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Unverträglichkeiten von Sphere

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Vorwort



Staffel: Beginn der 9. Staffel SG-1 bzw. der 2. Staffel Atlantis.

Spoiler: Die Story baut auf „Wiedergutmachung“ (SG-1/ 601, 602) auf. Es gibt außerdem Verweise auf den Anfang der besagten Staffeln bzw. das Ende der vorhergehenden sowie zu „48 Stunden“ (SG-1/ 514). „Unter Druck“ (SGA/ 214) gab es noch gar nicht, als diese Story entstand.
Unverträglichkeiten


Dr. Rodney McKay war ziemlich genervt, als er Weirs Büro betrat und machte keinerlei Anstalten das zu verbergen. Hektisch setzte er sich auf den bereitstehenden Stuhl und knallte nachdrücklich die halb gefüllte Kaffeetasse auf den Tisch.
„Elizabeth, ich hoffe das ist wichtig“, ließ er verlauten, beleidigt darüber, dass man es wagte ihn zu stören.
Seit drei Tagen nun schon arbeitete Rodney mit seinem Team an einer Anlage, die sie erst vor kurzem entdeckt hatten. Es handelte sich dabei um nichts anderes als eine Fabrik für die Waffendrohnen der Antiker.
Atlantis verfügte längst nicht mehr über derartige Waffen. Während der Belagerung durch die Wraith jedoch hätten sie ihren gute Dienste leisten können. Rodney fand es eine ziemlich perverse Ironie des Schicksaals, dass sie erst jetzt den Sektor der Stadt gefunden hatten, in dem sich diese Fabrik versteckte.
Die Tatsache, dass es etwas wie sie überhaupt gab, war jedoch für ihn keine Überraschung gewesen. Die Antiker hatten ihre Technik schließlich auch nicht irgendwo im Supermarkt kaufen können, sie mussten sie irgendwo produziert haben – und wenn nicht in Atlantis, wo denn dann?
„Ich denke, auf jeden Fall, dass es sie interessierten wird, Rodney“, erklärte Weir ihm.
Rodney unterdrückte eine skeptische Bemerkung. Statt dessen versuchte er seiner Gegenüber wenigstens für den Moment etwas Aufmerksamkeit zu schenken und seine Gedanken von der Fabrik abzuziehen.
„Es ist jetzt drei Tage her, seit sie die Anlage gefunden haben, nicht war? Ich nehme an, Sie machen Fortschritte?“
„Nein, machen wir nicht. Und dadurch, dass sie mich aufhalten, wir das bestimmt nicht besser“, antwortete er aggressiv.
Weir lächelte für einen Moment und Rodney wurde klar weshalb. Sie wusste, genau wie sie mit ihm umzugehen hatte und hatte offenbar genau eine solche Äußerung aus ihm heraus kitzeln wollen, wie er sie gerade von sich gegeben hatte.
Verunsichert bemerkte er, wie sie kurz seine halbleere Kaffeetasse musterte und dann meinte: „Oh, nein. Ich habe nicht vor, Sie aufzuhalten.“ Sie beugte sich mit gefalteten Händen zu ihm vor. „Ganz im Gegenteil, ich will Ihnen mitteilen, dass Sie von nun an Hilfe bekommen.“
Für einen Moment blieb Rodney stumm. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie ihm helfen konnte. „Tss!“ machte er. „Hilfe welcher Art?“
„Die PROMETHEUS bringt bei ihrem kommenden Versorgungsflug jemanden von der Erde mit, um Sie zu unterstützen.“
McKay konnte nicht glauben, was er da hörte. „Mich zu unterstützen?“ kreischte er auf. „Elizabeth, ich kann nicht glauben, dass Sie das für nötig halten. Wir stehen erst am Anfang.“ Für ihn kam das einer persönlichen Beleidigung gleich. „Ich sagte, dass ich einige Tage brauchen würde, nicht, dass ich es nicht allein schaffe!“ erinnerte er sie, wütend darüber, die Worte im Mund herum gedreht zu bekommen. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er sich derartig geäußert hatte und nach einigen Tagen dann doch ein Ergebnis hatte vorweisen können.
Weir sah noch einmal auf die Tasse Kaffee, dann in Rodneys erschöpftes Gesicht. „Es war weder meine Idee, noch hat man mich gefragt“ erklärte sie ihm fest. „Dennoch halte ich es für produktiv.“
„ Produktiv?! “ Er konnte sich nicht vorstellen, wie ein Haufen Besserwisser von der Erde seine Produktivität steigern sollte.
„Rodney“, beschwor sie ihn. „Wir beide wissen, dass wir diese Technik dringend brauchen. Es gibt keine Garantie, dass die Wraith nicht zurückkehren.“
„Machen Sie Witze? Ich hab jede Nacht Albträume deswegen.“ Dann schluckte er aufgrund dieses Eingeständnisses und sah nervös woanders hin. Dies war nichts, das irgendjemand zu wissen hatte, aber wenn er wütend war, redete er immer ohne zu denken.
Weir sah ihn nur an. Inzwischen wusste er gar nicht mehr, was er tun sollte.
„Die PROMETHEUS braucht drei Wochen, bis sie hier ankommt“, beruhigte Weir ihn und meinte dann zuversichtlich: „Bis dahin haben Sie das Problem vielleicht schon gelöst und wir schicken sie wieder nach Hause.“
Rodney grummelte vor sich hin. Es gefiel ihm gar nicht derart die Pistole auf die Brust gesetzt zu bekommen, aber hilflos musste er erkennen, dass er nichts mehr einwenden konnte. Mit den Worten „Na, dann...“ erhob er sich, schnappte seinen Kaffee und trat so energisch, wie noch irgendwie möglich, seinen Rückzug zur Tür an.
„M-m-m-Moment!“ wirbelte er in plötzlicher Erkenntnis herum. „Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder?“
Weir verstand ihn offenbar falsch und begann jetzt selber etwas ungeduldig zu werden. „Doch, das ist es, Rodney“, erklärte sie ihm – noch – ganz ruhig.
„Neinneinnein. Sie verstehen nicht.“ Rodney griff sich mit der freien Hand an den Kopf und begann damit verzweifelt über die Langsamkeit der menschlichen Sprache zu gestikulieren. „Es ist Carter nicht, wahr? Sie kommt mit der PROMETHEUS!“
Weir lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Verzeihung, ich vergaß.“ Dann nickt sie. „Sie haben Recht. Wie ich hörte, haben Sie schon einmal mit ihr zusammen gearbeitet.“
Innerlich sackte Rodney in sich zusammen. Wenn schon jemand ihm seine Arbeit streitig machen musste warum dann ausgerechnet sie? Ein Haufen anonymer Techniker wäre weit unkomplizierter gewesen.
„Das kann man wohl sagen“, hörte Rodney sich reden. Ruhig. Unverbindlich. Wenigstens das machte er richtig.
„Ist das ein Problem?“ fragte Weir streng.
Etwas verhärtete sich in ihm. „Nein, wieso?“ antwortete er mit einer seiner Ansicht nach unverschämten Unschuldigkeit.
„Schön“, lächelte Weir. „Dann wären wir fertig.“
Damit war er entlassen. Rodney stellte fest, dass er bereits vor der Tür stand und ging kommentarlos hinaus, stapfte hinüber zum nächsten Transporter. Als sich dessen Türen hinter ihm schlossen, starrte er kurz auf das Display mit der Karte der Stadt und hob dann die Kaffeetasse. Der Kaffee war inzwischen mehr kalt als lauwarm, trotzdem kippte er ihn des lieben Koffeins wegen runter und verzog das Gesicht. „Wääh!“
Carter kam also nach Atlantis. Und immer noch nicht wusste er, ob er im Schutz des Transporters einen Freudentanz aufführen oder seine Tasse wütend gegen die Wand werfen sollte.

Lieutenant Colonel Samantha Carter saß in ihrem neuen Büro und arbeitete.
Seit fünf Wochen war sie nun Leiterin der Stargate Forschungs- und Entwicklungsabteilung für außerirdische Technologien in Area 51. Nach 8 Jahren im Weltraum war dies eine geradezu entspannende Tätigkeit.
Obwohl weder die Goa’uld noch aller Wahrscheinlichkeit nach die Replikatoren vollständig vernichtet waren, hatte die Erde auf absehbare Zeit erst einmal Ruhe. Die Bedrohung war vorüber und SG-1 hatte sich selbst aufgelöst. Sam hatte die Gelegenheit genutzt, um sich endlich mal wieder mehr den Technologien widmen zu können, die sie all die Jahre über immer wieder ungesehen hatte weggeben müssen.
Der Vorteil an Area 51 war, dass es keine zivile Einrichtung war, deren Leiter sich stets zum Großteil nur mit einem auseinander setzen zu hatten: dem Beschaffen von Geldmitteln. Dies hatte sie definitiv nicht nötig. Der offiziellen Staatskasse gingen genug Dollars verloren. Selbst wenn der Etat des Stargate Centers gekürzt würde, hätte das auf Area 51 keine Auswirkungen.
Damit bestand ihre Aufgabe hauptsächlich im gewährleisten des reibungslosen Funktionierens der Anlage selbst und in der Koordination der einzelnen Aktivitäten. Sie hatte die wichtigen Projekte zu fördern und wenn nötig die erfolglosen auch einzustellen. Die Forscher waren dabei dankbar, dass sie selber eine von ihnen war. Ihr Vorgänger hatte zwar ebenfalls studiert, sich dann aber gleich an den Schreibtisch und nie ins Labor gesetzt.
Der Überblick, den sie hier über die diversen laufenden Projekte hatte, war für sie jedoch ganz sicher nicht etwas von Wert an sich. Im Gegenteil lag der Vorteil gerade darin, dass der Schreibtischjob nur einen recht kleinen Teil ihrer Zeit in Anspruch nahm.
Diese Zeit hatte sie in den letzten Wochen gebraucht, als Cassandra allmählich realisiert hatte, dass ihre Adoptivmutter tatsächlich umgekommen war. Nach Janet war Sam wohl die Person, die ihr noch am nächsten stand und daher hatte Sam sich um sie gekümmert.
Inzwischen hatte Cassie sich wieder gefangen und Sam konnte sich den Dingen zuwenden, die sie ursprünglich nach Area 51 geführt hatten. Als Leiterin der Anlage hatte sie nämlich die Möglichkeit sich selber genau mit den Forschungen zu beschäftigen, die sie interessierten. Endlich konnte sie sich mal wieder intensiv mit einem wissenschaftlichen Problem auseinander zu setzten. Zur Zeit zum Beispiel widmete sie sich der Untersuchung der Energiezellen von DHDs und Goa’uldwaffen, die so etwas wie eine primitive Version von ZPMs zu sein schienen – und hatte ihren Spaß dabei.
Trotz dieser Vorteile hatte sie ihre Anstellung hier vorerst auf ein halbes Jahr begrenzen lassen. Ob sie auf Dauer hier arbeiten wollte, musste sich erst noch zeigen.
Das Telefon klingelte und eine auf ihrem Bildschirm erscheinende Meldung zeigte an, dass es ein Video-Gespräch war. Sie klickte mit der Maus auf Annehmen und sah in das Gesicht von General Landry, Jacks Nachfolger im SGC. Obwohl sie recht eng mit den Wissenschaftlern im Stargate Center zusammenarbeitete, hatte sie mit dem General gewöhnlich nichts zu tun.
„Colonel Carter. Ich hoffe ich störe Sie nicht.“
„Nicht wirklich, General“ antwortete sie wahrheitsgemäß.
„Schön. Wie es aussieht haben die Leute in Atlantis Probleme damit eine Anlage der Antiker zum funktionieren zu bringen. Es handelt sich wohl um eine Produktionsstätte für Waffendrohnen. Die PROMETHEUS startet morgen zu einem Versorgungsflug in die Pegasus-Galaxis. Um null-achthundert wird man Sie und Ihr Gepäck von Ihrer Wohnung aus an Bord nehmen.“ Der General gehörte gewiss nicht zu den Leuten, die lange rumfackelten. Sein plötzliches Anliegen überraschte und verärgerte Sam gleichermaßen.
„Bei allem Respekt, General...“ widersprach sie.
„Colonel, ich habe während meiner Laufbahn festgestellt, dass Sätze, die derartig anfangen, meist nur von sehr wenig Respekt zeugen...“ unterbrach er sie.
Doch Carter war nicht diejenige, die sich so leicht aufhalten ließ. „Ich bin kein Mitglied von SG-1 mehr“, belehrte sie ihn ungerührt. „Ich habe feste Verpflichtungen als Leiterin dieser Einrichtung.“ Was denkt er, wer er ist, dachte sie. „Was würden Sie sagen, wenn man von Ihnen verlangen würde, bis morgen Ihren Schreibtisch zu räumen?“
„Um Ihre Verpflichtungen machen Sie sich mal keine Sorgen. Wir werden dafür sorgen, dass der Laden auch ohne Sie weiter läuft. Außerdem haben Sie ja noch bis morgen früh Zeit, um Ihre Dinge zu regeln.“
Sam sah auf die Uhr, die in einer Ecke des Monitors eingeblendet war. 1613. Haha.
„...und bei allem Respekt, Colonel“, fuhr Landry mit unterdrücktem Grinsen fort, „mir wird das so schnell keiner sagen.“
Sam registrierte den Verweis hinter seinen Worten. In Gedanken versuchte sie sich klarzumachen, dass sie es vermutlich einfach nicht mehr gewohnt war, unbequeme Befehle zu befolgen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen hatte sie zuletzt entweder selber Befehle gegeben oder nur welche bekommen, die auch von ihr hätten stammen können. „Die Reise dauert 3 Wochen“, warf sie trotzdem ein. „Bis dahin hat sich das Problem vielleicht schon gelöst.“
„Sie finden notfalls schon was, um sich dort zu beschäftigen.“ Er lachte. „Und notfalls treten Sie halt einfach nur diesem McKay in den Hintern. Wie ich hörte ist er ein ziemlicher Painintheass – und was solche Dinge angeht, hat ein Jack O’Neill gewöhnlich recht.“
Unwillkürlich grinste Sam, wich aber zugleich etwas verlegen dem Blick der Webcam aus. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie Jack bei Landry über McKay hergezogen war.
„Ist die Sache damit geklärt, Colonel?“ fragte Landry. Es klang gemütlich, ganz so als wüsste er, dass er keinen Widerstand mehr zu erwarten hatte.
„Ja, Sir“, bestätigte Carter korrekt.
„Schön.“
Sie verabschiedeten sich kurz und dann trennte der General die Verbindung.
An McKay hatte Sam bei der Erwähnung von Atlantis zunächst gar nicht gedacht. Sie hatte den Doktor jetzt schon längere Zeit nicht vermisst. Er war auf seltsame Weise beleidigend und sympathisch zugleich gewesen. Zuletzt waren sie halbwegs gut miteinander ausgekommen, aber sie hatte keine Ahnung ob und inwiefern das reproduzierbar sein würde.
Erneut sah sie auf die Uhr und seufzte innerlich. Es gab einiges, was sie noch erledigen wollte, bevor sie hier fort musste und dabei war sie sich noch nicht einmal sicher, ob ihr bis jetzt alles eingefallen war. Aber letztlich würde sie es sich wohl leisten können, sich die nötige Zeit einfach zu nehmen – zum Schlafen würde sie an Bord der PROMETHEUS noch genügend Gelegenheit haben.
Das erste, aber was sie jetzt tun würde, war Jack anzurufen. Sie würde ihm mitteilen müssen, dass bald nicht nur die Entfernung Nevada-Minnesota sie trennen würde, sondern die gewaltige Distanz zwischen Milchstraße und Pegasus. Und das, fand sie, war für ihre Beziehung wirklich schlechtes Timing.

Rodney stapfte zurück in die Fabrikanlage. Es war eine große Halle von quadratischem Grundriss, was aber nur auf einer Karte zu erkennen war. Zu verschachtelt und mit teilweise bis an die hohe Decke reichenden Aggregaten zugebaut war dieser Ort, als das es mit blankem Auge ersichtlich gewesen wäre.
Schienen und Rohre führten von einer Station zu anderen, vorbei an ruhenden Robot-Instrumenten, verborgenen Manipulationsprojektoren und Sensorbatterien, liefen zusammen oder verschwanden erneut in klobigen wie auch unscheinbaren Maschinenblöcken. Überall wuselten seine Mitarbeiter herum, krochen in und über die Maschinen. Der Boden und die meisten ebenen Flächen war bedeckt mit irdischer wie diverser Alien-Technik, Glasfaserkabeln, Tablet-PCs, durchsichten Prozessorkristallen oder großformatigen Plänen auf Millimeterpapier.
Durch das wohlgeordnete Chaos bahnte sich Rodney den Weg zur Kaffeemaschine. Er nahm die Kanne heraus und fand darin nur einige spärliche Tropfen seines Lieblingsgetränks vor. Enttäuscht schob er sie wieder zurück.
„Was warr denn los?“ fragte Zelenka neben ihm mit seinem typisch tschechischen Akzent.
„Wir bekommen Unterstützung von der Erde“, antwortete Rodney mit gespielter Gleichgültigkeit.
„So?“ meinte Zelenka nur wenig interessiert. Kein Wunder, ihm konnte das ja auch egal sein.
„Ja“, bestätigte McKay und stierte einen Moment in der Anlage umher. „Wie weit sind Sie?“
„Nircht weiter als vorhin – wiir verfolgen immer nochh die Stromzufuhr vom ZPM zu den einzelnen Komponenten.“
„Schönschön“, meinte Rodney. Inzwischen war er der Meinung der ganzen Sache hier mehr Schwung geben zu müssen. „Wenn Sie damit durch sind, würde ich sagen, wir geben einfach mal Saft.“
Zelenka sah ihn zweifelnd an, hatte dann aber offenbar doch keine Einwände, die er selbst ernst nahm. „Okay“, meinte er nur und wandte sich ab.
Im Gegensatz zu Carter, die nicht auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein schien, leitete McKay ein ganzes Team von Wissenschaftlern. Dies gab ihm die Selbstbestätigung, die er brauchte. Nachdem er früher immer von den verschiedensten Leuten herumgestoßen worden war – von seinen Eltern angefangen bis hin zur Air Force noch im vorigen Jahr – hatte er nun das sagen.
Und seine Mitarbeiter akzeptierten ihn. Bei aller zur Schau getragenen Überlegenheit hatte er das tief im Inneren trotz seiner fachlichen Kompetenz und der Rückendeckung von Dr. Weir nicht erwartet. Doch es schien, dass er sich auf seine eigenwillige Art und Weise die Achtung des Teams erworben hatte, egal wie schwer er es ihnen manchmal damit auch machte. Das machte ihn irgendwie Stolz.
Doch Carter passte nicht in dieses Schema und brachte Rodneys neue Selbstsicherheit ins Wanken. Ihr fühlte er sich unterlegen und ihr hatte er nichts zu befehlen. Dieser Hauch von Hilflosigkeit ließ die Geister seiner Vergangenheit wieder aufleben. Das war etwas, das ihn schon jetzt zutiefst verunsicherte und das er irgendwie überdecken musste.
Dies war der Grund warum er schließlich auf die kleine, bebrillte Japanerin zeigte, deren Namen er sich nie hatte merken können. „Hey, Sie!“
Sie zuckte zusammen. „Ich?“ säuselte sie.
„Ja. Sie. Der Kaffee ist leer, hätten Sie bitte die Güte das zu ändern?“ schnauzte er.
Keine Schwäche zeigen, dachte er. Weder jetzt noch sonst-wann. Wenn Carter in 3 Wochen kam, würde sie nichts mehr vorfinden, mit dem sie sich würde beschäftigen können.

Der Abgrund zwischen den Galaxien war Sam unheimlich. Sie war es gewohnt zwischen den Sternen der Milchstraße zu reisen, fühlte sich dort schon zu Hause. Die Tatsache, dass die normale Entfernung zwischen zwei Sonnen zu groß war, als das man ohne Hyperantrieb keine Chance gehabt hätte sie zu überwinden, vermochte sie längst nicht mehr zu schrecken.
Jetzt jedoch befanden sie sich im Leerraum zwischen Milchstraße und Andromeda bzw. Pegasus und ihr gefiel nicht, dass sie hier mit einem gewöhnlichen Hyperantrieb genauso gestrandet wären, wie mit einem Sublichtmotor in der Milchstraße. Hier gab es 2,6 Millionen Lichtjahre nichts als etwas Strahlung und ein paar einsame Wasserstoffatome.
Große Abstände vermochten die Maschinen der Asgard jedoch nicht zu beeindrucken. Eines ihrer modernen Schiffe hätte die Entfernung in wenigen Stunden bewältigt. Die PROMETHEUS dagegen brauchte dafür 20 Tage – die Asgard hatten es für sinnvoll gehalten den Menschen einen Antrieb zur Verfügung zu stellen, den sie in seiner „Primitivität“ vielleicht sogar in absehbarer Zeit durchschauen konnten.
Auf Sam wirkten diese 20 Tage ziemlich einschläfernd. Sie hatte sich einen festen Tagesrhythmus zugelegt, damit sie nicht den halben Tag verschlief, nur um dann auch den restlichen Tag über müde zu sein. Sie setzte sich mit ihrem Laptop in ihre Kabine oder die Messe und arbeitete die Forschungsergebnisse über Antikertechnologie durch, die sie noch nicht kannte. Nur ab und zu unterbrach sie das – sozusagen zur Entspannung – für einen Missionsbericht aus Atlantis, auch wenn es sich bei den Berichten ebenfalls nicht um die leichteste Lektüre handelte.
Da sie von der PROMETHEUS-Crew einige Mitglieder allenfalls oberflächlich kannte, verbrachte sie auch das, was sie als ihre Freizeit definierte, nur mit ihrem Laptop, der dann meist ein eBook zum besten gab.
Als die PROMETHEUS schließlich, um die Ortungsgefahr zu reduzieren, gefährlich dicht am Planeten aus dem Hyperraum fiel, beobachtete Sam von der Brücke aus den Kommandanten der PROMETHEUS, wie er mit der Leiterin von Atlantis einige Floskeln austauschte.
Colonel Pendergast tat mit dem Flug der PROMETHEUS in die Pegasus Galaxie seine Pflicht. Es war jedoch ein offenes Geheimnis, dass der Mann viel lieber nahe der Erde geblieben wäre, statt diese durch Abwesenheit der PROMETHEUS schutzlos zurückzulassen. Entsprechend kamen die beiden Gesprächspartner schnell zu dem Punkt, an dem einfach die Transporter ihren Dienst aufnahmen, um die Fracht in die Lagerhallen von Atlantis zu beamen.
Nun war es auch an Sam, sich zu verabschieden – was ihr nicht schwer fiel – und nach unten gebeamt zu werden.
Wie immer brauchten ihre Augen einen Moment, bis sie sich vom gleißenden Licht des Asgard-Transporters erholt hatten, und der Rest von ihr einen weiteren Moment, um sich in der neuen Umgebung zu orientieren. Sam ließ ihren Blick durch etwas schweifen, das wohl der Kontrollraum war. Sie hatte den Neid in Daniels Augen förmlich hören können, als sie ihm am Telefon erzählt hatte, dass sie bald hier stehen würde.
Für einen Moment verharrte ihr Blick auf dem einzig Bekannten, den sie hier vorfand und das war Dr. McKay. Mit starrem Blick sah er irgendwo anders hin und ignorierte sie ganz offensichtlich.
Das kann ja heiter werden..., dachte sie. Dann richteten sich ihre Aufmerksamkeit auf die braunhaarige Frau in roter Uniform, die mit ausgestreckter Hand auf sie zukam. „Colonel Carter“, begrüßte sie sie. „Willkommen auf Atlantis.“
Sam erwiderte den Händedruck und lächelte, wie man es bei solchen Anlässen eben tat. „Danke.“
„Dies ist der Leiter des hiesigen Militärs, Lieutenant Colonel Sheppard“, stellte Weir vor. „Und Dr. Rodney McKay kennen Sie ja schon, wie ich hörte.“
„Hi,“ sagte Sam unverbindlich, als sie nach dem Colonel auch dem Doktor die Hand entgegenstreckte. Das er einen Vornamen hatte, war ihr neu.
Dieser ergriff ihre Hand hastig und sprudelte plötzlich hervor „Colonel Carter, es freut mich sie wieder zu sehen!“
Sams etwas aufgesetztes Lächeln verbreiterte sich. Überrascht von McKays spontanen Sinneswandel erwiderte sie jedoch erst einmal nichts.
„Colonel Sheppard wird ihnen jetzt Ihre Kabine zeigen“, hörte sie Weir sagen. „Soweit ich weiß, wird man auch Ihr Gepäck dort hin schicken.“
„Verzeihung, Elizabeth“, platze McKay vor, „aber wenn es Ihnen und Colonel Sheppard nichts ausmacht, würde ich gerne Colonel Carter zu ihrem Quartier bringen.“
Weir sah ihn überrascht an und schaute dann hinüber zu Sam, ob ihr das vielleicht nicht recht war. „Da sie beide sowieso zusammen arbeiten werden, warum nicht.“
Natürlich. Warum nicht, dachte Sam – aber bei McKays Verhalten wurde ihr zunehmend unwohler: Er strahlte sie mit einem Grinsen an, das er wohl für charmant, sie aber für ziemlich grausam hielt.
„Wenn Sie mir bitte folgen wollen... oder nein, eigentlich besser nach Ihnen“, korrigierte McKay sich und deute in Richtung des Korridors.
Als sie beide sich vor 2 Jahren verabschiedet hatten, hatte Carter ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt und sich einen Spaß daraus gemacht zuzusehen, wie er deswegen zu rotieren anfing. Jetzt schien es für sie, als ob sie die Rechnung dafür bekäme.
Innerlich seufzend folgte sie seiner Aufforderung und ging los.

Gewöhnlich kam Rodney nicht hier her. Er hatte zuviel Angst. Doch heute schien es ihm passend, wollte er Carter doch beeindrucken. Obwohl er wusste, dass es angeblich auch Piloten gab, die nicht schwindelfrei waren, glaubte er nicht, dass Carter dazu gehörte. Und offenbar behielt er recht.
„Wow“, machte sie, als sie furchtlos das Panorama betrachtete, welches sich ihnen bot.
Rodney ließ das Geländer der Wendeltreppe in der Mitte der Plattform los und ging langsam, dem hier oben blasenden Wind trotzend, zu dem Geländer, welches die Plattform auf der Spitze des Turms begrenzte. Fest umschlossen seine Hände das Metall. „Nicht wahr!“ bestätigte er. „Ich komme oft hier her.“ Er musste schreien, um die brausenden Luftmassen zu übertönen. Entschlossen richtete er den Kopf nach unten und folgte dem Verlauf des Turms bis zu seinem Fundament. Ja, es war tief, aber das Geländer bot ihm hinreichende Sicherheit, wozu also die Furcht...
Sie befanden sich auf der Spitze eines der seitlichen Türme von Atlantis, von dessen einer Hälfte aus man den Ozean und von dessen anderer Hälfte aus man die schwimmende Stadt mit ihren anderen Türmen, dem Zentralturm und den sternförmigen Ausläufern bewundern konnte. Ein wenig von der Stadt verdeckt konnte man sogar die gelandete DAEDALUS erkennen, wie sie auf einer der freien Flächen stand, die wie für sie gemacht schienen. Gischtend brandeten unten die Wellen gegen das langsam ansteigende Metall und spritzen schließlich an sich auftürmenden Mauern empor.
Rodney schaute lieber wieder hoch zu Carter, die sich am Panorama noch nicht satt gesehen hatte. Ihr kurzes, blondes Haar wurde vom Wind wie von einem gewaltigen Fön in eine Richtung geblasen.
Halbherzigerweise versuchte er nett zu ihr zu sein, ein bisschen von CaptainKirk-Sheppard abzuschauen. Doch er kannte sich gut genug, um dieses Verhalten als eine seiner Schwärmereien abzutun, aus denen nie etwas wurde. Er selbst war noch zu unbetroffen, um ernsthafte Schritte zu unternehmen und von der anderen Seite erhielt er auch nie Unterstützung. Zumal Carter ihn sowieso hasste.
...und er nicht vergessen hatte, wieso sie hier war!
Die drei Wochen waren leider nicht so verlaufen, wie Rodney sie sich vorgestellt hatte. Nach einigen weiteren fruchtlosen Tagen in der Fabrik war Sheppard erschienen und meinte es wäre ihm egal, wie wichtig es wäre was er da tat. Er bräuchte ihn bei einer Mission.
Also waren sie durch das Stargate gegangen und kehrten erst nach einigen Tagen zurück, wo Rodney von einem übermüdeten Zelenka empfangen wurde, der ihm mitteilte, dass sie Langreichweitensensoren von Atlantis spinnen würden. Auch das wiederum kostete nicht nur ihn mehrere Tage...
Inzwischen war Rodney in der Fabrik an einem toten Punkt angekommen. Zwar war er längst nicht mit seinem Latein am Ende, dennoch wusste er nicht so recht, wohin als nächstes.
Aber das bedeutete nicht, dass er auf Carters Hilfe angewiesen wäre.
„Gehen wir wieder rein?“ fragte er und nachdem sie zugestimmt hatte, ging er vorsichtig über die luftige Fläche zurück zur Wendeltreppe, die ihn schnell ein Stockwerk nach unten brachte, wo es keinen Wind und massive Begrenzungen nach allen Seiten gab.
Einige Belanglosigkeiten schwätzend führte er sie zum nächstgelegenen Transporter, welcher die nächste Attraktion darstellte. „Das wird ihnen gefallen.“ Zielsicher tippte er mit dem Finger auf den schmutzabweisenden Touchscreen und beobachtete, wie sich die Türen schlossen. Ein kurzes Schaudern überkam ihn und dann öffneten sich die Türen wieder zu einem Korridor, der sich in nichts von dem unterschied, aus dem sie gekommen waren.
Zögerlich verließ Carter die Kammer und fragte „Sind wir...“
„...transportiert worden?“ ergänzte er triumphierend. „Ja! Etwa einen knappen Kilometer in der Ebene.“
„Fühlte sich an wie ein Ringtransporter.“
Rodney strahlte. Jetzt konnte er ihr zeigen, was er drauf hatte und sie zu seiner Befriedigung nicht wusste. „Das ist nicht ganz richtig!“ korrigierte er. „Die Materialisationsprozesse verlaufen tatsächlich ähnlich wie einem Ringtransporter. Der Transport des Materiestroms erfolgt jedoch nicht in schirmenden Subraumfeldern, sondern in speziellen Leiterbahnen, die sich durch die Stadt ziehen!“
Carter nickte zu seiner Befriedigung anerkennend. Dann setzte er die Tour fort.

Sehr, sehr gefährlich! stand auf dem Pappschild mit Filzstift geschrieben Nicht anfassen. McKay. Auffällig thronte es über dem Naquada-Generator.
Unwillkürlich grinste Sam. Das passte eher zu McKay als sein künstlich-freundliches Gehabe. Doch schnell wurde sie wieder ernst. „Was haben Sie getan?“ fragte sie ihn und musterte den Generator.
„Nichts, wieso?“
„Das Schild“, meinte Sam. „Es hört sich für mich an, als hätten sie irgendetwas am Gerät verändert, was diesen Hinweis rechtfertigt.“
„Es ist ein Naquada-Generator, kein Plastikmodell. Wissen Sie, wieviel Sprengkraft diese Dinger haben?“ fragte McKay jetzt doch etwas aufgekratzt.
„Etwa zweieinhalb Megatonnen, wenn sie frisch befüllt sind“, kam es sofort von Sam. „Aber die werden nicht einfach so freigesetzt.“ Tatsächlich musste man sehr genau bescheid wissen, um ihn zur Explosion zu bringen. Sie tat dies, denn sie hatte die ersten Prototypen gebaut und auch dieses kleine Serienmodell war weitgehend auf ihrem Mist gewachsen. Fürchten tat sie diese Maschinen also ganz gewiss nicht.
„Klar. Ich will nur nicht, dass hier irgendwelche Laien kommen und... daran herumpfuschen“, erwiderte McKay nicht sehr überzeugend.
„Sie wollen Eindruck schinden?“ ließ Sam amüsiert und der Vorsicht halber mit etwas Unglauben vermischt verlauten. Für sie war die Sache klar. Eine Unterschrift gehörte nicht auf einen ernstzunehmenden Warnhinweis, auch nicht auf einen aus Pappe. Das McKay derartig sein Revier markierte fand sie allerdings irgendwie nett.
Einen Moment blickte McKay sie starr an. „Gehen wir was Essen?“ startete er ein bewährtes Ablenkungsmanöver. Offensichtlich hatte sie genau ins Schwarze getroffen.
„Ich wäre eigentlich eher dafür, dass Sie mir die Anlage für die Waffendrohnen zeigen“, erwiderte sie. „Sie haben mir jetzt soviel von der Stadt gezeigt, aber langsam interessiert mich die Sache, wegen der ich hier bin.“
McKays Mine verfinsterte sich mit einem Mal. „Ach, ja? Und was sollte das bringen?“ Alle Freundlichkeit war auf einmal dahin.
Dies war es also: das Abwehrfeuer, was sie erwartet hatte.
„Ich könnte Sie unterstützen“, antwortete sie noch ganz unbeschwert.
„Ha! Wie denn?! Was wissen Sie denn schon von Antikertechnologie? Sie sind ein Jahr hinterher.“
Der Einwand hatte etwas für sich, denn sie war nicht unbedingt die Expertin. Trotzdem glaubte sie hilfreich sein zu können. Sam überlegte sich, ob es wirklich nötig war ihn über ihre Qualifikationen aufzuklären. Er kannte sie, dies konnte kaum sein eigentlicher Weigerungsgrund sein. Trotzdem tat sie ihm den Gefallen. „Ich habe 8 Jahre lang Technologien von den verschiedensten außerirdischen Völkern studiert – einschließlich Technik der Antiker.“
„Ja“, stieß er aus und es klang wie ein Fluch „Und sie haben eine Sonne gesprengt!“
„Ich wusste, dass Sie das beeindrucken würde“, erwiderte sie sarkastisch. ...wenn man als Jugendlicher gerne eine Atombombe gebaut hätte.
„Das heißt aber noch lange nicht, dass Sie hier zurecht kommen werden“, unterstellte er. „Dies hier ist weit hinter Ihrem Horizont.“
Sie konnte sich noch gut erinnern, als plötzlich so ein eingebildeter Schnösel im SGC aufgetaucht war und anfing, sich in ihre Angelegenheiten zu mischen. Er hatte ein bisschen in einem Simulationsprogramm rumgeklickt und glaubte zu wissen, was ein Stargate konnte und was nicht. Vermutlich fühlte McKay sich gerade ähnlich, war sie denn so anders?
Ja, beantwortete sie die Frage. Ich sage ihm schließlich nicht, dass jeder Versuch Teal’c aus dem Backupspeicher des Tores zu retten sinnlos ist.
„Wir haben ebenfalls einen Puddle Jumper“, ließ sie verlauten. „Den nehmen wir gerade vollständig auseinander. Ich nehme an, sowas haben Sie noch nicht getan...“ Da diese Schiffe hier ständig gebraucht wurden, konnte man es sich sicher nicht leisten einen Jumper in einen Haufen interessanter Einzelteile zu verwandeln.
McKays Reaktion zufolge hatte sie damit recht.
Zwar war sie selber nur wenig an dieser Demontage beteiligt gewesen, aber das wusste McKay nicht – und es schien ihn derart zu beeindrucken, dass sie damit zumindest seinen Vorwand ausgeräumt hatte.
Er sah sie finster an, doch offensichtlich fiel ihm keine Erwiderung ein, was ihn bestimmt nicht fröhlicher werden ließ. „Na toll. Dann kommen Sie mit“, knurrte er schließlich und wandte sich ab.

Brodelnd vor Wut hatte Rodney sie also zur Halle geführt. In diese war inzwischen Ruhe eingekehrt, was den Vorteil hatte, dass es keine Zeugen ihrer Konfrontation gab.
Zehn Minuten hatte er Carter sich bereits umsehen lassen – ohne jede Erklärung seinerseits. Entsprechend konnte sie sich gar nicht zurecht finden, selbst wenn sie sich das noch so einbildete. Nicht einmal er hatte einfach so durch die Anlage schlurfen und sie im Vorbeigehen verstehen können.
Zu seiner Befriedigung stellte er fest, dass sie zunehmend beleidigter reagierte. Ein Teil von ihm wünschte, dass sie einfach wieder ihre Sachen packte und durch das Stargate nach Hause zurückkehrte.
Jetzt stand sie wieder vor ihm, der sich gelangweilt an eines der Aggregate gelehnt hatte. „So geht das nicht weiter“, schimpfte sie. „Wenn Sie wollen, dass diese Anlage funktioniert, dann helfen sie mir jetzt gefälligst! So wie ich das sehe, kommen Sie ja wohl alleine nicht weiter.“
Rodney platze der Kragen. „Wer denken Sie eigentlich wer Sie sind?“ schleuderte er ihr entgegen. „Glauben Sie alle Welt wartet auf Sie als große Retterin, die extra aus einer anderen Galaxis eingeflogen werden muss?! Dass Sie einfach nur vorbeischauen müssen, um alles wieder einzurenken? Glauben Sie vielleicht Sie sind Held in so einer TV Serie, wo sich für jedes Problem eine Lösung findet, völlig egal, ob man davon je was gehört hat, völlig egal ob man vielleicht dabei das Ende der Welt riskiert. Hat das ewige Gewinnen Ihren so Kopf verdreht, dass Sie glauben einfach nur mit den Fingern schnippen müssen und eine Femtosekunde später fangen hier die Lichter an zu leuchten?“
Er hatte sich in Rage geredet. Die Worte waren einfach so aus ihm hervorgesprudelt und hatten aus seiner Seele gesprochen ohne dass er sie sich je zurecht gelegt hätte.
Carter sah ihn mit einem Blick an, der jemand anderen wohl in ein Wölkchen verwehendes Plasma verwandelt hätte. Sie mahlte mit den Zähnen und hätte in diesem Moment wohl auch Granit zermalmt. Er konnte förmlich die Denkblase sehen, was er denn für eine Rolle im Fernsehen spielen würde.
Als sie dann sprach, klang es jedoch zu seinem Entsetzen versöhnlich. „Hören Sie... McKay.“ Deutlich konnte er die Wut sehen, die sie in diesem Moment der Verdauung zuführte. „Als Sie damals zu mir ins SGC kamen, wollte ich auch nichts mit Ihnen zu tun haben. Sie beschnitten meine Kompetenz und machten mir die Hölle heiß... Trotzdem denke ich, dass wir zum Schluss gut zusammen gearbeitet haben. Vielleicht würde ohne Ihre Hilfe die Erde gerade an einem nuklearen Winter zugrunde gehen.
Außerdem sagt ja niemand, dass ich diejenige bin, die demnächst eine Lösung findet. Manchmal hilft es mir zum Beispiel einfach über ein Thema zu reden und dann erst kommen mir die Ideen.“
Es war zum heulen. Er beleidigte sie und was tat sie? Sie machte ihm Komplimente, gab ihm sogar die Möglichkeit auf sie einzugehen und trotzdem das Gesicht zu wahren.
Verzweifelt stellte er fest, ein weiteres Sperren nicht weiter rechtfertigen zu können. Natürlich hatte sie recht, so wie sie bisher immer recht gehabt hatte. Also versuchte er den Rest seiner Vernunft zusammenzuklauben und gefälligst zu tun, was zu tun war.

Fast drei Stunden lang erklärte Rodney ihr die Anlage. Nachdem er dies anfangs noch mit großem Widerstreben getan hatte, hatte er beobachten können, wie sein Widerstand schrumpfte. Carter war sehr hartnäckig darin alles zu verstehen, was er ihr sagte und fand sich schnell zurecht. Wäre das nicht so gewesen, hätte er die Sache nach fünf Minuten hingeworfen. So jedoch begann sogar Gefallen an der Sache zu finden.
„Was haben Sie überhaupt inzwischen alles für Tests vorgenommen?“ fragte sie ihn schließlich.
„Zunächst haben wir die Energiezufuhr geprüft. Sie ist in Ordnung“, erklärte er den offensichtlich ersten Schritt. „Dann haben wir die diversen Verbindungen zwischen den einzelnen Geräten geprüft...“
„Alle?“ unterbrach sie ihn ungläubig.
„Natürlich nicht! Wir haben Stichproben und Augenscheinkontrolle gemacht. Wenn wir wirklich alle Leitungen kontrollieren wollten, wären wir in hundert Jahren nicht fertig!“ Das schien sie zu schlucken. „Dann haben wir die Geräte selber geprüft. Es gibt Diagnoseprogramme, welche die Funktionsfähigkeit eines jeden hier fest installierten Schaltkreises prüfen“, erklärte er ihr.
„Und woher wissen Sie, ob die Programme zuverlässig funktionieren?“
Er starrte sie an, wie vom Blitz getroffen. Das war es!
„Ich hasse Sie...“ knurrte er, doch hoffentlich war auch ihr klar, dass dieser Ausspruch eher gegen ihn selbst gerichtet war.
Natürlich wusste er, dass diese Programme nicht zuverlässig waren. Er arbeitete oft und erfolgreich mit ihnen, trotzdem waren sie nicht unfehlbar. Er wusste das! Warum war es ihm nicht früher eingefallen?
„Gibt es eine Möglichkeit zu prüfen, ob das Programm selber korrekt arbeitet?“
„Ja, ja“, erwiderte er genervt, denn er brauchte einen Moment Ruhe. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es das ist...“
„Oder gibt es eine Möglichkeit, dass Programm gründlicher laufen zu lassen?“
„Es gibt kein Häkchen gründliche Prüfung, das man setzten könnte, falls sie das meinen.“ Dabei fehlte ihm jeder Sarkasmus. Dafür war er viel zu in Gedanken. „Nein, aber vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit...“
Zerstreut lief er Slalom durch die Fabrik, um eine ihrer Wände zu erreichen, die vollständig mit verschiedenen Displays überzogen war. Zielsicher startete er dort einen Editor.
Dieser zeigte den vertrauten Quellcode des Diagnoseprogramms in Form von Kästchen voller Anweisungen, die keiner so wirklich verstand, aber die wohl vorgegebene Messprozesse waren. Die Kästen waren wild miteinander verbunden und symbolisierten vermutlich Datenströme und Zeitabläufe.
Wortlos begann er zu arbeiten, während Carter ihm über die Schulter sah. „So wie ich das sehe, gibt das Programm Anweisungen an die Komponenten der Geräte und lässt messen, ob sie sich wie gewollt verhalten“, erklärte er hektisch, als ihm einfiel, dass Carter eine Erklärung seines Tuns verdiente. „Ich kopiere jetzt einfach gnadenlos Anweisungen von völlig anderen Geräten in die Diagnose der Fabrik. Vielleicht werden so Komponenten angesprochen, die bisher vom Programm unbeachtet blieben.“ Schnell warf er einen Blick zurück zu Carter. Es war ziemlich verrückt, was er da tat und er erwartete Widerspruch.
„Sind die Fehlermeldungen, die durch sinnlose Befehle entstehen eindeutig genug, um sie von einem echten Fehler unterscheiden zu können?“
Gute Idee. „Ja. Und ich glaube, ich kann diese Meldungen alle unterdrücken.“ Die paar Dinge, die er an diesem Editor begriff, beherrschte er inzwischen ziemlich souverän und so folgen seine Finger immer schneller über die Kontrolltafel.
„Wenn Sie einen elektrischen Widerstand testen wollen“, begann Carter plötzlich, „und Sie legen dazu eine zu große Spannung an, verraucht der Widerstand einfach.“
Rodney hielt kurz inne. „Kein Antikergerät wird eine zerstörerische Anweisung von einem Diagnoseprogramm entgegennehmen“, meinte er dann. „Also wird uns auch nichts abrauchen.“
„Aber Sie sind sich nicht sicher?“ hakte sie nach. „Dies hier wird von einem ZPM angetrieben, uns könnte alles um die Ohren fliegen.“
„Natürlich bin ich mir sicher!“ Natürlich war er das nicht.
„Sie sind ein wahnsinniger Irrer.“
Er fuhr herum, wütend darüber, dass sie glaubte zu wissen, was Antikertechnik konnte und was nicht, nur weil sie in ein paar Berichten geblättert hatte.
Doch ehe er etwas erwidern konnte schüttelte sie auch schon entschuldigend den Kopf, als wollte sie sagen Vergessen Sie’s. Es war nicht ernst gemeint.
Er verstand. Wahnsinnige Irre. So hatte er sie einst genannt, weil er einen ihrer verrückten Pläne für zu riskant gehalten hatte. Dennoch hatten sie ihren Plan damals durchgeführt – und er hatte funktioniert.
„Ich meine: Es ist natürlich ein Risiko“, relativierte sie und straffte sich. „...aber ich teile Ihre Einschätzung.“
Befriedigt wandte sich Rodney wieder der Konsole zu. Wahnsinniger Irrer, wiederholte er in Gedanken. Aus ihrem Mund hörte sich das wie ein Kompliment an.

Die erste Hürde war also genommen. McKay ließ sie ihren Job machen. Das die Sache jedoch ausgestanden war, glaubte Sam jedoch nicht. Im Gegenteil: Nachdem sie sich vorhin so meisterhaft beherrscht hatte, glaubte sie nicht ihn noch einmal derartig mit Samthandschuhen anfassen zu können – völlig egal wie spannungsabbauend das wirkte. Der Gedanke, er könne während seinem Ausbruch zumindest ein Körnchen Wahrheit tangiert haben, kam ihr nicht.
Nachdenklich drehte sie das Gerät in ihren Händen. Ihr zusammen geklempnertes Diagnoseprogramm hatte tatsächlich funktioniert und das Gerät als schadhaft gemeldet, woraufhin sie es gesucht und ausgebaut hatten. Es handelte sich um einen flachen, schwarzen Quader von vielleicht 40cm Länge in dessen Oberseite ein bläulicher Kristallspeicher eingelassen war.
Vorteil der Antikertechnik war ihr modularer Aufbau, der das Entfernen des Gerätes erst möglich gemacht hatte. Nachteil war die umfassende Verschachtelung der Module, wegen der sie erst die halbe Maschine hatten auseinander nehmen müssen, in der es sich befunden hatte.
Sie hatten das kaputte Teil gefunden, doch was machten sie jetzt damit?
„Haben Sie schon mal versucht den CPU von Ihrem PC zu reparieren?“ fragte McKay frustriert.
Natürlich hatte sie das nicht. Die Idee war illusorisch. „Okay. Da haben sie recht, aber der innere Aufbau zeigt nicht nur eine fehlerhafte Stelle“, verteidigte sie ihre Idee das Modul erst einmal zu durchleuchten. „Vielleicht finden wir dadurch raus, was es überhaupt ist und können dann nach etwas Vergleichbarem suchen...“
Unwillig nahm McKay ihr das Ding aus den Händen. Er wendete es mehrfach und zeigte dann auf die Unterseite des Moduls. „Eine Ahnung was da steht?“
Sam besah sich die Stelle. Da waren einige Antiker-Symbole, wie sie auch an anderen Stellen zu erkennen waren. „Keine Ahnung“, schüttelte sie den Kopf. „Ich wüsste aber auch nicht, was uns das sagen sollte.“
„Tss! Wir suchen nach Ideen! Und vielleicht steht da ja... was weiß ich... mindestens haltbar bis. Das würde uns dann sagen Aha, man muss es regelmäßig austauschen, also muss es irgendwo Ersatz geben. “ Sam runzelte die Stirn. Kam ihr ziemlich weit her geholt vor. „Wie wär's wenn Sie einfach mal Ihr philosophierendes Sprachengenie mit der komischen Brille fragen? Vielleicht weiß er, was es heißt.“
Damit meinte er wohl Daniel. Sie versuchte ihren missbilligenden Blick zu unterdrücken. „Ist gut“, meinte sie hoffentlich beherrscht. „Jetzt aber was anderes: Was haben Sie hier überhaupt für bildgebende Geräte...?“ Sie war nicht bereit ihre eigene Idee aufzugeben.

Jeden Tag wurde in Atlantis mit Hilfe des ZPMs für etwa eine Sekunde eine Stargateverbindung zur Erde hergestellt und in beiden Richtungen Daten übertragen. Gewöhnlich wurde auf Echtzeitkommunikation verzichtet, um Energie zu sparen und das wertvolle ZPM zu schonen.
Gestern hatte Sam eine Nachricht an Daniel geschickt, ob er ihnen bezüglich der Schriftzeichen auf dem Modul weiter helfen könnte. Seitdem hatte sie mit McKay dem hiesigen Arzt seinen Röntgentomografen streitig gemacht, um das defekte Gerät zu untersuchen. Sie hatten einige sehr schöne Bilder erhalten, aus denen sie aber bisher nicht schlau wurden. Heute erwartete sie Antwort von Daniel.
Sam betrat einen Raum, in dem einige gewöhnliche PCs aufgestellt worden waren. Hier wollte sie Daniels Antwort abzurufen.
Ein Mann im blauen Hemd der hiesigen Wissenschaftler mit etwas wirrem, braunen Haar und einer Brille war gerade im gehen begriffen. Sie hielt ihn an.
„Entschuldigung. Sie sind Dr. Zelenka, nicht wahr?“
Ihr Gegenüber musterte sie von oben bis unten. „Derr bin ich. Ich nehme an, Sie sind Colonel Carter.“
„Bin ich“, bestätigte sie. „Sehr erfreut.“ Sie schüttelten sich die Hände. „Haben Sie zufällig Dr. McKay gesehen?“ Sie glaubte, dass ihn die Nachricht vielleicht auch interessieren würde.
„Sie kommen also auch nircht mit ihm klar?“ fragte Zelenka resigniert.
„Wie kommen Sie darauf?“, fragte sie etwas verwirrt.
Der Doktor zuckte mit den Schultern. „Die Art wie Sie seinen Namen sagen... Ich dachte miir gleich, dass Sie nicht so gut mit ihm auskommen, wie er erzählt...“
„So?“ fragte sie mit aufkommender Neugier. „Was erzählt er denn?“
Betroffen sah Zelenka sie an. Erst jetzt schien ihm bewusst zu werden, auf was für dünnes Eis er sich gewagt hatte. „Oh, nirchts“, beteuerte er ihr und lachte. „Jedenfalls nirchts was Sie wissen müssten!“
Okay... Sie wollte den Mann nicht drängen, zumal sie sich kaum vorstellen konnte, dass McKay es wagte irgendetwas ernsthaft zweifelhaftes über sie zu erzählen.
Das hoffte sie zumindest...
„Was ist mit Ihnen?“ fragte sie statt dessen. „Wie kommen Sie mit ihm klar?“
Er seufzte. „Garr nircht“, antwortete er lakonisch. Dann schnitt er eine Grimasse und schien noch einmal über seine Antwort nachzudenken. „Das heißt eigentlich denke ich, dass wiir mit der Zeit fast so etwas wie...“ er machte eine unbestimmte Geste „...Freundschaft entwickelt haben.“
„So etwas wie Freundschaft?“ echote Sam.
„Englisch ist Ihre Sprache, nircht meine. Vielleicht finden Sie ja ein besseres Wort.“ Mit diesen Worten ging er.
Sam sah ihm hinterher und fragte sich, ob das Wort, nach dem Zelenka suchte, Hassliebe hieß. Etwas anderes konnte sie sich schlicht nicht vorstellen.
Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass die Nachricht inzwischen da sein musste. Auf den PCs gab es ein Programm, das die durch das Tor ausgetauschten Nachrichten ähnlich wie eMails handhabte. Wenn man von lauter Alientechnik umgeben war, schuf so etwas ein Gefühl der Vertrautheit.
Tatsächlich fand sie eine Übertragung von d.jackson(sgc)@earth an s.carter(atlantis)@atlantis. Sie enthielt eine Reihe Dateien in verschiedenen Formaten, sowie ein Video mit dem bezeichnenden Namen Watchme!!, welches ziemlich groß war. Aber über solche Dinge musste man sich hier gewiss keine Gedanken machen.
„Hi Sam!“ erschien Daniels Gesicht auf dem Monitor. Er trug noch immer diesen Bart. Sie fand, dass er ihm nicht stand, aber er hatte gemeint, er wäre inzwischen zu faul geworden sich jeden Tag zu rasieren und gegen dieses Argument war sie nicht angekommen.
„Danke für die Grüße, ich hoffe ich werde irgendwann mal dazu kommen, selber Atlantis zu besuchen“, fuhr Daniel fort. „Bei uns ist alles in Ordnung, nur soll ich dich von Mitchell noch mal bitten, dass du wieder zu SG-1 kommen sollst.“
Sie seufzte. Kaum hatte sie sich dazu durchgerungen SG-1 den Rücken zuzukehren, verlangte man von ihr, dass sie wieder zurückkam. Das diese Ori dafür einen Grund liefern sollten, war sie nicht bereit zu akzeptieren. So schlecht war das Universum nicht, dass es einem genau dann eine neue Bedrohung lieferte, wenn man die alten beseitigt hatte.
„Inzwischen möchte ich mich dem anschließen“, meinte Daniel zu ihrem Unbehagen. „Mitchell traut sich zwar bisher nicht mir oder Teal’c irgendwelche Befehle zu geben, aber es wäre mir lieber, wenn auch offiziell jemand das sagen hat, der etwas mehr als gar keine off-world Erfahrung hat...“
Frag mich das in 4 Monaten noch mal, dachte sie. Eigentlich wollte sie einfach nur mal eine Weile in Area 51 verbringen...
„Jetzt zu deiner Frage, Sam.“ Er blickte kurz auf irgendeinen Punkt seines Schreibtischs, den sie nicht sehen konnte. „Es ist mir tatsächlich gelungen das meiste zu übersetzen. Die Symbole über den Buchsen...“ Sam drückte auf die Leertaste und Daniels Bild erstarrte. Sie winkte McKay zu, der in der Tür erschienen war. „Die Antwort ist da“, rief sie zu ihm herüber.
McKay stellte sich hinter sie und Sam fuhr die Aufnahme ein Stück zurück. „...zu übersetzen. Die Symbole über den Buchen sind wohl technische Daten. Ich hab es einfach mal übersetzt und umgerechnet, vielleicht sagt dir das ja was. Dann gab es da noch diese zwei Zeilen auf der Unterseite des Geräts. Ich vermute mal, das ist genau das, um was es dir hauptsächlich ging.“
Hinter ihr schnaubte McKay auf. „Ha! Ihre Idee, nicht wahr!“
„Ich habe nichts dergleichen behauptet!“
„...glaubst oder nicht, da steht wirklich Hergestellt in. Dann kommt da etwas, das ich mit Technologieschmiede übersetzten würde. Dann ein Eigenname: Cestus B.“
Sam glaubte es nicht. Etwas besseres hätte ihnen wohl kaum passieren können. Made in Cestus B. Es war zum lachen, aber gab ihnen genau den Hinweis, den sie brauchten, nämlich wo sie vielleicht Ersatz für ihr defektes Gerät finden konnten.
„Bringt ohne Toradresse natürlich recht wenig“, dämpfte Daniel sofort ihre Begeisterung – jedoch mit einem höchst zufriedenen Lächeln. „Daher habe ich mich mal schlau gemacht. Die Daten, die wir bisher von euch aus Atlantis bekommen haben, füllen hier ja ein paar Schränke, man muss schon genau wissen, wonach man sucht. Tatsächlich gibt es da einen Eintrag über Cestus mitsamt Karte der Technologieschmiede und der Toradresse. Ich hab alles noch mal der Nachricht beigefügt“, grinste er in die Kamera. „Gut, ich glaube das wär dann alles. Heute kann es auf dem Planeten natürlich alles anders aussehen als in den Aufzeichnungen. Wenn ihr also da hin geht: viel Glück.“ Das Bild erstarrte, als die Aufzeichnung zu ihrem Ende kam.
„Wow.“ Sam ließ die Erkenntnisse einen Moment auf sich wirken.
„Er ist gut!“ erkannte McKay an.
„ In der Tat“ , zitierte sie. „Und Sie hatten recht.“
„ Natürlich hatte ich das.“
Nach ein paar netten Worten gleich wieder der alte, dachte Sam und fühlte eine ungewohnte Aggressivität in sich hochsteigen. „Glücktreffer...“ konnte sie sich nicht verbeißen. Sie fragte sich, ob es irgendwann vielleicht möglich wäre so etwas wie freundschaftliche Konkurrenz mit ihm zu entwickeln. Etwas, das sie beide anspornte, aber nicht in ständigen Zugzwang presste.
„ Cestus... Gab’s da nicht einen Planeten bei Star Trek, der so ähnlich hieß? Was ist denn das für ein Zufall?“
Sam erwiderte bewusst nichts. McKay musste nicht wissen wie gut sie Science Fiction-Serien kannte – und sich darüber lustig machte. Womöglich hätten sie rausfinden müssen, etwas gemeinsam zu haben...

Sie versammelten sich im Konferenzraum. Außer Rodney waren wie üblich Weir, Sheppard und Teyla anwesend. Ungewöhnlicher war die Anwesenheit von Carter, während Zelenka aus unterschiedlichen Gründen in letzter Zeit öfters bei Besprechungen dabei gewesen war. Rodney argwöhnte, dass er heute vor allem da war, um ihn und Carter auseinander zuhalten.
Wer fehlte war natürlich Ford. Eigentlich hatte Rodney ja mehr gute Bekannte als echte Freunde, aber jetzt wo Aiden Ford verschwunden war, fehlte er ihm doch irgendwie – und zwar nicht nur, weil es jetzt einer weniger war, der ihm im Zweifelsfall Feuerschutz geben konnte. Ständig erwartete er, dass Ford gleich zur Tür reinkommen und sich für die Verspätung entschuldigen würde.
„Wie ich hörte, haben die Nachforschungen von ihnen beiden“, Weir sah dabei ihn und Carter an, „Früchte getragen“, eröffnete sie die Besprechung. „Also. Was haben sie anzubieten?“ fragte sie gespannt.
Obwohl es nicht allgemein bekannt war, überlegte sich Rodney sehr wohl manchmal im Voraus, was er sagen wollte. Dies war eine dieser Situationen. „Wie sie ja alle wissen, arbeiten wir an einer Fabrikationsanlage für die Waffendrohnen der Antiker. Bisher hat sie nicht funktioniert, aber inzwischen haben wir unter einigen Mühen herausgefunden, woran das liegt.“ Er machte eine kurze Pause. Einerseits, um die Leistung angemessen zu würdigen und andererseits, damit er sich nicht anfing sich zu verhaspeln, was immer die Gefahr war, wenn man sich vorher etwas zurechtgelegt hatte. „Wir haben eine Komponente gefunden, die defekt ist. Zwar sind wir nicht in der Lage, sie zu reparieren, aber mit der Hilfe von Dr. Jackson auf der Erde, haben wir einen Hinweis auf den Herstellungsort erhalten.“
„Verzeihung. McKay“, unterbrach Sheppard. „Aber was genau meinen Sie mit Herstellung? Noch eine Fabrik oder was?“
„Ja, Colonel, darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen!“ Leider gab es in diesem Raum keinen Beamer oder – noch cooler – einen Holoprojektor, mit dem er die dreidimensionale Karte der Cestus-Fabrik hätte zeigen können. „Auch die Antiker mussten auf eine industrielle Infrastruktur zurückgreifen. Selbst in Atlantis konnten sie nicht alles alleine Herstellen. Auf 8045KG befindet sich eine Fabrik in der offenbar das Gerät, was wir brauchen, in Masse produziert wurde.“
Nachdenkliches Nicken darüber, dass die Welt der Antiker nicht nur auf Atlantis und ein paar vereinsamte Stücke Technik beschränkt war, machte die Runde.
„Und Sie glauben, dass da auch heute noch was zu holen ist?“ kam Sheppard sofort zum praktischen Teil.
„Bin ich Jesus? Wenn wir das wissen wollen, müssen wir hingehen und nachsehen.“
„Auch wenn wir dort nicht finden, was wir suchen, wäre die Vorstellung dort eine weitere Anlage der Antiker zu finden fantastisch“, meinte Weir positiv.
„Was ist mit den Wraith?“ warf Teyla ein. „Sie halten uns für vernichtet. Wenn wir dort jetzt auftauchen, werden sie wissen, dass wir sie getäuscht haben.“
„Ein versprengter Trupp von Leuten, die nicht hier waren, als wir uns in die Luft gesprengt haben!“ meldete sich sofort Sheppard. Mit einem sehr guten Argument, wie Rodney fand. „Wenn wir Angst vor einer Entdeckung durch die Wraith hätten, müssten wir uns ständig unter der Bettdecke verkriechen.“
„Ich stimme dem Colonel zu. Wir müssen die Köpfe unten halten, aber dürfen nicht aufhören uns zu bewegen“, entschied Weir.
Sheppard zuckte in Teylas Richtung entschuldigend mit den Achseln. Doch auch sie schien damit zufrieden zu sein.
„Da gibt es noch das Problem der Energieversorgung“, meldete sich wieder Rodney, bevor noch jemand dachte, es wäre alles gesagt. „Laut den Plänen wird die Anlage von einem ZPM angetrieben. Auf der Liste, die wir letztes Jahr von Dr. Weir erhielten, ist der Planet jedoch nicht aufgeführt, weswegen das dortige ZPM also nicht mehr funktioniert oder nicht mehr vorhanden ist.“
„Genauso gut wäre es denkbar, dass die ganze Anlage bereits während des Krieges vernichtet wurde“, warf Dr. Weir ruhig ein. „Aber wie sie schon sagten, Rodney: genau das müssen sie rausfinden.
...das ZPM bekommen sie jedoch nicht!“
„Aber Elizabeth“, protestierte Rodney sofort, „Sie wissen genau, dass wir es ohne ZPM gleich lassen können.“ Weirs ablehnende Mine war Antwort genug. „Wir müssen ja nicht beim ersten Mal mit dem ZPM dort auftauchen“, schlug er vor. „Wir gehen auf den Planeten – ohne das ZPM – schauen uns um, stellen fest, ob die Anlage noch einsatzbereit ist, ob sie noch sicher ist und dann holen wir das ZPM nach. Dabei besteht nur minimales Risiko.“ Er war eigentlich der Meinung, dass dies ein gutes Argument war.
„Tut mir leid, Rodney“, schüttelte Weir den Kopf. „Das ZPM ist zu wichtig für die Sicherheit von Atlantis. Selbst wenn Sie es unbeschadet zurückbringen – ich bin nicht bereit es auch nur eine Stunde aus der Energieversorgung zu nehmen. Sie müssen sich etwas anderes ausdenken.“
Sie sagte es freundlich und bedauernd. Zuversichtlich, dass ihm etwas einfallen würde. Sie glaubte, dass ihm schon rechtzeitig die Erleuchtung käme, dass er einfach nur mit den Fingern schnippen musste und eine Femtosekunde später eine von wissenschaftlichem Vokabular triefende Alternative präsentieren konnte. Dass er Held in einer TV Serie wäre.
Doch hier stand er nun und konnte ihr nichts bieten. Dr. Rodney McKay, der Supermann! Es gab nur eines, was ihm blieb, wenn er nicht wollte, dass SIE ihm zuvor kam und ihn vollkommen hinwegfegte.
„Major Carter hat eine Theorie, wie wir es vielleicht ohne ZPM schaffen könnten“, würgte er hervor. „Ihr Gedankengang ist dabei voller Annahmen und wilder Näherungen“, er stellte fest, dass er sie mit finsterem Blick ansah während er das sagte und seine Stimme gewann an Härte. „...weswegen ich ihr nicht – und ich wiederhole nicht – zustimmen kann.“
„Es sind angemessene Näherungen, McKay und das wissen Sie“, erwiderte Carter mit schneidender Stimme, die ihn jedoch kaum beeindrucken konnte.
„So? Dieses Gekritzel? Die Behauptung die Erde sei eine Scheibe ist bis zu einem gewissen Punkt auch eine angemessene Nährung
Carter schwieg beleidigt.
„Was ist das für eine Theorie?“ fragte Weir und Rodney kam sich wie ein Idiot vor. Natürlich, Weir brauchte Vorschläge und er konnte sie ihr nicht liefern. Statt dessen waren jetzt alle Blicke auf Carter gerichtet.
„Danke“, nahm Carter die Einladung trocken entgegen. „Aufgrund der Karten, die wir von der Anlage haben denke ich nicht, dass die Abteilung, die wir vorhaben zu reaktivieren, auf die konstante Leistung eines ZPMs angewiesen ist. Diese benötigt sie nur in relativ großen Intervallen jeweils für eine kurze Zeit.“ McKay versuchte nicht hinzuhören, doch Carter fuhr unerbittlich fort. „Unter den Geräten, welche die PROMETHEUS von der Erde mitgebracht hat ist eines, welches den Kondensatoren im Stargate nachempfunden wurde. Mit einem Naquada-Generator aufgeladen, sind sie in der Lage für etwa 20 Nanosekunden die gleiche Leistung wie ein ZPM zu erbringen.“
„Das ist sehr wenig“, warf Sheppard ein. Woher er solche Dinge wusste, war McKay bis heute schleierhaft.
„Ja, aber meinen Berechnungen zufolge müsste es reichen.“
„Na, das ist doch was. Nicht wahr, McKay?“ begann Sheppard jetzt auch noch zu sticheln.
„Dr. Zelenka, was meinen Sie?“ fragte Weir nun, als ob sie Rodneys Zweifel ernst nehmen würde.
„Irch weiß nicht. Ich bin mit den Theorien des Colonels noch nircht gut genug vertraut“, wand er sich. Nicht gut genug hieß bei ihm soviel wie gar nicht, wie McKay wusste. „Aber es wäre miir auch nircht wohl dabei, das ZPM von hier fort zu bringen.“
„Dann finden sie mal raus, wie gut die Idee ist. Genügend Brainpower müsste hier ja vorhanden sein.“ Sheppard fand es offenbar lustig zu sehen, wie sich Wissenschaftler stritten. Für Rodney dagegen war es todernst und er war sich klar, dass er gerade dabei war zu verlieren.
„Unabhängig davon, starten sie morgen früh und sehen sich die Lage einmal an“, entschied Weir. „Ich glaube damit wären wir dann am Ende...“
Auf Rodney jedenfalls traf dies definitiv zu.

In die Gesellschaft kam Bewegung, als sich alle vom Konferenztisch erhoben oder gerade dazu anschicken. Auch Sam schob den Sessel zurück. Dabei bemerkte sie, dass McKay noch immer regungslos dasaß, den Kopf in die Hand gestützt.
„Colonel?“ Auf einmal stand Colonel Sheppard vor ihr. Entgegen der lockeren Art, die sie bisher bei ihm beobachtet hatte, wirkte er nun ein wenig steif und förmlich.
„Ja?“ fragte sie unvermittelt.
„Ich trage den Rang eines Lieutenant Colonels erst seit kurzem. Soweit ich weiß ist das bei Ihnen nicht der Fall. Damit gebührt Ihnen des Kommando über das Team.“
Er hatte seine Hausaufgaben also gemacht.
Sam musste jedoch nicht lange über eine Antwort nachdenken. „Es ist Ihre Galaxis, Colonel, nicht meine. Sie können das Kommando ruhig behalten.“ Für sie gab es keinen Grund das irgendwie anders zu handhaben und dabei womöglich die Kommandoordnung eines eingespielten Teams durcheinander zu bringen.
„Sehr schön, vielen Dank.“ Die angedeutete militärische Korrektheit fiel wieder von ihm ab und er grinste zufrieden. „Wir treffen uns morgen um 0800 in der Jumper-Bucht.“
„Alles klar.“
Sheppard ging. Ein kurzer Blick verriet Carter, dass sie beide die letzten gewesen waren. Offenbar hatte sich auch McKay inzwischen wieder aufgerafft.

Mit einem verbissenen Stöhnen drehte sich Sam ein Stück um ihre Achse und versuchte ihre Arme in eine bessere Position zu bringen. Sie lag zu zwei Dritteln in einer ziemlich engen Öffnung einer der Maschinen in der Drohnenfabrik. Wenn sie ihr Rechenmodell für den Kondensator weiterentwickeln wollte, brauchte sie Messwerte von vergleichbaren Apparaturen und hier in diesen Eingeweiden hoffte sie diese zu finden.
Wenn es nur nicht so eng gewesen wäre. Sie zerrte an dem Kabel, das sie mitgeschleift hatte und stellte fest, dass sie auf ihm lag. Die paar Zentimeter, die sie von ihm jetzt brauchte, bekam sie nicht mit roher Gewalt.
Während sie versuchte sich in eine unbequemere, aber praktischere Position zu wuchten, musste sie aus unerfindlichen Gründen an McKay denken. Es hatte ihm nicht gefallen, dass sie während der Konferenz ihre Idee vorgetragen hatte, schön. Aber das gab ihm nicht das Recht derartig über sie herzuziehen. Sie hielt das aus, keine Frage, es ärgerte sie jedoch ungemein.
Dabei gab es viele, die von ihr behaupteten, dass sie diejenige wäre, die am Besten mit Leuten zurechtkam. Sie selbst wollte das nicht beurteilen, hatte jedoch das Gefühl, dass dies mal wieder ein typisches Vorurteil war: Sie war diejenige gewesen, die sich als einzige wirklich mit Jonas angefreundet hatte, jetzt war sie auch diejenige, die Mitchell als einzige kannte... und schon kam sie mit allen gut aus.
Wie auch immer. McKay zählte nicht unbedingt zu denjenigen, mit denen sie klar kam. Das hieß natürlich nicht, dass sie sich nicht irgendwie mit ihm arrangieren konnte und auch McKay hatte durchaus seine Momente – aber wenn er die gerade nicht hatte, brauchte er gar nichts spezielles tun, um sich bei ihr damit unerträglich zu machen.
„Diese martialischen Hosen haben schon was für sich!“
Wenn man vom Teufel spricht... Sam krallte sich mit den Fingern an die Oberkante der Öffnung, in der sie lag, und zog sich heraus. Das Gewicht mit dem sie dabei ihren Rücken belastete, sorgte dafür, dass sich ihr Hemd ein kleines Stück aus der Hose schob. McKay beobachtete das mit unverholenem Interesse.
„Bei uns tragen alle nur diese Pseudo-Uniformen, wissen sie.“
Sie erhob sich, nur mit einem kurzen Blick vergewissernd, dass es wirklich nur die eintönig grüne AirForce-Hose war, die sie trug. McKay wusste offenbar nicht, wie nah er an einer Ohrfeige spazieren ging ...oder eher an einem Fausthieb, der ihn von den Füßen reißen würde. „Hören Sie auf damit, McKay. Ich will nichts von Ihnen“, zischte sie.
„Oh, ja. Ich vergaߓ, tat er entsetzt. „Sie sind ja vergeben an General O’Neill. Jack“, grinste er ätzend. „Wie ich hörte haben Sie 8 Jahre gebraucht, um sich zu finden. Also das finde ich wirklich erbärmlich
Etwas Spitzes bohrte sich auf einmal in eine wohlbehütete Stelle ihres Inneren. Ihre Antwort kam schnell. „Soll ich Ihnen sagen, was ich erbärmlich finde? Sie. Wie Sie sich hinter Ihrer herablassenden Schale verbergen und jeden heruntermachen, nur um zu verbergen, dass Sie sich selbst für einen Versager halten!“
Sie war sich sofort klar, wie brutal ihre Reaktion gewesen war, doch war nicht bereit auch nur eines ihrer Worte zurückzunehmen. Ganz im Gegenteil.
Muskeln zuckten in McKays Gesicht. Feindselig starrten sie sich an ohne das einer von ihnen noch etwas zu sagen wusste. Oder auch gewollt hätte. Sie hatte nicht die Absicht sich noch einmal an ihn zu wenden.
Wortlos wandte sich McKay ab und stürmte davon.
Wortlos sah Sam ihm nach.

Wütend hieb Rodney auf die dünne Mappe, die vor ihm auf dem Tisch lag.
Seine Faust schmerzte.
Sämtliche Muskeln seiner Arme spannten sich bis zum zerreißen bei der Vorstellung, wie er Carters Papiere zerriss, zerknüllte und mit maximal möglicher Wucht irgendwo hin schleuderte.
Doch nein. Keine sichtbaren Schäden. Niemand, erst recht nicht sie, sollte es wissen.
Es war eine Sache für sich selbst im Stillen Überlegungen über den eigenen Charakter, das eigene Leben anzustellen. Da er selber alles andere als objektiv war, hütete er sich davor, sich selbst zu ernst zu nehmen und wenn er einmal Grund zum Gegenteil hatte, wurde auch das unangenehmste Ergebnis durch die Befriedigung gemildert, das Problem selbst durchschaut zu haben.
Von jemand anderem aber genau so ein Produkt der eigenen, deprimierenden Überlegungen entgegen geworfen bekommen, war etwas ganz anderes.
Erbärmlich.
Verdammt. Er hätte gerne darauf etwas erwidert, aber selbst jetzt wusste er nicht, was.
...dass er sich für einen Versager hielt. Was heißt hielt. War er denn keiner? Hatte man ihm eine Mappe mit einer Theorie, auf die er selbst nicht gekommen war, in die Hand gedrückt oder nicht?
Wissenschaft war für ihn alles. Was hatte er denn sonst, das wirklich zählte? Er versuchte sich soviel Wissen und so viele Fertigkeiten anzueignen wie es ging, um wirklich gut zu werden. Oder um das Kind beim Namen zu nennen: um der Beste zu werden.
Doch alles, was er erreichte, erschien ihm selbstverständlich, die bloße Anwendung des Offensichtlichen.
Obwohl er nach außen hin jedem, der es wissen wollte – oder auch nicht wissen wollte – stets voller Überzeugung von der eigenen Brillanz vorschwärmte und das bei Bedarf auch mehrfach am Tag, war er in seinem Inneren nie mit sich selbst zufrieden. Im Gegenteil: Da gab es Leute wie Carter. Sie mochten in anderen Bahnen denken als er, aber sobald sie deswegen eine neue Idee hatten, fragte er sich stets sofort, warum nicht auch er darauf gekommen war.
Daher fühlte er sich insgeheim als Versager.
Daher sein aggressives Gehabe.
So war er nun einmal, er konnte auch nicht aus seiner Haut.
Und daher konnte er Carter auch nichts entgegensetzten.

Auch heute früh, nachdem sie darüber geschlafen hatte und eigentlich alles hätte verdaut sein sollen, ging Sam die Szene mit McKay gestern nicht aus dem Kopf.
Das Wort Beleidigung wurde gerne für jedes Schimpfwort verwendet. Doch echte Beleidigungen waren die, die wirklich trafen und womöglich sogar ehrlich gemeint waren. Wenn beim Gegenüber für einen Moment sämtliche Filter ausfielen, die menschliches Zusammenleben erst ermöglichten, und er genau das sagte, was er dachte.
Erbärmlich. Sie wälzte das Wort umher. Wie oft hatte sie sich gesagt, dass die letzten Jahre mit Jack und ihr nur so und nicht anders hatten funktionieren können, wie sie abgelaufen waren. Ausgerechnet McKay musste es sein, der aussprach, was sie versuchte nicht zu denken...
Was sie aber fast noch wütender machte, war ihre eigene Reaktion gewesen. McKay war es einfach rausgerutscht. Dagegen hatte sie zielsicher und mit vollem Bewusstsein in eine seiner verwundbaren Stellen geschlagen. Sie wusste noch ganz genau, was er ihr damals anvertraut hatte: das er unter anderem schon als Klavierspieler versagt hatte. Er hatte sie dazu gebracht, das gegen ihn zu verwenden. Eigentlich sollte sie das Bereuen, aber das einzige was sie fühlte war Ablehnung ihm gegenüber.
„Es ist falsch!“ klatschte vor ihr eine Mappe auf den Tisch. McKay funkelte sie grimmig an und verschwand aus dem Labor.
Wütend sah sie ihm nach. Erst danach richtete sich ihr Blick auf die Mappe. Es war die gleiche, die sie McKay gestern gegeben hatte. Langsam schlug Sam sie auf.
Die Mappe war jetzt doppelt so dick, vorne hefteten immer noch ihre Zettel. Unten auf der ersten Seite war mit rotem Filzstift ein roter Kringel gemalt. Falsch! stand daneben.
Sie musterte die Zeile genauer. Diese befasste sich noch immer mit ihren Grundannahmen. Das Herz sackte ihr in die Hose. McKay hatte Recht. Wie hatte sie das nur übersehen können? Seit sie alle Welt für eine Halbgöttin hielt prüfte sie ihre Theorien stets gründlich auf Fehler. Von jedem anderen hätte sie sich trotzdem gerne korrigieren lassen – z.B. von Jennifer Hailey – aber das es ausgerechnet McKay sein musste, der bei ihr einen Fehler fand! Gerade vor ihm hatte sie sich eine solche Blöße nicht geben wollen.
Hastig blätterte sie weiter zu seinen Papieren. Wie auch bei ihr begannen diese mit einigen Seiten handschriftlicher Überlegungen und endeten in Computerausdrucken. Nach den paar Zeilen, die sie aufschnappte, tat er so ziemlich das gleiche wie auch sie. Das Ergebnis von McKay unterschied sich in Details von ihrem, sagte jedoch ebenfalls die kurzen heftigen Anstiege des Energiebedarfs voraus. Das war immer noch, was sie erwartet hatte und worauf sie baute. Dennoch war es reines Glück, das sie zu einem ähnlichen Schluss gekommen war, nachdem sie so weit oben etwas übersehen hatte.
Sam drehte sich der Magen um. In solchen Momenten wurde ihr wieder bewusst, wie groß die Verantwortung war, die Wissenschaftler eines SG-Teams trugen, während sie sich auf irgendwelchen Tafeln auslebten oder an außerirdischer Technik herumdokterten. Wenn sie auf Cestus unter Zeitdruck oder in andere Schwierigkeiten gerieten und ihr Plan hätte nicht funktioniert, dann wäre es völlig ohne Bedeutung gewesen wo denn genau ihr Fehler gelegen hatte...

Der Puddle Jumper schoss aus dem Stargate und zog nach oben.
Entspannt saß Rodney in einem der Sessel. Lange Zeit hatte er eine Heidenangst vor der Passage durch ein Wurmloch gehabt. Teils wegen den Dingen, die er über den Wahnsinn wusste, der sich hinter dem Wort Wurmlochphysik verbarg, teils wegen den Dingen, die noch niemand am Stargate wirklich verstand.
Nach einigen wenigen Malen hatte er dann begonnen sich zu sagen, dass er sich an diese Art zu reisen gewöhnt hätte. Doch seit einiger Zeit stellte er erst nachdem sie das Tor passiert hatten fest, wie locker er drauf war. Früher hatte er sich das immer vorher einreden müssen.
Unter dem Jumper erstreckte sich eine endlose Fläche in einem irgendwie falsch wirkenden Hellgrün.
„Ich sehe keine Fabriken oder ähnliches. Sind Sie sicher, dass dies die richtige Adresse war, McKay?“ kam es von Sheppard.
„Laut den Plänen liegt die Anlage unterirdisch“, belehrte Rodney ihn sehr gerne. „Wir erreichen sie durch einen Ringtransporter. Landen sie einfach ein Stück vor dem Gate.“
Der Jumper schwenkte herum, getrieben von Sheppards Gedanken und seinen spärlichen Bewegungen an den Steuerknüppeln.
„ Ringtransporter? Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass wir die Sachen später benennen?“
Rodney grinste. Natürlich, woher sollte der Colonel auch wissen worum es sich bei einem Ringtransporter handelte. Auf der Erde hatte man ihm lediglich erzählt, dass es ein Stargate und eine Pegasus-Galaxis gab. Mehr nicht.
„Tut mir leid Sie enttäuschen zu müssen, aber der Name steht längst in hunderten von Akten“, klärte er ihn mit einer gewissen Befriedigung auf. „Es ist ein Gerät, das in der Milchstraße hauptsächlich von den Goa’uld bekannt ist, die es aber wohl – wie auch die meiste andere Technik – von den Antikern übernommen haben.“ Rodney hörte Carter schweigen. „Ein Ringtransporter beamt über kurze Distanzen und benötigt an Herkunfts- und Zielort eine Station.“
Gemächlich senkte sich der Jumper der Oberfläche entgegen und setzte auf. Sheppard ließ die Kontrollen los und wollte aufstehen, doch schon im Ansatz ließ er es sein und blickte verstört in die Gegend „Hey. Was ist denn...“
Es dauerte einen Moment, bis Rodney merkte, was es war, das komisch war. Die leisen Maschinengeräusche des Jumpers waren nicht verstummt, wie sie es hätten tun sollen.
Ein Hologramm bildete sich vor der Sichtscheibe. „Scheint so, als ob der Boden uns nicht trägt“, sprach Sheppard aus, was auch Rodney gerade las.
„Ich habe eine derartige grüne Masse noch nie zuvor gesehen“, meldete sich Teyla, ihren Blick aus dem Fenster gerichtet.
„Okay... Dann schauen wir uns das mal an“, legte Sheppard fest und erhob sich, die nicht-erlöschenden Kontrollen misstrauisch musternd. Es war so ungewohnt, wie wenn man den Zündschlüssel im Auto stecken und den Motor laufen ließ. Dann ging er nach hinten zur Ausstiegsrampe.
Während die Rampe nach unten sank, hielten sich bei Rodney Vorsicht und Neugier in Waage. Er würde es auf jeden Fall nicht sein, der als Erster seinen Fuß nach draußen setzte.
Kalte, schwere Luft schlug ihnen entgegen. Sheppard musterte einen Moment die grüne Ebene, die sich vor ihnen erstreckte, und stieg dann auf die Rampe des Jumpers.
„W-Ohaa!“
„Der Planet hat nur etwa 80 % der irdischen Schwerkraft“, erklärte Rodney und beobachtete vergnügt, wie Sheppard ins Taumeln geriet. Es waren die kleinen Dinge im Leben, die es lebenswert machten.
Auch Carter grinste. Als Rodney merkte, dass er unwillkürlich zu ihr herübergesehen hatten, wandte er schnell den Blick wieder ab.
„Und wann hatten Sie vor mir das zu sagen?!“
Gar nicht. Aber glücklicherweise war es eine rhetorische Frage.
Die Planetenoberfläche war mit feinsten Fasern bedeckt, die dicht ineinander verwobenen waren und so eine poröse Struktur bildeten. Rodney hielt es für eine Art Pflanze. Die Farbe war grün, hatte jedoch einen Ton, den er als ungewohnt und künstlich empfand.
Vorsichtig stieg Sheppard von der Rampe herunter – und sackte bis auf halbe Höhe zwischen Füßen und Knien ein. Plötzlich um einiges kleiner fragte er mit einer Mischung aus Entsetzen und Belustigung: „Was zum Teufel ist das für Zeug, McKay?“
„Offensichtlich eine Pflanze!“
„Was offensichtlich? Wer sagt Ihnen, dass es nicht das Fell von irgendeinem Monster ist, das sich über die Planentenoberfläche ausgebreitet hat?“
„Das...“ begann Rodney. ... sage ich ihnen, vollendete er den Satz in Gedanken, schließlich waren es die einfachen Lösungen, welche die wahrscheinlichsten waren. Sheppards Idee war absurd, oder etwa nicht?
Doch dann kam ihm eine bessere Antwort. „...das können Sie selbst rausfinden“, setzte er den Satz fort. „Sie haben den Lebenszeichen-Detektor.“
Sheppard nahm das Antikergerät aus seiner Brusttasche und schaute drauf und ließ es auch gleich wieder sinken. „Und wer sagt mir, dass dieses Ding solche Viecher überhaupt anzeigt?“ McKay war sich nicht sicher, wie ernst es Sheppard mit seinen Bedenken wirklich war, wirkte dieser doch eher erheitert.
Doch dann zuckte Sheppard mit den Schultern, womit der Rodney wohl einer Antwort enthob. Statt dessen griff er seine P-90, stellte sie auf Einzelschuss und drückte ab.
Die Kugel verschwand im Boden ohne ein sichtbares Loch zu hinterlassen. Offenbar drängten die Fasern sofort in den Hohlraum, den das Projektil zurückließ.
Als der Boden nicht erbebte, schien der Colonel zufrieden zu sein.
Rodney dagegen war nicht sonderlich glücklich. Natürlich war Sheppards Aktion sinnvoll bis harmlos gewesen. Trotzdem gefiel es ihm einfach nicht, dass sie einen neuen Planeten betraten und das erste, was sie taten, war auf ihn zu schießen.
Probehalber machte Sheppard einige Schritte, wobei er die Beine ungewohnt hoch ziehen musste. Dabei erfüllte ein leises Sirren die Luft.
„Es singt!“ kam es unqualifizierterweise von Carter, die hinter Rodney stand.
Dieser rollte mit den Augen, würdigte sie aber keines Kommentars. Es war offensichtlich, dass diese Töne entstanden, wenn sich die Pflanze wieder entspannen konnte, nachdem der Druck von ihr gewichen war.
„Teyla“, befahl Sheppard. „Wenn wir schon den Motor laufen lassen müssen, dann sollten wir den Jumper bewachen. Übernehmen Sie das. McKay und Carter: Sie suchen diesen Ringtransporter. Also los.“
Teyla akzeptierte ungerührt. Sofern es ihr missfiel zurückzubleiben, dann wäre das Rodney auch relativ egal gewesen.
Auch er trat jetzt in die schwammige Masse und versank darin. Als er feststellte, dass er trotzdem einen halbwegs sicheren Stand hatte, zog Rodney sein eigenes Antikergerät hervor, mit dem er den Ringtransporter aufspüren konnte. In der kalten Luft begann er allmählich zu frösteln. Unsicheren Schrittes führte er seine zwei Begleiter zu dem Ort, welches das Display ihm anzeigte.
„Und jetzt?“ fragte Sheppard, als Rodney zu stehen kam.
„Kommen Sie näher.“ Sheppard trat einen Schritt heran, war aber immer noch zu weit weg. „Die Ringe sind nicht unendlich groß, Colonel. Wenn Sie nicht in der Mitte zerteilt werden wollen, dann bitte...“ Er deutete neben seine Füße.
Sheppard tat wie geheißen. Offenbar war er etwas schwerer als McKay, weil sich der Boden bedenklich in seine Richtung zu neigen begann.
„Das ist ein Gerät, mit dem sich bei uns in der Milchstraße die meisten Ringtransporter aktivieren lassen“, erklärte Carter dem Colonel. Nicht das Rodney das Gerät, was sie auf einmal in den Händen hielt, je gesehen hätte. Davon hätte er auch gerne früher erfahren.
Sie drückte auf den einzigen Knopf des armbandförmigen Dings. Rodney zuckte unwillkürlich zusammen, als sich erst der Boden zu bewegen begann und kurz drauf mehrere Schemen aus dem Boden hervorbrachen, die ihn einschlossen.
Dann wurde es hell und die grüne Ebene verschwand.

Es war dunkel in der unterirdischen Anlage und ihre von den Ringen geblendeten Augen waren nicht in der Lage eventuell doch vorhandenes Licht noch zu registrieren.
Dafür blitzte praktisch sofort Sheppards Lampe an seinem Gewehrlauf entlang und auch Sam hatte schnell den Signalgeber weggepackt und ihr Gewehr gegriffen. Als auch McKay mit seiner Handlampe reagierte, strichen drei Scheinwerferkegel durch einen mit etwa 8 mal 8 Metern Querschnitt sehr geräumigen Korridor, wie es von der Karte der Anlage her auch zu erwarten war.
„Offenbar gibt es hier, wie in der Weltraum-Waffenplattform, keine Not-Energieversorgung“, sagte McKay, wohl als Kommentar auf die nicht auf Sheppards Antikergene reagierende Beleuchtung.
„Ja, das ist wirklich nicht nett... Gehen wir“, meinte Sheppard und marschierte den Gang hinunter.
Der Korridor erinnerte Sam vom Design her an eine vergrößerte Variante der Gänge in Atlantis. Dafür, dass hier zehntausend Jahre vielleicht niemand gewesen war, sah er noch recht gut aus.
Seitlich mündeten in eleganten Kurve an und ab weitere Gänge vergleichbarer Größe in den ihren. Den dritten auf der linken Seite benutzten sie in dem Wissen, dass er in einen weiteren Gang münden würde, der schließlich in genau der Halle endete, in dem ihr benötigtes Teil hergestellt wurde.
Die Fabrikhalle würde jedoch etwas völlig anderes sein, als die Drohnenfabrik in Atlantis. Während man dort den Fabrikationsprozess zumindest in Teilen verfolgen konnte, lief dort alles in räumlich derartig ineinander verschachtelten Produktionsschritten ab, dass der zugängliche Teil der Halle eigentlich nur ein kleiner Raum mit einer Wand war, aus deren Öffnungen die fertigen Produkte wanderten.
Sie benötigten für die Strecke etwa 5 Minuten. Der Korridor öffnete sich in den erwarteten Raum mit der Wand und seinen Öffnungen.
Zu vielen Öffnungen.
Nur kurz nach den Seiten sichernd überwand Sam die noch verbliebene Strecke. Die Wandverkleidung war an mehreren Stellen abgenommen. Dahinter befanden sich klaffende, unterschiedlich große Leerräume, wo wohl mal Maschinen gewesen waren. Sam leuchtete in einige der Wunden der Fabrik und stellte fest, dass teilweise auch in eine beträchtliche Tiefe hinein Hohlräume vorhanden waren.
„Da war wohl jemand schneller als wir“, brachte sie die Sache auf den Punkt.
„Kriegen Sie das hin?“
„Durchaus möglich...“ antwortete sie nachdenklich.
„Wer immer das gewesen ist hatte offensichtlich kein Interesse daran die ganze Anlage zu demontieren“, behauptete McKay.
Seine Aussage ignorierend meinte Sam an Sheppard gewandt: „Ich würde zunächst versuchen den Naquada-Generator anzuschließen. Wenn es erst mal wieder Strom gibt, funktioniert auch der Computer und dann weiß man mehr.“
„Sie haben auch nicht alles mitgenommen, was sie demontiert haben“, fuhr McKay fort und deutete auf eine dunkle Ecke voller Gerümpel. „Außerdem wird hier nicht nur eine Art von Teilen hergestellt. Es ist also durchaus möglich, dass man zumindest den für uns interessanten Produktionsablauf wieder zum laufen bekommt.“
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dann vielleicht einen Blick auf die anderen Hallen werfen könnten, ob es da ähnlich aussieht“, fügte Sam hinzu. Soviel dazu, dass sie nicht die Expeditionsleitung hatte haben wollen.
Sheppard sah sie misstrauisch an, drehte sich dann aber kurz darauf zu McKay hin. „Ihr Leute habt nicht zufällig ein Problem miteinander?“
Sam zuckte zurück. Blöd war er nicht. Er hatte gemerkt, dass sie beide sich zwar mit ihm unterhalten hatten, nicht aber sie beide untereinander.
„Nein. Haben wir nicht“, kam es von McKay und mit der Art, wie er das sagte, hätte er auch genauso gut laut rufen können Ja, ja. Haben wir!
Übertreiben konnte er, warum nicht auch untertreiben? Sheppard musste nicht wissen, dass sie sich völlig unprofessionell miteinander verkracht hatten. „Nichts, was unsere Arbeit hier beeinträchtigen würde“, versicherte Sam und hoffte, dass es aufrichtig und im Gegensatz zu McKay vertrauenserweckend klang.
„Na schön.“ Sheppard nickte, wie um sich selbst davon zu überzeugen, dass er die Antwort akzeptiere. „Dann seh ich mich mal um...“
Sheppard verließ den Raum durch einen Gang, der an der schmaleren Seite des Raumes begann und außer dem Korridor, aus dem sie gekommen waren, der einzige Ausgang war. Damit war sie nun mit McKay alleine. Dieser hatte seinen Rucksack gegen eine der Seitenwände gelehnt. Ein Großteil dieser Fläche war mit dunklen Kontrollfeldern bedeckt. Auch Sam ignorierte McKay, setzte ihrerseits den Rucksack ab und sah sich um.
Leider gab es hier nicht einfach eine Buchse für externe Energieversorgung, sie musste irgendwo selber eine Stelle finden an die sie den Naquada-Generator anklemmen konnte. Mitten im Raum standen zwei wuchtige Blöcke mit ebenfalls dunklen Kontrollfeldern. Ein Gefühl sagte ihr, dass sie dort am besten anfing.
Es war nicht einfach mit einer Handlampe das Innere von Geräten ausreichend auszuleuchten, vor allem, wenn man mit den eigenen Händen dem Lichtstrahl in die Quere kommen musste. Dennoch brauchte sie nicht lange, bis sie eine passende Stelle gefunden und den Reaktor angeschlossen hatte.
Licht flammte auf und war nach der langen Düsternis fürs erste nicht gerade angenehm. „Hätten Sie mich nicht vorwarnen können?“ schimpfte McKay pampig.
„Colonel, hier gehen die Lichter an“, drang es aus Sams Funkgerät. „Ich hoffe das waren Sie?“
„In der Tat“, erwiderte sie knapp.
„Die umliegenden Räume sehen tatsächlich ähnlich aus“, berichtete Sheppard. „Hier liegen auch immer wieder ausgebaute Komponenten rum, falls sie davon was brauchen können... Ich werde mich noch ein bisschen weiter umsehen, vielleicht treiben sich die Leute, die das getan haben, immer noch hier herum.“
Gut, dachte sie, aber kehren Sie in 10 Minuten zurück und decken unsere Position. Doch es war seine Galaxis, daher beschränkte sie sich auf „Verstanden, Ende.“ Er musste selbst wissen, was er tat.
Es wurde Zeit, sich mit dem Kondensator auseinander zu setzten. Dabei handelte es sich um ein zylinderförmiges Gerät von etwa der gleichen Größe wie der tragbare Reaktor. Die Grundflächen waren abgerundet, wodurch er an eine überdimensionierte Medikamenten-Kapsel erinnerte. Seinen Umgang kannte sie bisher nur aus einem Datenblatt und der war gar nicht so trivial: Im Gegensatz zu dem simplen Elektronikbauteil, das sich ebenfalls Kondensator nannte, erforderte dieses Ding die Steuerung über einen Laptop.
Als sie alles vorbereitet hatte, erhob sie sich und begann die Schäden der Fabrik zu begutachten. McKay hatte das inzwischen wohl aufgegeben und widmete sich den nun hellen Kontrollen.
Es brachte wohl nichts, wenn sie still nebeneinander arbeiteten. Also versuchte sie sich zu überwinden. „Ich denke hier fehlt ein Phasenschieber“, begann sie daher. Der Satz war notwendig, auch wenn sie eigentlich nicht mit ihm reden wollte.
„Was?!“ Er kam zu ihr herüber.
Sie deutete auf eine Öffnung, in der ein Einschub fehlte. In der Rückwand befanden sich Anschlüsse, die sie nur dem genannten Gerät zuordnen konnte.
„Ein Phasenschieber?“ echote McKay misstrauisch. Vielleicht war es aber auch echtes Interesse.
Sam schilderte ihm in zwei Sätzen, was sie über Funktion und Funktionsweise derartiger Goa’uldgeräte wusste. Sie konnte sich gut vorstellen, dass das Antikeräquivalent weit komplizierter und damit unverständlicher gebaut war. Das vermochte vielleicht zu erklären, warum McKay ihre Darlegungen neu zu sein schien.
„Die meisten Antikergeräte sind nicht auf eine Phasenkorrektur angewiesen“, erwiderte er schließlich und das war ihr wiederum neu. „Wenn es wirklich das ist für was sie es halten, ist es nur zur zusätzlichen Stabilisierung da.“ Er ging hinüber zu den Rucksäcken und begann darin herum zu wühlen.
Schließlich förderte er ein Glasfaserkabel und zwei Kontakte zu tage, die er an den Enden des Kabels festzuschrauben begann. „Das heißt wir können es uns leisten das Gerät einfach zu überbrücken.“ Er versuchte das Kabel an eine der einzelnen Buchsen anzuschließen, stellte aber fest, dass seine gerade angebrachten Kontakte nicht passten. Mosernd ging er zurück zum Rucksack.
Die nächsten Anschlüsse passten. Kaum legten sie ihr Wissen zusammen, kamen sie auch schon in dem Chaos hier voran!
Sie arbeiteten weiter, redeten dabei zwangsläufig miteinander und machten gute Fortschritte. Einiges davon hätten sie beide bestimmt auch alleine hinbekommen, doch auf diese Weise ging es einfach schneller. Trotz ihres schwelenden Streits ergänzten sie sich sehr gut und entsprechend bekamen sie so auch Dinge hin, die sie alleine kaum geschafft hätten.
Gemeinsam waren sie ungeheuer leistungsfähig – und wenn Sam sich den Schaden an der Fabrik so ansah, würden sie diese Leistungsfähigkeit auch brauchen.
Sam stand mit McKay an einem der Konsolenblöcke, als sie plötzlich im Seitenkorridor eine Bewegung bemerkte.
Es erforderte langes Training das gewöhnliche Zusammenzucken in einen Automatismus umzuwandeln, der nach einer halbwegs angemessenen Bewegung suchte und diese dann umgehend durchführte.
Sam fiel auf die Knie und riss McKay mit sich in die Deckung der Konsole. Für sie bestand kein Zweifel, dass die beiden Gestalten, die sie gesehen hatte, Wraith waren. Und zwar von der gesichtslosen Unterrasse. Sie schienen es für eine gute Idee gehalten haben sich ihnen erst soweit wie möglich zu näheren, um dann zielsicher schießen zu können. Das hatte sie ihnen jetzt vermasselt.
Die Wraith schienen das auch gemerkt zu haben und begannen ihrerseits das Feuer zu eröffnen. Bläulich leuchtende Geschosse zischten an den Kanten des Blocks vorbei. Sicher glaubten die beiden nicht sie in ihrer Deckung treffen zu können, sondern wollten mit ihrem Beschuss dafür sorgen, dass sie dort solange blieben, bis sie wiederum das Hindernis umrundet hatten. Es war eine simple Abschätzung der Chancen.
Sam zog ihre Zet’niktel aus dem Halfter und ließ sie aufspringen. In einer fließenden Bewegung lugte sie aus der Deckung hervor und zielte auf den rechten Wraith. Ihr Timing war gut gewesen und kein Schuss hatte sie im Moment ihres Auftauchens getroffen. Zweimal feuerte sie ihre Waffe ab. Der erste Wraith ging zu Boden.
Eigentlich wollte sie schon wieder abtauchen, als sie sah, dass er zweite Wraith sich nicht etwa anschickte auf sie zu zielen, sondern für den Moment überrascht inne hielt. Sie nutzte die Gelegenheit und schoss auch auf ihn. Drei Blitze lösten sich in schneller Folge aus der Zat und lösten den Wraith auf.
Als sie schon glaubte sich entspannen zu können, bemerkte sie, dass der erste Wraith, der am Boden lag, sich langsam wieder zu bewegen begann. Sie feuerte noch einmal und auch er wurde desintegriert.
Sie atmete erleichtert aus und sackte ein Stück zusammen.
„Sind Sie okay?“ fragte sie McKay, der neben ihr kauerte. Der nickte so stark, dass sie fürchtete, ihm könnte der Kopf vom Hals fallen. Kämpfe waren offensichtlich nicht sein Ding.
Das passte irgendwie zu ihm.
Sie wollte nach dem Funkgerät an ihrer Schulter greifen, doch bemerkte McKays stierenden Blick auf die Zat, die sie noch immer in der Rechten hielt.
Natürlich, fiel ihr ein. Sie hatte gelesen das man hier Probleme mit dem Töten von Wraith hatte ohne das je nachvollziehen zu können. Wenn eine Zat eine Metallkiste auflösen konnte, dann auch einen Wraith – selbst wenn der zweite Schuss ihn noch nicht umbrachte.
Obwohl sie daher ganz genau wusste, was McKay an dem kurzen Schusswechsel so erstaunt hatte, setzte sie ein unschuldiges Lächeln auf und erwiderte in stummer Befriedigung seinen Blick.
„Sheppard, hier ist Carter“, drückte sie jetzt doch die Taste an ihrem Funkgerät, McKay immer noch an ansehend.
„Was gibt es, Carter?“ drang es aus dem Lautsprecher – sie hatte weder ihren Knopf im Ohr noch so ein modisches Headset wie die Atlanter.
„Wir haben hier zwei tote Wraith“, eröffnete sie ihm. „Ich glaube nicht, dass sie uns gesucht haben. Ich hatte eher den Eindruck, dass es eine Patrouille war, die wir aufgescheucht hatten.“
„Verstanden“, erklärte er professionell.
„Sie wissen hoffentlich, dass die Wraith telepatisch miteinander verbunden sind?“ meldete sich McKay zu Wort, sein eigenes Funkgerät einschaltend, damit auch Sheppard hörte, was er sagte. „Sicher werden bald viel, viel mehr von denen kommen!“
Da war durchaus was dran.
„Als erstes einmal werde ich zu ihnen zurück kommen, McKay“, vermeldete Sheppard.
Erst jetzt wurde Sam sich bewusst, dass sie noch immer am Boden hockte und erhob sich. McKay folgte ihr. Zum ersten Mal musterte sie ihn mit Blick auf seine Bewaffnung. Er führte nur ein kleines Pistölchen mit sich. Daniel hatte das auch früher getan, inzwischen aber erkannt, dass seine beste Waffe eben nicht allein der Rest des Teams sein konnte. McKay schien noch nicht so weit zu sein.
Sie schnallte sich das Halfter mit der Zat vom Bein und reichte es McKay. „Wenn es hart auf hart kommt, werden sie mit der 9-Millimeter nicht weit kommen.“ Umständlich nahm er die umherbaumelnden Schlaufen entgegen und begann sie bei sich zu befestigen. In weiser Voraussicht zeigte sie ihm daraufhin den Umgang mit der Waffe.
„Wir sollten jetzt weiter machen“, meinte McKay und schluckte.
Auch damit hatte er vollkommen recht. Also arbeiteten sie weiter, immer wieder misstrauisch die beiden Zugänge beobachtend. Während Sam zuvor niemandem schriftlich gegeben hätte, dass sie es schaffen würden, hatte sie nun zum ersten Mal das Gefühl dem Ziel nahe zu sein, denn die Steuerprogramme ließen in ihrem Widerstand die Produktion aufzunehmen spürbar nach.
Als Sheppard am Ende des Seitenkorridors erschien, richteten sich als erstes einmal zwei Waffen auf ihn, die jedoch gleich wieder herabsanken.
„Wie läuft es?“ fragte Sheppard.
„Wir machen Fortschritte“, antwortete McKay zuversichtlich, aber unverbindlich.
„Ich hab auch zwei von unseren Freunden getroffen. Das wird sie vielleicht von diesem Ort etwas ablenken“, meinte Sheppard leichthin. „Wo wir gerade bei Ablenkung sind: Ich werde zum Jumper zurückkehren und dort oben ein bisschen versuchen auf uns aufmerksam zu machen. Es wäre ungewöhnlich, wenn die Wraith hier keine Schiffe hätten. Das wird sie dann hoffentlich ablenken.“
Sam nickte. Vielleicht konnte er ihnen auf die Weise besser helfen als hier unten, denn wenn die Wraith wirklich erst einmal zu ihnen vorstoßen wollten, dann würden sie das auch schaffen.
„Noch etwas“, fügte Sheppard hinzu. „Sie werden die Anlage mit dem Naquada-Generator sprengen, wenn sie hier fertig sind!“
„Was?!“ widersprach McKay. „Das ist eine Fabrik der Antiker! Sie haben doch keine Ahnung wie wertvoll das hier noch für uns werden könnte.“
„Er hat Recht, McKay“, unterstützte Sam Sheppards Position. „Wir können nicht einmal diesen Raum halten, geschweige denn die Anlage erobern.“ Noch vor einem Jahr hätte sie das anders gesehen. Sie hätte Jack die Hölle heiß gemacht, wenn er von ihr verlangt hätte so etwas zu zerstören. Aber wenn man erst einmal selber das Kommando hatte, lernte man sich den Realitäten zu stellen.
Und auch McKay schien das einzusehen.
„Sind wir uns einig?“ vergewisserte sich Sheppard.
„Ja, ja, sind wir“, antwortete McKay zerknirscht.
„Schön. Dann geh ich jetzt.“ Er verschwand durch den anderen Korridor.
Sam und McKay wandten sich wieder ihrer Arbeit zu. Eine Minute später vermeldete eine Anzeige, dass die Produktion nun wieder lief!
Allerhand seltsame Geräusche begannen aus der Wand zu dringen. Ein Brummen, das sich wie die Perversion eines regelmäßigen Summens anhörte, dumpfe regelmäßige Schläge wie von einem Hammer, Knirschen und Wimmern in unregelmäßigen Abständen und Ausprägungen.
McKay starrte genau wie sie einen Moment die Fabrik an. Dann ging er hinüber zu den Kontrollen an der Wand neben dem Seitenkorridor. „Die Fabrik versucht ganze Paletten von verschiedenen Produkten herzustellen und bekommt das offensichtlich nicht hin“, erklärte er. „Ich versuche sie zu überreden ausschließlich das von uns gewünschte Teil zu bauen.“
Sam begleitete ihn nicht. Es hätte bedeutet einen Korridor gar nicht und den anderen nur zu sehen, wenn sie sich umdrehte. Statt dessen versuchte sie ihm aus der Entfernung zu assistieren.
Obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – sie diesmal damit gerechnet hatte, erschrak sie erneut, als sie den Wraith sah. Wieder fiel sie in die Deckung der Konsole und spähte gleich darauf wieder draus hervor, das Gewehr im Anschlag.
Der Schuss ihrer Waffe riss ein Loch in den Körper des ersten Wraith. Da half keine Widerstandskraft und erst recht kein Heilungsvermögen, er war tot, bevor er den Boden erreichte.
„Arbeiten sie weiter!“ schrie sie McKay zu. Wo er stand war er in Sicherheit, auch Wraith konnten nicht um die Ecke schießen. Sie fürchtete viel eher, dass wenn sie getroffen wurde während sie schoss, sie dann wiederum ihm versehentlich treffen könnte.
Diesmal waren es weit mehr Wraith als zuvor. Bisher vier und sie waren schnell erschienen. Wenn nun auch noch Wraith in dem Korridor erschienen, aus dem sie gekommen waren, wären sie verloren, denn es gab keinen Ort, der gegen beide Gänge gedeckt war.
Aber wenn Sam sich recht erinnerte endeten alle Gänge, in die sich dieser Korridor verzweigte schnell in Fabrikhallen. In diesem Fall wäre dieser Gang für die Wraith gar nicht zugänglich, solange sie nicht die Ringe benutzten, die von Sheppard gedeckt wurden.
Sie schoss und traf, aber es kamen jetzt immer neue Wraith nach. An ihr zischten die Schüsse bisher zwar nur vorbei, aber zwangen sie ständig wieder abzutauchen und an einer anderen Ecke der Konsole wieder hervor zu kommen. Das gab den Wraith jedes Mal Zeit Boden zu gewinnen.
Dankbar bemerkte Sam, wie McKay sich um das kümmerte, wozu sie bisher einfach nicht gekommen war. „Hier ist McKay“, hörte sie ihn in das Funkgerät sprechen. „Colonel Sheppard jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für ihr Ablenkungsmanöver!“
Sie riss eine Handgranate hervor, zog die Sicherung. Geringere Schwerkraft, erinnerte sie sich. Dann warf sie. Der Bogen war immer noch höher, als er hätte sein sollen, aber so war es besser, als wenn das Ding vor den eignen Füßen gelandet wäre. „Granate, Achtung!“
Es gab eine Explosion. Gleich drauf war sie schon wieder aus der Deckung und suchte nach Überlebenden. Keiner der Wraith, die in verdrehten Haltungen im Gang lagen, bewegte sich zur Zeit. Doch schon tauchte ein weiterer auf.
„Ich bin noch gar nicht beim Jumper“, drang es auch aus ihrem Funkgerät.
„ Toll! Könnten Sie sich dann vielleicht bitte da hin bewegen?!“ rief McKay verzweifelt.
„Sie werden nicht in Panik geraten oder sowas, nicht war, McKay?“ rief Sam ihm schnell zu. Was das anging kannte sie ihn nicht und sie befürchtete fast, dass genau das geschehen würde, obwohl sie auf ihn angewiesen war.
„Panik“, schrie er zurück. „Wieso Panik?
Weitere Wraith fielen ihren Schüssen zum Opfer. Sie wiederum entging mehrfach nur haarscharf einem Treffer. Dann war das Magazin leer. Das Auswechseln würde wertvolle Sekunden kosten.
„Ich habe keine 200 Meter von ihrer Position eine Lagerhalle gefunden“, erklärte Sheppard. Soweit Sam das beurteilen konnte rannte er, während er das sagte. Sollte er!
„Das ist nicht möglich, der Raum ist laut der Karte viel zu klein für eine Lagerhalle.“ McKays Stimme klang gehetzt, aber nicht mehr dem Nervenzusammenbruch nahe.
„Dann stimmt Ihre Karte nicht, McKay. Hier stapeln sich die Kisten bis an die Decke. Vielleicht brauchen Sie Ihre Fabrik gar nicht.“
Schon wieder wurden es zu viele Wraith. Krachend detonierte die zweite Granate.
So makaber das war, die leblosen Körper begannen den nachströmenden Wraith den Weg zu versperren. Dennoch riss der Strom an Gestalten, die wie die Lemminge in ihr Schussfeld rannten, nicht ab. Irgendwo in der Nähe mussten sie ein größeres Lager aufgeschlagen haben.
Es war ein Massaker, das sie unter den anstürmenden Wraith an, aber was sollte sie tun? Sie musste an die Jaffa denken, die sie früher getötet hatte und daran, wie diese schließlich ihre Helme abgenommen und zu ihren Freunden geworden waren. Der Kopf dieser Wraith hier war nur eine gestaltlose Masse, es gab kein Gesicht, das sie ihnen zeigen konnten. Trotzdem fragte sie sich, ob dieses gesichtslose Volk von den anderen Wraith vielleicht genauso ausgebeutet wurde wie damals die Jaffa.
Erst jetzt fiel Sam auf wie die Schüsse, die sie nicht trafen, in die Wand hinter ihr und damit auch in die dort befindlichen Kotrollen einschlugen. Zwar waren die Schüsse für einen Menschen nicht tödlich, aber dennoch glaubte sie nicht, dass die andauernden Entladungen der Antikertechnik zuträglich waren.
Noch immer werkelte McKay wild, aber koordiniert an der Konsole. Doch das einzige, was Sam dort sah, waren Fehlermeldungen in Antikerschrift. Die Geräusche aus der Wand schienen auch eher schlimmer zu werden.
Der erste Wraith mit Gesicht erschien nun auch am Ende des Ganges. Während die anderen einfach nur schießwütig wie selbstmörderisch voranstürmten, suchte er – und die beiden anderen die in diesem Moment nachrückten – die Deckung ihrer toten Kameraden. Immer wieder wechselten sie flink ihre Position und versuchten ihr ein möglichst schmales Profil zu bieten, in dem sie sich zeitweise an die Wand drückten. Da sie zudem nicht gleich schossen, fürchtete Sam einen von ihnen solange ignorieren zu können, bis es zu spät war noch auf ihn zu reagieren.
„McKay! Wie weit sind sie?“ rief sie in die relative Stille eines weiteren Magazinwechsels. Jetzt hatte sie nur noch ein weiteres Ersatzmagazin und keine Granaten mehr. Sie begann sich zu fragen, ob sie hier noch lebend rauskommen würde.
„Schlecht. Ich glaube nicht, dass die Fabrik irgendetwas produzieren wird.“
„Dann helfen sie mir!“
McKay hechtete sich neben sie hinter den Block. Da keiner der Wraith mit ihm gerechnet hatte, kam er unbeschadet an.
„Haben Sie keine Granaten mehr?“
„Nein.“
Es tat gut durch das Feuer seiner Zat entlastet zu werden. Entgegen ihrer anfänglichen Befürchtungen machte er auch hier seine Sache gut. Das mit dem schießen und wieder abtauchen hatte er schneller raus, als sie ihm zugetraut hätte. Dadurch, dass sie jetzt zu zweit waren, reduzierten sich günstigerweise die Zeiten, in denen von ihrer Seite nicht geschossen wurde, weil sie in Deckung waren.
„Ich bin jetzt im Jumper, hier kreisen bereits die ersten Wraithpfeile“, meldete Sheppard. Irgendwie interessierte Sam das nicht.
„Was ist mit dem Kondensator?“ rief McKay. „Kann der explodieren? Das sprengt doch mindestens den Korridor in Trümmer.“
Sie schoss weiter und überlegte. Leistung multipliziert mit Zeit... wieviel Energie, wieviel Sprengkraft war das effektiv?
„Das ist sehr, sehr, sehr gefährlich!“ rief sie zurück. Dann dachte sie an ihre ausgehenden Magazine. „Können sie mir alleine Deckung geben?“
„Ha!“
Sie wertete das als ein Ja.
Generator und Kondensator standen hinter dem Konsolenblock unmittelbar hinter ihnen. Sie würde den Block umrunden müssen.
So schnell wie gebückt möglich legte sie die Strecke zurück. Ehe sie völlig in Deckung war, traf sie ein Schuss in den rechten Fuß.
Sie erschrak mehr, als das es schmerzte. Zum Glück war es nicht der Fuß, auf dem sie gerade stand, so konnte sie ihn noch schnell in sichere Deckung ziehen.
Der Fuß war starr und taub. Ein bedenkliches Kribbeln begann ihr Bein hochzulaufen, dem Kniegelenk entgegen. Im Gegensatz zu einer Zatwaffe, deren Entladung sich über den ganzen Körper verteilte, war die Wirkung eines Schockstabes örtlich begrenzt. Sie konnte jetzt nur hoffen, dass sie Wirkung des Streifschusses schnell genug abklang, dass sie rechtzeitig wieder laufen konnte, um der Explosion des Kondensators zu entfliehen.
Wenn sie die gesamte Anlage später noch sprengen wollten, würden sie den Naquada-Generator mit nehmen müssen. Zum Glück lehnte einer der Rucksäcke an der Konsole. Während Sam über ihr weiteres Vorgehen nachdachte, leerte sie ihn achtlos aus und stopfte den Generator hinein, sorgfältig darauf achtend keine Kabel abzureißen.
Wie der Reaktor war auch der Kondensator nicht dazu gedacht zu explodieren, sie würde irgendwie tricksen müssen, um die internen Sperren zu umgehen. Halbwegs wissend wo sie hinwollte, begann sie den an den Kondensator angeschlossenen Laptop zu bearbeiten, während sie gleichzeitig nachdachte, wie sie im weiter machen sollte. On the Fly -Planung nannte sie das.
Sie durfte vor allem keinen Fehler in der Reihenfolge machen: Wenn sie den Generator von der Fabrik abklemmte würde es dunkel werden und sie behindern, wenn sie sich zu viele Dinge zwischen Laden des Kondensators und ihrer Flucht vornahm, würde sie nicht weit kommen. Sie schätzte bis zur Explosion etwa 30 Sekunden Zeit zu haben, wahrscheinlich mehr. Entsprechend musste sie planen.
Allmählich glaubte sie, die richtige Methode für die Überladung gefunden zu haben. Wenn sie damit fertig war, würde sie den Kondensator vom Reaktor abklemmen müssen und ihn werfen. Das müsste er überstehen. Gerade zu diesem Zeitpunkt würde sie auf McKays Feuerschutz angewiesen sein. Dann musste sie den Generator abklemmen und sich auf den Weg machen.
Okay. Sie musste jetzt nur noch einmal klicken, dann würde die Überladung beginnen. Sie massierte sich den Fuß. Inzwischen war er nicht mehr taub – dafür gab es einen stechenden Schmerz, wenn sie ihn zusammendrückte. Schlecht. Sie musste Zeit gewinnen.
Erneut eröffnete sie das Feuer auf die Wraith. Sie hatten keinen Boden gewonnen während McKay die Stellung gehalten hatte. Dann war das Magazin leer. Sie legte ihr letztes ein. Als auch dieses halb leer war, stellte sie das Feuer ein.
Ihr Bein fühlte sich immer noch nicht so vertrauenserweckend an, aber sie wollte es versuchen. Über Funk erklärte sie McKay ihren Plan.
Sie kontrollierte noch einmal hastig alles, massierte den Fuß und begann dann die Überladung. Ein stetig wachsender, rot werdender Balken zeigte die Größe der Überladung des Kondensators an. Währenddessen schaltete sie die Lampe an ihrer Waffe wieder ein.
„Warten Sie“, brüllte auf einmal McKay.
Sie sah auf die Anzeige des Laptops. „Zu spät!“ erkannte sie. In Gedanken begann sie zu zählen: Eins.
„Aber es gibt keine Wraith mehr!“
Verdammt. Tatsächlich waren die Schüsse verklungen. Das war es also, was sie zuletzt unterbewusst als besser empfunden hatte. Sie war nur zu konzentriert gewesen, um daraus die Konsequenzen zu ziehen. Doch das half jetzt alles nichts mehr. Sie saßen bereits auf der tickenden Bombe, jetzt mussten sie sie auch einsetzten, selbst wenn es niemanden mehr gab, den sie damit in die Luft sprengen konnten.
Drei.
Sie riss die Anschlüsse vom Kondensator und griff ihn mit beiden Händen. Nun würde sie die geringe Schwerkraft wirklich brauchen, weil das Ding war nicht leicht.
Sam erhob sich aus der Deckung und warf mit aller Kraft in den Korridor voller toter Wraith. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit, bis neue nachrückten und vielleicht würde auch eine vorzeitige Explosion wenigstens dieses Nachrücken zu verhindern wissen.
„Gehen Sie.“ Hastig riss sie die Kabel des Reaktors aus der Konsole und löschte damit das Licht. Zehn. Sie schulterte den Rucksack und sprang auf, dem Ausgang entgegen. Eigentlich hatte sie vorgehabt zu rennen, doch ein stechender Schmerz durchfuhr ihr Bein. War sie doch noch erneut getroffen worden?
Sie strauchelte, doch hielt gerade noch ihr Gleichgewicht. Unwillig im freien Schussfeld der Halle stehen zu bleiben, humpelte sie weiter. Wraith können im Dunkeln sehen, durchfuhr es sie. Wenn einer von denen noch lebt...
Dann erreichte sie die trügerische Deckung des Korridors und machte den Fehler ihr rechtes Bein erneut zu belasten. Diesmal brach sie zusammen. Nein, sie war nicht getroffen worden. Es waren die Nachwirkungen des ersten Treffers. Sie hatte sie unterschätzt.
Für einen kurzen Moment lag sie gelähmt am Boden, dann versuchte sie aufzustehen. Wie lange würde es dauern, bis die nächste Welle von Wraith heran war, den Raum durchquerte und ihr in den Rücken schießen konnte? Wo war sie mit dem zählen? Bei zwanzig?
Sie rappelte sich auf. Zweiundzwanzig. Humpelnd bewegte sie sich vorwärts, das rechte Bein so wenig wie möglich belastend. McKay war nicht mehr zu sehen, war demnach schon in der Lagerhalle verschwunden, die Sheppard gefunden hatte. Vierundzwanzig. Wenn das Ding wirklich bei dreißig explodierte, würde sie es nicht mehr schaffen. Sie würde umkommen und der Explosion wäre es völlig egal aus wieviel anderen Situationen sie zuvor schon entkommen war.
Faktor 10, dachte sie und versuchte sich an das Gesicht des Professors zu erinnern, der das einst gesagt hatte. Einen Faktor 10 können sie am Ergebnis einer groben Rechnung immer wegdiskutieren.
Siebenundzwanzig.
Während sie in ihrem seltsam hüpfendem Gang weiterhastete, hoffte sie, dass ihre vielleicht mehr als 30 Sekunden -Unsicherheit soviel wie wesentlich mehr bedeutete.

Zwei Minuten zuvor.
Es war Rodneys schlimmster Alptraum. Er allein gegen eine Horde von Wraith. Lebens-aussaugende Aliens, die kamen, um ihn zu holen. Keine Hoffnung er könne aufwachen oder das es nicht real wäre.
Unter anderen Umständen, wenn er in Sicherheit gewesen wäre, hätte er sich nicht geschämt zuzugeben, dass es ihm Befriedigung verschafft hätte, diese Geister zur Hölle zu schicken. Doch Rodney McKay war weder in Sicherheit noch befriedigt, er kämpfte um sein Leben.
Immer wieder rührten sich Wraith, die er in der Hektik nicht oft genug getroffen hatte. Mehrfach wurde er selber beinahe getroffen und war jedes Mal danach so geschockt, dass der Großteil seiner Schüsse erst einmal ins Leere ging.
Er hätte sich gewünscht, dass Sheppard und Teyla jetzt nicht im Jumper irgendwelchen Beschäftigungen mit zweifelhaftem Nutzen nachgingen, sondern hier bei ihm gewesen wären und ihm halfen dieser Sturmflut Herr zu werden.
Doch sie waren nicht hier und das einzige, was ihn im Moment wirklich schützte, war die Deckung der Konsole ohne die er nicht den Hauch einer Chance gehabt hätte.
So aber hatte er mehr Erfolg, als er sich zugetraut hätte.
Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, dass Carter über Funk mit ihm sprach. Kurz darauf hatte er dennoch ihre Planung erfasst. So oder so, würde es also bald zu Ende sein.
Wie in Trance schoss er weiter, ständig die Positionen wechselnd. Doch dann bemerkte er, dass alle Wraith, die er zuletzt getroffen hatte, bereits am Boden gelegen hatten. Ihm gingen die Ziele aus.
Beim nächsten Mal achtete er darauf. Im Korridor regte sich tatsächlich nichts mehr. Erleichtert desintegrierte er einige der vermeintlich Toten.
„Warten Sie“, brüllte er dann plötzlich, als er sich erinnerte, dass Carter noch immer am Werk war.
„Zu spät!“ kam es mit einem leichten Anflug von Entsetzten zurück.
„Aber es gibt keine Wraith mehr!“ erwiderte er in einem erneuten Anflug von Entsetzen.
Ratlos blieb er einen Moment sitzen. Dann folg plötzlich in ungewöhnlich hohem Bogen die riesige Abführkapsel des Kondensators über seinen Kopf hinweg, landete im Korridor, rollte ein Stückchen und blieb vor einem toten Wraith liegen. Sein Horrorvorstellung, dass das Ding in seine Richtung zurückrollte, erfüllte sich nicht. Dafür war die Tatsache, dass etwas explodierte, bevor es das eigentlich sollte, schreckliche Realität.
Ohne weiter nachzudenken sprang er auf und jagte in den Wraith-freien Korridor.
Das Licht ging aus, wie Carter es angekündigt hatte. In seinen Gedanken waren bereits die nächsten Wraith wieder heran. Und wenn nicht sie, dann doch zumindest die angekündigte Explosion, die sich hinter ihm ausbreiten würde.
Ohne innezuhalten sprintete er in der Dunkelheit weiter, wissend das es keine Hindernisse gab und versuchte dabei die Lampe aus seiner Jackentasche zu ziehen.
Die Luft rauschte an ihm vorbei, wie er das nie für möglich gehalten hatte, seine Beine wirbelten vom angesammelten Adrenalin aufgeputscht wahnsinnig schnell umher. Dann erreichte er die Tür, die er zuvor links liegen gelassen hatte, hieb gegen den Schalter und stolperte ins finstere Innere.
Sein Puls raste, er konnte kaum noch atmen. Er beugte sich nach vorn und stützte die Hände auf die Schenkel, damit sein Herz nicht mehr in so große Höhe pumpen musste, aber es wurde eher schlimmer als besser. Erst jetzt begann er den Preis für die Leistung zu zahlen, die er seinem Körper gerade abverlangt hatte.
Rodney begann sich irrerweise in diesem unpassenden Augenblick zu fragen, wie viele Millionen Jahre die Evolution brauchen würde, bis der Mensch eine Substanz produzieren konnte, die ihn ruhiger werden lies, um sich den intellektuellen Problemen zu stellen, statt die Muskeln und Reaktionsschnelligkeit hoch zu puschen.
Wo war Carter? überkam es ihn siedend heiß.
Sie hätte unmittelbar hinter ihm sein sollen, war aber noch nicht eingetroffen.
Er begann wieder zu verkrampfen. Es konnte nicht mehr lange dauern. Lediglich sein Zeitgefühl war aus dem Takt geraten, Carter schien lediglich zu lange zu brauchen, jede Sekunde konnte sie hereinstürmen. Sie konnte auf sich selbst aufpassen.
Verflucht. Es waren noch keine zwei Sekunden vergangen, da begannen ihn schon wieder die Zweifel zu packen. Er würde da jetzt nicht raus gehen, nachdem er sich gerade von dort gerettet hatte!
Er stürmte zurück zur Tür. Warum konnte er nicht einmal Feigling sein und auch bleiben, warum musste er immer genau dann damit brechen, wenn die Lage am kritischsten war?!
Carter war im Korridor nicht zu übersehen. Erneut spurtete er los, ihr entgegen. Ihre Lampe bewegte sich hüpfend, noch verdammt nahe an der Fabrik. Nur warum sie das tat, konnte er nicht erkennen.
„Fünfunddreißig!“ rief sie ihm entgegen.
35 was? Etwa verstrichene Sekunden?
Das durfte nicht wahr sein!
Rodney erreichte sie. Inzwischen hatte er erkannt, dass sie ein Bein nicht richtig benutzen konnte und daher stützte er sie. Gemeinsam kamen sie etwas schneller voran, als sie es alleine schaffte. Wenn sie bloß mit dem Zählen aufgehört hätte!
Das Schott fuhr hinter ihnen zu.
„Neunundvierzig“, seufzte sie. Was war los, wann kam die Explosion? „Ich danke Ihnen, McKay...“
Ein gewaltiger Schlag raubte ihm fast das Bewusstsein. Der Boden bockte und riss ihn von den Füßen.

„McKay?“
„Hier!“ Er fuhr hoch. Sein Schädel dröhnte, die Ohren schmerzten schlimmer als von Sheppards und Fords Schockgranaten. Ihm war schwindlig.
Er musste für einen kurzen Moment weg gewesen sein.
„Wie lange war ich bewusstlos?“
„Soweit ich weiß, gar nicht. Ich hab mir nur Sorgen um Sie gemacht.“
„Das ist toll.“
Zwei Lampen sorgten nur für unzureichende Beleuchtung. Vor Rodney erstreckten sich lange und hohe Regale voller Container. Einige von ihnen waren herab gefallen und geborsten oder schienen kurz davor zu stehen.
„Können Sie stehen?“ kam die leicht frustrierte Frage von nebenan. „Dann nehmen Sie sich doch bitte eine Waffe und sehen nach, ob die Luft rein ist.“
In der Gewissheit keine Wahl zu haben zwang er sich wieder auf die müden Beine.
Die Zat musste er im Korridor fallen gelassen haben. In einer Hand hatte er die Waffe in der anderen die Lampe getragen. Eine Hand hatte er gebraucht, um Carter zu stützen. Ob es Absicht gewesen war auf die Wunderwaffe statt auf die Lampe zu verzichten, wusste er inzwischen nicht mehr zu sagen.
Rodney griff nach seiner normalen Pistole und ging zurück zum Schott. Zu allem Überfluss musste er dabei feststellen, wie sehr er dabei zitterte und daran auch nichts ändern konnte. Noch immer strömte zu viel Adrenalin durch seine Adern.
Ein Knirschen ertönte, als er den Schalter betätigte. Dann ruckten die beiden Hälften der Tür ein Stück auseinander. Steine fielen herein und Sand rieselte hinterher. Die andere Seite lag buchstäblich in Trümmern – und das bis zur Decke, die dort einmal gewesen war.
Die Tür verharrte in ihrer Stellung, nur einen Spalt weit geöffnet und verhinderte so das vollständige hereinrutschen des Gerölls.
„Na toll.“ Verbitterung klang aus seiner Stimme. Die Wraith waren sie vorerst los. Dafür hatten sie sich lebendig begraben. Sie würden also doch sterben.
Unfähig in seinem derzeitigen Zustand darüber Entsetzen zu zeigen, lehnte er gegen die Wand und ließ sich unendlich erschöpft daran zu Boden sacken. Jetzt war ihm alles egal.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Wir finden einen Weg raus, selbst wenn die DAEDALUS kommen und rausbeamen muss.“
Sie sagte das mit einer Ruhe als wäre sowas ein alter Hut für sie. Doch es gelang Rodney nicht einmal in diesen Gedanken etwas Ärger hinein zu legen. Im Moment erschien ihm sogar völlig absurd, sich vor kurzem überhaupt mit ihr gestritten zu haben. All das wirkte auf einmal unglaublich fern.
Todesfurcht. dachte er. Reduziert den Blick auf das Wesentliche.
„Hier ist Carter.“ Er blickte zu ihr hinüber und sah, dass sie schon wieder in ihr Funkgerät sprechen musste. „Colonel Sheppard, wie ist Ihr Status?“
„Wir sind hier ziemlich beschäftigt!“ erklang es wie aus der Pistole geschossen in seinem Ohr. Auch Sheppard schien auf Adrenalin zu sein. „Was ist mit Ihnen?“
„Wir sind ebenfalls beschäftigt“, meinte sie. „Carter Ende.“
Offenbar war ihr doch nicht nach viel reden.
Gut so.
Er war völlig verschwitzt. Es fühlte sich an, als hätte er ein Bad genommen. Erst jetzt merkte er, wie es überall da triefte, wo es keinen Stoff gab, der sich voll saugen konnte.
Schweigen breitete sich aus, nur erfüllt von ihrer beider Atem und dem Pochen seines Herzens. Die Stille tat gut, ihre verzweifelte Lage nicht.
Es waren nur wenige Minuten des Ausruhens vergangen, als aus Carter heraus brach: „Ich hab’s! Überlegen Sie, die fertigen Teile fallen doch bestimmt nicht einfach so aus der Öffnungen in der Wand herunter. Und es kommt bestimmt kein Antiker, der sie von Hand dort wegträgt.“
Die Worte durchquerten Rodneys Ohr, wanden sich durch sein Hirn und traten auf der anderen Seite wieder zu Tage. Sicher gab es da draußen noch mehr Wraith, dachte er. Doch solange sie hier eingeschlossen waren, würden diese genauso wenig hier rein kommen, wie sie raus kamen...
„Sie meinen ein Antigrav-Förderband!“ durchfuhr es ihn wie ein Blitz. „Die fertigen Teile schweben einfach durch die großen Korridore an ihren Bestimmungsort.“
„ Ja, genau!“ Ein wenig Begeisterung über diese Erkenntnis zeigte sich in ihren müden Zügen. „Und wenn wir Glück haben sind vor unserer Tür nicht alle Projektoren für die Bänder zerstört worden.“
„Wir werden also nicht sterben...“ erkannte er die Konsequenzen dieser Aussage. „Huuh!“ erklang es plötzlich und Rodney erkannte, dass dieses Geräusch sein eigner, begeisterter Ausruf war. „Wir werden nicht sterben!“
Es gab also doch einen Ausweg, sie waren nicht lebendig begraben. Das wiederum vermochte nun ihn zu begeistern. „Wir schalten von den Bändern ein, was noch da ist und das Gestein wird solange von ihnen in den Korridoren verteilt, bis wir einfach drüber laufen können“, erklärte er.
„Kriegen Sie das hin?“ fragte sie nur.
Jetzt wieder ein Ziel vor Augen sah er treffsicher hinüber zu einer der Wände. Auch hier fand sich eine dunkle Konsole. Irgendwo musste es auch Öffnungen für den Naquada-Generator geben. „Ich denke schon“, sagte er und erhob sich qualvoll, aber wieder motiviert. „...dann mach ich mich mal an’s Handwerk...“
„Das ist es, nicht wahr?“ kam es spontan von ihr.
Die ruhige Stimme hielt ihn zurück.
„Das ist was?“
„Der Grund, warum Sie mich hier nicht haben wollten, warum Sie sich so gegen meine Hilfe bei der Drohnenfabrik und der Energieversorgung mit dem Kondensator gewehrt haben.“
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“ Das stimmte. Trotzdem war ihm nicht geheuer, was sie sagte. Es erinnerte ihn unangenehm an ihre letzte Unterhaltung in Atlantis. Worauf immer es raus lief, zum streiten hatte er jetzt wirklich keine Lust.
„Sie sagten Handwerk. “ Carter schüttelte mit dem Kopf. „Handwerk steht bei ihnen ganz unten in der Achtung. Ein handwerklich guter Spieler, aber kein Gespür für die wahre Kunst“, zitierte sie ihn.
Peinlich berührt erinnerte er sich an diesen Satz. Warum waren es immer die unangenehmen Dinge, die so klar und schmerzhaft deutlich im Gedächtnis haften blieben? Einst hatte er ihr seine Lebensgeschichte gebeichtet. Er wünschte sich, das nicht getan zu haben. Was und auch wie er es gesagt hatte, fand er heute unerträglich.
Zu seiner Bewunderung erhob auch sie sich jetzt: Ein Schuss aus einer Wraithwaffe war durchaus zu verkraften, wirkte aber lange nach. Trotzdem belastete sie beide Beine, wie um ihm zu zeigen wie sicher und wie ernst es ihr mit dem war, was sie sagen wollte.
„Ich denke daher nicht, dass sie sich als Handwerker sehen, McKay. Sie sind der Denker, vielleicht der Künstler oder das Genie. Aber Handwerk liegt unter Ihrem Niveau.“
Er starrte sie an. Wortlos, wehrlos. Was tat man, wenn sich jemand vor einen stellte und direkt in sein Innerstes sah.
Doch Carter ließ nicht locker. Was immer sie da begonnen hatte, sie wollte es zu Ende bringen. „Ich hatte eben eine Idee und Sie machen sich jetzt daran sie umzusetzen. Aber das ist Ihnen zu wenig, gerne hätten Sie selbst diese Idee gehabt. Sie fühlen sich dadurch... Sie fühlen sich durch mich herabgestuft, nicht wahr?“
„Jeder bessere Klempner könnte das jetzt tun. Wenn die Projektoren da draußen funktionieren, ist das Einschalten kein Problem mehr“, hörte er sich sagen. Doch irgendwie stand er neben sich und redete nicht wirklich bewusst.
„Mag sein“, gab sie ihm recht. „Aber was ist eine Idee, wenn man sie nicht umsetzten kann?“ Sie dachte einen Moment nach. „Wer hatte die Idee mit der Modifikation des Diagnoseprogramms oder mit der Übersetzung der Schriftzeichen? Wer hatte die Idee den Kondensator zu sprengen? Sie waren das! ...und wer musste das mit dem Kondenstor dann umsetzten?“
„Wer hatte die Idee, dass es überhaupt das Diagnoseprogramm war? Wer wollte den Kondensator überhaupt mitbringen?“ Langsam hatte er das Gefühl seine Fassung zurück zu gewinnen und sich zur Wehr setzen zu können.
„Na und?!“ warf sie ihm entgegen. „Sie haben recht, ich arbeite meistens allein. Sie dagegen arbeiten in einem Team. Sie müssten doch wissen, dass ein Team davon lebt, dass sich alle ergänzen, dass sich Fähigkeiten multiplizieren, statt addieren. Ich selber mag ein paar gute Ideen gehabt haben, aber ohne Sie wäre ich nicht halb so weit gekommen. Nichts was ich sage macht Ihre Vorschläge weniger wert. Sie glauben, dass ich Ihnen etwas wegnehmen könnte. Aber ich denke, das ist völlig unmöglich. Ich kann Ihnen nicht Ihren Einfallsreichtum stehlen. “
Rodneys Kampfbereitschaft war während ihrer Worten verpufft. Was ihm eben noch wie ein Angriff auf seine Persönlichkeit erschienen war, entpuppte sich nun zu seinem Entsetzen als Versuch ihm zu helfen.
Er schwieg, musste erst eindringen lassen, was eben gesagt worden war.
Auch Carter schien ihm nach ihrer selbstsicheren Rede etwas verlegen, fast als wäre sie auf einmal doch nicht mehr so von ihr überzeugt. „Na schön...“ Ein verkrampftes Grinsen. „Ich werd dann mal sehen, ob in den Kisten da ist, was wir brauchen.“ Dann drehte sie sich schnell um und begann sich den Regalen zu widmen.
Rodney regte sich nicht, war innerlich wie äußerlich wie erstarrt. Völlig baff sah er ihr hinterher.

Als McKay das mit dem Handwerk erwähnt hatte, war Sam nicht nur das klar geworden, was sie ausgesprochen hatte. Sie hatte auch erkannt, dass sie einen Teil ihres Ärgers auf ihn dazu benutzt hatte sich selbst etwas vorzumachen: Sie bereute durchaus in Atlantis seine eigene Ehrlichkeit gegen ihn benutzt zu haben.
Und auf einmal hatte sie nicht nur eine Chance gesehen das wieder gut zu machen, sondern ihr Verhältnis generell aufzuwerten.
Dabei war es ziemlich gewagt gewesen, was sie da behauptet hatte. Sie war ihrem Instinkt gefolgt, hätte dabei aber auch leicht auf den falschen Gleis geraten und einen völlig absurden Gedankengang entwickeln können, der McKay in einem völlig falschen Licht darstellte.
Doch seine Reaktion glaubte sie inzwischen derart interpretieren zu können, dass sie damit nicht nur richtig gelegen, sondern auch dass er ihre Rede nicht in den falschen Hals bekommen hatte.
Zufrieden mit sich selbst begann sie die ersten Container auf der Suche nach etwaigen Beschriftungen abzusuchen.
Tatsächlich schien die Logik, auf einer Verpackung deren Inhalt zu vermerken, universell zu sein. Sie fand umfangreiche Labels mit Daten darauf, dominiert von einer dicken Typenbezeichnung, nach denen die Container sortiert erschienen. Glücklicherweise hatte sie sich die Bezeichnung des Teils, welches sie suchten, herausgeschrieben und mitgenommen. Dank McKay ging auch bald das Licht wieder an, so dass sie besonders die hoch liegenden Container besser erkennen konnte.
Sie machte einen Bogen um die herabgestürzten oder schief liegenden Containerreihen und fand tatsächlich einige Meter über ihr einen Behälter mit der richtigen Bezeichnung. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er dort ebenfalls per Antigrav abgestellt worden. Trotzdem gab es an den Regalen immer wieder Leitern, die es ihr auch ganz konventionell erlaubten den Container zu erreichen.
Dieser war so gebaut und so abgestellt worden, dass er leicht zu öffnen war. Er war randvoll mit genau den Modulen, die sie suchten. Triumphierend nahm sie zwei der länglichen Quader heraus. Dann stieg sie wieder herab und begann sich den anderen Containern zu widmen. Wenn sie schon mal hier waren, sollte sie die Gelegenheit zum Großeinkauf nutzen...
Irgendwann trugen die Radiowellen auch wieder Sheppards Stimme zu ihnen herunter. Dabei fiel Sam auf, dass er neben der offensichtlichen Unbeschwertheit auch noch über einen weiteren Charakterzug verfügte. „Wir sind hier oben fertig“, sagte er und es klang endgültig. Der Charakterzug war Kompromisslosigkeit.
Kurz darauf rief McKay in gutem Timing zu ihr herüber, dass er gleich fertig sein würde war, woraufhin Sam von den Containern abließ und den Naquada-Reaktor auf die Sprengung vorbereite.
Dann war es soweit: McKay schaltete die Antigravbänder ein und rumpelnd setzten sich die Gesteinsmassen außerhalb der nunmehr wieder geschlossenen Tür im Bewegung. Allmählich ging das Geräusch in ein stetiges Grollen über.
„Wir haben’s geschafft!“ McKays Augen glänzten vor Erleichterung und auch Sam grinste zufrieden. Wenn alles glatt ging, würde der Rest ein Spaziergang sein.
Das Wort Spaziergang, traf es dann aber nicht wirklich.
Als die Geräusche verstummten, packten sie ihre Sachen zusammen. Sheppard hatte ihnen erklärt, dass er auf sie wartete und McKay versichtete Sam, dass die Förderbänder bis zu den Ringen reichten – also durchgehend für freie Bahn sorgten. Daher konnten sie ohne Risiko für sich selbst die Überhitzung des Reaktors einleiten. Im Gegensatz zu dem Kondensator war das diesmal recht gut steuerbar und Sam wählte eine halbe Stunde.
Dann öffneten sie die Tür. Sie glitt anstandslos beiseite, ließ dabei jedoch eine kniehohe Gerölllawine ein. Hastig sprangen sie beide beiseite.
Der Korridor war nur bis zur Höhe des tiefsten Antigravbandes abgetragen worden. Das herein gerutschte Gestein bildete dorthin eine Rampe, die sich als stabil erwies, als McKay sie betrat. Forsch schritt der in den nun freien Korridor hinein.
„Ich lasse die Felder eingeschaltet.“ Sprach’s und schwebte davon.
Sam sah dem von den Antigravfeldern getragenen McKay hinterher und schickte sich an ihm zu folgen. Das Gestein knirschte unter ihnen Stiefeln. Sie teilte nicht McKays Übermut, war jedoch durchaus neugierig. Vorsichtig trat sie in den dunklen Korridor. Ein leichter Luftzug durchströmte ihn. Dann riss sie plötzlich etwas von den Füßen.
Doch sie fiel nicht. Sie flog.
Im Gegensatz zum plötzlichen anfänglichen Ruck begann sie sich nun ganz langsam in die Horizontale zu neigen, den voll beladenen Rucksack nach unten. Sie wusste gar nicht wie ihr geschah.
Vorsichtig richtete sie den Lichtstrahl ihrer Waffe auf die Decke über ihr. Bröckelndes, rohes Gestein zog über sie hinweg. Halbherzig versuchte sie daraufhin sich um ihre Achse zu drehen, was natürlich ohne etwas, von dem sie sich abstoßen konnte, nicht ging. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als sich zu entspannen und die Fahrt zu genießen.
Obwohl die Reise zügig voran ging, dauerte es mehrere Minuten, bis sie den Ringraum erreichte. Sanft kippte das Feld sie wieder in die Ursprungslage und stellte sie inmitten der Ringe ab, die sich automatisch einschalteten.
Kurz drauf stand sie im hellen Licht der nachgiebig, hellgrünen Oberfläche von Cestus. Sirrend dehnte sich die seltsame Pflanze in die Bresche aus, welche die Ringe hinterlassen hatten.
McKay strahlte sie in Siegerpose an, Teyla stand an der Rampe des Jumpers und winkte sie herbei. Das Schiff wirkte ziemlich angeschlagen und hatte offensichtlich einen harten Luftkampf hinter sich.
Kurz darauf waren sie in der Luft. Sie aktivierten das Gate und verließen die Welt zur Abwechslung mal lange vor einer angekündigten Explosion.

„Es geht Ihnen gut, Rodney“, versicherte ihm Carson mit seinem treuesten Blick.
Glauben tat Rodney es ihm trotzdem nicht, Medizin war eine viel zu wenig exakte Wissenschaft. Außerdem wusste er doch, wie miserable er sich fühlte! „Ich komme gerade aus einer uralten Station der Antiker, von einem Planeten mit völlig unbekannter Vegetation, ich war umgeben von einer Hundertschaft Wraith, ich habe gegen sie gekämpft“, zählte er auf. „Und das soll spurlos an mir vorübergegangen sein?“
„Nun, wenn Sie es so sehen, ist es nicht spurlos an Ihnen vorübergegangen.“
„Ich wusste es!“
Carson seufzte. „Sie haben immer noch einen etwas erhöhten Blutdruck“, erklärte er ihm. „Aber das wird sich geben.“
Ha, Blutdruck. War das alles, was er überprüfte?!
Carter verließ das angrenzende Krankenbett, auf dem sie während ihrer Untersuchung gesessen hatte, und kam zu ihnen herüber. „Sie haben ganz allein einen Ansturm der Wraith zurückgehalten ohne einen Kratzer abzubekommen. Das ist doch eine Leistung, auf die Sie stolz sein können“, schlug sie ihm vor.
„Haben Sie das wirklich?“ War es Unglauben oder Bewunderung, was Rodney da in der Stimme des Arztes hörte?
Doch Rodney war nicht stolz, jetzt nicht. Er erinnerte sich statt dessen an die unterdrückten Flüche, die er jetzt endlich herauslassen konnte. „Ja, habe ich. Aber das alles wäre nicht nötig gewesen, wenn CaptainKirk nicht gemeint hätte, er müsste einen Luftkampf führen!“ Er richtete diese Worte hinüber zu Sheppard.
„Hey! Wären ich und Teyla nicht gewesen wären, hätten Sie bei Ihrem Rückzug vielleicht gar keinen Jumper mehr vorgefunden.“
„Das hätte mir aber alles nichts genutzt, wenn ich tot wäre!“
Sheppard grinste ihn nur an, als ob er es nicht ernst nähme. „Sehen Sie’s so McKay: Sie konnten endlich mal zeigen, was in Ihnen steckt.“
Musste jetzt jeder meinen, er könne den Psychoanalytiker bei ihm spielen?!
Auf einmal spürte er Carters Hand, die besänftigend auf seinem Arm lag. Nach kurzem Zögern schluckte er seinen Ärger herunter.
„Der Reaktor müsste gleich überladen“, meinte Carter mit Blick auf ihre Uhr. „Wir sollten kurz darauf den Planeten noch einmal anwählen, um uns zu vergewissern, ob es geklappt hat.“
So wie es aussah, würde Carson also keinen Ganzkörperscan mehr von ihm machen. Sollte er doch sehen, wo er blieb, wenn Rodney morgen tot zusammenbrach!
Er verließ mit Carter und Sheppard die Krankenstation in Richtung Torraum. Sorgen ihr Plan könne jetzt noch fehlschlagen und der Reaktor nicht explodieren, hatte er nicht. Die Antigravbänder liefen zur Zeit nur in eine Richtung und ein „gegen den Strom schwimmen“ war bei ihnen kaum möglich, so dass die Wraith den Reaktor nie rechtzeitig erreichen konnten.
Im Torraum angekommen stellte Rodney sich nach einem knappen Kommentar an den Dienst habenden Techniker ans DHD und wählte die Adresse von Cestus aus dem Gedächtnis heraus.
Die Verbindung kam nicht zustande. Entweder war das Gate also zerstört oder verschüttet worden. Auf jeden Fall glaubte Rodney nicht, dass nach der Explosion auf Cestus noch irgendetwas von Wert zu finden wäre.
Wie schön, dachte er, schob Carter beiseite und ließ sich in den nächsten freien Sessel fallen. Damit war das endgültig erledigt.
Jetzt eine heiße Dusche und dann konnte er sich endlich, endlich ausruhen...

Am nächsten Tag traf sich Rodney mit Carter in einem der Labore. Er hatte die Nacht über wie ein Stein geschlafen, war dafür aber mit Muskelkater an Stellen erwacht, an die er sich gar nicht erinnerte sie belastet zu haben. Dennoch hatte er nicht vor sich bei irgendwem zu beklagen. Im Gegenteil.
„Sie hatten recht. Ich war tatsächlich neidisch auf Sie und hab mich deswegen wie ein Idiot aufgeführt“, quetschte er hervor. Dies hatte er inzwischen eingesehen und war sogar bereit es Carter gegenüber zuzugeben. Fast schwieriger war jedoch der zweite Teil, den er schnell hinzufügte, bevor er es noch zu lange vor sich herschob und dann doch nicht aussprach: „Das... tut mir leid!“
Sie lächelte nachdenklich. „Wissen Sie, vor unserer Abreise hätte ich noch gesagt, wir sind quitt. Auch ich war nicht gerade freundlich zu Ihnen, McKay“, meinte sie und Rodney konnte nicht anders, als ihr zuzustimmen. „Nachdem wir jetzt aber wieder zurück sind, ist es eher an mir, mich zu bedanken, dass Sie mich aus diesem Korridor geholt haben... was ich hiermit tue.“ Ihr Lächeln wurde breiter und offener. Rodney konnte nichts dafür, als sein Herz einen Satz machte.
„Oh, das war nicht das erste Mal, dass ich Kameraden unter der selbstlosen Gefährdung meines eigenen Lebens aus Gefahren gerettet habe...“, hörte er sich prahlen, verstummte dann aber auf Carters schiefen Blick hin.
Dabei war das nicht einmal übertrieben. Er mochte ein miserabler Kämpfer sein, dem peinlicherweise auch mal das Magazin beim Versuch zu schießen aus der Pistole fiel, der ganz selten auch nach Hilfe rief, statt sich selbst zu wehren. Aber es gab Momente, in denen er über sich selbst hinauswuchs und das sollte auch mal jemand würdigen.
Wenn er sich einer Situation erst einmal nicht mehr entziehen konnte, stellte er sich vor Weir ohne daran zu denken, dass er damit selbst zum Ziel wurde, stapfte er mitten hinein in ein Energiewesen, da nur er allein es vertreiben konnte. Und so wenig ihm das vorher nützte, so sehr gab ihm das im Nachhinein Selbstvertrauen.
Dann fiel ihm etwas anderes ein. „Nennen Sie mich Rodney“, bot er ihr an, begann jedoch dann gleich wieder das Plappern: „Ich meine, nachdem wir beide jetzt soviel gemeinsam durchgemacht haben, da könnten wir doch...“
„Okay“, meinte sie nur. „Sie wissen ja, wie man mich nennt.
Und was dieses gemeinsam durch die Hölle gehen angeht: ich glaube, da haben Sie mit Ihren Kollegen hier weit mehr gemeinsam...“ Noch bemerkte er nicht das Funkeln in ihren Augen.
„Och, naja...“ gab er sich bescheiden.
„Da sind doch auch Frauen dabei. Also wer ist es? Teyla? Weir?“
Er starrte sie entsetzt an. „Das ist nicht Ihr Ernst!“ Wie kam sie auf solche Ideen?
„...diese Psychologin ist doch blond, oder?“
Es war nicht ihr Ernst. „Es ist nicht Ihr Ernst“, erkannte er erleichtert.
Sie lachte. „Nein, vermutlich nicht.“
„Na dann.“ Mal wieder unsicher, wie er nun reagieren sollte, sah er umher. Dann fiel ihm etwas ein. Er schnappte sich die luftgepolsterte Plastiktüte mit dem wertvollen Gerät, das sie unter soviel Mühen erworben hatten, und hob es hoch. „Gehen wir jetzt an die Arbeit? Mmh?!“ Dort wenigstens konnte er sich auf sicherem Grund bewegen.

Rodney und Carter machten sich schließlich daran das Gerät in die Fabrikanlage einzupflanzen und dort alles wieder ordentlich zu verschließen. Dank Rodneys Vertrautheit mit Antikertechnik war das lästig, aber kein Problem.
„Das glaube ich einfach nicht!“ Er starrte nach verrichteter Arbeit auf die Kontrollen. Sie waren so statisch wie zuvor, obwohl sie eigentlich in hektische Aktivität verfallen sollten, nachdem die reparierte Anlage Strom wieder bekam.
„Lassen Sie die Diagnose noch einmal laufen...“
Rodney tat, wie geheißen. Es dauerte zwei Minuten, bis sie das Ergebnis hatten.
„Das ist doch ein Scherz!“ kam es diesmal von Carter.
Danach begannen sie beide gleichzeitig zu reden, hörten schlagartig auf und konnten sich erst mal nicht einigen, wer denn jetzt weiter machen sollte.
„Wir bauen das Teil wieder aus...“ „...und setzen es gleich wieder ein. Das selbe Teil.“ „Perfekt!“
Das Ergebnis des Testprogramms hatte etwas ergeben, mit dem keiner von ihnen gerechnet hatte, denn eigentlich hätten jetzt alle Probleme ausgeräumt sein müssen: Es zeigte einen weiteren Defekt an, der zuvor nicht da gewesen war.
Wie besprochen nahmen sie die Anlage wieder auseinander, lösten das Teil aus seiner Verankerung, drehten es einige Male in den Händen und setzten es wieder ein. Mit Grausen starteten sie daraufhin erneut die Routine.
Das Display listete nach weiteren zwei Minuten erneut die Ergebnisse auf.
„Tss!“ machte Rodney nur und warf sich gegen die Stuhllehne. Das darf doch nicht wahr sein!
Das durfte nicht wahr sein.
Jetzt war es ein anderes Teil, welches als defekt gemeldet wurde...

Wieder versammelten sie sich Konferenzraum, wieder waren alle Blicke auf ihn gerichtet. Zähneknirschend legte Rodney die Situation dar.
Die Anlage simulierte Fehler. Hätten sie nicht die Diagnoseroutine modifiziert, hätten sie das nie bemerkt. Aber offenbar gab es in der Decke der Halle einen Sensor, der sich nicht nur wie üblich mit jemandem begnügte, der das Antikergen hatte, um etwas einzuschalten. Nein, er wartete auf einen echten Antiker.
„Wir wissen von Untersuchungen an einer Antikerfrau, die wir in der Antarktis fanden“, ergänzte ihn Carter, „dass im Gegensatz zu einem Menschen die Antiker ihr Gehirn weiträumig nutzen, während bei uns weite Bereiche brach liegen. Wir vermuten daher, dass der Sensor unter anderem auf bestimmte Hirnströme anspricht. Keine Hirnströme, keine Berechtigung die Anlage zu starten.“
„Bei diesen Untersuchungen haben sie diese Hirnströme doch gemessen“, warf Sheppard ein. „Können sie diese Daten nicht irgendwie in die Elektronik hinter dem Sensor einspeisen?“
Ideen hatte er, das musste Rodney ihm lassen. „Nein“, antwortete er trotzdem ohne zu zögern. „Wir haben so einen Sensor noch nie gesehen. Entsprechend haben wir keine Ahnung, wie er einen Antiker überhaupt wahrnehmen würde. Das ist wie, wenn Sie versuchen würden eine Röntgenaufnahme von Ihrem Kopf einem Gesichtserkennungsprogramm vorzulegen. Das würde darauf auch nicht ansprechen.“
„Das heißt also, die ganze Sache war umsonst?“
Zu seinem eigenen Ärger musste Rodney dem zustimmen. Fast hätte er gar Sheppard für seine Brillanz, das zu erkennen, voller Sarkasmus gelobt. Doch da dies seinem eigenen Ruf nicht gerade zuträglich gewesen wäre, ließ er das besser.
Für einen Augenblick schwebte Sheppards Frage im Raum. „Nun ja, Colonel“, meinte Carter zu Rodneys Erleichterung, „hinterher ist man immer klüger. Und das eine derartige Situation vorlag, war im Voraus nicht abzusehen.“
Schweigen.
Auch nicht die optimale Antwort, dachte Rodney.
„Irch glaube nircht, dass es umsonst war.“
Niemand hatte damit gerechnet, aber auf einmal erhob Zelenka die Stimme.
„Im letzten Jahr ist hier mehrr Technik zu Bruch gegangen, als in den zehntausend Jahren, in denen die Stadt sich selbst überlassen war. Das meiste davon“, er schüttelte den Kopf, „könnten wiir ohne Ersatzteile nie reparieren. Irch bin mir sicher, dass wiir einiges von dem, was sie von der Expedition mitgebracht haben, gut gebrauchen können.“
Rodney sah Carter an und sie erwiderte den Blick. So hatten sie das noch nicht gesehen.
„Es war auf jeden Fall einen Versuch wert.“ Weirs Stimme klang versöhnlich. Rodney fürchtete gerade sie enttäuscht zu haben, doch eigentlich war sie stets diejenige, die solche Dinge am nachsichtigsten sah.
„Trotzdem aber keine coolen Waffendrohnen“, beharrte Sheppard.
„Sie könnten ja Ihre Antikerfreundin fragen, ob sie vorbeikommt und für uns das Licht anknipst!“ schnappte Rodney. Was das anging sollte sich Sheppard besser nicht zu weit vorwagen.
„Hey, das ist nich fair. Sie wissen genau, dass das so nicht läuft.“
„Gentlemen, beruhigen sie sich“, ging Weir dazwischen bevor Rodney darauf etwas erwidern konnte. „Irgendwann werden wir einen Weg finden“, sagte sie eindringlich und schaffte es dabei irgendwie jeden im Raum gleich intensiv dabei anzusehen. „Bis dahin werden wir schon irgendwie zurecht kommen.“
Damit war dann wohl alles gesagt.
Und damit war dann wohl auch alles geklärt, was sie noch klären konnten – so unbefriedigend das auch für Rodney war.
Kurz darauf löste sich die Versammlung auf.

Sam hatte ihre Sachen gepackt und befand sich nun mit einer Tasche über der Schulter auf dem Weg zum Torraum.
Natürlich kränkte es nicht nur Rodneys Stolz, dass sie die Fabrik nicht zum funktionieren gebracht hatten. Obwohl die jetzige Situation natürlich um einiges besser war, als wenn man einfach in Zukunft einen ratlosen Bogen um die Fabrik gemacht hätte, hatte sie sich nach dem ganzen Aufwand doch mehr gewünscht als nur ein besseres Verständnis des Problems. Aber so funktionierte die Welt eben nicht.
Im Kontrollraum bemerkte Weir ihr Eintreten und kam zu ihr herüber. „Hat mich gefreut Sie hier gehabt zu haben.“ Sie schüttelten die Hände. Hier war die Frau ihr viel sympathischer als in Hammonds Büro. „Wenn Sie noch fünf Minuten warten würden – die auf der Erde sind es gewohnt, dass wir erst um 1200 die Verbindung herstellen.“
„Kein Problem.“ Sam war schon froh genug überhaupt das Stargate für ihre Rückreise nutzen zu dürfen.
Dann entdeckte sie Rodney. Vor drei Tagen hätte sie nicht geglaubt, dass es möglich wäre dauerhaft derartig gut mit ihm auszukommen. Obwohl er natürlich noch immer seine Macken hatte, brachten diese sie heute nicht mehr auf die Palme.
Sie ging zu ihm hinüber. Letzte Chance sich zu verabschieden.
„Hey...“, begrüßte sie ihn.
„Sie gehen wohl wieder.“
„Ist offensichtlich, was?“ Sie zögerte einen Moment, fragte sich ob es der richtige Augenblick war, um es loszuwerden. Eines musste sie einfach noch zurechtrücken. „Hören Sie, Rodney, ich wollte Ihnen noch etwas sagen: Es geht bei uns nicht um das Sprengen von Sonnen! Wir Wissenschaftler, die wir SG-Teams zugeteilt werden, liefern das Hintergrundwissen, um eine Situation besser einschätzen zu können und wir lösen die anfallenden technischen Probleme.“ Skeptisch erwiderte er ihren Blick. „Aber was das angeht – so wie ich das sehe – ist Atlantis da in sehr guten Händen“, fügte sie hinzu und grinste. „...wobei Sie ja vielleicht schon morgen als erster ein schwarzes Loch verdampfen lassen!“
Abgesehen davon, dass sie es ihm zutraute, schien ihn die Idee zu begeistern.
„Sie können schon mal runter gehen, wir fangen gleich mit dem Wählen an“, rief Weir zu ihr herüber. Wenn es soweit war, sollte es möglichst schnell über die Bühne gehen, um das ZPM zu schonen.
„Ich bring Sie runter“, bot sich Rodney an.
Am Fuß der Treppe hielten sie in sicheren Abstand vom Tor an. Rodney hampelte nervös umher.
„Was ist?“ fragte sie unwillkürlich.
„Nichts. Ich bin’s nur nicht gewöhnt, dass man mir so viele nette Sachen sagt.“
Er war direkt süß, wenn er so drauf war. „Dann sagen Sie doch auch mal was Nettes.“
„Es war mir eine Ehre mit Ihnen zu arbeiten,“ kam es von ihm.
Sam runzelte die Stirn. Fast hatte sie geglaubt ihn zu kennen und schon wieder überraschte er sie. „Solche Aussagen sind doch sonst nicht Ihre Art.“
Er grinste, fast als hätte er es genau darauf abgesehen sie zu überraschen. „Nein. Im Ernst“, beteuerte er, stolz über die eigene Aussage. „Wir arbeiten gut zusammen.“
Vorsichtig nickte sie. „Ja, ich glaube, das tun wir...“ Es funktionierte noch nicht optimal, aber es funktionierte. Ganz zu schweigen davon, dass es sicher noch vieles gab, was sie sich gegenseitig beibringen konnten. „Vielleicht werden wir das sogar irgendwann wiederholen.“
Blau leuchtende Chevrons begannen über den unverrückbaren Wahlring des Tores zu huschen, als oben im Kontrollraum der Wahlvorgang gestartet wurde. Dann brach sich auch schon der Vortex des sich bildenden Wurmlochs seinen Weg in den dreidimensionalen Raum.
Es würde ihre erste Torreise über eine intergalaktische Entfernung sein. Ob sie sich nach der Aufregung hier auf die Ruhe in Area 51 freute, bezweifelte sie inzwischen allerdings.
Sie tauschte einen kurzen, aber kräftigen Händedruck mit Rodney aus. Obwohl er wieder ein Grinsen aufgesetzt hatte, von dem sie sich nicht sicher war, ob es ihr gefiel, bedauerte sie jetzt, wo ihr Besuch hier vorbei war, gehen zu müssen.
Sie zögerte nicht länger, drehte sich um und ließ sich vom Subraum verschlucken.

Rodney stand am Geländer des Turms, den er stolz Carter gezeigt hatte. Fest umklammerte er das Metallrohr, den Blick entlang der abfallenden Fassade hinab zum Grund tief unter ihm gerichtet. Der Wind drückte gegen seinen Körper und strömte durch sein Haar.
Zwar gab es auch hier in Atlantis Leute, die nicht gerade zu seinen Freunden zählten, aber auf der Erde hatte er fast ausschließlich mit Leuten zu tun gehabt, die ihn bestenfalls wegen seiner Qualifikationen geduldet hatten.
Doch heute, heute war er in der Gegenwart angekommen. Er war sich bewusst geworden, dass er hier in Atlantis genau das fand was er immer gebraucht hatte: eine Chance sich zu beweisen.
Atlantis ist in guten Händen. Der Satz gefiel ihm. Wenn Weir oder Zelenka ihm so etwas erzählten, dann hörte er das gerne. Aber erst, wenn es jemand sagte, den er wirklich als gleichgestellt ansah, jemand wie Carter, glaubte er es auch wirklich.
Vielleicht konnte er im Laufe der Zeit lernen, dass er auf dem Fundament seiner bisherigen Leistungen in Atlantis durchaus einen sicheren Stand haben konnte. Vielleicht würde damit eines Tages die Furcht verschwinden, er könne nicht der Beste sein.
Womöglich würde er dann sogar damit anfangen, nicht jeden zu beleidigen, auf den er traf.
Und wenn da etwas dran war, dann war heute weit mehr repariert worden, als nur ein Stück Technik.


ENDE

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