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SG-27 von Hyndara71

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„SG-15, willkommen zurück!“ General Landry nickte zu den vier Männern hinauf, die gerade durch das Stargate gekommen waren. Zwei von ihnen schleppten ein schweres Gerät, das in beruhigenden Farben leuchtete.
„Sir!“ Major Collins salutierte vor dem Leiter des SGC und gab seinen Männern ein Zeichen, das Gerät abzustellen.
Landry musterte den Kasten interessiert, sah dann den Leader des Teams wieder an. „Das ist das geheimnisvolle Gerät, das Sie auf Y2M-772 gefunden haben?“
Collins nickte. „Wie besprochen haben wir es mitgebracht.“
„Ist es aktiviert?“
Collins sah sich jetzt ebenfalls um und zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt, wir haben keine Ahnung, Sir. Die Bewohner von Y2M-772 sagen, es würde immer so aussehen. Sie haben auch nicht die blaßeste Ahnung, was es bewirken könnte, Sir.“
Landry musterte den großen Kasten.
Seit Vashtu Uruhk ihr eigenes Team leitete, wenn auch eher schlecht als recht, war dies das erste Mal, daß SG-15 zumindest etwas anderes nach Hause brachte als Ärger. Er mußte zugeben, in den letzten paar Wochen hatte er beinahe schon bereut, die Antikerin aus dieser Gruppe herausgenommen zu haben. Dr. Harper, ein Anthropologe, leistete einfach nicht das gleiche wie sie. Aber vielleicht war es diesmal das etwas unkonventionelle Herbringen wert, wer konnte das schon sagen.
„Gut. Major, ich erwarte Sie morgen früh pünktlich zur Einsatzbesprechung. Ruhen Sie sich jetzt aus.“
Wieder salutierte der junge Soldat, dann gab er seinen Männern ein Zeichen, daß sie wegtreten konnten.
Landry blieb nachdenklich im Gateroom zurück.
Er konnte nur hoffen, daß dieses merkwürdige Gerät tatsächlich ungefährlich war. Andererseits war es eigentlich SG-27, das immer den Ärger anzog. Und Vashtu Uruhk und ihre Chaotentruppe würden erst morgen wieder zum Dienst erscheinen - nach zwei Wochen in einem Überlebenscamp.
Landry nickte den Marines zu, die die Rampe hinaufstiegen und den Kasten bargen, um ihn in eines der Labore zu bringen. Er verließ den Gateroom und verschwand in seinem Büro, um einen Anruf zu tätigen.

***

„Wie konnten Sie nur so unverantwortlich mit der Gesundheit Ihrer Männer hausieren gehen!“ Dr. Lam, die Chefärztin des SGC, blitzte die etwas größere Antikerin zornig an.
Vashtu hob die Brauen. „Unverantwortlich?“ echote sie verständnislos.
„Dr. Wallace wird für die nächste Woche nicht zum Dienst erscheinen. Wie auch immer, er hat sehr üble entzündete Stellen an Beinen und Füßen. Damit kann er nicht arbeiten und hat Schmerzen. Schlimme Schmerzen. Ich habe ihn nach Hause geschickt.“
Vashtu hob eine Hand und neigte ratlos den Kopf. „Moment, Doktor. Dr. Wallace hat was?“ Verständnislos blinzelte sie.
„Er muß sich einiges an Blasen gelaufen sein während Ihres Aufenthaltes in diesem Camp. Er behauptet, Ihnen das auch mitgeteilt zu haben, doch Sie waren es, die ihn nicht gehen ließ.“ Lam versuchte sie niederzustarren.
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und preßte die Kiefer aufeinander. „Er hat mir gesagt, er sei umgeknickt, nicht mehr und nicht weniger. Sergeant Dorn hat ihm einen Verband angelegt und ist bei ihm geblieben, während Dr. Babbis und ich die Übung fortsetzten. Wenn er sich irgendwo Blasen gelaufen hat, dann sicher nicht in diesem Überlebenscamp. Er war dreiviertel der Zeit im Sanitätszelt.“
Lam funkelte sie immer noch an. „Er sagte etwas von einem Gewaltmarsch, zu dem Sie ihn gezwungen hätten.“
„Gewaltmarsch!“ Jetzt mußte sie doch schmunzeln. „Dr. Lam, er mußte nur von einer Baracke zur Kantine, mehr nicht. Den Weg schafft er selbst hier, und hier muß er noch Treppen steigen. Tut mir leid, aber ich sehe mich nicht in der Pflicht, Doc. Was auch immer er Ihnen für einen Bären aufgebunden hat, mit dem Camp hat das nichts zu tun. Außerdem hatte er noch das ganze Wochenende Zeit, sich diese Blasen zu laufen.“
„Dr. Wallace sagt da etwas anderes.“
„Kann ich mir vorstellen.“ Vashtu beruhigte sich immer mehr, beschloß, das ganze mit Humor zu nehmen und drehte sich zu ihrem Schreibtisch um. „Wenn Sie mir nicht glauben wollen, ich habe hier noch die Aufstellungen und Anwesenheitslisten des Teams. Doc, glauben Sie mir, wo auch immer Wallace sich verletzt hat, es war nicht im Überlebenscamp.“
„Und Dr. Babbis?“
Vashtu, die gerade die Berichte einsammelte, runzelte die Stirn und drehte sich wieder zu der Ärztin um. „Er hat sich ganz gut geschlagen.“
„So gut, daß er jetzt ebenfalls auf der Krankenstation ist.“ Lam schien zu triumphieren.
Vashtu zog die Brauen zusammen, ließ die Papiere Papiere sein und nickte. „Gut, ich komme mit. Die Erklärung hätte ich wirklich gern gehört“, entschloß sie sich.
„Wollen Sie ihn auch noch einschüchtern, ehe er seine Aussage macht?“
„Nein, ich würde gern wissen, was die beiden an diesem Wochenende angestellt haben, daß sie sich jetzt einhellig krank melden wollen.“ Vashtu atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Dabei hatte sie geglaubt, zumindest Babbis gegenüber wäre das Eis endlich gebrochen. „Ich werde nicht einen Ton sagen, meinetwegen verstecke ich mich auch hinter irgendeiner Wand, damit er mich nicht sehen kann.“
Lam musterte sie aufmerksam von Kopf bis Fuß und schien zu überlegen. Dann nickte sie. „Also gut, dann kommen Sie eben mit.“
„Ich muß nur kurz dem General ...“
„Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Miss Uruhk.“ Lam wandte sich ab und verließ das Büro wieder.
Vashtu zögerte noch einen Moment, dann folgte sie der Ärztin durch die Gänge und Treppen zur Krankenstation.
Viel schien hier im Moment nicht los zu sein. In einem kleinen Nebenraum saßen einige Schwestern und eine blonde Frau in einem Arztkittel und tranken Kaffee. Ansonsten war es erstaunlich ruhig.
Vashtu folgte Lam zu einem Untersuchungstisch, auf dem Babbis mit hängendem Kopf saß und die Beine baumeln ließ.
„Sie warten hier“, wandte die Ärztin sich wieder an sie und trat vor.
Babbis hob den Kopf. Sein Blick schien verschleiert, doch dann klärte er sich wieder, als er sie sah. Kurz kniff er die Lippen aufeinander und verzog das Gesicht zu einem gequälten Lächeln. „Miss Uruhk.“
Vashtu nickte nur und kreuzte die Arme vor der Brust.
Äußerlich war nichts festzustellen. Was auch immer Babbis' Problem war, zu sehen war jedenfalls nichts, einmal abgesehen von seiner schmerzverzerrten Miene.
„Was für ein Problem haben Sie?“ wandte Lam sich an den jungen Wissenschaftler.
Babbis verzog wieder das Gesicht und hob eine Hand an seine Schläfe.
Vashtu richtete sich auf. Ihre Augen wurden schmal.
„Kopfschmerzen und Übelkeit. So schlimm war es noch nie“, nuschelte Babbis.
Kopfschmerzen?
Lam schien ebenfalls etwas anderes erwartet zu haben, umfaßte sein Handgelenk und maß seinen Puls. Dann runzelte sie die Stirn und zückte einen Leuchtstift aus ihrer Kitteltasche, um ihm damit in die Augen zu leuchten.
Babbis gab einen Schmerzenslaut von sich und wandte sich ab.
Vashtu wurde nun doch unruhig. Nicht daß sie an eine ernsthafte Erkrankung glaubte, aber er schien tatsächlich unter irgendetwas zu leiden.
„Haben Sie heute schon etwas gegessen?“ erkundigte Lam sich.
Ein kurzes Kopfschütteln, begleitet von einem leisem Stöhnen.
Lam nickte, drückte ihren Patienten sanft auf den Tisch zurück. Sofort kam wieder ein schmerzerfülltes Stöhnen, als Babbis direkt in eine der Leuchtstoffröhren blicken mußte. Er wandte den Kopf ab, hielt die Augen geschlossen.
„Was hat er?“ fragte Vashtu nun doch besorgt.
Lam drehte sich zu ihr um und musterte sie nachdenklich. „Also gut. Zumindest an seinem Zustand scheinen Sie keine Schuld zu tragen, Miss Uruhk“, antwortete sie dann endlich, öffnete einen Medikamentenschrank und holte etwas daraus hervor.
„Und was hat er jetzt?“
Wieder ein Stöhnen von Babbis.
„Wie es aussieht, haben wir es hier mit einer ganz normalen und alltäglichen Migräne zu tun, Miss Uruhk. Nichts lebensgefährliches, wenn es behandelt wird.“
„Migräne?“ fragten die Antikerin und der Wissenschaftler ungläubig im Chor.
Lam drehte sich um, eine Spritze in der Hand, und nickte. „Migräne. Eine leichte und kurzzeitige Entzündung der Nervenstränge des Gehirns. Hatten Sie schon öfter solche Anfälle, Dr. Babbis?“
Der Angesprochene stöhnte leise vor sich hin und hielt sich eine Hand über die Augen. Dann schüttelte er sehr langsam den Kopf. „Noch nie so schlimm“, antwortete er und begann zu würgen.
Vashtu griff sich eine der Nierenschalen, die auf einem Tisch neben ihr lagen, trat an den Tisch und stützte seinen Kopf, während er Magenflüssigkeit erbrach.
Dr. Lam runzelte kurz die Stirn, wandte sich dann aber wieder ihrer Tätigkeit zu und verabreichte die Injektion.
„Und was können wir tun?“ fragte die Antikerin.
„Es auskurieren lassen, mehr nicht. Ich habe Ihnen einige Beta-Blocker gespritzt, Dr. Babbis“, wandte Lam sich wieder an den Wissenschaftler. „Und ich würde gern ein CT vornehmen. Die Erforschung der Migräne steckt immer noch in den Kinderschuhen. Es ist schon ein Wunder, daß sie inzwischen als Krankheit anerkannt ist.“
Babbis nickte schwach und wischte sich über den Mund.
„In ein oder zwei Tagen ist es wieder vorbei, keine Sorge.“

***

General Landry rieb sich die Schläfen. Ein feiner Schmerz zuckte durch seine Augenbrauen. Nur ein feiner Schmerz, nichts weiter.
Doch er fühlte sich seltsam schlapp und erschöpft. Dabei konnte er sich das nicht erklären. Möglicherweise lag es ja an der Impfung, die ihm letzte Woche verabreicht worden war.
Landry beugte sich wieder vor und ließ die Hände sinken. Er öffnete die Augen und betrachtete die Papiere vor sich auf dem Schreibtisch.
Sie wollten ihm nichts sagen. Es erschien ihm plötzlich alles nutzlos, was er hier tat. Warum sich eigentlich Gedanken darüber machen, was da draußen im Weltall vor sich ging? Es brachte doch nichts. Die Erde sollte sich nicht einmischen, sondern sich um sich selbst kümmern.
Landry seufzte wieder, versuchte erneut, den kurzen Bericht von Collins zu lesen. Da nahm er etwas aus den Augenwinkeln wahr. Nur einen Moment lang, so daß er selbst zweifelte.
Als er aufblickte, war da nichts. Aber ... Er war sicher, er hatte einen Schatten gesehen. Einen Schatten, der ihm wirklich sehr bekannt vorgekommen war.
Landry griff nach seiner Kaffeetasse und nahm einen großen Schluck.
Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Nur das jetzt nicht! Nicht jetzt!
Wieder ein Schatten, deutlicher diesmal. Eine Gestalt, dunkel und schwarz vor den grauen Wänden.
Landry setzte sich mit einem Ruck auf und atmete tief ein.
Der Schatten war verschwunden.

***

„Serge! Gut, daß ich Sie treffe.“
Dorn drehte sich zu seiner Leaderin um und nickte. „Morgen.“
Die Antikerin lächelte ihn an, winkte ihm dann, ihr in ihr Büro zu folgen. „Ich soll für Landry noch Berichte über das jeweilige Abschneiden meines Teams anfertigen“, erklärte sie, während sie auf ihren Schreibtisch zuhielt. „Und ich würde gern mit Ihnen über Ihr Ergebnis sprechen.“
Dorn folgte ihr stumm, stellte sich dann an der Seite ihres Schreibtisches neben ihr auf und hob die Brauen, als er das Chaos sah, was sich darauf ausbreitete.
Vashtu lächelte entschuldigend, kramte in den Papieren herum. „Dr. Wallace ist übrigens für eine Woche krank geschrieben“, berichtete sie ihm, zog dann einen Leistungstest aus dem restlichen Stapel und las ihn kurz durch. Dann landete das Papier auf der anderen Seite und sie kramte weiter.
„Krank?“ Dorn runzelte die Stirn.
„Dr. Lam hat er gesagt, ich habe ihn zu einem Gewaltmarsch gezwungen.“ Ein neuer Bogen Papier, der unter dem Stapel hervorgezogen wurde.
„Er ist doch nur einmal mit im Gelände gewesen.“
Vashtu nickte, richtete sich wieder auf und hielt ihm das Blatt hin. „Hier, das hat der Drill-Sergeant aufgezeichnet. Können Sie damit etwas anfangen?“
Dorn nickte, nahm ihr das Blatt ab. Dann aber erstarrte er und wich zurück. Das Papier flatterte auf den Boden.
Vashtu runzelte die Stirn. „Was ist los?“ Sie bückte sich und hob den Bericht wieder auf, las ihn dann selbst noch einmal aufmerksam durch. „Also, für Ihr Alter haben Sie doch beachtlich abgeschnitten, Serge. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen.“ Sie sah wieder auf.
Dorn starrte sie entgeistert an. Das Gesicht des alternden Marines war bleich, seine grauen Augen hatten sich geweitet.
„Serge? Alles in Ordnung mit Ihnen?“ Sie legte das Papier zurück auf ihren Schreibtisch und trat vorsichtig einen Schritt näher.
Dorn keuchte, wich einen Schritt zurück. Dann klärte sein Blick sich plötzlich wieder. Verwirrt schüttelte er den Kopf. „Verzeihung, Mam. Wo waren wir?“
Vashtu betrachtete ihn mißtrauisch von der Seite. „Ist Ihnen nicht gut, Dorn?“
Er sah sie verwirrt an, schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung, Mam.“ Er leckte sich nervös über die Lippen. „Der Bericht, Mam?“
Vashtu beäugte ihn immer noch mißtrauisch, nickte aber. „Okay“, sie zog dieses Wort in die Länge und wandte sich von ihm ab, um wieder nach dem Papier zu greifen.
Im nächsten Moment fand sie sich in einem Klammergriff wieder. Vor Überraschung knickten ihr die Knie weg und sie japste nach Luft.
„Dorn!“ keuchte sie und versuchte sich zu befreien, ohne ihre Fremdzellen einzusetzen. Dann erstarrte sie, als sie seinen Unterarm in ihrem Genick fühlte. „Kommen Sie zu sich, Marine!“
„Du bleibst hier, hast du das verstanden? Du gehst nicht wieder weg“, knurrte Dorn dicht an ihrem Ohr und verstärkte seinen Griff.
Vashtu hatte Mühe, Luft zu holen. Der alte Soldat würgte sie und hielt sie in einem unbarmherzigen Griff. Wenn sie ihn nicht verletzen wollte, konnte sie nichts tun.
„Dorn ...!“

***

„Keine Sorge, es wird nicht wehtun.“ Dr. Lam lächelte.
Babbis warf ihr einen skeptischen Blick zu, schloß dann die Augen.
Er war so müde, doch es war eine falsche Müdigkeit, das spürte er auch. Es war nicht dieses wohlige Hinübergleiten in einen erholsamen Schlaf, sondern eine von innen suggerierte Müdigkeit, die seine Gedanken lähmen wollte.
„Es kann Ihnen auch nichts passieren. Leiden Sie unter Klaustrophobie?“
Babbis schüttelte benebelt den Kopf und öffnete den Mund. Doch die Antwort wollte nicht kommen.
Lam drückte noch einmal seine Hand. „Gleich wissen wir mehr, Dr. Babbis. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“
Wieder nickte er, schon halb weggedöst.
Er spürte schon nicht mehr, wie die Bahre, auf der er lag, in den Computertomografen gezogen wurde. Und er sah auch nicht, wie Dr. Lams Gesicht sich plötzlich vor Angst verzerrte.

***

Als Vashtu wieder zu sich kam, fand sie sich auf ihrem angeknacksten Besucherstuhl wieder. Sie konnte sich kaum bewegen. Irgendetwas schnürte in ihre Glieder und auch ihren Körper.
Sie blinzelte und hielt den Kopf gesenkt.
Kabel? Wieso Kabel?
Ein Ruck ging durch ihren Körper, als diese Kabel festgezogen wurden. Endlich spürte sie die Anwesenheit von einem zweiten, direkt hinter ihr. Dorn!
Vashtu hob den Kopf, drehte sich, soweit sie konnte. „Verdammt, Serge! Was ist denn mit Ihnen los?“ fuhr sie den Marine an, der immer noch damit beschäftigt war, ihre Fesseln zu verknoten.
Sie ruckte gegen die Kabel an, die sie an den Stuhl banden, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. „Dorn! Was ist los mit Ihnen, Mann? Machen Sie mich auf der Stelle wieder los!“
„Du bleibst hier, meine Kleine, hörst du? Niemand wird dich finden. Du wirst nicht wieder diesem ... diesem Saddam in den Rachen geworfen.“ Dorns Stimme klang merkwürdig, als sei er Millionen von Lichtjahren entfernt von hier.
Vashtu runzelte die Stirn. Saddam? Was zum ... ?
Der Krieg gegen den Irak! Verdammt, verdammt, verdammt! Was hatte Dorn mit diesem Krieg zu tun?
Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Chaos auf ihrem Schreibtisch. Irgendwo dort lag auch die Akte von Dorn. Und im Moment wünschte sie sich, sie hätte sie gelesen.
„Cindy, deine Mum, können wir nicht wieder zurückholen. Aber dich lasse ich nicht noch einmal weg, hörst du? Du bleibst hier!“ Dorn richtete sich auf und sah auf sie hinunter. Sein Blick wirkte benebelt, als stünde er unter ... unter Drogen?
Vashtu holte tief Luft. Wenn es ihr so nicht gelang, den Marine zur Vernunft zu bringen, würde sie sich etwas anderes einfallen lassen müssen.
„Sergeant Dorn, als Ihre Vorgesetzte befehle ich Ihnen ...!“ Weiter kam sie nicht, dann hatte Dorn ihr schon ein Taschentuch in den Mund gestopft.
War er denn verrückt geworden? Was sollte das?
Dorns Finger strichen liebkosend über ihr Gesicht. „Laurie, meine Kleine, du mußt das verstehen, hörst du? Ich lasse dich nicht wieder gehen.“ Tränen standen in seinen Augen.
Vashtu starrte ihn an. Allmählich begann sich ein Bild in ihrem Geist festzusetzen.
„Ich hätte dich nie in die Army eintreten lassen dürfen, meine Kleine, nie!“ Dorn zog die Nase hoch. „Aber jetzt machen wir beide das anders, ja? Diesmal nutzen wir unsere Chance. Ich lasse dich nicht wieder in diesen idiotischen Krieg ziehen, nie wieder.“
Okay, wenn er es im Guten nicht vertrug, dann eben anders.
Vashtu war noch immer von der plötzlichen Intimität verwirrt, und das Bild in ihrem Kopf wollte nicht so recht verschwinden. Sie schwor sich, daß sie, sobald sie diesen Irrsinn beendet hatte, Dorns Akte sehr aufmerksam lesen würde. Wer auch immer diese Laurie gewesen war, sie hatte ihn offensichtlich stark beeinflußt.
„Deine Mum würde sich freuen, wenn du an ihr Grab kommen würdest, meine Kleine“, flüsterte der Marine mit tränenerstickter Stimme. „Sie konnte diese Nachricht nicht ertragen, die der Kerl mit dem ganzen Lameta gebracht hat. Aber das wird nicht wieder geschehen, hörst du? Diesmal bleibst du bei mir.“ Er umarmte sie.
Vashtu spannte sich an und riß überrascht die Augen auf, als Dorn seinen Kopf an ihrer Schulter vergrub. Einen Atemzug lang zögerte sie, doch sie war sich klar darüber, daß sie jetzt die beste Chance hatte.
Gott sei Dank hatte sie bis jetzt noch keinen wirklichen Ersatz für den von Wallace demolierten Stuhl gefunden und ihn nur notdürftig geflickt. Es würde sie keine allzu große Anstrengung kosten, sich zu befreien - hoffte sie zumindest. Aber erst einmal Dorn.
Vashtu spannte die Kiefer an und wappnete sich. Dann hob sie den Kopf so weit in den Nacken wie möglich, konzentrierte sich auf ihre Fremdzellen und knallte ihm ihr Kinn an die Schläfe. Autsch! Der Mann hatte einen harten Schädel!
Dorn hob den Kopf, seine Augen schwammen in Tränen, sein Blick war unstet.
Vashtu stemmte sich gegen die Fesseln, hielt die Wraith-Zellen aktiv und knallte ihm noch einmal ihren Schädel gegen seinen. Stirn traf auf Stirn. Dorn gab ein Grunzen von sich, versuchte sich aufzurichten, dann sackte er weg.
Vashtu schüttelte den Kopf. Das würde eine Beule geben. Mühsam spuckte sie das Taschentuch wieder aus, richtete sich so weit auf, wie es ging und ließ sich dann mit ganzer Wucht wieder auf den Stuhl fallen. Ein gemeines Knacken sagte ihr, daß sie auf dem richtigen Weg war. Noch einmal richtete sie sich auf, knallte die Stuhlbeine hart auf den Betonboden und verlor fast das Gleichgewicht, als die Sitzgelegenheit unter ihr auseinanderbrach.
Wieder spannte sie die Muskeln an und riß an den letzten Fesseln, die noch fest saßen. Die Kabel sprangen auseinander.
Vashtu rieb sich die Handgelenke, schüttelte sich die letzten Reste ihrer Fesseln von den Füßen und sah stirnrunzelnd zu dem bewußtlosen Dorn hinunter.
Was war nur in ihn gefahren?

***

Als Babbis wieder zu sich kam, lag er noch immer in der düsteren Röhre des CTs auf dem einfahrbaren Tisch. Ein Dämmerlicht beleuchtete das Innere nur schwach, doch ausreichend, daß er sehen konnte, was sich um ihn her befand.
„Hallo?“ rief er schwach.
Keine Antwort.
Babbis sah sich wieder um. In der Röhre war nicht genug Platz, damit er sich selbst befreien konnte. Und außerdem ... Wie lange war er weg gewesen? Hätte Dr. Lam ihn nicht schon längst wieder aus dem CT befreien sollen?
„Hallo! Ich bin hier. Hallo?“
Nichts rührte sich.
Babbis schluckte. Die Röhre schien immer enger zu werden.

***

Vashtu schlich vorsichtig über den Gang. Von irgendwo hallten Schreie her, immer wieder rannten Angehörige des SGCs in wilder Flucht an ihr vorbei und mehrmals hatte sie bereits den verschiedensten Waffenmündungen ausweichen müssen.
Ihr erster Weg war der zu General Landrys Büro gewesen, doch der Aufzug war blockiert und vor der Tür zum Treppenhaus hatte sich eine Menschentraube gebildet. Als sie es bei einer der Waffenkammern versuchte, sah es dort nicht viel anders aus. So trug sie jetzt nur eine der Schlangenwaffen, ein Zak'Ni'Tel, bei sich. Immerhin etwas und zusätzlich die Sicherheit, daß sie mit dieser Waffe auch betäuben konnte.
Vashtu drückte sich eng an die Wand, als aus einem Quergang einige fliehende Menschen in heller Aufregung stürzten, doch niemand beachtete sie.
Sie wollte ihr Glück jetzt in der Krankenstation versuchen. Vielleicht würde sie dort noch das eine oder andere nützliche finden und möglicherweise auch jemanden, der noch nicht wahnsinnig geworden war.
Das allerdings beschäftigte sie. Warum schien das ganze Stargate-Center plötzlich irr geworden zu sein, nur sie nicht? Und warum so plötzlich? Heute vormittag waren alle noch relativ normal.
Sie schlich weiter, warf immer wieder Blicke über die Schulter, um sicherzugehen, daß sich auch niemand anschleichen konnte an sie.
Die Tür zur Krankenstation stand sperrangelweit offen.
Vashtu stockte in ihrem Schritt und runzelte die Stirn. Das sah nicht gut aus. Aber sie mußte es zumindest versuchen.
Sie stellte sich neben die Tür, drückte sich an die Wand und lugte vorsichtig um die Ecke.
Auf dem ersten Blick war nichts zu sehen, wohl aber zu hören. Irgendjemand wimmerte. Die Beleuchtung schien stellenweise ausgefallen.
Vashtu zögerte, trat dann aber doch, das Zak'Ni'Tel vor sich gestreckt und entsichert, über die Schwelle.
Die Leuchtstoffröhren waren teils zerschlagen worden, teils hingen sie noch an einzelnen Kabeln von der Decke und flimmerten. Das Notlicht hatte sich eingeschaltet und tauchte den Raum in ein unstetes Dämmerlicht.
Das Wimmern wurde lauter.
Vorsichtig ging die Antikerin weiter, die fremdartige Waffe noch immer entsichert und nach vorn gestreckt.
Da! Unter einer der noch stehenden Pritschen. Der Rest lag, zerwühlt, zerschlitzt und vollgesogen mit allen möglichen flüssigen Medikamenten, auf dem Boden, wie auch Injektionsbestecke, Nierenschalen und andere Gerätschaften. Tabletten knirschten unter den Stiefeln der Antikerin.
Vashtu trat beherzt näher, ließ sich vorsichtig auf die Knie nieder, das Zak'Ni'Tel zu Boden gerichtet. Die blonde Ärztin, die heute morgen noch so angeregt mit den Krankenschwestern geschwatzt hatte, starrte sie mit großen, verängstigten Augen an. Ihre Wimperntusche war verlaufen und hatte Falten in ihr Gesicht gezeichnet.
„Alles in Ordnung.“ Vashtu hob vorsichtig die Hand und sah die Fremde eindringlich an. An ihrem Kittel war ein metallenes Namenschild, doch in dem flackernden Dämmerlicht fiel es ihr schwer, es zu entziffern. „Alles in Ordnung, Dr. ... Evans. Ganz ruhig.“
Die Blonde starrte sie immer noch an, ihre Augen rollten.
„Ich tue Ihnen nichts, hören Sie? Ich möchte nur wissen, was hier los ist“, fuhr Vashtu mit so ruhiger Stimme wie möglich fort.
Dr. Evans keuchte, dann schoß sie plötzlich vor, die Hände zu Klauen gebogen. Die Antikerin wich zurück. Das Zak'Ni'Tel schien sich von selbst hochzureißen und einen einzelnen Schuß abzugeben. Dr. Evans sank zusammen.
Vashtu holte tief Atem, richtete sich dann wieder auf und sah sich ratlos um.
Niemand mehr da. Alle Betten waren leer, weder ein Arzt noch ein Pfleger waren zu sehen. Soviel zu möglichen ...
Vashtu hob lauschend den Kopf. War da nicht eine schwache Stimme? Sie neigte leicht den Kopf und runzelte die Stirn.
Ja, da war eine Stimme, ein Rufen, fast schon ein Kreischen. Aber es klang noch relativ normal entgegen dem, was sie auf den Gängen erlebt hatte.
Also ein weiterer Versuch.

***

Babbis war inzwischen der Verzweiflung nahe und glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Die Röhre schien immer enger zu werden und ihm zusätzlich den Atem abzuschnüren. Er wollte nur noch hier heraus, solange es noch ging, doch er konnte sich kaum bewegen.
Dazu kam, daß die Medikamente in seinem Inneren immer noch hervorragend wirkten. Zwar war sein Adrenalinspiegel derart angestiegen, daß er wohl in der nächsten Zeit kein neues Nickerchen mehr machen würde, aber er fühlte sich noch immer benebelt, auf eine heimtückische Art, der er lieber entkommen wäre.
„Hilfe!“ rief er schwach, immer und immer wieder. Auch wenn er inzwischen der Meinung war, er sei der letzte Mensch im ganzen SGC.
Dann aber sprang plötzlich der Motor der Liege an. Er konnte das Summen hören, dann ging ein Ruck durch seinen Körper.
Babbis hätte heulen können vor Freude. Es war tatsächlich doch noch jemand gekommen! Doch das Gesicht, was ihn schließlich erwartete, als er ganz aus dem CT glitt, mit dem hätte er nie im Leben gerechnet.
„Miss Uruhk!“
Die Antikerin hielt ein Zak'Ni'Tel auf ihn gerichtet und musterte ihn aufmerksam, als würde sie etwas erwarten. Ihre Augen glitzerten kalt.
Babbis stemmte sich ächzend hoch. Die Kopfschmerzen hatten etwas nachgelassen, aber dafür war sein Körper jetzt steif wie ein Brett. Stöhnend rieb er sich über die Stirn, sah dann wieder auf.
„Können Sie das nicht lassen?“ beschwerte er sich. „Ich wäre dadrin beinahe erstickt. Denken Sie wirklich, ich wolle Sie jetzt auch noch angreifen?“
Die Antikerin blinzelte, richtete sich langsam auf und senkte die Waffe. „Sie sind also noch Sie selbst.“ Sie seufzte.
Babbis runzelte die Stirn. „Natürlich bin ich ich selbst. Was für eine dämliche Frage.“
Vashtu zog eine kurze Grimasse und wandte sich ab. Aufmerksam sah sie sich in dem Raum um, in dem sie sich befanden. „Wir müssen hier verschwinden. Wir sind hier nicht sicher“, sagte sie schließlich. „Wie geht es Ihrem Kopf?“
„Offensichtlich besser als Ihrem.“ Babbis ließ sich vorsichtig vom Tisch gleiten. Ihm war schwindlig und er stöhnte leise auf.
Sofort fuhr Vashtu wieder zu ihm herum, das Zak'Ni'Tel halb erhoben.
„Könnten Sie es vielleicht unterlassen, ständig mit irgendwelchen Waffen auf mich zu zielen?“ beschwerte Babbis sich. „Vor allem, wenn ich das Gefühl habe, mein Gehirn würde mit einem Strohhalm ausgesaugt.“
Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert und sie nickte. „Gut.“ Doch in ihren Augen konnte Babbis deutliche Besorgnis lesen.
Was war hier los?
„Können Sie laufen?“
Wieder rieb er sich den Kopf, diesmal aber die rechte Schläfe. „Ja, ich kann laufen“, grummelte er und tat einen schwankenden Schritt.
Die Antikerin seufzte. „Hören Sie, ich kann nicht uns beide schützen und Sie auch noch schleppen, dafür sind Sie zu ... zu groß. Sie werden allein gehen müssen. Wir brauchen einen sicheren Unterschlupf, von wo aus wir operieren können.“
„Hä?“ Babbis drehte sich wieder zu dem Apparat herum, in dem er bis jetzt gelegen hatte. Hatte er nicht irgendetwas von einer möglichen Strahlenverseuchung gehört, die durch einen zu langen Aufenthalt in einem CT hervorgerufen werden konnte.
„Oh mein Gott! Ich werde sterben!“
„Das werden wir alle, selbst ich ... irgendwann.“ Vashtu trat näher und packte ihn am Arm. „Kommen Sie, Babbis. Wir müssen hier verschwinden, ehe die anderen wiederkommen und uns hier vielleicht noch beide einsperren.“
„Sie verstehen nicht. Die Strahlung dieses Kastens kann ...“ Babbis stockte, als er, von der Antikerin einfach mitgezerrt, die Krankenstation betrat. „Was ist hier los?“
„Gute Frage. Das wüßte ich auch gern.“ Unbarmherzig zog sie ihn weiter. „Los jetzt!“

***

Vashtu richtete sich wieder auf, drehte ihren Arm im Gelenk ein paarmal, blickte dann stirnrunzelnd auf den Wissenschaftler nieder, der sie angegriffen hatte.
„Sie hätten schießen können.“ Mit einem verärgerten Blitzen in den Augen drehte sie sich zu Babbis um.
Der stand, noch immer vollkommen verdattert, in der Tür, vor seinen Füßen das Zak'Ni'Tel.
„Mann, kommen Sie endlich rein!“ Sie winkte ihm, trat dann einen drohenden Schritt auf ihn zu. Babbis brachte sich tatsächlich mit einem beherzten Anlauf in Sicherheit, hielt noch immer den Wissenschaftler im Auge, der ohnmächtig am Boden lag.
Vashtu lugte vorsichtig den Gang hinauf und hinunter, zog dann die Tür zu und schloß den Riegel. Seufzend drehte sie sich wieder um und betrachtete den Raum.
„Ich dachte, der würde Sie umbringen“, brachte Babbis schließlich hervor.
„Das dachte ich einen Moment lang auch.“ Vashtu griff nach der Goa'uld-Waffe und harkte sie in ihren Gürtel.
„Okay, wie ich es sehe, haben wir alles, um erst einmal herausfinden zu können, was hier los ist. Das heißt ... hat der Rechner eine Verbindung zum Hauptcomputer?“ Sie stützte sich mit beiden Händen ab und zog sich auf den großen Schreibtisch in der Mitte des Raumes. Auffordernd sah sie Babbis an.
Der zögerte lange, dann drehte er sich aber doch um und tippte etwas ein. „Nicht auf alle Programme“, gestand er dann. „Aber was wollen Sie denn tun?“
Vashtu knetete wieder ihre Schulter. Der Kerl hatte ihr fast den Arm abgerissen. Die Wraith-Zellen taten zwar ihre Arbeit, aber so schnell waren selbst sie nicht. „Wie ich schon sagte, herausfinden, was hier los ist. Irgendeine Idee?“
Babbis zuckte mit den Schultern und ließ sich auf einen der Bürostühle nieder. „Fragen Sie mich das, wenn dieses Zeug aus meinem Kreislauf verschwunden ist“, murmelte er und rieb sich wieder die Schläfe.
„Noch Schmerzen?“ Die Stimme der Antikerin klang mitfühlend.
Babbis schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Nur ... es fühlt sich an, als hätte ich statt eines Gehirns einen riesigen Wattebausch im Kopf.“
Vashtu hob die Brauen, sah dann wieder zu dem Wissenschaftler hinüber. Nachdenklich schürzte sie die Lippen.
„Gut, lassen Sie uns das ganze einmal in Ruhe durchgehen.“ Babbis hob den Kopf und gestikulierte mit Armen und Händen. „Ich denke, wir beide sind uns darüber einig, daß heute morgen noch alles normal lief, oder?“
Vashtu nagte an ihrer Unterlippe. „Stimmt. Es muß so gegen Mittag gewesen sein, als ...“ Sie hörte einfach auf zu reden und starrte angestrengt vor sich hin.
„Wann sind Sie heute gekommen?“ bohrte Babbis weiter.
Die Antikerin riß sich aus ihren Gedanken und musterte ihn interessiert. Er schien irgendetwas zu ahnen. Vielleicht war es ein Fehler, doch sie beschloß, ihm jetzt einfach zu trauen.
„Ich kam so gegen neun hier an“, erklärte sie. „Hat ein bißchen länger gedauert, der eine Truck kam heute morgen nicht.“
Babbis blinzelte irritiert. „Truck?“
Sie nickte. „Ja, der Milchwagen. Muß heute wohl Verspätung gehabt haben.“
„Milchwagen?“ Babbis starrte sie an. „Was für ein Milchwagen? Bekommen Sie jetzt auch Halluzinationen, wie die da draußen?“
Vashtu stutzte. „Nein, ich komme mit meinem Skateboard.“
Babbis klappte das Kinn herunter. Einen Moment lang sah er die Antikerin nur groß an, dann schien er sich wieder zu fassen. „Sie kommen mit einem ... Skateboard zur Arbeit?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Öffentliche Verkehrsmittel fahren nicht bis Chayenne-Mountain, Doc. Und für ein Skateboard brauche ich keinen Führerschein.“
„Sie haben keinen Führerschein?“
Sie schüttelte wieder mit dem Kopf. „Nein. Wozu auch? Ich mag Autos nicht sonderlich. Sie stinken und machen Lärm.“
Babbis starrte sie noch immer groß an. „Sie kommen mit einem Skateboard zur Arbeit, weil Sie Autos nicht mögen? Wie?“
Wieder ein Schulterzucken, begleitet von einem leicht verzerrten Gesicht. „Ich hänge mich an Busse und Trucks, teils fahre ich auch - abends meist. Da geht es ja fast nur bergab. Macht Spaß, wirklich. Sollten Sie auch mal versuchen.“
Babbis nickte mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck. „Aber Ihnen ist schon klar, daß Sie das eigentlich nicht dürfen?“
„Skateboard fahren?“
Hilflos rang er die Hände und schüttelte den Kopf. „Sich an andere Fahrzeuge hängen mit einem Skateboard, das ist verboten.“
Vashtu hob eine Braue und sah ihn ungläubig an. Dann schien ihr plötzlich etwas aufzugehen. „Deshalb wartet der MP am Tor schon immer mit einem Umschlag!“
„Hä?“
Jetzt sah sie wirklich etwas zerknirscht aus und lugte ihn unter ihrem fransigen Pony an. „Naja, ein paarmal war die Highway-Patrol hinter mir, als ich hier ankam. Da habe ich noch die Abkürzung über den Highway genommen.“
Babbis glaubte sich in einem schlechten Film. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Gerade hatte er doch noch eben diese Frau gesehen, wie sie einen irren Angreifer bekämpfte und ihn bewußtlos schlug. Und eben diese Frau weigerte sich, einen Führerschein zu machen, hängte sich an andere Verkehrsteilnehmer und kam mit einem Skateboard zur Arbeit. Diese Frau da vor ihm, eine Antikerin! Eine Frau, die von einer Sekunde zur anderen zu einer Killermaschine mutierte und dann plötzlich eine besessene Wissenschaftlerin wurde.
Babbis schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Stimmt etwas nicht?“ Vashtus Stimme klang immer noch unschuldig. War sie sich denn wirklich nicht bewußt, was sie da gerade von sich gegeben hatte?
Babbis hob die andere Hand zu einer beschwichtigenden Geste. „Kommen wir auf das eigentliche Thema zurück. Sie waren also, wie auch immer, so gegen neun hier.“
Vashtu nickte. „Ich war gerade mit einem Anruf fertig, als Dr. Lam reinkam und mir sagte, daß Wallace sich krank gemeldet habe.“
„James hat sich krank gemeldet? Ich dachte, seine ganze Wehwehchen seien kuriert gewesen?“
Vashtus Brauen zuckten und sie nickte leicht. „Also haben Sie beide das Wochenende nicht zusammen verbracht. Mir kam schon der Verdacht, als Dr. Lam meinte, Sie würden sich auch noch krank melden.“
„James war auf der Farm seiner Eltern, soweit ich weiß. Er sollte sich irgendeinen Befall an den Maispflanzen ansehen.“
Nachdenklich ließ Vashtu ihre Beine baumeln und starrte sie an. „Dr. Lam hat er gesagt, ich hätte ihn zu einem Gewaltmarsch gezwungen. Seine Füße seien grün und blau gewesen, meinte sie.“
„Wir kennen doch beide James.“ Babbis lächelte halb.
„Stimmt.“ Die Antikerin nickte. „Aber daß er lügt, daß hätte ich nicht von ihm angenommen.“
„Um an eine kostenlose Untersuchung zu kommen, schätze ich. Mich würde es nicht wundern, wenn irgendetwas anderes bei einer näheren Betrachtung seiner Leiden herauskäme ... Gewaltmarsch, sagten Sie?“ Babbis schnippte mit den Fingern. „Haben Sie eigentlich schon einmal ein Maisfeld im Mittleren Westen von nahem gesehen?“
Sie zuckte mit den Schultern und stellte fest, daß jetzt alle Schmerzen vergangen waren. „Bisher bin ich noch nicht dazu gekommen. Irgendwann würde ich mir schon einmal Ihr Land ansehen. Aber ...“
„Mit einem Skateboard werden Sie da nicht weit kommen“, beeilte Babbis sich zu versichern, nachdem ihm merkwürdige Visionen vor sein inneres Auge gekommen waren. Zumindest hatte er endlich eine Erklärung dafür, warum in ihrem Büro immer ein Skateboard an der Wand lehnte.
Vashtu sah ihn irritiert an. „Ich dachte da eher an eine Sportmaschine“, wandte sie ein.
Babbis wischte diesen Einwand mit einer Handbewegung weg, ehe er sich auch darüber den Kopf zerbrechen konnte. „Also, weiter im Text: Sie kamen mit Dr. Lam auf die Krankenstation ... Mh, ich bin so um halb zehn gekommen und habe mich sofort dort gemeldet. Da war Lam gerade auf dem Sprung zu Ihnen.“
Die Antikerin nickte wieder. „Ich bin noch etwas bei Ihnen geblieben, bis das Mittel wirkte“, fügte sie hinzu.
Babbis sah sie etwas hilflos an. Er hatte keine wirkliche Erinnerung mehr daran, wie lange sie bei ihm geblieben war oder nicht. Er wußte erst wieder weiter, als er kurz zu sich gekommen war, um in das CT zu klettern.
„Es mag ungefähr zehn gewesen sein, als ich losging. General Landry hatte mich ausrufen lassen“, fuhr Vashtu fort. „Er wollte, daß ich die Berichte des Drill-Sergeants und meine eigenen Beobachtungen des Teams zusammenfasse zu einer Bewertung. Ihre ist übrigens gar nicht so übel, Doc. Sie haben sich ganz gut geschlagen. Nur an Ihrer Hysterie müssen wir noch etwas arbeiten.“
„Wann sind Sie zurück in Ihr Büro gegangen?“ Babbis ließ sich jetzt nicht mehr ablenken. Er hielt sich mit einer Hand die Schläfe und schnippte mit der anderen nervös.
Vashtu runzelte unwillig die Stirn. „Das muß kurz nach elf gewesen sein. Da traf ich dann Dorn. Und dann ...“ Sie seufzte mit schuldbewußter Miene.
„Der Sergeant?“ Babbis blickte auf. „Und dann ist etwas passiert?“
Vashtu nagte wieder an ihrer Unterlippe. „Er hat mich angegriffen“, antwortete sie nachdenklich und zog die Schultern hoch. „Erst habe ich es mir gefallen lassen. Aber dann ... äh, ging es mir zu weit. Er hat mich offensichtlich mit jemandem verwechselt.“
Babbis starrte sie groß an.
„Er ist unverletzt. Naja, vielleicht eine Beule an der Stirn.“ Wieder dieser schuldbewußte Blick.
Babbis seufzte. „War er von Anfang an ... wahnsinnig?“
Die Antikerin schüttelte den Kopf. „Nein, erst unterhielten wir uns. Wir sprachen darüber, daß ich Landry eine Beurteilung geben sollte. Ich wollte, daß er sich sein Ergebnis ansieht. Als er es in der Hand hatte, drehte er plötzlich durch.“
Babbis nickte, klopfte jetzt mit den Fingern auf seinem Oberschenkel herum.
Vashtu sandte ihm einen entnervten Blick. „Und?“
Babbis' Blick glitt ins Leere. „Also spätestens nach elf Uhr heute vormittag drehte ganze Chayenne-Mountain plötzlich durch. Die Frage ist immer noch warum. Und, wie können wir das herausfinden?“ Er sah sie wieder an. „Und warum ausgerechnet wir beide nicht betroffen sind.“
Vashtu sah ihn skeptisch an. Dann hob sie das Kinn, in ihren Augen leuchtete Begreifen. Einhellig wandten beide sich wieder dem bewußtlosen Wissenschaftler zu.

***

„Streichen Sie den Abstrich auf den Träger.“ Vashtu hielt Babbis einen Q-Tip hin, griff sich das Klebeband.
„Was wollen Sie dem armen Kerl denn noch antun?“
Unwillig schüttelte sie den Kopf, riß ein kleines Stück von dem Klebeband ab und betupfte damit kurz den Laborkittel des Bewußtlosen. Das hatte sie im Fernsehen gesehen, in irgendeiner dieser Serien, die sie meist bei ihren Internetsitzungen nebenher laufen ließ. Gut, da hatte man durchsichtiges Klebeband benutzt, aber leider hatte sie solches gerade nicht zur Hand.
„Sie haben hier nicht irgendwo eine Spritze gefunden, oder?“ Hoffnungsvoll drehte sie sich um.
Babbis starrte sie entgeistert an. „Eine Spritze? Wozu das denn?“
„Um ihm Blut abzunehmen.“ Vashtu tastete über ihre Kleidung. Dumm, ihre Überlebensweste hatte sie in ihrem Büro gelassen. Aber fand sich nicht auch ... Das Namensschild!
Eifrig machte sie sich daran, die Metallklammer zu lösen.
„Ich brauche noch einen Objektträger!“
Sie rollte den Bewußtlosen, und inzwischen gefesselten, Mann auf die Seite und stach mit der Nadel des Namensschildes in seinen Finger. Dann nahm sie Babbis den Objektträger ab und strich vorsichtig einen Tropfen Blut darauf.
„Okay, das ist jetzt alles, was wir tun können.“ Sie drehte sich um. „Es sei denn, Sie legen Wert darauf, auch noch Urin und Kot zu untersuchen.“
„Das wird nicht nötig sein.“ Babbis wandte sich mit bleichem Gesicht ab und ging zurück zu dem zweiten, kleineren Schreibtisch.
Vashtu folgte ihm mit ihrer letzten Trophäe, um sie zu präparieren.
„Und was machen wir, wenn er zu sich kommt?“ fragte Babbis.
„Nichts.“ Vashtu zuckte mit den Schultern und beugte sich über das Mikroskop, den Objektträger mit dem Blutstropfen unter der Linse.
„Sehen Sie etwas?“
Sie verschob die Linse auf eine höhere Stärke und sah stirnrunzelnd in das Gerät hinein. „Wenn es ein Virus ist, wird er wahrscheinlich zu klein sein, um ihn mit diesem antiquierten Ding sehen zu können“, murmelte sie und schüttelte enttäuscht den Kopf. „Nichts zu finden. Geben Sie das nächste her ... den Abstrich.“
Geschickt löste sie den ersten Objektträger, legte ihn beiseite und nahm sich einen neuen.
„Sie machen das nicht zum ersten Mal“, stellte Babbis fest.
Konzentriert nickte sie. „Ich habe in meiner Zeit sehr viel mit Geräten gearbeitet, deren Sinn und Zweck dem eines Mikroskops entspricht“, antwortete sie, beugte sich noch tiefer, als wolle sie sich das Auge ausstechen und drehte an der Schärfe der Einstellung herum. Dann hob sie stutzend den Kopf und runzelte die Stirn.
„Versuchen Sie es einmal“, sagte sie dann und trat beiseite. Mit einem neuen Q-Tip bewaffnet näherte sie sich wieder ihrem Testobjekt.
„Das sind Pollen“, sagte Babbis hinter ihr. „Wo kommen die denn her? Wir haben hier doch Luftaustauschfilter von draußen.“
Vorsichtig bohrte Vashtu den Q-Tip in eines der Nasenlöcher des Wissenschaftlers, drehte ihn über die Schleimhaut und zog ihn wieder heraus. „Gute Frage“, murmelte sie dabei und kehrte zum Tisch zurück, um einen neuen Objektträger zu präparieren. Dann hielt sie ihn Babbis hin. „Überprüfen!“
Der nickte, legte ihn ein und beugte sich wieder über die Linse. „Eindeutig. Pollen. Aber woher kommen die?“
Vashtu runzelte die Stirn und rieb darüber. Kurz war es ihr gewesen, als zucke ein Schmerz durch ihre Brauen. „Keine Ahnung. Von außen jedenfalls nicht. Nicht in dieser Menge.“
Sie fühlte Babbis' forschenden Blick auf sich und sah auf. „Was?“
„Fühlen Sie sich gut?“
Sie nickte. „Wird schon gehen. Als nächstes sollten wir ...“
„Als nächstes sollten wir beide uns testen, ob wir auch diese Pollen in uns tragen. Dann hätten wir zumindest eine Antwort auf die dringendste Frage“, fiel Babbis ihr ins Wort und hielt ihr einen Q-Tip hin.
„Ich soll ... ?“
„Ich auch.“
Ein skeptischer Blick von ihr, doch schließlich griff sie nach dem Wattestäbchen und steckte es sich in die Nase, rieb es dann auf einen Objektträger und hielt diesen Babbis hin, der das gleiche getan hatte.
„Oho!“ murmelte der junge Wissenschaftler, als er sich über seine Probe gebeugt hatte. „Mist! Ich auch!“
Vashtu atmete tief ein. „Okay, und warum wirkt es bei Ihnen dann nicht?“
„Gute Frage.“ Babbis schob ihre Probe unter die Linse und beugte sich wieder darüber. „Scheiße!“ entfuhr es ihm.
Vashtu war sofort alarmiert. „Was ist los?“
Babbis sah auf, starrte sie an. „Okay, bleiben Sie ruhig, ja? Das hat noch gar nichts zu sagen.“
„Was ist los, Doc?“ wiederholte sie, schob ihn dann unwirsch an die Seite und beugte sich ihrerseits über die Linse. Schluckend sah sie wieder auf.
„Dorn würde sagen, das ist übel“, versuchte Babbis sich an einem Scherz.
Vashtu runzelte die Stirn. „Aber ... Wie kann das sein? Ich habe wesentlich mehr Pollen in meinen Nasenschleimhäuten als Sie, aber bemerke davon nichts. Wie ... ?“ Wieder ein kurzes Stechen. Sie senkte unbewußt den Kopf und kniff die Augen zusammen.
Schon wieder dieses nervtötende Fingerschnippen. Als sie aufblickte, sah sie, wie Babbis ziellos den Raum abmaß.
„Wie kann es sein, daß ich nichts bemerke, aber die Pollen, die doch wohl für dieses Chaos verantwortlich sind, in mir trage?“ Ihr Blick glitt ziellos hin und her. „Wir brauchen eine Bestätigung.“
„Ihr Gehirn!“ Abschließendes Fingerschnippen. Triumphierend drehte Babbis sich wieder zu ihr um und grinste sie an. „In Ihrem Gehirn sind mehr Teile aktiv als in unserem. Wahrscheinlich braucht die Substanz länger, ehe Sie Halluzinationen bekommen.“
Vashtu kreuzte die Arme vor der Brust und sah ihn kalt an. „Sie machen uns beiden gerade richtig Mut, Doc, wissen Sie das? Wenn ich auch noch ausfalle, bleiben Sie allein übrig. Und Sie stehen unter Drogen. Außerdem wissen wir noch nicht, ob diese Pollen etwas damit zu tun haben. Wir brauchen weitergehende Tests.“
Babbis sah sich in dem Labor um. „Und wie wollen Sie sonst erklären, was hier vor sich geht?“
„Das ist zu einfach!“
„Sagt die Frau, die mit einem Skateboard zur Arbeit kommt.“
„Das hat nichts hiermit zu tun, Babbis.“
„Hat es vielleicht doch. Wenn wir nachweisen können, daß diese Pollen Hallozinogene in sich tragen, haben wir den Beweis.“
„Schön, wir haben dann aber immer noch nicht geklärt, woher sie stammen.“
„Von außen jedenfalls nicht. Das heißt, sie müssen durch das Stargate gekommen sein. Und das bedeutet ...“ Babbis schloß den Mund und sah sie groß an.
Vashtu nickte. „Ganz genau. Ich bin mit keiner außerirdischen Pflanze in Berührung gekommen. Und ich bin auch nicht durch das Gate gegangen. Streichen Sie Ihre Theorie.“
„Wir sollten weiter testen. Wir haben die Pollen.“
Vashtu seufzte. „Und weiter? Wie sollen wir die Luft hier austauschen, ohne alle umzubringen? Und das auch noch in relativ kurzer Zeit, falls ich auch noch wegtreten sollte?“
Ein kühler Luftzug streifte sie in diesem Moment und ließ sie nach oben blicken.
„Die Lüftung!“

***

„Es sind Hallozinogene.“ Babbis seufzte. „Noch dazu wohl ziemlich üble.“ Er sah auf und musterte die Antikerin, die brütend, die Beine angezogen, auf dem Schreibtisch saß und vor sich hinstarrte. „Tut mir leid, aber soweit ich mich auskenne, und Chemie ist nun wirklich nicht mein Spezialgebiet, ist das wirklich ziemlich übel. Das einzig gute ist, sobald die Pollen vom Körper abgebaut worden sind, lassen auch die Halluzinationen nach.“
Vashtu rührte sich nicht, starrte weiter vor sich hin.
„Hören Sie mir eigentlich zu? Miss Uruhk?“ Babbis trat um den Tisch herum, auf dem er seine Experimente durchgeführt hatte, und stellte sich vor ihr auf, versuchte ihren Blick einzufangen.
Plötzlich blickte sie auf, sah ihn an. Ihre Augen weiteten sich und sie sprach etwas in einer fremden Sprache.
„Auch das noch!“ seufzte der junge Mann, packte die Frau bei den Schultern und schüttelte sie. „Hallo! Ich brauche Sie jetzt hier, Miss Uruhk! Reißen Sie sich zusammen!“
„Enkil?“ Sie blinzelte, ihr Blick klärte sich wieder. Stutzend sah sie ihn an. „Babbis!“
„Genau der. Und ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.“
Die Antikerin blinzelte, wandte dann ihre Aufmerksamkeit dem Tisch zu. Sie schien ihn gar nicht mehr wahrzunehmen, streckte die Beine aus und sprang elegant von ihrer Sitzgelegenheit herunter, um sich die Ergebnisse anzusehen. „Violett, ist das schlecht?“ Fragend sah sie auf.
Babbis nickte. „Ganz genau, es ist schlecht. In den Pollen sind Halluzinogene, ziemlich üble sogar.“
Vashtu atmete tief ein. Ihr Gesicht war ernst. „Okay, es ist schlecht. Und was können wir jetzt tun?“
„Gute Frage. Wir müssen die Quelle der Pollen finden und ausschalten, und wir müssen verhindern, daß die Pollen weiter durch die Luft schwirren.“
Vashtu kreuzte die Arme wieder vor der Brust und nickte, nachdenklich an ihrer Unterlippe knabbernd.
Babbis rieb sich wieder die Schläfe. „Die Beta-Blocker lassen, glaube ich, langsam nach. Wie spät haben wir es?“
Kurz blickte die Antikerin auf ihre Armbanduhr. „Halb sechs am Abend. Bald dürfte es auffallen, daß die Tagesschicht nicht nach Hause kommt.“
Babbis nickte, sah auf den Computer, der immer noch unschuldig auf dem Schreibtisch stand. „Okay, dann sehen wir doch nach, ob wir dadrin nicht was finden.“
„Die Daten sind doch im Hauptrechner“, wandte Vashtu ein.
Babbis schüttelte unwillig den Kopf und tastete heftig. Dann trat er vom Bildschirm zurück und las angestrengt.
„Können Sie schlecht sehen?“ Vashtu war seine merkwürdige Haltung aufgefallen.
„Geht schon. Liegt wahrscheinlich an der Migräne.“ Babbis konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm. „Moment ... Ein Team kam gestern zurück. Wenn wir bedenken, daß diese Seuche heute ausgebrochen ist ...“
„Es ist keine Seuche, Doc.“
„Jaja, das, was auch immer, heute ausgebrochen ist, kann das eigentlich nur eines bedeuten ...“
„Wieso haben Sie von hieraus Zugriff auf SG-Daten?“
Babbis schüttelte ungeduldig den Kopf. „SG-15. Sagt Ihnen das was?“
Vashtu hob abrupt den Kopf, ihre Augen weiteten sich wieder. „Oh ja, das sagt mir allerdings viel. Haben sie etwas mitgebracht?“
„Steht hier nicht. Sie haben Kontakt zu den Frandern gesucht, wer auch immer das ist.“
Vashtu stöhnte auf. „Doch nicht diese Blumenkin...“ Sie schloß den Mund.
Babbis fuhr herum und sah sie mißtrauisch an. „Was?“
„Oh nein!“ Vashtu beugte sich über den Tisch und ließ den Kopf sinken. „Oh, bitte, nein! So dämlich kann doch selbst Collins nicht sein!“
„Was?“
Sie neigte leicht den Kopf, schüttelte ihn dann. „Die Frandern sind ein kleines Volk, das überaus glücklich auf seinem kleinen, niedlichen Planeten lebt. Wir hatten Erstkontakt während meiner Zeit in SG-15“, begann sie zu berichten, hielt den Kopf weiter gesenkt. „Leomar, der Anführer, zeigte mir ein Gerät, ein Gerät meines Volkes. Einen Bestäuber, um genau zu sein. Dieses Gerät beten die Frandern an und fühlen sich glücklich, wenn sie in seine Nähe kommen. Ich bin damals nicht zu nahe heran gegangen, weil ich nicht wußte, womit es gefüllt war.“
„Einen Bestäuber?“
Etwas hilflos blickte sie auf. „Y2M-772 war früher wohl ein Wüstenplanet, hatte aber eine angenehme Atmosphäre. Grund genug für mein Volk, da ein bißchen nachzuhelfen. Ein Bestäuber bläßt Pollen und Samen in die Luft, damit sie sich auf natürlichem Wege verteilen können. Eigentlich Pollen und Samen, die auf anderen Planeten gesammelt wurden. Aber wenn ein Gerät so lange eingeschaltet ist wie dieses, saugt es sich die notwendigen Bestandteile aus der Luft und ...“
„Bläst sie konzentriert wieder aus. Das Ding pimpt die Samen auf, richtig?“
Die Antikerin nickte.
Babbis seufzte, drehte sich wieder zum Bildschirm um.
Terraforming, na toll! Was hatte diese Antikerin noch alles zu bieten? Was konnte sie eigentlich nicht? Schon wieder fühlte er sich hilflos ihrem Wissen gegenüber. Schon wieder ließ sie ihn ... dumm aussehen.
Aber ...
„Enkil?“
Wieder drehte er sich zu ihr um und sah sie stirnrunzelnd an. „Was haben Sie eigentlich mit dieser Sagengestalt?“ fragte er unwirsch.
Wieder ein Blinzeln, gefolgt von einem leichten Kopfschütteln. „Ich fürchte, bei mir geht es jetzt auch los, Babbis. Was auch immer Sie vorhaben, wir sollten es schnell tun.“

***

„Die Luft ist rein.“ Vorsichtig schob Vashtu ihren Kopf durch die Tür, ließ die Schlangenwaffe gleich folgen, rutschte dann schließlich vollständig in ihr Büro. Stirnrunzelnd bemerkte sie, daß Dorn verschwunden war.
Babbis folgte ihr, jetzt ebenfalls ein Zak'Ni'Tel in den Händen. Als er den zerbrochenen Stuhl auf dem Boden sah, stöhnte er vorwurfsvoll auf. „Was haben Sie mit dem armen Dorn gemacht?“
Vashtu griff sich ihre Überlebensweste, nachdem sie aus der Armeejacke geschlüpft war und warf sie sich über. „Gar nichts. Ich glaube, ich habe mehr abbekommen als er“, knurrte sie und schloß die Weste, daß sie eng an ihrem Körper saß. Dann nahm sie sich wieder das Zak'Ni'Tel, während sie mit der Rechen in ihre Brusttasche griff und den Detektor hervorholte.
Babbis wandte sich endlich von den Trümmern ab und trat an ihre Seite, während sie aufmerksam die Anzeigen las.
„Sind Sie sicher, Sie schaffen das? Ich meine ... Mittlerweile haben Sie mich schon mindestens ein halbes Dutzend Mal mit einer Sagengestalt verwechselt“, fragte er.
Vashtu warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wenn ich Sie nicht mehr vor Augen habe, wird es wahrscheinlich besser werden“, entgegnete sie, drehte sich dann um.
Aufmerksam linste Babbis über ihre Schulter und beobachtete die Anzeigen. „So ein Teil muß doch einfach ...“ Er verstummte, als er wieder einen warnenden Blick von ihr erntete. „Kann ich vielleicht einmal halten?“
„Das bringt Ihnen nichts, Doc.“ Die Antikerin schüttelte den Kopf. „Diese Geräte funktionieren nur, wenn man das ATA-Gen trägt, das habe ich Ihnen doch schon einmal erklärt.“
Babbis' Blick wurde immer flehender. „Aber Sie wissen doch gar nicht, ob ich es nicht habe. Ich habe mich noch nicht testen lassen.“
„Sie haben es nicht, glauben Sie mir.“ Mit einem Stöhnen drehte sie sich zu ihm um und hielt ihm den Detektor hin.
Babbis nahm es - und augenblicklich verlosch der kleine Bildschirm. Mit großen, ungläubigen Augen starrte er auf den nun nutzlosen Apparat.
„Ich habe doch gesagt, Sie haben das Gen nicht. Ich kann das spüren.“ Die Antikerin entwand ihm den Detektor, und sofort blinkten wieder einige Punkte über den Bildschirm.
„Das ist ...“ Babbis verstummte und kniff die Lippen fest aufeinander.
Vashtu konzentrierte sich wieder auf die Anzeigen, drehte sich ganz allmählich mit dem Detektor in der Hand um die eigene Achse. Dann steckte sie den Apparat wieder ein, sah ihn auffordernd an. „Wenn ich das richtig abgelesen habe, ist der Bestäuber in einem der Labore in der Nähe des Jumperlagers. Ich werde es mir schnappen, in einen Jumper verfrachten und durch das Tor zurückschicken.“
Babbis sah sie forschend an, doch im Moment schien sie sich im Griff zu haben. Dann nickte er. „Gut, ich tausche die Luftfilter, damit die Pollen aus der Anlage verschwinden. Wollen wir hoffen, daß es klappt.“
Vashtus Augen blitzten. Sie eilte zu ihrem Schreibtisch, zog eine Schublade auf und griff hinein. Dann kehrte sie zu ihm zurück und hielt ihm eine kleine, viereckige Brosche hin, die metallen glänzte. „Das sind Kommunikatoren meines Volkes. Damit dürften wir auch für hiesige Funkverbindungen lautlos sein, können uns aber verständigen.“
Vorsichtig griff Babbis nach dem winzigen Gerät und betrachtete es skeptisch. „Aber ...“
„Die reagieren auf jeden.“ Vashtu steckte sich ihren Knopf an das Revers der Weste, tippte einmal mit dem Finger darauf. „So aktiviert man es. Dann können Sie meine Stimme hören. Falls irgendetwas sein sollte.“
„Funktionieren die wirklich noch?“ Babbis machte sich jetzt seinen am Kragen seiner Hemdjacke fest.
Vashtu nickte. „Sie wurden in Antarktica gefunden, im Eis eingefroren. Ich sollte sie untersuchen und habe festgestellt, daß sie tatsächlich noch funktionieren. Müssen wohl die ganze Zeit deaktiviert gewesen sein.“ Sie glitt mit einigen fließenden Bewegungen zur Tür, drehte sich dann noch einmal zu ihm um. „Viel Glück.“

***

Babbis schlich sich langsam durch die Gänge. Er mußte nahe an den Ausgang des Berges heran, um an die Luftaustauschfilter zu gelangen. Zum Glück schienen sich hier kaum Betroffene aufzuhalten. Aber er wagte gar nicht, sich vorzustellen, wo die, die auf dieser Ebene gewesen waren, wohl jetzt sein mochten. Vielleicht hatten die Pollen inzwischen sogar schon Chayenne-Mountain verlassen?
Er schluckte, spähte vorsichtig um eine Ecke des Ganges, dann schlich er weiter.
Kommunikationsgeräte der Antiker. Einen Energiedetektor. Was konnte diese Vashtu Uruhk eigentlich noch alles aus ihrem Hut zaubern? Und was wußte sie tatsächlich? War sie wirklich so klug?
Babbis wußte es nicht. Aber er kannte zumindest die Ergebnisse diverser Tests, denen sie unterzogen worden war, als sie von Atlantis hierher kam. Diese Frau hatte einen IQ, der kaum noch meßbar war. Ihr Gehirn arbeitete so schnell und präzise, daß es schwerfiel, ihr überhaupt zu folgen. Und ihre Reaktionen erfolgten meist so schnell, daß sie die Informationen kaum hatte verarbeiten können.
Und diese Frau hatte sich noch zusätzlich aufgeputscht mit einer Gentherapie, die ihr Kraft und Ausdauer verlieh, nebenbei auch noch fast unglaubliche regerenerative Kräfte. Eine Killermaschine auf zwei Beinen, noch dazu eine, der man es nicht ansah.
Und trotzdem ...
Babbis atmete tief ein. Da war die Tür! Dort mußte er hinein. Doch davor standen zwei Wachen.
Ob die auch ... ?
Er rief sich zur Ordnung. Natürlich waren sie auch in ihren Halluzinationen gefangen. Er war bisher noch niemandem begegnet, dem es nicht so gegangen wäre. Also mußten auch die beiden da vorne eine Portion der Pollen abbekommen haben.
Zwei auf einen Streich, würde ihm das gelingen?
Unwillkürlich blitzte das schmale Gesicht seiner Teamleaderin vor seinem geistigen Auge auf. In ihren Augen stand eine gewisse Bewunderung. „Nicht schlecht, Doc, gar nicht schlecht.“ Anerkennend nickte sie.
Babbis schüttelte den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben.
Das war im Überlebenscamp gewesen. Sie beide waren allein losgezogen, Dorn bei dem verletzten Wallace zurückgeblieben. Und die Antikerin hatte ihn tatsächlich gelobt, nachdem sie beide eine gegnerische Truppe komplett aufgemischt hatten. Sie war es gewesen, die die meisten Treffer zu verzeichnen hatte, aber er ...
Okay, wenn er flüchtende Marines in einem Manöver treffen konnte, dann konnte er auch zwei Wachen vor einer Tür ausschalten.
Babbis hob die ZET-Waffe und entsicherte sie.

***

Vashtu folgte den Anzeigen des Detektors, blieb schließlich vor einer Tür stehen und sah sich aufmerksam um. Sie traf kaum noch auf Widerstand. Die meisten Anwesenden schienen sich inzwischen in irgendwelchen Räumen versammelt zu haben. Wozu, das wußte sie allerdings nicht. Aber ihr war, nachdem sie die Menschen in mehreren beobachtet hatte, klar, worum sie sich scharrten: Die Lüftung.
Die Pollen mußten bereits in der Klimaanlange stecken. Sie konnte nur hoffen, daß Babbis mit seinem Plan Erfolg haben würde.
Ein Wispern in ihrem Schädel.
Unwillig schüttelte sie den Kopf und öffnete die Tür. Ein sanftes Leuchten glitzerte durch den Spalt.
„Collins, du Idiot!“ zischte sie und trat ein.
Der Kasten war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Wie sollte sie das Ding allein irgendwohin schleppen und gleichzeitig mit einer Waffe ihren Weg sichern?
Vashtu trat zögernd näher und betrachtete die Apparatur stirnrunzelnd.
Enkils mißgestalteter Kopf lugte um die Ecke.
„Nein!“ Sie schüttelte sich wie ein nasser Hund, um diese Halluzination wieder loszuwerden. Es gelang ihr nicht sofort.
Dann ballte sie die freie Hand zur Faust und öffnete die Augen wieder.
Das schwarze, verkrümmte Etwas, daß vor zehntausend Jahren einmal ihr Bruder gewesen war, fauchte sie an.
Er hatte ihr nie etwas getan. Nie! Im Gegenteil, als man sie beide zusammen einsperrte, war er ihr aus dem Weg gegangen, hatte seine letzten Kräfte mobilisiert, um sich nicht auf sie zu stürzen, wie der Rat es vielleicht geplant hatte.
„Enkil!“ Sie trat näher und hob den Kopf. Unwillkürlich fiel sie in ihre Muttersprache zurück. „Hilf mir, bitte. Ich kann deine Kraft jetzt brauchen.“
Die riesigen schwarzen Augen starrten sie mit einem eigenartigen Wissen an. Noch einmal fauchte der Schatten. Sie griff in die schwarze Maße, die früher einmal ihr Bruder gewesen war. Wie Rauch verstob die Erscheinung.
Vashtus Lippen bebten. Tränen standen in ihren Augen.
„Enkil!“

***

Babbis schoß und hetzte gleichzeitig aus seiner Deckung. Dann blieb er plötzlich abrupt stehen.
War da nicht irgendeine Anweisung gewesen? Gab es nicht irgendetwas, was er beachten mußte im Umgang mit einer ZET-Waffe?
„Miss Uruhk?“ Er klopfte auf die Brosche und betrachtete die beiden Soldaten, die zusammengesunken vor der ersehnten Tür lagen.
Sie meldete sich, jedoch in einer fremden Sprache, die er nicht verstand. Babbis seufzte und deaktivierte den Kommunikator wieder. Na toll! Hoffentlich hatte sie es zumindest geschafft, dieses Gerät irgendwie von der Erde zu schaffen.

***

Vashtu runzelte die Stirn. „Babbis?“ fragte sie, klopfte ungeduldig wieder mit einem Finger auf das Gerät, doch es folgte keine Antwort. „Stimmt etwas nicht? Babbis?“
Ungeduldig schüttelte sie den Kopf, als er sich immer noch nicht meldete und steckte die Goa'uld-Waffe weg. Sie würde es doch wohl allein machen müssen. Hoffentlich gelang es ihr wenigstens, das Ding bis zum Jumperlager zu bringen.
Ächzend hob sie die Kiste an einer Seite hoch und schleifte sie hinter sich her bis zum nächsten Gang. Dort stellte sie den Apparat erst einmal ab und sah sich vorsichtig um. Der Gang war frei. Wieder hob sie ein Ende des Gerätes an und zerrte es weiter. Die schabenden Geräusche, die sie dabei verursachte, gingen ihr durch Mark und Bein, doch verhindern konnte sie sie nicht. Der Bestäuber war zu sperrig, um ihn auf den Armen zu tragen.
Nach einigen weiteren Abzweigungen kam sie beim Jumperlager an und öffnete die Tür. Es war stockdunkel. Sie tastete ein wenig, bis sie den Lichtschalter fand. Dann stöhnte sie auf.
Der zweite Jumper war verschwunden. Und der erste ...
Sie seufzte und drehte sich um. Also den langen Weg.

***

Babbis kramte in dem Werkzeuggürtel herum, den er sich besorgt hatte. Dabei betrachtete er die Filteranlage und Belüftung. Er war sich nicht so ganz sicher, ob es ihm wirklich gelingen würde, das zu tun, was er vorhatte. Aber ihm blieb auch kaum eine andere Wahl.
Seufzend machte er sich daran, die ersten Verschraubungen zu lösen und die Kabel freizulegen.
Plötzlich fühlte er sich wirklich sehr allein.

***

Vashtu schoß, dann lugte sie wieder um die Ecke und nickte befriedigt. Den Bestäuber hinter sich herschleifend trat sie in den Gateroom und zerrte das Gerät so schnell wie möglich die Rampe hoch. Dann richtete sie sich stöhnend auf und rieb sich das Kreuz.
Und jetzt?
Sinnend blickte sie das deaktivierte Gate an und kniff die Lippen aufeinander. Zumindest war die Iris nicht eingeschaltet. Das hätte dann übel enden können, da sie den Code zu deren Aktivierung nicht kannte.
Sie umrundete den Bestäuber und joggte dann die Rampe wieder hinunter. So schnell wie möglich öffnete sie die Tür des Kontrollraumes. Walter, der Techniker, der für die Schaltungen des Stargates verantwortlich war, hing leblos auf seinem Stuhl, ansonsten war der Raum leer.
Vashtu runzelte die Stirn und schlich sich an den Militär. Vorsichtig fühlte sie seinen Puls und nickte befriedigt, als sie einen starken und normal erscheinenden Herzschlag fühlte. Dann schob sie den Bewußtlosen mitsamt Stuhl etwas zur Seite und konzentrierte sich auf die Eingabe. Gut, daß sie ein relativ gutes Gedächtnis hatte und sich noch an die Worte erinnerte.
Die Shevrons rasteten eins nach dem anderen ein, dann entstand das Wurmloch.
Vashtu richtete sich befriedigt auf und aktivierte noch einmal ihr Kommunikationsgerät. „Doc, ich habs geschafft. Wäre schön, wenn Sie jetzt auch soweit wären.“

***

Babbis zuckte zusammen, als er plötzlich die vertraute Stimme hörte. Dann seufzte er erleichtert. Sie sprach wieder verständlich.
„Ich bin gleich soweit. Noch ein paar Minuten“, antwortete er.

***

Vashtu nickte, verließ den Kontrollraum wieder, sprang dann aber zurück, als sie das harte Trommeln und die Einschläge einer Projektilwaffe sah und hörte.
Wer ... ?
Mit einer fließenden Bewegung zückte sie das Zak'Ni'Tel und entsicherte es. Dann nahm sie hinter der Tür Deckung und wartete.
„Komm schon, komm!“ hörte sie eine bekannte Stimme.
Landry?
Vashtu stöhnte. Auch das noch. Jetzt mußte sie auch noch gegen den Leiter des SGC antreten? Das konnte doch nur übel für sie enden.
Seufzend fügte sie sich in ihr Schicksal. Vorsichtig spähte sie um die Ecke, was ihr gleich wieder mit einer weiteren Salve gedankt wurde.
Okay, dann also die andere Richtung.
Sie ließ sich in die Knie sinken und krabbelte auf die andere Seite der Tür, um sich dort wieder aufzurichten. Und wieder lugte sie vorsichtig um die Ecke.
Da!
Die Antikerin atmete tief ein und hob das Zak'Ni'Tel.
Wenn schon, dann aber richtig.
Sie sprang vor, wirbelte in den Gang hinaus und begann zu schießen. Kugeln pfiffen ihr um die Ohren, ein oder zwei trafen sie sogar, ließen sie stolpern. Blitzschnell aktivierten sich die Fremdgene in ihr und trugen sie nur noch schneller voran.
Dann warf sie sich nach vorn, rollte sich über die rechte Schulter ab und kam kniend wieder hoch, die Goa'uld-Waffe im Anschlag, und drückte einmal ab.
Seufzend sank sie in sich zusammen und schüttelte den Kopf.
„Doc, ich hoffe, Sie sind soweit“, sagte sie resignierend in ihren Kommunikator und kam wieder auf die Beine, um den Gateroom zu betreten.
„Ja, wir können.“
Im Gehen rieb sie sich den Oberschenkel, trabte dann leicht humpelnd die Rampe hoch. „Okay, ich entsorge jetzt den Bestäuber.“
Sie griff sich das eine Ende des Gerätes und schleifte ihn zum Ereignishorizont, rückte den gewaltigen Kasten zurecht und ruckte ihn schrittweise in das Gate hinein.
„Mit Dank zurück!“ rief sie, ehe das Wurmloch sich wieder auflöste.
Dann fühlte sie einen leichten Sog und drehte sich um.

***

„Nun, Dr. Babbis, wie ich hörte, geht es Ihnen wieder besser.“
Der junge Wissenschaftler sah auf und bekam große Augen. „Sir, General, Sir ...“ Ihm blieb der Mund offen stehen.
Landry trat um die tragbare Trennwand herum und lächelte auf ihn nieder. „Ich muß Ihnen wohl meinen Dank aussprechen, Doktor. Was Sie und Miss Uruhk da geleistet haben ...“
Babbis ruckte hoch. „Wie geht es ihr?“ fragte er sofort.
Landry hob beschwichtigend die Hand. „Es geht ihr wieder gut. Offensichtlich war sie die einzige, die sich gegen die Halluzinationen wehren konnte, die uns andere außer Gefecht gesetzt haben. Dr. Lam meinte, das läge vielleicht ebenfalls an ihrer Gehirnaktivität.“
Babbis seufzte erleichtert und ließ sich wieder in die Kissen sinken.
„Was Sie mir aber über Ihren Zustand gesagt hat ... Dr. Babbis, das SGC schuldet Ihnen viel. Aber Ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen ...“ Landry schüttelte den Kopf.
Babbis rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. „Wird schon, Sir“, murmelte er verlegen.
„Das hoffe ich. Sie haben nur zwei Augen, Dr. Babbis, und die werden Sie wohl auch noch beide brauchen, wie ich es sehe.“
Babbis verzog unwillig das Gesicht.
„Eine Fehlsichtigkeit ist kein Grund, gleich den Kopf hängen zu lassen. Wie gesagt, Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie sich weiter weigern wollen, sich eine Brille zu besorgen.“
Babbis nickte nachdenklich, dann blickte er wieder auf. „Sir, Sie sagten, das SGC schuldet mir etwas?“
Landry schien überrascht, hob die Brauen. „Ja?“
Ein unsicheres Lächeln erschien auf dem Gesicht des jungen Mannes. „Ich habe in den Berichten der anderen Teams etwas gefunden, Sir. Und ich wollte fragen ...“
Landry zog sich einen Stuhl herbei und ließ sich darauf nieder. „Was haben Sie gefunden?“
Babbis strich nervös mit den Händen über die Bettdecke. „Nun ja, Sir. Sie wissen doch, daß ich zur Zeit an meiner Doktorarbeit in Mathematik arbeite. Aufgrund der Berichte aus Atlantis habe ich das Thema der Superstürme gewählt. Und SG-17 hat vor einem halben Jahr einen Planeten besucht, auf dem ein solcher seit Jahrtausenden tobt. Ich würde gern ... wenn Sie erlauben ... Ich meine ...“ Er stockte, straffte die Schultern und hob den Kopf. „Sir, wenn es uns möglich wäre, aus diesen Stürmen Energie zu beziehen, wären wir für alle Zeiten unsere Versorgungssorgen los. Darum möchte ich bitten, SG-27 zu diesem Planeten zu senden, damit ich dort Messungen vornehmen kann für meine Arbeit, Sir.“ Leise Zweifel blitzten in seinen Augen.
Landry musterte ihn genau, dann holte er tief Atem. „Ich warte noch auf den abschließenden Bericht Ihres Teamleaders, Dr. Babbis, ehe ich SG-27 wieder in den aktiven Dienst stellen kann. Und wenn Sie mir glaubhaft versichern können, keine Katastrophe anzurichten ... Möglicherweise überlege ich es mir - wenn Sie und Dr. Wallace wirklich jeden Befehl, den Miss Uruhk ihnen gibt, genauestens befolgen.“
Babbis nickte strahlend. „Ja, Sir!“

***

Der kurzgeschnittene Rasen glich dem eines gewaltigen Parks. Hier und da standen kleine Baumgruppen und lockerten das ansonsten strenge Bild wieder auf.
Vashtus Blick glitt über die Reihen um Reihen von Grabsteinen, dann senkte sie den Kopf und atmete tief ein.
Da, dort wo sie, ihren Informationen nach, ihr Ziel finden sollte, stand eine einsame, leicht gebeugt wirkende Gestalt in der Uniform der Marines. Einsam und allein stand diese Gestalt da, wirkte vollkommen von allen verlassen.
Vashtu rammte entschlossen ihre Hände in die Taschen ihrer Fliegerjacke und ging weiter. Erst bei den beiden Gräbern blieb sie stehen und las die Inschriften.
„Es tut mir leid, Mam“, sagte eine leise Stimme nach einer kleinen Weile.
Die Antikerin kniff die Lippen zusammen und beugte sich vor, ihre Linke wieder aus der Tasche ziehend. Vorsichtig befestigte sie einen kleinen metallenen Gegenstand an dem Grabstein, richtete sich dann wieder auf.
„Es muß Ihnen nicht leid tun, Serge“, sagte sie tonlos, schüttelte den Kopf. „Mir sollte es leid tun. Ich habe ...“ Sie stockte und blickte auf.
Dorn sah sie an. Und in seinem Blick las sie etwas, was sie zuletzt vor mehr als zehntausend Jahren in den Augen eines anderen hatte lesen können: in denen ihres Vaters.
Ein schüchternes Lächeln glitt über ihr Gesicht, dann bot sie dem alternden Marine ihren Arm. Stumm harkte er sich bei ihr unter. „Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen, Mam?“
Die beiden gingen. Zurück blieb, einsam leuchtend, ein winziges holografisches Bild von einer lächelnden jungen Frau mit kurzen blonden Haaren, das vor dem Grabstein mit der Inschrift „Laurell Dorn, geliebte Tochter und tapfere Pilotin“ in der Luft schwebte.
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