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"Solitary Man" no more von Arielen

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Kapitel 10
Prüfung und Entscheidung
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„Mr. Sheppard, können Sie dem Komitee noch einmal detailliert offen legen, warum Sie den Befehl ihres Vorgesetzten missachtet haben?“

Abgesehen von der etwas freundlicheren Inneneinrichtung des Besprechungsraumes erinnerte alles John an das Militärtribunal, vor dem er sich nunmehr vor gut sechs Jahren hatte rechtfertigen müssen.

Nein, das stimmte nicht ganz, noch etwas war anders: Diesmal hatte er keinen Rechtsbeistand an seiner Seite, sondern war ganz alleine. Selbst Dr. McKay hatte nur ein paar Minuten an seiner Seite gesessen um noch einige Fragen zu beantworten, dann hatte man ihn gebeten den Raum zu verlassen, um sich ganz John zu widmen. Ganz offensichtlich missfiel dem Komitee, dass sich der Kanadier immer wieder einmischen würde, so wie mehrfach am Anfang des Gesprächs. John war gar nicht böse drum gewesen, dass er dadurch in den Hintergrund geraten war. So hatte er die Gelegenheit bekommen, sich die Gesprächspartner genauer anzusehen.

Die Männer und Frauen hatten ihn inzwischen ausgiebig befragt. Man merkte deutlich, dass sie die Verhörprotokolle und Gutachten aufmerksam gelesen hatten, denn er war bei einigen Fragen über seine Vergangenheit, die nicht nur seinen Militärdienst und die Zeit danach, sondern auch die Jahre davor betroffen hatten, ins Schwitzen gekommen.
Vor allem, fragte sich John, was seine Herkunft mit seiner Qualifikation und dem Aufenthalt hier zu tun hatte. Ganz offensichtlich war sein Vater auch in Regierungskreisen bekannt gewesen.

Jetzt hatten die Anwesenden den Abschnitt seines Lebens erreicht, der ihn am meisten belastete: Der Vorfall in Afghanistan. Aber da musste er wohl jetzt durch.

John holte tief Luft und sah den Sprecher offen an. „Ich hielt mich zufällig in der Baracke auf, als uns der Funkspruch erreichte, um mich über die Truppenbewegungen des Feindes auf dem Laufenden zu halten. Auch wenn die Angaben nur verstümmelt durch kamen, habe ich doch geahnt, wo genau Holland mit seinen Passagieren notgelandet war und wusste, dass nicht viel Zeit blieb, um den korrekten militärischen Weg zu gehen.“
„Und dann sind Sie einfach losgeflogen?“
„Nein, nicht ganz ... Ich habe während der Startvorbereitungen versucht, mich vom Cockpit aus mit Colonel Smithers in Verbindung zu setzen, um seine Erlaubnis einzuholen. Das ganze ist dann ....“
„Seine nachträgliche Erlaubnis wohlgemerkt. Der Tatbestand der Fahnenflucht war schon erfüllt, da Sie ohne einen Befehl bereits den Startvorgang eingeleitet hatten. Ist das richtig?“ fiel ihm der Mann gegenüber ins Wort und stützte die Hände auf den Tisch, um sich ein Stück vorzubeugen.
John hielt seinem anklagenden Blick stand, während er McKay wieder einmal recht geben musste.: Dieser Coolidge war tatsächlich ein verdammt scharfer Hund, denn das war nicht der erste seiner Angriffe.
Nur der bisher deutlichste.
In diesem Moment fühlte er sich in den Gerichtssaal zurück versetzt. „Ja, Sir, ähem ... Mr. Coolidge“, gab er offen zu. „Ich hatte mich bereits entschieden, zu fliegen.“

„Obwohl Sie, wie Sie selbst eben sagten, mitbekommen haben, dass bereits Feindbewegungen in dem betroffenen Gebiet festgestellt worden waren und dann auch der direkte Befehl kam, den Startvorgang abzubrechen, sind Sie gestartet?“ fragte der Bürokrat scharf. „Sie wussten doch sehr genau, dass Ihnen dass als Insubordination und Meuterei angelastet werden würde. Colonel Smithers wird Ihnen das über Funk mitgeteilt haben.“
„Ja, das war mir bewusst. Aus diesem Grunde habe ich auch die Verbindung abgeschaltet, als ich endlich in der Luft war. Ich wollte mich ganz auf den Einsatz konzentrieren.“

Coolidge lehnte sich wieder zurück und klopfte mit einer Hand auf den Tisch. „Sie mögen das einen Einsatz nennen, ich bezeichne das als einen nicht genehmigten, selbstmörderischen Flug, der mehreren Menschen das Leben gekostet und durch den Materialschaden dem Steuerzahler Kosten verursacht hat, die kein normaler Mensch in seinem restlichen Leben abbezahlen könnte, selbst wenn er eine Versicherung für einen solchen Fall hätte...“, sagte der Mann bedächtig.
Er ließ jedes Wort auf der Zunge zergehen, als wolle er John seinen größten Fehler noch einmal in allen Einzelheiten vorhalten. Und nicht zuletzt andeuten, dass er seiner Meinung nach, mit der unehrenhaften Entlassung noch viel zu glimpflich davon gekommen und eher eine mindestens zehnjährige Haftstrafe in Fort Leavenworth verdient hätte, dem Militärgefängnis für Hochverräter und Schwerverbrecher, in dem sogar Hinrichtungen stattfanden.

John spannte sich unwillkürlich an. Er spürte, dass Coolidge jetzt erst richtig in Fahrt gekommen war und weiter machen würde. Tatsächlich trat ein lauerndes Funkeln in die Augen des Bürokraten.

„Wenn Sie noch einmal in eine ähnliche Situation gerieten, würden Sie dann wieder genau so handeln?“, fragte der Mann nach der bedeutungsschweren Pause, die in erster Linie dazu geführt hatte, dass alle Anwesenden John nun erwartungsvoll musterten „Entgegen aller Anweisungen und Befehle ihrer Vorgesetzten?“

John straffte den Rücken. Es gab nur eine ehrliche Antwort darauf, wenn er sich selbst treu bleiben wollte. Denn auch wenn er seine damaligen Fehler einsah, so konnte und wollte er in dieser Hinsicht nicht über seinen Schatten springen. Denn alles andere wäre eine glatte Lüge – auch und gerade gegenüber sich selbst.

„Wenn dadurch die Chance besteht, das Leben auch nur eines Menschen zu retten, ja dann würde ich es jederzeit wieder tun. Vielleicht würde ich versuchen, besonnener zu handeln, denn ich habe meine Fehler von damals nicht vergessen.“ Er holte tief Luft. „Verurteilen Sie mich jetzt dafür, aber es liegt nicht in meiner Natur, der Not und dem Sterben anderer hilflos zuzusehen, wenn ich etwas unternehmen könnte.“
Zwei Militärs steckten den Kopf zusammen und tauschten sich murmelnd aus, die Zivilisten wussten offenbar nicht so recht etwas mit der Aussage anzufangen, nur einer ließ sich nicht sonderlich davon beeindrucken.

„So etwas nennt man in Fachkreisen einen Heldenkomplex mit zu suizidaler Tendenz, habe ich mir sagen lassen.“ Coolidges Stimme nahm einen spöttischen Ton an. „Dass Sie unter dieser krankhaften Neigung leiden haben Sie vor gut einer Woche in der Wüste bei Las Vegas erneut sehr eindrucksvoll bewiesen. Denn hatte Ihnen Dr. McKay nicht auch gesagt, dass Sie sich nicht einmischen und ihm alles überlassen sollten?“
„Ja, das hat er, Mr Coolidge.“ Leugnen war sinnlos, denn irgendjemand hatte sicherlich das Gespräch zwischen ihm und dem Kanadier aufgezeichnet.

„Und trotzdem haben Sie sich mit nichts anderem als einer Handfeuerwaffe – besaßen Sie dafür überhaupt noch eine Lizenz nach Ihrer fristlosen Kündigung beim Las Vegas Police Departement? - einem außerirdischen Wesen gestellt, dem sie hoffnungslos unterlegen waren? Durch ihre Ermittlungen wussten Sie durchaus, wie Sie hätten enden können- als Mumie im Sand der Wüste.“
Coolidge schnaubte verächtlich. „Ich bitte Sie, jeder vernünftige Mensch hätte den Rat ernst genommen und seine Beine in die Hand genommen.“ Er betrachtete John abschätzig. „Nennen sie Ihr Verhalten normal? Halten Sie sich eigentlich für geistig gesund?“

Nun war es an John, sich vorzubeugen und den Vertreter des IOA kalt anzublicken. Er verbarg seine wahren Gefühle hinter einer er Maske aus Eis.
In diesem Moment kamen ihm die Lehren seines Vater zugute, auch wenn ihm diese kalten Fische, egal ob an der Seite seines Vaters, im Militär oder an den Spieltischen und hinter den Schreibtischen der Behörden in Las Vegas immer zuwider gewesen waren. Jetzt verabscheute er sie um so mehr, da ihm bewusst geworden war, wie viele von deren schlechten Eigenschaften er selbst in den letzten Jahren angenommen hatte.

Deshalb nahm er sich für die Antwort Zeit und überlegte sich jedes Wort genau. „Ja, ich halte es für eine menschliche Pflicht, alles dafür zu tun, jemanden aufzuhalten, wenn man weiß, wie viele Menschenleben davon abhängen könnten. Vor allem, wenn man gelernt hat, sich solchen Konflikten zu stellen“, sagte er ruhig. „Das Wohl des einzelnen zählt nichts im Vergleich zu dem Leben vieler – mit diesem moralischen Grundsatz bin ich aufgewachsen und bei meinem Eintritt in die Air Force habe ich unter anderem geschworen, Menschen vor allem Unheil – egal welche Gestalt es annimmt - zu beschützen.“
Seine Augen wurden schmal.
„Mir war durchaus bewusst, dass ich auch vor einer Woche mein Leben riskieren würde. Aber dieses Risiko musste ich eingehen. Irgend jemand musste diesen Kerl ablenken, damit er seinen Plan nicht so reibungslos ausführen konnte, wie er gedacht hatte. In diesen Minuten habe ich keinen Gedanken darauf verschwendet, ob ich nun ein Selbstmordkandidat mit Heldensyndrom bin oder nicht. Das habe ich auch während meiner Zeit als Soldat in Krisensituationen niemals getan.“

Er spürte, dass es ihn viel Kraft gekostet hatte, diese Worte auszusprechen, denn da waren immer noch die Zweifel, die an ihm nagten und die Angst wieder so zu versagen wie zuletzt in Afghanistan.

„Hm, das ist ja alles sehr schön formuliert“, entgegnete Coolidge herablassend. „Dennoch müssen Sie zugeben, dass Ihre Aussage zwar pathetisch klingt, aber nicht wirklich von Vernunft getragen wird. Außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie einen ausgeprägten Hang zur Geltungssucht besitzen und andere gerne mit dem Bedürfnis, als Held gefeiert zu werden, in Gefahr bringen. Ich weiß nicht, ob dass eine Eigenschaft ist, die in einem streng geheimen Projekt wie dem unseren gefragt wird – und ob wir Sie überhaupt so einfach in die Freiheit entlassen können.“

„Ich kann Ihre Frage nur so beantworten, wie ich es für richtig halte. Letztendlich ist die Interpretation allein Ihre Sache“, entgegnete John mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme und blieb bei seinem Pokerface.
Es brauchte mehr, um ihn wirklich in Rage zu bringen. Deshalb überging er die offene Provokation und behielt seine Gedanken bei sich. Dieser Coolidge war und blieb ein hinterhältiges Arschloch!
Auf der anderen Seite bemerkte er, dass ein Teil der anderen Anwesenden ins Grübeln gekommen waren und nun nicht mehr ganz so kritisch und verschlossen dreinblickten, sondern eher neugierig. Selbst die Militärs, einschließlich General Landry, schienen seine Offenheit in dieser kritischen Phase des Gesprächs zu schätzen.

„Sie haben für die Situation in der Sie sich befinden, eine erstaunlich eigenwillige Einstellung“, fügte Coolidge hastig hinzu, als er merkte, dass ihm die Felle wegschwammen, da eine deutliche Zustimmung der anderen Personen im Raum ausblieb. „Man merkt, in Ihnen steckt ein kleiner Rebell.“

John zuckte gelassen mit den Schultern. Er warf einen Blick auf die amerikanische Flagge und hoffte, dass einige diese Geste verstehen würden.
„Ich befürchte, das liegt an der irischen Abstammung meiner Familie. Die Sheppard-Brüder, die im frühen 19. Jahrhundert in die neue Welt kamen, mussten aus ihrer Heimat fliehen, weil sie offen das Wort gegen Willkür, Unterdrückung und Gewalt in erhoben hatten und ihnen wegen Verbreitung von Schmähschriften gegen den englischen König der Galgen drohte. Auch die beiden konnten die Augen nicht verschließen und hilflos dastehen, wenn andere litten“, zitierte er in lockerem Plauderton passend dazu aus seiner eigenen Familiengeschichte. „Vermutlich ist der Hang zur Rebellion gegen Obrigkeiten und ein gewisser Freiheitsdrang etwas, was sich in der Sheppard-Familie bis zum heutigen Tage vererbt hat.“
Innerlich war er alles andere als entspannt und heiter. Er hatte das Gefühl, vor Anspannung gleich zu platzen. Aber er machte weiter, weil er hoffte, den Stier so besser bei den Hörnern packen zu können, denn er wusste, dass Coolidge das ganz anders gemeint hatte. Dann – als habe er es nur vergessen zu erwähnen, fügte er noch hinzu: „Ich befürchte zudem, dass sich dieser Charakterzug bei mir besonders stark ausgeprägt hat. Zumindest habe ich das von meinem Vater immer zu hören bekommen, vor allem während der Pubertät.“

Sein diplomatisch-scherzhafter Umgang mit dem Angriff auf seine Person und die Anspielung auf Werte, die viele Amerikaner auch heute noch in Ehren hielten und immer wieder zitierten, auch wenn sie diese selbst nicht immer einhielten, zeigte weitere Wirkung. Mit Erstaunen bemerkte John, dass die beiden Frauen und sogar General Landry in sich hinein lächelten und auch die anderen Männer immer mehr von ihrer kritischen Haltung verloren. Hatte er etwa Sympathien bei einigen Mitgliedern des Komitees gewonnen?

„So? Wenn ich mir Ihre Unterlagen ansehen, dann könnte man meinen, dass Ihnen das auch noch Spaß zu mach...“
Coolidge versuchte ihn weiter zu provozieren, aber eine der Frauen, deren Name John entfallen war, fiel ihm ins Wort.
„Vielleicht sollten wir die Vergangenheit jetzt endlich einmal beiseite lassen, denn diese haben wir in den vergangenen zwei Stunden ausführlich mit Mr. Sheppard erörtert und dabei einige sehr interessante Dinge erfahren, die wir vorher noch nicht wussten“, machte sie der Attacke kurzerhand ein Ende und lenkte das Gespräch in eine andere Richtung.
Sie sah erst einmal aufmerksam in die Runde und fixierte John dann mit einem ernsten, prüfenden Blick. „Ich möchte nun gerne lieber etwas anderes von Ihnen wissen, denn eigentlich geht es hier und jetzt um Ihre Zukunft. Wie stellen Sie sich diese eigentlich vor, Mr. Sheppard?“

John atmete erleichtert über den Eingriff auf. „Das weiß ich im Moment wirklich noch nicht“, gab er ehrlich zu und erwiderte den Blick der Frau. „Denn ich denke, ich habe nicht alleine darüber zu entscheiden, da das alles hier sehr hohen Sicherheitsvorschriften unterliegt, so weit ich bisher mitbekommen habe. Und es ist mir klar, dass ich von nun an nicht nur der Schweigepflicht unterliege, sondern auch gewissen Beschränkungen, was ich zu tun und zu lassen, damit ich nicht zu einem Risiko werde.“

Die Sprecherin nickte bedächtig. Sie wirkte sehr zufrieden mit seiner Reaktion. „Das ist scharf beobachtet“, sagte sie freundlich. „Und Sie beweisen einmal wieder, dass Sie ein sehr kluger Mann sind ...“ Sie legte eine Hand bedeutungsschwer auf die Akte, als wolle sie ihre Aussage bekräftigen.

... zu schade um ihr Talent zu vergeuden. Bedenken Sie die Möglichkeiten, die sich Ihnen hier eröffnen, wenn Sie beschließen einen Job anzunehmen. Das ist eine Chance, die nur wenigen Menschen geboten werden wird,hallte es durch John Kopf, während er eher verlegen dreinblickte und ihr antwortete: „Ich gebe zu, in den letzten Tagen ist meine ganze bisherige Weltsicht auf den Kopf gestellt worden, und ja ich knabbere jetzt noch daran.“
Dann hielt er kurz inne. “Aber ich habe auch viel über alles nachgedacht.“

Treffe deine Entscheidungen, bevor es die anderen für dich tun können. Denn dann kannst du um einiges besser mit ihnen leben, als wenn man Erwartungen an dich stellt, die du nicht erfüllen möchtest, weil sich der kleine Rebell in dir weigert, das Gute an der Sache zu sehen, nur weil er zu stur ist.

Er blickte offen in die Runde: „Nach all dem, was ich in den letzten Tagen an erstaunlichen Dingen gesehen und erlebt habe, glaube ich, dass ich mich hier wohl fühlen und einfügen könnte. Ja, ich habe Interesse an einem Job im Stargate Center – vorausgesetzt, Sie können mir einen anbieten, der über eine Funktion als reines Versuchskaninchen für diese außerirdische Technologie hinaus geht.“

Nun war es also heraus und es gab von seiner Seite aus kein Zurück mehr. Schweigen senkte sich über den Raum. Es war still bis auf die gedämpften Geräusche, die durch die Tür drangen.
General Landry schüttelte den Kopf, aber es wirkte nicht wie eine Verneinung, sondern eher wie Verblüffung und Erstaunen, darüber, dass John nicht gewartet hatte, bis man ihm etwas anbot, sondern in die Offensive gegangen war.
Genau so irritiert blickte der Großteil der anderen Anwesenden drein. Vermutlich hatten sie nicht damit gerechnet, dass er ihnen auf diese Weise entgegen kommen würde. Und vermutlich standen die Chancen gar nicht einmal mehr so schlecht, dass er hier würde bleiben können.
Bis auf Mr. Coolidge, der ihn immer noch kritisch in Augenschein nahm, schienen die Anwesenden ihm jetzt mehr gewogen zu sein als am Anfang des Gesprächs- selbst die Militärs. Sie steckten die Köpfe zusammen und berieten sich leise miteinander. Schade nur, dass er kein Wort verstehen konnte.

John lehnte sich gegen die Rückenlehne und musterte die Anwesenden abwartend, vor allem Coolidge, der sich schließlich räusperte und wieder das Wort ergriff.

„Ich denke, wir haben nun alles von Ihnen erfahren, was wir wissen wollten, Mr. Sheppard“, sagte der Vertreter des IOA bedeutungsschwer und blickte seinerseits in die Runde. „Was meinen Sie, meine Damen und Herren?“ Noch einmal erhob sich Gemurmel im Raum, dann nickten alle nacheinander.

Unterdessen versuchte John sich zu entspannen. Er vermied es weiterhin, seine Gefühle nach Außen zu zeigen, spürte innerlich jedoch, wie ihm ein großer Stein vom Herzen fiel.

Tatsächlich war er sogar mit sich zufrieden, dass er diesen Schritt gegangen war, ohne weiter abzuwägen, denn endlich hatte er wieder einmal zuerst für sich die Entscheidung getroffen und nicht mehr länger nur auf die Angebote anderer gewartet und reagiert. Das war etwas, was er seit sechs Jahren nicht mehr getan hatte.

„Dann danke ich Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch, Mr. Sheppard“, ergriff die Dame neben Coolidge wieder das Wort und fügte mit einem warmen Lächeln hinzu: „Es hat mich sehr gefreut, eine so interessante und vielschichtige Persönlichkeit wie Sie kennen zu lernen und ich denke, dass wird auch in unsere abschließende Beurteilung einfließen.“

Die anderen bekräftigen ihre Worte - bis auf einen.

„Auch ich fand diese Unterredung sehr interessant und aufschlussreich, was Ihren Charakter betrifft.“ Coolidge machte keinen Hehl aus seiner weiterhin sehr kritischen und misstrauischen Haltung. „Sie können sich aber sicherlich denken, dass wir Ihren Fall und Ihr Anliegen noch einmal sehr sorgfältig prüfen werden, ehe wir eine Entscheidung treffen, ob und wie wir zusammen kommen können oder nicht“, bemerkte er süffisant, um John noch einmal einen Stich zu versetzen. „General Landry wird Sie über das weitere Vorgehen auf dem Laufenden halten. So lange sind Sie natürlich weiterhin unser Gast.“

„Das verstehe ich natürlich! Und ich werde mich in Geduld üben“, entgegnete John freundlich und erhob sich. Er war froh, den Raum verlassen zu können, denn die anderen brauchten nicht zu wissen, dass er sich im Moment alles andere als selbstsicher und souverän fühlte. Und lange würde es auch nicht mehr dauern, dass er sein Pokerface verlor.
„Meine Damen, meine Herren, ich empfehle mich“, verabschiedete er sich mit einer leichten Verbeugung in Richtung der Anwesenden und verließ angemessenen und ruhigen Schrittes den Raum, so wie er es schon in der Kindheit gelernt hatte.

Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, erfasste ihn jedoch ein leichtes Schwindelgefühl. Die Anspannung löste sich mit einem Mal auf und hinterließ eine große Leere und Erschöpfung. Deshalb blieb er stehen, schloss für einen Moment die Augen und rieb sich mit den Händen die Schläfen und Augen, während sein Geist noch immer Kapriolen schlug. Zwar wusste er, dass er sich gegenüber dem Komitee wacker geschlagen hatte – besser als gegen das Militärtribunal, aber die Unsicherheit blieb bestehen.

Vor allem quälte ihn eine Frage: Hatte er wirklich das Richtige getan?

Als er die Augen wieder öffnete, sah er Rodney McKay vor sich, der ihn besorgt, aber leider auch ziemlich neugierig musterte. Hatte der tatsächlich die ganze Zeit hier unten auf ihn gewartet?
John zog eine Augenbraue hoch, als der Kanadier den Mund öffnete.
„Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich fühlen. Die Leute da drinnen nennen es Komitee und möchten nur ein Gespräch führen, das in Wirklichkeit aber schlimmer als ein Verhör ist. Da bekomme selbst ich ordentliche Kopfschmerzen, wenn es vorbei ist.“
John lächelte gequält, auch wenn er froh darüber war, dass die erwartete Flut an Fragen ausblieb. „Dann wissen Sie sicher, wo man hier Ibuprofen bekommt, nicht wahr?“, nutzte er die Gelegenheit.
„Was denken Sie denn? Natürlich in der Krankenstation und die kenne ich sehr gut..“ McKay machte eine weitausholende Geste in Richtung Aufzug.
Als wäre es das Stichwort gewesen, setzten sie sich beide in Bewegung.
Vor den verschlossenen Türen mussten sie allerdings einen Moment warten. John nutzte das um den Blick ziellos schweifen zu lassen und deutlich zu machen, dass ihm nach diesen Stunden nicht unbedingt nach einem Gespräch zumute war – schon gar nicht nach der Beantwortung weiterer Fragen.
Der Kanadier neben ihm scharrte mit den Füßen. Es war förmlich zu spüren, dass er vor Neugier fast platzte. Und vermutlich würde es nicht lange dauern bis ...

„Na ja, wenn Sie mit jemandem über die Sache reden möchten, ich stelle mich gerne zur Verfügung, auch wenn ich nicht direkt ein Psychologe bin. Aber ich kenne mich ein bisschen in dem Feld aus ...“
„Danke, aber das ist nicht nötig“, unterbrach John den Redefluss McKays, ehe das Summen und Pochen in seinem Kopf noch schlimmer werden konnte. „Ich habe nicht ohne Grund Kopfschmerzen“, entgegnete er genervt und verdrehte die Augen. Der gereizte Blick des Kanadiers verriet ihm aber, dass er keine Ruhe haben würde, wenn er nicht wenigstens eine Antwort gab. „Das Komitee tagt weiter. Die Entscheidung wird letztendlich in deren Händen liegen, ich habe ihnen meinen Teil dazu gesagt.“

McKays Züge hellten sich einen Moment auf, dann schien er wieder nachzudenken. Ehe er jedoch zu einer neuen Frage ansetzen konnte, hob John die Hand. „Das ist wirklich alles, Dr. McKay. Mehr weiß auch ich erst in einigen Tagen, denke ich.“
Vielleicht verstand der Kanadier ja den kleinen Fingerzeig.

„Okay, dann will ich versuchen, Sie nicht weiter zu löchern.“ McKay nickte, wenngleich er dabei sehr unzufrieden wirkte. Aber es schien trotzdem so, als habe er ihn tatsächlich verstanden.

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Wie ein archaisches Monument thronte das Stargate auf einem Hügel über dem weiten Platz, der den Bewohnern von Manaria als Markt diente. Von hier aus hatte der Neuankömmling einen guten Block über die Ebene bis hin zu der Stadt, die sich eng an eine Hügelkette auf der anderen Seite des Tals schmiegte. Mauern und Häuser standen dicht an dicht. Die meisten erreichten nicht mehr als zwei Stockwerke. Einzig ein Gebäude ragte über sie hinaus. Es wurde von zwei trutzigen Türmen begrenzt.

Wie an jedem dritten Tag der Zehnspanne, herrschte geschäftiges Treiben auf dem Platz. Dicht an dicht standen die Stände und Wagen der Händler, die von allen möglichen Welten gekommen waren, um ihre Waren feilzubieten oder Verträge und Abkommen zu schließen. Sie ließen nur schmale Gassen, in denen sich Männer, Frauen und Kinder drängten. Eng wurde es vor allem, wenn der ein oder andere Handkarren den Durchgang versperrte.
Erst jenseits der Gehege, in denen das Vieh auf Käufer wartete, wurde die steinerne Straße wieder sichtbar, die von dem Sternentor aus in die nahegelegene Stadt führte.

Lautes Stimmengewirr erstickte jedes andere Geräusch. Unterhaltungen waren nur möglich, wenn man sehr dicht beieinander stand und sich direkt ansprach. Aber gerade dieser Lärm gab auch Gelegenheit, sich auszutauschen, ohne dass jemand mithörte, vor allem bei den Ständen in der Mitte des großen Platzes.

„Ich denke, wir sind uns handelseinig.“ Ein junger Mann in der schlichten dunklen Kleidung eines Bauern beugte sich gerade über den Tisch eines überdachten Standes. „Siebzig Sack Tava-Bohnen gegen vier Kisten Metall“, sagte er nun zu dem kleinen Mann, der eher wie ein aufrecht gehendes Wiesel als wie ein Mensch wirkte. „So war es abgemacht.“

„Ja, Herr, natürlich junger Herr.“ Der Mann nickte eifrig, was wohl auch daran lag, dass der Blick des jungen Mannes keinen Widerspruch duldete und er mit der Rechten eine ganz bestimmte Geste machte, die nur er sehen konnte.
„Der Handel wird natürlich eingehalten.“ Schweißtropfen standen auf der Stirn des Händlers, der bereits einmal zu spüren bekommen hatte, dass dieser vermeintlich Bauer sehr gefährliche Freunde hatten. „Wer wäre ich denn, dass ich unseren Vertrag noch einmal wagen würde zu brechen ...“

„Gut, dann haben wir uns ja verstanden und du deine Lektion gelernt“, erwiderte der junge Mann kalt. „Wir treffen uns in der Dämmerung an deiner Lagerhalle. Und versuche diesmal keine Tricks. Du weißt, was dann ...“
Den Rest der Drohung ließ er unausgesprochen. Beide wussten, worauf er anspielte. Erst vor einigen Monaten war die Lagerhalle des Händlers unter heute noch ungeklärten Umständen abgebrannt, weil er damals taubes Gestein unter die Erzlieferung gemischt hatte.

Dann jedoch wurden beide aus ihrer Unterhaltung gerissen und sahen neugierig auf. Um sie herum war es ein wenig leiser geworden. Die Menge teilte sich für eine Gruppe, die sich den Weg über den Markt bahnte.
Viele der Anwesenden starrten die Neuankömmlinge neugierig an, andere wieder runzelten überrascht die Stirn. So auch der Händler.
„Die Lantianer waren erst vor vier Zehnspannen hier, um Handel zu treiben“, murmelte er verwirrt. „Sie haben ihre üblichen Einkäufe gemacht. Nein, das stimmt nicht ganz. Einer von ihren Gelehrten ist aufgeregt hier herum gelaufen und hat sehr seltsame Fragen gestellt.“
„Ach, wirklich? Was hat er denn wissen wollen?“

Der junge Mann musterte interessiert die sechs Männer und Frauen, die den Markt überquerten und sich nicht an den Blicken der Umstehenden zu stören schienen. Sie fielen alleine schon durch ihre ungewöhnliche Kleidung und die offen getragenen modernen Schusswaffen auf, die verrieten, dass ihre Entwicklung auf einen höheren Stand als üblich sein musste.
Wer seine Technik so offen zur Schau stellte, war entweder leichtsinnig und pfiff auf die menschlichen Spione der Wraith, die ihren Herren von jeder Zivilisation berichteten, die einen bestimmten Stand ihrer Entwicklung erreicht hatte. Oder sie kamen von weit her und kannten die üblichen Gepflogenheiten nicht, die schon seit Generationen das Überleben der Völker sicherte
Beides traf auf die Lantianer zu, die erst vor fünf Jahren in Erscheinung getreten waren und angeblich mit den Ahnen in Verbindung standen, wenn man den Gerüchten, die unter diesen Sternen kursierten, glauben schenken konnte. Zumindest waren sie schon dabei beobachtet worden, deren Technologie zu verwenden und sollten den Gerüchten nach eine der alten Städte besiedelt haben, die jene Rasse hier hinterlassen hatte.

Das Wiesel zuckte mit den Schultern.
„Na ja, ich habe gehört, dass sie sich die Ruinen auf der Insel im Binnenmeer, sieben Tagesreisen von hier ansehen wollen, weil sie irgendetwas daran fasziniert. Der Mann hat von Hinterlassenschaften der Antiker oder so ähnlich gefaselt, was auch immer er damit meinte.“

Die Augen des jungen Mannes blitzten interessiert auf, dann wandte er sich noch einmal kurz dem Händler zu. „Es ist ja alles besprochen und wir sehen uns in der Dämmerung“, sagte er ruhig und wandte sich ab. Ohne ein weiteres Wort tauchte er ebenfalls in der Menge unter, als wollte er nun noch etwas anderes erledigen.
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