"Weißt du, was ich mich manchmal frage?", erklang leise Johns Stimme und Rodney ließ sich aus der dämmernden Dunkelheit ziehen.
Er war müde und sein Gehirn brauchte einen Moment, um in die Wirklichkeit zurück zu kehren.
"Nein", antwortete er ebenso leise, hielt die Augen nach wie vor geschlossen und war nur minder neugierig auf das, was John als Nächstes sagen würde. Er war schon fast eingeschlafen gewesen und hasste es, aus dem Halbschlaf gerissen zu werden.
"Ist es einfach nur Sex, oder gibt es da mehr?", fragte John und nun öffnete Rodney seine Augen doch, blickte den Mann neben sich fragend an und war einen Moment verblüfft.
Sie hatten bisher nur selten ein Gespräch nach dem Sex geführt, es hatte sich einfach so gut wie nie ergeben und man konnte sie beide auch nicht gerade als sehr kommunikativ bezeichnen.
Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was er auf Sheppards Frage erwidern sollte. War es einfach nur Sex?
"Nun ich weiß nicht", antwortete er schließlich zögerlich, sich bewusst, dass dies wohl kaum eine Antwort auf die Frage war. Er war doch sonst immer solch ein Genie, wieso also fiel im spontan nichts Schlaueres ein? Stumm verfluchte er sich für seine nun völlige Unwissenheit und schüttelte nachdenklich den Kopf.
Eine anhaltende Stille bildete sich zwischen ihnen und jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen.
Rodney hatte sich noch nie viele Gedanken darüber gemacht, es hätte einfach unweigerlich zu Fragen geführt, die er sich lieber nicht stellen wollte. Der Realität ins Auge zu blicken tat manchmal, oder eigentlich immer, mehr weh, als wenn man es einfach ignorierte und aus diesem Grund hatte er es vermieden.
Sie hatten Sex, guten Sex und dennoch war es immer nur Sex gewesen, nicht mehr. Sich darauf etwas einzubilden hätte für ihn nur fatale Folgen gehabt und so hatte er es nicht weiter verfolgt. Bis zu diesem Moment, denn offensichtlich verlangte Johns Frage eine richtige Antwort. War Sex das Einzige, was sie verband oder gab es da mehr? Rodneys Ansicht nach verband sie eine Freundschaft und okay, ihre Freundschaft war nicht immer die Beste gewesen, es gab ständig Reibereien und kleinere Katastrophen, dennoch waren sie Freunde und ihre Freundschaft hatte bereits das Ein oder Andere aushalten müssen.
Wenn sie nicht befreundet wären, würden sie jetzt sicher nicht hier liegen, entspannt nach angenehmem Sex und sich fragend, ob es da mehr gab.
Jedenfalls nicht, wenn es nach Rodney ging. Was John über dieses Thema dachte, wusste er nicht, der Colonel hatte schon die eine oder andere Affäre gehabt und da war sicherlich keine Freundschaft im Spiel gewesen.
"Was denkst du darüber?", wollte er schließlich wissen, da er die drückende Stille nicht mehr aushielt.
Sheppard schwieg einen Moment, schien nachzudenken, was er sagen sollte und McKay konnte es ihm nicht verübeln.
"Ich weiß es auch nicht", erklang schließlich die Antwort und Rodney fand sie unbefriedigend, konnte John allerdings auch keinen Vorwurf machen, denn seine eigene Antwort war genauso unbefriedend gewesen.
"Wir sind befreundet", meinte er schließlich und drehte seinen Kopf zur Seite, um nachdenklich an die Wand zu starren.
"Ja, aber das meine ich nicht", sagte John und Rodney wollte schon verbissen fragen: 'Was meinst du dann?', doch er wusste es sehr wohl.
"Ich denke, eine Freundschaft ist wie der Aufbau einer guten Rechnung. Mit irgendetwas muss es ja beginnen und es muss etwas sein, das man weiterführen kann." Johns leises Lachen erklang und auch Rodney konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Selbst in seinen Ohren klang es irgendwie idiotisch, doch es war seine Sicht der Dinge und besser konnte er es einfach nicht erklären. Ihre Freundschaft war nun mal wie ein Grundgerüst, das in der letzten Zeit, nicht allein wegen ihrer tiefer werdenden Freundschaft, immer wieder erweitert worden war.
Sie waren noch lange nicht am Ende angekommen, doch gerade diese Ungewissheit, wohin das Ganze führen würde, machte das Leben ja so interessant.
"Es ist zwar ein komischer Vergleich, aber ich muss dir zustimmen", drang Johns Antwort durch die Dunkelheit zu ihm hindurch. "Ich denke aber, dass es ist mittlerweile nicht nur mehr eine Freundschaft", fügte er zögerlich hinzu, klang allerdings nicht vollends überzeugt. Rodneys Herz zog sich zusammen, ob aus Freude oder Angst, er konnte es nicht genau sagen.
"Es gibt also mehr als nur den Sex und die Freundschaft?", fragte er und war nicht gewillt, tiefer in seinen eigenen Gefühlen herumzustochern, nur um eventuell etwas zu finden, was er auf jeden Fall hätte aussprechen müssen. Es war feige und er wusste es, doch er brauchte die Gewissheit, dass da etwas vorhanden war. Es gab ihm Sicherheit und auf diese Sicherheit konnte er dann bauen.
"Ja", kam Johns langsame Antwort und ein Lächeln erschien auf Rodneys Gesicht. Es war genau das, was er hören wollte.
"Ich denke, irgendwann können wir deine Frage genauer beantworten", meinte er schließlich und seufzte leise. "Es ist immerhin ein Anfang", setzte er noch hinzu, denn so wie John ihm Hoffnung machte, wollte er ihm das ebenfalls so gut es ging ermöglichen.
Sheppards Frage würde sie Beide zum nachdenken bringen und der morgige Tag hatte wahrscheinlich bereits die ein oder andere genauere Antwort parat, jedenfalls hoffte er es.
Er kuschelte sich wieder in die Kissen, verdrängte Sheppards Frage und versuchte, nun endlich einzuschlafen.
Ein leises und zustimmendes "Ja" von John war das Letzte, was in dieser Nacht gesprochen wurde.
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