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Kalte Augen von Alluju

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Kalte Augen


Es ist ein sonniger Spätsommernachmittag, als sie in ihrem Zimmer sitzt und weint. Es kommt ihr vor, als würde ihr Leben keinen Sinn mehr machen und sie hält die ständige Einsamkeit nicht mehr aus. Schon seit längerem ist sie allein, eigentlich ihr ganzes Leben lang. Wenn es so weiterginge, würde sie eines Tages zusammenbrechen, ein nervliches Wrack sein, das nichts von seiner Umwelt mehr wahrnimmt. Doch es soll nicht mehr so weitergehen. Es soll gar nicht mehr weitergehen. Langsam steht sie auf und hält den Brief, den sie vor ein paar Minuten geschrieben hat, fest in der Hand. Er wird das Letzte sein, das man von ihr hört. Schritt für Schritt durchquert sie das Wohnzimmer und öffnet die Balkontür. Sie blinzelt, denn zu dieser Tageszeit scheint die Sonne besonders stark in ihre Richtung. Sie ist froh, dass sie die Sonne noch einmal so schön sehen kann, denn es wird das letzte Mal sein. Mittlerweile sind ihre Tränen getrocknet, nur ihre geröteten Augen verraten, dass sie geweint hat. Vorsichtig tastet sie nach dem Balkongeländer und setzt sich darauf. Sie sieht hinunter auf die kleine Straße mit den kleinen Bäumen und den, wie sie findet, sehr spießig wirkenden Wohnhäusern. Ab und zu schlendern Passanten die Straße entlang und strömen eine beängstigende Ruhe aus. Alle in dieser Straße wirken sehr glücklich. Alle, nur sie nicht.

Diese Erkenntnis bestärkt ihren Entschluss und plötzlich sind all ihre Gedanken, Sorgen und Ängste verschwunden und sie hat nur noch eines im Kopf: endlich Erlösung zu finden. Noch ein einziges Mal atmet sie tief ein, bevor sie sich mit den Händen am Geländer abstößt und fallen lässt. Der Wind lässt ihre Kleidung und den Brief in ihrer Hand flattern und als sie auf dem asphaltierten Boden der Straße aufkommt, wird es um sie herum schwarz.

* * *

Jenny saß zitternd auf dem Hof ihrer Schule und hielt immer noch den Brief ihrer besten Freundin in der Hand. Zwei Polizisten hatten sie vorzeitig aus dem Unterricht geholt und waren dann mit ihr auf den Schulhof gegangen. Sie sagten nicht viel, nur dass sie den Brief lesen sollte, den sie ihr gaben.
Dann gingen sie auf die andere Seite des Hofes und ließen sie allein. Es war eine seltsame Situation, doch als Jenny die ersten Zeilen des Briefes las, wurde ihr bewusst, warum die Polizisten sich so verhielten.
Es klingelte zur Hofpause und langsam erschienen immer mehr Schüler auf dem Hof. Jenny fing an zu weinen und vergrub ihr Gesicht in ihren zittrigen Händen. Der Brief fiel ihr dabei aus der Hand und segelte zu Boden.
"Hey Jenny! Was hast du angestellt, dass dich die Bullen gleich aus der Klasse holen?", fragte Alexandra, die mit ihrer Clique plötzlich vor ihr stand.
Jenny hob den Kopf und Wut breitete sich in ihr aus. Nur sie waren schuld. Nur sie, ihre verdammte Intoleranz und weil sie unbedingt beweisen mussten, wie cool sie doch sein können. Jenny wollte sich beherrschen, wollte nicht ausrasten, doch die Wut über diese Clique, die sich all die Jahre in ihr aufgebaut hatte, war einfach zu groß und vor allem zu stark. Sie fing an zu schreien: "Ich hoffe, ihr seid froh, dass ihr es endlich geschafft habt!
Jetzt könnt ihr ja beruhigt sein, denn jetzt ist sie tot und ihr braucht euch endlich nicht mehr über sie aufzuregen. Versteht ihr? Meine beste Freundin ist tot und nur ihr seid schuld. Nur ihr!"
Immer mehr Tränen liefen ihr die Wangen herunter und ihre Stimme überschlug sich mehrmals, während sie schrie. Gerade als sie sich auf Alexandra stürzen wollte, kamen die Polizisten wieder und hielten sie zurück. Sie versuchten sie zu beruhigen, doch Jenny war nicht in der Verfassung, ihnen zuzuhören, geschweige denn aufzuhören um sich zu schlagen. "Ihr habt sie in den Tod getrieben! Ich hasse euch!", schrie sie immer wieder, als die Polizisten versuchten sie vom Schulhof zu schaffen.
Auf dem Hof wurde es sehr ruhig, nachdem Jenny abgeführt worden war.
"Was ist denn mit der los?", fragte Alexandra entrüstet. "Anscheinend wird sie langsam genauso bescheuert wie ihre kleine blöde Freundin", fügte sie spöttig hinzu.
"Hey Alex, hast du nicht kapiert, was Jenny uns gerade gesagt hat oder tust du nur so?", fragte Tanja, die Alexandra schockiert ansah.
"Was denn? Ihr glaubt doch den Scheiß nicht etwa!" Ein amüsierter Unterton lag in Alexandras Stimme. "Die wollte nur mal wieder für Frieden sorgen, da ihre Freundin ja so unter uns leidet."
Plötzlich schaltete sich ein weiteres Mädchen in die Unterhaltung ein. Sie hatte auf dem Boden den Brief entdeckt, den Jenny fallen gelassen hatte.
"Haltet doch mal die Klappe! Ich hab hier einen Brief gefunden. Anscheinend ist der für Jenny", sagte sie. "Soll ich ihn vorlesen? Vielleicht wissen wir ja dann, was los ist."
Alexandra und Tanja nickten und das Mädchen öffnete den Brief und begann zu lesen.


Liebe Jenny,
wenn du das liest, geht es mir wieder besser, denn nun muss ich nicht mehr auf dieser Welt leiden. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, ständig von Alexandra und den anderen ausgelacht und gedemütigt zu werden. Es tut mit Leid, dass ich dich einfach so zurücklasse, aber es ist besser so, glaube mir! Ich hoffe, du verstehst mich und das, was ich getan habe, denn du bist die Einzige, die es könnte.
Weißt du noch, wie wir uns den einen Abend unsere Traumwelt vorgestellt haben? Wir wollten eine Welt ohne Krieg, Krankheiten oder Ungerechtigkeiten jeder Art. Einfach Frieden für alle Menschen. Egal ob schwarz oder weiß, groß oder klein, dumm oder klug. Doch wie sagt man so schön? Träume sind Schäume. Mir ist in letzter Zeit bewusst geworden, wie sehr dieser Spruch doch der Realität entspricht. Es wird immer ein Traum bleiben, denn die Menschen werden ständig Krieg führen, sich durch Atomwaffen verseuchen oder sich gegenseitig Leid antun.
Ich weiß nicht, was ich Alexandra oder den anderen getan haben sollte. Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, einfach nur ich selbst gewesen zu sein. War ich zu ehrlich? Habe ich zu oft gesagt, was ich dachte? Oder war ich etwa sogar zu nett? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass mich ihre Sprüche und Beleidigungen seelisch fertig gemacht haben. So sehr du mir auch helfen wolltest, mich verteidigt hast, es hat leider nichts gebracht. Mach dir deswegen keine Vorwürfe. Du bist die beste Freundin, die man sich nur vorstellen kann. Ich habe jetzt meinen Frieden gefunden und werde dich vom Himmel aus beobachten und beschützen.
Danke für alles, was du für mich getan hast!
Deine Steff



Leise faltete das Mädchen den Brief wieder zusammen und senkte beschämt den Kopf. Viele taten es ihr nach, nur Alexandra sah verwirrt von einem zum anderen. Eine unangenehme Stille breitete sich aus. Nur der Wind war zu hören, der leise durch den Hof strich.
"Tja, etwas Gutes hat es. Ein bekloppter Mensch weniger, der uns auf die Nerven gehen kann!", sagte Alexandra schließlich.
Tanja hob den Kopf und sah Alexandra entgeistert an. "Bist du vollkommen durchgeknallt? Verdammt Alex! Ein Mensch ist gestorben und das nur, weil wir sie ständig geärgert haben! Begreif' es doch. Wir sind schuld, dass Steffi nicht mehr am Leben ist!", schrie sie Alexandra an, während sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischte.
"Hey, reiß dich wieder zusammen. Das ist doch nur so ein blöder kleiner Trick, damit wir uns schuldig fühlen", konterte Alexandra und schaute verzweifelt auf die kleine Gruppe von Schülern, die sich um sie und Tanja gestellt hatten. Sie wurde sichtlich nervöser, denn sie wusste nicht so recht, was sie denken oder sagen sollte.
"Ja natürlich, Alex. Die beiden haben einfach mal so einen Brief geschrieben, in dem steht, dass Steffi sich umgebracht hat. Dann haben sie zwei Schauspieler engagiert, die Jenny aus dem Unterricht holen. Natürlich hat Jenny dann auch noch mit Steffi diesen Nervenzusammenbruch geübt, damit es möglich echt aussieht und wir uns verdammt schuldig fühlen. Sag' mal, bist du total bescheuert?"
Tanja schrie so laut, dass Alexandra automatisch einige Schritte rückwärts ging. So langsam begriff sie, was geschehen war. Eigentlich hatte sie es schon begriffen, bevor der Brief überhaupt vorgelesen wurde, doch sie wollte es einfach nicht wahrhaben, dass sie schuld an Steffis Tod sein sollte. Sie hatte Angst, dass sie sich auf einmal schuldig fühlen könnte, wo sie doch schon seit über drei Jahren daran gearbeitet hatte, Steffi nicht leiden zu können und ihr perfekt das Leben schwer zu machen. Doch nun musste sie es sich eingestehen. Sie fühlte sich mies, dass sie es so weit getrieben hatte und sich Steffi deshalb das Leben genommen hatte. Warum hatte sie nicht einmal die Klappe halten und das Mädchen in Ruhe lassen können? Steffi hatte ihnen nicht einmal etwas getan. Ganz im Gegenteil. Sie war immer freundlich und hilfsbereit gewesen. Dazu war sie wirklich sehr intelligent gewesen. Und das war es, warum sie Steffi nicht leiden konnte. Steffi war einfach klüger als sie selbst gewesen und aus irgendwelchen Gründen konnte sie das nicht hinnehmen. Also haben Alexandra und ihre Freunde sie fertig gemacht. Sie haben Steffi beleidigt und Gerüchte über sie in der Schule in Umlauf gebracht, sodass Steffis Leben nicht mehr so wunderschön war wie früher, bevor sie in diese Klasse kam. Es waren doch nur ein paar Bemerkungen, dachte Alexandra sich. Da kann doch nichts passieren. Doch es war eine Bemerkung zu viel, die Steffi in den Tod getrieben hatte. Das schlechte Gewissen meldete sich bei Alexandra, während sie über die vergangenen Jahre nachdachte.
Ruckartig drehte sie sich um und rannte vom Schulhof. Auf der Straße direkt neben der Schule entdeckte sie den Polizeiwagen und lief dort hin. Wenige Meter vor dem Wagen blieb sie stehen und überlegte, was sie nun tun sollte. Sie konnte Jenny in dem Wagen erkennen, wie sie vollkommen ruhig auf ihre Hände starrte. Auf dem Beifahrersitz des Autos saß einer der Polizisten und sprach etwas in ein Funkgerät, das Alexandra aber nicht verstand. Etwas weiter vom Auto entfernt stand der zweite Polizist und telefonierte gerade mit einem Handy. Als er Alexandra einige Meter vor dem Auto stehen sah, beendete er das Gespräch und ging zu ihr.
"Wie geht es ihr?", fragte Alexandra den Polizisten.
"Den Umständen entsprechend. Ein Krankenwagen und ein Psychologe sind schon auf dem Weg hierher. Kann nicht mehr lange dauern. Die ganze Sache hat sie ganze schön mitgenommen."
Alexandra nickte abwesend, ihren Blick immer noch auf Jenny gerichtet. "Kann ich mit ihr reden?", fragte sie nach ein paar Sekunden, in denen sie Jenny anstarrte.
"Ich weiß nicht, ob sie es will. Sie macht dich und deine Freunde für den Tod ihrer Freundin verantwortlich. Aber du kannst es probieren."
Der Mann sah zweifelnd zu Alexandra herunter, die seinen Blick kurz erwiderte. Langsam ging sie die letzten Meter zum Auto. Das Fenster stand offen, damit Jenny frische Luft bekam.
Jenny drehte den Kopf in Alexandras Richtung, als sie direkt vor dem Auto stand. Alexandra erschrak, als sie Jenny sah. Jenny blickte sie mit Augen voller Zorn und Hass an. Ihr Blick war kalt und man konnte keinen Funken Freude mehr in ihren Augen erkennen. Alexandra wollte ihr so vieles sagen. Dass sie über alles nachgedacht hatte und dass sie an allem schuld war. Doch sie konnte nicht sprechen, als diese kalten, hasserfüllten Augen auf sie gerichtet waren.
"Es tut mir Leid", brachte sie flüsternd heraus und hoffte auf eine Antwort. Es war ihr klar, dass diese vier Worte im Moment nichts bewirken konnten, doch sie hoffte, dass Jenny sie wenigstens nicht mehr so anstarren würde. Sie bekam keine Antwort, sondern immer noch nur diesen zornigen Blick. Der Polizist trat hinter Alexandra und führte sie weg.
"Es hat keinen Sinn. Sie steht unter Schock", sagte er leise.
Widerstandslos ließ sich Alexandra wegführen. Noch einmal drehte sie sich zu Jenny um und sah in ihre Augen. Sie waren noch immer kalt und würden es auch immer bleiben.

Ende

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