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Lux von JolinarJackson

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Vorwort

Es ist vielleicht nicht weihnachtlich, wie manch andere Story, aber es dreht sich um Weihnachten. Ich habe Teyla etwas rausgelassen, denn ich wollte mich auf die Ta’uri konzentrieren. Mein zweiter Versuch einer ’Atlantis’-FF – gebt mir nach dem ersten noch eine Chance, bitte! Feedbacks wären nett!
Lux


“Liz?!“

“In der Küche!“, antwortete sie und lächelte glücklich, als Simon eintrat, mit Einkaufstüten beladen. Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn kurz, bevor sie sich auf die Tüten stürzte.

Simon lachte. “Ich wüsste gerne, wie deine Kollegen von dir denken würden, wenn sie dich so sähen“, grinste er und legte seine Arme um die beschäftigte Frau.

“Ja, ich auch! Aber man kann nicht immer Diplomatin sein“, antwortete Elizabeth Weir und zog die Lebensmittelfarbe hervor, “Die brauche ich.“

“Und dafür musstest du jetzt alles ausräumen und durcheinander bringen“, seufzte Simon theatralisch.

“Oh, komm schon!“, erwiderte Elizabeth und öffnete die Backofentür, als ein kleiner Wecker schrillte. “Perfekt“, murmelte sie, nachdem sie die Plätzchen einer eingehenden Musterung unterzogen hatte. Simon begann, die Einkäufe wegzuräumen und Elizabeth schob die frischen Plätzchen auf einen Rost, um sie erkalten zu lassen.

“Was malen wir drauf?“, wollte Simon wissen und legte blaue und gelbe Lebensmittelfarbe zu den roten und grünen Tuben, die Elizabeth musterte.

“Was malt man wohl an Weihnachten auf Plätzchen, Dummkopf?“, wollte die Frau wissen und Simon schüttelte lächelnd den Kopf.

“Manchmal bist du wie ein Kind.“

“Und du liebst mich deshalb!“ Der Hund ließ sich nun in der Küche blicken, angelockt von dem Tütengeraschel und der Stimme von Simon. “Für dich gibt es heute nichts“, beschloss Elizabeth, als das Telefon klingelte. “Pass bitte auf, dass er nicht an die Plätzchen geht“, bat sie.

“Er ist ein Hund“, grinste Simon.

“Er ist ein Allesfresser, Simon“, erwiderte Elizabeth und lief ins Wohnzimmer, um abzuheben.

Simon ging in die Hocke und streichelte dem Hund durch das Fell: “Natürlich habe ich dir was mitgebracht.“ Er hielt ihm ein Wurstende unter die Nase. “Die Metzgerin denkt immer an dich.“ Er räumte weiter aus, während sich der treue Vierbeiner wieder verzog und wollte gerade eines der Plätzchen für sich beanspruchen, als Liz wieder in die Küche trat. “Wer war dran?“, wollte Simon wissen.

“Die Regierung“, antwortete sie zögernd und verschränkte die Arme. Er erstarrte, als er ihren ernsten Gesichtsausdruck sah.

“Liz?“

“Tut mir leid, aber ... ich muss weg.“

“Es ist Weihnachten!“

“Ich weiß, es tut mir leid. Es tut mir leid!“


***

In ihrem persönlichen Arbeitsbereich abgeschottet starrte Elizabeth Weir auf das Stargate hinunter. Drei Monate danach war sie nach Antarktika geschickt worden, dann nach Atlantis. Manchmal fragte sie sich, warum sie diese Entscheidung getroffen hatte. Irgendwann in den stillen Tagen am Anfang der Besiedelung dieser Stadt war ihr klar geworden, dass sie nicht hätte gehen können, wenn ihr Simon wirklich so viel bedeutet hätte. Sie war es gewohnt, ihre Arbeit Freunden vorzuziehen, aber auch Simon hatte sie zu Gunsten ihres Jobs des öfteren in wichtigen Momenten, an wichtigen Tagen, verlassen.

Und auch sämtliche Liebhaber vor ihm – was nicht viele gewesen waren. Sie hatte gemerkt, dass sie immer alleine gewesen war, egal, wer im Moment ihr Bett mit ihr teilte. Als die typische Karrierefrau hatte sie sich immer gesehen, ihre Probleme immer alleine gelöst. Doch jetzt - wo ihnen bereits seit fast einem Jahr klar war, dass sie möglicherweise niemals zur Erde zurückkehren konnten – jetzt dachte sie an ihr Leben auf der Erde und wie viel sie damit verspielt hatte.

“Dr. Weir?“

Sie drehte ihren Oberkörper und erkannte Teyla in ihrer Tür. Die junge Athosianerin lächelte. “Wir ... Halling und ich, wir dachten, es wäre schön für die Kinder, wenn wir die Vigil hier in der Stadt der Vorfahren begehen könnten.“

Elizabeth drehte sich vollständig zu Teyla und zog fragend die Augenbrauen hoch. “Die Vigil?“

“Die ... Vigil“, wiederholte Teyla etwas unsicher.

Elizabeth lächelte. “Ich weiß nicht, was Sie meinen, Teyla.“

“Ein Fest, das von den Ahnen überliefert wurde. Am 24. des letzten Monats eines jeden Jahres begeht unser Volk die Vigil.“

“Weihnachten?“, fragte Elizabeth.

Teyla zuckte mit den Schultern. “Ich kenne nur diesen Namen.“

Elizabeth seufzte und Teyla biss sich auf die Unterlippe, bevor sie weitersprach: “Ich weiß, dass dies möglicherweise nicht der geeignetste Moment ist -“

“Beileibe nicht! Die Wraith könnten jeden Moment eintreffen.“

“Dr. McKay schätzt, dass sie noch Tage brauchen. Und die Vigil ist in wenigen Stunden – um Mitternacht“, erwiderte Teyla, “Eine Nacht, Dr. Weir.“

Die Leiterin des Stützpunktes lächelte sanft. “Was brauchen Sie für das Fest?“

Teyla atmete erleichtert aus. “Nicht viel. Es ist bei uns üblich, Kerzen in die Fenster zu stellen und Palmenzweige über die Türen zu hängen.“

Weir nickte: “Tun Sie, was Sie für nötig halten.“ Teyla lächelte dankbar und ging. Elizabeth starrte ihr nach, dann schaute sie wieder in den Torraum hinab.

Um Mitternacht begannen die drei Weihnachtstage? Wer wusste das wohl – von den Athosianerin mal abgesehen?

Rodney McKay zog seine einsamen Kreise um das Tor herum.

***

“Dieser ganze Rummel ist doch nun wirklich das letzte, was wir zwei gebrauchen können, oder, Scotty?“, wollte Rodney wissen und starrte von seinem Apartment im dritten Stock hinunter auf die schneebedeckten Straßen der Stadt. Sein Kater schnurrte als Antwort und Rodney kraulte ihm den Nacken. Vor dem Haus standen ein paar Nachbarskinder und verkauften Glühwein. Nicht weit entfernt hatte ein Weihnachtsmann Position bezogen, der jedem Passanten ein frohes Fest wünschte und ganz nebenbei um Spenden für das örtliche Kinderheim bat.

Es klingelte an der Tür und Rodney ging, um zu öffnen. Scotty sprang auf halbem Wege von seinem Arm und Rodney blickte durch den Türspion. “Emily!“, murmelte er erschrocken und strich sich mit fahrigen Bewegungen die Katzenhaare von seinem Shirt, das mit blauen Großbuchstaben seinen Träger als ’Mr. Fantastic’ vorstellte. Rodney räusperte sich, atmete tief ein und öffnete lächelnd die Tür. “Emily!“, rief er gespielt überrascht und seine Nachbarin lächelte ihn an.

“Rodney, frohe Weihnachten!“

Er verbarg geschickt seinen Missmut über die kitschigen Worte und antwortete grinsend: “Dir auch!“

Sie seufzte und kaute verlegen auf ihrer Unterlippe, bevor sie den Korb in ihren Händen hoch hielt und leise fragte: “Hast du heute Abend schon was vor?“

“Ich?“

Hatte er was vor? An Weihnachten? Wann hatte er das letzte Mal an Weihnachten etwas anderes vorgehabt, als sich mit seiner Schwester zu streiten – per Telefon!?

“Nein!“

Es wurde still und Emily räusperte sich nervös.

“Oh!“, fiel Rodney ein und trat zur Seite, “Komm rein!“

“Danke!“, antwortete Emily erleichtert und Rodney schloss die Tür hinter ihr. “Hi, Scotty!“, grüßte Emily den Kater und dieser strich ihr erfreut um die Beine. “Er mag dich!“, lächelte Rodney und dachte im nächsten Moment, dass dieser Satz in etlichen Liebesfilmen schon zu oft gesagt worden war – wie konnte er nur?

“Mein Date hat mich sitzen lassen“, erklärte Emily und Rodney setzte einen mitfühlenden Gesichtsausdruck auf.

“Tut mir leid!“ Tat es ihm eigentlich nicht!

“Ich ... hatte Gänsebraten gemacht.“ Emily schlug das Tuch über dem Korb zurück und ein sanfter Gänsefleischgeruch stieg auf. “Hast du Lust?“, fragte sie.

Er lächelte. “Ist es mit Zitrusfrüchten?“

“Nein!“, lachte Emily.

“Super! Klar!“, antwortete Rodney. Sie gingen in die Küche und machten es sich bequem. “Wer hat dich sitzen gelassen?“, wollte Rodney wissen, während er einen Schluck Wein trank.

“Ein Arzt“, seufzte Emily, “Ich war der Meinung, als Wissenschaftler wäre er kultivierter als die anderen Kerle, die ich jeden Tag im Einkaufszentrum treffe.“

Rodney lachte. “Ärzte sind doch keine Wissenschaftler“, erklärte er seinen Standpunkt. Emily und er waren eine Geschichte für sich. Die hübsche Brünette kümmerte sich um Scotty, wenn Rodney in Russland war oder auf sonstigen Reisen und dafür lud er sie nach seiner Rückkehr zum Essen ein. Sie waren Freunde und – wie Rodney sich eingestehen musste – allmählich mehr als das.

“Du musst es ja wissen“, antwortete Emily und lächelte ihm schüchtern zu.

“Ja ... ich ... ich ... ja.“ Auf einmal kehrte sein altes Problem zurück. Sobald die Konversation gewöhnliche Bahnen verließ oder seine Gedanken weiter gingen, als sie waren, wurde aus seinen gewitzten Kommentaren und seinem unvergleichlichem Charme ein zusammenhangloses Gerede. Er trank schnell einen Schluck Wein.

“Das war schön, Rodney“, meinte Emily.

“Ja, das ... das war ... das war ... ich fand es ausgezeichnet. Lecker! Wirklich!“

Emily grinste und goss sich ihren dritten Wein ein. “Du bist süß!“

“Süß?“ Rodney glaubte, einen Herzinfarkt zu bekommen. “Ich ... ich ... uh ...“

Emily lächelte, trank noch einen Schluck und starrte ihn dann an. Rodney schluckte. Ihm wurde schlecht. So aufgeregt war er nicht mehr, seit er Sam Carter um ein Date gebeten hatte – und sie hatte ihm die Tür gewiesen. Sie wusste eben nicht, was gut für sie war. Rodney schluckte, während Emilys Blick die nächste halbe Stunde schweigend auf ihm ruhte. Sie wartete. Er wusste, dass sie wartete. Sie hatte den Anfang gemacht und jetzt war er dran ... oh mein Gott! Bei Sam Carter konnte er wenigstens noch mit wissenschaftlicher Brillanz glänzen, wenn es ihm an romantischen Worten fehlte, aber bei Emily – einer Verkäuferin im städtischen Einkaufszentrum ... er musste etwas sagen.

Er wusste, was sie hören wollte: Willst du vielleicht bis zum Frühstück bleiben? Nein, das hörte sich bescheuert an, aber der Kontext stimmte.

“Wusstest du, dass Atome ihre Flexibilität verlieren, wenn man sie mit EM-Strahlen beschießt?“

Emily seufzte lächelnd und schüttelte den Kopf. Sie trank aus, stand auf und küsste Rodney auf die Wange. “An dieser Stelle stürzen wir jedes mal wieder ab, Rodney! Bei jedem Abendessen. Ich gebe dir noch eine Chance – an Silvester.“ Mit diesen Worten lächelte sie und verließ die Wohnung. Rodney seufzte geknickt. Scotty maunzte bettelnd und Rodney warf ihm lustlos ein Stück Fleisch auf den Boden. Drei Tage später erfuhr er, dass er in die Antarktis geschickt wurde.


***

Sie würden sterben! Rodney wusste es mit jeder Faser seines übermüdeten und angespannten Körpers. Sie würden sterben! Die Wraith würden sie aussaugen und er ... er gab ein gutes Futter ab, wenn er sich weiter mit Energieriegeln voll stopfte. Angewidert steckte er den Riegel in seine Brusttasche, um ihn später wegwerfen zu können. Emily ... das letzte Mal hatte er sie gesehen, als er ihr Scotty gebracht hatte. Jetzt trennten sie Galaxien voneinander. Er würde sterben, ohne ihr jemals gesagt zu haben, was er für sie wirklich empfand!

Sie wusste es und er wusste es ... aber es gefiel ihr sicherlich, wenn man es ihr auch sagte. Aber das war ja jetzt auch egal, denn sie würden sowieso alle sterben. Teyla kam die Treppe zum Torraum hinunter und winkte ihm lächelnd zu, bevor sie durch eine Nebentür verschwand.

Wie konnte sie nur lächeln?

Solche Momente waren perfekt für Grabesstille und Tränen. Vielleicht sollte er ... nein ... oder er könnte ... ihm fiel einfach nicht ein, was er gegen den Ansturm dieser Monster noch tun konnte!

“McKay!“

Er drehte sich um und erkannte John Sheppard hinter ihm. Großartig! Der sarkastische Major war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. “Was tun Sie hier? Gehen Sie mal schlafen! Sie sehen aus wie der Tod auf Latschen.“

“Demnächst werden wir alle so aussehen!“, fauchte Rodney ungehalten und Sheppard zuckte unwillkürlich etwas zurück.

“Uns fällt etwas ein. Ich schwöre es Ihnen, McKay! Wir finden eine Lösung“, sagte er dann und lächelte ermutigend.

Rodney lachte humorlos: “Wenn ein Experte wie Sie es sagt, dann wird es wohl so sein!“

Sheppards Blick verdunkelte sich. “Ich habe auch Angst, okay? Wir alle! Aber denken Sie bitte auch an die ganzen Situationen, die Sie bisher schon lösen konnten. Während des Sturms zum Beispiel. McKay, Sie helfen uns nicht, wenn Sie zu Tode erschöpft und angespannt sind. Schlafen Sie oder ... entspannen Sie mal! Ihr Stab arbeitet währenddessen an dem Problem weiter.“

Rodney blickte zu Boden und seufzte. “Wie soll ich mich entspannen, Major? Meine Katze ist nicht hier!“

Sheppard zog die Augenbrauen hoch. Ein Grinsen stahl sich bei dem kindlich beleidigten Ton auf sein Gesicht. Rodney schüttelte den Kopf. “Ich muss zurück ins Labor.“

“McKay!“, rief John, als der Wissenschaftler schon an der Tür war. Dieser drehte sich zu ihm um. “Frohe Weihnachten!“

Rodney verzog das Gesicht. John lächelte. “Kommen Sie schon!“

McKay seufzte. John wusste von seiner Abneigung gegen Weihnachten. Er wusste sogar sehr genau davon.

Aber jetzt – wo sie sowieso bald alle starben – konnte Rodney ihm auch die Freude machen und ihm zumindest dasselbe wünschen, nicht wahr? “Frohe Weihnachten, Major!“ Damit verschwand er in sein Labor.

***

Er winkte dem Barkeeper und dieser setzte ihm einen neuen Whiskey vor. “Wirklich, John! Meinen Sie nicht, Sie hatten genug?“, fragte er zeitgleich und musterte seinen Gast skeptisch. John zog die Augenbrauen zusammen und versuchte, den Barkeeper direkt und wütend anzublicken.

“Ich entscheide, wann ich genug habe“, knurrte er ungehalten.

Der Barkeeper hob ergeben die Hände. “Ganz ruhig, okay? Verdammt, es ist Weihnachten! Haben Sie keine Familie, mit der Sie feiern können?“

“Meine Ex-Freundin zieht es vor, mit Ihrem frisch Verlobten zu feiern und meine Eltern wollen mich nicht mehr sehen“, meinte John hart und trank aus, winkte nach einem neuen Drink. Der Barkeeper schüttelte missbilligend den Kopf, setzte ihm den Whiskey vor und kümmerte sich um andere Kunden. Ein verliebtes Pärchen, das sich einen kitschig roten Drink teilte. John verzog angewidert das Gesicht.

Konnte er Sharon böse sein, dass sie ihn drei Tage vor Weihnachten verlassen hatte? Wegen einem Kerl, mit dem sie John hintergangen hatte, während dieser auf einer gefährlichen Mission um sein Leben kämpfte? Er lachte in sich hinein. Sicher nicht! Nur ein weiterer Fehlschlag. “Auf dich, Sharon!“, murmelte er und schluckte den letzten Rest Whiskey, bevor er Geld auf die Theke legte und aus der Bar stolperte.

“Hey, ich rufe Ihnen ein Taxi!“, bot der Barkeeper an, doch John winkte ab.

Was wunderte es ihn überhaupt?

Er hatte niemanden lange an sich binden können! Zu viele Missionen, zu viele Gefahren, zu lange nicht im Lande ... sie hatten alle immer neue Gründe gefunden und ihn verlassen. Seine Eltern wollten ihn schon nicht mehr in ihrem Haus begrüßen, seit John die Akademie besucht hatte. Er – der missratene Sohn. Er – der Einzelgänger. Er – der ... John rutschte aus und stürzte auf den hart gefrorenen Boden. Ihm wurde schwindelig. Er starrte benommen in den Sternenhimmel hinauf, während aus einem gekippten Fenster in der Nähe Weihnachtsmusik drang.

Er – der noch nie zuvor exzessiv getrunken hatte. So musste es sich wohl anfühlen, dachte John, wenn man ganz unten angekommen war.

“Mister?“ Ein Polizist tauchte über ihm auf, blockierte seine Sicht auf die Sterne. “Sir, geht es Ihnen gut? War ein ziemlicher Sturz!“

John rappelte sich wieder auf. “Geht schon!“, murmelte er und humpelte weiter, “Geht schon!“

In seiner Wohnung ließ er das Licht aus. Er streifte seine Buchregale im Dämmerlicht mit einem kurzen Blick. Er hatte viel gelesen während seiner Ausbildung. Jetzt schien er nie die Zeit dafür zu finden. Er nahm die Videokassette vom Regal über dem Fernseher und schob sie in den Rekorder. Das Footballspiel darauf ähnelte seinem Leben. Bis auf den Hail Mary. Den Hail Mary, den er nie werfen würde.


***

“Ford!“, grüßte Sheppard und der junge Leutnant lächelte ihm zu.

“Major, was kann ich für Sie tun?“ Er klopfte dem athosianischen Jungen vor sich auf die Schulter und wandte sich dann endgültig an seinen Vorgesetzten, während das Kind davon rannte.

“Was gibt es neues? Wegen der ... Vigil?“, fragte John.

Ford grinste: “Weir hat es erlaubt. Teyla und Halling sind dabei, Kerzen aufzustellen.“

“In allen Fenstern?“, hakte John skeptisch nach. Die Athosianerin hatte ihm von dem Brauch berichtet und er hielt es für eine gute Idee, Weihnachten zumindest etwas zu begehen. Das einzig schlechte Weihnachtsfest seines Lebens war das letzte gewesen, nach der Trennung von Sharon. Doch eigentlich liebte er dieses Fest und freute sich darauf.

“In allen, Major“, antwortete Aiden und schüttelte lachend den Kopf: “Ich habe mir ihr gewettet, dass sie es nie bis Mitternacht schaffen.“

John schaute in die Dämmerung hinaus und antwortete dann: “Ich hoffe, Sie waren nicht zu voreilig, Ford. Immerhin sind alle Athosianer hier. Über 50 Leute können sehr schnell Kerzen aufstellen, wenn sie es wollen.“

“Wenn es so ist, habe ich wohl gerade meine letzte Tüte Gummibärchen verloren“, antwortete Ford bedauernd, aber seine Augen funkelten und John genoss die Tatsache, dass der junge Offizier die drohende Gefahr zumindest vorläufig aus seinen Gedanken verbannt hatte. In den letzten Tagen waren alle nur noch wie bleiche Geister durch die Gegend gelaufen. Das anstehende Fest, das die Kulturen der Ta’uri und der Athosianer fest verband, war eine wundervolle Idee von Teyla und Halling gewesen.

Ford seufzte. “Ich werde dem Doc bescheid geben. Er arbeitet wie wild an diesem Arm herum.“

John verzog angeekelt das Gesicht. “Das Ding ist fast ein Jahr alt.“

“Sie sagen es, Sir“, antwortete Ford lächelnd, “Aber er glaubt, er würde etwas finden, was er zuvor nicht entdeckt hat.“ Ford nickte John zu und ging dann los – den Weg zur Krankenstation einschlagend.

***

“Mum!“ Aiden fiel seiner Mutter glücklich um den Hals.

Sie lachte. “Mein Junge, endlich! Wir dachten schon, du schaffst es nicht mehr!“ Sie lächelte und Aiden wandte sich seinem Vater zu.

“Das Flugzeug hatte wohl Verspätung“, nahm dieser an, während er seinen Sohn umarmte, “Willkommen zu Hause! Komm rein!“ Aiden nahm seine Tasche aus dem Kofferraum des Taxis und bezahlte den Fahrer, dann ging er mit seinen Eltern nach drinnen.

“Lisa und Benny sind schon da und Maria hat abgesagt, weil ihre Kinder mit Grippe im Bett liegen.“

“Schade!“, meinte Aiden und beschloss, seine jüngste Schwester später mal anzurufen, um ihr ein frohes Fest zu wünschen – trotz der kranken Drillinge. Als er die Tasche im Flur abgestellt und die Jacke aufgehängt hatte, ging er mit seinen Eltern ins Wohnzimmer.

“Onkel Aiden!“, rief ein kleiner Junge und lief auf den jungen Mann zu, umarmte ihn in Hüfthöhe.

“Kevin!“ Aiden nahm ihn auf den Arm und blickte ihm ernst die Augen. “Warst du brav, dieses Jahr?“

“Klar!“, antwortete der Junge.

Aiden lächelte. “Ich weiß zufällig, dass der Weihnachtsmann dir ein super Geschenk mitbringen wird.“

Kevin riss die Augen auf. “Wirklich?!“

“Allerdings.“

Lisa und Benny waren inzwischen bei den beiden angekommen. Aiden setzte Kevin auf den Boden ab und umarmte seine kleine Schwester, bevor er ihrem Mann ebenfalls eine kurze Umarmung schenkte. Sie unterhielten sich kurz über neueste Geschehnisse, bevor Kevin seine Eltern zum Esstisch zog. Aiden blickte sich im großen Wohnzimmer um. Er hatte eine große Familie. Nur die Hälfte schien sich hier eingefunden zu haben. 10 Leute saßen am gedeckten Tisch und als Aiden sich dazu setzte, fuhr im ein Stich durchs Herz.

Wie könnte er sie alle zurücklassen, um in die Antarktis zu gehen?

Der Bescheid war vorige Woche gekommen und nach Silvester ging es los. Auf unbestimmte Zeit. Das war zwar nichts neues, doch bisher hatten drei freie Tage ausgereicht, um seine Familie zu besuchen. Außerhalb von Amerika stationiert zu werden – auf einem anderen Kontinent – bedeutete soviel mehr. Er würde überlegen müssen, welche Flüge nach Hause sich überhaupt lohnen würden.

Wie konnte er das?

Er war der geborene Familienmensch, wünschte sich nichts mehr als eine eigene kleine Familie.

“Aiden?“, riss ihn eine Frauenstimme aus den Gedanken. Clara setzte sich neben ihn, lächelte. Sie war seine älteste Schwester – drei Jahre älter - und mit ihr fühlte er sich am verbundensten. Als einziger Sohn seiner Eltern hatte er sich immer einer großen und zwei kleinen Schwestern gegenüber gesehen. Clara war ihm am ähnlichsten. Als Kind war sie ein richtiger Wildfang gewesen und Aiden hatte viel mit ihr im großen Garten des Hauses gespielt. “Was ist mit dir? Du siehst traurig aus.“

Er senkte den Blick, bevor er schluckte und wieder aufblickte. “Ich muss weg, Clara. Für längere Zeit.“

Sie legte den Kopf schief. “Wohin?“

“Antarktis.“

“Das ist weit.“ Sie senkte den Blick.

“Ja“, murmelte Aiden.

“Aber nicht so schlimm, denn ...“, sie lächelte und legte eine Hand auf ihren Bauch, “es ist erst im Juni so weit. Und du kannst dir Urlaub eintragen lassen, um uns zu besuchen.“

Aiden lächelte. “Das werde ich.“

“Antarktis ist nicht aus der Welt“, meinte Clara aufmunternd. Aiden nickte.


***

’Aber Atlantis ist aus der Welt’, ging es Aiden durch den Kopf, während er die Krankenstation betrat. Sein Neffe oder seine Nichte musste jetzt bereits etwa sieben Monate alt sein. Trotzdem war er gegangen ... des Abenteuers wegen, der Sehnsucht wegen, etwas großes zu erreichen. In einem einzigen Zimmer der Station brannte Licht. Carson saß über den Wraith-Arm gebeugt und versuchte erneut, hinter seine letzten Geheimnisse zu kommen, als Aiden eintrat und sich räusperte.

Beckett schreckte hoch und blickte Ford fragend an. “Doc, es ist Weihnachten“, meinte der junge Offizier und setzte sich auf die gegenüberliegende Seite des Labortisches.

“Ich weiß, Leutnant. Aber leider sitzen uns die Wraith im Nacken.“

“Wir planen ein kleines Weihnachtsfest ... uh ... eine Vigil, wie die Athosianer es nennen.“

Carson schaute verwirrt auf. “Die Athosianer?“

Ford lächelte. “Ich war auch verwirrt, aber es ist ganz logisch. Die Antiker waren der römischen Kultur zugetan und die Römer feierten schon sehr früh die Vigil – das Weihnachtsfest. Und die Antiker brachten es den Athosianern.“

Carson nickte verstehend.

“Hören Sie, um Mitternacht wollen die Athosianer Kerzen in alle Fenster der Stadt gestellt haben. Und ... Major Sheppard ist dabei, jedem Bescheid zu sagen. Es wäre schön, wenn Sie sich für ein oder zwei Stunden hier losreißen könnten.“

“Ich kann nicht, Leutnant“, erwiderte Beckett, “Es geht einfach nicht.“

Aiden fuhr sich frustriert durchs Haar. “Es geht darum, dass wir uns alle versammeln und zusammen halten. Sie sind erschöpft. Ich kann nur raten, wie lange Sie nicht mehr geschlafen haben, aber sich alleine in diesem Labor einzuschließen, wird Sie nicht viel weiter bringen! Sie sind keine Maschine, Doc.“

Carson seufzte und starrte auf die Schreibtischplatte, dann schaute er in Aidens Augen. “Ich ... ich versuch’s.“ Er sah auf die Uhr. Mitternacht ... noch vier Stunden. “Ich versuch’s.“

***

“Mama, ich habe dir siebentausend Mal gesagt, dass du die Glühlampe im Flur nicht wechseln sollst. Du solltest um Hilfe bitten.“

“Habe ich“, erwiderte die ältere Dame trotzig und Carson verdrehte die Augen.

“Wen?“

“Dich, aber du hast gesagt, dass du arbeiten musst ... und das an Weihnachten.“

“Mama, ich bin Arzt“, erinnerte Carson sie, bevor er aufstand und schwer seufzend ihre Krankenakte studierte, “Das Schienbein ist gebrochen.“

“Das weiß ich selbst, Carson. Halt mich nicht für dumm.“ Sie lächelte. “Wenigstens können wir jetzt gemeinsam Weihnachten hier verbringen.“

“Im Krankenhaus?“, hakte Carson entsetzt nach.

“Wo sonst? Ich kann ja nirgendwo alleine hin“, erklärte seine Mutter.

“Aber ich muss arbeiten, Mama.“

“Jetzt hör mir mal gut zu, Carson. Ich kam nach Amerika mit deinem Vater, hochschwanger ...“

“Nicht schon wieder, Mama, bitte!“

“... und wir hatten nichts, bis auf etwas Geld und das Talent deines Vaters bei handwerklichen Arbeiten. Ich habe sieben Stunden mit dir in den Wehen gelegen ...“

“Was mir übrigens sehr leid tut!“

“... und so dankst du es mir.“

Die Krankenschwester konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und Carson funkelte sie drohend an. “Ich bin fertig, Dr. Beckett. Sie finden mich im Schwesternzimmer.“

Er nickte und sie schloss die Tür des Zimmers hinter sich.

“Du hast in letzter Zeit so viel gearbeitet, Carson. Du bist keine Maschine, weißt du?“, fragte seine Mutter.

Carson lächelte. “Lass mich meine Visite machen und dann sehen wir mal, ob es lange genug keine Katastrophen gibt, um etwas zu feiern.“


***

“Geschafft!“, verkündete Teyla und hielt fordernd die Hand in Fords Richtung. Dieser verdrehte die Augen und reichte ihr die Gummibärchen. Die versammelten Ta’uri und Athosianer im Torraum unterhielten sich leise miteinander, viele von ihnen auf den Grund der Zusammenkunft wartend. Teyla machte größtenteils besorgte und ängstliche Gesichter aus, doch ihr Volk lächelte. Es war die Vigil-Nacht – in einer solchen Nacht wurde nicht getrauert. Ihr Volk hatte zu viel mit den Wraith durchgemacht und die Vigil sowie andere Festtage halfen ihnen jedes Mal wieder, sich zu finden.

Dieses Jahr war besser gewesen als die vorigen Jahrzehnte, denn die Menschen, die in der Stadt der Vorfahren lebten, hatten ihnen Obdach und Schutz gegeben, ein Stück Land, auf dem sie wirtschaften konnten und neue Hoffnung, gegen die Unterdrücker anzukommen. Die Nachricht, dass die Wraith hierher kommen würden, hatte sie alle erschüttert, doch die Vigil half ihnen jedes Mal aufs Neue zu sehen, was sie noch hatten und in diesem Jahr wollten sie diese mit den Ta’uri teilen.

Sie entdeckte Sheppard, der einen widerwilligen McKay hinter sich herzog. Carson Beckett lehnte mit verschränkten Armen und besorgter Miene an der Tür. Elizabeth Weir trat aus ihrem Büro heraus und in ihre Richtung. Auf der obersten Stufe der Treppe blieb sie stehen. Die Menschen unten verstummten und nur die Techniker im Kontrollraum, die weiterhin die Fortbewegung der Wraith im Auge behielten und die Energieversorgung gewährleisteten, redeten noch leise miteinander.

“Teyla ist heute zu mir gekommen und hat mir ins Gedächtnis gerufen, dass der heutige Abend Heilig Abend ist oder wie die Athosianer sagen – Vigil. Ich weiß, dass niemandem von uns der Sinn nach Geschenken und einem Fest steht, aber ich habe mit großer Besorgnis festgestellt, dass wir uns so sehr darauf konzentrieren eine Lösung zu finden, Strategien zur Verteidigung auszuarbeiten und die Stadt zu sichern, dass wir vergessen, wie menschlich wir letztendlich sind. Ich will nicht sagen, dass wir einfach abwarten sollten, bis die Wraith uns überfallen, aber wir sollten auch etwas Zeit darauf verwenden, uns an die Dinge zu erinnern ... an die Personen ... die wir auf der Erde zurückgelassen haben.“

Einige senkten den Blick oder verschränkten die Arme.

“Ich selbst habe ebenso wie alle hier eine Videobotschaft an die Erde gesandt. Doch das ist jetzt schon eine Weile her und ... ich denke, Weihnachten ist eine Zeit, in der man sich besonders an das erinnern sollte, was wir zurückgelassen haben. Die Wraith werden kommen. Aber ich habe mich heute mehrmals versichert, dass es erst in ein paar Tagen so weit sein wird. Die Athosianer haben Kerzen in die Fenster der Stadt gestellt, wie es bei ihnen Brauch ist und wir werden das Licht für eine viertel Stunde ausschalten, um zur Ruhe zu kommen. Anschließend werden wir essen. Es steht jedem frei zu gehen und sich um die Sicherung der Stadt zu kümmern oder mit Formeln zu arbeiten, aber ich halte es für sehr wichtig, dass wir uns ein einziges Mal vollständig auf unser Hier sein und aufeinander konzentrieren.

Das haben wir bisher nämlich nicht getan. Ich kenne nur die Hälfte von Ihnen ... und noch weniger Athosianer. Wir werden gemeinsam in einen harten Kampf ziehen und sollten gute Erinnerungen aneinander mitnehmen. Also ... zwei Stunden Ihrer Zeit. Was sagen Sie?“ Stille herrschte. Major Sheppard lächelte Weir mit einem Kopfnicken zu und sie lächelte zurück. Einzelne begannen, zustimmend zu murmeln und zu nicken. Aiden grinste und er sah, dass sich auch auf Becketts Gesicht ein zustimmender Ausdruck gestohlen hatte, während der Arzt jetzt näher an die Menschenmenge herantrat.

Weir beobachtete die Reihen vor sich genau und konnte niemanden ausmachen, der explizit gegen diese Idee war. Ihr Blick blieb zuletzt auf McKay hängen. Der seufzte gequält und winkte ihr zustimmend zu. Sie lächelte. Dann schaute sie zu den Technikern und diese sorgten dafür, dass sich das Licht allmählich abschaltete. Im Torraum wurde es dunkel, die Fenster zu erkennen an kleinen Kerzen, die darin standen, und den helleren Nachthimmel. Sheppard löste sich aus der Menge und ging zu Weir die Treppen hinauf, an ihr vorbei zum Fenster.

Allmählich folgten die anderen ihm, die großen breiten, verglasten Wände und die Balkone im Torraum und den Nebenräumen ermöglichten es allen, genügend von der Stadt im Blick zu haben, um die vielen kleinen Lichter zu sehen, die in den Gebäuden glühten. Weir stellte sich mit verschränkten Armen neben John und er lächelte zu ihr hinunter. Die Türme und Balkone waren nichts weiter als schwarze Scherenschnitte vor dunkelblauem Nachthimmel, die Kerzen wie Augen, die auf die leise redenden Menschen blickten.

“Es ist nicht gerade das, was ich unter Weihnachten verstehe“, meinte John und Weir lachte leise.

“Was im letzten Jahr war schon so, wie Sie es vorher immer kannten?“

“Da haben Sie Recht“, antwortete John und seufzte.

“Vielen Dank, Dr. Weir, das bedeutet meinem Volk sehr viel“, erklärte Teyla lächelnd, als sie mit Ford zu ihnen trat, Beckett und McKay im Schlepptau.

“Es ist großartig, Teyla“, erwiderte die Leiterin der Basis, “Nicht wahr, Rodney?“

“Hm!“, grummelte McKay.

“Es war die Gummibärchen wert“, meinte Ford und Weir zog fragend die Augenbrauen hoch.

“Wenn es jetzt also in ein paar Tagen soweit ist, sollen wir hieraus Trost ziehen?“, wollte McKay ungläubig wissen.

John schüttelte den Kopf. “Nein, keinen Trost. Genießen Sie es einfach, McKay. Haben Sie die Stadt jemals richtig angesehen?“

Rodney verstummte. Carson seufzte leise. “Wir hatten nie die Zeit.“

“Wir haben nie daran gedacht“, korrigierte Ford.

“Frohe Weihnachten!“, sagte John plötzlich. Weir lachte. Teyla neigte den Kopf und Carson lächelte.

Ford seufzte: “Ihnen auch, Sir.“

Rodney holte Luft, bevor er sagte: “Frohe Weihnachten!“ Elizabeth lächelte zuversichtlich und drehte sich zu ihren engsten Freunden auf der Basis um: “Die Wraith unterschätzen uns. Das ist unsere Stadt. Sie werden sie nicht bekommen.“


ENDE

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