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Notwehr von Jenny

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Vorwort


Spoiler: Missing Scenes zu „Reese“
Notwehr



Teil 1

Unschlüssig folgte Sam dem General zurück zur Kommandozentrale. Vor einigen Sekunden hatte Jack ihnen grünes Licht für die Abschaltung der Selbstzerstörung gegeben, scheinbar hatten sie die Gefahr gebannt.

Die auseinandergefallenen Replikatoren, die überall in den Gängen verteilt lagen, sprachen dafür. Trotzdem traute Sam dem Frieden nicht. Viel zu oft hatte sie diese Maschinen schon für tot gehalten, nur um wenige Monate später eines Besseren belehrt zu werden.

Sie erreichten die Torraumebene und Sam war nicht überrascht, als sie das riesige Loch in dem Tor zum Stargateraum sah. Es war ihre einzige Möglichkeit gewesen, zu Reese zu gelangen. Gerade hier lagen besonders viele Replikatoren- Teilchen herum.

Wahrscheinlich hatten sie die Männer an ihrem Vorhaben hindern wollen, zum Torraum zu gelangen. Noch immer drang etwas Qualm aus den Rändern hervor und verschleierte den Blick nach drinnen. Aber das bisschen was sie sah, war nicht beunruhigend, alles schien noch so wie vorher zu sein.

Hammond verabschiedete sich zwischenzeitlich um auf die Kommandobrücke zu gehen und Sam trat durch das Loch hindurch in den Stargateraum. Das Tor auf der gegenüberliegenden Seite war bereits wieder geöffnet worden und die Astrophysikerin bereute es, dass sie das Risiko einer Verbrennung in Kauf genommen hatte, als sie den schwierigeren Eingang wählte.

Zu ihrer Überraschung war keine Spur von Reese zu sehen, ebenso wie von Daniel oder O’Neill. An den Wänden waren Einschusslöcher, wahrscheinlich entstanden sie bei der Besetzung des Raumes durch die Ausserirdische.

Sam schluckte. Was war hier bloß passiert?

„Major Carter.“

Sie schreckte auf und drehte sich blitzschnell um. Doch es war nur Teal`c der neben ihr stand und sie aufmerksam musterte. Auch er wirkte erschöpft und trug noch immer die Schutzbrille von ihrem Kampf gegen die Replikatoren.

„Teal`c.“, endlich sah sie wieder ein vertrautes Gesicht, „Wo sind Daniel und der Colonel?“
Über das Gesicht des Jaffa huschte für Sekundenbruchteile eine Art Ungewissheit, so als ob er nicht wusste, wie er richtig auf die Frage reagieren sollte.
Sie wusste, dass Jack es gelungen sein musste Reese aufzuhalten, aber was war da noch passiert?

„Colonel O’Neill unterstützt die Spezialeinheit um den Komplex vollständig nach möglicherweise noch intakten Replikatoren abzusuchen. Danieljackson ist bei Doktor Fraiser auf der Krankenstation.“

Gott, sie hatte es kommen sehen. Was war es diesmal?

In ihrem letzten Funkkontakt mit Jack war nicht die Rede von irgendwelchen Verletzungen gewesen, möglicherweise war es ja nichts ernstes.

„Was ist passiert?“

„Reese hat Danieljackson verletzt.“, erklärte er dann vorwurfsvoll und deutete auf eine Stelle neben der Rampe, „Colonel O’Neill konnte sie ausschalten.“

Sam hob die Augenbrauen.

„Abschalten im Sinne von „Schaltkreis raus“, oder abschalten im Sinne von „Munition rein“?“

Teal`c wirkte wieder unschlüssig. Wahrscheinlich war er selbst nicht dabei gewesen, als es passierte.

„Beides.“, antwortete er dann trocken, als Hammond sich durch die Lautsprecher meldete.

„Alles wieder unter Kontrolle, Major.“, erklärte er und blickte die beiden durch die große Scheibe der Kommandozentrale an. Sam nickte ihm zu und wandte sich dann wieder an Teal`c.

„Gibt es da irgendetwas das ich wissen sollte, bevor ich nach Daniel sehe?“

Natürlich gab es da etwas, sie konnte es förmlich spüren, es lag in der Luft.

„Danieljackson schien nicht erfreut über unseren Sieg zu sein.“, sprach Teal`c dann etwas streng. Obwohl gerade er, Sams Meinung zufolge, etwas mehr Verständnis für das Verhalten des Archäologen haben sollte.

„Natürlich nicht.“, korrigierte sie ihn dann bitter und lief zur Krankenstation. O’Neill hatte einen Roboter erschossen, der gerade Daniels Freund werden wollte. Was für ein großartiger Auftakt eines vermasselten Tages...
+++
Entgegen aller Erwartungen hatte Janet nicht allzu viel zu tun nachdem die Selbstzerstörungssequenz abgebrochen worden war. In Anbetracht all der Replikatoren und der vielen Schusswechsel schien das schon fast wie ein Wunder.

Allerdings war sie auch nicht besonders überrascht, dass nach nur wenigen Minuten Daniel in die Krankenstation kam, begleitet von einem Sanitäter.

Ein Blick auf sein Handgelenk reichte ihr um festzustellen, dass es zumindest angebrochen sein musste, wenn nicht noch schlimmer. Das Gewebe um die offensichtliche Bruchstelle herum war angeschwollen und violett verfärbt, eine extreme Sensibilität gegen Berührungen verstärkte ihren Verdacht nur noch.

Aber glücklicherweise zeigten die Röntgenaufnahmen nur einen hauchdünnen Riss im Os scaphoideum und Os hamatum, dazu aber eine äußerst schmerzhafte Muskelzerrung und einigen Quetschungen.

Mit sicherheitshalber 6 Wochen Gips würde er wahrscheinlich keine dauerhaften Schäden davon tragen und genau das erklärte sie ihm auch gerade, doch Daniel schien meilenweit entfernt zu sein.

Sie bezweifelte, dass es die Wirkung der Schmerzmittel waren, vielmehr schien es mit Reese zu tun zu haben. Auch sie hatte nur über Funk gehört, dass O’Neill sie „neutralisiert“ hatte, aber dies konnte bei einer Maschine alles mögliche bedeuten.

Daniels Reaktion zufolge war ihr Ende offenbar tragisch genug, um ihn nicht einmal gegen ein Missionsverbot- solange der Gips noch dran war- protestieren zu lassen. Das war definitiv nicht der Daniel Jackson, den sie kannte.

Sie hatte ihm sogar die Wahl gelassen ob er ein oder zwei Tage auf der Krankenstation bleiben wollte, nur um sicher zu gehen, doch natürlich hatte er abgelehnt. Im Laufe der Zeit hatte Janet gelernt, seine Reaktionen zu deuten und im Moment schien er sich wieder von allem abkapseln zu wollen. Das konnte nur bedeuten, dass es um etwas zwischen O’Neill und ihm ging.

Leider gehörte Daniel der Kategorie von Menschen an, die ihre Sorgen nach außen hin nicht zeigten aber gleichzeitig erlaubten, dass ihre Ängste sie von innen her auffraßen. Janet nahm an, dass es eine Menge mit seiner Vergangenheit zu tun hatte.

Trotzdem wünschte sie sich jetzt lieber, Daniel würde mit ihr sprechen.

Während ihrer Erklärung berührte sie vorsichtig seinen Arm und spürte, wie angespannt er war. Zwar gab er sich alle Mühe aufmerksam zu wirken, doch sie hätte wahrscheinlich über ein Mittel sprechen können, dass die Goa`uld für immer auslöschte und er würde nicht reagieren.

„Ist sonst alles in Ordnung, Daniel? Was macht Ihr Kopf?“

„Schon viel besser.“, spulte er sein Programm herunter und Janet notierte es auf ihrem Krankenblatt.

„Bin ich jetzt entlassen?“, fragte Daniel dann ungeduldig und sie musterte ihn noch einmal genau. Irgendetwas stimmte definitiv nicht, er war viel zu still.

Als sie einsah, dass sie es momentan sowieso nicht herausfinden würde, nickte sie mit dem Kopf.

„Aber vergessen Sie nicht Ihre Medizin zu nehmen, die erste Tablette in zwei Stunden. Legen Sie sich hin und schlafen sie etwas. Wenn die Schmerzen stärker werden, rufen Sie mich an, ok?“

Daniel war schon aus der Tür verschwunden bevor sie überhaupt den Satz beenden konnte. Das war eben das Leben einer Ärztin. Sie war dazu da alle Wunden zu versorgen, doch Neuigkeiten erfuhr sie zuletzt.

+++

Als Sam die Korridore entlang lief um zur Krankenstation zu gelangen, ging sie im Kopf immer wieder die Möglichkeiten durch, was wohl im Stargateraum geschehen war. Sie wusste, dass O’Neill Reese nie richtig vertraut hatte. Wie konnte er es auch, immerhin erschuf sie Replikatoren.

Aber Daniel hingegen schien wie immer fasziniert zu sein von der Möglichkeit, ein menschliches Bewusstsein in eine Maschine hinein zu kopieren. Leider hatte er bei all dem vergessen, dass sie nur ein Computer war der- wie er schmerzhaft feststellte- nicht richtig funktionierte.

Irgendetwas hatte ihr Erbauer falsch gemacht und Sam hoffte, dass Reese’s CPU noch intakt genug war, um sie später möglicherweise zu reparieren und neu zu starten.
Aber angesichts der hohen Technologie, mit der sie sich befassen mussten, schien das für die nächsten Jahre ausgeschlossen.

Allerdings waren dies Fakten, die Daniel gern ausschloss wenn er von etwas begeistert war. Umso mehr zerbrach es ihm dann das Herz, wenn sein ´Objekt der Begierde´ plötzlich wieder außerhalb seiner Reichweite war- oder wie in diesem Fall- zerstört wurde.
Deshalb konnte sie sich gut vorstellen wie es ihm im Moment ging.

Als sie um die letzte Ecke zur Krankenstation bog wäre sie fast über Daniel gestürzt der scheinbar auf dem Weg zu seinem Büro war. Entgegen aller Vermutungen schien er halbwegs in Ordnung zu sein, abgesehen von dem vergipsten Handgelenk.

„Daniel!“, grüßte sie ihn euphorisch, doch der Archäologe wirkte nicht besonders erfreut über ihr Treffen.

„Hey.“, er lächelte flüchtig und wollte weitergehen, doch Sam machte Anstalten, ihm zu folgen. Als Daniel das sah blieb er stehen, wenn auch widerwillig.

„Ich habe Sie gesucht.“, erklärte sie dann und deutete auf ihre Herkunftsrichtung, „Ich komme gerade aus dem Stargateraum, der Colonel hat gesagt, Reese sei neutralisiert aber von Ihrer Verletzung hat mir niemand etwas erzählt.“

„Das ist nicht weiter schlimm.“, winkte Daniel ab und starrte geistesabwesend auf den Gipsverband. Wie sollte er nun schreiben? Oder die Computertastatur benutzen? Die nächsten Wochen würden für ihn definitiv die Hölle sein.

„So sieht es aber nicht aus. Wie ist es passiert?“, fragte Sam eindringlicher und plötzlich flackerte Wut in Daniels Augen auf. Seit ihrem ersten Treffen mit Bra`tac auf Chulac, als er das Gefäß mit den jungen Goa`uldlarven zerstörte, hatte sie diesen Ausdruck nicht mehr gesehen. Es war beängstigend.

„Ich habe versucht mit Reese zu reden. Sie hat es missverstanden.“, erklärte er angespannt und schien darauf zu warten, dass Sam ihn wie jeder andere im Stützpunkt dafür rügte, einer Maschine zu vertrauen. Als die erwartete Reaktion nicht kam, entspannte er sich etwas.

„Das tut mir leid...“, gestand Sam dann und legte ihm eine Hand auf den Arm, „Vielleicht können wir sie reparieren. Ich kann nichts versprechen, aber wir können es zumindest versuchen.“

Daniel nickte leicht mit dem Kopf bevor er auf den Fahrstuhl deutete.

„Ja, mir auch...Ich muss jetzt gehen, habe noch eine Menge zu tun.“

„Natürlich.“, Sam ließ ihn gehen und war im selben Moment enttäuscht, dass sie ihm nicht mehr Trost hatte spenden können. Doch wer konnte schon ahnen, dass Reese sich als unkontrollierbar erweisen würde? Sie hatten keine andere Wahl gehabt als sie auszuschalten, sonst wäre der gesamte Komplex von Replikatoren zerstört worden.

Aber wie immer hielt Daniel stur an seiner Meinung über das Thema fest und war zu keinem Kompromiss bereit. Für ihn war Reese ein menschengleiches Wesen und ihr Mörder sein bester Freund.

+++

Wütend marschierte Daniel durch die Korridore zu seinem Quartier, ignorierte alle Bekannten die möglicherweise ein Gespräch mit ihm anstrebten und seufzte laut, als er endlich die Tür zur sicheren Privatsphäre hinter sich geschlossen hatte.

Gott, was für ein Tag...

Um seiner Aggression etwas Luft zu machen trat er gegen seinen Papierkorb der laut scheppernd gegen den Stahlschrank flog und sich über den gesamten Boden entleerte.
Aber Daniel war das egal, momentan musste er alles tun, nur um Jack nicht...

Er versuchte das Gefühl zu verdrängen, aber sein verletztes Vertrauen meldete sich wieder.
Nie im Leben hätte er ihm so etwas zugetraut. Das bezog sich nicht darauf, dass er Reese erschossen hatte, vermutlich dachte er, sie wolle ihn angreifen. Am meisten bezog sich seine Wut auf O’Neills Worte im Anschluss.

„Hey, hab ich doch gern gemacht.“

Das hatte ihn in der Situation wie eine Faust in den Magen getroffen und Daniel wusste, dass der Kommentar auch genau diese Intention gehabt hatte. Jack mochte kein Genie sein wenn es um Wortfindungen ging, aber er wusste genau, wie man jemanden verbal bestmöglich verletzen konnte. Wahrscheinlich ein Überbleibsel seiner Zeit im Gefängnis.

Auch dies war Daniel egal.

Er wollte einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Auf der einen Seite versuchte er alles, um Reese’s Vertrauen zu gewinnen und genau in dem Moment, wo sie kurz davor war die Replikatoren abzuschalten, stürmte Jack herein und zerstört ihre Chance diese Biester vielleicht irgendwann einmal kontrollieren zu können.
Aber statt seinen Fehler einzusehen ohrfeigte er ihn auch noch derartig.

Vielleicht hatte Jack ihn im Anschluss verstanden, als er für einige Sekunden still wurde, aber für Daniel zählte momentan nur dieser Augenblick, denn die Worte des Colonel stellten alles in Frage was er gehofft hatte in O’Neill zu sehen.

Wie lange schon hatte er versucht dem Colonel klar zu machen, dass es auch Dinge zwischen Gut und Böse gab. Menschen, die in einer Situation waren wo sie keine Wahl hatten außer böses zu tun, oder Menschen, die zwar vorteilhaft für die Erdenbedürfnisse nach neuer Waffentechnologie zu sein schienen, jedoch Teufel im Schafspelz waren.

All diese Dinge- so hatte er gedacht- schien Jack verstanden zu haben, doch heute wurde er eines besseren belehrt.

Und es verletzte ihn zutiefst.

Reese war auch nur die Schöpfung eines Mannes gewesen, der sich für einen Gott hielt, dabei aber einige Fehler beging. Dafür war sie aber doch nicht verantwortlich, sondern er.
Wie konnten sie Reese dann so behandeln?

Hätte er noch einige Minuten mit ihr gehabt, er hätte ihr helfen können, da war sich Daniel felsenfest sicher.

Doch nun war auch diese Möglichkeit verstrichen.

Frustriert wollte er sich setzen, als sein Telefon klingelte. Widerwillig nahm er den Hörer ab und erhielt die Meldung, sich im Besprechungsraum einzufinden. Wahrscheinlich wollte Hammond wissen, was genau passiert war. Und er hatte gerade angefangen, sich einigermaßen zu beruhigen...

+++

Die Atmosphäre im Besprechungsraum glich einem Tiefkühllabor, als Sam endlich eintrat. Sie war nicht in ihrem Büro gewesen, deshalb hatte sie den Befehl zur Zusammenkunft erst über die Lautsprecher gehört.

Die Jungs waren bereits anwesend und warteten nur noch auf sie.

Sam entschuldigte sich flüchtig und nahm neben Jack Platz der, ohne eine Miene zu verziehen, auf seinen Bericht starrte. Es war ihr unmöglich zu verstehen, wie der Colonel in solch einer kurzen Zeit schon einen Bericht fertiggestellt haben konnte.

Immerhin waren seit dem Vorfall gerade einmal viereinhalb Stunden vergangen. Aus irgendeinem Grund musste er sich sofort danach an seinen Schreibtisch gesetzt haben.
Daniel, der gegenüber von ihr saß, würdigte den Colonel nicht eines Blickes sondern ließ gedankenverloren den Kaffe in seiner Tasse hin und her wogen.

„Schön, dass Sie so kurzfristig hierher gefunden haben.“, bedanke Hammond sich und nahm Platz, „Wir alle sind noch immer etwas außer Atem, schließlich stand die Existenz des SGC auf dem Spiel. Glücklicherweise ist es Colonel O’Neill gelungen, Reese auszuschalten bevor noch mehr passieren konnte.“

Jack sah kurz auf und nickte dem General zu.

„Doktor Jackson, ich habe von Doktor Fraiser erfahren, dass aufgrund der Verletzung die Wiederaufnahme des aktives Dienstes erst in einigen Wochen möglich ist.“

Daniel blickte kurz in Hammonds Richtung und räusperte sich dann.

„Ja, General. Sie meint, es sei zu gefährlich auf Missionen zu gehen. Außerdem hält sie eine zweiwöchige Beurlaubung für ratsam.“

Sam sah bei seinen Worten auf. Daniel und Befehle befolgen? Daniel und Urlaub?
Skeptisch folgte sie der Unterhaltung.

„Wird genehmigt. Für den Rest von SG-1 werde ich einen zivilen Anthropologen für die Zeit bis zu Doktor Jacksons Genesung bereit stellen. Sobald die notwenigen Reparaturen im Stargateraum getätigt wurden, wird Ihre kommende Mission Sie nach P9J332 führen, dem nächsten Planeten der Abydos- Kartusche.“

„Wann werden wir wieder in der Lage sein ein MALP durchzuschicken?“, erkundigte sich nun auch Sam. All das gefiel ihr nicht. Sie wollte keinen Ersatz- Anthropologen im Team, Daniel gehörte zu ihnen, niemand sonst.

„Seargent Siler denkt, dass er alle Schäden in den nächsten 48 Stunden beheben kann. Dann wissen wir mehr. Bis dahin werde ich Ihnen Urlaub zusichern. Das war ein guter Schuss, Colonel, Sie habe eine Katastrophe verhindert.“

Bei diesen Worten blickte Sam sofort zu Daniel. Sie wusste, dass dies nicht gerade der richtige Ausdruck für die derzeitige Situation gewesen war. Stattdessen hätte man das Thema etwas verständnisvoller angehen sollen. Aber so war eben das Militär.

Daniel blickte stur auf seinen Kaffee, nur seine hervortretenden Kieferknochen verrieten die Anspannung hinter seiner scheinbar ruhigen Fassade. Als Hammond das Kommando zum Wegtreten gab, wartete er zunächst bis O’Neill weit genug weg war, bevor auch er aufstand.

Das war ihre Art der kalten Kriegsführung.

Sam hasste es. Die beiden waren manchmal schlimmer als kleine Kinder und statt sich ein bisschen in ihrer Meinung entgegen zukommen, verharrte jeder auf seinem Standpunkt und spielte den Beleidigten.

„Soll ich Sie nach Hause bringen?“, bot Sam an, als Daniel sie kurz anblickte, doch er schüttelte den Kopf.

„Nein danke. Ich komme schon allein klar.“

Nun, das war auch eine Art jemanden abzuweisen. Enttäuscht ließ Sam ihn ohne ein weiteres Wort gehen und wartete dann auf Teal`c. Zumindest ließ er sich nicht so schnell aus der Bahn werfen.

+++

Erneut war Daniel wieder auf den Weg zu seinem Büro, doch diesmal nur, um einige seiner Sachen zu packen und für eine Weile zu verschwinden. Er musste irgendwo hin gehen, wo er nicht ständig daran erinnert wurde, was geschehen war.

Nicht selten hatte er sich in der Vergangenheit von Leuten vor den Kopf gestoßen gefühlt, doch diesmal betraf es Jack.

Er führte sich vor Augen, wie dieser ihn allein im Stargateraum gelassen hatte wissend, dass er verletzt war und das die Situation zwischen ihnen geklärt werden sollte.

Aber der Colonel war einfach verschwunden, scheinbar war er es ihm nicht wert gewesen.
Daniel sah wieder die Kugel, die nahe und trotzdem gezielt an seinem Kopf vorbei flog und Reese in die Brust traf. Gott, warum konnte er sie nicht anders kampfunfähig machen? Er war so kurz davor gewesen zu ihr durchzudringen und dann plötzlich war alles umsonst gewesen.

Seine Wut spornte ihn zu immer negativeren Gedanken hinsichtlich Jack an. Schließlich war das mal wieder typisch für ihn, sobald sie nicht einer Meinung waren behandelte der Colonel ihn wie den letzten Dreck. Und wehe die Dingen liefen nicht so, wie er es gerne hätte.

Verdammt, Daniel war es leid sich ständig irgendwelchen Leuten anpassen zu müssen. Vor seiner Zeit im SGC hatte er es nicht getan, warum sollte er sich nun ändern?

Sein Bewusstsein machte ihm erneut klar, dass er hier raus musste, weg von all dem ständigen Stress und der Streiterei mit Jack um einen klaren Kopf zu bekommen, andernfalls würde er noch etwas sagen, was er möglicherweise später bereute.

Vielleicht auch nicht, immerhin hatte er schon die Grenze durchbrochen.

„Sie verdammter Mistkerl.“

Er hätte nie gedacht, dass er mal so gegen seine Ansichten, was Vernunft und Diplomatie betraf, verstoßen würde. Immerhin war er es doch, der ständig versuchte, Probleme mit einfühlsamen Worten zu lösen. Tatsächlich aber hatte er diese Probleme im Gateraum nur noch verschlimmert.

Er hatte die Wut in Jacks Augen gesehen.

„Hey, hab ich doch gern gemacht.“

Gott, er hasste ihn dafür, dass er das gesagt hatte.

Eigentlich hasste er die ganze Situation.

Der Schock nach der Verletzung hatte ihn geschwächt und es zugelassen, dass er öffentlich Tränen über Reese’s Tot vergoss, wo er doch sonst seine Gefühle für sich behielt. Und als ob das nicht genug war, war Jack auch noch verschwunden, genau in dem Moment, in dem er dieses Desaster vielleicht noch mit einigen Worten hätte verhindern können.

Doch stattdessen hatte er ihn allein gelassen.

Wütend packte er ein Leseexemplar über die wichtigsten Pharaonen des mittleren Reiches ein, dass er gerade für einen ehemaligen Kollegen überprüfte. Nicht das er besonders viel Zeit dafür hätte, aber er nahm sie sich einfach. Und wo er jetzt hinfahren würde gab es sowieso genug davon.

+++

Jack stand erschöpft im Fahrstuhl zu einer der oberen Ebenen. Es war ein verdammt harter Tag gewesen und die Nacht ließ auch nicht mehr lange auf sich warten.

Sein Geist spielte ihm immer wieder die Szene im Stargateraum vor, nachdem er Reese erschossen hatte. Er sah wie Daniel vollkommen außer sich neben ihr zu Boden sank und in Tränen ausbrach, kurz nachdem er ihn einen verdammten Mistkerl genannt hatte.

War ihre Freundschaft nun schon so weit gekommen, dass sie sich gegenseitig beleidigten?

Jack versuchte noch immer zu verstehen, was Daniel geritten haben mochte, ihn derart anzufahren. Er sollte doch selbst wissen, dass es keine andere Möglichkeit gegeben hatte, diesen Roboter auszuschalten. Sein Versuch war ja anscheinend kläglich gescheitert, glaubte man Fraisers Worten von einem angebrochenem Handgelenk. Und was war wichtiger, das Leben eines Roboters, oder das eines Menschen?

Daniel schien dies noch nie richtig verstanden zu haben und wahrscheinlich hatte die Gehirnerschütterung- die er übrigens auch diesem Monster zu verdanken hatte- ihren Rest dazugetan und seinen Geist verschleiert.

Er war zu müde um sich jetzt in die Logik seines Freundes einzudenken. Daniel würde sich schon wieder fangen und selbst wenn dies nicht der Fall war, Jack wusste genau, dass er das richtige getan hatte. Vielleicht hatte er sogar sein Leben gerettet.

Und als ob der Tag nicht schlimm genug war, stieg auch noch der besagte „Held und Weltenretter “ - Jackson in den Fahrstuhl ein. Wahrscheinlich wollte er an die Oberfläche, nachdem das SGC erst vor wenigen Minuten von Sicherheitsstufe DEFCON 3 wieder auf Normalstatus gewechselt hatte.

Ohne einen Gruß betrat er den Fahrstuhl und drückte- wie zu erwarten- die Taste für die Oberflächenebene. Wie Daniel nun mal war wenn etwas schwierig wurde...er lief davon.

Jack nahm sich vor, nicht den ersten Schritt zu machen. Er war es leid ständig als Monster degradiert zu werden nur weil er seinen Job tat. Sie waren hier schließlich nicht bei dem Verein der gemeinnützigen Hausfrauen, sondern beim Militär!

Selbst sein letzter Appell, dass Daniel doch wisse, dass dies der einzige Weg gewesen war, schien nicht gefruchtet zu haben. Umso mehr machte es Jack nun wütend.

Es war schon schlimm genug gewesen, dass sie diesen verdammten Roboter nicht sofort, nachdem sie...es Daniel angegriffen hatte, ausgeschaltet hatten, doch nun sollte er sich auch noch Vorwürfe machen? Nein, soweit würde es garantiert nicht kommen!

Unterbewusst suchte er Blickkontakt mit seinem Freund, doch dieser ignorierte ihn bestenfalls. Also fiel Jacks Augenmerk auf den Gipsverband den Daniel trug. Es musste höllisch weh tun.

Aber was kümmerte er sich eigentlich darum? Wenn Daniel sich wie ein Kleinkind aufführte, würde er ihn eben auch als solches behandeln.

Das hieß momentan, ihn zu ignorieren. Wenn er etwas wollte, sollte er zu ihm kommen, nicht anders herum. Er war es schließlich, der als verdammter Mistkerl beschimpft worden war.

Und so gingen die Sekunden vorbei, ohne das irgendjemand etwas sagte. Man konnte die Luft zwischen ihnen wortwörtlich schneiden, so angespannt war die ganze Situation, bis der Fahrstuhl endlich O’Neills Wunschebene erreichte und er auf den langen Korridor trat.

Ohne sich noch einmal umzusehen lief er los und ließ seinen Freund ein weiteres mal alleine zurück.

+++

Am Abend saß Sam zusammen mit Teal`c beim Essen. Daniel hatte sich nach Hause abgeseilt und Jack war unauffindbar. Vermutlich verkroch er sich in irgendeiner stillen Ecke, um über seine Wut hinweg zu kommen.

Zumindest hatte sie mittlerweile eine Ahnung was im Stargateraum passiert sein musste, ehe sie dort eintraf. Wahrscheinlich war Daniel gerade dabei gewesen, Reese’s Vertrauen wiederzugewinnen, als O’Neill herein stürmte und sie „neutralisierte“.

Diese Situation war in der Tat recht schwierig. Sie verstand die Gefühle beider Parteien. Wie auch Jack hatte sie aufgehört Reese zu vertrauen, nachdem sie Daniel im hohen Bogen in ein Regal fliegen sah. Selbst wenn die Replikatoren, die sie baute, eine Art falscher
Programmierung seitens ihres Schöpfers zugrunde lagen, war Körperverletzung jedoch eine bewusste Handlung die sie kontrollieren konnte- immerhin bereute sie später ihre Tat.

Was sie zu Daniels Sichtweise brachte. Natürlich verstand sie sein Denken.

Reese’s Erschaffer war fast eine Art Symbiose zwischen einem Androiden und einem menschlichen Bewusstsein gelungen, jedoch nur fast. Der Fehler in seinem Experiment war, dass dieses Bewusstsein nie reifte. Deshalb hatte sich Reese auch auf dem Stand eines Kindes befunden.
Das wiederum musste den Beschützerinstinkt in Daniel geweckt haben, denn er sah offensichtlich ein Potential in ihr, dass es zu erhalten galt. Dabei nahm er ohne Rücksicht alles in Kauf, sogar selbst verletzt zu werden.

Scheinbar nahm er an, dass Reese der Schlüssel zu ihrer Kontrolle über die Replikatoren war, jedoch war sie nahezu unzurechnungsfähig und sie hatten nicht die Zeit gehabt, sie gewähren zu lassen, schließlich wäre sonst die ganze Basis in die Luft geflogen.

Und da hörte selbst bei ihr der Spaß auf, obwohl Sam schon sehr geduldig war wenn es um empirische Experimente an Außerirdischen ging. Daniel mochte an das Gute in Reese geglaubt haben, doch er ignorierte das Böse. Das war der Fehler in seiner Theorie gewesen.
Das Problem war, dass weder er noch Jack einsahen, dass es nichts brachte sich den schwarzen Peter zuzuschieben. Diese Situation war äußerst lehrreich für sie gewesen und statt sich länger darüber zu streiten, sollten sie die nötigen Schlüsse daraus ziehen.

Das hieß, dass sie das nächste Mal vorsichtiger sein sollten bevor sie Außerirdische mit ins SGC brachten.

„Du bist heute sehr nachdenklich, Major Carter.“, bemerkte Teal`c, während er ein Stück Käsekuchen aß.

Sam nickte etwas aufgeschreckt.

„Ja, das bin ich.“, gab sie dann zu, „Diese ganze Geschichte mit Daniel und dem Colonel geht mir nahe. Ich hasse es, wenn sie sich das gegenseitig antun.“

„Sich ignorieren?“, fragte Teal`c wohlweislich und erhielt wieder ein Nicken.

„Ja. Sie sind beide alt genug, als das sie noch dieses Spielchen spielen sollten.“

„Ich habe gehört, dass Danieljackson O’Neill beleidigt haben soll.“

Sam nippte gedankenverloren an ihrer Pepsi light.

„So wie ich ihn kenne, hatte er dafür seine Gründe.“

Teal`c zögerte einen Moment lang und aß erst sein Stück Kuchen auf bevor er weitersprach.

„Du stehst hinter Danieljacksons Auffassung, dass es falsch war Reese zu eliminieren?“

„Nein.“, sie schüttelte vehement den Kopf, „Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Wir mussten sie ausschalten, so oder so. Aber ich verstehe Daniel. Und der Colonel sollte es auch, statt sich wie ein sturer Bock aufzuführen.“

Der Jaffa deutete auf den Eingang.

„Dort kommt O’Neill. Vielleicht solltest du ihm deine Gedanken preisgeben.“

+++

Daniel hatte gleich nach seiner Heimkehr einen Flug am frühen Mittwoch Morgen gebucht. Er würde einige Tage nach Montana fliegen und eine alte Freundin von ihm besuchen, Chelsey Gregory.

Sie waren damals zusammen zur High School gegangen, doch es kam nie zu einer richtig festen Beziehung. Ihr Vater war ein reicher Börsenmakler und da passte ein Waisenjunge mit wahnwitzigen Ideen über UFO- Landeplätze nicht in das Familienbild.

Schließlich war die Familie weggezogen und Daniel hatte erst wieder vor zehn Jahren von ihr gehört. Sie war kurz davor nach Montana gezogen und hatte dort eine kleine Farm übernommen, trotz unzähliger Diplome in Wirtschaftswissenschaften. Er nahm an, dass es vielleicht ihre Art war, sich gegen die von ihrem Vater geplante Karriere zu wehren.
So hatte er sie eines Tages angerufen und sie wollten sich kurz darauf treffen, doch dann kam das Stargate- Programm und er verlor jeglichen Kontakt.

Zumindest verband sie noch immer eine tiefe Freundschaft und Daniel wollte diese wieder aufleben lassen. Wenigstens für eine Weile, bis er über den Ärger mit Jack hinweg war.

Er verdrängte den Gedanken so schnell, wie er gekommen war.

Daniel war daheim, das hieß, keine Gedanken über das SGC machen sondern Koffer packen.
Er seufzte, als er sich wieder daran erinnerte, wie Chelsey als Jugendliche dazu gezwungen wurde, auf eine Privat- Uni zu gehen, an der sie später selbst Betriebswirtschaftliche Partialmodelle lehren sollte. So konnte er sie sich wirklich nicht vorstellen...

Außerdem waren seine letzten Gedanken an Unis entweder mit Gespött verbunden oder mit Ex- Freundinnen die sich plötzlich als Goa`uld enttarnten. Daher verdrängte er auch dies.

Zwei Wochen mit ihr würden ihm die erhoffte Distanz zu den Fehlschlägen der letzten Tage geben, denn momentan sah Daniel überhaupt keinen Sinn mehr in einer weiteren Zusammenarbeit mit Jack.

Wie konnte er jemals wieder versuchen, das Vertrauen einer außerirdischen Intelligenz zu erlangen, wenn man vor dem Isolierraum mit hochbewaffneten GIs nur darauf wartete, dass eine Kleinigkeit falsch lief.

Es mochte übertrieben klingen, aber es spiegelte seine derzeitige Laune wieder.

Gewissermaßen war er einfach unmotiviert. Es sah keinen Entfaltungsspielraum in den harten Regeln des Militärs mehr, vor allem wenn es um Grenzerfahrungen ging, die sie alle jeden Tag machten.

Einige Tage in Montana würden ihm helfen, wieder eine neue Perspektive im Leben zu sehen.

+++

2 Tage später...

+++

O’Neill saß bereits wieder am langen Konferenztisch des Besprechungsraumes, ganze zehn Minuten vor dem geplanten Treffen mit ihrem neuen Team- Archäologen Riley Johnson. Jack hatte ihn schon vorher kennen gelernt, er war eines der Stabsmitglieder von Daniels Archäologenteam und ein relativ fähiger Mann, wenn man ihn mit Rothman verglich.
Zumindest wusste er über die militärischen Gepflogenheiten bescheid und war nicht dafür bekannt, sein Team SG-10 regelmäßig in gefährliche Situationen zu bringen.

Jack seufzte.

Er hasste Streitigkeiten, egal wer daran schuld hatte. Vor allem hasste er es, wenn sie andauerten.

Daniel war vor zwei Tagen abgereist ohne sich noch einmal bei irgendjemanden zu melden, geschweige denn zu sagen, wo das Ziel seiner Flucht lag.

Natürlich konnte man das sehr einfach herausfinden, doch es war nicht von ihm gekommen, das war der Punkt. Jack kannte dieses Verhalten aus den ersten Jahren die er mit ihm zusammengearbeitet hatte. Eigentlich war er es auch, der ihn vor seiner „Metamorphose“ zum halbwegs rational denkenden Wissenschaftler erlebt hatte.

Daniel durchschritt hin und wieder Phasen, in denen er sich nicht mehr sicher zu sein schien, ob er hierher gehörte, ob seine Freunde wirklich Freunde waren, oder ob nicht jeder ihn einfach nur verraten wollte.

Jack wusste, es hing mit seiner Vergangenheit zusammen. Daniel hatte Dinge durchlebt, die ein Kind niemals durchleben sollte und aus irgendeinem Grund hatte er es aus diesem Sumpf heraus geschafft, ohne durchzudrehen oder auf die schiefe Bahn zu gelangen.
Doch seine Vergangenheit hatte tiefe Narben hinterlassen und manchmal reichte nur eine Geste oder ein falsches Wort um diese wieder aufzureißen.

Jack war stolz darauf, dass er ihn in den letzten Jahren relativ gut desensibilisiert hatte was das anbetraf, doch ausschließen konnte man niemals etwas.
Wie auch die Geschehnisse seit Reese die Basis auf den Kopf gestellt hatte.

Sie waren aneinander geraten, Jack hatte Dinge gesagt die er später bereute, Daniel hatte dasselbe getan. Doch statt sich auszusprechen hatten sie einander ignoriert, was zweifelsohne eine noch größere Kluft zwischen ihnen öffnete.

Und dann schien Daniel das Geschehene wieder irgendwie mit seiner Vergangenheit verlinkt zu haben und war untergetaucht. In den ersten beiden Jahren bei SG-1 hatte er das fast jedes Mal getan als er mit ihm einen Streit hatte und O’Neill war der Meinung, dass sich dieses Verhalten nun endlich gelegt hatte, doch dem war offensichtlich nicht so.

Er machte sich kaum Vorwürfe über das, was er gesagt hatte. Es war eben diese verdammte Situation gewesen und er hätte nichts anderes tun können um die Basis zu retten, außer Reese zu töten, wobei töten bei einer Maschine nicht einmal stimmte.

Er hatte sie zerstört, immerhin tötete man auch keine Replikatoren, man machte LEGO- Salat.
Doch im Nachhinein tat es ihm leid, dass er nicht versucht hatte mit Daniel zu reden. Oder sich zumindest um ihn zu kümmern bis Fraiser auftauchte, doch zu der Zeit traute er dem Frieden nicht, denn überall konnten noch rebellierende Replikatoren herumkriechen.

Jack konnte sie nicht entkommen lassen, die Sache zwischen Daniel und ihm hingegen hatte verhältnismäßig mehr Zeit.

Seufzend trank er einen Schluck lauwarmen Kaffees und starrte auf Daniels Stuhl. Ihm behagte das Gefühl überhaupt nicht, dass der Archäologe Hals über Kopf verreist war. Zumindest nicht in seinem derzeitigen Zustand.

Er hätte ihnen zumindest eine Kontaktadresse hinterlassen können oder ihm die Möglichkeit geben, sich zu entschuldigen.

Doch scheinbar war Daniel mal wieder zu stur oder auch einfach nur zu verletzt.

Carter traf im Besprechungsraum ein und setzte sich still hin. Vorgestern hatten sie sich in der Kantine getroffen, Sam versuchte ihn zu überzeugen mit Daniel zu sprechen, doch dieser war schon verschwunden und zu dem Zeitpunkt war O’Neill sowieso nicht nach vernünftigen Unterhaltungen.

Zu sehr trafen ihn noch immer Daniels Worte und er hatte sie harsch abgewiesen. Er brauchte Zeit, um seine Wunden zu lecken.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte Sam sich nach einigen Sekunden der Stille und O’Neill nickte abwesend.

„Natürlich. Warum nicht?“

Wieder trank er einen Schluck Kaffee. Sie blickte ihn für eine Weile an und schien herausfinden zu wollen, in welcher Stimmung er war, doch dann beließ sie es bei einem Nicken.

Jack war dafür dankbar, denn momentan wollte er nicht über seine Gefühle sprechen, zumindest nicht mit irgendjemand sonst außer Daniel.

+++

Teal`c war der Besprechung nur halbwegs gefolgt, vielmehr betrübte ihn die Sorge um O’Neill. Seit er und Danieljackson sich gestritten hatten war er wieder genauso verschlossen wie bei ihrem ersten Treffen auf Chulac.

Ein verbitterter Mann ohne Skrupel und Gedanken an die Zukunft.
Und das waren schließlich die gefährlichsten Krieger, all die, die dem Tod gelassen ins Auge blickten.

Teal`c selbst war lange genug ein solcher Mann gewesen, bis das Schicksal es so wollte und ihn auf SG-1 treffen ließ. Eine kleine Gruppe von Menschen die sich gegen einen übermächtigen Feind stellten ohne Angst oder Verblendung.

Der Mut dieser Tauri war es, der ihn dazu gebracht hatte, sich gegen Apophis zu stellen, hatte er doch dessen Schauspiel als wahrer Gott schon lange in Frage gestellt.

Doch statt sich dem eigentlich Zweck ihrer Arbeit, dem Kampf gegen die Systemlords, zuzuwenden, bekämpften sie sich gegenseitig. Teal`c ging davon aus, dass meiste von dem Geschehen im Stargateraum mitbekommen zu haben, zumindest ab da, wo Danieljackson O’Neill einen verdammten Mistkerl genannt hatte.

Das waren harte Worte, besonders aus dem Mund eines Freundes und er wusste, dass der Colonel wohl ebenso sprachlos gewesen war, bis ihm etwas einfiel, womit er den Archäologen nicht minder verletzen konnte.

Hey, hab ich doch gern gemacht.

Teal`c hatte schon genug Streitereien zwischen ihnen miterlebt, doch dies überschritt jede Grenze.

Lernten die Menschen denn nie, dass sie lieber zusammen mit ihren Brüdern und Schwestern ihren wunderschönen Planeten verteidigen sollten, statt immer nur ihr Ego?

Es war ironisch, dass gerade O’Neill und Danieljackson, die ihn bei ihrem ersten Treffen so sehr davon überzeugen wollten das nur ein Zusammenhalten eine wirksame Waffe gegen die Goa`uld war, sich nun über Dinge stritten, die sie sowieso nicht mehr ändern konnten.

Reese war eine Maschine gewesen, erbaut aus einer kranken Phantasie heraus. Danieljackson war dem Trick dahinter verfallen, eine künstliche Intelligenz in einen naiv und kindlich wirkenden Mechanismus einzubauen, quasi einen Wolf im Schafspelz.

Allerdings kannte er den Archäologen nun auch schon lang genug um ihn zu verstehen.

Ebenso wie O’Neill.

Sie hatten beide in gewissen Punkten recht und sich in ihren Streit einzumischen machte keinen Sinn, so etwas mussten sie unter sich klären. Sie mussten einfach verstehen, dass es gewissen Opfer im Kampf gegen die Goa`uld gab und egal wie sehr ihre Meinungen auch auseinander drifteten, letztendlich hatten sie nur sich selbst und ihre Teamkameraden die jederzeit ihr Leben für einen Kollegen geben würden.

Das war ein starker Bund zwischen ihnen und etwas besonderes.

Deshalb fühlte es sich für ihn auch nicht richtig an, dass nun ein SG-1 Mitglied am Besprechungstisch fehlte. Sie gehörten zusammen, jeder vervollkommnte das Team auf seine Weise und nur gemeinsam waren sie perfekt- und eine tödliche Waffe gegen die Goa`uld.

„Ich hoffe, sie werden die kommenden drei Wochen gut miteinander klar kommen.“, beendete Hammond inzwischen seine Rede und ließ sie wegtreten.

Sie würden nicht miteinander klar kommen, denn O’Neill würde solange jeden ignorieren, bis alles zwischen ihm und Danieljackson wieder in Ordnung war. Major Carter würde freundlich aber distanziert sein und er selbst...er selbst wünschte sich Danieljackson ebenfalls zu sehr zurück um sich auf die Zusammenarbeit mit diesem fremden Mann zu freuen.

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Daniel traf erst am späten Abend in Montana ein, das Wetter auf dem kleinen Flughafen war relativ mild, einige Wolken trübten den rötlich verfärbten Himmel.

Er bahnte sich seinen Weg durch die Sicherheitskontrollen, schnappte sich seine Koffer vom Gepäckband und suchte am Ausgang nach einem Taxi. Seine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht und schon wenig später war er auf dem Weg nach Charlston Creek, ein etwas abgelegener Ort in den Bergen, weit weg von der Stadt.

Die Fahrt dorthin würde etwas mehr als anderthalb Stunden beanspruchen, daher war Daniel glücklich, dass das SGC seine Fahrtkosten, egal ob privat oder geschäftlich, zu einhundert Prozent übernahm. Dies war nur ihm und den restlichen SG- Teams ermöglicht, da sie einen besonderen Status mit ihren Reisen einnahmen.

Es würde schön sein Chelsey wiederzusehen. Vom Flugzeug aus hatte er ihr eine kurze Nachricht geschickt, damit sein Besuch nicht allzu überraschend kam.

Daniel seufzte.

Im Moment versuchte er seinen Kopf von all dem freizumachen, was ihn in der letzten Zeit so gestört hatte, angefangen bei Jack.

Er brauchte diesen Urlaub dringend, musste sein Leben wieder in Ordnung bringen und abschalten.

Jede Woche die Welt zu retten wirkte langsam abstumpfend.
Er musste wieder zurück zu seinen Wurzeln, zumindest für eine Weile. Wenn das nichts half, war es an der Zeit nach neuen Herausforderungen zu suchen.

Daniel blickte müde aus dem Fenster des Taxis und ehe er sich versah hielten sie vor einem älteren Gebäude, ähnlich eines Bauernhofes mit neueren Fenstern und einigen Stallungen im Hintergrund. Definitiv der Zielort seiner Reise..

Er bezahlte den Fahrer und schrieb den Betrag dann auf um ihn später vom SGC erstatten zu lassen. Anschließend stieg er aus und genoss die neue Umgebung. Alles hier war so ruhig und auf eine gewisse Art primitiv. Doch genau das war es auch, wonach Daniel gesucht hatte.
Indes hatte der Fahrer seine Koffer neben ihm abgestellt und sich verabschiedet.

Daniel bemerkte das nicht einmal sondern entspannte in der Ruhe der Natur und atmete die kühle Bergluft ein. Das war definitiv etwas anderes, als immer nur im Keller eines Militärstützpunktes zu sitzen.

Müde schnappte er sich den ersten Koffer mit seiner unverletzten linken Hand und schritt auf das Haus zu, doch bevor er überhaupt klingeln konnte wurde die Tür bereits geöffnet und Chelsey stand lächelnd vor ihm.

„DANIEL!“, euphorisch lief sie auf ihn zu und umarmte ihn fest. Er drückte sie an sich und genoss das Wiedersehen nach einer viel zu langen Zeit.

So standen beide für eine Weile da und hielten sich gegenseitig, bis Chelsey auf seinen vergleichsweise kleinen Koffer deutete.

„Du bist wohl nur auf der Durchreise...?“

Daniel musste grinsen. Vor ein paar Jahren noch wäre er ohne seine auserwählte Literatursammlung an Meisterstücken der ägyptischen Geschichte nirgendwohin gereist, doch diesmal hatte er sich gezwungen alles, was ihn an seine Arbeit erinnerte, im SGC zu lassen.

„Nein und danke, es geht mir gut.“, erwiderte er grinsend und deutete auf seinen zweiten Koffer der nach wie vor an der Landstraße stand.

Chelsey räusperte sich.

„Oh, tut mir leid. Ich bin mir sicher, du bist müde nach deinem anstrengenden Flug. Ich habe das Gästezimmer für dich vorbereitet, alles steht bereit.“, plötzlich deutete sie auf den Gips, der den Großteil seiner rechten Hand bedeckte, „Oh Gott, was ist denn mit dir geschehen?“

Er schüttelte beschwichtigend den Kopf.

„Es ist nichts schlimmes, nur ein kleiner Arbeitsunfall. Und da ich für eine Weile nicht arbeiten kann, wollte ich dich besuchen.“

Chelsey beließ es bei einem zögerlichen Nicken, doch bevor sie ihn ins Haus begleiten konnte hielt Daniel sie am Arm zurück.

„Danke das du so kurzfristig für mich Zeit gehabt hast, Chelsey. Tut mir leid, dass ich dir nicht eher Bescheid sagen konnte.“

Damit gab er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und sie errötete etwas.

„Das ist schon ok. Ich freue mich immer über Besucher. Hier draußen auf dem Land ist es in den Sommerferien ziemlich langweilig, da kommt mir dein Besuch entgegen.“

„Es ist ganz schön lange her...“, begann Daniel den Satz, doch ließ ihn unvollendet. Sie wussten beide, was er meinte.

„Ja, du hast Recht. Aber es war am besten so.“, fuhr sie dann fort, „Mein Dad wäre die Wände hoch gegangen. Es ist interessant, mittlerweile ist ihm das Bingo-Spielen wichtiger als der Freund seiner Tochter.“

„Dann bist du...?“, erkundigte Daniel sich und schaute der dunkelhaarigen Frau tief in die Augen.

„Nein!“, konterte diese,“ Nein, das meinte ich nur so. Momentan lebe ich hier alleine. Ab und zu kommen ein paar Kinder zum Reiten vorbei, der Tierarzt kommt jede zweite Woche, das Milchauto kommt immer Dienstags und ansonsten verbringe ich meine Nächte allein vor dem Kamin.“

Daniel wusste auf diese Andeutung nichts zu sagen und Chelsey unterbrach die Stille schließlich.

„Du musst ja ne Menge Stress haben um von Colorado Springs zur Erholung hierher zu kommen. Deine Arbeitgeber scheinen dich ja mächtig auf Trab zu halten.“
Er musste innerlich grinsen.

Reisen zu fremden Planeten, außerirdische Seuchen, Goa`uld- Angriffe...sie hatte Recht, er hatte wahrlich hin und wieder Stress.

Daniel beließ es schließlich bei einem Nicken, konnte ihr natürlich nichts über seinen wirklichen Job verraten, doch Chelsey verstand und fragte nicht weiter.

„Na dann komm herein in meine gemütliche Stube, du Weltreisender.“

Schon wieder musste Daniel grinsen. Manchmal verstand sie mehr von ihm als ihm lieb war.

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weiter: Kapitel 2
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