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"Solitary Man" no more von Arielen

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Kapitel 4
Schatten der Vergangenheit
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Sheppard schien aus allen Wolken zu fallen. Offensichtlich hatte Beckett ihn noch nicht darüber aufklären können oder wollen, dass er sich in einer militärischen Einrichtung befand, die unter der Leitung der Air Force stand. Doch das Erstaunen – und Entsetzen währte nur einen Moment. Dann fing sich der Mann auf dem Bett wieder und sein Gesicht erstarrte zu einer frostigen Maske.

„Guten Tag, Mr. Sheppard. Wie ich sehe, haben Sie sich weitestgehend von ihren Verletzungen erholt“, entgegnete er ruhig und ignorierte das feindselige Funkeln in den Augen des Liegenden, der seine Hände in die Decken krallte und mit allem Kräften zu verbergen versuchte, wie nervös und aufgebracht er war. “Ich bin General O’Neill.“

Bei allem was er in der Akte gelesen hatte, konnte er Sheppard sehr gut verstehen und nahm ihm sein abweisendes Verhalten nicht krumm. Er wusste noch zu genau, wie unfreundlich er nach dem Tod seines Sohnes Charlie auf die Vertretern der Regierung und der Air Force reagiert hatte, als sie mit einer ganz besonderen Bitte auf ihn zugekommen waren.
Damals hätte er die Männer am liebsten auch zum Teufel gejagt. Doch heute war er ihnen fast schon dankbar für ihre Hartnäckigkeit, denn sie hatten ihm die Chance gegeben, seinem Leben noch einmal einen Sinn zu verleihen und Buße für sein Versäumnis mit der Waffe zu tun.

„Guten Tag, Sir“, murmelte Sheppard verhalten und misstrauisch. „Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?“

„Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, Mr. Sheppard.“ Jack räusperte sich und beschloss mit dem Mann ehrlich zu sein, denn er mochte Drumherumgerede der Politiker und Bürokraten auch nicht sonderlich, wenn es um sein Leben oder seine Zukunft ging. „Ich wollte mir Sie noch einmal genauer ansehen, weil Sie ein gewisses Problem für uns darstellen. Zudem mache ich mir gerne selbst ein Bild von der Lage, wenn ich die Zeit dazu habe.“ Sein Tonfall wurde ernst. „Sie haben in den letzten Tagen eine ganze Menge über Dinge erfahren, die ihnen als Außenstehendem eigentlich hätten verschlossen bleiben sollen. Und nun muss ich sicher sein, dass Sie darüber den Mund halten werden. Für den Rest ihres Lebens.“

„Ach daher weht der Wind.“ Sheppard lachte bitter auf. „Das Problem wäre vermutlich keines, wenn ich in der Wüste verreckt wäre. Sie hätten mich nur nicht wieder zusammen flicken müssen.“
Diese Antwort hatte Jack erwartet. „Ja, das hätten wir, da haben Sie recht. Das würde uns allen vieles ersparen.“

Wut blitzte in den Augen des anderen auf. Dann wieder Resignation.

„Aber... ich persönlich denke nicht so.“ Jack trat näher an das Bett heran und erzwang die Aufmerksamkeit Sheppards. „Ich teile sehr wohl die Ansicht der Menschen, die ihren Arsch gerettet haben, auch wenn sie damit für sich selbst ein Disziplinarverfahren riskierten -Wir lassen niemanden zurück, so lange noch eine Chance besteht ihn zu retten.“

Dabei sah er dem Mann tief in die haselnussfarbenen Augen und nahm mit Befriedigung dessen stummen Aufschrei wahr.

Ja, er hatte mitten ins Schwarze getroffen. Das hatte gründlich gesessen!

Zwar wandte John Sheppard nun hastig den Kopf ab, aber ein Schritt zur Seite ermöglichte Jack dennoch in seinem Gesicht wie in einem offenen Buch zu lesen. Da waren Scham und Verzweiflung. Schuld und Bitterkeit, aber auch Wut darüber, das Jack wohl eine seiner wunden Stelle erwischt hatte.
Abergenau das war die Absicht des Generals gewesen. Und er beschloss noch eines drauf zu setzen: „Auch wenn von Anfang an klar ist, dass wir uns damit eine ganze Menge an Ärger und Schwierigkeiten einhandeln würden.“

Sheppards Kiefer zuckten. Er riss zwei Elektroden ab, als er sich abrupt aufsetzte. „Und ... was bedeutet das jetzt für mich?“, fragte er mit gepresster Stimme. Die Hände krampften sich fester in die Laken.

Eine Weile herrschte Schweigen – nur durchbrochen vom Brummen und Piepsen der Geräte im Raum.

„Erst einmal, Mr. Sheppard, werden Sie sich erholen. Auch wenn die Naniten ihre Zellstruktur wiederhergestellt haben, so bedeutet das noch nicht, dass Sie wieder auf den Beinen sind. Der Körper und vor allem ihr Geist müssen diesen Schock noch verarbeiten und das dauert eine Weile“, mischte sich Carson Beckett entschieden ein, der besorgt die Geräte über dem Bett musterte und eine Hand auf die Schulter Sheppards legte, um ihn sanft in die Kissen zurück zu drücken und dann die Elektroden wieder dort zu befestigen, wo sie abgefallen waren. Der Arzt sah Jack O’Neill danach tadelnd an. „Mein Patient sollte sich so kurz nach dem Aufwachen aus dem Koma nicht unbedingt aufregen. General, dürfte ich deshalb darum bitten–“

„Das war freundlich ausgedrückt, ein Rauswurf - oder Dr. Beckett?“
„Ich muss Sie doch nicht daran erinnern, dass dies hier eigentlich die Intensivstation ist und kein Befragungsraum?“
„Ah ja, stimmt, dass war mir einen Moment entfallen...“ Jack tat so, als werde ihm das erst jetzt wieder bewusst und er grinste den Arzt entschuldigend an. „Okay, dann kümmern Sie sich weiter um Mr. Sheppard und sehen Sie zu, dass er bald wieder auf die Beine kommt.. Ich muss ohnehin zurück nach Washington. Aber ich denke, Sie werden mich auf dem Laufenden halten.“

Er musterte den Liegenden noch einmal prüfend, der wieder ein verschlossenes Gesicht machte, um seine Gefühlsregungen nicht zu zeigen. „Ich denke, wir sprechen uns in ein paar Tagen noch einmal, oder Mr. Sheppard?“
Ob Sheppard wirklich etwas sagte, konnte Jack O’Neill nicht sagen. Für ihn klang die Antwort eher wie ein verächtliches Schnauben als Worte.
Das war nicht so schlimm. Er hätte sich in einer solchen Lage ähnlich verhalten. Deshalb wandte er sich ab und verließ den Raum.

Erst als sich die Tür zu Intensivstation hinter ihm geschlossen hatte, erlaubte er sich ein zufriedenes Lächeln. Dieser kurze Wortwechsel mit John Sheppard hatte ihm mehr über den Mann verraten, als die gesammelten Informationen aus der Akte, die nun auf Landrys Schreibtisch lag und vermutlich in den nächsten Tagen um einige Berichte anwachsen würde.


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Fünf Schritte hin, fünf zurück. John durchmaß unruhig den Raum. Oder sollte er besser sagen – die Zelle?

Mit finsterem Gesicht blieb er stehen und musterte finster das Etagenbett. Auf der unteren Pritsche lagen zerwühlte Decken, die andere war bis auf die Matratze leer. Eine halboffene Tür daneben führte in den kleinen Sanitärbereich, der aus einem Metallwaschbecken und einer Toilette bestand. Duschen hatte er zuletzt in den Sanitätsräumen bei der Krankenstation können.

Neben einem türlosen Spind mit Unterwäsche und T-Shirts zum Wechseln befanden sich nur noch ein Tisch und drei Stühle in dem Raum. Das Tablett mit den Essensresten , einem MP3-Player und ein paar Zeitschriften verrieten, dass man es ihn an nichts fehlen ließ.

Aber er war kein freier Mann.

Seit ein paar Tagen war der Raum neben der Krankenstation und den Gängen, die zu ihr führten das einzige, was er zu sehen bekam. Zwar bestand die Tür nach draußen nicht aus einem Gitter, aber sie war aus massivem Stahl und fest verschlossen. Durch eine Klappe konnte man einen Blick nach innen werfen. Und den gelegentlichen Geräuschen zufolge hielt ein Mann davor Wache.

Man wollte also nicht, dass er hier herum lief. Gut verständlich, bei einer militärischen Basis, die auch noch streng geheim war, wie er inzwischen erfahren hatte.

Er hob den Kopf und studierte die Decke. Die Überwachungskameras, die jeden seiner Schritte aufzeichneten waren jedoch zu gut versteckt, um sie sehen zu können, obwohl er sich leicht ausrechnen konnte, wo sie sich befunden mussten, um den ganzen Raum zu erfassen. Und das wusste er nicht schon, seit er den Lehrgang zum Detective durchlaufen hatte, auch in dem ein oder anderen Spezialtraining bei der Ait Force hatte er entsprechende Schulungen durchlaufen.

Trotzdem wollte er Groll nicht geringer werden. Hatten sie ihn nicht schon genug auseinander genommen?

Über Langeweile hatte er sich jedenfalls nicht beklagen können. Seit Dr. Beckett ihn aus der Intensivstation entlassen hatte, und er in diesen Raum gebracht worden war, hatten ihn immer wieder Männer und Frauen aufgesucht und Fragen gestellt.
Es waren Fragen über sein Elternhaus, die Beziehung zu seinen Eltern und seinen Geschwistern gewesen. Über seine Ausbildung – die Schule und das Studium. Dann natürlich seine Militärzeit und vor allem deren jähes Ende. Die Jahre danach, in denen es immer weiter abwärts gegangen war und schließlich der Zwischenfall in der Wüste.

John hob die Hände und rieb sich über die Augen. Nach manchen dieser Verhöre hatte er sich gefühlt, als habe ihn jemand durch die Mangel gedreht, auch wenn er seinen Gegenüber freiwillig Rede und Antwort gestanden hatte. So wie damals im Militärgefängnis, als ohnehin alles egal gewesen war.

Auch wenn die Männer diesmal etwas sanfter mit ihm umgesprungen waren, weil sie nicht auf Teufel komm raus seine Schuld beweisen wollten, hatten sie dennoch alle alten Wunden wieder gründlich aufgerissen.
Nie zuvor in den letzten fünf Jahren war er sich seiner Vergangenheit so bewusst geworden, hatten ihn jemand dazu gezwungen, darüber nach zu denken, warum er sich gerade für diesen und keinen anderen Weg entschieden hatte, nachdem ihm nach dem Abschluss des College so viele Tore offen gestanden hatte.

Er verzog das Gesicht. Andererseits – war das noch wichtig?
Schließlich war die Vergangenheit nicht mehr zu ändern. Er hatte sich eben in eine Sackgasse manövriert, aus der es schwerlich ein Entkommen und schon gar keinen Neuanfang gab.

Am angenehmsten von seinen Gesprächspartner war noch General Landry gewesen, der Leiter dieser geheimen Einrichtung, die man das „Stargate Center“ nannte. NORAD war offensichtlich nur die offiziell sichtbare Spitze dieses Eisbergs und der Cheyenne-Mountain-Basis. Nicht einmal in seiner Zeit bei den Special Forces hatte er überhaupt geahnt, was hier unten ablief, obwohl er einmal für ein paar Wochen hier in der Nähe stationiert gewesen war. Deshalb verstand John die ganzen Sicherheitsmaßnahmen, auch wenn er im Moment der Leidtragende war.

Immerhin hatte der General hatte auch ein paar seiner eigenen drängenden Fragen beantwortet.

Eines war dadurch sicher. Draußen vermisste ihn keiner, da die Las Vegas Police nichts über den Trailer in der Wüste erfahren hatte und ihnen der Fall mit den mumifizierten Leichen ohnehin entzogen worden war. Er selbst hatte ja schließlich alle Brücken zu seinen Kollegen und den wenigen Bekannten abgebrochen, als er gekündigt und sich aus Las Vegas abgesetzt hatte. Sollte jemand nachforschen wollen – die Spur würde buchstäblich im Sand der Wüste verlaufen.
Auf der anderen Seite war von höherer Stelle aus noch nicht über sein Schicksal entschieden worden. Offensichtlich wollte man erst einmal die Berichte und Gutachten über seinen jetzigen Zustand abwarten, ehe man etwas unternahm.
John verzog das Gesicht und malte sich sein Schicksal in Gedanken aus: ‚Wenn es also hart auf hart kommt, werde ich diesen Ort entweder als lebloser Körper in einem Blechsarg oder unter Medikamente gesetzt in einer Zwangsjacke verlassen.’

Weitaus unangenehmer als der General waren Agent Woolsey und seine Verhörspezialisten gewesen. Nun, jetzt wusste er, dass dieser Mann ganz offensichtlich nicht für das FBI arbeitete, sondern für wesentlich höhere staatliche Stellen, die verdammt viel wissen wollten und auch jetzt noch nicht genug erfahren zu haben schienen. Besonders angetan zu haben schienen es ihnen seine Disziplinarverstöße zu haben.

Auch der Psychologe namens Mackenzie hatte ihm in mehreren Sitzungen gründlich auf den Zahn gefühlt. Anders als den Verhörspezialisten hatte John ihm nicht oft durch Ausflüchte entkommen können. Schließlich hatte der Mann ihn heute Morgen mit einer schlichten Frage alleine gelassen, die aber immer noch in seinem Kopf nachhallte: „Wie stellen sie sich eigentlich ihr weiteres Leben vor?“

„Ich weiß es nicht!“ stieß er in einem plötzlichen Anfall von Wut hervor. „Verflucht noch mal, ich weiß es nicht. Kann ich überhaupt noch darüber entscheiden, was ich in Zukunft machen will und werde?“

Abrupt hielt er in seiner Wanderung inne und setzte sich an den Tisch. Er widerstand dem Impuls Tablett und Becher mit einer Bewegung seines Armes hinunter zu fegen. Stattdessen starrte er auf die matte und stark zerkratzte metallene Tischplatte, auf der er sich selbst nur als Schemen erkennen konnte und barg dann das Gesicht in den Händen. Die Wut verrauchte, dafür übernahm Verzweiflung die Oberhand.

‚Nehmen wir einmal an, ich komme glimpflich aus der Sache hier heraus und sie setzen mich wieder auf freien Fuß, nachdem ich wer weiß wie viele hochoffizielle Erklärungen unterzeichnet habe. Was habe ich dann für Möglichkeiten?’, überlegte er. ‚Ich kann mir jederzeit einen Job bei der Polizei oder einem privaten Sicherheitsunternehmen suchen.’
Dann hob er den Kopf, schüttelte ihn und lehnte sich zurück. Er presste die Lippen aufeinander, während er blicklos gegen die graue Wand starrte.

„Nein, mach dir nichts vor, John. Mit diesem Lebenslauf und diesen Führungszeugnissen kommst du nicht weit“, murmelte er ernüchtert. Die Stelle bei der Polizei in Las Vegas hatte er auch nur durch die Vermittlung eines ihm wohl gesonnenen Ausbilders bekommen, der den dortigen Chef kannte.

Blieben nur noch zwei Möglichkeiten: Er konnte sich als Söldner anwerben lassen und ins Ausland gehen, um dort nicht ganz legale Aufträge zu übernehmen. Durch Bekannte in Vegas hatte er den ein oder anderen Hinweis bekommen, wo man am einfachsten in Kontakt mit den Verantwortlichen kam. Oder er würde sich mit zwielichtigen Typen wie Mickey McDonald einlassen, um Drecksarbeit für das organisierte Verbrechen zu übernehmen.

Doch im nächsten Moment schüttelte er den Kopf. Nein, das brauchte er gar nicht erst in Erwägung zu ziehen. Er brauchte nicht zum paranoiden Verschwörungstheoretiker zu werden um zu wissen: Das würden die Leute hier mit Sicherheit auf die ein oder andere Weise unterbinden. Er konnte damit rechnen auch bei einer Entlassung in den kommenden Monaten mehr oder weniger diskret überwacht zu werden, und–

Das Knacken des Türschlosses riss ihn aus seinen Gedanken.

John legte erstaunt die Stirn in Falten.
Erwartete ihn schon wieder ein Verhör? Soweit er sich erinnerte, war für heute eigentlich kein weiteres geplant. Dann vielleicht eine weitere Untersuchung mit Blutabnahme, um weitere Tests wegen der Nanitenkonzentration in seinem Blut laufen zu lassen, oder...
Nein, es war jemand ganz anderer, der in der Tür stand als diese aufschwang. Diesen Mann hatte er zuletzt in Las Vegas gesehen!

John verzog gequält das Gesicht. Das war der verfluchte Wissenschaftler, der ihm das alles hier eingebrockt hatte. „Ach, Sie sind es nur McKay“, schnaubte er. „Sie haben mir gerade noch gefehlt.“

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Rodney hatte zwar nicht erwartet, dass ihn Sheppard mit offenen Armen empfing, aber zumindest ein wenig gehofft. Immerhin verdankte der Mann ihm sein Leben. Aber das seine Begrüßung nun so frostig und wütend ausfallen würde, damit hatte er auch nicht gerechnet.

Denn nun erhob sich Sheppard und kam auf ihn zu. Der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann, streckte anklagend eine Hand aus und deutete auf ihn. „Warum haben Sie das getan, Sie verfluchter Bastard?“

Rodney zuckte im ersten Moment unwillkürlich zurück, denn auch mit einem solchen Wutausbruch hatte er nicht gerechnet. Das veranlasste den wachhabenden Soldaten, in Habachtstellung zu gehen, um notfalls einzugreifen.

Doch Sheppard hielt im nächsten Augenblick inne und machte keine weiteren Anstalten, den Kanadier zu bedrohen. Stattdessen ließ er plötzlich den Arm sinken und trat zwei Schritte zurück.

Der Kanadier trat vorsichtig in den Raum. „Wissen Sie Sheppard, deshalb bin ich auch gekommen. Um Ihnen Antworten zu geben“, sagte er ruhig und herablassend, wenngleich er auch innerlich triumphierte, als er sich sein Gegenüber genau ansah.
Man sah Sheppard zwar die Strapazen der letzten Tage und sein Nahtoderlebnis an – er war blass und hatte tiefe Schatten unter den Augen – aber er war weitaus agiler als zuvor und seine Stimme klang wesentlich fester. Was für ein Unterschied zu dem schweigsamen, ja fast desinteressierten Detective aus Vegas, der nicht wirklich hatte wahr- und annehmen wollen, was um ihn herum vorging!

„Gut, dann legen sie mal los! Ich hoffe sie haben wirklich eine gute Erklärung für das alles.“
„Sicher. Ich zeige es ihnen.“ Rodney stellte den mitgebrachten Laptop auf den Tisch. Einen Moment starrte Sheppard wie gebannt auf das stilisierte Abzeichen der Atlantis-Expedition und beobachtete dann schweigend, wie der Kanadier ein paar Programme und Dateien aufrief.
Bilder begannen sich auf dem LCD-Bildschirm zu bewegen.

„Das hier sind Aufnahmen von M3X457, einem Planeten in der Pegasus-Galaxie. Es ist eigentlich ein idyllisches Fleckchen Erde“, Rodney grinste schief. „Abgesehen von seiner leider recht aggressiven Flora, die mit Allergenen nur um sich wirft, der urweltlichen Fauna, deren dominante Vertreter sehr groß und immer hungrig sind, und natürlich auch der viel zu hohen UV-Strahlung seiner Sonne. Wir waren auf diese verlassene Welt gekommen, um und alte Ruinen genauer zu untersuchen, als wir feststellen mussten, dass wir nicht alleine an diesem Ort waren – “

„Ja und, was hat das mit mir zu tun?“ unterbrach ihn Sheppard. Er blieb zwar weiterhin skeptisch, stützte aber die Hände auf den Tisch und beugte sich vor, um genauer hinsehen zu können. Interessiert war er also doch.
Gut. Sehr gut.
Rodney grinste verstohlen und spulte die Aufzeichnungen vor, bis vier Gestalten sichtbar wurden, die auf die Kamera zukamen. Ja, er erinnerte sich noch sehr gut an diesen Zwischenfall, auch wenn inzwischen fast zwei Jahre vergangen waren.
„Deswegen“, sagte er als die Gesichter der Gestalten gut sichtbar waren, und beobachtete den ehemaligen Detective nun um so genauer.
Zuerst wirkte Sheppard genervt, dann jedoch zuckte er heftig zusammen und schnappte hörbar nach Luft. Die Augen gaben ein beredtes Zeugnis über das ab, was er beim Anblick seines anderen Ichs fühlen musste. „Das ...“

„Doch das sind Sie. Oder besser gesagt – Ihr Ich aus einer anderen Realität. Darf ich vorstellen: Lieutenant Colonel Sheppard, militärischer Leiter der Atlantis-Expedition.“

„Sch...“ Sheppard zog einen Stuhl zu sich heran und setzte sich. Aber er ließ keinen Blick vom Bildschirm. In einer Mischung aus Faszination und Entsetzen sah er den Film bis zum Ende ohne noch etwas zu sagen.

Doch sein Gesicht verriet, wie sehr ihn das alles aufwühlte und verwirrte. Rodney war kein Psychologe, aber er hatte nicht vergessen, wie er sich gefühlt hatte, als er erstmals seinem anderen Ich gegenüber gestanden hatte.
Dabei war er die Begegnung mit dem Außergewöhnlichen und Übernatürlichen inzwischen gewohnt. Trotzdem jagte es ihm noch heute Schauer über den Rücken, wenn er genauer darüber nachdachte. Wie viel schlimmer musste das erst für den Mann sein, der bisher nicht mehr als seine kleine irdische Welt gekannt hatte.

Als der Bildschirm dunkel wurde, lag erst einmal Schweigen über dem Raum. Sheppard schloss für einen Moment die Augen und holte tief Luft. Dann drehte er abrupt den Kopf und sah ihn an. So etwas wie Wut – oder war es doch etwas anderes ? - blitzte in seinen Augen auf.
„Schön... und das soll ich Ihnen glauben? Das ist doch mit Sicherheit nur ein Fake, mit dem sie mich noch weiter in den Wahnsinn treiben wollen“, sagte er ruppig, als wolle er sich vor der Wahrheit verschließen. Oder ...

Rodney seufzte, denn er konnte in dem nun wieder verschlossen wirkenden Gesicht nichts lesen. „Ich kann ihnen versichern, Mr. Sheppard, das ist keine Fälschung“, sagte er ruhig. „Wie ich schon damals in Vegas gesagt habe – es gibt eine Menge jenseits der Grenzen unserer Welt. Und das ist nicht nur die Erfindung irgendwelcher Schriftsteller, sondern knallharte Realität.“

„Mag ja sein.“ Sein Gegenüber schnaubte. „Aber verdammt noch mal, was hat das eigentlich alles mit mir zu tun?“

Rodney legte den Kopf schief und verkniff sich, ihm die Antwort zu geben, die ihm auf der Zunge lag. Sheppard wusste offensichtlich noch nicht, dass er eine genetische Besonderheit hatte und war vermutlich auch noch nicht auf die Stärke derselben getestet worden.
War es dann klug, dem ehemaligen Soldaten und Detective ins Gesicht zu sagen, dass er im Moment eigentlich nur durch diese kleine aber wichtige Tatsache für das Stargate Center interessant genug war, um ihn nicht einfach fallen zu lassen.
Denn auch hier saßen genug Militärs und Bürokraten, die mit einem eigenwilligen Freidenker nicht viel anfangen konnten – leider heute mehr denn je als früher.

Ahnte Sheppard, dass seine Zukunft nun am seidenen Faden und vor allem von seinem jetzigen Verhalten abhing?

Es war also dringend notwendig, ihm einen Schubs in die passende Richtung zu geben, um ihn vollständig wach zu rütteln. Sheppard war noch viel zu sehr geerdet, um sich Argumenten ohne handfeste Beweise zu öffnen. Also musste er ihm einen geben, den er in Aktion sehen und anfassen konnte. Rodney verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. Da gab es wohl nur eine Sache. „Wissen sie was? Kommen sie einfach mal mit.“
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