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Stargatefans... von Jenny

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Vorwort



Spoiler: Dämonen, Meridian, Shau`ris Tod, Am Abgrund
Stargatefans...


TEIL 1

„Doktor Jackson!“

Es hätte so ein ruhiger Abend sein können, seufzte Daniel innerlich und rollte den Einkaufswagen weiterhin vor sich her, ohne auf die Stimme hinter ihm zu reagieren.

„Doktor Jackson, Sie sind doch Doktor Jackson, stimmt’s? Ich kenne all Ihre Missionskarten und Berichte. Sie müssen es sein!“

Daniel rollte mit den Augen und fragte sich mindestens zum hundertsten Male, warum der Präsident der Meinung war, dass das Stargateprogramm an die Öffentlichkeit gehörte.

Natürlich teilte er zunächst diese Meinung. Damals war eine Erklärung überfällig gewesen, wie konnten sie den Leuten immer noch vorlügen, dass es in der Antarktis eine Militärübung mit neuartigen Flugzeugen gegeben hatte und all die Zeugenaussagen von Fischern, über ausserirdische Raumschiffe und schweren Beschuss durch „Leuchtwaffen“, seien ein Resultat ihrer Phantasie?

Aber die Art, wie es geregelt worden war, verursachte ihm noch heute Bluthochdruck.

Führungen durch das SGC, aufgebaute Pappefiguren der einzelnen Teams (ohne Wert darauf zu legen, wer in der Zwischenzeit gestorben war und wer noch lebte), Informationssendungen, teure Hochzeitsreisen zu fremdem Planeten...

Das war doch alles verrückt!

Cathryn würde sich im Grabe umdrehen- wenn sie das nicht schon längst getan hatte.

„Doktor Jackson, ich weiß, dass Sie es sind. Bleiben Sie doch bitte stehen!“, rief die Stimme wieder und Daniel lief seelenruhig die Gänge entlang, steckte hier und da etwas in seinen Korb und besah sich in aller Ruhe die Produkte.

Gott, jetzt gab es sogar Stargate- Cornflakes!

Mit einem SG-1 Mitglied in jeder Packung.

Für 5 Bonuspunkte gab es dann gratis einen gusseisernen Apophis dazu...

Er würde den Präsidenten auf ewig dafür hassen.

„Was ist?!“, drehte er sich endlich zu der Quelle seiner maßlosen Irritation herum und sah einen Jugendlichen, vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, der mit einem zusammengerollten Magazin und einem Stift in der Hand hinter ihm her rannte.

Gekleidet in SG-1 Uniform- die teure vom Shopping Sender mit Original Namensansteckern, passender schwarzer Schutzweste und Bandana- stand er mit breitem Grinsen vor seinem Idol.

Er war völlig außer Atem, seine Augen glänzten vor Freude und er zitterte am ganzen Leib vor Nervosität.

Verdammt, Daniel hätte nie gedacht, dass er es in seinem Alter noch mal mit Groupies zu tun bekäme.

„Macht es Ihnen etwas aus, mir ein Autogramm zu geben, Doktor Jackson?“, fragte der Junge zögerlich und reichte ihm das Hochglanzmagazin.

Es war eine SG-1 Sonderausgabe.

Das Frontcover zeigte Jack, Sam, Teal`c und ihn neben dem DHD auf einem fremden Planeten.

`Jetzt mit Original Missionsberichten von Col. Jack O’Neill!´, hieß es am Rand und Daniel machte sich nicht die Mühe, die Seite aufzuschlagen.

Das war doch alles verrückt!

„Ich sehe, man kann jetzt auch Jaffa- Stabwaffen im 1:1 Format kaufen.“, murmelte er, als er seine Unterschrift auf die Rückseite setzte, um das Bild auf der Vorderseite nicht zu verunglimpfen.

„Ja, nur 39,99 Dollar!“, erwiderte der Junge aufgeregt, „Ich habe schon zwei davon Zuhause. Wenn mein Freund kommt, spielen wir immer die Schlacht auf Chulac nach!“

Die Euphorie des Jungen wurde durch Daniels offensichtliche Langweile gestört, trotzdem fuhr er unbeeindruckt fort.

„Warum haben Sie nie ein Interview für die Stargate- View gegeben?“, erkundigte sich der Junge, „Ich bin den ganzen Weg von Wichita hierher mit dem Flugzeug geflogen. Ich wollte sie unbedingt mal kennen lernen.“

Der Archäologe rollte mit den Augen und gab es auf, sich weiter um seinen Einkauf zu kümmern.

„Das finde ich toll von dir, aber hast du keine Schule?“

„Ferien, Doktor Jackson.“

„Ah...“

// Großartig, einfach nur großartig...//

„Vielleicht solltest du deine Ferien lieber am Strand oder im Museum verbringen und nicht hier in Colorado Springs.“

„Aber ich bin doch Ihr größter Fan, Doktor Jackson!“, erwiderte der Junge mit strahlenden Augen, „Ich habe all Ihre Berichte aufgehoben, habe sogar die Archäologische Fakultät in Chicago angesprochen und mir alte Unterlagen von Ihnen besorgt.“

„Du hast was!?“, entfuhr es Daniel und eine vorbeigehende Frau sah ihn verwirrt an.

„Doktor Rayner sagte, das sei schon ok.“, erklärte der Junge mit einem Gesicht wie ein Jäger, der gerade ein Stück Wild zur Strecke gebracht hatte.

„Na großartig.“, fluchte er, diesmal laut.

Steven war so was von tot!

„Kann ich Sie zu einem Kaffee einladen, Doktor Jackson? Ich habe noch so viele Fragen an Sie. Ich bestelle ihnen auch den extra starken südamerikanischen Kaffee, den Sie so gern mögen.“

Daniel seufzte.

Das konnte auch nur ihm passieren, mitten im Supermarkt von einem aufdringlichen Fan belästigt zuwerden.

„Stehen die Antworten auf deine Fragen nicht in diesem tollen Magazin?“, fragte er beiläufig und begann, den Einkaufswagen weiter zu schieben. Der Junge folgte ihm auf Schritt und Tritt.

„Leider nein, Sir.“, erklärte dieser etwas bedrückt, nahm das Bandana ab und schüttelte sich die blonden, stirnlangen Haare aus dem Gesicht. Anschließend reichte er ihm die Hand.

„Übrigens, ich heiße Frank.“

+++

Nach sagenhaften zwanzig Minuten hatte Daniel endlich die Kasse erreicht, aber das Auftreten des Jungen hatte dafür gesorgt, dass sich mittlerweile eine Traube aus Menschen um ihn herum gebildet hatte, die unbedingt Autogramme wollte.

Spätestens jetzt wünschte er sich, er hätte auf Sams Rat gehört und wäre von hier weggezogen.

Aber die Leute im Cheyenne Mountain brauchten ihn noch immer hin und wieder, und er hatte nicht die Hälfte seines Lebens in diesem Komplex verbracht, um sie nun im Stich zu lassen.

Mit einiger Mühe legte er all seine Waren auf das Fließband der Kasse und staunte nicht schlecht, als die Kassiererin alles wieder in seinen Wagen legte.

„Das geht heute aufs Haus, Doktor Jackson. Besuch von so einem Mann wie Ihnen erhält man hier nicht so oft.“

Daniel war das unangenehm, aber er konnte nichts dagegen machen.

Er hatte genug Geld, er würde garantiert nicht leiden, wenn er ihr jetzt einhundert Doller für seinen halbvollen Einkaufskorb überreichte, aber die Frau lächelte ihn nur freundlich an und bat um ein Autogramm.

„Wie würde es sich für uns Normalsterbliche anfühlen, durch das Sternentor zu gehen?“, fragte die Frau und nahm das Blatt Papier mit seiner Unterschrift entgegen.

„Kalt. Wie eine Achterbahn auf leeren Magen.“, erklärte Daniel zur Befriedigung der Leute und fuhr mit seinem Wagen zum Ausgang, gefolgt von einigen Menschen, die ihm weitere Fragen über das Programm stellten.

Manchmal wünschte er sich wirklich die Zeiten zurück, an denen alles noch geheim war und jeder nur dachte, er würde für das Militär wichtige Codes entschlüsseln.

Nun erschien der Junge wieder neben ihm, der ihm seit ihrem ersten Zusammentreffen nicht mehr von der Seite gewichen war.

„Doktor Jackson, mein Kugelschreiber!“, rief dieser und nahm das Schreibgerät wieder entgegen, während Daniel nebenher seine Waren in den GMC packte.

„Jetzt hast du wenigstens ein Souvenir.“, erklärte er dann etwas verdrießlich, „Versteigere ihn doch und kauf dir davon ein Flugticket zurück nach Wichita.“

+++

„Hey Sam.“, grüßte Daniel sie wenig später, als er zu Hause angekommen war und seinen Einkauf in der Küche verstaut hatte.

„Hey, wie geht’s?“, erwiderte die Astrophysikerin, „Du siehst gestresst aus.“

Daniel sah tief in das Goa’uld- Kommunikationsgerät hinein und legte sich spielerisch die Haare wieder zurecht.

“Mir geht’s gut. Hatte nur ein kleines Zusammenstoßen mit SG- Fans, die unbedingt wissen wollten, warum in der neusten Ausgabe der Stargate- View kein Artikel von mir ist.“

Sam kicherte.

„Ich hab dir doch gesagt, die interessieren deine wissenschaftlichen Aspekte nicht. Die wollen nur Action- Stories hören mit viel Blut und Leichen.“

Daniel seufzte und nickte einsichtig.

„Deswegen hab ich ihnen auch nichts davon erzählt, sondern über die Inschriften der Tempelanlagen von 773 berichtet.“, erklärte er dann und ein Lächeln umspielte seine Lippen, „Hast du schon was neues von Teal`c gehört?“

Sam schüttelte den Kopf.

“Leider nein, er wollte noch ein Treffen der ranghöchsten Jaffa abhalten, um die politische Richtung der nächsten Jahre zu besprechen und dann für ein paar Wochen zurückkehren.“

Daniel verzog das Gesicht.

„Kaum zu glauben, dass aus den Jaffa nun richtige Politiker geworden sind. Und lügen können sie genauso gut wie unsere Männer an der Macht.“

„Da hast du wohl recht.“, erwiderte Sam und hob einen Welpen hoch, damit Daniel ihn sehen konnte, „Kennst du schon unser neustes Familiemitglied? Das ist Ben.“

Der Labrador Mischling blickte interessiert auf das kugelförmige Kommunikationsgerät und wollte daran schnuppern, als die Astrophysikerin ihn wieder absetzte.

„Gibt es schon etwas neues in deinem Leben? Bekanntschaften?“, fragte sie dann gespannt, aber Daniel senkte nur den Kopf.

„Ich habe wirklich keine Lust mehr auf irgendwelche Leute die mich nur als einen der 4 ersten Menschen sehen, die durch das Stargate getreten sind. Da leb ich lieber weiterhin mit meiner Katze allein hier.“

Es gab eine kurze Pause, dann lächelte Sam ihn liebevoll an. Ihre Augen zeigten all die tiefen Gefühle, die sie mit SG-1 verband.

„Manchmal denke ich immer noch zurück, wie es war, als wir zusammen auf Missionen gegangen sind. Das war wirklich etwas besonderes.“

Daniel sah, wie Sam sich eine Träne von der Wange wischte und hätte sie am liebsten in den Arm genommen, aber sie war zu weit weg.

„Das war es.“, fügte er hinzu, „Ich wünschte nur, es hätte etwas länger andauern können ... die ganze Sache mit SG-1. Letztendlich sind wir auch nur Opfer der Bürokratie unseres Landes geworden.“

Sam nickte und drehte sich kurz um.

„Ich muss jetzt Schluss machen, Steven kommt nach Hause. Ich melde mich nächste Woche wieder.“

Damit gab sie ihm einen imaginäre Kuss auf die Wange.

„Bis dann, Daniel.“

Der Archäologe winkte ihr kurz nach, bis die Verbindung abbrach.

Schließlich schaltete er das Gerät aus und wandte sich wieder der Küche zu, wo seine Katze bereits ungeduldig auf ihr Futter wartete.

„Hey Nya, hast du Hunger?“

Das kleine Tier miaute ihn laut an und starrte dann wieder auf ihre leere Futterschüssel.

„Ist schon gut, mein Mädchen. Gleich gibt’s was leckeres.“

Er öffnete eine Schublade und holte eine Tüte Katzefutter hervor, die er in Nyas Napf leerte.

Gierig stürzte die Katze sich darauf, während er direkt vor seiner Tür ein Geräusch ausmachte.

Daniel sah erst durch den Spion, erkannte aber nichts, also schnappte er sich eine ZAT aus dem Schlafzimmer, und öffnete langsam die Tür.

Ein lautes Seufzen war alles, was er von sich geben konnte, als er erkannte, wer da auf der Treppe vor seinem Haus saß.

“Hey, Doktor Jackson. Ich habe eine ganze Weile suchen müssen, aber endlich hab ich Ihr Haus gefunden.”

TEIL 2


„Was willst du hier?“, fragte Daniel seufzend und legte die ZAT beiseite, obwohl er mit dem Gedanken spielte, den Jungen damit zu betäuben und in ein Flugzeug nach Wichita zu setzen.

„Ich wollte nur sehen, wie man als Held so lebt.“, erklärte Frank lapidar und holte eine Papiertüte hervor, aus der er einen Hamburger zog.

Genüsslich begann er ihn vor Daniels Augen zu verspeisen, ohne sich stören zu lassen.

„Wenn du so weiter machst, sind deine Chancen für einen Herzinfarkt größer als meine. Das würde mir Sorgen bereiten, wenn ich du wäre.“

Der Archäologe hatte sich an den Türrahmen gelehnt.

Die kühle Abendluft kündigte sich an und die Straßenlaternen leuchteten bei der aufkommenden Dämmerung hell auf.

„Was hast du jetzt vor?“, fragte er den Jungen, als dieser sein Dinner nach einigen Bissen wieder wegpackte und aufstand.

„Habe ich Erlaubnis, offen sprechen zu dürfen, Sir?“

„Wirst du wohl mit diesem Unsinn aufhören!“, dieser Frank trieb ihn noch zur Weißglut, „Ich bin kein Militär und lege auch keinen Wert auf irgendwelche militärischen Umgangsformen in meiner Freizeit. Ich will nur, dass du mich in Frieden meine Arbeit machen lässt. Also was willst du jetzt tun? Du kannst schwerlich die ganze Nacht vor meinem Haus hocken.“

Der Junge sah ihn überrascht an, so als sei es genau das, was er geplant hatte.

„Ich schreibe einen Bericht für meine Schulzeitung über Sie. Ich will so viel wie möglich über Ihren Charakter und Ihre Sicht der Erlebnisse von SG-1 wissen.“

„Steht das nicht in deiner tollen Zeitschrift?!“, erkundigte Daniel sich und deutete verächtlich auf das Stück wertloses Papier, zu dem die Presse SG-1 mittlerweile degradiert hatte.

„Nein, Sir.“, erwiderte der Junge und holte aus seiner Jackentasche eine kleine Tüte hervor.

Daniel konnte sehen, dass es ein Geschenk war, was der Junge mühevoll verpackt hatte.

Zögerlich nahm er es entgegen und suchte Blickkontakt mit seinem Gegenüber. Frank wirkte zum ersten Mal, seit er ihn getroffen hatte, toternst.

“Was ist das?“, fragte Daniel skeptisch und etwas beschämt über sein genervtes Auftreten, als er etwas festes unter dem Papier spürte.

„Ich habe es selbst gebastelt. Ich habe es der kleinen Totem- Statue nachempfunden, die Teal`c Ihnen gegeben hat, als sie im Sterben lagen, nachdem Sie Kelowna gerettet hatten.“

Daniels Blick fuhr auf.

„Wenn du sterben solltest Danieljackson, dann sollst du wissen dass ich glaube, der Kampf gegen die Goa`uld hat einen seiner größten Krieger verloren. Und ich werde einen meiner besten Freunde verloren haben.“

„Doktor Jackson, ist alles okay?“, fragte der Junge und rüttelte besorgt an seiner Schulter.

Daniel blickte ihn nur kurz an und versuchte die Emotionen zu verbergen, die ihn plötzlich durchfluteten.

„Mhm? Ja, ich...mir geht’s gut.“

„Hab ich etwas falsches gesagt? Ich wollte Sie nicht verletzen.“, erklärte Frank und sah ihn besorgt an.

„Nein, ist nicht weiter schlimm.“, wiegelte Daniel ab und packte die Figur aus.

Tatsächlich hatte sie verblüffende Ähnlichkeit mit der von Teal`c, nur an den Schnitzereien waren einige kaum sichtbare Fehler.

„Eichenholz?“, erkundigte sich der Archäologe und Frank nickte stolz.

„Das muss ja eine ziemlich lange Arbeit gewesen sein.“

„Erst hab ich es zurecht gesägt, dann trocknen lassen und es bearbeitet. Mein Vater hat mir dabei geholfen, er ist gut in so was.“

Daniel berührte es zutiefst, was der Junge für ihn getan hatte.

Er sah der Skulptur an, dass wochenlange Arbeit in ihr steckte, erkannte die kleinen Feinheiten an den Rändern, die gut abgeschliffenen Kanten.

„Wissen deine Eltern, dass du hier bist?“, fragte er dann und erhaschte für einen Moment Unsicherheit in dem Blick des Jungen.

„Sie sind nicht meine leiblichen Eltern. Sie haben mich adoptiert. Natürlich wissen sie, wo ich stecke.“, stotterte dieser verräterisch und deutete auf seinen großen Rucksack, „Ich...ich muss jetzt zum Hotel. Es wird sonst zu spät.“

Daniel verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wo genau liegt denn dein Hotel?“

Frank deutete die Straße herunter.

„Irgendwo Richtung Ortsausgang.“

„Wenn du willst, kann ich dich fahren.“, bot Daniel an, wissend, dass der Junge log.

„Nein, das wird nicht notwendig sein, Sir.“

„Das ist schade.“, entgegnete der Archäologe, „Denn dort unten gibt es weit und breit keine Hotels.“

Frank erkannte, dass er ertappt worden war und legte enttäuscht seinen Rücksack wieder ab.

„Für das Hotel hatte ich kein Geld mehr übrig. Der Flug war schon 300 Dollar.“

„Und wie hast du dir das vorgestellt?“, Daniel kam näher auf ihn zu, „Willst du zelten? Weißt du nicht, wie kalt es hier um die Jahreszeit wird und hast du mal daran gedacht, dass sich Kriminelle hier rumtreiben könnten .... und was hast Du überhaupt deinen Eltern erzählt? Wissen Sie, wo Du steckst?“

Der Junge sah ihn an und zuckte mit den Schultern.

„Sie denken ich besuche einen Freund und mein Zelt ist im Rucksack. Da unten am Fluss ist eine Brücke, da kann man prima drunter zelten.“

Daniel fuhr sich genervt mit der Hand übers Gesicht und dachte kurz nach.

Schließlich seufzte er.

„Komm mit ins Haus. Mach dich frisch und ruf deine Eltern an, damit sie wissen wo du steckst. Du kannst heute Nacht bei mir schlafen, aber morgen verschwindest du wieder, verstanden?“

Daniel hatte seine Mahnrede noch nicht beendet, als sich die Arme des Jungen um seinen Bauch schlangen.

„Danke Doktor Jackson, ich bin ja so froh. Die Magazine hatten unrecht, Sie sind gar nicht so stur und eigensinnig, wie alle denken!“

Daniel hob nur die Augenbrauen.

„Stur und eigensinnig?“

+++

Eine halbe Stunde später hatte der Junge seine überglücklichen Eltern angerufen und ihn mit der besorgten Mutter sprechen lassen.

Die Frau bekam kaum einen Ton bei dem Klang seiner Stimme heraus.

Daniel fragte sich, welch einem Wahn die Bevölkerung verfallen sei, schließlich waren sie auch nur normale Menschen.

Er hatte ihr versichert, den Jungen so schnell wie möglich zurück zu schicken und dann aufgelegt.

Frank war mittlerweile duschen gegangen. Daniel genoss die Ruhe und setzte sich in den Sessel. Auch er war mit vierundfünfzig nicht mehr der Jüngste und der ganze Stress machte ihm zu schaffen.

Heute war er mehrere Male zum Cheyenne Mountain hinaus gefahren, um Übersetzungen zu prüfen und hatte den Archäologen an einem neuerworbenem Metallumwandler assistiert, nachdem diese fälschlich interpretiert hatten, was das Gerät tun konnte.

Und Erz in Gold zu verwandeln konnte es mit Sicherheit nicht.

„Doktor Jackson?“, das Goa’uld Kommunikationsgerät auf der Küchentheke hatte sich aktiviert und zeigte General Davis’ Gesicht, „Sind Sie da?“

Daniel sprang auf und näherte sich dem praktischen Telefonersatz.

„Ich bin hier, General. Was kann ich für Sie tun?“

Davis’ Miene wirkte entspannt, also machte er sich nicht allzu viele Sorgen.

„Doktor, ich wollte nur Bescheid geben, dass Teal`c wieder angekommen ist. Er durchläuft gerade die medizinische Untersuchung und wollte später zu Ihnen kommen. Ich habe gehört, Sie wollten unbedingt wissen, wann er ankommt, also habe ich dafür gesorgt, dass man es mir meldet.“

Daniel war gerührt, dass Davis ihn persönlich kontaktierte, obwohl das einer der Seargents hätte tun können. Aber sie beide waren schon immer gut miteinander klar gekommen und er hatte die Ehre erhalten, trotz all der Konflikte mit SG-1 Davis’ ziviler Berater in Sachen Völkerfreundschaft und diplomatische Beziehungen zu werden.

Auch die Tatsache, dass Davis nach all den Jahren zum General des SGCs ernannt wurde kam Daniel entgegen. Paul kannte das Programm seit den Anfängen und hatte ein Gespür für die richtigen Entscheidungen.

Er hatte ihm diese Promotion sehr gegönnt.

„Danke, General.“, erwiderte er nach einer Pause, „Wie läuft es mit den Verhandlungen? Was sagen die Corvash bezüglich unseres Vertrages zum Kampf gegen die Tok`Ra?“

Welch leidiges Thema...

Nach Jakob Cartes Tot hatte es nicht lange gedauert, bis es zu ersten Interessenkonflikten kam und die Auflösung der Allianz mit der Erde folgte bald darauf. Leider nutzten sie nun all das Wissen, was sie sich über die Menschheit angeeignet hatten, gegen sie.

Sie waren damals zu blind gewesen, um es zu bemerken, aber ihr Plan bestand von Anfang an in der Auslöschung der Goa`uld um anschließend deren Macht für ihre Interessen zu missbrauchen.

Jetzt hatten sie es fast monatlich mit Tok`Ra Spionen zu tun, die sich auf anderen Planeten unters Volk mischten, um herauszufinden, ob es Neuigkeiten von der Erde gab.

Sobald sie etwas erfuhren, planten sie Terroranschläge mit dem Ziel der größtmöglichen Zerstörung.

Erst zwei Mal war es den hartnäckigen Rebellen gelungen, einen Anschlag auf den Cheyenne Mountain zu verüben , wobei duzende von Soldaten, darunter auch Lou Feretti, ums Leben gekommen waren.

Seitdem hatte Daniel einen Hass auf diese Verräter entwickelt, der sich von Tag zu Tag steigerte. War er früher noch am Frieden zwischen den Tok’Ra und ihnen interessiert, führte er mittlerweile Teile des Sicherheitsstabes an, deren Aufgabe es war, Rebellen ausfindig zu machen und auszulöschen.

Doch die letzten verbliebenen Tok’Ra waren weit gestreut, deshalb konnten sie immer nur einzelne Krieger ausschalten, während die anderen sich neue Angriffsziele suchten.

„Alles läuft bestens, Doktor. In zehn Tagen findet ein Treffen mit den ranghöchsten Kriegern der Corvash statt. Ich würde mich freuen, wenn Sie daran teilnehmen könnten.“

Daniel nickte lächelnd.

Es gab ihm ein gutes Gefühl, nach all den Jahren immer noch gebraucht zu werden.

„Sicher, geben Sie mir nur rechtzeitig Bescheid. Richten Sie Teal`c bitte aus, dass er jederzeit willkommen ist, er muss sich nur auf Gesellschaft einstellen.“

„Alles klar, das werde ich gerne tun.“, erwiderte Davis und unterbrach die Verbindung.

Erst jetzt sah Daniel im Augenwinkel Frank stehen, der ihn ungläubig musterte. Seine Nachtgarderobe bestand aus einem hüftlangen schwarzen T-Shirt mit SG-1 Portrait mit aufgedruckten Originalunterschriften auf der Vorderseite und einem paar Boxer Shorts.

„Ist das...ist das Goa`uld- Technologie? War das eben General Davis? Der General Davis?“

Der Archäologe rollte nur mit den Augen und deutete dann auf den Kühlschrank.

„Nehm’ dir was du brauchst und leg dich dann schlafen. Morgen früh müssen wir einen geeigneten Flug für dich zurück nach Wichita finden.“

„Aber ich dachte Teal`c kommt heute Abend vorbei.“, erklärte der Junge aufgeregt, „Wissen Sie noch, als er von diesen Dorfbewohnern gefesselt in den Teich geworfen wurde und überlebte?“

Daniel seufzte zum wiederholten Mal und lehnte sich dann gegen den Küchenschrank.

“Was muss ich tun, damit du fünf Minuten lang den Mund hältst?“

Frank lächelte gewinnend und setzte sich auf die Couch.

“Mir fünf Minuten lang etwas über das SG-1 Team erzählen!“

+++

„Wie war das, als Sie das erste Mal durch das Sternentor gegangen sind?“, fragte Frank aufgeregt und zückte seinen Notizblock und Kugelschreiber.

„Kalt, beängstigend und unglaublich schnell.“, antwortete Daniel abwesend und verfolgte eine Sendung im Fernsehen.

Sie behandelte die Fressgewohnheiten trächtiger Leguanweibchen bis zur Entbindung. Fasziniert beobachtete er die Eiablage. Schon bald zeigten sie Aufnahmen von schlüpfenden Jungtieren. Und erst ihre imposante Farbe...

„Was haben Sie sich dabei gedacht, als sie in Ra’s Tempel die Energieentladung die Jack O’Neill treffen sollte abgefangen haben?“

Das weckte seine Aufmerksamkeit. Daniel stellte den Fernseher leise und wandte sich der kleinen Nervensäge zu.

„Was für eine Frage soll das denn sein?!“

Frank zuckte mit den Schultern.

“Wer würde sich schon freiwillig für jemanden opfern, den er gerade mal ein paar Tage kennt?“

Daniel atmete tief durch und beschloss, erst seine Blutdrucktabletten zu nehmen, ehe er sich weiter mit dem Jungen beschäftigte.

Jack hatte doch recht behalten. Ein lebenslanger Überkonsum von Kaffee führte schlussendlich zu Bluthochdruck und Herzproblemen. Vielleicht hätte er ihn doch öfters zum Angeln begleiten sollen...

Er lief zur Küche, gab der Katze etwas Wasser und spülte die Medikamente dann mit einem Glas Bitter Lemon herunter.

„Was ist daran nicht zu verstehen? Jack war ein wichtiger Bestandteil der Mission. Er durfte nicht sterben.“

„Aber Sie waren es doch auch. Die Männer benötigten ihr Fachwissen, um den Weg zurück zur Erde zu finden.“

Daniel fühlte sich ertappt und starrte geistesabwesend auf den Teppich, wo seine Katze mittlerweile wieder vergnügt in ihrem Spieltunnel herumtollte.

Er wollte dem Jungen sagen, dass er schon damals das Gefühl hatte, Jack und sein Weg hätten sich nicht zum letzten Mal gekreuzt und das es einen tieferen Sinn gab, warum sie beide auf dieser Mission waren.

Aber er wusste auch, dass dies persönliche Dinge waren. Erinnerungen, die nur Jack und er teilten und die für niemand anderes bestimmt waren, dafür waren sie viel zu wertvoll.

Er hatte Jacks Schmerz damals ganz deutlich gespürt.

Wie ein verletztes Raubtier wies er andere Menschen ab, die versuchten ihm nah zu kommen. Ein einsamer verzweifelter Mann, der eine riesige und fast unüberwindbare Mauer um sich herum aufgebaut hatte und tatsächlich dachte, dies würde ihn vor den Erinnerungen schützen.

Aber Daniel wusste zu genau, wie falsch das war.

Ein Psychologe, den er von der Universität noch kannte hatte ihm damals etwas gesagt, einen Satz, an den er sich bis heute noch sehr klar erinnerte.

Isolation ist ein gefährlicher Zustand, wenn sich der Betreffende dessen nicht bewusst ist.

Ob es Jack nun klar war oder nicht, er bewegte sich weiter entlang des Gleises zur Selbstaufgabe, durchlebte schwere Depressionen und Albträume. Daniel musste kein Psychologe sein um zu wissen, wohin dieser Weg ihn gebracht hätte.

So oder so, wie in einem offenem Buch konnte er Jacks seelischen Schmerz von seinem Gesicht ablesen. Während andere ihn nur für missgelaunt oder wortkarg hielten, wusste Daniel sehr wohl, dass dieser Mann weit mehr litt, als er es anderen erlaubte zu sehen.

Gewissermaßen hatte er auch gehofft, dass sie vielleicht einige persönliche Gespräche miteinander führen könnten, um die Vergangenheit zu beleuchten und Wege aufzuzeigen, um mit dem Schmerz umzugehen.

Und er suchte Anschluss.

Cathryn Langford hatte ihn in diese Einrichtung voller Soldaten eingeschleust, die geschmacklose Witze über ihn rissen und ihm so oft es ging aufzeigten, dass er nicht willkommen war.

Als schmächtiger und schusseliger Wissenschaftler war er mitten in eine Horde patriotischer Muskelmänner geworfen worden, die ihn vom ersten Tag an ausgrenzten.

Er war anders als sie.

Und ohne nur ein einziges Wort mit ihm zu wechseln betitelte jeder ihn als Spinner.

Aber Jack...Jack war anders gewesen.

Er degradierte ihn nicht, suchte aber gleichzeitig auch nicht nach Kontakt.

Zu sehr war er mit den Geschehnissen in seinem eigenen Leben beschäftigt, als das er sich um ihn kümmerte. Und je mehr Daniel ihn beobachtete, desto mehr nahm er Anteil am Schicksal dieses Mannes.

Ohne das Jack es damals bemerkte, begann er Sympathien für den oftmals missgelaunten und distanzierten Colonel zu hegen.

Sie teilten ein gemeinsames Schicksal, trauerten um den Tod eines geliebten Menschen. Beide waren in ihrer eigenen Welt Einzelgänger und vielleicht, so hofft Daniel, konnten sie Freunde werden.

Als er dann sah, wie im Zuge des Gefechts die Stabwaffe auf O’Neill gerichtet wurde, wusste Daniel instinktiv, dass er es verhindern musste. Jack durfte nicht so sterben, er hatte eine zweite Chance verdient.

Er musste die Menschen von Abydos befreien und die Atombombe entschärfen.

Und genau so war es dann auch geschehen.

Nach all den Jahren tat es ihm noch immer in der Seele weh sich zu erinnern, wie verletzt und niedergeschlagen Jack damals war. Ein Mann, der sich selbst aufgegeben hatte.

Umso mehr gab es ihm ein gutes Gefühl zu wissen, wie sich ihre Freundschaft nach diesem entscheidenden Augenblick entwickelt hatte.

„Vielleicht habe ich einfach nur geahnt, dass er später für mich genau dasselbe tun würde.“, entgegnete er nachdenklich.

Frank blickte ihn fasziniert von der Couch aus an und machte schnell Notizen in seinem Block.

Daniel rollte mit den Augen, obwohl er zugeben musste, dass es mal eine Abwechslung zum täglichen Alleinsein war.

Auch wenn es eine nervende Abwechslung war.

„Wie fühlt man sich so als Held, Doktor Jackson?“, fragte Frank dann, was ihn definitiv auf die Spitze trieb.

Daniel überlegte kurz, ob es sich lohnen würde, den Jungen dafür anzufahren, dass er eine solch dumme und unmoralische Frage stellte, aber gleichzeitig war es nicht seine Schuld. Die Medien gestalteten dieses Bild von SG-1 und Frank war einfach nur ein Opfer ihrer falschorientierten Propaganda.

„Wir sind keine Helden, wir sind nur...ganz normale Menschen. Diejenigen, denen es aus Zufall erlaubt war, unzählige Male durch das Sternentor zu reisen um nach fremden Völkern und neuen Technologien zu suchen. Helden sind Leute wie Ernest Littlefield, der ohne irgendwelche Technik damals ganz allein zum ersten Mal das Tor durchschritten hat. Fünfzig Jahre seines Lebens verbachte er in einem maroden Schloss in der Hoffnung, die Leute, für die er das getan hat, würden zurückkommen um nach ihm zu suchen...Wir sind keine Helden, wir tun einfach nur unseren Job.“

„Sie vermissen Ihn sehr, oder?“, fuhr Frank fort, als Daniel sich abwandte um zum Kühlschrank zu gehen.

„Was?...Wen?“, fragte der Archäologe nach, um seinerseits mal nervig und naiv zu wirken.

„Ernest Littlefield. Ich habe mal einen Bericht über ihn in der Archeological Times gelesen. Sie hatten viele Gemeinsamkeiten.“

Daniel schnappte sich die eigentlich verbotene Kanne Kaffee aus dem Kühlschrank, schüttete etwas davon in eine Tasse und steckte diese wiederum in die Mikrowelle.

„Ernest und Cathryn hätten niemals eine derartige Vermarktung des Projektes erlaubt. Es waren geldgierige Politiker, die an all dem hier Schuld sind.“

„Freut Sie denn nicht der ganze Ruhm um Ihre Person?“

Daniel schaute den Jungen erst zweifelnd an und machte dann eine abwertende Handbewegung.

„Ruhm ist eine Erfindung der Medien, um Menschen in Illusionen leben zu lassen.“, erwiderte er gefühlskalt, denn das Thema machte ihn langsam aber sicher wütend.

„Aber die Leute schauen zu Ihnen auf, für das, was sie geleistet haben.“, erklärte Frank, stand von der Couch auf und trat näher an ihn heran.

„Die Leute sehen in mir einen Helden, der von den Medien geschaffen wurde. Ich bin kein Indiana Jones, der lianenschwingend nach verborgenen Schätzen Ausschau hält, sondern ein ganz normaler Mensch. Wie jeder von SG-1. Aber was aus uns gemacht wird ist in meinen Augen reine Perversion...Jack ist...war keine herumziehende Killermaschine, Sam kein Genie, das auf alles eine Antwort weiß und auf der Suche nach Gleichberechtigung für Frauen ist und Teal`c ist keine emotionslose Wiedergeburt von Mr. T.“

Dem Jungen klappte die Kinnlade herunter und er machte sich hastig Notizen.

„Was ist mit General O’Neill? Warum hat man nie nach Heilungsmöglichkeiten für seine Krankheit gesucht?“

Daniel schluckte hart und sah dann aus dem Küchenfenster, um seine Emotionen zu verbergen.

„Lass gefälligst Jack aus dem Spiel. Es reicht schon, was die Medien mit dem Thema angestellt haben.“

Frustriert nahm er einen großen Schluck Kaffee und stützte sich mit beiden Händen auf dem Küchentresen ab.

„Stellen Sie sich nicht manchmal vor, wie es sein könnte, wenn er genau wie Sie aufgestiegen wäre? Ich bin mir sicher, Sie vermissen ihn sehr.“, fuhr der Junge unbehelligt fort.

// Ich geb dir ne Woche, dann wirst du mich vermissen.//

// Ja, all die schlechtgelaunten Beleidigungen, all die unlogischen Argumente...//

// Okay, du wirst Carter und Teal`c vermissen...//


Und Jack hatte doch recht gehabt. Er vermisste ihn schon nach einem Tag.

„Beim Aufsteigen geht es nicht darum, dem Tod zu entgehen. Es geht darum, einen anderen Pfad zu wählen.“, erklärte Daniel wieder etwas ruhiger.

„Aber der Colonel wäre danach immer noch irgendwo da draußen. Vielleicht könnten Sie sich irgendwann wiedersehen, wie damals auf Abydos.“

Gott sei Dank hatte Jack niemandem von der Sache auf Ba’als Planeten erzählt. Es gab noch immer Geschichten zwischen ihnen beiden, die nicht von der Öffentlichkeit breit getreten wurden.

„Wer weiß, vielleicht ist er das auch so.“, erwiderte er lächelnd und zeigte triumphierend auf die Uhr.

„Das waren jetzt 10 Minuten. Also musst du nun auch für 10 Minuten den Mund halten.“


TEIL 3


Teal`c war überrascht, als er neben Danieljackson auch einen jungen Mann in dessen Haus vorfand, der sich nervös vor ihm verbeugte, wie es die Jaffa untereinander taten.

Daniel rollte dabei nur mit den Augen und ließ ihn ein.

„Danieljackson.“, grüßte er den Archäologen förmlich und umgriff seinen Unterarm als Zeichen der Brüderschaft.

Er trat in das spartanisch eingerichtete Haus hinein und setzte sich auf die Couch.

„Hey Teal`c, wie ist es dir ergangen?“, erkundigte sich der Archäologe und bereitete etwas Tee für seinen Gast vor.

„Sehr gut, Danieljackson. Ich sende dir Grüße von Ryak. Er fühlt sich geehrt, dass du ihn zum Botschafter von der Erde für die Jaffa auserwählt hast.“

„Er war der beste Kandidat für diesen Posten.“

Der Jaffa senkte den Kopf und blickte skeptisch zu dem Jungen, der auf der anderen Seite der Couch das Geschehen beobachtete.

„Wie hat es sich angefühlt, Apophis so richtig in den Hintern zu treten?“, fragte dieser und Daniel deutete Teal`c mit einer Handbewegung an, sich nicht zu sorgen.

“Das ist übrigens Frank. Er ist ohne die Erlaubnis seiner Eltern hier und wird morgen zurück nach Wichita fliegen, richtig?“

Der Jaffa hob eine Augenbraue, ließ sich aber sonst nichts anmerken.

„Sam richtet dir übrigens auch Grüße aus. Sie bereitet sich im Moment auf ihren großen Tag vor.“

„Das ist gut zu hören.“, erwiderte der Jaffa und deutete auf das Hochglanzmagazin über SG-1, das auf dem Tisch lag, „Ich dachte, du bevorzugst andere Informationsquellen, Danieljackson.“

Der Kopf des Archäologen schnellte in die Richtung, in die Teal`c deutete und er lächelte bald.

„Er hat das mitgebracht. Ich würde mir lieber alle Finger und Zehen abschneiden, als diesen Unsinn zu lesen.“

„Glaubst du etwa die Lügen, die diese Menschen verbreiten?“, erkundigte der Jaffa sich bei Frank, doch dieser schüttelte etwas eingeschüchtert den Kopf.

„Nicht mehr, seit ich Sie beide getroffen habe, Sirs.“, entgegnete er dann mit fester Stimme und steckte das Magazin weg.

Plötzlich lief im Fernseher die Vorschau für eine neue Episode der Simpsons.

Daniel konnte seinen Augen nicht trauen, als man plötzlich Homer Simpson zeigte, der sich mit Jack O’Neill unterhielt und in der nächsten Szene aus Versehen durch das Sternentor stürzte und auf dem Heimatplaneten der „Abgestiegenen“ landete, wo er George Bush und Mick Jagger traf.

Sofort schnappte er sich die Fernbedienung und schaltete das Gerät ab.

„Es wird Zeit, dass du ins Bett gehst, junger Mann. Ich will nicht morgen in der Zeitung zum Gegner des Jugendschutzgesetzes degradiert werden.“, bemerkte Daniel zynisch und öffnete die Tür zu einem der Gästezimmer.

„Ist ja schon gut, Sir.“, erwiderte Frank mit gesenktem Kopf und folgte der Anweisung.

Daniel wartete noch einige Minuten, bis das Licht ausgeschaltet wurde und sich Ruhe über den Gästeraum legte, ehe er einen USB- Stick hervor holte.

„Hey Teal`c, na wie sieht’s aus? Hast du Lust auf eine Endlosreihe der drei Stooges?“

Die Augen des Jaffa schienen fast aufzuleuchten vor Überraschung und er nickte beschwingt.

„Es wäre mir eine Freude, Danieljackson.“

+++

// Abgesehen von der Tatsache, dass sie in den letzten fünf Jahren eine ziemliche Nervensäge gewesen sind, habe ich... ich... ich hatte gelernt, sie zu bewundern... ein wenig... sozusagen. //

Daniel drehte sich im Schlaf unruhig auf die andere Seite.

// Kann ich irgendwas tun? //

// Ja, sagen Sie Jakob, er soll aufhören! //

// Wieso? //

// Weil ich bereit bin, weiter zu gehen. //

// Sie wollen einfach aufgeben? //

// Nein! Nein, ich gebe nicht auf, glauben Sie mir. //

// Ich kann auf diese Weise mehr erreichen und das will ich auch!...Ich muss jetzt gehen. Alles wird gut...Bitte sagen Sie Jakob, er soll aufhören. //


Erneut wechselte er seine Schlafposition, und stöhnte leicht auf.

//Du liegst schon wieder falsch. Ich habe eine Wahl. //

// Von was sprichst du?...Nein. //

// In einer Minute werden sie wieder kommen, dann wird Ba’al mich wieder töten. Du kannst dafür sorgen, dass es das letzte Mal ist. //

// Bitte mich nicht, so etwas zu tun. //

// Du kannst das beenden. //

// Ich werde es nicht tun. //

// Ich würde es für dich tun, und das weißt du auch!...Ich will diese Zelle nicht noch einmal sehen, Daniel! //


Er träumte, dass er wieder an Jacks Krankenbett saß.

// Hey Dannyboy, du siehst aus, als hättest du wochenlang nicht geschlafen! //

// Hast du kürzlich in den Spiegel gesehen? //

// Innere Schönheit vergeht nie, das weißt du doch. Und außerdem stehen die Frauen auf Männer mit Glatze, sie sagen, das macht einen Mann erst richtig sexy. //

Sie schwiegen.

// So? //

// So? //

// So?...Was sagen die Ärzte? //

// Naja...die haben mir die Strahlung eines russischen U-Boot Atomkerns verpasst und erwarten, dass mich das gesünder macht. //

// Wie ist die Situation...wirklich? //

// Sie sagen, dass die Medizin in der Vergangenheit große Fortschritte im Kampf gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs gemacht hat und das meine Überlebenschancen bei vierzig Prozent liegen. Sie machen mir Hoffnung aber in Wirklichkeit gibt’s davon nicht viel. //

// Sam und ich haben versucht, Kontakt mit den Asgard aufzunehmen, aber sie sind im Moment unerreichbar. //

// Hört doch endlich damit auf, die Galaxie auf den Kopf zu stellen! Das macht es auch nicht besser. Daniel, ich bin jetzt fünfundsechzig, meine Pumpe arbeitet nur noch auf Halbbetrieb, meine Knie sind aus Stahl und nachts leuchte ich wie ein Glühwürmchen. Irgendwann muss Schluss sein! //

// Soll das heißen du willst einfach so aufgeben? //

// Was willst du denn erreichen? Niemand kann mir mehr helfen, Daniel. Wir hatten vor Jahren die Chance gehabt etwas zu bewirken, endlich die langersehnten neuen Technologien nutzen zu können, aber wir haben das Angebot der Ashen aufgrund deiner Argumente zurückgewiesen. Und deshalb hat sich jetzt fast jeder nützliche Allianzpartner gegen uns verschworen. Lass es einfach sein, Daniel. Lass mich einfach in Ruhe. //

Daniel wusste, dass es Jacks Art war, damit klar zu kommen. Er wollte, dass er wütend auf ihn wurde, damit sein Tod ihm nicht so sehr weh tat, aber da irrte er sich.

Wortlos war Daniel damals aus dem Krankenzimmer gegangen und als er am nächsten Tag wiederkam, war Jack fort.


Damit wachte er auf.

+++

Frank wachte aus irgendeinem Grund mitten in der Nacht auf und konnte nicht mehr schlafen.

Tausend Gedanken jagten ihm durch den Kopf und nicht einer davon wich von dem Thema SG-1 ab.

Seine Reise hatte sich als Volltreffer erwiesen, denn er hatte bereits Daniel Jackson und Teal`c getroffen, normalen Fans gelang das in ihrem ganzen Leben nicht.

Es war eine Fügung des Schicksals gewesen, dass der Doktor ihn eingeladen hatte, hier zu schlafen und er genoss es.

„Ich liege im Gästebett von Doktor Daniel Jackson, Mitglied von SG-1.“, murmelte er vor sich hin und schob die Bettdecke beiseite, um zur Küche zu gehen.

Sein Gastgeber hatte im Nebenraum ein Regal mit unzähligen Artefakten und Frank wollte unbedingt einen Blick darauf werfen.

Vielleicht befanden sich unter den Exponaten auch persönliche Gegenstände.

Vielleicht gab es irgendwo ein Bild von ihm und O’Neill. Er würde alles für einen tieferen Einblick in diese Beziehung geben.

Er hatte die Tür des Gästequartiers noch nicht vollständig geschlossen, als er zuerst von der getigerten Katze, dann von Teal`cs Anblick begrüßt wurde.

„Frank.“

„Oh...hey Mr. Teal`c.”, grüßte er zurück und wollte sich an dem Mann vorbeischieben, doch dieser stellte sich ihm in den Weg.

„Versuchst du dir unberechtigten Zutritt zu Privaträumen von Danieljackson zu verschaffen?“, fragte der Jaffa böse, doch Frank zeigte nur auf die Couch.

„Ich konnte nicht schlafen. Ich wollte nur ein paar Minuten wach bleiben und es dann noch einmal versuchen.“

Der massige Kopf des Jaffa senkte sich kurz und er gewährte dem Jungen anschließend Zugang zur Stube.

„Doktor Jackson hatte recht.“, erklärte er dann, „Sie sind wirklich komplett anders, als es immer dargestellt wird.“

Der Versuch eines Gespräches mit Teal`c funktionierte tatsächlich! Seine Freunde würden ihm das nie abnehmen!

„Die Menschen suchen immer nach der Wahrheit, die ihnen am einfachsten erscheint.“, erklärte der Jaffa und setzte sich zu ihm auf die Couch, „Danieljackson hat sein Leben schon oft dafür gegeben, die Menschheit vor den Gefahren des Weltraumes zu beschützen und nun dankt man es ihm und Sam Carter damit, dass man sie wie verrückte Superhelden darstellt.“

Verrückte Superhelden?

Er erinnerte sich an die Zeit zurück, als er gerade erst aufmerksam auf das Stargate- Programm geworden war und begann, die Nachrichten darüber zu verfolgen.

Interstellare Reisen, Konflikte mit fremden Wesen...

Er fand das damals so cool. Und dann all die Geschichten über SG-1, all ihre Abenteuer. Es hatte Frank in seinen Bann gezogen und er wollte unbedingt in irgendeiner Weise daran teilhaben.

So wurde er Mitglied in einem eigens dafür gegründetem Fanclub und Monat für Monat stieg seine Faszination für diese Materie.

Mittlerweile kannte er die meisten Missionsberichte so gut, dass er mühelos mit jedem Mitglied von SG-1 darüber debattieren konnte.

Doch nun versuchte eben ein solches Mitglied von SG-1 ihm zu erzählen, dass all dies übertrieben sei? Wollten sie vielleicht nur ihre Heldentaten aus Bescheidenheit herunter spielen?

Frank fiel ein grünes Cappy auf, das neben dem Fernseher auf einem Regal lag.

„Ist das von General O’Neill?“

Teal`c folgte seinem Blick und nickte dann nachdenklich.

„Ja.“

In dieser simplen Antwort spürte Frank plötzlich die Trauer, die selbst vor dem türrahmengroßen Jaffa keinen Halt machte. Wo war die gefühlskalte Kampfmaschine, die in der Presse beschrieben wurde?

Plötzlich, da er der Realität so nahe war, bekam dies einen ungewohnt persönlichen Touch für ihn. Frank fühlte sich nicht wohl, als er dieses Thema anschnitt, obwohl ihn wahrscheinlich viele Menschen darum beneiden würden, dass er so tief in die Privatsphäre dieser Helden eintauchen durfte.

Dennoch legte sich ein eigentümliches Unwohlsein über ihn, so als ob er etwas falsches tat, indem er so begeistert von all dem hier war und ständig nach den neusten Nachrichten forschte.

Er stellte sich vor, dabei gewesen zu sein, als die erste Abydosmission statt fand, ließ sich von Jacksons Enthusiasmus verzaubern und durch O’Neills Mut in den Bann ziehen, als er gegen die Jaffa kämpfte.

Das war wahres Heldentum.

Aber dann kam plötzlich der Wendepunkt, der das Team für kurze Zeit in zwei Lager spaltete.

Die Sache mit Sha`uri.

Er hatte vorher beim Betreten des Hauses ein Bild von ihr auf dem Schreibtisch entdeckt. Sie war wunderschön und ihr Lächeln zog auch ihn in ihren Bann.

Und nun saß er neben dem Mann, der sie erschossen hatte, um Daniel Jacksons Leben zu retten.

Die Medien hatten dieses Thema bis zur Unendlichkeit ausgearbeitet, Psychologen und Philosophen waren befragte worden, es wurden nachgestellte Szenen gezeigt und „Was wenn“ -Fragen diskutiert.

Zum ersten Mal war sich Frank nicht mehr sicher, ob dies der richtige Weg war, das SG-1 Team zu ehren.

„Es tut mir leid, dass er gestorben ist.“, sprach er dann leise und erntete einen überraschten Blick seines Gegenübers. Teal`c war an diese Offenheit längst nicht mehr gewöhnt.

„O’Neill war ein großer Krieger. Viele Männer haben versucht, in seine Fußstapfen zu treten und sind gescheitert.“

Frank bekam bei diesen Worten Gänsehaut und er nickte. Wie musste es sich wohl anfühlen, einen Freund wie Jack O’Neill zu haben? Einen ausserordentlich guten militärischen Strategen, der einen beschützen konnte, wie es Franks leiblicher Vater nie für ihn getan hatte.

Der trieb sich wahrscheinlich noch immer in irgendwelchen Kneipen rum, besoff sich bis zur Besinnungslosigkeit und machte jedem deutlich, wie sehr ihm sein Sohn egal war.

Auch an Frank war der Tod seiner leiblichen Mutter nicht spurlos vorüber gegangen, aber er hatte einfach anderer Wege für seine Trauer gefunden: er hatte nach faszinierenden Dingen gesucht, die ihn weg von der harten Realität trugen und dabei war er auf das Stargateprogramm gestoßen.

Hier gab es noch wahre Helden, die gegen böse Aliens kämpfen mussten und unterdrückte Völker befreiten.

Frank hatte O’Neill nie getroffen, dennoch ging von dem Mann selbst nach dessen Tod eine gewisse Besonderheit und Faszination aus.

Und gerade hier, in Daniel Jacksons Haus spürte er dies ganz besonders stark.

Es war mehr als nur eine normale Freundschaft, was die Beiden miteinander verbunden hatte, da war auch Frank sich sicher. Als besonders gute Zusammenarbeit wurde es von den Medien immer beschrieben, aber er war sich sicher, dass da noch mehr war. Bedingungsloses Vertrauen gehörte auf jedem Fall dazu, das spürte er förmlich.

„Doktor Jackson weicht mir immer aus, wenn ich ihm Fragen über General O’Neill stelle...ich glaube, es tut ihm noch sehr weh.“

Teal`cs Wangenmuskulatur spannte sich bei seinen Worten deutlich an und Frank hoffte, dass er nicht zu weit ging.

„Danieljackson und General O’Neill waren außergewöhnlich gute Freunde, die ihr Leben jederzeit für den anderen geopfert hätten. O’Neills Tod hat tiefe Wunden bei ihm hinterlassen. So wie bei uns allen.“

`Wie auch bei mir´, fügte Frank in Gedanken hinzu, obwohl er den General nie persönlich getroffen hatte. Aber plötzlich fühlte alles sich soviel realer an, als er es von seinen täglichen Fernsehdokumentationen gewohnt war.

Plötzlich spürte er eine Betroffenheit über O’Neills Tod, so als sei auch er ein guter Freund von ihm gewesen. Dieser Schmerz machte sich in ihm breit und legte sich wie ein Schatten auf seine Begeisterung gegenüber SG-1.

Betroffen senkte er den Kopf.

„Es tut mir leid.“, erklärte Frank und plötzlich stiegen Tränen in ihm auf. Das lange Frage- und Antwortspiel hatte gewirkt und in gewisser Weise seine Augen geöffnet.

„Was tut dir leid?“, erkundigte sich der Jaffa und Unsicherheit spiegelte sich in seinen tiefbraunen Augen wider.

„Das ich...das ich an all das geglaubt habe. Bevor ich Doktor Jackson getroffen habe, dachte ich, all das sei wahr, so wie man es im Fernsehen immer über Sie hört. Aber da klingt es so einfach. Und jetzt erkenne ich, wie es in Wirklichkeit ist...und ich habe das unterstützt!“, er machte eine kurze Pause und wischte sich die Tränen von den Wangen.

„Kelowna...die...die haben Videoaufnahmen von Überwachungskameras der Isolierstation ausgestrahlt und einen Themenabend daraus gemacht. Die haben gezeigt, wie Doktor Jackson gestorben ist!“

„Ich weiß.“, antwortete Teal`c und spürte den bitteren Beigeschmack. Der Vorfall an sich war schon eine Tragödie gewesen, dessen Vermarktung aber war reine Pietätlosigkeit.

Frank sah betroffen zu Boden und schluchzte leise vor sich hin.

„Die Medien haben Ihrem Team all den Wert genommen, den es einst besaß.“

„Jetzt weißt du auch, warum ich diese Zeitungen so hasse.“, kam es aus einer anderen Ecke des Raumes, in der Daniel mit Jogging Hose und T-Shirt an den Türrahmen gelehnt stand.

„Aber warum hat das niemand aufgehalten?“, fragte Frank fassungslos zurück.

Jetzt, als er eine Ahnung bekam, was SG-1 wirklich war, welche Persönlichkeiten das Team auszeichneten, schämte er sich dafür, alles von ihnen gesammelt zu haben. Er verwünschte all die Figuren und original Missionsberichte, von denen die, in denen einem Teammitglied etwas zustieß, besonders wertvoll waren.

Er schämte sich einfach für alles.

„Wir haben es versucht. Und daraufhin hat man SG-1 aufgelöst.“, erklärte Daniel und trat näher auf die beiden zu.

„Ich fühle mich so schrecklich.“, klagte der Junge, „In der Schule haben wir all Ihre Erlebnisse wie eine Seifenoper behandelt, so wie im Fernsehen. Aber es war real. Sie waren real! All die Schmerzen, die Sie durchleiden mussten, die Angst einander zu verlieren, die Verzweiflung...All die Gefahren, die jetzt verharmlost werden, waren einmal reale Bedrohungen für die Erde! Wenn ich nur an die Goa`uld denke! Und ich habe alle von ihnen Zuhause auf meinem Schreibtisch stehen!“

Frank hielt sich die Hände vors Gesicht, aber Daniel kam näher und kniete sich auf Augenhöhe zu ihm herunter.

Er griff nach den Händen des Jungen und hielt sie in seinen.

„Verstehst du jetzt, warum es nicht gut ist, all das zu glauben, was im Fernsehen gezeigt wird?“

Frank nickte.

„SG-1 ist weitaus mehr als die schmalspurigen Charaktere aus dem Fernsehen. Denk darüber nach, wenn du dich das nächste Mal auf Jack O’Neills Original Missionsberichte stürzt. Stell dir vor wie es wäre, das alles wirklich zu erleben, wenn es dein bester Freund wäre, der getroffen neben dir liegt und du kannst ihm nicht helfen, wenn die Feinde euch umzingelt haben und es keinen Ausweg mehr gibt.“

Daniel Stimme klang bei den letzten Worten bitter und der Junge hörte ihm genau zu.

Plötzlich stand Frank auf, griff sich das Stargate- Magazin vom Tisch und zerriss es wütend

Niemand würde ihm mehr vorschreiben, was er von SG-1 zu halten hatte!

Selbst Teal`c war von der Geste beeindruckt und stand auf, um ihm eine starke Hand auf die Schulter zu legen.

„Du bist ein kluger Junge. Vielleicht wirst du selbst einmal erleben, wie es sich anfühlt, selbst durch das Sternentor zu treten. Aber bis dahin...“, der Jaffa ließ den Satz offen, damit Frank ihn vervollständigen konnte.

„Bis dahin keine Geschichten mehr über SG-1. Sie haben mir gezeigt, wie das Team wirklich war.“

Auf einmal fühlte Frank sich so, als sei er selbst Mitglied des Teams.

Er erinnerte sich daran, was er über die verschiedenen Missionen gelesen hatte und stellte sich vor, er sei O’Neill, während er hilflos mitansehen musste, wie der gefesselte Teal`c in einen Teich geworfen wurde oder wie Doktor Jackson im Sterben lag.

Diese Lektion war eine harte gewesen, aber er hatte es jetzt verstanden.


TEIL 4

Der Flieger am nächsten Morgen ging früh und Frank war todmüde, nachdem sie die halbe Nacht damit verbracht hatten, über SG-1 zu reden.

Doktor Jackson hatte es ihm erlaubt, ihn Daniel zu nennen und so kamen sie auf das Thema Kindheit. Er hatte dem Archäologen von dem Tod seiner Mutter erzählt und wie er anschließend bei Adoptiveltern landete, weil sein Vater nicht in der Lage war, sich um ihn zu kümmern.

Auch Daniel war überraschend offen mit seine Vergangenheit umgegangen und erzählte von Dingen, die die Medien noch nicht in die Hände bekommen hatten.

Teal`c berichtete ihm von seiner Kriegerausbildung und dem harten Weg, bis er der Primus von Apophis wurde. Es gab Frank Einblicke in die wahre Geschichte dieses Teams.

Er sah die beiden Männern nun mit vollkommen anderen Augen und konnte nur noch milde lächeln, als er einen Artikel im Flugzeugmagazin las, in dem der Jaffa als potentieller Verräter entlarvt wurde.

Die Medien wussten gar nichts über diese Menschen, aber das schlimme daran war, dass es sie auch nicht störte.

Es machte keinen Unterschied in ihrer Berichterstattung.

Scheinbar machte alles Geld, auf dem der Name SG-1 stand und die Bevölkerung glaubte diese Lügen auch noch.

Die Verabschiedung am Flughafen war dann vergleichsmäßig kurz ausgefallen, Daniel hatte noch Dinge für das SGC zu erledigen und Teal`c musste sich auf eine Anhörung vorbereiten, in der er Auskunft über die politische Situation der Jaffa geben sollte.

Umso mehr hatte Frank sich geschämt, als einige Menschen am Terminal die beiden Männer erkannten und unbedingt laut rufend um Autogramme baten, bis sich das halbe Terminal um sie herum versammelt hatte.

Gestern noch wäre er der erste in der Schlange gewesen, aber heute?

Binnen vierundzwanzig Stunden hatte sich seine komplette Ansicht, was das Team betraf, geändert. Erst jetzt verstand er, was es bedeutete, ein SG-1 Mitglied zu sein.

Jetzt konnte er mit dem guten Gefühl nach Hause fliegen, dass er die Wahrheit kannte, während sich viele andere Menschen noch die Lügen der Medien anhörten- aber er würde diesen Wahnsinn stoppen.

Und als erstes würde er einen entsprechenden Artikel in seiner Schulzeitung veröffentlichen...

+++

Daniel war erstaunt über die Wende dieses Ereignisses gewesen und das erzählte er auch Sam, die noch immer nicht glaubte, dass er einen Fan in sein Haus gelassen hatte.

„Er hätte persönliche Gegenstände stehlen können.“, rügte sie ihn besorgt, doch Daniel schüttelte entschieden den Kopf.

Mit einem Blick auf die selbstgemachte Totemfigur lächelte er sie beruhigend an.

„Glaub mir Sam, dieser Junge war anders als die anderen.“

Die Astrophysikerin wirkte weiterhin skeptisch und wollte noch etwas sagen, als ihr Verlobter wieder nach Hause kam.

„Hey Daniel.“, grüßte er und der Archäologe winkte zurück.

“Hey Steve. Kannst du mich von der Moralpredigt befreien?“, fragte er halbherzig und Sam streckte ihm die Zunge heraus.

„Immer gern, Doc. Kommen Sie nächste Woche?“

„Natürlich. Und Teal`c bringe ich gleich mit.“

„Das hört sich toll an.“, erwiderte der Mann lächelnd, „Dann sehen wir uns ja nächste Woche zur Hochzeit! Bis dann!“

Damit schaltete Daniel das Kommunikationsgerät aus und war überrascht, als plötzlich ein helles Licht neben ihm erschien.

„Hey Dannyboy.“

Konnte er seinen Augen trauen?

Immerhin hatte er die Geschichte erst durch Sam erfahren, denn zu der Zeit war er allein zu Jacks Fischerhütte gefahren um einige Dinge mit ins Krankenhaus zu bringen, die seinen Freund hoffnungsvoller stimmen sollten.

Nachdem bei Jack ernstere Symptome seiner Krebserkrankung auftraten und auch jegliche Heilversuche ihrer verbliebenen Allianzen nichts halfen, hatten die Asgard kurzfristig angeboten, O’Neills Bewusstsein sobald wie möglich in einen ihrer Klone einzusetzen.

Jack entschied sich damals dafür und ließ es so aussehen, als sei er am Krebs gestorben.

Nachdem Daniel dann einen Tag später aus Minnesota wiedergekehrt war, konfrontierte Sam ihn im Krankenhaus mit den Neuigkeiten und ließ ihn wie vor den Kopf gestoßen allein neben Jacks Bett zurück, um sich um dessen persönlichen Dinge zu kümmern.

Das hatte er nie vergessen.

Mit dieser bitteren Erinnerung in Gedanken drehte Daniel sich um und war verblüfft, als er tatsächlich O’Neill gegenüberstand. Oder zumindest einem Hologramm, das so aussah.

Aber eigentlich war es ja nur eine Frage der Zeit gewesen...

„Jack?“ , Daniel ließ sich Zeit, mit seiner Antwort und musterte seinen Freund für einige Sekunden schweigend.

Unausgesprochene Vorwürfe lagen schwer auf seiner Seele und dämpften die Wiedersehensfreude.

Warum hatte Jack es so beendet? Warum mussten sie sich im Streit trennen? Warum hatte er ihm nicht erlaubt, an seinem Bett zu bleiben bis zum bitteren Ende?

Obwohl er das Wiedersehen nicht verunglimpfen wollte, konnte Daniel seine Wut nur schwer unterdrücken

„Ganz schön lange her, seit ich das letzte mal hier war.“, bemerkte Jack und man spürte, wie unangenehm es ihm war.

Daniel starrte das Hologramm an und verkniff sich nur knapp eine Frage, warum er nicht im Wikingerkostüm auftrat.

„Was meinst du damit? Mein Haus? Colorado Springs? Oder dieses Universum?”

Seine Stimme blieb ruhig, doch die Worte sollten einschneiden.

Jahrelang hatte er nichts mehr von ihm gehört, niemand wusste, wo genau er sich aufhielt. Die letzte Nachricht war, dass die Asgard ihn bei sich aufgenommen hatten und es ihnen irgendwie gelungen war, Jack zu retten.

Aber warum war er nicht vorbei gekommen? Warum hatte er ihn damals von seinem Krankenbett weggeekelt?

Tief in seinem Inneren wünschte Daniel sich, dass Jack ihm genauso ablehnend entgegen kam und sich seine Wut so steigern konnte, bis er die Nerven verlor und seinem Freund alles an den Kopf schmiss, was er seit dessen Tod in sich getragen hatte.

Jack sollte erfahren, wie sehr ihm das wehgetan hatte und wie wenig er dessen Verhalten in den letzten Tage geschätzt hatte.

Doch O’Neill blieb gelassen und wenn er es nicht war, versteckte er es gut.

„Thor und ich dachten, wir kommen mal auf nen Abstecher vorbei. Wir haben gerade ne Menge Ärger wegen den neuen Antriebsaggregaten. Ich hatte gehofft, Sam könnte uns vielleicht helfen.“

Daniel war enttäuscht darüber, dass Jack den Ball nicht angenommen hatte, den er ihm zuwarf. Wahrscheinlich war er einfach nicht auf Ärger aus und hoffte, dass er ihm verziehen hatte.

„Dann solltest du sie am besten fragen.“, entgegnete er.

Seine Stimme war klanglos. Daniel gab sich die größte Mühe, seine Gedanken zu verbergen, aber gerade dadurch wurden sie sichtbar.

Jack hatte ihn bereits durchschaut, machte aber keine Anstalten, auf das Thema einzugehen.

Eine unangenehme Stille breitete sich aus und beide Männer blickten sich unsicher an.

O’Neill wusste, dass er die Situation nur retten konnte, indem er das letzte Treffen ansprach. Daniel war ihm für sein Verhalten böse und er verstand ihn sogar sehr gut. Es war nicht fair gewesen, was er da zu ihm gesagt hatte und bevor man Daniel überhaupt über die neusten Geschehnisse unterrichten konnte, war er schon bei den Asgard gewesen ohne eine schlichtende Unterhaltung oder ein leises „tut mir leid.“.

Jack ahnte, wie viel Wut sich da in den letzten Jahren angesammelt hatte und wünschte sich, er hätte vorher vorbeikommen können. Aber die Asgard waren zu sehr damit beschäftigt gewesen, die neuen Technologien zu nutzen, um einen geeigneten Körper für ihn zusammen zu basten und währenddessen hatte sein Geist in einer Art überdimensionalem Nutella- Glas gesteckt. In dem Zustand wollte er seinem Freund nicht unter die Augen treten.

„Ich wollte aber zuerst bei dir vorbeischauen.“, konterte er und wartete auf die Reaktion.

In Daniels Augen flammte die Wut wieder auf, aber der Archäologe setzte sich ruhig in seinen Sessel und blickte das Hologramm erwartungsvoll an.

„Tatsächlich?“

Jack Hoffnung auf eine etwas ausführlichere Antwort wurden nicht erfüllt und er sah ein, dass er nicht um das Thema herum kam. Es musste einfach auf den Tisch.

„Hör zu Daniel, ich weiß, du bist mir böse wegen der Sache damals im-“

Ehe er sich versehen konnte stand der Archäologe von seinem Sessel auf und zeigte drohend mit dem Finger auf ihn.

„Verdammt ja, ich bin dir böse! Weißt du, wie es sich angefühlt hat in dein Krankenzimmer zu kommen und es leer vorzufinden?“

O’Neill wollte ihm etwas Raum geben, um sich zu beruhigen. Daniel hatte die dumme Angewohnheit, Dinge die ihn störten in sich hinein zu fressen. Und je länger er das tat, umso intensiver wurden in der Regel auch seine Wutausbrüche.

Er steigerte sich sprichwörtlich in eine Sache hinein und bevor er sich versah wusste er überhaupt nicht mehr, warum er wütend war, nur dass er es war. In diesem Zustand war es meist sehr schwer, ihn wieder zu beruhigen.

Aber in diesem Fall wusste er etwas viel besseres, als strategisches Denken, um Daniels Gefühlsausbruch zu stoppen. Er war einfach ehrlich.

„Ja, das tue ich. Ich weiß genau, wie sich das anfühlt...“

Dem Archäologen klappte sprichwörtlich die Kinnlade nach unten und er starrte seinen Freund für ein paar Sekunden mit geöffneten Mund an, so als wolle er etwas sagen, konnte es aber nicht.

Wie eine Ohrfeige traf ihn die Einsicht, dass Jack wohl am allerbesten wusste, wie es sich anfühlte, neben dem leeren Krankenbett eines Freundes zu stehen und zu wissen, dass sich etwas grundlegend verändert hatte.

Wie oft schon musste Daniel ihn seelisch gefoltert haben, als er wieder einmal etwas berührt hatte, das ihn fast tötete. Wie musste Jack sich gefühlt haben, als er ihn damals darum bat, Jacobs Rettungsmaßnahmen abzubrechen.

Er selbst hatte sich gegen O’Neills Wunsch aufgebäumt, ihn damals in Baal’s Gewalt sterben zu lassen und nun drehte sich die Welt und er sah ein, welch grundlegend falscher Vorstellung er gefolgt war.

// Ich würde es für dich tun, und das weißt du auch. //

Es tat ihm alles so leid.

Wie konnte er nur so egoistisch sein?

O’Neill sah die Emotionen, die ihn durchfluteten und in gewisser Weise genoss er es, ihn so zu sehen.

Daniels Redefluss während eines Gefühlsausbruches zu stoppen vermochte nicht jeder zu tun.

Aber er erkannte auch, dass der Archäologe seinen Punkt nun verstand und fuhr fort.

„Es tut mir leid, ok? Ich hätte dich nicht wegschicken sollen, ich...ich kam mit der Situation selbst nicht klar und habe meinen Ärger auf dich übertragen.“

Die Wut in Daniels Blick erlosch und wurde durch den Ausdruck von purem Verständnis ersetzt. Die blauen Augen hatten in all den Jahren kein bisschen ihres Glanzes verloren und zeigten noch dieselbe Neugier und Ambition wie bei ihrem ersten Zusammentreffen.

„Ist schon ok...“, stotterte Daniel etwas verlegen und kam näher auf das Hologramm zu, „Wie fühlt es sich denn so an, als Asgard zu leben?“

Jack strich sich stolz mit den Händen über die geschwellte Brust und setzte sein bestes Grinsen auf.

„Klein, grau und mächtig...und nicht nackt, auf gar keinem Fall nackt.“

Daniel lächelte und schob unsicher die Hände in die Hosentaschen.

„Dann ist es ja gut.“

Wieder breitete sich die unangenehme Stille aus, doch diesmal lag es daran, dass sich keiner traute, den ersten Schritt aus dieser festgefahrenen Situation zu machen.

Schließlich fasste sich Jack Mut.

„Ach, und stell dir vor, was diese Hologrammdinger alles hinbekommen, Thor ist einfach ein Genie...“

Damit wechselte das holographische Erscheinungsbild des Colonels seine Form und wurde zur Comicfigur Homer Simpson. Wenig später stand ein Hockeyspieler vor ihm und schlussendlich wieder Jack selbst.

Daniel war zwar vom Spieltrieb seines Freundes begeistert, dennoch tat sich eine andere Frage in seinem Innersten auf. Wenn er ehrlich zu sich war wusste er die Antwort schon, aber es schadete nie zu fragen.

„Kommst du dann nächste Woche zu Sams Hochzeit?“

Jack wurde wieder ernst und schüttelte enttäuscht den Kopf.

„Du weißt, dass ich das nicht kann, das darf niemand erfahren. Thor und ich haben außerdem eine Menge zu erledigen und sind praktisch nur auf der Durchreise.“

Daniel nickte niedergeschlagen, hatte er doch gehofft, nach all den Jahren hätte sein Freund etwas mehr Zeit mitgebracht. Aber scheinbar war er sehr beschäftigt mit den Asgard und es war besser ihn nur manchmal zu sehen als die Gewissheit zu haben, das er tot war.

„Was ist mit dir?“, wechselte Jack das Thema, „Du bist ziemlich grau um den Kopf herum geworden. Wie fühlt es sich an, die fünfzig überschritten zu haben?“

„Naja, abgesehen von dem strikten Koffeinverbot- was ich so oft es geht einhalte- ist alles noch beim alten.“, witzelte Daniel.

„Dann solltest du mal sehen, was die Asgard für Stoff haben. Da ist Koffein gar nichts dagegen.“, argumentierte Jack zurück, „Aber jetzt kannst du dir wenigstens vorstellen wie es mir damals ging, als ich mich ständig um einen hyperaktiven Archäologen mit Hang zu lebensgefährlichen Situationen kümmern musste.“

Daniel zog eine Grimasse.

„Du klingst schon wie die neuste Ausgabe der Stargate- View.“

Jack wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte und wurde kurz still. Aber auch ihm brannte eine Frage auf der Seele, die er loswerden musste, bevor er wieder ging.

„Wie sieht es eigentlich bei dir aus? Wirst du später wieder zu Omah und Co zurückkehren?“

Er benutzte bewusst das Wort später, denn O’Neill hasste es, in Daniels Gegenwart über den Tod zu sprechen. Ihnen beiden war klar, dass dies nicht unbedingt immer das Ende bedeutete, trotzdem hatten sie es schon oft genug durchgemacht und es war ein Thema, dass eigentlich so weit wie möglich gemieden wurde.

„Ich glaube nicht, dass die mich so bald wiedersehen wollen.“, Daniel lächelte flüchtig, ehe er weitersprach, „Ich denke einfach, es ist an der Zeit, all dem einen würdigen Abschluss zu geben.“

Jack glaubte sich verhört zu haben und hob entsetzt die Augenbrauen.

„Soll das heißen, du willst einfach so gehen?“

Das konnte nicht wirklich Daniels Ernst sein? Nach all der Zeit, warum sollte er jetzt plötzlich einfach aufgeben wollen?

„Jack, ich hätte schon vor Jahrzehnten sterben sollen!“, konterte der Archäologe zurück, „Und wenn du es so nennen willst, ja, ich plane dann einfach so zu gehen.“

„Aber wir könnten für dich auch einen Körper zusammen schrauben und ehe du dich versiehst, steuerst du mit mir die Tauri 2, wie klingt das?“

Daniel lächelte zwar, aber er wich auch Jacks Blick aus. Das hieß in der Regel, dass er sich für den Tod entschieden hatte, aber sich schlecht fühlte, weil er seinen Freund dann zurückließ.

„Das klingt verführerisch aber ich bin schon so oft gestorben und habe eine zweite Chance erhalten, es wäre nicht richtig, weiterhin danach zu fragen. Ich habe viel mehr in meinem Leben erreicht, als ich es mir je vorstellen konnte und jetzt möchte ich es würdevoll beenden.“

In seinen Worten steckte viel Wahrheit und Jack überlegte einen Moment lang, ob sich eine längere Diskussion noch lohnen würde, aber ihre Zeit war knapp und er wollte sie nicht mit Streiterein vergeuden. Er beließ es einfach bei einer Warnung.

„Bist du dir sicher? Ich werde sehr bald wieder für ein paar Jahre unterwegs sein und kann nicht kommen, um dir zu helfen.“

Der Archäologe sah wieder auf, sein Blick traf den von Jack und zeigte pure Dankbarkeit. Obwohl es gegen seine Natur war ließ er ihm seinen Willen, genauso wie damals nach der Strahlungskatastrophe. Er war sein bester Freund und es war seine Aufgabe, Daniels Wünsche zu respektieren und zu erfüllen.

„Absolut sicher Jack, danke.“, sprach er dann glücklich, als O’Neill entschied, ihm seine wahre – neue- Gestalt zu zeigen. Er sorgte dafür, dass das Hologramm abgeschaltet wurde und erschien ihm als das reale, graue und nackte Wesen, dass er nun war.

Daniel wirkte nicht besonders überrascht, er brauchte nur einen Augenblick, um sich seinen Freund hinter dieser fremden Fassade vorzustellen. Dann kniete er sich zu ihm herunter.

„Gib auf dich Acht Daniel. Ich will nicht, dass dies unser letztes Treffen gewesen ist.“, verdeutlichte er noch einmal ernst.

Jack wusste, dass er in wenigen Minuten zu Carter musste, um die Astrophysikerin wenigstens einen kurzen Blick auf die Aggregate werfen zu lassen, bevor er mit Thor weiter reiste. Sie hatten noch immer so viel zu tun, O’Neill war sich nicht einmal sicher, ob sie das alles in dem langen Asgard- Leben erledigen konnten.

„Das werde ich, versprochen.“, entgegnete Daniel mit einem breiten Grinsen und akzeptierte Jacks kalte Hand, die seine Schulter fest drückte, bevor er sich wieder etwas von ihm entfernte.

„Ich muss jetzt gehen, aber ich habe dir noch gar nicht alles erzählt. Schätze die Geschichte mit den heißen Asgard Puppen muss noch ein paar Jahre warten, ich erzähl sie dir nächstes Mal.“

Dann folgte ein heller Lichtblitz und Jack O’Neill war auch schon wieder verschwunden. Wehmütig blickte Daniel noch eine Weile auf die Stelle, an der sein bester Freund bis vor ein paar Sekunden noch gestanden hatte und berührte dann flüchtig seine Schulter.

„Machs gut, Jack.“

+++

Epilog:

Als Daniel das nächste Mal zu sich kam, fand er sich in einem abgedunkelten Raum wieder.

Die Luft fühlte sich anders an und auch die Geräuschkulisse des Corvash- Treffens von zuvor war verschwunden.

„Wo bin ich?“, fragte er laut, als er Schritte hörte, die sich ihm näherten.

„Das solltest du doch eigentlich wissen.“, erklärte ihm ein unbekannter Mann und Daniel schüttelte den Kopf.

“Kenne ich Sie? Wie ist Ihr Name?“

Der Mann trat näher, doch noch immer konnte Daniel ihn nicht wiedererkennen.

„Namen bedeuten hier nichts.“

„Was? Aber...nein...“, plötzlich kam ihm eine böse Vorahnung, „Das kann nicht sein. Sie müssen sich irren.“

„Wir irren uns niemals.“, entgegnete der Mann, „Und es ist eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“

„Bin ich tot?“, fragte Daniel fast hysterisch und brach in ein schallendes Gelächter aus, als der Mann nickte.

“Das kann doch nicht wahr sein! Was wollt ihr diesmal? Mich dafür bestrafen, dass ich schon zweimal aufgestiegen und zurückgekehrt bin?“

Sein Gegenüber blieb ernst und so beruhigte auch er sich wieder.

„Der Kreis hat beschlossen, dir das Recht einzuräumen, ein letztes Mal aufzusteigen.“

Daniel hob die Augenbrauen und sah den Mann ungläubig an.

„Ist das ein Scherz? Ich...ich dachte, wir sind nicht weit genug entwickelt für euch.“

Das Gesicht des Mannes umspielte ein Lächeln.

„Dein Volk ist noch weit davon entfernt, jemals von den Antikern als fünfte Rasse anerkannt zu werden...aber du bist es nicht.“

Daniel fühlte sich seltsam und dachte länger nach, ehe er weiter sprach.

„Kann ich fragen, warum ihr das so seht?“

„Das kannst du.“, erwiderte der Mann, „Wir haben dich beobachtet, seit Omah dich das erste Mal hierher gebracht hat. Deine Entwicklung war beachtlich, genauso wie dein moralisches Verständnis für den Lauf der Dinge. Dir wird als Einzigem deiner Rasse der Aufstieg gewährt, so du den Pfad noch einmal wählen willst.“

„Seid ihr...seid ihr sicher, dass ich tot bin?“, fragte Daniel vorsichtshalber nach, auch wenn es seltsam klang.

„Du bist auf dem bestem Wege zu sterben.“, bekam er als Antwort.

Daniel dachte kurz nach, erinnerte sich an Jacks Worte und seine Erlebnisse mit den Asgard, dann Sams Umarmung auf ihrer Hochzeit vor einigen Tagen. Sie sah so glücklich aus. Und auch Teal`c hatte nun endlich wieder eine Familie...

Er würde sie alle schrecklich vermissen.

Aber der Kreis hatte sich zu guter Letzt geschlossen, jeder seiner Freunde hatte in etwa das, was er immer wollte. Es gab nichts mehr für ihn zu tun. Die größten Feinde der Menschheit waren ausgerottet und die wenigen, die übrig blieben, konnten auch von normalen Soldaten gejagt werden.

Die Ära SG-1 war beendet und endlich war es für ihn an der Zeit, sich um sich selbst Gedanken zu machen.

Was hielt ihn denn noch auf der Erde?

Alles was er hatte war seine Katze, seine Freunde und ein paar verrückte Fans.

Seine Katze würde gut versorgt werden, seinen Freunden ging es bestens und alles andere war außerhalb seiner Reichweite.

...Er würde die Herausforderung noch einmal annehmen.

Wie Shifu schon einmal gesagt hatte.

Der Tod ist nicht das Ende, es ist ein Neuanfang.

Nach so vielen Fehlversuchen nahm er sich vor, es diesmal richtig zu machen.

+++

„Ich glaube, er kommt zu sich!“, schrie Davis geschockt, „Warum zögern Sie? Rufen Sie ein Ärzteteam! Folgen Sie dem Schützen!“

Der General sah, wie sich die Augen seines Vorzeigediplomaten kurz einen Spalt weit öffneten.

„Sie sind angeschossen worden, Daniel. Bleiben Sie ruhig liegen, Hilfe ist schon auf dem Weg.“

Damit drückte er noch einmal fest auf die Wunde an Daniels Seite, aber das Blut suchte sich schnell andere Stellen, an denen es nach draußen sickerte.

Drei Mal war Jackson getroffen worden während seiner Rede vor dem Ausschuss der Corvash über die Suche nach den Tok`Ra Rebellen.

Der Schütze gehörte mit Sicherheit der Miliz dieser Mistkerle an und Paul schwor sich, jeden von ihnen einzeln umzulegen, sobald er sie in die Hände bekam.

„Halten Sie durch, Daniel.“

Er spürte, wie der Doktor nach seiner Hand griff und sie von der Wunde wegschob.

„Der Kreis...“, erklärte er und musste wieder tief Luft holen, um weiter sprechen zu können, „...Anderer Weg... aufsteigen...“

Paul war sofort klar, von welchem Kreis Daniel hier sprach. Jeder, dem jemals Einblick in die Personalakte dieses Mannes gewährt worden war, wusste genau, wovon hier die Rede war.

„Aber-“

„...Anderer...W...eg.“

Damit gelang es ihm, auch Pauls andere Hand von der Wunde an seiner Brust zu schieben.

Das Blut bahnte sich nun ungehindert seinen Weg nach draußen und färbte sein Hemd rot.

„Sind Sie absolut sicher?“

Was war das wohl für eine Frage? Davis wusste selbst, dass kein Ärzteteam der Welt rechtzeitig hier sein würde, um ihn allein von dem immensen Blutverlust retten zu können.

Daniels Lunge war zwei mal getroffen worden, der dritte Schuss hatte sein Herz nur knapp verfehlt und war unterhalb der Schulter eingedrungen. Egal wie fortschrittlich ihre Technologie war, es konnte das Geschehene nicht verhindern und vor allem nicht derartige Verletzungen heilen.

Es war zu spät, egal wie er es drehte und wendete.

Jackson nickte noch einmal schwach und verwandelte sich plötzlich in ein gleißendes Licht, dass langsam von der Stelle hinter dem Podium empor stieg.

Davis trat ein Stück zurück und beobachtete das Schauspiel gebannt. Seine Hände zitterten stark, waren klebrig und verschmiert mit Blut. Sein Atem stockte bei der Erkenntnis, was da gerade vor sich ging.

Einige Politikjournalisten machten Photos, doch Paul war zu abgelenkt, um es zu untersagen.

Er fühlte sich seltsam, als er diesem Ereignis beiwohnte und erst jetzt wurde ihm bewusst, wie es Doktor Fraiser- Gott habe sie selig- damals ergangen war, als Daniel zum ersten Mal aufstieg.

Das Licht gewann weiter an Höhe, verband sich über ihnen am Himmel mit anderen Lichtern und verschwand schließlich komplett aus ihrem Blickfeld.

Mit Jacksons Tod war ein weiteres Mitglied der ersten Truppe fort.

Nun waren es nur noch Carter, Teal`c und er.

Die Geschichte wird neue Persönlichkeiten hervorbringen, so ist es schon immer gewesen, hatte Daniel zur Auflösung des SG-1 Teams einmal gesagt.

Aber Paul musste ihm widersprechen.

Charaktere wie Hammond, O’Neill und Jackson würden nie wieder kommen.

Sie waren einmalig.

+++

Frank starrte gebannt auf dem Bildschirm, wo er zusammen mit seinen Freunden die live- Übertragung der Verhandlungen mit den Corvash verfolgt hatte.

Die Ereignisse waren so schnell aufeinander gefolgt, dass er noch immer Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen.

Mitten im Satz war Doktor Jackson zusammen gebrochen und lautes Geschrei wurde hörbar.

Frank hatte zunächst an einen Schwächeanfall gedacht, aber schon bald sah er, wie General Davis die Verfolgung des Schützen anordnete und er verstand, was geschehen war.

„Diese verdammten Mistkerle...“, fluchte er, als einer seiner Freunde ihm auf die Schulter klopfte.

„Wart doch erst mal ab, die können ihm bestimmt noch helfen.“

Frank sah, wie die Kamera auf den bewusstlosen Doktor gerichtet wurde. Sein Hemd war blutüberströmt und Davis versuchte alles in seiner Macht stehende, um ihn zu retten.

Doch plötzlich umgab Jackson ein helles Licht, sodass die Kamera für Momente eine Störung aufwies.

Als sie dann wieder die Stelle filmten, an der er gelegen hatte, fand man nur noch eine Blutlache und Kleidung vor.

„Craig, es ist kaum zu glauben aber es scheint, als habe Doktor Jackson erneut den Aufstieg gewagt. Vielleicht wird er uns das nächste Mal mehr von den Antikern erzählen können.“, scherzte einer der Reporter und Frank wurde schlecht.

Daniel hatte recht gehabt.

Die Medien zogen alles durch den Dreck, was SG-1 jemals ausgemacht hatte.

Seine Freunde johlten und Frank trat nach vorne, um den Fernseher auszuschalten.

„Hört auf damit!“, schrie er sie verzweifelt an und wischte sich eine Träne weg.

„Was ist denn los mit dir?“, fragte einer seiner Freunde und Frank deutete wütend auf den Stapel an Fanartikeln, die seine Freunde entgegen seiner Bitte mitgebracht hatten.

Der Versuch, ihnen zu erklären, was in Colorado Springs vorgefallen war, wurde von ihnen als wilde Laune abgetan oder als Versuch der SG-1 Mitglieder, sich die Presse vom Hals zu halten.

„Das Team ist weitaus mehr als die schmalspurigen Charaktere, die euch im Fernsehen gezeigt werden. Stellt euch vor wie es wäre, dass alles wirklich zu erleben, wenn es euer bester Freund wäre, der getroffen neben euch liegt und ihr könnt ihm nicht mehr helfen.“, wiederholte er so gut es ging Daniels Worte, „Stellt euch vor, ich wäre dort gerade getötet worden!“

Seine Freunde schwiegen und so lief er weinend aus dem Zimmer.

Nun war sein Idol tot.

Egal was sie ihm weis machen wollten, er wusste es besser.

Es war ein seltsames Gefühl.

Noch vor ein paar Wochen hätte er genauso wie seine Freunde vor dem Fernseher gesessen, hätte wahrscheinlich Wetten darauf abgeschlossen, wie lange es diesmal dauerte, bis Doktor Jackson wieder zurückkehrte, aber nun...

Das Treffen mit diesem Mann hatte ihn verändert. Seine Sichtweise war eine komplett andere und er begann nun die Informationen sorgfältig zu filtern, die er von dem legendären Team erhielt.

Vor drei Tagen noch war Daniel auf der geheimen Hochzeit von Samantha Carter gewesen, hatten die Society Reporter berichtet, aber es gab keine Bilder und das war auch gut so.

Und heute sollte das Gipfeltreffen den krönenden Abschluss der Allianz zwischen den Corvash und der Erde darstellen.

Mit so etwas hatte allerdings niemand gerechnet.

„Was ist los, mein Schatz?“, fragte seine Mutter, als sie ihn schluchzend im Gang stehen sah.

„Doktor Jackson ist tot.“, erklärte er dann, „Er ist aufgestiegen.“

Die Frau lächelte ihn an.

“Na dann ist doch alles gut. Ich bin mir sicher, es geht ihm gut und er wird bald wieder kommen.“

„Ja, bestimmt.“, besänftigte er seine Mutter, obwohl er es besser wusste.

Gedankenverloren lief er in sein Zimmer und blickte all die übergroßen SG-1 Poster an, die dort an den Wänden hingen. Dann starrte er an sich herab und musterte das schwarze SG-1 T-Shirt mit den aufgedruckten Unterschriften.

Wütend zog er es aus, warf es zurück in den Schrank und begann damit, die Poster abzuhängen.

Daniel würde dieses Mal nicht zurückkehren.

Und die Medien würden nie wieder die Möglichkeit haben seinen Namen durch den Dreck zu ziehen.

+++

Ende

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