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Kein Abschied- aber auch kein Wiedersehen von Jenny

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Teil 1

Drum sag' ich mir
Is' nur Kino,
alles halb so schlimm.
Is' nur Kino,
nur ein schlechter Film,
in den ich reingeraten bin.
Is' nur Kino,
alles halb so schlimm.
Doch ich fühl' mich so,
als wär' ich mittendrin...




Daniel sah erst auf, als ein altes eingerahmtes Bild von SG-1 auf seinem überfüllten Schreibtisch landete.

Vielleicht hätte er doch Hellseher werden sollen.

Zumindest war ihm klar, wer vor der Tür stand, bevor derjenige überhaupt klopfte.

Unter dem schmalen Spalt hatte er die Schatten von zwei Füßen gesehen, die unsicher von einen Standort auf den nächsten wechselten und schließlich nachdenklich einfach nur so da standen.

Und dann klopfte es.

Er hatte nicht aufgesehen, sondern nur ein beschäftigtes „Herein“ gerufen und sich seinen Büchern zugewandt. Bevor er umziehen würde, wollte er alles so gut wie möglich organisieren, um in der neuen Wohnung nicht komplett den Überblick zu verlieren.

Nun starrte er auf das Bild, das er viel zu gut kannte.

Genauer gesagt stand es eingerahmt auf der Küchentheke seines Apartments.

„Das hier hat dir mal was bedeutet.“, kam der säuerliche Vorwurf, doch Daniel erwartete auch nichts anderes.

Diese Reaktion war für Jack normal und so hatte er seine Antworten auch schon parat gelegt.

„Du kannst dir gar nicht vorstellen wie viel.“

Im Augenwinkel erhaschte er O’Neills überraschten Blick, der sich Sekunden später wieder hinter einer Fassade aus Wut und Verständnislosigkeit versteckte.

Vielleicht hatte er aber auch einfach nur eingesehen, wie er sich damals fühlte, als er zusah, wie Jack die Umzugskartons aus seinem Büro trug.

„Warum willst du es dann beenden?“

Auf diese Frage hatte er nur gewartet.

Zum ersten Mal kam auch in ihm wieder die Wut über all das auf, was in den letzten Jahren falsch gelaufen war. Mit einer fast abwertenden Geste deutete er auf das Bild, vermied noch immer Augenkontakt mit Jack.

„Weil es DAS schon längst nicht mehr gibt!“

Der General trat einen Schritt auf ihn zu, sah sich aber zunächst ziellos in dem leerer werdendem Büro um.

Bis auf einen Schrank und drei Regale war alles von den Wänden, es gab keine Stammesmasken oder Artefakte mehr, nach deren Bedeutung er seinen Freund aus Langweile fragen konnte.

Nachdenklich steckte Jack die Hände in die Hosentaschen und wartete, bis sein Gegenüber damit fertig war, eine Kiste zu beschriften.

„Das ist nicht fair, und das weißt du auch.“

Daniel stieß ein Lachen aus und sah seinem Freund zum ersten Mal tief in die Augen.

Sein verletzter Stolz und der Schmerz über die Einsamkeit der letzten Jahre trafen auf Unverständnis und Enttäuschung.

War es schon so weit mit ihnen gekommen, dass sie sich nicht einmal mehr in die Augen blicken konnten und die Emotionen des anderen verstanden? Hatten sie sich so auseinander gelebt?

Daniel war gleichzeitig enttäuscht, hatte er doch erwartet, dass die sieben Jahre direkte Zusammenarbeit mit Jack etwas mehr hinterlassen hatten als nur böse Blicke und dicke Mauern, hinter denen die Gefühle verborgen wurden.

„Dann passe ich mich ja allmählich an.“, schoss er zurück und verfehlte sein Ziel nicht.

Jack zog eine Grimasse. Noch immer schien ihm nicht klar zu sein, warum er das hier alles tat, oder wenn es ihm klar war, zeigte er es nicht.

„Wo liegt dein Problem?“

In seiner Stimme schwang ein bitterer Unterton mit, so als wusste Jack schon, das egal was er auch sagte, es nichts mehr änderte. Daniel hatte seine Entscheidung gefällt, die Gleise umgestellt und befahren. Jetzt gab es kein zurück mehr.

„Ich habe kein Problem. Ich habe lediglich beschlossen, dass es nach fünfzehn Jahren an der Zeit ist, etwas anderes zu tun.“

Nicht das er je etwas anderes tun wollte, als das, was er hier tat. Es waren nur die Umstände, die seinen Lebenswechsel hervorriefen. Auch wenn es eine Illusion war, er fragte sich, warum gute Dinge nicht einfach so bleiben konnten, wie sie waren.

SG-1 war ein eingespieltes Team gewesen, jeder hatte seine Aufgabe und erfüllte sie mehr als zufrieden stellend. Aber scheinbar waren sie so gut, dass O’Neill unbedingt General werden musste.

Damit hatte er nach einigen Monaten zu leben gelernt.

Aber dann komplett aus seiner Nähe zu verschwinden?

Warum rief er so selten an? Ließ man ihn in Washington vierundzwanzig Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche arbeiten?

Wahrscheinlich fühlte sich Daniel einfach nur verletzt.

Egal in wie viel Arbeit er steckte, er würde die Zeit finden den Telefonhörer anzuheben und eine bestimmte Nummer zu wählen. Dazu waren sie schließlich Freunde. Gewesen?

Dann dieser ganze Unsinn mit Sam.

Nicht, dass Daniel die beiden nicht verstand, wahrscheinlich machte es in ihren Augen Sinn, eine Fernbeziehung einzugehen, aber spätestens dann ebbten auch die 2 Emails ab, die er vorher noch pro Monat von Jack bekommen hatte.

Wenn es nun etwas neues gab, wurde es über Sam mitgeteilt.

Und wenn Jack dann mal vorbei kam, verbrachte er sowieso die meiste Zeit nur mit...ja, ganz genau. Nur mit Sam.

Es war überraschend, wie schnell ihn sein Kündigungsschreiben hierher gebracht hatte. Wahrscheinlich war er sowieso da gewesen, denn Sams Geburtstag stand ja an.

Und Teal`c?

Der hielt sich fein säuberlich aus der Sache raus.

Seiner Ansicht nach hatte sich bei SG-1 nie etwas geändert, dem es nachzutrauern wert wäre.

Daniel hatte sich kürzlich mit ihm über das Thema unterhalten, aber am Ende einfach abgebrochen, weil nicht mal der Jaffa ihn verstand.

Was war so schwer daran zu verstehen, welch schlimme Konsequenzen Jacks Weggang mit sich brachten?

Nun gut, zumindest brauchte es ihn in Zukunft nicht mehr zu stören.

„Du solltest gerade nach fünfzehn Jahren wissen, dass es da draußen nichts gibt, das dem Stargateprogramm in irgendeiner Weise gleich steht.“

// Wie recht du doch hast Jack, wie recht du doch hast...//

„Damit unterstellst du mir, das es das ist, wonach ich suche.“

Daniel schnappte sich einen weiteren Karton und füllte ihn mit alten Tagebüchern über die ersten Missionen. Sie riefen viele Emotionen in ihm hervor und ließen ihn fast die angespannte Diskussion vergessen, die er gerade führte.

„Du hast soviel hierein investiert, warum willst du das jetzt alles zurück lassen? Die Leute hier brauchen dich, du bist für sie unersetzlich.“

Jack machte eine kurze Pause und schaute in seine Richtung.

„ ...und für mich ebenso.“

Diese Worte schnitten sich tief in Daniels Herz denn er wusste, wie schwer es seinem Freund fiel, seine Gefühle auszudrücken. Das, was er gerade gesagt hatte meinte er aus tiefstem Herzen, aber so sehr es ihn auch traf, Daniel musste zu dem stehen, was er geplant hatte.

„Das Leben steckt eben voller Überraschungen- und man bekommt nicht immer das, was man sich wünscht.“

Die Aussage wirkte schroffer, als er es erwartete und dennoch spiegelte sie seine Gefühle wieder. So erging es ihm, nachdem Jack beschlossen hatte, nach Washington zu ziehen.

Der Schmerz saß noch immer zu tief.

Vermutlich hatte O’Neill eine emotionalere Antwort auf sein Statement erwartet, als diese aber ausblieb, verschloss auch er sich wieder komplett hinter den Mauern, die seine Seele schützten.

Abwertend deutete er mit dem Finger nach draußen.

„Gehört diese Glückskeksweißheit zu der selben Reihe von Unsinn, wie dir nen Bart wachsen zu lassen oder deine Kündigung einzureichen? Versuchst du gegen irgendetwas zu rebellieren?“

Daniel sah nicht auf, als die Wahrheit ihn traf.

Beschäftigt verschloss er den nächsten Karton und verstaute die Jahre an gemeinsamen Erinnerungen zusammen mit einigen persönlichen Dingen auf einem kleinen Rollwagen, der in wenigen Minuten von einem Soldaten abgeholt wurde.

„Rebellion sieht in meinen Augen anders aus, Jack. Ich passe mich lediglich der Situation an.“, gab er gelassen zurück.

Auch in O’Neill vermochte er keine Regung zu sehen. Nachdenklich sah dieser ihn an und nahm einen faustgroßen Stein, der neben Daniels Schreibtischlampe lag. Während er sein Spielzeug in der Hand auf und ab warf, musterte er seinen Freund besorgt.

„Indem du wegrennst.“

// Ja Jack, du hast verdammt Recht, indem ich wegrenne!//

Vermutlich musste sein Verhalten für den General komplett unlogisch erscheinen und das war auch so beabsichtigt, schließlich sollte seine Flucht nicht zu offensichtlich wirken. Im Prinzip konnte man es auch nicht Flucht nennen, er vermied einfach jeglichen weiteren Stress.

Keine sinnlosen Debatten mehr über die Wichtigkeit des Stargateprogrammes, keine erfolglose Warterei mehr auf bessere Zeiten als Team, auf ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl, das nach Jacks Abgang verschwunden war. Mit ihm war SG-1 zerbrochen, ob er es sich nun eingestehen wollte oder nicht.

„In dem ich mir etwas suche, das mir Spaß macht.“, fauchte er dann zurück und nahm Jack das Artefakt mit den babylonischen Keilschriftsymbolen ab.

„Und warum hast du hier keinen Spaß mehr? Was kann spaßiger sein, als auf ner Achterbahn durch die Galaxie zu reisen?“

Eigentlich sollte diese Diskussion umgekehrt laufen, dachte Daniel sich, als er seine Packtätigkeit für eine kurze Zeit unterbrach. Vor einigen Jahren hätte er O’Neill liebend gerne gefragt, was an einer Stelle in Washington soviel besser sein kann, als weiterhin im SGC zu arbeiten. Aber zu solchen Unterhaltungen war keine Zeit mehr gewesen. Alles hatte schnell gehen müssen.

„Meine Ruhe zu haben.“, antwortete er schlicht und erntete einen überraschten Blick seines Gegenübers.

Jack ließ die Worte in sein Bewusstsein sinken. Seit wann verlangte Daniel Jackson seine Ruhe? Der Mann, der ohne den Einsatz körperlicher Gewalt für Wochen seinen Schreibtisch nicht verlassen würde.

Er überlegte lange, was in der Vergangenheit falsch gelaufen sein musste, um seinen Freund so zu verstimmen.

Die Sache mit Washington gehörte mit Sicherheit dazu, das saß Daniel schon die ganze Zeit wie ein Stein im Magen und er gab ja selbst zu, dass SG-1 seitdem ein anderes Team war. Aber sie kamen doch trotzdem noch miteinander klar, die Harmonie innerhalb der Gruppe hatte seit seiner letzten Einschätzung nicht gelitten, woher nun also dieser plötzliche Sinneswandel?

„Du bist eifersüchtig.“

Diese Worte gingen Jack leichter über die Lippen, als er erwartete. Aber genau das musste es doch sein. Seit er die Beziehung zu Sam aufgebaut hatte, war das bisschen Freizeit, dass er hatte auf ein Minimum geschrumpft, da er so oft es ging bei ihr sein wollte, schließlich sahen sie sich sonst kaum.

Das letzte Mal, dass er sich irgendwo mit Daniel zum Lunch in der Cafeteria getroffen hatte lag knapp drei Jahre zurück.

Oh man, wie hatte er nur so blind sein können?

„Nein.“

Nein? Wem wollte Daniel hier etwas vormachen?

„Oh doch, du bist eifersüchtig, dass ich mit Sam zusammen bin.“

Jack war näher getreten, um einen besseren Blick auf Daniels Augen zu erhaschen. Die sprachen meist eine andere Sprache und auch diesmal wurde er nicht enttäuscht und erkannte, dass er in die richtige Richtung ging.

Er empfand es als traurig, denn sein bester Freund sollte nicht auf Sam eifersüchtig sein, immerhin entstammte ihre Beziehung einer komplett anderen Natur. Dennoch gab er zu, in den letzten drei Jahren vergleichsweise wenig Zeit für Dinge, die nicht mit Washington oder Sam zusammenhingen geschaffen zu haben.

Aber andererseits saß er ja in Washington nicht den ganzen Tag auf seinem faulen Hintern und sah sich Hockeyspiele an, er tat dies für gewöhnlich im liegen. Er hatte dort eine Menge zu tun, das stand außer Frage.

Ständig sollte er dies machen, das machen.

Und indes war es spätabends geworden und er wollte einfach nur noch todmüde ins Bett fallen.

„Jack, ich glaube du phantasierst.“, antwortete Daniel gereizt und wollte sich wieder seinem Rollwagen zuwenden, als O’Neill ihn am Arm zurückhielt.

„Deswegen betreibst du all den Unsinn hier. Das ist eine Art Schuldgefühlstrip. Du bist sauer, weil ich mehr Zeit mit Sam verbringe, als mit dir.“

Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht und schienen den Archäologen tief zu treffen, denn für einen Augenblick hielt er inne, unterdrückte irgendetwas, das er sagen wollte und riss sich dann von Jacks Arm frei.

„Für so etwas habe ich im Moment keine Zeit.“, antwortete er dann giftig und schob den Rollwagen in Richtung der Tür.

Wenn der Soldat nun schon nicht kam, um ihn von dieser Situation zu erlösen, musste er die Dinge eben selbst anpacken.

Stur bahnte er sich den Weg aus seinem Büro hinaus, ohne noch einmal zurückzublicken. Erst bei den Fahrstühlen machte er halt.

Jack war ihm gefolgt und stand bereits neben ihm.

„So ist’s gut Daniel, renn vor dem Problem weg, wie du es immer schon getan hast.“

Er würdigte dieser Anschuldigung nicht mal eine Antwort, nur einen bösen Blick. O’Neill deutete diese Geste richtig und wusste, dass er einen Schritt zu weit gegangen war. Daniel indirekt einen Feigling zu nennen hatte er nicht gewollt, es war ihm im Eifer der Diskussion einfach so über die Lippen gerutscht.

„Ich war immer für dich da, als du mich gebraucht hast, vergiss das nicht.“, fuhr er sanfter fort und hoffte, seinen Freund doch noch zu erreichen.

Daniel ließ den Kopf gesenkt und kaute sich unsicher auf der Unterlippe herum.

War das eine Drohung gewesen? Oder doch mehr ein Flehen? Die Tiefe, mit der Jack die Worte aussprach verschleierten ihren wahren Inhalt.

„Ich bin überrascht, dass du dich überhaupt noch an ein uns erinnerst.“, stichelte Daniel weiter, unfähig, seine Enttäuschung zu verbergen.

Jack konnte sehen, wie er vor Anspannung seine Kiefermuskeln spielen ließ. Es fiel ihm schwer zu mutmaßen, wie lange Daniel diesen Ärger schon in sich getragen hatte, aber gemessen an seinem Verhalten mussten es viele Monate sein.

Vermutlich war der Prozess seiner Änderung so langsam verlaufen, dass es niemandem auffiel bis es zu spät war und seine Entscheidung stand.

Aber Jack konnte und wollte das nicht akzeptieren.

„Das ist etwas, dass ich nie vergessen habe.“, versicherte er bedrückt.

Egal was er auch versuchte, er kam nicht mehr an seinen Freund heran. Zu groß waren ihre Differenzen geworden, als das man sie mit einigen wohlgemeinten Worten beiseite räumen konnte.

„Wir werden sehen.“, erwiderte Daniel kalt, während sich die Fahrstuhltüren öffneten. Ohne ein weiteres Wort schob er den Wagen hinein und ließ Jack allein auf dem Korridor zurück. Er drückte den Knopf für die Parkebene und brachte einige Kartons, die ins Rutschen geraten waren wieder in Position.

„Gibt es keine Möglichkeit, wie ich deine Entscheidung ändern könnte?“, fragte er ein letztes Mal, als sich die Türen schon wieder zu schließen begannen.

Diesmal traf Daniels Blick seinen und was O’Neill da sah, beunruhigte ihn zutiefst.

„Nein Jack, die gibt es nicht.“

Und damit verbargen die Stahltüren des Fahrstuhls die Sicht auf seinen Freund und er blieb alleine zurück.

+++

„Du wirkst beunruhigt, O’Neill.“, stellte Teal`c vom Beifahrersitz aus fest und blickte seinen Freund von der Seite aus an. Der Geländewagen fuhr leise die Bergstraße entlang und war auf dem Weg zu einem exklusivem Restaurant im nahe gelegenen Nationalpark, wo sie ihr Wiedersehen feiern wollten.

Jack blickte stur auf die Straße und er ließ sich nichts anmerken.

„Ich will gerade nicht darüber reden, ok Teal`c?“, seine Stimme klang ruhig, aber fordernd. Sie waren auf dem Weg zu einer Feier, da hatte er wirklich keine Lust, derzeitige Sorgen zu besprechen.

„Wie du wünscht.“

Der Jaffa wandte seinen Blick wieder ab und wurde still. Es war Sam, die die Unterhaltung fortführte.

„Wir sollten noch mal mit Daniel reden. Vielleicht hat er einfach etwas falsch verstanden.“

„Worüber willst du denn noch mit ihm reden?“, Jacks Stimme war gefüllt mit Frustration und Ärger, „Er blockt doch alles ab. Ich hatte gehofft, dass er sich in seinem Alter nicht mehr wie ein pubertierender Teenager aufführt.“

„Vielleicht ist es etwas ganz anderes, das ihn stört, etwas...etwas persönliches. Vielleicht gibt es etwas in seinem Privatleben, dass ihm Sorgen bereitet und er glaubt nicht, dass wir ihm dabei helfen können.“

„Daniel und Privatleben?“, die Anschuldigung rutschte ihm einfach so über die Lippen und O’Neill spürte das schlechte Gewissen in ihm aufsteigen. Daniel war sein bester Freund, vielleicht brauchte er ihn gerade tatsächlich mehr, als es ihm bewusst war.

Eine unangenehme Stille breitete sich in dem Fahrzeug aus und sie fuhren weiter bergauf, bis sie an dem Restaurant angekommen waren. Der Parkplatz war überfüllt und Jack war froh, Sitzplätze reserviert zu haben.

„Ich stimme ColonelCarter zu.“, erklärte Teal`c, als sie aussteigen wollten, „Wir sollte noch einmal versuchen, mit Danieljackson zu reden. Vielleicht wird er sein Vertrauen in uns zurückgewinnen und erklären, was ihn besorgt.“

Jack blieb still sitzen und beobachtete die Leute, die aus dem Restaurant gingen. Sie machten alle einen zufriedenen Eindruck und er konnte das gebackene Rotbarschfilet bis zum Wagen riechen.

„Was schlagt ihr also vor?“, fragte er, obwohl er doch genau die Antwort kannte.

Sam räusperte sich und holte einen Flyer unter dem Fahrersitz hervor.

„TOPOs hat eine tolle italienische Küche. Wir könnten ein paar Pizzen und Bier abholen und zu Daniels Apartment fahren.“

Jack rollte mit den Augen und startete den Wagen wieder.

Soviel zu dem entspannten Abend im Fischrestaurant.

+++

Jack klopfte vorsichtig an die Tür.

Im Inneren hörte er den Fernseher laufen und jemand bewegte sich langsam auf ihn zu, denn die alten Bretter im Boden des Apartmentkomplexes knarrten bei jedem Schritt.

Jack fühlte sich bestätigt, dass er Sam und Teal`c im Auto warten ließ, denn zuerst musste er ein paar Dinge mit Daniel allein klären. Er musste seinen Rücktritt verhindern, egal wie. Daniel war essentiell für das Team und den gesamten Komplex, er durfte nicht einfach so abhauen.

Was ihn auch immer zu seiner Entscheidung bewogen hatte, er würde es wieder ungeschehen machen.

Die Tür öffnete sich und ein verschlafener Daniel blickte ihn entnervt an. Die glasigen Augen und der schwere Geruch von Bier, der aus dem Zimmer strömte besorgten Jack zutiefst. Trotzdem ließ er sich nichts anmerken.

„Hey Dannyboy, Teal`c, Sam und ich dachten, wir besuchen dich mal für eine unangekündigte Party.“

Daniel versuchte die Tür wieder zu schließen, doch O’Neill griff dazwischen.

„Geh weg, Jack“

Langsam folgte er ihm ins Wohnzimmer und betrachtete die Galerie an Bieren, die auf dem Couchtisch aufs Öffnen warteten oder schon leer waren. Ein halbvolles Glas stand neben dem Fernseher und Daniel brachte es in die Küche.

„Hast du getrunken?“

Er wusste, dass es eine dumme Frage war, aber zumindest würde sie ihn zum sprechen bringen. Und wer wusste schon, Betrunkene sprachen doch immer die Wahrheit. Vielleicht konnte er so die Gründe für Daniels Kündigung herausfinden.

„Bin ich hier in einer Quiz- Show?“, antwortete der Archäologe gereizt und ließ sich zurück aus der Küche leicht schwankend auf der Couch nieder.

„Du bist ja ein richtiger Knaller, wenn du betrunken bist.“, kommentierte Jack den Angriff abfällig und setzte sich auf die gegenüberliegenden Couch. Unauffällig stellte er einige Flaschen Alkohol unter den Tisch, damit Daniel nicht auf die Idee kam, noch mehr zu konsumieren. So wie er klang, tat er das nämlich schon den ganzen Abend lang.

„Bist du hierher gekommen, um mir das zu sagen?“

„Nein, ich bin hierher gekommen, weil Teal`c, Carter und ich dachten, wir bes-“, wiederholte er geduldig, doch er wurde unhöflich unterbrochen.

„Geh einfach weg.“

„Kann es sein, dass wir diese Diskussion schon mal geführt haben?...Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Es gibt keine andere Option.“, schoss Jack zurück und legte demonstrativ seine Jacke ab. Carter und Teal`c würden noch ein paar Minuten länger warten müssen.

„Oh doch Jack, die gibt es.“, selbstsicher schnappte Daniel sich eine neue Bierflasche, öffnete sie und nahm einen großen Schluck. Als er sie mit wackligen Händen auf den Couchtisch stellen wollte, nahm Jack ihm auch das ab und stellte sie ebenfalls beiseite.

„Tatsächlich?“

„Oh ja...“, Daniel atmete hörbar aus und dehnte sich auf der Couch nach Herzenslust, „Ich bin kein Mitglied des SGC mehr, allem voran kein SG-1 Mitglied mehr. Du hast keine Befehlsgewalt über mich und wenn du sie je hattest, ist es mir nicht aufgefallen. Egal, ich bin jetzt endlich raus aus all dem Wirrwarr.“

Jack verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn herausfordernd an.

„Um was zu tun?“

„Meine Ruhe zu haben.“, Daniels vorheriger Aggression war eine Engelsgeduld gewichen und er grinste seinen Freund glücklich an. Wenn das hier gut ausging, würde er nie wieder auch nur in die Nähe von Alkohol kommen, das schwor sich Jack.

„Sind wir schon wieder bei dem Thema angelangt...“

„Wenn es dir nicht passt, kannst du jederzeit gehen.“

„Ich gehe erst, wenn du aufhörst dich selbst zu bemitleiden.“

Das traf zielsicher den wunden Punkt und Daniel blickte ihn böse an. Wie früher suchten seine Augen in denen von Jack nach Unsicherheit oder Reue, über das was er gesagt hatte, doch er fand diesmal keins von beidem.

Als er antwortete, sprach Daniel betont langsam und hob dabei mahnend den Zeigefinger.

„Ich bemitleide nicht mich selbst, ich bemitleide die Situation. Das ist ein großer Unter-“, er schluckte, als müsse er sich erbrechen,“...schied.“

„Was ist an der Situation so verkehrt?“

Jetzt war es für Jack an der Zeit, tiefer zu graben.

„Alles.“

Zumindest arbeitete Daniels alkoholisiertes Gehirn noch gut genug, um ihn immer wieder vom Kern der Diskussion wegzuleiten.

„Ist er nicht subtil, unser Sprachgenie...“

Daniels Zeigefinger kam wieder zum Vorschein und deutete diesmal auf die Tür.

„Hey, ich habe dich nicht darum gebeten, hierher zu kommen.“

„Darum geht es auch nicht. Was zur Hölle ist los mit dir?“

Daniel kicherte übertrieben.

„Mit mir ist alles in Ordnung, es ist der Rest von SG-1, um den ich mir Sorgen mache, wobei ich erwähnen sollte, dass SG-1, so wie es mal war schon lange nicht mehr existiert.“

„Das erwähntest du bereits.“, Jack seufzte innerlich und überlegte, ob es nicht das beste war, seinen Freund erst den Rausch ausschlafen zu lassen, bevor er diese Diskussion fortführte.

„Warum fragst du dann?“, Daniel suchte nach der angefangenen Bierflasche, die Jack hinter dem Couchtisch versteckt hatte. Als er sie nicht fand, nahm er sich eine weitere Flasche, die neben dem Sofa stand und öffnete sie.

„Weil du meiner Frage ausgewichen bist...du hast genug geladen für heute!“, Jack sprang auf und nahm ihm das Bier ab, bevor er überhaupt davon trinken konnte. Daniel wollte protestieren, doch sein Griff war nicht stark genug.

Enttäuscht blickte er der Flasche nach, die zusammen mit dem Rest seiner Sammlung neben Jack und weit weg von ihm landete.

„Ist es meine Beziehung zu Sam, die dich stört? Was ist es? So eine Entscheidung zu treffen ist nicht deine Art, Daniel. So was kommt doch nicht aus heiterem-“

“Starlights in heaven...”, begann Daniel zu summen und blickte an die Decke, wo eine einsame Fliege ihre Kreise um die Zimmerlampe zog.

„Du entfaltest eine interessante Persönlichkeit, wenn du betrunken bist, wusstest du das schon?“, Jack stand auf, um ihm ein Glas Wasser zu holen. Vielleicht bekam er ihn dann wieder halbwegs zu Verstand.

„Liegt das nicht tief in jedem von uns?“, fragte Daniel vom Wohnzimmer aus, während Jack in der Küche nach Gläsern suchte. Als er zwischen all den Umzugskartons nur eine Kaffeetasse fand, begnügte er sich damit.

„Nicht, das ich verstehe, wovon du redest.“, entgegnete er und kam mit dem Wasser zurück, nur um zu sehen, wie Daniel gerade wieder versuchte, sich eine der Bierflaschen zu holen. Doch Jack stoppte ihn in der Bewegung und schubste ihn auf die Couch zurück.

„Das wiederum ist ebenfalls nichts neues.“, kommentierte Daniel, als er unverrichteter Dinge seinen Plan aufgeben musste. Doch die Freude über den verbalen Punktesieg hielt nicht lange an, denn Jack drückte ihm nur die Tasse Wasser in die Hand und wechselte das Thema.

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, warum du ausgestiegen bist. Denkst du nicht, dass du mir das nach all den Jahren schuldig bist?“

Daniels Augen wurden plötzlich glasklar und er blickte Jack verletzt an.

„Denkst du nicht, dass DU es mir nach all den Jahren schuldig warst, mal anzurufen? Ist es so schwer, mal den Telefonhörer anzuheben?“

„Du weißt genau, dass ich in Washington eine Menge zu tun habe, Daniel.“

„Komm mir nicht mit Washington!“, Daniels Stimme wurde außerordentlich laut und er zügelte sich etwas, „Das hat schon damit begonnen, dass du General wurdest. Wusstest du, dass wir seit dem Tag nur zwei Mal als Team etwas unternommen haben, während wir vorher jeden Monat mindestens einmal weg waren.“

Jack wusste darauf keine Antwort, sondern hielt nur dem wütenden Blick stand. Natürlich konnten sie seit seiner Beförderung nicht mehr soviel Zeit miteinander verbringen wie früher, aber sie waren doch immer noch Freunde, oder?

„Genau das dachte ich mir.“, fuhr Daniel fort, „Zu schade, dass dir unsere Freundschaft nicht wichtig genug war, aber das ist die Art von Bestätigung, nach der ich gesucht habe.“

Der Schlag traf ihn genau in die Magengrube und Jack konzentrierte sich, die richtigen Worte zu finden. Er wusste, wenn er jetzt etwas falsches sagte, war alles verloren, wenn er das richtige sagte, konnte er Daniel zurückgewinnen.

„Ok, ich war vielleicht nicht der beste Freund in den letzten drei Jahren und es gibt keinen Grund, der das entschuldigt. Ich hätte öfters anrufen sollen, aber ich habe es nicht getan und das tut mir leid.“

Daniel wurde still und nahm einen tiefen Atemzug. Müde senkte er seinen Kopf und massierte sich abwesend die Schläfe.

„Alles in Ordnung?“, hakte Jack nach und erntete ein schwaches Nicken.

„Wenn das der einzige Grund ist, warum du aus SG-1 ausgestiegen bist, ich kann-“

Daniel winkte ab und lehnte sich wieder zurück.

„Du hast ja so was von keine Ahnung.“

„Dann erklär’s mir.“

Daniel wollte eine Begründung ansetzen, winkte aber zunächst ab, so als argumentiere er mit sich selbst, ob es das richtige war. Schließlich seufzte er resignierend.

„Wir waren mal eine richtige Familie, erinnerst du dich noch Jack? Wir konnten aufeinander bauen. Wenn jemand ein Problem hatte, war Hilfe zur Stelle. Wir haben einander mal soviel bedeutet, dass nichts auf der Welt uns trennen konnte.“

„So ist es auch jetzt noch.“

„Nein, so ist es nicht. Sam ist so gut wie nie erreichbar. Sie schiebt seit neustem eifrig extra Schichten im NASA Zentrum, und wenn sie das nicht tut ist sie mit dir zusammen. Teal`c arbeitet noch immer am Aufbau der Jaffa Bewegung und ist kaum auf der Erde. Meistens unternehme ich Missionen alleine mit Mitchell und einigen Leuten von SG-4. Das Team ist auseinander gebrochen, seit du General geworden bist.“

„Gerade du beschwerst dich darüber? Wer hat denn damals mit Kündigung gedroht, wenn er nicht nach Atlantis darf?“

„Was sollte ich denn tun? Das Team gab es nicht mehr, jeder ging seinen Weg...nur ich war noch da. Genauso ist es auch geblieben. Wir haben vielleicht einmal im Monat eine Mission, was soll ich den Rest der Zeit machen? Ich bin es leid, sechzehn Stunden Schichten im Übersetzen zu schieben und dann nicht mal Anerkennung für meine Arbeit zu bekommen. Ich bin es leid abends ins Bett zu gehen und zu wissen, dass es keinen Freund mehr gibt, bei dem ich auf ein Bier vorbei kommen könnte.“

Jack wollte argumentieren, doch Daniel schnitt ihm mit einer entsprechenden Geste das Wort ab.

„Hast du überhaupt eine Ahnung, wie oft ich versucht habe dich anzurufen? Wie viele Emails und Kurzmitteilungen ich dir geschickt habe?“

O’Neill schüttelte geschlagen den Kopf und wartete auf den Rest von Daniels Rede. Nach ihrer vorherigen Diskussion im SGC hatte er mit allem gerechnet, doch dieser Besuch in seinem Apartment sprengte seinen Horizont.

Er hätte nie gedacht, dass all diese Dinge Daniel so nahe gingen. Nichts hatte darauf hingedeutet; wenn er denn mal mit seinem Freund sprach, war dessen Stimme heiter und er erzählte ihm über all die tollen Dinge, die er auf fremden Planeten gefunden hatte. Doch nun stand er vor den Trümmern seines Gedankenpalastes und musste einmal mehr feststellen, dass er statt einen Schritt nach vorne zu gehen, zehn Schritte zurückgegangen war.

„Ich habe so etwas den Großteil meiner Jugend miterleben müssen. Wann immer ich dachte, ich hätte eine Familie, löste sich alles auf, weil jeder unbedingt sein Ding durchziehen musste. Und am Ende war ich immer derjenige, der allein dastand. Ich werde nicht zulassen, dass ihr mir das auch antut.“

War es nun der Rausch oder Daniels Gefühlsausbruch, aber der Archäologe wurde seltsam still. Nur das leichte Zittern seine Hände verriet die Anspannung in ihm.

„Daniel, ich...“, Jack fand nicht die richtigen Worte, um auszudrücken, was in dem Moment in ihm vorging und das brauchte er auch nicht, als sein Freund ihn wieder unterbrach.

„Es ist schon ok, Jack. Du kannst daran nichts mehr ändern. Lass mich einfach gehen...“

Lass mich einfach gehen....diesen Satz hatte er zuletzt vor zehn Jahren gehört, als er sich mit Daniel auf der Traumebene traf. Gott, das war lange her. Wie die Zeit doch die Menschen veränderte...

Aber Jack würde ihn nicht einfach gehen lassen, dazu waren sie viel zu gute Freunde. Stattdessen wollte er den morgigen Tag abwarten und noch einmal das Thema mit Daniel besprechen, wenn er wieder klaren Geistes war.

„Es ist spät.“, sprach er dann ruhig und stand auf. Müde griff er sich seine Jacke und behielt Daniel dabei genau im Auge, „Du solltest dich schlafen legen.“

Der Archäologe nickte nur leicht mit dem Kopf und starrte gedankenverloren auf seine Tasse Wasser.

„Wir sehen uns dann morgen.“, murmelte Jack noch und verließ dann das Apartment. Er wusste, Daniel brauchte Zeit für sich, um alles neu zu beurteilen und vielleicht, so hoffte er, würde er morgen schon wieder im SGC bereit stehen und mit neuer Energie weitermachen, so als sei nie etwas geschehen.

An die andere Möglichkeit wollte er gar nicht denken, denn akzeptieren könnte er sie nie.

+++

Es war gut, dass Jack auf der Heimfahrt Sam und Teal`c erklärt hatte, dass Daniel krank war. Sie hätten ihn in dem Zustand wahrscheinlich nicht wieder erkannt und wären verletzt über seine Anschuldigungen gewesen.

Er hatte sich vorgenommen, darüber zu schweigen, nicht nur um Daniels Integrität zu schützen, aber auch, um noch mal genau zu überdenken, wie er diese verfahrene Situation lösen konnte.

Jack war nicht in der Lage, das alte SG-1 Team wieder neu zusammen zu setzen, zurück nach Colorado Springs zu kommen und Mitchell rauszuwerfen. Es war einfach der Lauf der Geschichte, der das Team zu dem machte, was es nun war.

Und diese Situation war unumkehrbar.

Konnte er Daniel versprechen, sich öfters zu melden und zu versuchen, SG-1 mehr als einmal alle drei Jahre an einen Tisch zu bekommen? Natürlich. You betcha.

Aber er konnte ihm unmöglich versprechen, alles wieder so zu machen, wie es war.

Daniel verlangte etwas von ihm, das außerhalb seiner Reichweite lag und Jack musste ihm das irgendwie verständlich machen, ohne ihn weiter weg von sich zu drängen.

Sein offenes Geständnis gestern, dass ihn seine Versetzung nach Washington enttäuscht hatte, lag Jack noch immer schwer im Magen. Natürlich war Daniel sein bester Freund. Sie hatten einige Dinge durchlebt, Gedanken geteilt, von denen nicht einmal Sam wusste.

Über Jahre hinweg waren sie für einander da gewesen, verdammt, sie waren bereit gewesen ihr Leben füreinander zu geben. Wie viel stärker konnte eine Freundschaft denn sein?

Aber das jetzt alles zu Ende war, nur weil sie nicht mehr im selben Team arbeiteten war Unsinn.

Jack musste ihm irgendwie begreiflich machen, dass er immer noch für ihn da war, wenn er ihn brauchte.

Auch wenn Daniel im Moment einige – meist selbst heraufbeschworene- Probleme mit Sam und Teal`c hatte, sollte er doch zumindest das Gefühl haben, das Jack an seiner Seite stand, egal was kam.

Als er damals am emotionalen Tiefpunkt seines Lebens angelangt war, schneite Daniel in das verworrene Bild hinein und bot seine bedingungslose Freundschaft an.

Jetzt, da er in Schwierigkeiten steckte, war es Jacks Pflicht, Daniel da hindurch zu helfen.

Entschlossen klopfte er am nächsten Tag an die Tür des Apartments und wartete auf eine Antwort.

Es war schon kurz nach zwei am Nachmittag und da Sam sowieso in den Komplex musste, wollte er die freie Zeit nutzen, um mit seinem Freund zu reden.

Mehrere Sekunden vergingen und nichts tat sich.

Jack klopfte ein weiteres Mal an, nur um wieder keine Antwort zu erhalten.

„Daniel?“, seine Stimme hallte entlang des Ganges, auf dem das Apartment lag. Auch keine der anderen Türen öffnete sich und es schien, als sei das gesamte Gebäude ausgestorben.

„Daniel? Bist du hier drin? Mach die Tür auf.“

Jack ging zum Fenster am Ende des Korridors und blickte auf die Parkplätze. Dort, wo normalerweise Daniels Fahrzeug stand, war der Platz frei.

„Suchen Sie jemanden?“, fragte ein Mann und Jack drehte sich blitzartig um, hatte er doch niemanden kommen hören.

„Meinen Freund.“, erwiderte er überrascht und folgte seinem Gegenüber. Der Mann schien der Hausmeister zu sein, denn neben dem Fahrstuhl stand ein kleiner Werkzeugkoffer und mehrere Wohnungsschlüssel hingen an seinem Gürtel.

Jack deutete etwas ratlos auf die Tür zu Daniels Apartment.

„Ach, Sie meinen Mr. Jackson.“, der Mann kratzte sich am Kopf und musterte Jack ausgiebig, „Der ist heute Morgen ausgezogen, da sind sie zu spät dran.“

„Er ist was?!“

Er verlor den Boden unter den Füßen, das spürte er ganz genau. All seine geordneten Gedanken wurden von Emotionen hinweggeschwemmt und versanken irgendwo tief in seinem Innersten.

Daniel war weg?

Wo war er denn hin? Warum hatte er nicht gewartet, bis er noch einmal mit ihm gesprochen hatte?

Die unerwartete Niederlage brachte eine Leere in Jack zum Vorschein, die er seit vielen Jahren verdrängt geglaubt hatte.

Daniel konnte doch nicht einfach so aus seinem Leben verschwinden!? Sollte ihr Treffen gestern tatsächlich das letzte gewesen sein? War er deshalb so ruhig gegen Ende? Weil er trotz intensivem Alkoholgenuss wusste, dass es kein Wiedersehen mehr geben würde?

„Wissen Sie, wohin er gezogen ist?“, fragte er nach einer Weile und der Mann schüttelte enttäuscht den Kopf.

„Soweit ich weiß hat er nichts gesagt, aber Sie können den Vermieter noch mal fragen. Er ist sehr früh heute Morgen ausgezogen und ich war schon gegen Neun Uhr damit fertig, die Wohnung für den nächsten Mieter vorzubereiten.“

All diese Fakten erschlugen Jack fast und er hielt sich an der einzigen Hoffnung fest, das vielleicht der Vermieter eine Ahnung hatte, wohin Daniel so schnell verschwunden war.

Du verdammter, egoistischer Hurensohn!, schimpfte er im Geiste mit seinem Freund, denn nur so konnte er seine Wut und Verzweiflung halbwegs verbergen, Was fällt dir ein, einfach so zu verschwinden? Hast du denn nicht mal an deine Freunde gedacht?

Jack verstand tief in seinem Inneren die Ironie dieser Situation.

So wie er Daniel vor einigen Jahren mit seiner Abreise vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, so ging es nun auch ihm.

Du verdammter Mistkerl! Ich war noch nicht damit fertig dich zu überzeugen, hier zu bleiben. Das ist nicht fair!

Der Mann verschwand wieder und Jack lehnte sich überfordert gegen die Wand.

Das ist nicht fair...hatte er ihm das nicht in seinem Büro vorgeworfen? Die Antwort darauf blieb ihm nun fast im Halse stecken.

Dann passe ich mich ja allmählich an...


weiter: Kapitel 2
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