, dass du das sagst und keinerlei Einwände. Gehen wir es an.“



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Cheyenne Mountain, Krankenstation
Donnerstag gegen 17.00 Uhr
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„Wenn General O’ Neill morgen mit Lt. Colonel Sheppard gesprochen hat, werde ich ihn bis zum Abflug der Daedalus in das Eveins Army Community Hospital verlegen lassen. Die Krankenstation ist zu klein und wir könnten das Bett jederzeit brauchen. Außerdem möchte ich, dass Dr. Mackenzie ein paar Worte mit ihm wechselt“, erklärte die dunkelhaarige Ärztin mit den leicht asiatisch wirkenden Gesichtszügen, dem neben ihr entlang gehenden General Landry. „Körperlich erholt er sich sehr schnell. Aber er hat trotz der Beruhigungsmittel sehr schlecht und unruhig geschlafen. Einige seiner Werte im EEG gefallen mir überhaupt nicht. Der Mann scheint etwas nicht richtig verarbeiten zu können.“
„Ich habe Dr. Beckett bei unserem wöchentlichen Datenaustausch mit Atlantis gebeten, die Krankenakte des Lt. Colonels zu übermitteln. Ich denke, mittlerweile ist sie schon aus dem ganzen Paket extrahiert und für dich abrufbar“, entgegnete der militärische Leiter von Cheyenne Mountain. „Und wie macht sich dein Patient sonst?“
„Ganz gut.“ Die Ärztin verzog das Gesicht und schien nicht zu wissen, ob sie lachen oder weinen sollte. „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so gut mit den Augen flirten kann. Er hat bisher nicht viel gesagt, aber das weibliche Personal ist entzückt von ihm. Mindestens zwei hat er offensichtlich schon um den Finger gewickelt.“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Mir hingegen erscheint er sehr eigenwillig.“
Landry schmunzelte in sich hinein. „Das ist keine schlechte Einschätzung seines Charakters, Carolyn. Falls du das Gefühl hast, dass er in der Nacht ausbüchsen möchte, instruiere ruhig die Wachen entsprechend.“
„Danke für den Hinweis. Ich werde das in Betracht ziehen. Ist er wirklich so schlimm?“
Der General zuckte mit den Schultern. „Zumindest tut er sich laut seiner Akte manchmal etwas mit den Befehlen von Vorgesetzten schwer. Vermutlich ist es bei Ärzten, die ihm Anweisungen geben, auch nicht anders.“
Dann erreichten sie die Krankenstation. Während der General seinen Weg zum nächsten Aufzug fortsetzte, betrat die junge Frau den Raum und ließ ihren Blick über die Betten schweifen. Zwei Verletzte aus einem gerade erst vor einigen Stunden zurückgekehrten SG-Team schliefen durch die entsprechende Medikation ruhig, vom hintersten Bett her war allerdings leises Piepen zu hören.
Die Augen der Ärztin wurden schmal und sie trat leise näher. Jemand hatte das Bett so gestellt, dass der dunkelhaarige Lt. Colonel sitzen konnte. Obwohl seine Hände verbunden waren, hielt er einen Palmtop und den dazugehörigen Sensorstift in den Händen.
Dr. Carolyn Lam runzelte die Stirn. Dann griff sie kurzentschlossen zu und nahm dem Mann beides aus den Händen.
John Sheppard blickte verdutzt hoch.
„Das tut ihren Händen nicht gut, Lt. Colonel“, erklärte Dr. Lam streng. „Wenn sie diese weiter so krümmen, dann werden sie noch viel Spaß mit den Narben bekommen.“
„Aber ich habe doch nur ein wenig Solitär gespielt!“ Seine Stimme klang verwirrt und flehend, aber seine Augen verrieten etwas anderes. Wer so unschuldig dreinblickte, der wusste genau, was er angestellt hatte.
„Keine Spiele und auch keine Widerrede, verstanden?“
Da sie noch etwas anderes zu tun hatte, wandte sie sich ab, drehte sich aber sofort wieder um, als sie ein verdächtiges Rascheln hörte. Genervt nahm sie ihm die Zeitung aus den Händen. „Wie wollen sie die eigentlich vernünftig umblättern?“
„Ich finde schon einen Weg, ohne meine Hände zu krümmen oder zu verbiegen.“ Dr. Lam verdrehte die Augen. Kurzerhand sammelte sie die Gaben ein, die wohlmeinende Geister dem dunkelhaarigen Mann gebracht hatten, dann setzte sie ihm kurzentschlossen Kopfhörer auf und schaltete den MP3-Stick an. „Zufrieden?“
Wieder dieses jungenhafte und spitzbübische Grinsen, dann eine leidende Miene. „Das ist zwar nicht mein Musikgeschmack, aber ...“
Er verstummte, denn er wusste ihren finsteren Blick durchaus zu deuten. Dann ließ er sich gehorsam in die Kissen sinken, ohne noch einmal etwas mit den Händen anzustellen.
Die resolute Ärztin seufzte genervt und entfernte die Zeitschriften, Zeitung und den Palmtop aus der Reichweite des Patienten. Erst dann zog sie sich in ihr Büro zurück. Nachher würde sie wohl noch ein ernstes Wort mit ihren Mitarbeiterinnen reden müssen.
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