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SG-27 von Hyndara71

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Vashtu Uruhk nickte Chry'sha'c zu. „Danke nochmals für die rasche Hilfe", sagte sie mit einem Lächeln.
Der Jaffa verbeugte sich vor ihr. „Einer Freundin meines Volkes werde ich immer helfen. Die Jaffa haben dir zu danken."
„Das werden wir noch sehen." Vashtu seufzte, drehte sich dann zu ihren Männern um. „Wallace, einwählen", befahl sie. „Jedenfalls ging es schneller als wir gehofft hatten. Die Jaffa sind tapfere Krieger und haben den Respekt von anderen mehr als nur verdient." Sie zog das kleine Gerät aus ihrer Hosentasche und wartete, bis sie hörte, wie das Wurmloch sich etabliert hatte. „Also dann. Ich wünsche euch Frieden und Freiheit, Chry'sha'c." Sie aktivierte das GDO und wandte sich erneut an ihr Team: „Abrücken!"
Dorn trat als erstes durch den Ereignishorizont, dicht gefolgt von Wallace. Peter Babbis zögerte noch einen Atemzug, dann verschwand auch er.
Der Jaffa nickte der Antikerin noch einmal zu, dann joggte auch sie zum Wurmloch und trat hindurch.
Nur um auf der anderen Seite fast in Wallace langgezogene Gestalt zu prallen.
Erschrocken trat der junge Wissenschaftler einen Schritt zur Seite.
„Können Sie denn nicht einmal ..." Vashtu stockte, als sie begriff, was sie da gerade aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatte.
Dorn drehte sich zu ihr um und sah sie mit einem langen, mitleidigen Blick an. Babbis stand beim Geländer, eine Hand um das Metall gekrallt. Wallaces Gesicht war bleich.
Vashtu fühlte, wie ihre Beine weich werden wollten. Einen Moment lang weigerte sie sich noch zu akzeptieren, was ihr da gerade aus den Augenwinkeln aufgefallen war, dann aber trat sie entschlossen einen Schritt vor, das Gesicht angespannt.
Ein Sarg. Und die Flagge auf diesem Sarg ...
Vashtus Lippen bebten. Sie preßte sie fest aufeinander und atmete flach. Ihre Augen begannen zu brennen.
Landry blickte zu ihnen hoch, sah sie an. Und bei dem General stand, in einer Uniform der Air Force, Lt. Colonel John Sheppard. Ihre Blicke trafen sich, und Vashtu konnte die Antwort, die sie befürchtet hatte beim Anblick der Flagge, deutlich in seinen Augen lesen.
„Major Uruhk", wandte Landry sich mit sanfter Stimme an sie.
Vashtu streckte die Hand aus und packte das Geländer. Das Metall stöhnte unter ihrem Griff. Noch immer starrte sie Sheppard an. Die anderen, die den Gateroom gerade hatten verlassen wollen, sah sie nicht wirklich. Nur ihn und ... den Sarg!
„Major, ich muß Ihnen leider mitteilen ..."
Sheppard trat entschlossen an Landry vorbei und setzte einen Fuß auf die Rampe.
Noch immer starrten die beiden sich an, in einem stummen Verständnis, das eigentlich keine Worte brauchte. Doch jetzt weigerte sich eine von ihnen beiden schlichtweg zu akzeptieren, was sich da vor ihren Augen abspielte.
„Vash ..." Sheppards Stimme klang belegt.
Die Antikerin schüttelte kurz und abgehackt immer wieder den Kopf. Sie wagte nicht, den Mund aufzumachen, und sie wollte nicht hören, was er ihr zu sagen hatte. Doch er hielt ihren Blick weiter gefangen, während er langsam näherkam.
„Vashtu ..." wiederholte er, als sie bereits zu ihm aufsehen mußte. Sanft legte er seine Hand auf ihre, hielt noch immer ihren Blick gefangen.
Vashtu bat ihn, flehte ihn in Gedanken an, nicht das auszusprechen, was sie so deutlich hatte erkennen müssen. Sie wollte es nicht hören. Nicht jetzt, niemals!
„Carson ist tot."

***

Vashtu schloß leise die Tür hinter sich, tappte dann auf blossen Füßen zu ihrem Wohnraum und blieb im Durchgang stehen. Mit zusammengepreßten Lippen betrachtete sie den Mann, der auf ihrem Sofa lag und schlief. Der Fernseher tauchte den Raum in verwaschene Farben, der Ton lief leise und war kaum verständlich.
Sie konnte nicht schlafen. Ihr Bett schien ihr plötzlich viel zu groß und unbequem. Und das leise Summen des Terrariums einfach nur nervtötend. Ob sie wollte oder nicht, sie war sich nur allzu deutlich bewußt, wer da noch in ihrem Apartment war.
Langsam trat sie in den Wohnraum, betrachtete die hochgewachsene Gestalt unter der Decke.
John hatte einen Arm ausgestreckt und seinen Kopf darauf gebettet. Er paßte gerade auf das Sofa, so daß seine Beine leicht angewinkelt waren. Sein Gesicht war entspannt, doch ein Zug lag um seine Lippen, den sie noch nicht kannte - oder besser erst seit der Trauerfeier kannte.
Vashtu wandte ihr Interesse dem Bildschirm zu. Irgendein Dokumentarsender. Bilder einer Unterwasserexpedition.
Wie in Trance schlich sie zu ihrem Ohrenbackensessel und ließ sich darauf nieder, die Beine angezogen und die Arme um die Schenkel geschlungen. Blicklos verfolgte sie das Treiben auf dem Bildschirm vor sich, während sie in Erinnerungen versank ...

***

„Ich weiß natürlich, daß Sie mit Dr. Beckett befreundet gewesen sind", wandte Landry sich an sie. Seine Stimme klang mitfühlend.
„Sir, ich ..." Sie stockte und sah sich hilflos in ihrem Büro um. Irgendwie wirkte der Raum auf sie plötzlich überdimensional und leer, als wolle er sie verschlingen.
„Sie möchten mit nach Schottland, ich verstehe." Landry nickte.
Sie blickte auf, die Lippen wieder zusammengepreßt, und nickte.
„Ich werde sehen, was sich machen läßt, Major. Dr. Beckett und Sie haben gut zusammengearbeitet während des einen Projektes. Und ich weiß, daß er Sie immer aufgesucht hat, wenn er auf der Erde gewesen ist. Aber Sie müssen auch verstehen ... nach den jüngsten Entwicklungen ..."
„Der Trust ist nicht wirklich gefährlich für mich, Sir", entgegnete Vashtu mit gepreßter Stimme. „Außerdem werde ich doch wohl nicht die einzige Militärangehörige sein, die ... die ... die nach Schottland fliegt."
Landry schien zu überlegen.
„Carson war einer der ersten, die mir Vertrauen schenkten nach meinem Erwachen, Sir. Er war ... Ich habe immer noch seine Schildkröten." Sie preßte die Augen fest zusammen, um die Tränen zu unterdrücken. Ihre Schultern bebten.
„Beruhigen Sie sich, Major." Landrys Stimme klang hilflos. Dann seufzte er. „Wir organisieren gerade noch den Flug. Haben Sie Ihre Uniform?"
Vashtu schüttelte hilflos den Kopf.
„Ich werde sie Ihnen bringen lassen. Ich denke, in Begleitung von Lt. Colonel Sheppard und Major Lorne sollten Sie relativ sicher sein. Für alle Fälle aber ..."
„Die MP, Sir, ich verstehe." Wieder ein Nicken.
„Anders wird es wohl nicht gehen. Tut mir leid."

***

John bewegte sich leise im Schlaf. Sein Handrücken rutschte an der Armlehne des Ohrenbackensessels entlang.
Vashtu sah kurz zu ihm hinüber.
Wenn es doch nur nicht soweit zwischen ihnen gekommen wäre! Wenn doch nur ...
Sie atmete tief ein und wandte sich wieder ab. Konzentriert starrte sie auf den Bildschirm.
Sie bemerkte nicht, wie ein Augenpaar sie aus schmalen Schlitzen musterte, denn wieder war sie in ihren jüngsten Erinnerungen versunken.

***

„Lorne, die Anweisungen stehen. Ich denke, Sie werden ..." John zuckte mit den Schultern.
Vashtu, die gerade den Hügel hinabgekommen war und die letzten Worte mitangehört hatte, runzelte die Stirn.
Der Lt. Colonel drehte sich zu ihr um und musterte sie kurz und scheinbar ohne jede Emotion. Unwillkürlich straffte sie sich und ging betont langsam auf ihn zu.
„Du hast es also tatsächlich getan", wandte John sich an sie. „Major Lorne, erinnern Sie sich noch an Vashtu Uruhk ... Major Vashtu Uruhk." Die Betonung lag eindeutig und vollkommen übertrieben auf ihrem Rang.
Sie nickte dem jungen Offizier zu und lächelte gequält. „Major."
Lorne betrachtete sie aufmerksam von Kopf bis Fuß, erwiderte dann ihr Lächeln. „Sie bleiben also wirklich die nächsten Tage noch auf der Erde?" wandte er sich dann wieder an seinen Vorgesetzten.
John seufzte, wandte sich von ihr ab. „Landry meinte, die drei Tage könnten auch vorgezogen werden. Es liegt momentan auch nichts vor, zumindest nichts, wovon ich weiß. Sie werden wohl ruhige zehn Tage erleben, Lorne."
Der Major nickte.
„Du bleibst auf der Erde?" fragte Vashtu.
„Ich habe Urlaub." Die Antwort war knapp und emotionslos.
„Ich auch. Landry hat ihn mir zugestanden."
John warf ihr einen kurzen Blick zu. „Und?" fragend hob er eine Braue.
Lorne räusperte sich und drehte sich um, um sich den anderen Militärangehörigen anzuschließen, die jetzt zu den Wagen zurückgingen.
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Ich dachte ... Wir könnten ..." Sie stockte.
„Ich habe einiges zu erledigen, Major", entgegnete John mit betont ruhiger Stimme.
„Das ist mir klar. Ich dachte nur ..."
„Nein." Jetzt drehte auch er sich um und marschierte mit strammen Schritt zurück zu den wartenden Fahrzeugen.
Vashtu sah ihm hilflos nach.

***

John Sheppard war aufgewacht. Aufmerksam beobachtete er seine Gastgeberin aus schmalen Augenschlitzen. Er wollte nicht, daß sie bemerkte, daß er wach war. Statt dessen versank er in ihrem Anblick.
Vashtu hockte mit angezogenen Beinen da, in ein überlanges T-Shirt und Jogginghosen gekleidet. So, wie sie da saß, wirkte sie auf ihn wie ein hilfloses kleines Mädchen. Angestrengt starrte sie auf den Bildschirm, schien beinahe durch ihn hindurchzusehen.
Er zwang sich, sich nicht zu bewegen, auch wenn beinahe jede Faser seines Körpers danach schrie, sie zu berühren, zu streicheln und zu küssen. Er liebte diesen zehntausend Jahre alten Sturkopf und wollte sie auf keinen Fall verlieren. Aber trotzdem ...
Er beobachtete sie weiter, und auf sein Gesicht trat ein zärtlicher Ausdruck, als er sich an den Rückflug aus Schottland erinnerte.

***

John saß, vor sich hinbrütend, auf seinem Platz und starrte vor sich hin, als sich plötzlich jemand neben ihm niederließ.
„Kann es sein, daß diese Frau etwas ... irre ist?" fragte Lorne.
Er runzelte die Stirn und drehte sich um. „Was?" Sich reckend warf er einen Blick über die Schulter und hob eine Braue.
Vashtu saß allein auf einem Sitz und starrte vor sich hin. Dabei zupfte sie mit ihren Händen an dem dünnen Material ihrer Strumpfhosen herum. Diese wies schon einige unschöne Löcher und Laufmaschen auf.
„Wieso?" John drehte sich wieder zu Lorne zurück.
Der zuckte mit den Schultern. „Ich hab kurz mit mit einem der MPs gesprochen, die sie bewachen sollen. Der sagte da etwas von einem Banküberfall, bei dem sie ... naja, zwei der Bankräuber waren tot, die anderen hatte sie irgendwie im Schließfachraum eingesperrt. Und ihr war nicht ein Haar gekrümmt worden."
Johns Kopf ruckte wieder zu der Antikerin hinüber. „Vashtu!" flüsterte er, dann drängte er sich an seinem Stellvertreter vorbei und ging zu ihr hinüber.
Die Antikerin saß noch immer so da wie vorher, zupfte an ihrer Strumpfhose herum und starrte ins Leere. Dann, plötzlich, klärte sich ihr Blick und sie sah auf. Eine leise Hoffnung trat in ihre Augen, als er sich auf dem Sitz vor ihr niederließ und zu ihr umdrehte.
Stirnrunzelnd sah er sie an. „Du warst in einen Banküberfall verwickelt?" fragte er unumwunden.
Sie blinzelte, neigte dann leicht den Kopf und nickte. „Ja, aber das war kein ... Es war nicht normal", antwortete sie, drehte sich dann halb um und warf einen langen Blick auf die beiden Militärpolizisten, die hinten im Flugzeug saßen und Karten spielten. „Seitdem habe ich diese Anhängsel."
John sah sie besorgt an. „Was meinst du damit? Warum sollte man dich überwachen? Ich dachte, du hast dein Leben auf der Erde inzwischen relativ im Griff."
Sie zögerte, zog dann die Schultern hoch. „Der Trust ist auf mich aufmerksam geworden, ist schon eine Weile her", erklärte sie. „Jetzt sind sie plötzlich wieder da."
Er ruckte ein bißchen näher an sie heran. „Der Trust? Was wollen die von dir?"
In ihrem Gesicht zuckte es, als sie verstohlen unter ihren Ponyfransen aufblickte. „John, ich bin die letzte erreichbare Antikerin, schon vergessen?"
Das war ihm tatsächlich einen Moment lang entfallen, mußte er zugeben. Er sah sie schon lange nicht mehr als lebendes Relikt, sofern er das je getan hatte. Er sah nur ... Ja, was?
Er sah die interessanteste und schönste Frau, die ihm je in seinem Leben über den Weg gelaufen war, mußte er sich selbst eingestehen. Sie beide hatten noch nie viele Worte gebraucht, sie verstanden sich auch so. Immer schienen sie vom anderen zu wissen, was er empfand - naja, meistens. Wenn da nur nicht diese Sache geschehen wäre ...
„Was hast du vor, wenn wir wieder in den Staaten sind?" fragte sie unvermittelt.
Er blinzelte, aus seinen Gedanken gerissen, und sah sie an. „Was?"
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Ich dachte nur. Es wird schon spät sein, zu spät, um dir ein Zimmer in Colorado-Springs zu suchen. Was hast du also dann vor? In den Mannschaftsquartieren übernachten?"
Er runzelte die Stirn, schwieg jetzt aber.
Wenn er genau sein wollte, seit ihrem Streit vor einem Monat hatte er kaum noch einen Gedanken an seinen Urlaub verschwendet. Vorher war es für ihn klar gewesen, daß er seine Zeit mit ihr verbringen wollte, sofern sie nicht gerade arbeiten mußte. Aber jetzt?
„In den Bergen liegt der erste Schnee. Ich dachte, wenn du Lust und Zeit hast, könnten wir vielleicht skifahren gehen." In ihren Augen las er ein kleines bißchen Hoffnung.
„Ich ..."
„Du kannst bei mir übernachten. Mein Apartment ist groß genug. Und morgen ... oder wann du willst ..." Sie verstummte, das leise Licht verglomm.
John brach es fast das Herz, sie so resignierend zu sehen. Irgendwie kam ihm der unwahrscheinliche Gedanke, daß sie nicht wirklich Erfahrung mit dem Umgang in einer Beziehung hatte. Aber ... Das war Unsinn!
„Du könntest auf meiner Maschine fahren, wenn du magst."
„Maschine?" Irritiert sah er sie wieder an.
Vashtu nickte. „Mein Motorrad. General O'Neill hat es mir geschenkt."
„Ich habe keinen Motorradschein."
Wieder dieses stille Flehen in ihren Augen.
Er nagte an seiner Unterlippe, fühlte sich plötzlich einfach nur schlecht. Hatte er am Ende überreagiert auf ihren Eintritt in die Army? War er ... ?
Nein, rief er sich zur Ordnung, nein, er hatte keinen Fehler begangen. Da war er sich sicher. Vashtu war nicht geeignet für die Air Force, um genau zu sein, sie war überhaupt nicht für das Militär geeignet. Warum O'Neill und die anderen Stabsmitglieder das nicht hatten einsehen wollen, war ihm nicht klar, doch er vermutete, man wollte sie noch enger an die Erde binden, als sie es nach mehr als einem Jahr bereits war.
„John, ich ..." Ihre Brauen schoben sich zusammen und in ihren Augen schwammen plötzlich Tränen. „Ich ... können wir denn nicht einfach reden?"
Er zögerte, wandte den Kopf ab und sah zur Pilotenkanzel nach vorn. Dann nickte er endlich. „Also gut, ich übernachte heute nacht bei dir. Aber morgen suche ich mir ein Hotel."

***

Vashtu starrte weiter auf den Bildschirm, holte dann plötzlich tief Atem.
Eine große Schildkröte kämpfte sich durch hohes Gras. Die wispernde Stimme aus dem Off erklärte gerade etwas über eine Sendung, die gleich auf diesem Sender laufen sollte.
Unwillkürlich stiegen ihr wieder Tränen in die Augen.
Carson!
Nach seiner Rückkehr nach Atlantis war Landry an sie herangetreten, mit der dringenden Bitte des Mediziners, sich um seine kleinen Schildkröten zu kümmern. So war das Terrarium schließlich in ihrem Schlafzimmer gelandet. Sie war zur Ziehmutter für seine Haustiere geworden.
Und jetzt war Carson tot.
Vashtu schluchzte laut auf und barg ihr Gesicht zwischen den Knien, während über den Bildschirm weiter über Schildkröten gesprochen wurde. Vor ihrem inneren Auge sah sie das offene und freundliche Gesicht von Carson Beckett, wie er auf ihrem Sofa saß und Kaffee trank und sich mit ihr unterhielt.
So viele Briefe hatte er ihr gebracht, so oft hatten sie beide miteinander geschwatzt. Mit der Zeit waren sie Freunde geworden, und sie hatte gewußt, ihr erster Eindruck von ihm hatte sie nie getäuscht.
Und jetzt gab es diesen netten Mann in ihrem Leben einfach nicht mehr. Jetzt würde sie endgültig den Kontakt nach Atlantis verlieren, ohne Beckett und ohne Sheppard. Nie wieder würde Carson unvermutet vor ihrer Tür stehen und ihr irritierte Blicke zuwerfen. Nie wieder würde sie seine akzentschwere Stimme hören und sich fragen, warum ausgerechnet dieser Mann, der sie immer wieder an ein riesiges Kuscheltier erinnert hatte, so einsam in seinem Inneren war.
„Vash ..."
Arme umfingen sie plötzlich und hielten sie fest und sicher.
Vashtu drängte sich an den anderen Körper und weinte und schluchzte und klammerte sich an ihn.
„Es ist schon gut", wisperte ihr Johns angenehme Stimme zu. „Alles ist gut. Scht."
Sie drängte sich noch dichter an ihn heran, ließ es zu, daß er sie schließlich auf seine Arme nahm und auf dem Sofa ablud. Noch immer klammerte sie sich an ihn, noch immer barg sie ihr Gesicht an seiner Brust.
Sie konnte einfach nicht mehr aufhören zu weinen. Carson war ihr Freund gewesen. Er hatte für sie und John getan, was er konnte, als ihre Beziehung zueinander noch auf wackeligen Beinen stand und von den oberen Stellen nicht gern gesehen war.
„Er ist tot, John", wimmerte sie plötzlich und hob den Kopf. Ihr Blick war verschwommen von all den Tränen, und sie mußte blinzeln.
Sacht strich er ihr die salzige Nässe von den Wangen. „Es ist gut, Vash, es ist alles gut." Seine Stimme klang erstickt.
Als sie wieder zu ihm hochblickte sah sie, daß auch er weinte, es aber nicht zeigen wollte. Die Tränen gruben feuchte Bahnen in seine Wangen, seine Lippen bebten leicht. Unvermittelt hob sie den Kopf und küßte eine der Tränen weg.
John schloß die Augen und preßte die Lippen aufeinander. Noch immer streichelte seine Hand ihre Wange, noch immer brach auch bei ihm die Trauer ihre Bahn.
„John ..." Sie flüsterte seinen Namen tonlos.
Langsam öffnete er die Augen wieder und sah sie an. Und sie ertrank in diesem Blick, ihre Persönlichkeit, ihr ganzes Selbst, alles was sie ausmachte, wurde von seinen Augen davongetragen und löste sich auf.
Das letzte, an das sie sich erinnerte, war der Kuß ...

***

„Asche zu Asche, Staub zu Staub ..." Der Priester sah auf die Trauergemeinde, die sich um das Loch in der dunklen Erde versammelt hatte. Nach einer kleinen Weile fuhr er fort mit seiner Rede.
Vashtu stand am offenen Grab und starrte darauf nieder. Überdeutlich spürte sie Johns Anwesenheit, er stand direkt neben ihr. Das hatte sich so ergeben, vermutete sie, denn viele Worte hatten sie bis jetzt nicht gewechselt seit ihrem unvermuteten Treffen im Gateroom. So wurde sie nun aber von ihm auf der einen und seinem jungen Stellvertreter auf der anderen Seite flankiert, stand einen Schritt weiter vorn als sie.
Vashtu hob langsam den Kopf.
Es war das erste Mal, daß sie bei einer irdischen Beerdigung anwesend war. Sie hatte keine Ahnung, wie das Zeremoniell ablief, versuchte einfach dadurch, daß sie die anderen Anwesenden beobachtete, sich normal zu geben.
Neben dem Priester stand eine ältere, kleine Frau mit grauem, weiß meliertem Haar. Vashtu kannte sie von einem Foto. Es war Carsons Mutter.
Schnell wandte sie den Blick ab. McKay sah sie über den Rand des Grabes aus an, die Lippen zusammengekniffen. Auch in seinen Augen sah sie Tränen, wie sie auch in den ihren brannten. Und irgendwie tröstete sie der Gedanke, daß ausgerechnet Rodney McKay, der egozentrische Spitzenwissenschaftler, um den lieben Mediziner trauerte, über den er früher immer seine Scherze gemacht hatte.
Bewegung kam in die Trauergemeinde.
Vashtu atmete tief ein, reihte sich dann, vor Sheppard und hinter seinem Stellvertreter, gehorsam ein und wartete.
Einer der Trauergäste trat vor, nahm eine kleine Schaufel und warf Erde in das Grab.
Vashtu atmete tief ein und schluckte dann.
Wenn sie sich vorstellte, das ... Nein, besser nicht!
Geduldig wartete sie, bis sie der Schaufel am nächsten war, und griff danach. Eine andere Hand legte sich über ihre und ließ sie den Kopf heben. John sah sie nur an, die Lippen zusammengepreßt und etwas in seinen Augen, das sie bisher noch nie bei ihm gesehen hatte. Unmerklich nickte sie, und gemeinsam warfen sie etwas Erde in das Grab, blieben dann einen Moment lang noch stumm nebeneinander stehen und starrten in diesen finsteren Abgrund, in dem sich jetzt die sterblichen Überreste des freundlichen Mediziners befanden für alle Zeit.
Johns Hand streifte ihre Schulter, als sie sich umdrehten und zu Mrs. Beckett gingen, um ihr ihr Beileid auszusprechen.
Die alte Frau sah unwillkürlich auf, als sie das Paar auf sich zukommen sah. Trotz der Tränen in ihren Augen und der Trauer, die sich tief in ihr Gesicht gegraben hatte, lächelte sie.
Vashtu nickte ihr zu, hob dann die Rechte. „Mrs. Beckett ... ich ..." Sie atmete tief ein.
„Miss ... Uruhk?" Die alte Frau drückte ihre Hand. „Es freut mich, Sie endlich kennenzulernen." Sie blickte zu John hinauf. „Lt. Colonel. Carson hat immer sehr viel von gerade Ihnen beiden gesprochen. Ich bin sicher, es würde ihn freuen, sie ..." Nun brach sie ab und schluchzte.
Johns Hand krallte sich hilflos in Vashtus Schulter.

***

Als sie erwachte, fühlte Vashtu sich zum ersten Mal seit Wochen ... wohl! Sie wußte selbst nicht genau warum, sie fühlte nur eine Behaglichkeit, die sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gespürt hatte. So, als wäre sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder vollständig.
Blinzend gähnte sie und streckte sich. Dabei stießen ihre Füße auf ... Füße?
Vashtu riß die Augen auf und drehte sich um. Entgeistert starrte sie auf die Gestalt, die neben ihr in ihrem Bett lag.
Was? Wie? Wann?
Dann fiel ihr die letzte Nacht wieder ein, zumindest ...
Oh nein! Sie hatte doch nicht mit John ... ?
Vashtu holte tief Atem und lüftete die Decke ein Stück weit, nur um sie dann sofort wieder hochzuziehen und sich verlegen umzusehen.
Sie war nackt. Und, wie sie gesehen hatte, war sie da nicht die einzige.
Wieder starrte sie John an, der entspannt neben ihr lag und offenkundig schlief - zumindest hatte er die Augen geschlossen.
Was sollte sie jetzt tun? Wie sollte sie sich verhalten? Wenn er etwas bemerkt hatte ...
Vashtu schluckte.
Am besten, sie tat, als sei nichts geschehen. Als sei alles völlig normal und ... und ...
Erst einmal raus aus dem Bett und irgendwas überziehen!
Entschlossen schlug sie die Decke wieder zurück und richtete sich auf. Wenn sie schnell war, würde er vielleicht sogar noch schlafen und gar nichts ...
Eine Hand umschloß ihren Unterarm, sanft aber auch kräftig.
Vashtu sah an sich hinunter, drehte sich dann um.
John hatte die Augen einen Spaltweit geöffnet und lächelte.
„Ich ... wir ... das ..." Vashtu schloß den Mund und fühlte sich einfach nur hilflos.
„Komm wieder ins Bett." Seine Stimme hatte etwas von einem zufrieden schnurrenden Kater, fand sie.
„Äh ... soll ich uns nicht ... würdest du bitte ... ich meine ..."
Langsam schob er sich näher und musterte sie amüsiert. „Was soll ich? Ich denke, es gibt nichts, was ich letzte Nacht nicht schon gesehen hätte, oder?" Seine andere Hand strich vorsichtig ihre Wirbelsäule entlang. Ein wohliger Schauer durchrieselte sie.
Vashtu schluckte, sah sich nervös um, doch ihr fiel nichts ein, was sie hätte darauf erwidern können. So jedenfalls war das ganze in ihren Gedanken nie passiert. So hatte sie sich niemals ...
John küßte ihren Arm, richtete sich dann auch auf und umfaßte sie zärtlich von hinten. „Laß die Welt und ihre Sorgen draußen, Vash", wisperte er ihr ins Ohr, küßte ihren Halsansatz. „Komm wieder ins Bett."
Vashtu stöhnte leise auf, als seine Hand ihre Brustwarze streifte. Unwillkürlich hob sie den Kopf in den Nacken und schloß die Augen.
„Oder hat es dir nicht gefallen?" gurrte er ihr zu und knabberte an ihrem Ohrläppchen. Seine Hände schienen plötzlich überall auf ihrem Körper zu sein, und seine Berührungen waren ... elektrisierend.
Vashtu gab ihren Widerstand auf, ließ sich gegen ihn sinken und begann, seine Küsse zu erwidern.

***

John stemmte sich auf einen Ellenbogen und sah auf die Antikerin neben sich hinunter. Sacht legte er ihr einen Finger an die Stirn und begann, mit diesem ihr Gesicht nachzuzeichnen.
Vashtu öffnete die Augen halb und beobachtete ihn.
Er lächelte, ließ seinen Finger über ihr Kinn gleiten. Sie hob den Kopf in den Nacken, so daß er ihre Kehle streicheln konnte. Dann harkte er den Finger in die Kette ihrer Hundemarken und schob die beiden ID-Kärtchen unter ihrem Rücken hervor, um sie aufmerksam zu studieren. Dabei spürte er die ganze Zeit ihren Blick auf sich, einen inzwischen ziemlich zufriedenen Blick, nach dem ersten Schrecken am Morgen.
„Du bist immer noch nicht damit einverstanden", sagte sie plötzlich.
John schüttelte wortlos den Kopf, beugte sich ein wenig vor und ließ seine eigene Kette gegen ihre klimpern.
„Es ging nicht anders, glaube mir", fuhr sie fort.
John ließ die Hundemarken los und richtete seinen Blick wieder auf ihr Gesicht. „Wenn du meinst ..." Seine Hand lag locker auf ihrem Decoleté, knapp unter ihren Schlüsselbeinen. Ihre Haut war weich und noch ein wenig erhitzt von ihrem Liebesspiel.
Vashtu sah ihn wieder an, dann hob sie langsam ihren Arm und fuhr seine Wange entlang. Er hörte, wie seine Bartstoppeln an ihrer Handfläche kratzten. „Soll ich mich rasieren?"
Unwillig schüttelte sie den Kopf. „Das stört mich nicht."
Sie ließ ihre Hand wieder sinken, rollte sich statt dessen auf die Seite und kam in der gleichen Position zu liegen wie er, den Oberkörper auf einen Ellenbogen gestützt. „John, ich ... da ist etwas, was du wissen solltest", sagte sie.
Er legte ihr einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Es gibt nichts, was ich nicht weiß, Vash", korrigierte er sie. „Es ist mir nicht entgangen, daß du ..." Den Rest des Satzes ließ er offen, zwinkerte ihr nur zu. „Ich kann nur hoffen, dir keine allzu großen Schmerzen bereitet zu haben. Ist schon eine Weile her bei mir."
„Schmerzen?" Sie küßte seinen Finger. In ihre Augen trat ein spitzbübisches Glitzern. Nachdenklich schürzte sie die Lippen. „Ich kann mich an gar nichts erinnern."
Er stieg sofort auf ihr Spiel ein und rückte näher. „Tatsächlich nicht?"
Vashtu beugte sich vor und küßte ihn liebevoll. „Tatsächlich nicht."
Blitzschnell zog er sie wieder an sich und rollte sich auf den Rücken. „Dann sollten wir, nur zur Sicherheit, das ganze noch einmal wiederholen. Oder was denkst du?" Ihre Brüste drückten sich gegen seinen Körper, er holte tief Luft, als ihre Hände über seine Seiten abwärts strichen. Ihre Daumen drückten sich in seine Beckenknochen, doch nicht wirklich schmerzhaft.
„Damit ich es nicht vergesse?" wisperte sie in seine Kehle, bedeckte seinen Hals mit kleinen Küssen.
„Ja ..."

***

John schlüpfte in seine Boxershorts, richtete sich dann auf und sah sich um. Stirnrunzelnd bemerkte er die Kerzen in der einen Ecke des Raumes. Vorher war ihm das schlicht entgangen, aber da ... war er auch anderweitig beschäftigt gewesen.
Viel gab es in Vashtus Schlafzimmer nicht zu entdecken. Das Bett stand unter einem Fenster, das in den Innenhof hinausging. Von hieraus hatte man wahrscheinlich einen relativen Blick auf mögliche Besucher. Dann in der Ecke ein breites Sitzkissen und einige Kerzen. Jetzt war es ihm auch, als könne er einen Hauch von Räucherstäbchenduft wahrnehmen. In der Ecke ein wuchtiger Kleiderschrank mit zwei Türen, an einer hing ihre Uniform. Vier Paar Schuhe standen neben dem Glaskasten, einem Terrarium, in dem sein Hemd halb hineinhing. Der Boden war mit einem dicken Teppich bedeckt, in dem seine Zehen zu versinken schienen.
John schürzte nachdenklich die Lippen, erhob sich dann aber und griff nach seinem Hemd.
„Autsch!"
Rasch zog er seine Finger wieder zurück und starrte irritiert auf eine kleine Schildkröte, die sich in seinen Mittelfinger verbissen hatte.
„Was ... ?"
„Was ist los?"
Er blickte leidend auf. „Wo hast du denn die Biester her?"
Vashtu starrte ihn einen Moment lang verblüfft an, dann begann sie zu glucksen und kam näher. Vorsichtig entfernte sie die kleine Schildkröte wieder von seinem Finger und ließ sie zurück in das Terrarium gleiten.
„Offensichtlich wissen sie sehr genau, wer sie zu Suppe verarbeiten wollte." Sie drehte sich wieder zu ihm um und nahm seine Hand. Sanft küßte sie seinen geröteten Finger.
„Hä?" John sah etwas hilflos auf das Terrarium. „Wer wollte die denn ... ?" Seine Augen wurden groß. „Oh!"
Vashtus Gesicht wurde ernst. „Es sind ... es waren Carsons Schildkröten."
Er starrte sie an. Dieses kleine Intermezzo hatte er inzwischen fast vergessen. Umso heftiger arbeitete es jetzt in ihm.
Vashtu sah ihn an, doch diesmal waren keine Tränen mehr in ihren Augen. Sie atmete tief ein, drängte sich dann an ihn. Unwillkürlich umarmte er sie wieder, legte seine Wange an ihr kurzes Haar. Gerade jetzt kam plötzlich alles wieder hoch in ihm. Und er wollte nicht daran denken. Der Tag war zu schön gewesen, einfach nur zu schön. Er wollte das jetzt nicht einfach so beiseite schieben.
„John, ich habe dich so vermißt." Vashtu preßte sich eng an ihn, hatte ihr Gesicht an seiner Brust vergraben.
Die Erinnerung verblaßte zu einem Bild: Carsons sanftes Gesicht, wie es wissend lächelte.
„Ich habe dich auch vermißt, Vash", wisperte er in ihr Haar. Ein trauriges Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus.
Ihm war gar nicht klar gewesen, wie sehr er sie vermißt hatte. So hatte er noch nie für irgendjemanden empfunden in seinem Leben. Als er sich im Streit von Vashtu getrennt hatte, war es ihm gewesen, als habe er sich ein Stück aus seinem Körper geschnitten. Ein scharfer Schmerz, heftiger als jeder, den er vorher bei jeder ihrer Trennungen erlebt hatte. Doch in den letzten Wochen hatte er diesen Schmerz vergraben, so tief in seinem Innern, daß er ihn beinahe hätte vergessen können. Wenn nicht ausgerechnet sie durch das Gate gekommen wäre, gerade als sie ...
Sein Magen knurrte.
Vashtu rückte ein bißchen von ihm ab, gerade weit genug, daß sie den Kopf heben konnte. Amüsiert betrachtete sie sein Gesicht. „Hattest du nicht schon genug?"
Er beugte sich über sie und küßte sie sanft. „Laß uns eine Kleinigkeit essen. Dann ..." Seine Lippen küßten ihre Stirn. „Wir haben noch viel Zeit, du und ich."
„Nimmersatt." Lachend löste sie sich von ihm, erntete einen liebevollen Klaps von ihm für dieses Sticheln.
„Wie wäre es mit ein paar Eiern? Die sind schnell gemacht." John trat an ihr vorbei, während sie begann, sein Hemd aus dem Terrarium zu retten, ehe die Schildkröten es für ein saftiges Salatblatt halten konnten. „Und ich müßte irgendwann ins SGC. Lorne wollte mir meine Tasche nachschicken."
Damit war er draußen auf dem Flur.
Auch hier sah er sich aufmerksam um.
Vashtus Apartment gefiel ihm, mußte er zugeben. Vielleicht etwas klein insgesamt, aber für eine Person mehr als genug Platz. Der Flur war ein bißchen eng, was vielleicht auch an dem etwas ausladendem Siteboard lag, daß neben der Schlafzimmertür stand. Eine alte Wandgarderobe barg neben seiner Uniformjacke noch drei andere: eine dünne Windjacke, eine dick gefütterte Winterjacke im sportlichen Schnitt, wie es aussah, und eine lederne Fliegerjacke.
John blieb stehen und musterte die letzte aufmerksam, nahm sie schließlich vom Haken und zog sie sich über. Sie paßte!
„Steht dir."
Er drehte sich zu der Antikerin um, die im Türrahmen lehnte und ihn amüsiert musterte.
„Deine?"
Vashtu nickte. „Ich muß allerdings die Ärmel umkrempeln. Kleiner kriegte ich sie nicht." Sie trat näher, stellte sich vor ihm auf und rückte die Jacke zurecht. „Doch, schick. Jetzt siehst du wirklich wie ein Pilot aus."
„Sagt Han Solo." Wieder umfing er sie, spürte ihre Hände, wie sie sich hinter seinem Rücken unter der Jacke verschränkten. „Wollten wir nicht etwas essen?"
Sie sah zu ihm hoch, dann kuschelte sie sich an seine nackte Brust. „Ich habe genug mit dir hier."
John war nun wirklich überrascht.
Gut, es war ihm nicht entgangen, daß sie nicht gerade viel Erfahrung besaß, am Anfang war sie viel zu passiv gewesen. Aber das jetzt ... ?
Er räusperte sich vernehmlich und machte sich wieder von ihr los. „Falls du sie irgendwann nicht mehr brauchst, weißt du, wem du sie vererben kannst." Damit schlüpfte er wieder aus der Jacke und hängte sie zurück an den Haken.
„Wie wäre es mit Pizza?" schlug Vashtu vor. „Dann könnten wir uns noch ein bißchen die Zeit vertreiben?"
„Wer ist hier der Nimmersatt?" Einen Moment überdachte er doch tatsächlich ihren Vorschlag. Doch irgendwie hatte er das sichere Gefühl, der arme Pizzabote würde vor einer sehr verschlossenen Tür stehen, wenn sie jetzt nicht irgendwann eine Pause einlegten. Außerdem, das mußte er zugeben, wollte er ihr etwas gutes tun. Und was gab es schon besseres als ein gutes Rührei, nach Möglichkeit mit Speck, zum Früh... okay, zum Abendessen, wenn er die Tageszeit bedachte?
Vashtu sah ihn erwartungsvoll an. Dann verzog sich ihr Gesicht ein bißchen. „Bin gleich wieder da", sagte sie, verschwand hinter der zweiten Tür.
John seufzte, doch er lächelte dabei.
Nie hätte er sich vorstellen können, was heute geschehen war. So weit waren seine Gedanken mit Vashtu wirklich nie gekommen. Gut, nach ihrem Aufenthalt in der Krankenstation hatte er eine gewisse Sehnsucht verspürt, hatte ihr nahe sein wollen. Vielleicht auch, weil er endlich zu seinen Gefühlen gestanden hatte. Aber dann war mit ihrer Entscheidung etwas in ihm ... Er hatte sich an seine eigene Entscheidung erinnert, damals, vor unendlich langer Zeit. Als Fehler hatte er seinen Eintritt in das Militär bis zu dem Zeitpunkt nie verstanden, als er Vashtus Brief erhielt. Danach war ihm allerdings der ein eine oder andere Gedanke gekommen, mußte er zugeben. Ihr gegenüber hatte er seinen Kopf durchsetzen wollen, obwohl er sehr genau wußte, daß sie selbst lernen mußte.
Er betrat wieder den Wohnraum, sah sich um. Auf dem Sofa lag noch ihre Jogginghose. Die Decke, unter der er gelegen hatte, war zerknüllt und halb auf den Boden geworfen. Der Fernseher lief immer noch.
Aufmerksam sah er sich um, betrachtete die Einbauküche hinter dem Tresen und nickte nachdenklich. Doch, so ähnlich könnte auch seine Wohnung aussehen, wenn er denn eine hätte. Der Stil gefiel ihm, wie Vashtu alles eingerichtet hatte. Man merkte deutlich, daß sie sich Zeit mit ihren Entscheidungen gelassen hatte, immerhin sollten die Möbel auch eine Weile halten.
John runzelte die Stirn.
Von seinen zehn waren noch neun Tage übrig. Viel zu kurz, wie es ihm im Moment erschien. Und niemand würde zulassen, daß sie mit ihm nach Atlantis kam, zumindest nicht für immer. Und er auf der Erde? Ehrlich gesagt, behagte ihm dieser Gedanke gar nicht mehr.
Er trat um den Tresen herum und öffnete den Kühlschrank.
Seine Augen wurden groß, als er in eine gähnende Leere blickte, nur unterbrochen von drei Dingen: eine große Sektflasche, einem Karton Eier und etwas, das entfernt an eine vollkommen durchweichte und inzwischen mit Schimmel überzogene Schachtel von einem asiatischen Imbiß erinnerte.
Mit spitzen Fingern fischte er letzteres aus dem Fach und suchte nach einem Mülleimer. Das Zeug da drin lebte ja wieder!
Unter der Spüle fand er endlich das gesuchte und entsorgte die Schachtel sofort mit einem angeekeltem Gesichtsausdruck.
Gut, zumindest Eier.
Er nahm die Schachtel heraus. Sein Blick blieb an dem Haltbarkeitsdatum hängen. Stirnrunzelnd sah er auf den großen Wandkalendar, den Vashtu an die Tür zum Wohnraum geheftet hatte, dann wieder auf das aufgedruckte Datum.
Viel Zeit schien sie in ihrer Wohnung wirklich nicht zu verbringen. Die Eier waren seit fünf Monaten abgelaufen. Ihn würde es nicht wundern, wenn inzwischen Küken geschlüpft wären.
John stellte die Schachtel auf die Arbeitsfläche neben dem Kühlschrank und betrachtete sinnend die vollkommene Leere. Irgendwie erinnerte ihn diese an etwas, besser an jemanden - an sich selbst.
Eilig schloß er die Kühlschranktür wieder.
Es konnte doch nicht sein, daß Vashtu nicht irgendetwas eßbares in ihrer Wohnung hatte. Der Reihe nach öffnete er eine Schranktür nach der anderen. Hier fielen ihm zusammengepappte Cornflakes in die Hände, dort ein Päckchen Pasta, über die sich schon die Motten hergemacht hatten.
Das gab es doch gar nicht! Wovon ernährte die Antikerin sich eigentlich?
„Und?"
Im nächsten Schrank fand er nichts als Teebeutel und einer Dose Instant-Kaffee. Resignierend drehte er sich zu ihr um. „Bist du sicher, daß du hier wohnst?" fragte er.
Vashtu hatte sich über den Tresen gebeugt, das Kinn auf ihre Unterarme gestützt, und blinzelte ihn verständnislos an. „Da sind doch noch Eier." Sie nickte zu dem Pappkarton hinüber.
John seufzte. „Die sind seit Monaten abgelaufen. Selbst mit einem Pferdemagen würde ich die nicht mehr runterbringen."
„Oh!" Vashtu richtete sich stirnrunzelnd wieder auf. „Ich dachte, ich hätte noch was im Schrank. Mh, kann sein. In der letzten Zeit bin ich nicht sehr viel zu Hause gewesen."
„Das merkt man", kommentierte John seufzend, ließ erst die Eier, dann die Cornflakes und die verseuchte Pasta im Mülleimer verschwinden.
„Pizza?"
„Oder wir gehen einkaufen."
Vashtu seufzte. „Ich bin wohl keine besonders gute Hausfrau, was?"
John beugte sich über den Tresen und sah ihr tief in die Augen. „Pizza", entschied er.

***

Vashtu war gerade im Schlafzimmer verschwunden, als es an der Tür klopfte.
„John, kannst du eben aufmachen?" rief sie ihm zu.
Er grinste und knöpfte sein Hemd zumindest ansatzweise zu. Dann schnappte er sich ihre Geldbörse vom Siteboard im Flur und drehte den Schlüssel um. Als aber die Tür aufschwang, erwartete ihn nicht der diensteifrige Pizzabote, sondern eine hochgewachsene, hagere Gestalt, die ihn mit großen Augen anstarrte.
John hob ein wenig den Kopf, um dem anderen in die Augen sehen zu können.
War das nicht ... ?
Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Doktor, was führt Sie denn her?" Der Name fiel ihm nicht ein, aber er erkannte ihn wieder. Das war einer der beiden Wissenschaftler aus SG-27, besser gesagt der, in den Vashtu gelaufen war, als sie gerade ...
„Lt. Colonel!" Der magere Riese riß die Augen noch mehr auf. Seine Kiefer klappten hörbar aufeinander. „Ich ... ich ..."
John nickte. „Guten Abend. Kann ich Ihnen helfen?" Plötzlich war er sich seiner relativen Blösse bewußt, er hatte noch immer keine Hosen an.
Der andere starrte ihn nur weiter groß an, schluckte dann sichtbar.
Hinter John öffnete sich die Schlafzimmertür.
„Das ... ist für Sie abgegeben ... durch das Gate ... Sergeant Dorn meinte ..."
„Wallace?"
John blickte auf eine schwarze Sporttasche, die sein Gegenüber ihm plötzlich wie einen Schutzschild entgegenstreckte. „Meine Tasche!" Er griff danach. Und in diesem Moment ließ der junge Wissenschaftler die Griffe los.
„Was tun Sie denn hier?"
Ein deutliches und durchdringendes Klirren, als die Tasche auf dem Boden aufschlug. John starrte auf seine Füße hinunter, hob dann entgeistert den Kopf wieder.
Wallace lief puterrot an. „Ich muß weg!"
„Was ... ?"
Ein durchdringender Geruch breitete sich im Flur aus.
„Oh nein!"
„Wallace?" Vashtu drängte sich halb an ihm vorbei, begann dann zu schnuppern und rümpfte die Nase. „Was ist das denn?"
Von der Außentreppe kam ein deutliches Poltern, dann ein Schmerzenslaut.
John und Vashtu wechselten einen vielsagenden Blick, dann trat die Antikerin auf den Außengang hinaus und joggte zur Treppe, um im Dämmerlicht nach unten zu sehen.
„Geht es Ihnen gut?" rief sie.
John starrte seine Tasche an. Undeutlich konnte er eine Pfütze wahrnehmen, die sich langsam über den Fließen ausbreitete. Und diese Pfütze stank penetrant nach Alkohol und Parfumstoffen.
Er seufzte und packte die Griffe. Angewidert rümpfte er die Nase. Daß After Shave so stinken konnte!
Vashtu kam wieder zurück, wedelte sich mit einer Hand Luft zu. „Was riecht hier so?" fragte sie angewidert.
John seufzte und schüttelte seine Tasche. Ein leises, aber deutliches Klirren war die Antwort auf seine Bemühungen. „Ich würde sagen, dein Wallace hat gerade meine letzte After Shave-Flasche zerbrochen."
„Oh." Vashtu schnupperte noch einmal. „An dir riecht es aber besser als so."
„Da hast du auch nicht die geballte Ladung in der Nase." John hielt die Tasche weit von sich und trug sie in den Flur hinein. Etwas hilflos sah er sich um. „Irgendwo ..."
„Ins Bad. Anderswo werden wir das wohl nicht aushalten können", erklärte die Antikerin, die jetzt die Tür wieder schloß.
John öffnete die zweite Tür im Flur und fand sich in einem geräumigen Bad wieder. Auch hier war ein Fenster, wenn auch deutlich kleiner und aus Milchglas. Zwei Maschinen standen in einer Ecke übereinander. Das Waschbecken war in einem dezenten Farbton gehalten, der die der Wände aufnahm. Eine große Eckbadewanne und eine geräumige Duschkabine vervollständigten die Einrichtung, neben einem hübschen, geflochtenen Wäschekorb, auf dem er jetzt seine Reisetasche abstellte und öffnete, um sich die Bescherung genauer anzusehen.
Unwillkürlich wich er von der geballten Duftwolke zurück, seufzte dann und begann, seine Sachen, eines nach dem anderen, aus der Tasche zu räumen.
Vashtu öffnete das Fenster, um etwas frische Luft hereinzulassen.
„Das muß man deinem Wallace lassen, wenn er etwas anrichtet, dann richtig." John starrte auf den Berg seiner Sachen, dann auf die leere Tasche, in der noch die Scherben der After Shave-Flasche lagen. „Sieht aus, als hätte ich keine Kleidung mehr, abgesehen von meiner Uniform." Er seufzte ergeben.
„Ich sagte doch, Wallace hat zwei linke Hände und Füße." Vashtu betrachtete das Debakel ebenfalls, sah dann auf. „Ab in die Waschmaschine mit den Sachen, dann in den Trockner. Morgen früh dürfte sich dieser Duftangriff erledigt haben."
John sah ihr belustigt in die Augen. „Immer eine Lösung parat, wie?"
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Wenn du seit knapp einem halben Jahr mit Wallace zusammenarbeiten würdest, würdest du auch improvieren, glaube mir." Sie hockte sich hin und begann, die Wäsche zu sortieren.

***

Früh am nächsten Morgen wachte John auf. Noch herrschte ein blaßes Zwielicht um ihn her. Vashtu schien in diesem Dämmer geradezu zu leuchten.
Sein Arm kribbelte unangenehm von der Art, wie er auf ihm lag. Doch er wagte auch nicht, sich zu bewegen, den sie lag dicht neben ihm, den Kopf ebenfalls auf seinem ausgestrecktem Arm.
John lächelte und beschloß, sie sich wirklich genau anzusehen.
Diese Frau hatte ihn von Anfang an wahnsinnig gemacht. Sei es, wie alle vermuteten, daß es an ihrer Rasse lag, sei es irgendetwas anderes. Es hatte lange gedauert, bis er sich selbst seine Gefühle für sie eingestand, dafür ... Jetzt war es umso schöner.
Dabei mußte er auch zugeben, seine Gefühle hatten sich mehrmals geändert. Aus dieser absoluten Faszination, die er zu Anfang empfunden hatte, war damals, noch während ihres Aufenthaltes in Atlantis, etwas tieferes gewachsen, das an sich gesehen aber noch recht schwach war. Dennoch hatte es ausgereicht, ihr mitten in das Hive-Schiff nachzujagen, mit einer Wut im Bauch, die ihn beinahe das Leben gekostet hatte. Sie dann zu sehen, mit aktivierten Fremdzellen, wie sie ihm hinterher gebeichtet hatte, so tief in diesen fremden Genen, daß ihr Körper zu mutieren begann ... es hatte ihm nicht wirklich etwas ausgemacht.
War es damals bereits Liebe gewesen?
John wußte es nicht wirklich.
Vashtu bewegte sich leicht im Schlaf, kuschelte sich näher an ihn heran, so daß er nun doch endlich seinen Arm bewegen konnte. Er verzog ein wenig das Gesicht. Seine Finger kribbelten, als er sie bewegte, vorsichtig über ihren Rücken streichen ließ. Vashtu gab einen leisen, zufriedenen Laut von sich, kuschelte sich an seine Schulter. Mit der freien Hand zog er, so gut es ging, die Decke etwas höher.
Als sie fortging damals hatte er geglaubt, sein Herz müsse zerreißen, doch danach ... Sie war ihm die erste Zeit immer im Kopf herumgespukt, doch dann ließ das allmählich nach. Seine Briefe wurden kameradschaftlicher. Er wußte, wie sehr sie ihre Heimat liebte, also schrieb er ihr mehr vom Alltag, weniger von dem, was man vielleicht als seine Empfindungen bezeichnen konnte - obgleich er sich damals noch lange nicht eingestanden hatte, was er tatsächlich für sie empfand.
Doch dann ... Sie als Geisel seines ärgsten Feindes zu sehen, hilflos mitansehen zu müssen, wie sie schwächer und schwächer wurde, vergiftet durch eine teuflische Impfung, wie die fremden Gene in ihr versagten ... und sie schließlich besinnungslos zu finden, kaum mehr als einen noch gerade lebenden Leichnam, vertrocknet und überaltet - Er hatte sich nicht abgewandt damals, er war nicht einmal versucht gewesen, es zu tun. Für ihn war klar, wen er da vor sich hatte, auch wenn sie kaum noch zu erkennen war in diesem Moment. Zehntausend Jahre alt, wenn man ihn gefragt hätte, er hätte sie höchstens auf die Hälfte geschätzt, so unschön sich das auch anhörte.
Er war bei ihr niedergekniet, als sie wieder zu sich gekommen war. Er hatte den Haß auf Kolya in ihren Augen brennen sehen, er hatte das Funkgerät gehalten, als sie dem Genii seinen Tod vorhersagte. Und er hatte gewußt, wenn er nicht schneller war, würde sie ihm diesen Part abnehmen - und sie hätte Kolya wesentlich langsamer getötet als er.
Damals hatten seine Gefühle sich wieder gewandelt, zu dem, was er auch heute noch empfand. Und er hatte nicht lange gebraucht, um diese Gefühle zu benennen. Eine tiefe, dankbare Liebe, daß es da noch jemanden gab, jemanden, der war wie er. Jemanden, dem er absolut und aufrichtig vertrauen konnte. Jemanden, von dem er jetzt wußte, daß er ihn sein ganzes Leben lang gesucht und vor ihr nie gefunden hatte.
Wenn er sich nur vorstellte, sie durch irgendetwas für immer zu verlieren ... Nein! Das konnte und wollte er nicht! Wenn es nach ihm gegangen wäre, sie beide hätten sich für den Rest ihres Leben hier einschließen können, fern von der Welt, fern von allen Welten. Und wenn er sich vorstellte, sie in Zukunft wenigstens eine Woche lang im Monat bei sich zu haben ...
Sacht streichelte er ihre Wange und betrachtete sie zärtlich.
Auch wenn sie nicht viel Erfahrung gehabt hatte, und ihm das recht bald aufgefallen war bei ihrem ersten Mal, sie lernte schnell. Noch immer war es, als könnten sie gegenseitig ihre Gedanken lesen, als wüßte der eine sehr genau, was der andere mochte. Wenn er sich nur an ihr Intermezzo mit der Pizza erinnerte.
Ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.
Eine Woche im Monat, wenn einer von ihnen Urlaub hatte, vielleicht ein bißchen mehr. Es war nicht der Rest ihrer beider Leben, wobei er nicht einmal sicher war, wie lange Vashtu überhaupt leben konnte, aber es war, zumindest zunächst, ausreichend.
Er kannte die Bedenken, die andere ihnen gegenüber hegten. Sie waren sich zu ähnlich, beide etwas chaotisch, beide Dickköpfe, beide wollten sie gern einmal mit dem Kopf durch die Wand. Aber es gab auch Unterschiede zwischen ihnen. Vielleicht waren sie tatsächlich in den eineinhalb Jahren entstanden, in denen sie voneinander getrennt gewesen waren, vielleicht hatte es sie aber auch schon immer gegeben. Er hatte Vashtus Büro im SGC gesehen, nun, seines sah ein wenig anders aus, mußte er zugeben.
„Zwei von meinem Schlag ..." wisperte er leise, sich an Elizabeth Weirs Worte erinnernd, damals, kurz bevor die Antikerin zur Erde gegangen war.
Das waren sie wirklich, hatte er sich inzwischen selbst eingestehen müssen. Sie beide waren sich ziemlich ähnlich, aber eben nicht in allem. Und diese kleinen Unterschiede würden eine Beziehung vielleicht auch gerade ermöglichen, wer konnte das schon sagen?
„Was?" Vashtu blinzelte, hob die Brauen, als könne sie auf diese Art auch ihre Lider besser heben, und sah ihn verschlafen an.
John lächelte wieder. „Guten Morgen, Schlafmütze", wisperte er ihr zärtlich zu.
Vashtu kuschelte sich mit einem schnurrenden Laut enger an ihn. „Guten Morgen", antwortete sie, sah dann wieder auf. In ihren Augen begann wieder ein gewisses Licht zu funkeln. Ihre Hände strichen über seinen Körper, ihre Linke umschlang ihn dann.
John küßte sie auf die Stirn. „Gut geschlafen?"
Sie nickte, reckte sich ihm entgegen und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuß.
Ein Schauer durchrieselte seinen Körper, als ihre Rechte über seine Lenden strich. „Du bist unersättlich, Vash!" stöhnte er auf und reckte den Kopf in den Nacken.
„Ich liebe dich, John."
John schloß zufrieden die Augen und drückte sie noch enger an seinen Körper. Mit ihr in seinen Armen fühlte er sich wie ein vollständiges Wesen, so, wie es eigentlich sein sollte, nicht, wie es wirklich war.

***

Einige Stunden später blinzelte Vashtu in das dämmrige Licht, das durch die Rolläden in ihr Schlafzimmer fiel. Noch immer an John gekuschelt, war sie wohl erneut eingeschlafen - und ihm schien es nicht anders gegangen zu sein.
Sie schmiegte sich an ihn und schloß die Augen, doch einzuschlafen wollte ihr nicht mehr gelingen. Und, wenn sie ehrlich war, hatte sie ein bißchen Hunger.
Vorsichtig stupste sie ihn mit dem Kopf an, um zu sehen, ob er inzwischen auch wach war.
„Mh?" machte er leise, lockerte seine Umarmung ein wenig.
Vashtu hob den Kopf und blinzelte ihn an. „Bist du auch wach?"
„Mhm." Er nickte mit geschlossenen Augen, blinzelte dann plötzlich. Ein zärtliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Und du?"
Sie küßte seine Nasenspitze und streckte sich in seinen Armen. „Ich habe Hunger. Du auch?"
Er nickte, drückte sie kurz an sich. „Ziemlich. Du hast mir ja fast die ganze Pizza weggegessen, du Vielfraß."
„Ich muß ja auch für Drei essen", kicherte sie, ließ sich wieder von ihm küssen, machte sich dann aber entschlossen los und setzte sich auf. Seine Hand lag locker auf ihrem Schoß, doch diesmal machte er keine Anstalten, sie wieder auf die Matratze zurückzuziehen.
„Wie wär's mit Frühstück?" schlug sie vor.
Er zog seine Hand zurück. „Gibt es auch irgendein Antikergerät, das für einen vollen Kühlschrank sorgen kann?" fragte er, vergrub sein Gesicht im Kissen und stöhnte. Dann richtete er sich auf, rieb sich mit einer Hand das Haar.
„Ja, die gab es. Aber zum Glück habe ich soetwas nicht hier." Grinsend sah sie ihn von der Seite an. „Wir könnten um die Ecke in den Coffee-Shop gehen. Die haben klasse Bagels."
„Dann sollten wir uns vielleicht erst einmal ... mh, fein machen?" Er schnupperte an sich. „Ich mag ja deinen Duft, aber ich weiß nicht, ob wir für andere so verführerisch riechen."
Vashtu hob eine Hand und zerzauste sein Haar. „Du hast recht." Sie schwang sich unternehmungslustig aus dem Bett. „Wer als erster unter der Dusche ist ..." Damit war sie auch schon aus dem Schlafzimmer heraus.
John sank stöhnend wieder ins Bett zurück. Doch als er das Wasser laufen hörte, öffnete er ein Auge. Ein verschmitztes Lächeln glitt auf sein Gesicht und er stand nun doch auf und verließ eiligen Schritts das Schlafzimmer.

***

Gut eine Stunde später betraten die Antikerin und der Lt. Colonel den Coffee-Shop, in dem Vashtu des öfteren frühstückte. Der große Andrang war bereits vorbei, so daß sie sich einen ruhigen Platz suchen konnten. Kurz nach ihnen kamen auch zwei Männer in Zivil mit kurzem Haar in den Laden, setzten sich an einen Tisch nahe der Tür.
John musterte die beiden stirnrunzelnd, seufzte dann. Über den Tisch griff er nach Vashtus Hand und drückte sie zärtlich. „Du bist einfach unglaublich", wisperte er ihr zärtlich zu.
Sie lächelte, drehte sich einmal kurz um. „Wenn du dich fragst, ich habe ihnen gesagt, sie sollen relativ offen auftreten."
„Warum das?" Er hob die Brauen. Ihm war es tatsächlich entfallen, daß Vashtu unter Bewachung stand. Umso mehr wurde er jetzt daran erinnert.
Sie drehte sich wieder zu ihm um und zuckte mit den Schultern. „Als ich meine Wohnung bezog, hatte Landry schon einmal diese Anweisung gegeben, mir aber nichts davon gesagt", erklärte sie. „Also verschwand ich und hängte meine Bewacher ab. Als Storm sich wieder durchsetzte, sagte ich ihm, er solle seine Leute so instruieren, daß ich sie wahrnehmen könne als das, was sie sind. Der Trust ..." Sie schloß den Mund, als die Kellnerin an den Tisch trat und gab ihre Bestellung auf.
Die Bedienung warf John einige bewundernde Blicke zu und lächelte, doch er schien das gar nicht zu bemerken. Im Gegenteil war er sogar etwas unangenehm berührt.
Vashtu seufzte. Wieder einmal ihre Schuld. Sie hatte seine Sachen zwar in die Waschmaschine gesteckt, aber nicht in den Trockner. Nach ihrer gemeinsamen Dusche hatten sie den Fehler erst bemerkt. Jetzt war seine Wäsche mit trocknen beschäftigt, und sie zweifelte immer mehr an ihren hausfraulichen Qualitäten. Auf jeden Fall aber war John gezwungen gewesen, wieder seine Uniform anzuziehen, es sei denn, er hätte sich durch ihren Schrank gewühlt. Und da sie bezweifelte, daß ihm mehr als die Pilotenjacke passen würde ...
Aber sie würde ihm schon noch beweisen, daß sie nicht ganz die Niete war, für die er sie halten mußte. Irgendetwas würde ihr noch einfallen, daß ihn von ihren Vorzügen überzeugen konnte, und auch, daß diese sich nicht nur auf ihre Leidenschaft und ihre Kampfqualitäten bezogen.
John sah sie wieder an, ein leises Lächeln auf den Lippen. „So wie du jetzt bist, gefällst du mir am besten", sagte er unvermittelt.
Vashtu blinzelte einen Moment lang irritiert, bis ihr aufging, was er meinte. Lächelnd beugte sie sich vor. „Und du mir auch, John", erwiderte sie.
Er räusperte sich und verbarg ein Grinsen hinter seiner freien Hand. „Soll das heißen, du hast meine Klamotten mit Absicht vergessen?"
„Wir waren beschäftigt", entgegnete sie zärtlich, beugte sich vor.
Ein scheeler Blick. „Du warst beschäftigt. Du hast mir die Pizza weggegessen."
„Du hattest keinen Hunger mehr, sagtest du."
„Wer hat denn auf mir gesessen?"
„Du hättest mich ja runterwerfen können."
„Und du hättest mich füttern können."
„Wie käme ich denn dazu, Lt. Colonel?"
„Anweisung eines vorgesetzten Offiziers. Du hast zum dritten Mal meinen Befehl verweigert. Ich werde mir da wohl eine empfindliche Strafe für dich einfallen lassen müssen, Major."
Während ihres Geplänkels beugten beide sich langsam über den Tisch, sahen sich tief in die Augen. Jetzt berührten sich fast ihre Nasenspitzen, ihre Blicke waren so ineinander verschlungen, daß sie sich nicht mehr voneinander lösen konnten.
„Du bist außer Dienst. Ich brauche keine Anweisungen von dir entgegenzunehmen."
„Wirklich nicht?"
„Wirklich nicht."
„Das werden wir noch sehen."
„Klar, wenn du meinst."
Vashtu stahl sich wieder einen Kuß von ihm, lehnte sich dann befriedigt zurück. Sie fühlte sich so herrlich entspannt, vor allem jetzt. Es war wie in einem Traum, den sie nie zu träumen gewagt hatte. Nie hätte sie geglaubt, so für jemanden empfinden zu können, nie!
Wenn sie an den Beginn dachte, daran, wie sie ihn hatte einfangen wollen ... In Wirklichkeit hatte er sie eingefangen, von Anfang an bereits. Schon bevor sie ihn gesehen hatte, hatte er sie fasziniert. Jemand, der ihr ähnlich war, der so dachte wie sie. Sie hatte es damals nicht begriffen, doch inzwischen war ihr einiges klar geworden.
Sie hatte es darauf angelegt, daß es so kommen mußte. Inzwischen wußte sie auch warum. Nicht sie hatte die Schlinge ausgelegt, nicht sie hatte das erste, schwache Band zwischen ihnen beiden geknüpft. Sein Auftauchen in Atlantis war es gewesen. Er hatte allein durch seine Anwesenheit für ihr Erwachen gesorgt, und damit dafür, daß geschah, was hatte geschehen müssen.
Sie kannte den Schuldigen an dem, was ihr passiert war. Sie glaubte zu ahnen, was er geplant hatte. Janus! Ihr alter Freund, der ihr vor zehntausend Jahren soviel geholfen hatte. Irgendwie hatte er sehr genau gewußt, was sie in der heutigen Zeit vorfinden würde, und irgendwie war es ihm gelungen, ihr den einzigen Menschen vorzusetzen, mit dem eine Bindung wirklich Sinn machte - zumindest in seinen Augen.
„Der Trust ... was wollen sie von dir?" John war ernst geworden.
Vashtu blinzelte, aus ihren Gedanken gerissen, und sah ihn wieder an. „Ich habe dir doch schon gesagt, was ich vermute. Woher soll ich wissen, was sie wirklich wollen. Aber ..." Sie schloß den Mund und runzelte die Stirn.
„Was ist?" John beugte sich wieder vor. Sein Daumen streichelte wieder zärtlich ihren Handspann.
Vashtu runzelte die Stirn, sah sich dann kurz um, um sicher zu gehen, daß ihr Frühstück noch nicht kam. „Kann es sein, daß es unterschiedliche Fraktionen innerhalb dieser Organisation gibt?"
Hilflos hob er die Brauen. „Woher soll ich das wissen? Ich hatte noch keinen Kontakt zum Trust, einmal abgesehen von Caldwell."
Vashtu nagte an ihrer Unterlippe, starrte vor sich hin. Gerade als sie zu sprechen beginnen wollte, kam das Frühstück.
John nippte an seinem Kaffee, ließ das Essen aber unberührt und wartete, bis die Bedienung wieder gegangen war. „Du hast einen Verdacht?"
Sie nickte stirnrunzelnd. „Während dieses Überfalls ..." Sie schloß den Mund, blickte dann wieder auf und sah ihm in die Augen. „Vor einigen Monaten wurde ich entführt und in ein leerstehendes Bürogebäude am Rande der Stadt gebracht. Die Flucht war einfach, beinahe zu einfach", berichtete sie.
„Sie waren nicht auf dich vorbereitet", kommentierte John, biß in seinen Bagel, ließ ihn dann wieder auf den Teller zurücksinken, als sie den Kopf schüttelte. „Was meinst du?"
„Sie sind über mich sehr genau informiert, John", entgegnete sie. „Während des fingierten Banküberfalls gab der Anführer einem seiner Männer in meinem Beisein die Anweisung, auf mich zu schießen, sollte ich mich wehren. Er sagte, Wunden würden schnell bei mir heilen."
John sog scharf die Luft ein. „Was?"
Vashtu nickte. „Und zu mir sagte er, sie wären andere als die, die mich das letzte Mal entführt hätten", fuhr sie fort.
John beugte sich vor. „Hast du das irgendjemandem gesagt?" zischte er.
Sie zögerte, schüttelte dann den Kopf.
„Du solltest es tun. Vash, da geht etwas vor, was vielleicht gefährlich für dich werden könnte."
Ein bitteres Lächeln glitt auf ihr Gesicht. „Es ist ohnehin gefährlich für mich hier, John", entgegnete sie.
Er stutzte. „Ich dachte ..."
Vashtu schüttelte den Kopf. „Rate, warum ich mich auf diesen Handel eingelassen habe. Es ist die einzige Möglichkeit für mich, zumindest ein paar Tage hier herauszukommen, John."
„Ich verstehe nicht."
Sie nickte. „Das weiß ich." Sie lehnte sich seufzend zurück und entzog ihm ihre Hand, um die Arme vor der Brust zu kreuzen. „Ich ... SG-27 arbeitet inzwischen mit SG-1 zusammen", begann sie schließlich zu erklären. „SG-1 hat die meisten Informationen über die Ori und ... SG-27 den besten Draht zur Lucian Alliance."
John starrte sie groß an, sagte aber nichts.
„Landry hat mir vor einigen Monaten, kurz vor der Sache mit ..., er hat mich eingeweiht. Ich weiß, was ... die Ori hier wollen." Sie sah auf und starrte ihn durchdringend an. „Sie kommen, um die Antiker zu töten, John. Und ich bin eine Antikerin. Das ist auch der Grund, warum mein Team bisher immer Lichtjahre entfernt vom nächsten Auftreten der Ori oder ihrer Priore eingesetzt wurde. Beide würden mich erkennen und sofort die Jagd eröffnen."
„Aber ..."
„Ori und Priore können Antiker wahrnehmen, vielleicht sogar besser als die Wraith, das weiß ich nicht." Vashtu schüttelte den Kopf. „Aber ... Die Ori und die Antiker gehören sehr wahrscheinlich zur selben Rasse, soweit wir wissen. Irgendwann trennte mein Volk sich von ihnen und zog aus, um neue Welten zu schaffen. Was blieb, war offenbar ein brennender Haß von seiten der Ori. Und jetzt ... Sie haben einen Antiker bereits fast getötet, John. Er kehrte zurück und verlor ... alles."
„Dann bist du ... ?"
„Wenn die anderen sich nicht einmischen, und das werden sie nicht tun, wird es hier zu einem Massaker kommen", erklärte sie mit leiser Stimme. „Mein Volk hat mir übel mitgespielt, das weiß ich und das weißt auch du. Sie haben mich mehr als einmal auflaufen lassen, sie haben mich benutzt, mich weggesperrt und ... egal! Aber ich fühle mich deiner Rasse verpflichtet, John. Ich werde tun, was ich kann, um die Milchstraße zu retten. Aber nicht auf diesem verdammten Stuhl!"
Sein Gesicht war blaß geworden bei diesen Worten. Jetzt atmete er wieder tief ein, beugte sich vor. „Dann komm zurück nach Atlantis", sagte er leise aber bestimmt. „Irgendwie werden wir das schon schaffen. Du hast McKay auf deine Seite gebracht. Ich könnte ..."
Vashtu schüttelte den Kopf. „Nein, John, das werde ich nicht tun, es sei denn, mein Team kommt mit. Ich habe Verpflichtungen hier."
„Du wirst dich umbringen, Vash", entgegnete er.
„Sind wir schon wieder an diesem Punkt?" Sie sah ihn flehend an. „John, versuch doch wenigstens, mich zu verstehen. Ich habe mein Wort gegeben."
„Das hast du Elizabeth auch gegeben. Du wolltest ein Ladegerät suchen, schon vergessen?"
„Nein, das habe ich nicht vergessen. Auf jeden Planeten, auf den ich geschickt werde, scanne ich die Daten in der Hoffnung, irgendwann etwas zu finden."
„Ich würde es nicht ertragen, wenn du ..."
„Ich bin nicht so leicht zu töten, John." Sie starrte ihn intensiv an und schüttelte bestimmt den Kopf.
„Kolya hätte es fast geschafft."
„Das war etwas anderes." Sie senkte den Blick und erschauderte. „Außerdem bin ich jetzt gegen eine weitere Impfung immun. Carson hat das sicher gestellt."
„Aber ..."
„Ich werde nicht verschwinden, John. Und ich gebe dir mein Wort, ich werde auch nicht sterben, das schwöre ich dir. Und wenn ich sonst alles verliere, ich werde nicht sterben!"
Er sah sie an. „Wie kannst du das wissen?"
„Ich weiß es nicht, ich kann dir nicht einmal sagen, was ich denke oder fühle. Aber ... sollte irgendetwas geschehen, glaube es nicht." Ihr Blick wurde mit einem Mal intensiv, so intensiv, wie er es bisher nur einmal gesehen hatte. Und da saß sie gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl und war dabei, elendig zu krepieren. „Was auch immer geschehen mag, John, glaube es nicht, bis irgendetwas in dir es dir bestätigt."
Er runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, was du meinst?"
Sie beugte sich vor, noch immer diesen Blick auf ihn gerichtet. „Du bist meinem Volk ähnlicher, als du denkst, John. Das habe ich dir schon einmal gesagt."
Er nickte, er erinnerte sich daran. Wie er sich an alles erinnerte, was sie anging. Jedes Detail, jedes Wort, was sie je gesagt hatte, jede Geste und jede Grimasse, die sie je gezogen hatte.
„Was wir beide als Liebe bezeichnen, geht darüber hinaus, was ihr Menschen kennt", fuhr sie fort. „Wir beide spüren einander, über Galaxien hinweg. Ich wußte nicht, was mit dir geschehen war, aber ich spürte, daß da etwas geschehen war in der Pegasus-Galaxie. Erst als du es mir erzählt hast, wußte ich dieses Gefühl einzuordnen."
„Du meinst ... ?"
Wieder nickte sie. „Ich denke, du kannst das auch. Irgendeine kleine Stimme in deinem Inneren wird dir immer die Wahrheit sagen, John. Und nur auf diese Stimme mußt du hören. Vielleicht kannst du dann auf irgendeine Weise helfen, ich weiß es nicht. Aber ich weiß, du wirst die Wahrheit tief in deinem Inneren erkennen. Wenn ich dich brauche, werde ich versuchen, es dich irgendwie wissen zu lassen."
Er hob die Hand. „Moment, nicht so schnell. Redest du jetzt etwa von ... Telepathie? Ich bin nicht telepatisch begabt, ich habe gar keine Kräfte."
„Nein, es ist keine Telepathie, John, es ist etwas anderes." Vashtu biß sich auf die Lippen. „Es ist ein Band, das zwischen uns beiden geknüpft worden ist. Du bezeichnest es als Liebe, aber es ist mehr, verstehst du?"
„Nicht wirklich, fürchte ich." Er sandte ihr einen hilflosen Blick und zuckte mit den Schultern.
Vashtu seufzte. „Und ich kann es dir nicht besser erklären ..." Sie senkte den Kopf, nippte an ihrem Tee, dann blickte sie wieder auf. „Vor ... drei Monaten, nicht lange vor der ... anderen Sache. Hast du da etwas wahrgenommen. Nur kurz, sehr kurz. Irgendeine Unruhe, irgendetwas?"
John runzelte die Stirn und dachte nach. Dann zuckte er plötzlich zusammen. „Ich hatte einen Alptraum. Ich habe geträumt, du wärst ... du wärst gestorben."
Sie nickte befriedigt. „Du kannst es auch, ich wußte es!"
„Hä?"
„Ich war tot, John, für einige Minuten war ich tot vor drei Monaten", erklärte sie, ihr triumphierendes Lächeln erlosch wieder und sie hielt den Kopf gesenkt.
„Du warst tot? Aber ..." Wieder griff er über den Tisch und drückte ihre Hand. „Du bist hier! Vash!"
„Einer meines Volkes benutzte mich für seinen Aufstieg", begann sie stockend zu berichten. „Ich wußte, ich selbst würde den Versuch nicht überleben, dafür würden meinen Fremdzellen sorgen. Aber ..." Sie schloß den Mund und schüttelte den Kopf. Es fiel ihr noch immer schwer, darüber zu sprechen, wenn auch ihm gegenüber leichter als sie je geglaubt hätte.
„Er benutzte dich, um selbst aufzusteigen? Vash, was ist passiert? Warum hast du mir nichts davon gesagt?" John beugte sich vor, streckte jetzt auch seine andere Hand aus und hob ihr Kinn. Was er dann in ihrem Gesicht lesen konnte, ließ ihn zurückweichen. „Er hat dich ..."
„Er hat mich in eine Geistesverschmelzung gezwungen", sagte sie.
John stockte der Atem. Natürlich erinnerte er sich noch daran, wie es gewesen war mit Chaya, aber ...
In Vashtus Augen brannte ein unglaublicher Schmerz, die Lippen hielt sie zusammengepreßt, als müsse sie sonst laut und zornig losbrüllen. „Er übernahm Kontrolle über meinen Geist, ließ mich das halbe Center auf den Kopf stellen und zwang mich dann zu sich", berichtete sie mit gepreßt wirkender Stimme. „Als er mich in die Verschmelzung zwang, war das sein Weg, wieder an meinen Geist heranzutreten und aus mir herauszupressen. Mein Körper funktioniert aber nur mit allen drei Komponenten, John, das weißt du auch. Ich konnte nichts tun, und ich fühlte wie ich starb."
Er schluckte hart. „Vash!" flüsterte er entsetzt.
„Einer der anderen holte mich wieder zurück und gab mir wieder, was man mir gestohlen hatte", sagte sie. Ihre Stimme klang vollkommen emotionslos jetzt. „Und er sagte mir, daß das das letzte Mal sein würde, daß ich Hilfe von ihnen zu erwarten hätte. Ich solle mich in Zukunft von ihnen entfernt halten, denn ich habe meine Wahl anders als sie getroffen."
„Chaya haben sie auch ausgeschlossen, weil sie sich eingemischt hat", murmelte er leise.
„Ich kann aber nicht aufsteigen, John! Das ist der kleine Unterschied. Ich habe von Chaya gehört, ich weiß, wer sie ist, auch wenn ich sie nicht kenne. Aber ich kann mich in sie hineinversetzen. Sie hat meine Anwesenheit auch wahrgenommen, als sie auf Atlantis war. Ich hatte kurz Kontakt zu ihr."
John starrte sie mit großen Augen an. Eine leichte Röte stieg in seine Wangen.
Vashtu lächelte. „Sie wußte offensichtlich mehr als ich, daß sie dich gehen ließ. Und ich bin ihr dankbar dafür. Wärst du nicht mehr auf Atlantis gewesen, wäre ich wahrscheinlich ... ich wäre irgendwann nachts gekommen und hätte mir einen Jumper genommen, um zu verschwinden."
Er sah sie nur an, und in seinen Augen konnte sie einen gewissen Schmerz wahrnehmen. „Ihr zwei habt das also hinter meinem Rücken beratschlagt?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das haben wir nicht. Wir hatten keinen langen oder intensiven Kontakt. Sie fühlte, daß ich da war, und sie gab mir einige Informationen weiter, an die ich sonst nicht herangekommen wäre. Das war alles." Sie seufzte. „Aber darum geht es nicht. Ich wollte dir beweisen, daß es da etwas zwischen uns beiden gibt, daß für menschliche Begriffe nicht ganz normal ist. Und ich möchte ..." Wieder stockte sie, holte tief Atem, ehe sie fortfuhr: „Landry hat mich gebeten, ein Testament aufzusetzen. Und ich möchte, daß du mein Erbe wirst."
John fuhr hoch. „Das kommt nicht in Frage!"
Sie sah ihn wieder mit diesem intensiven Blick an, zwang ihn, sich zu setzen. Die Bedienung war aufmerksam auf sie geworden, ebenso wie die beiden MPs. Vashtu wartete, bis die Blicke wieder von ihnen fortdrifteten.
„Ich habe keine Angehörigen, John. Wenn irgendetwas geschehen sollte, und ich rede jetzt nicht über meinen Tod, glaube mir, dann möchte ich, daß meine Habseligkeiten irgendwo gut aufgehoben auf mich warten. Und aus genau diesem Grund möchte ich, daß du sie erhälst."
„Das kann ich nicht. Tut mir leid, Vash, aber das ..."
Sie beugte sich wieder vor. „John, es gibt da Dinge, die euch allen nicht bekannt sind, die ich unter Verschluß halte. Es geht nicht um den Trust oder um Aufgestiegene. Ich will nur, daß meine Sachen irgendwo sicher untergebracht werden, mehr nicht."
„Was hast du vor?" Seine Augen wurden schmal.
„Nichts." Sie schüttelte den Kopf. „Ich will nur nachforschen. Der Ort, an den ich denke, ist weit außerhalb der Reichweite der Erde, und gerade noch erreichbar für Atlantis. Aber ich werde nicht so wahnsinnig sein und ... Ich habe dir von Vineta erzählt, John. Diese Stadt ist es, die mir keine Ruhe läßt. Ich habe einen Devi in der Milchstraße gefunden. Und ich möchte nicht wissen, wieviele es noch hier gibt."
„Devi?" Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Diese künstliche Rasse, von der du gesprochen hast?"
Vashtu nickte. „Sie sind verdammt schwer zu töten, schwerer als jeder Wraith, das kann ich dir sagen. Ich will wissen, wie ein Devi hierher gekommen ist und ob es noch mehr gibt. Aber, das kannst du mir glauben, ich werde nicht so wahnsinnig sein und nach einer Stadt suchen, die in einem Massaker unterging."
„Und was willst du dann? Du redest davon, als wäre es beschlossene Sache, daß du ... verschwindest."
„Es muß irgendeine Verbindung zwischen den Galaxien geben. Wie sonst hätte ein Devi herkommen können? Ich will diese Verbindung finden und schließen. Weder Atlantis noch die Erde kann im Moment einen Gegner wie die Devi gebrauchen, ganz zu schweigen davon, daß ich ..." Sie schloß den Mund.
„Du fühlst dich verantwortlich, ich weiß. Aber ich habe dir bereits gesagt, daß es nicht deine Schuld ist."
Vashtu senkte den Kopf. „Wenn es so einfach zu glauben wäre, John ..." Sie kniff die Lippen aufeinander.
Er beugte sich wieder vor, seine Hand streichelte zärtlich ihre Wange. „Es ist so einfach, Vash, glaube mir." Er runzelte die Stirn und seufzte. „Wenn dir soviel daran liegt, dann setz mich ein in deinem Testament. Aber du kannst dich darauf verlassen, daß ich dich suchen werde, wenn du einfach so auf Nimmer-Wiedersehen verschwindest."
Sie blickte wieder auf und lächelte dankbar.
„Dann laß uns diese Sache vergessen und endlich etwas essen. Der Kaffee dürfte inzwischen kalt sein." Er fühlte sich nicht so recht wohl in seiner Haut, aber es war alles, was ihm im Moment dazu einfiel.
John Sheppard seufzte. Dabei hatte der Tag so erquicklich angefangen ...

***

„Wir sollten noch einkaufen fahren, ehe wir ... uns wieder vergessen", schlug Vashtu vor und blickte zu ihm auf.
John überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich würde gern erst einmal nach meiner Wäsche sehen, wenn du nichts dagegen hast. Ich komme mir vor wie ein Clown in dieser Kostümierung", entgegnete er und blickte die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Stirnrunzelnd beobachtete er einen Mann, der vor Vashtus Tür stand. „Wer ist das?"
Die Antikerin sah nun ebenfalls auf. „Mr. Cavanough?" Stirnrunzelnd nahm sie die Treppe in Angriff. „Was will der denn schon wieder?" Leise in ihrer Muttersprache vor sich hinschimpfend joggte sie die Stufen hinauf.
John schmunzelte, folgte ihr aber dicht auf.
Cavanough? Den Namen kannte er doch? Schien eine Seuche an dem Namen zu kleben, denn der nervtötende Wissenschaftler war es defenitiv nicht, der da vor ihrer Tür auf und ab schlich.
„Was wollen Sie?" Die Antikerin war schneller als er gewesen und baute sich gerade vor ihrem unverhofften Gast auf, die Hände in die Hüften gestemmt.
John kam nicht umhin, ihre Haltung zu bewundern. Und, das mußte er zugeben, das Frühstück war mehr als nur stärkend gewesen für ihn.
„Warum stinkt es hier wie in einem Puff?" beschwerte der ältere Mann sich. „Und überhaupt, seit wann haben Sie denn diesen Herrenbesuch?"
John hob überrascht die Brauen und wechselte einen Blick mit Vashtu, ehe diese nähertrat, ihren Nachbarn anfunkelte.
„Ich wüßte nicht, was ausgerechnet Sie das angeht, Mr. Cavanough! Das Apartment gehört mir, ich habe niemandem gegenüber Rechenschaft abzulegen."
„Ihre ... Ihre Eskapaden haben jetzt schon des öfteren für unangenehme Besuche gesorgt, das wissen Sie auch, meine Liebe. Ich bin hier, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Ich will meine Ruhe, und Ihre ständig wechselnden Männerbesuche ... nun, die sprechen ja wohl deutlich ihre eigene Sprache, Miss Uruhk."
„Major Uruhk", wagte John zu bemerken.
Der Mann sah ihn mit blassen Augen an, hob dann das Kinn. „Wie auch immer. Ich werde das der Hausverwaltung melden. Es ist doch wohl sonnenklar, wie Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen."
John trat näher, baute sich neben der Antikerin auf. „Was soll das heißen?" brauste er auf, kreuzte die Arme vor der Brust. „Major Uruhk ist ein wichtiges Mitglied der USAF, Mr. Cavanough. Wenn sie des öfteren Besuch bekommt, spricht das, meines Erachtens, nur für sie und ihre Arbeit."
Er erntete einen überheblichen Blick für seine Worte. „Sag ich doch. Was für ein billiges Flittchen!"
„Jetzt reicht es mir aber!" Vashtu trat drohend direkt vor ihren Nachbarn. „Mein Besuch geht Sie erstens gar nichts an, und zweitens lasse ich mich nicht gern mit solchen Ausdrücken betiteln, Mr. Cavanough! Ich bin weder ein Flittchen, noch ist mein Apartment ein ... ein ..."
„Puff", half John ihr aus, der begriff, daß sie zwar den Zusammenhang aber nicht die Bedeutung verstanden hatte.
„Ich arbeitete nun einmal mit einigen Männern zusammen, daran werden Sie auch nichts ändern können, Mr. Cavanough!" blaffte Vashtu weiter, ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
John staunte. Selbst wenn sie richtig wütend war, sah sie in seinen Augen noch hinreißend und verführerisch aus. Aber das täuschte nicht darüber hinweg, daß sie im Moment wirklich kurz davor zu sein schien, eine Dummheit zu begehen.
„Die Hausverwaltung hat mir dieses Apartment verkauft, Mr. Cavanough! Mir, nicht Ihnen. Ich war sogar noch so kulant und habe Ihnen einen Teil abgetreten, da Sie ja ach so viel Platz brauchen. Aber wenn es so weitergeht, könnte ich mich entschließen, die Quadratmeter wieder zurückzufordern!"
John hob die Brauen. Deshalb erschien ihm ihre Wohnung als so klein. Wahrscheinlich waren nachträglich einige Wände versetzt worden.
„Dann ziehen Sie doch weg, wenn Sie mehr Platz brauchen. Und Ihr ganzes Gestöhne und Geschreie wäre dann auch endlich ..."
John war einen halben Atemzug schneller, als er sah, wie ihre Hand sich zur Faust ballte. Er riß sie zurück, ehe sie wirklich Schaden anrichten konnte, wandte sich dann an den Nachbarn: „Ich halte es für besser, wenn Sie jetzt verschwinden, Mr. Cavanough, ehe es zu einer unschönen Szene kommen kann."
Der starrte die Antikerin mit großen Augen an.
John atmete tief ein, wagte nicht, Vashtu ins Gesicht zu sehen. Er ahnte, was sie angerichtet hatte in ihrer plötzlichen Wut. Ihre Fremdzellen waren aktiv geworden.
„Sie ... Sie ..."
„Verschwinden Sie!" Vashtus Stimme war nicht mehr als ein Zischen.
Cavanough hob die Hand, drohte ihnen beiden mit dem Finger. „Wir werden ja noch sehen, wer hier ausziehen wird." Damit wandte er sich ab und verschwand durch die Nachbartür.
John atmete einige Male tief ein, ehe er den Blick senkte.
Vashtus Brauen hatten sich wütend zusammengezogen, ihre Kiefer mahlten noch immer. Aber ansonsten schien alles in Ordnung zu sein - zumindest wieder.
„Laß uns reingehen", schlug er mit sanfter Stimme vor.
„Irgendwann drehe ich diesem Lackaffen den Hals um!" entfuhr es ihr zornig.
„Okay, aber nicht heute, wenn es geht. Und auch morgen nicht." John drehte sie mit sanfter Gewalt herum und schob sie zu ihrer Wohnungstür. „Und jetzt schließ bitte auf, damit ich endlich aus diesem Kostüm herauskomme."
Als er bemerkte, wie sie zitterte, begann er unbewußt, ihre verkrampften Schultern etwas zu massieren. Vashtu atmete tief ein, dann lehnte sie sich plötzlich an ihn und gab einen wohligen Laut von sich. „Das ist schön", gurrte sie.
„Dann laß uns reingehen", schlug er vor. „Wir wollen deinem Mr. Cavanough doch nicht noch mehr Gesprächsstoff liefern, oder?"
Endlich zog sie den Schlüssel aus ihrer Jackentasche. Die Tür sprang auf.
John seufzte erleichtert und folgte ihr über die Schwelle, nur um dann fast von ihr angesprungen zu werden.
Diese Frau war einfach unglaublich!
Es gelang ihm gerade noch, die Tür hinter sich zu schließen, da zog sie ihn auch schon in einen langen und fordernden Kuß.
„Carson hatte recht", sagte er nach einer Weile und runzelte die Stirn.
Vashtu hob den Kopf. „Er hatte recht? Womit?"

***

„Verzeihen Sie meine Wortwahl, John, aber Sie sind ein Idiot", wandte Carson Beckett sich an den militärischen Leiter der Atlantis-Expedition.
Der blinzelte irritiert, während er sich sein T-Shirt wieder überstreifte. Verwirrt drehte er sich zu dem kleineren Mediziner um. „Wie bitte?"
Beckett sah ihn mit gekreuzten Armen herausfordernd an. „Da gibt es wahrscheinlich die faszinierendste Frau des ganzen Universums, die ausschließlich an Ihnen interessiert ist, und Sie lassen sie einfach so auflaufen und trennen sich von ihr. Ich nenne das schlicht Dummheit."
John hob die Brauen. „Vashtu Uruhk?"
Beckett nickte. „Sie haben sie nicht gesehen, als sie zurückgeflogen ist über die GateBrigde. Ich dagegen schon. Sie wollte einige Zeit mit Ihnen verbringen und hatte bei Landry zwei Tage herausgeschlagen. Und was machen Sie? Sie streiten sich mit ihr und gehen ihr dann aus dem Weg."
John schob unwillig die Brauen zusammen. „Das ist meine Sache, Doc." Er griff nach seiner Jacke. Diese Routineuntersuchung war in seinen Augen ohnehin vollkommen überflüssig. Er hätte gar nicht herkommen sollen.
„Wenn ich das bis jetzt richtig verstanden habe, lieben Sie Vashtu, John. Und ich kann Ihnen versichern, sie liebt Sie auch, von Anfang an."
„Dann hätte sie ja nicht diesen Unsinn anstellen brauchen. Vashtu und die Air Force! Carson, ich bitte Sie!" Er drehte sich jetzt doch wieder um und schüttelte den Kopf. „Da hätte ich auch gleich McKay zum Kindergärtner machen können für die Athosianer!"
„Vielleicht steckt aber mehr dahinter, haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?" Beckett wandte sich seinen Instrumenten zu und begann sie zu sortieren, als sei das Gespräch für ihn vorbei. Dann aber hielt er inne und drehte sich wieder zu ihm um. „Was war, als diese Sache mit Kolya passierte?"
John zuckte zusammen.
Das würde er wohl sein Lebtag nicht mehr vergessen können. Vashtu, wie sie immer älter und schwächer wurde, und ihm waren die Hände gebunden. Er hatte ihr nicht helfen können, bis es fast zu spät war. Und dann ... Diese Mumie! Dieses entsetzliche Alter, und sie hatte trotzdem noch einen letzten Lebensfunken in sich getragen.
Er hatte geglaubt, das nicht ertragen zu können. Er hatte geglaubt, sich abwenden zu müssen. Doch er hatte es nicht gekonnt. Es war immer noch Vashtu gewesen, die da auf dem Boden lag und um ihr Leben kämpfte. Das Leben, worauf sie so lange hatte warten müssen.
Zehntausend Jahre war sie alt, er dagegen ... nun, war er in ihren Augen eigentlich überhaupt schon erwachsen? Für ihn war dieses Alter nie ausschlaggebend gewesen, höchstens, um andere von ihr zu überzeugen. Aber niemals hatte er sich damit auseinandergesetzt, bis zu diesem einen Moment.
John runzelte die Stirn und senkte den Blick.
„Daß Sie nicht weggesehen haben, hat ihren Lebensmut in diesem Moment gestärkt, wissen Sie das, John?" fuhr Beckett fort, in der offenen Wunde zu wühlen.
Als sie damals wieder zu sich gekommen war, immer noch gezeichnet von einem unglaublichen Alter, hatte er sich bei ihr niedergekniet und ihren Kopf gehalten. Er hatte in ihren Augen gesehen, wer sie war, ansonsten hätte er sie noch immer nicht erkennen können. Doch diese Augen ... Es war Vashtu gewesen, die ganze Zeit über. Diese vertrocknete Mumie mit einem letzten Hauch Leben, diese uralte Frau, deren Kopf er in seinem Schoß gebettet hatte, und dann, irgendwann, wieder die junge Vashtu mit den strubbeligen Haaren, deren Frisur so sehr an die seine erinnerte.
Er hatte ihre Verwandlung mitangesehen. Er hatte gesehen, wie die Wunden sie schmerzten, wie das Blut wieder zu fließen begann. Nicht einen Moment hatte er wegsehen können. Gleich, was er da vor Augen gehabt hatte, es war immer Vashtu gewesen, niemand anderes. Und sie war schön, für ihn war sie schön, und es war ihm vollkommen gleich, wie alt oder jung sie war. Es war Vashtu, seine Vashtu, die er nie hatte hergeben wollen, die ihn aber doch verlassen hatte.
„Wenn Sie nicht bei ihr gewesen wären, sie hätte es nicht geschafft. Wir waren zu spät in der Zelle."
John schloß die Augen und biß sich auf die Lippen.
Beinahe konnte er ihren Körper fühlen, wie er sich an seinen drängte. Beinahe konnte er ihre Augen sehen, die Liebe in ihnen. Diese Liebe, die allein ihm gehörte.
Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Er sah wieder auf und starrte Beckett an. „Wie meinen Sie das? Sie sagten damals doch, sie hätte noch eine Stunde", fragte er verwirrt.
Der Schotte nickte. „Ich konnte nur schätzen. Als wir in der Zelle ankamen, war es aber eigentlich schon zu spät. Nach meiner Kenntnis hätte sie nicht wieder zu sich kommen dürfen, John. Sie hat es dennoch getan - für Sie! Alles, was sie bisher getan hat, hat sie mit ihren Gedanken bei Ihnen getan." Er seufzte und neigte den Kopf leicht nach vorn. „So etwas ist mir noch nie untergekommen, das muß ich zugeben. Aber doch ... Wenn es je zwei Wesen gegeben hat, die füreinander bestimmt waren, John, dann sind sie beide es."
„Aber ..." Er schloß den Mund und sann den Worten des Mediziners nach.
„Ich habe mich in der Zeit mit Vashtu angefreundet, die sie jetzt schon auf der Erde lebt", fuhr Beckett fort, sah wieder auf. „Sie selbst begreift es nicht einmal richtig, John, aber es ist wirklich so. Sie hat sich verändert, das haben Sie auch gesehen und bemerkt. Als sie damals erwachte, war es wirklich unheimlich mit ihrer Ähnlichkeit. Inzwischen aber ... Vashtu ist etwas anders geworden als Sie, sie trifft nicht immer die gleichen Entscheidungen, sie geht nicht immer die gleichen Wege. Was für Sie vielleicht eine Sackgasse ist, muß es für Vashtu noch lange nicht sein. Alles, was sie getan hat, alles, was sie tut, tut sie mit ihrem Unterbewußtsein bei Ihnen, John. Ich kann das spüren, wenn ich auch nicht weiß wie."
Er lachte bitter auf. „Und warum heißt es dann ständig, wir beide zusammen wären der Untergang für Atlantis?"
„Warum wurde ihr dieses Angebot gemacht, John? Warum soll sie nach Atlantis kommen?" hielt Beckett dagegen. Beschwörend hob er die Hände. „John, denken Sie doch einmal nach! Wo wären Sie, wenn Sie nicht zur Air Force gegangen wären? Vielleicht wird sich Vashtu einmal eine ähnliche Chance bieten, wer kann das sagen? Vielleicht werden Sie beide doch eines Tages akzeptiert werden." Er lächelte wieder. „Der Untergang für Atlantis?" wiederholte er dann und schüttelte den Kopf. „Nein, sie beide sind die Hoffnung für neue Welten, John. Vashtu mit ihrem Wissen und ihrer Leidenschaft, und Sie mit Ihrem Können und ihrer Intuition. Man fürchtete zu Recht, was herauskommen könnte, wenn sie beide zusammen geblieben wären. Aber das ist über ein Jahr her. Inzwischen hat sich einiges geändert, John, Vashtu hat sich geändert. Und sie hat es sich selbst nicht leicht gemacht, glauben Sie mir."
Er schluckte, wandte sich wieder ab.
Nein, er konnte nicht bereuen, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. In die Army einzutreten, weil man sich schuldig fühlte an etwas, was vor über zehntausend Jahren geschehen war. Das war einfach lächerlich!
„Sie fürchtet den Stuhl auf Antarktica, wußten Sie das?" fragte Beckett unvermittelt.
John stutzte. Waren seine Gedanken so offenkundig lesbar? Oder bewies der kleine Mediziner wieder einmal sein riesengroßes Einfühlungsvermögen?
„Sie hat ... einen Grund für diese Furcht", antwortete er zögernd. „Zumindest denkt sie das."
„Und Sie denken das nicht?"
Er drehte sich wieder um und fixierte den Mediziner. „Was wollen Sie damit sagen?"
Beckett sah ihn weiter unverwandt an. „Daß vielleicht nicht alles Einbildung ist, nur weil Sie nicht davon überzeugt sind, Colonel, das meine ich. Sie sollten versuchen sie zu verstehen und sie nicht von sich stoßen. Sie haben schon einmal bewiesen, daß Sie dazu in der Lage sind. Warum nicht jetzt? Warum sperren Sie sich so sehr gegen diese Lösung?"
„Weil Vashtu nicht geeignet für die Army ist, darum!" John ballte hilflos die Hände zu Fäusten. „Sie ist zu eigenwillig, verdammt! Die Air Force wird sie verderben."
„Dann geben Sie zu, daß Ihre Entscheidung falsch gewesen ist?"
„Was hat das damit zu tun?" Hilflos schoben sich seine Brauen wieder zusammen.
„Sie sagten doch selbst, daß sie zwei sich ähnlich sind. Also liegt dieser Schluß nahe", bohrte Beckett weiter in der Wunde.
John seufzte, zwang sich, sich zu entspannen. „Meine Entscheidung war richtig, Vashtus ist es nicht. Ich weiß, wovon ich spreche, Doc, das können Sie mir glauben."
„Sicher? Wollen Sie tatsächlich etwas aufs Spiel setzen, daß so tief in Ihrer Seele rumort, Colonel? Wollen Sie tatsächlich Vashtu verlieren, nach allem, was Sie für sie riskiert haben, um Ihren eigenen Dickkopf durchzusetzen?"
„Das perfekte Paar, von dem Sie da gerade gesprochen haben?" Ein bitteres Lächeln erschien auf seinen Lippen. Langsam schüttelte er den Kopf. „Sie kennen mich nicht, Carson. Vielleicht glauben Sie, Sie würden mich kennen. Aber Sie tun es nicht, glauben Sie mir. Ich glaube nicht an dieses Märchen."
„Dem wäre ich nicht so sicher wie Sie." Beckett drehte sich nun doch wieder um und sortierte seine Instrumente weiter. „Ich würde diese Chance nicht einfach wegwerfen, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, John. Aber Sie müssen selbst wissen, was Sie tun."
„Das weiß ich auch!" Damit marschierte er aus der Krankenstation heraus. Doch in seinem Magen blieb ein flaues Gefühl.
Das perfekte Paar, wer träumte nicht davon, einen Partner zu finden, der absolut richtig für ihn war? Die Zukunft der Galaxis? Warum dann diese ganzen Machtspielchen des Militärs? Warum dieses strikte Verbot der Kontaktaufnahme?
Gern, viel zu gern, hätte John Beckett recht gegeben, aber er wußte im Moment selbst nicht mehr, was er glauben sollte. Er wußte nur, er wollte Vashtu nicht wirklich verlieren.

***

Vashtu lag nachdenklich da und zeichnete mit einem Finger seine Rippen nach, den Kopf auf seine Brust gelegt.
John streichelte sie zärtlich, jedoch nicht mehr fordernd. Seinen anderen Arm hatte er unter den Kopf geschoben. „Carson hat mir ziemlich zu denken gegeben", sagte er nach einer Weile.
Vashtus Kopf bewegte sich auf seiner Brust, als sie langsam nickte. „Kann ich mir denken", antwortete sie.
„Und er hatte recht. Du bist die perfekte Frau, zumindest soweit ich das bis jetzt sagen kann", fuhr er leise fort.
Sie hob den Kopf, sah ihm in die Augen. Ihre Stirn war nachdenklich gerunzelt. „Unsere Beziehung steht noch ganz am Anfang", entgegnete sie. „Wir wissen noch nicht, ob es wirklich funktionieren wird."
John sah sie an und begann zu lächeln. „An mir soll es nicht mehr liegen, Vash, glaub mir. Was du mir ..." Er setzte sich auf und zog sie sanft an sich. „Ich habe vom ersten Moment an gewußt, daß ich da etwas unvergleichliches erlebe, schon damals, in deinem Labor. Wie du durch dieses Fenster gesprungen bist ... Ich stand einfach nur da und konnte nichts, absolut gar nichts tun."
Sie zog eine Grimasse, ließ es dann aber zu, daß er sie an sich drückte. „Du hattest mich damals ziemlich aus dem Konzept gebracht, John", antwortete sie endlich wie auf eine Frage. „Ich hatte mein Auftauchen ein wenig anders geplant. Nicht mit so viel ... Aufsehen."
Er legte seine Wange an ihr Haar und schloß die Augen. „Aber so bist du eben. Immer mußt du Aufsehen erregen. Ich wage mir gar nicht vorzustellen, wie es vor zehntausend Jahren gewesen ist. Der Rat war sicher nicht sonderlich erbaut von dir." Leise begann er zu lachen. „Nach allem, was ich weiß, war dein Volk etwas ... steif."
„Stimmt", antwortete sie trocken. „Umso schlimmer, was jetzt so alles herausgefunden wird, gerade über den Rat." Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Ich weiß, ich bin nicht, was alle von jemandem wie mir erwarten. Ich war schon immer so, John, ich habe es nie ändern können." Sie runzelte die Stirn und sah ihn hilfesuchend an.
„Ich war auch schon immer so", entgegnete er und blinzelte ihr verschwörerisch zu. „Warum also nicht? Warum sollen immer alle mit den Wölfen heulen?"
„Hä?" Verständnislos blinzelte sie.
„Ein Sprichwort, Vash. Es bedeutet soviel wie, daß alle ... sich gleich verhalten. Irgendjemand muß manchmal aus der Reihe tanzen."
Sie nickte grüblerisch, legte ihren Kopf wieder an seine Schulter. Ihre Finger strichen über sein Rückgrad, so wie er es vor nicht allzu langer Zeit mit ihr getan hatte.
„Carson war auch etwas besonderes. Nur bemerkt man solche Dinge meist, wenn derjenige nicht mehr da ist." Seine Stimme erstarb.
„Ging es schnell für ihn?" Vashtu drückte ihren Kopf fester gegen seine Schulter.
„Ja", war alles, was er sagte, dann vergrub er sein Gesicht wieder in ihrem kurzen Haar.
„Was er wohl seiner Mutter über uns erzählt hat?" murmelte sie leise und nachdenklich.
„Das wir das perfekte Paar in seinen Augen sind?" Er drückte sich fester an sich. „Laß uns von anderen Dingen reden, Vash."
Sie schloß die Augen und preßte die Lippen aufeinander. Dann aber nickte sie langsam.
Sie wollte auch nicht über den toten Freund sprechen. Noch immer schmerzte die Wunde seines Verlustes tief in ihr. Zu wissen, daß er niemals wieder herkommen würde, um gemütlich mit ihr in ihrem Wohnraum zu sitzen und zu schwatzen über dieses und jenes, tat unglaublich weh.
John drückte sie fest an sich, sie erwiderte den Druck.
Aber sie hatte ihn wieder, den einzigen Mann, der für sie in Frage kam. John war zu ihr zurückgekommen, und ihr Zusammensein war schöner, als sie es sich je hätte träumen lassen. Nie wieder wollte sie ihn verlieren! Und sie hoffte, er dachte ebenso.
Sanft küßte er ihr Haar, als er den Kopf wieder hob. „Wie wäre es jetzt mit einer kleinen Massage?" fragte er mit einem spitzbübischen Grinsen.

***

John küßte liebevoll ihren Nacken, richtete sich dann wieder auf und fuhr fort, ihre Schulterblätter zu massieren.
Vashtu lag unter ihm, gab leise, gurrende Laute des Wohlbehagens von sich, rührte sich aber ansonsten nicht.
Wie sie so dalag ... John fühlte, wie sich tief in ihm wieder etwas regte. Doch im Moment war er wie leergesaugt, er konnte schlichtweg nicht mehr, und sei ihr Körper auch noch so verführerisch. Außerdem empfand auch er sein sanftes Massieren als beruhigend, ebenso wie sie es wohl empfand.
Seine Finger glitten ihren Körper entlang, ein Stück weiter nach unten. Vashtu holte tief Atem, er konnte fühlen, wie ihre Lungen sich unter seinen Händen hoben. Ihre Haut war einfach so herrlich weich ...
Er riß sich zurück, als er einen kleinen Stich in seinen Lenden fühlte, richtete sich noch ein wenig mehr auf und massierte weiter.
Samtig, anders konnte er diese Haut wirklich nicht bezeichnen. Einige wenige Muttermale hoben sich von der natürlichen Bläße ab, wie Schönheitspflästerchen. Aber nicht eine Narbe. Da war gar nichts.
Wenn er bedachte, was er schon hatte einstecken müssen ... Sein Körper war deutlich gezeichnet. Aber offensichtlich halfen ihre Fremdzellen ihr nicht nur bei einer rascheren Heilung, sondern verhinderten auch die Narbenbildung. Wie sähe sie sonst wohl aus?
Er erinnerte sich an ihr erstes Zusammentreffen mit Kolya. Damals war sie mehrfach auch in den Rücken getroffen worden. Wahrscheinlich sähe sie ohne die Wraith-Zellen in ihrem Inneren sehr viel ... entstellter aus.
„Sie verhindern auch Narben, stimmts?" fragte er nach einigem weiteren Nachdenken.
Vashtu hob halb den Kopf, den sie auf ihre Arme gebettet hatte. „Was?" Sie runzelte die Stirn.
„Die Fremdzellen verhindern, daß sich Narben bilden", wiederholte er, hielt mit seiner zärtlichen Massage inne.
„Nicht wirklich." Vashtu legte den Kopf zurück auf ihre Arme und schloß die Augen. „Sie verschwinden nur ziemlich schnell. Was aber nicht heißt, daß ich sie nicht bemerke. Manchmal ... es zieht manchmal in meinen Muskeln."
Er nickte, beugte sich wieder über sie, um ihr einen weiteren, zärtlichen Kuß zu geben. „Aber man sieht sie nicht", wisperte er.
Vashtu schnurrte wohlig unter der Berührung seiner Lippen, doch sie machte keine Anstalten, sich herumzudrehen.
„Du bist so schön, Vash", flüsterte er ihr ins Ohr.
Ein leises Lächeln erschien auf ihren Lippen. Kurz blinzelte sie, schloß dann aber wieder die Augen. „Wenn du meinst ..."
Seine Hände fanden ihre Hinterbacken, kniffen hinein.
„Hey!" Sie hob den Kopf nun doch wieder, sah ihn scheel an. „Was soll das werden?"
Eine seiner Hände glitt zwischen ihre Schenkel. Sie atmete wieder tief ein.
Vashtu stöhnte erregt auf.
Und in diesem Moment klopfte es an der Tür.
John zog sofort seine Hand wieder zurück und richtete sich auf, um zwischen den Rolläden hindurch nach draußen zu sehen. Alles, was er erkennen konnte, war eine Gestalt in einer dicken Jacke, die vor der Tür stand, erneut zu klopfen begann.
„Mist!" entfuhr es ihm, als er sich aufrichtete.
Vashtu drehte sich nun doch um, rappelte sich auf die Ellenbogen. „Es wird wahrscheinlich wieder Cavanough sein", seufzte sie ergeben, blickte dann zu ihm auf. „John, kannst du ... ?"
Er richtete sich bereits auf und schlüpfte in seine Hose. „Ich mache das schon. Und du bleibst wo und wie du bist, Vash. Ich komme gleich wieder und würde gern weitermachen, wo wir unterbrochen wurden."
Ein breites Grinsen legte sich auf ihr Gesicht, als sie nickte. „Gern."
Er warf ihr eine Kußhand zu, schlüpfte in sein Hemd und schloß es nachlässig, während er die Schlafzimmertür hinter sich zuzog. Mit dem Fuß wischte er Vashtus dicke Winterjacke zur Seite, damit er die Tür öffnen konnte, dann drehte er den Schlüssel herum.
Er steckte den Kopf in den Spalt und runzelte einen Moment irritiert die Stirn.
Vor ihm stand ein hochgewachsener Mann mit dunklem Haar, schlank und langgliedrig. Und für einen Moment dachte er ...
„Ja?" Ein wenig unwillig schüttelte er den Kopf.
Sein Gegenüber starrte ihn groß an, sah dann kurz den Gang rauf und wieder runter. „Ich ... äh ... entschuldigen Sie."
John wollte schon nicken, als sein Gegenüber weitersprach: „Ich muß mich wohl im Stockwerk geirrt haben. Ich wollte zu Major Uruhk."
Er stutzte. „Zu Vash?" fragte er irritiert, öffnete die Tür nun doch etwas mehr und baute sich im Zwischenraum auf. „Ich fürchte, sie ist gerade ... beschäftigt."
Sein Gegenüber musterte ihn von Kopf bis Fuß, dann schluckte er hart. „Dann müssen Sie ... äh ... Sie sind John?"
Mißtrauisch betrachtete er seinen Gegenüber, nickte dann aber. „Ja, der bin ich. Und Sie sind ... ?"
„Tom Finnigan." Ein unsicheres Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich ... äh ... wollte nicht stören. Vashtu wollte mit mir sprechen, und ich dachte, da ich gerade Zeit hatte ... ich hätte vorher anrufen sollen."
John nickte wieder. „Stimmt", gab er trocken zur Antwort und wartete.
Dieser Mann war ihm irgendwie ... unsympatisch. Und das lag sicher nicht nur daran, daß er wesentlich mehr Zeit mit Vashtu verbringen durfte als er. Nein, Eifersucht war es nicht, die er fühlte. Es war etwas anderes.
„Tja, dann ..." Finnigan zuckte etwas hilflos mit den Schultern, drehte sich dann nervös um. Seine Augen blickten unstet.
John warf nun auch einen mißtrauischen Blick nach draußen in den Innenhof, sah einmal aufmerksam in die Runde. Doch er konnte nichts wahrnehmen, also richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Gegenüber. „Soll ich ihr etwas ausrichten?"
„Oh!" Finnigan wandte ihm wieder seine Aufmerksamkeit zu. „Äh ... bemühen Sie sich nicht. Ich ... ich werde sie dann einfach anrufen, wenn ich ... äh." Er schloß den Mund.
„Wird besser sein im Moment", kommentierte John, richtete sich auf.
„Tja, dann ... einen schönen Tag noch." Finnigan drehte sich um und flüchtete geradezu zur Treppe, immer noch unsichere Blicke um sich werfend.
„John?"
Er sah dem anderen noch einen Moment lang sinnend nach, dann schloß er die Tür und drehte den Schlüssel um.
Irgendetwas an diesem Mann war merkwürdig - und hatte ihm gründlich die Stimmung verdorben.
Seufzend drehte John sich um und ging zurück ins Schlafzimmer.

***

Vashtu kuschelte sich näher an John heran und lächelte zufrieden. Wenn sie daran dachte, was sie möglicherweise verpaßt hätte, hätte sie nicht alles versucht, ihn auf ihre Seite zu ziehen.
Aber ... war es überhaupt nötig gewesen, was sie getan hatte? Hatte er nicht selbst gesagt, er sei vom ersten Augenblick an fasziniert von ihr gewesen?
John atmete tief ein. Sein Arm lag locker auf ihrer Hüfte. Als sie in sein Gesicht blickte, sah sie, daß er schlief. Und er sah im Moment wirklich sehr entspannt aus, so vollkommen anders, als sie ihn teilweise erlebt hatte.
Sanft strich sie über seine kratzige Wange, dann legte sie ihren Kopf wieder auf seinen Arm.
Carson hatte es als einziger gewußt, und er ...

***

„Du hast was getan?" Die Tasse klirrte, als Carson Beckett sie auf dem Tisch abstellte.
Vashtu saß in ihrem Ohrenbackensessel, die Beine angezogen und die Arme um die Schenkel geschlungen. Auf ihrer Stirn hatte sich eine breite Falte gebildet.
„Denkst du, ich hätte vorhersehen können, was geschah?" Sie seufzte schwer. „Ich ... ich weiß nicht, ob ich es ihm sagen soll. Es war alles damals so verwirrend für mich."
„Das hättest du niemals tun dürfen, Vashtu." Beckett beugte sich vor und starrte sie an. „Ich wußte nicht einmal, daß es möglich ist. Wie bist du denn auf diesen Gedanken gekommen."
Sie legte ihre Wange auf die Knie und starrte mit leerem Blick vor sich hin. „Ich dachte, wenn ich einen eurer Anführer auf meine Seite ziehe, kann ich mich euch anschließen. Darum legte ich die Pheromone aus an Stellen, an denen John vorbeikommen mußte."
Beckett ließ sich in das Sofa zurücksinken und seufzte schwer. „Wenn du ihm das jemals sagst, wirst du dir sicher keinen Freund machen. Er wird denken ..." Er stockte. „Aber ich dachte, die Gefühle von euch beiden seien echt?"
„Sind sie auch, zumindest meine." Vashtu nickte gedankenverloren. „Und seine dürften es inzwischen auch sein, nach mehr als einem Jahr, das wir getrennt waren. Ich stellte es damals sofort ein, als es mir selbst unheimlich wurde." Sie richtete sich wieder auf und drehte sich um. „Carson, was soll ich tun? Ich kann es ihm nicht sagen, ich hätte zuviel Angst, ihn wieder zu verlieren. Auf der anderen Seite aber wird es immer zwischen uns stehen."
Beckett schüttelte ungläubig den Kopf. „Vashtu, wie konntest du nur?" Wieder seufzte er. Sein Blick wurde nachdenklich.
„Ich hatte ihn nie gesehen, ich wußte nicht, worauf ich mich da einließ." Ihre Verteidigung war schwach, und sie wußte es. Doch es war die einzige Erklärung, die sie bis heute geben konnte. Sie hatte schlicht Angst gehabt vor den neuen Bewohnern von Atlantis. Angst davor, wieder eingesperrt und mißbraucht zu werden, keine Stimme zu haben, keine Akzeptanz. Wie zu der Zeit, als ihr Volk noch lebte.
„Du warst sehr vereinsamt", murmelte Beckett gedankenverloren. „Ich weiß nicht, ob du die Berichte kennst, die Dr. Heightmeyer damals über dich verfaßt hat."
Vashtu schüttelte den Kopf und sah den Mediziner hilflos an.
„Was du vor zehntausend Jahren erlebt hast, wird immer in deinem Geist bleiben, Vashtu. Du hast das Vertrauen damals so gründlich verloren, daß es vielleicht eine ebenso lange Zeit brauchen wird, bis es wiederhergestellt ist", erklärte Beckett ihr einfühlsam. „Dazu kam diese extrem lange Einsamkeit. Du sagst ja selbst, regelmäßig seist du aus der Stasis aufgewacht und hättest nachgesehen, ob sich irgendetwas geändert hatte. Ich denke, du wirst nicht sofort wieder zurückgekehrt sein in das Lager, oder?"
„Ich blieb jedesmal einige Tage wach, das stimmt. Ich mußte essen und zu Kräften kommen. Stasis ist für meinen Körper nicht gerade die Ideallösung, das wußte Janus auch. Darum ..." Sie schloß hilflos den Mund. „Aber darum geht es jetzt nicht! Ich muß irgendwie endlich herausfinden, ob Johns Gefühle mir gegenüber echt sind."
„Sind sie", antwortete Beckett trocken. „Und es geht um genau das. Es geht um deine Erfahrungen, Vashtu, und nur darum. Dir ist das Mißtrauen so gründlich eingeimpft worden von deinem eigenen Volk, daß du ... sehr wahrscheinlich gar nicht anders handeln konntest, oder?"
Sie kniff die Lippen aufeinander, nickte dann aber. „Es war ... Es kann sich niemand vorstellen, was ich damals erlebte. Ich weiß nicht, ob es bei euch heutzutage überhaupt möglich wäre, jemanden so gründlich zu ..." Sie stockte wieder und schüttelte den Kopf. „Als ich damals die Gentherapie durchgemacht hatte und mich dem Rat stellte, ließen sie mich zunächst für einige Zeit mit Enkil zusammen in die Brick sperren. Er ... er mußte sich ziemlich zusammenreißen, um mich nicht anzugreifen. Und ich hatte Angst, Angst vor meinem eigenen Bruder." Tränen stiegen in ihre Augen. „Ich wollte doch nur, daß wir uns endlich wehren, Carson! Ich wollte eine Möglichkeit aufzeigen, wie wir den Wraith Respekt beibringen konnten."
„Das weiß ich." Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter. „Und zumindest heutzutage stehst du mit deiner Einstellung nicht allein da. Aber das ändert nichts daran, daß du einen ziemlich großen Fehler begangen hast, als du dich uns ... als du aufgetaucht bist. Der Colonel hat inzwischen einiges hinter sich, das sein Mißtrauen erregte. Dir vertraut er. Wenn du ihm jetzt aber diese Geschichte erzählst, wirst du ... ihn wohl verlieren." Wieder seufzte er.
Vashtu ließ den Kopf wieder auf ihre Knie sinken und sah verzweifelt und leer auf den Tisch. „Es ist alles so kompliziert geworden damals, darum habe ich es ihm nie gesagt. Und jetzt ... Ich will ihn nicht verlieren, selbst wenn es immer noch an ... an meinem Fehler liegen sollte."
„Ich bin mir sicher, daß es das nicht tut", entgegnete Beckett. „Als du in der Geiselhaft gesessen hast, ist er fast wahnsinnig geworden aus Sorge um dich, Vashtu. Und wenn du deine Pheromon-Behandlung wirklich so schnell abgebrochen hast ..."
„Carson!" Ein entrüsteter Blick von ihr. „Ich wollte einen Fürsprecher, keinen Sklaven! Als ich bemerkte, daß es wohl ... zuviel wurde, habe ich sofort aufgehört damit."
Der Mediziner nickte wieder verständnisvoll. „Und wie war es in deinem Labor?"
Vashtu blinzelte verständnislos. „In meinem Labor?" echote sie.
„In den Berichten steht überall, daß ihr zwei euch damals gegenübergestanden seid und euch anstarrtet, als gäbe es den Rest der Welt nicht mehr. Erst dann bist du geflohen."
Sie zog die Brauen zusammen und versuchte sich zu erinnern. „Nein, da konnte ich meine Pheromone noch nicht ausschütten. Es wären zuviele gewesen." Sie erstarrte und richtete sich plötzlich kerzengerade auf. „Was habe ich da angerichtet?" entfuhr es ihr.
Beckett nickte. „Ganz genau, was hast du angerichtet. Du brauchtest die Pheromone gar nicht, eure genetische Verwandtschaft war schon mehr als genug", bestätigte er.
Vashtu fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Oh nein!" Sie wirbelte wieder herum und starrte den Mediziner an. „Es ist mehr als nur eine Verwandtschaft, Carson, um einiges mehr."
„Wie meinst du das?" Beckett rückte interessiert näher.
Vashtu atmete tief ein. „Zwischen John und mir besteht ein Band, ein ... etwas, das es früher bei meinem Volk schon gegeben hat. In abgeschwächter Form kommt es heute auch noch bei euch Menschen vor. Und ... Moment!" Sie hob die Hand und erstarrte. „Vor einigen Monaten spürte ich etwas. Einen Schmerz, einen tiefen Schmerz und grausame Angst ... Ich dachte ... es war ..." Sie schloß den Mund, ihre Augen wurden eiskalt. „Kolya!" Der Name war ein so haßerfülltes Zischen, daß es ihr selbst unheimlich wurde.
„Du hast gespürt, wie dem Colonel das Leben ... wie der Wraith ... ?" Beckett starrte sie entgeistert an.
Vashtus Blick irrte verzweifelt hin und her. „Da war mehr. Ich habe dem keine Beachtung geschenkt, weil es so schwach war. Da war ... Angst! Die Erde war in Gefahr, aber ..." Sie schüttelte verständnislos über sich selbst den Kopf. „Es existierte tatsächlich die ganze Zeit über, aber ich habe es nicht bemerkt. Was ... ?" Sie vergrub das Gesicht in den Händen und stöhnte tief auf. „Das kann doch nicht wahr sein!"
„Vor zwei Monaten kam der Colonel etwas verwirrt zum Dienst. Er sagte, er hätte einen merkwürdigen Alptraum gehabt", warf Beckett ein und beobachtete die Antikerin genau.
Vashtus Kopf ruckte hoch. „Vor zwei Monaten? Es war ... Was für einen Alptraum?" Sie drehte sich wieder herum.
Beckett sah sie sorgenvoll an. „Ich weiß es nicht genau. Ich war nur zufällig anwesend, um McKay ... Ist auch egal!" Er winkte ab. „John Sheppard sagte etwas von einem Alptraum, daß er kurz gemeint hätte, jemand, der ihm nahesteht, sei tot. Aber das könne nicht sein. Er war ... nun etwas verwirrt damals, sonst hätte er es mir wahrscheinlich nicht gesagt."
„Vor zwei Monaten war ich tot für einige Minuten." Vashtus Gesicht erstarrte. „Und ich wäre beinahe nicht wieder aufgewacht."
„Und du meinst, es sei dieses ... dieses Band zwischen euch?" Beckett wirkte skeptisch.
Vashtu nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe, nickte dann. „Ja, das war es sicher. Wenn ich John fragen würde, würde er wahrscheinlich auch genau angeben können, wie mein Leben ... wie die Impfung wirkte, die ..." Sie schloß den Mund und spannte die Kiefer an.
„Du mußt dich irgendwann darüber aussprechen, Vashtu", gab Beckett sorgenvoll zu bedenken. „So kann es nicht mehr lange weitergehen. Du mutest dir zuviel zu."
„Wenn dieses Band tatsächlich so stark ist ..." Sie hörte gar nicht hin, war wieder in ihren Grübeleien versunken. „Dann brauche ich keine weiteren Fragen zu stellen. Dann ... dann ..." Ein Leuchten trat in ihre Augen und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Dann liebt er mich tatsächlich." Sie drehte sich wieder um und sah Beckett an. „Dann kann ich sicher sein, Carson."
Er nickte. „Das sagte ich doch schon. Du solltest dir nicht soviele Gedanken machen, Vashtu. Irgendwann werdet ihr zwei euch finden, glaube mir."

***

Vashtu wachte auf, wußte im ersten Moment selbst nicht, warum. Dann hörte sie das leise Klopfen an ihrer Wohnungstür.
John murmelte unwillig etwas im Schlaf. Seine Arme zogen sie kurz an sich und er atmete tief ein, dann erschlaffte sein Griff wieder.
Vashtu lächelte ihn glücklich an und hauchte einen Kuß auf seine rauhe Wange, dann verzog sie das Gesicht. Heute würde sie sicher dafür sorgen, daß er sich rasierte.
Wieder klopfte es.
Wer mochte das sein? Vielleicht wieder Tom?
Vashtu runzelte unwillig die Stirn, dann aber glitt sie so vorsichtig wie möglich vom Sofa herunter, um John nicht zu wecken. Mit einem etwas hilflosen Blick sah sie sich kurz nach ihren Sachen um, ehe sie sich eines von seinen Freizeithemden schnappte und überwarf.
Der sorgsam gebügelte Stapel lag unordentlich auf dem Boden, ihre Kleider waren überall verstreut und der Bügeltisch zusammengebrochen.
Vashtu seufzte, knöpfte sich das Hemd zu und fand ihren Slip, der am Rande des Tisches baumelte. Eilig streifte sie ihn sich über, dann lief sie mit nackten Füßen zur Wohnungstür und drehte den Schlüssel im Schloß. Als sie den Kopf durch die Öffnung steckte, sah sie, wie jemand gerade wieder die Treppe hinuntergehen wollte. Ein älterer Mann mit kurzem, grauen Haar.
„George?" rief sie ihm leise hinterher.
Dorn drehte sich um und sah sie mit einem väterlichen Lächeln an. „Ich wußte nicht, ob ihr schon wach seid. Darum ..." Er wies auf ihre Türschwelle, die noch immer leicht nach Johns After Shave duftete.
Vashtu senkte den Blick und fand einen Korb auf ihrer Fußmatte, der reichlich mit allerlei Lebensmitteln gefüllt war. Sie hob den Kopf wieder und starrte ihr Teammitglied ratlos an. „Danke", brachte sie überrascht hervor.
Dorn nickte grinsend. „Haben zusammengelegt. Wir dachten, ihr könntet es vielleicht gebrauchen", antwortete er auf die stumme Frage.
„Vash?"
Sie richtete sich unwillkürlich auf, als sie John hinter sich wahrnahm.
Dorns Lächeln wurde zu einem Grinsen. Er nickte verständnisvoll. „Wollte nicht stören."
John lugte mit langem Hals um die Tür herum. „Guten Morgen, Sergeant", begrüßte er den Älteren.
„Colonel, Sir." Dorn salutierte kurz, dann stieg er die Treppe wieder hinunter.
Vashtu sah ihm nach, bis er im unteren Stockwerk verschwunden war.
„Netter Kerl", bemerkte John hinter ihr. „Ich mag ihn."
Sie nickte, noch immer überrascht von dieser Morgengabe, bückte sich nach dem Korb. „Ich mag ihn auch", sagte sie, hob den Korb an und drehte sich um. „Scheint, als hätten da einige Leute zusammengelegt im SGC." Ratlos betrachtete sie den Präsentkorb, der in durchsichtige Folie verpackt war.
„Endlich was zu essen! Ich dachte schon, wir beide verhungern irgendwann." John schloß die Tür hinter ihr, während sie den Korb in ihr Wohnzimmer trug und auf dem Tisch abstellte. Dann hockte sie sich davor auf den Boden und betrachtete das unverhoffte Geschenk nachdenklich.
„Du scheinst ziemlich gute Freunde zu haben, wenn sie sich so um dich kümmern."
Wieder stand John hinter ihr, sie konnte ihn sehr genau spüren. Als er sich zu ihr hinunterbeugte, hob sie den Kopf.
„Ich wußte gar nichts davon", sagte sie.
John zog sie wieder auf die Beine und schloß sie fest in seine Arme. Liebevoll betrachtete er sie. „Ein Grund mehr, dankbar zu sein", flüsterte er und küßte sie.

***

„An Major Vashtu Uruhk & Lt. Col. John Sheppard. Einen schönen Urlaub mit vielen unvergeßlichen Momenten wünschen SG-27 und SG-1?" John sah fragend auf. „Was läuft denn da?"
Vashtu stand in ihrer Küche und wartete, daß das Wasser endlich kochte. „Ich habe dir doch gesagt, daß mein Team mit SG-1 zusammenarbeitet - zumindest ab und an", antwortete sie schulterzuckend.
John hob die Brauen. „Aha?"
„SG-1 hat mir auch zu meinem Militäreintritt eine Kleinigkeit geschenkt", fuhr sie zögernd fort und goß heißes Wasser in die beiden Tassen.
„Hattest du nicht immer wieder betont, daß du mit Dr. Jackson nicht zusammenarbeiten könntest?" fragte John. „Und war da nicht irgendetwas zwischen Lt. Colonel Mitchell und dir?"
Vashtu verzog das Gesicht. „Zumindest mit Jackson komme ich inzwischen ganz gut aus, seit Babbis das künstliche Gen trägt. Jetzt ist er es, der ständig in seinem Labor sitzen und Geräte ausprobieren muß. Ich helfe nur noch ab und an bei Übersetzungen mit."
John sah sie noch immer auffordernd an. Sie stellte ihm eine Tasse mit Instant-Kaffee hin, ließ sich dann wieder auf dem Sofa nieder und tauchte ihren Teebeutel nervös in ihre Tasse.
„Und Mitchell?"
Verärgert sah sie auf. „Dieser ... dieser ..." Sie winkte ab. „Mitchell ist in meinen Augen ein Trottel. Ich weiß nicht, wie es ihm gelungen ist, die anderen Mitglieder von SG-1 zu reaktivieren. Ich schätze, vor allem Lt. Colonel Carter wird sich da wohl das eine oder andere von ihm anhören müssen, so wie er mich immer behandelt. Teal'C ist ein Trainingspartner von mir, mit ihm komme ich am besten aus. Und was Jackson angeht ... naja, seit ... seit Antarktica hat sich einiges zwischen uns geklärt, denke ich."
John erhob sich vom Boden und setzte sich neben sie auf das Sofa. „Also weiß Dr. Jackson auch von deiner ominösen Stadt?" fragte er.
„Sie ist nicht ominös!" brauste Vashtu auf und funkelte ihn an.
John lächelte und streichelte ihre Wange. „Du siehst hinreißend aus, wenn du wütend bist, Vash", kommentierte er ihre Reaktion, wurde dann wieder ernst und zog sie an sich. „Dieses Vineta ist weit entfernt und seit mehr als zehntausend Jahren eine Ruine. Ich glaube nicht, daß es da noch irgendeine Gefahr gibt, Vash. Du machst dir zuviele Sorgen. Wenn es tatsächlich Devi in der Milchstraße geben sollte, dürften die degeneriert sein und keine große Gefahr mehr darstellen. Alles andere ist außerhalb unserer Möglichkeiten."
„Wenn es doch so wäre!" Vashtu seufzte und ließ sich liebevoll an ihn drücken. Doch ihre Stirn blieb gerunzelt.
„Was meinst du?"
„Die einzige Verbindung nach Vineta fand über Atlantis statt, John." Düster blickte sie auf. „Benutzt bitte die MALPs, wenn ihr irgendeine Adresse aus dem Speicher anwählen wollt, hörst du? Ich möchte nicht ..." Sie stockte, als er entschieden den Kopf schüttelte.
„Wir wählen kaum Adressen an, die nicht Teyla oder Ronon ein Begriff sind, Vash. Es geht uns um Verbündete, Feinde haben wir uns inzwischen genug geschaffen."
„Hoffentlich!" Sie seufzte.
John schob seine freie Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf. Sanft küßte er sie, sah sie dann streng an. „Ich kann es dir wirklich jeden Tag tausendmal sagen, Vash: Du bist nicht schuld an dem, was in Vineta schief gelaufen ist, hörst du? Und ich werde garantiert nicht diese Stadt betreten, das schwöre ich dir."
Sie nickte, doch die kleine Stimme in ihrem Inneren schrie sie wütend an, daß sie beide noch lange nicht wissen konnten, was auf sie zukam.
John sah sie an. „Okay?" fragte er endlich.
Vashtu kniff die Lippen aufeinander und senkte den Blick.
„Du bist nicht schuld", wiederholte er eindringlich. „Okay?"
Sie seufzte.
„Du bist nicht schuld. Ich kann das wirklich tausendmal sagen, ob du es nun hören willst oder nicht." Liebevoll strich er ihr mit den Lippen über die Wange. „Okay?"
„John, ich ..." Sie hob die Augen wieder.
„Du bist nicht schuld!" Streng sah er sie an und schüttelte den Kopf.
Wider Willen mußte sie nun doch schmunzeln.
„Okay?" Er hielt ihren Blick gefangen
Vashtu schüttelte den Kopf.
„Du bist nicht schuld. Okay?" In seine Augen trat ein leiser, spitzbübischer Funke.
Sie nickte. „Okay."
Befriedigt nickte er, wandte sein Interesse jetzt wieder dem Präsentkorb zu. „Dann laß uns einmal sehen, was zwei SG-Teams so für Vorlieben haben." Er zog das Behältnis näher an sich heran und hob eine Dose aus dem Korb. „Schildkrötensuppe", las er dann laut vor.
Vashtu kicherte und nahm ihm die Konserve ab. „Eingelegte Litshis, John. Du solltest lesen lernen."
„Sag ich doch." Er zwinkerte ihr zu, hob eine Banane aus dem Korb und zielte spielerisch auf sie. „Keine Bewegung, Major, sonst drücke ich zu."
Vashtu lehnte sich lachend an ihn. Die Sorgen waren im Moment wirklich vergessen, und das war gut so. Sie wollte nicht ihre Beziehung zu John riskieren wegen ihrer Schuldgefühle. Obwohl er, und das spürte sie sehr genau, was die Wraith betraf, ebenso empfand wie sie wegen Vineta.
„Ein paar Vitamine?" schlug er vor, schälte bereits die gelbe Frucht und hielt sie ihr hin.
Vashtu biß ab und blickte auffordernd zu ihm hoch.
John ließ sich diese Möglichkeit nicht entgehen. Er beugte sich zu ihr hinab und schloß seine Lippen über ihrem geöffneten Mund. Vashtu drückte einen Teil der Frucht nach vorn und biß dann noch einmal ab, einen Teil ihm zuschiebend. Doch darauf schien er es gar nicht angelegt zu haben. Seine Zunge drücke leise gegen ihre Zähne und forderte vehement Einlaß, bis sie ihm diesen gewährte. Ein angenehmer Schauer durchrieselte sie, als die Hand, die sie bis jetzt gehalten hatte, sanft über ihre Schulter strich. Sie ließ sich nach hinten sinken, umschlang ihn mit beiden Armen und zog ihn nach, so gut es ging.
Er hob langsam den Kopf und kaute jetzt doch, noch immer dieses Funkeln in den Augen. „Wir haben uns noch gar keinen Appetit gemacht", sagte er dann sanft und legte die Banane zur Seite. Wieder beugte er sich über sie und küßte sie leidenschaftlich. Seine nun freie Hand glitt unter das Hemd und berührte ihre Brust.
Vashtu stöhnte auf.
Er schob sich etwas anders auf das Sofa, sie immer noch unter sich haltend. Seine Finger knöpften das Hemd auf, strichen es vorsichtig beiseite, als öffne er ein selten kostbares Geschenk.
„Du bist unmöglich!" stieß sie hervor, als er wieder begann, ihre Brüste zu massieren.
„Essen vor dem Frühsport ist ungesund und macht träge", entgegnete er bestimmt.
Vashtu kuschelte sich so eng wie möglich an ihn und schloß die Augen, von einer tiefen und satten Befriedigung erfüllt.
Unwillig blinzelte sie, als John sich bewegte, schlang die Arme fest um ihn. „Nein, so nicht", murmelte sie, „nicht so schnell."
Er küßte sie kurz, schlüpfte dann aus ihrer Umarmung. „Doch, genau so schnell", sagte er sanft und richtete sich auf. „Oh je, was haben wir eigentlich mit deiner Wohnung angerichet?"
„Sag lieber, mit deiner Wäsche." Widerwillig richtete sie sich denn doch auf und sah sich um.
„Upps!" John betrachtete das Chaos. „Und jetzt?"
Seufzend blieb ihr Blick an ihrem Bügeltisch hängen. Ob sie den jemals wieder reparieren konnte?
„Duschen und frühstücken, eins nach dem anderen", schlug sie vor. „Und deine Wäsche aufsammeln und ins Schlafzimmer bringen. Ich kann dir, wenn du möchtest, ein bißchen Platz im Schrank freiräumen."
John schlang ihr einen Arm um die Schultern. „Frühstücken", sagte er bestimmt. „Um den Rest ..." Wieder ein Blick durch den Raum. Dann blinzelte er plötzlich und senkte den Kopf. „Du würdest mir ein bißchen Platz in deinem Schrank einräumen?"
Vashtu nickte überrascht. „Natürlich", antwortete sie, „es sei denn, du willst in deine Wohnung."
„In meine ... ?" Er schloß den Mund, seine Brauen senkten sich. „Ich habe keine Wohnung auf der Erde, Vash. Meine Sachen sind eingelagert."
Überrascht erwiderte sie seinen Blick. „Du hast keine Wohnung? Aber ..." Jetzt schloß sie den Mund.
Natürlich, warum sollte er auch eine Wohnung auf der Erde unterhalten. Die meiste Zeit hielt er sich in der Pegasus-Galaxie auf. Es war überflüssig, sich auf der Erde eine Bleibe zu suchen. Sie wußte selbst nicht, wie sie darauf gekommen war.
Seine Augen wurden sanft. „Aber das Angebot ist verlockend, muß ich zugeben", sagte er und beugte sich vor. „Sehr verlockend sogar." Wieder küßte er sie.
Vashtu gab einen wohligen Laut von sich, als sich ihre Lippen wieder trennten. Sie kuschelte sich eng an ihn und lächelte. „Meine Tür steht dir immer offen."
„Okay."
Ihn mit beiden Armen umfassend drückte sie sich so eng wie möglich an ihn und blickte zu ihm auf. „Immer, John. Das SGC hat dieses Apartment gekauft. Ein Teil meines Gehaltes wird einbehalten, also ist das hier mein Eigentum."
Er sah überrascht zu ihr hinunter. „Du kaufst dir eine Wohnung auf der Erde?"
Sie nickte. „Ich habe einen Platz gesucht, an den ich mich zurückziehen konnte. Nach einigen Debatten stimmte Landry zu, aber nur, wenn es Eigentum wäre."
Er hob die Brauen. Irgendwie war ihm diese Logik ... Die Erde hatte wirklich nichts unversucht gelassen, Vashtu an sich zu binden. Dabei hatte er allerdings auch das Gefühl, daß sie das ganze nicht so empfand. Für sie war es etwas normales, etwas, daß sie auch wieder loswerden konnte, wenn sie wollte. Sie hatte sich gebeugt, aber ihre eigene Logik spielen lassen bei der Entscheidung.
„Dann nehme ich das Angebot gern an", sagte er, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Präsentkorb. „Und jetzt sollten wir endlich sehen, was dein Team und SG-1 sich so haben einfallen lassen für uns."
Vashtu warf ihm einen irritierten Blick zu.
Wie sollte sie je aus diesem Mann schlau werden? Sie wußte es nicht. Jedesmal, wenn sie glaubte, endlich alle seine Facetten zu kennen, fügte er ihr wieder eine neue hinzu.
„Cracker!" Triumphierend hielt er ihr eine Packung Salzgebäck hin. „Das ist doch schon mal was. Und ..." Er kramte in dem Korb, förderte dann ein Glas mit hellbraunem Inhalt hervor. Seine Augen leuchteten auf. „Erdnußbutter!" Er schraubte den Deckel ab und riß ungeduldig den Frischhalteverschluß auf. Dann tauchte er einen Finger in die Masse und zog ihn wieder heraus. Mit einem spitzbübischen Lächeln hielt er ihr das Ergebnis hin. „Hast du schon einmal gekostet?"
„Erdnußbutter?" Ungläubig starrte sie ihn an, während sein Finger sich immer ihrem Mund näherte. „Natürlich."
„Aber nicht so, oder?"
Vashtu sah ihn scheel an. Sanfter Geruch nach Erdnüssen stieg ihr in die Nase. Sie öffnete den Mund und ließ zu, daß er ihr seinen Finger in die Mundhöhle schob. Dann leckte sie die Masse ab und saugte ein wenig.
John atmete tief ein, zog seinen Finger wieder zurück, um sich zu ihr hinzubeugen und in den nächsten Kuß zu ziehen. Genüßlich leckte er sich danach die Lippen. „Lecker."
Vashtu lachte und schüttelte den Kopf. „Okay, mit Erdnußbutter kann man also noch mehr tun, als sie aufs Brot zu schmieren."
„Uns wird sicher noch eine lohnende Verwendung einfallen. Dankend angenommen." John schraubte das Glas wieder zu und stellte es auf der anderen Seite des Korbes ab.
„Was soll das werden?" Vashtu runzelte die Stirn, als er jetzt die nächsten Überraschungen zu Tage förderte.
„Nützliches von Nahrhaftem trennen", kommentierte er, hielt eine kleine Dose hoch. „Gänseleberpastete? Wow!" Mit großen Augen stellte er die Dose zu den Crackern und der Dose mit dem eingelegten Obst.
„Weintrauben!" Vashtu streckte begierig die Hand aus, doch er war schneller. Sofort legte er sie neben dem Glas Erdnußbutter.
„Hey!"
„Später, Vash, später." Wissend nickte er. „Mit Weintrauben läßt sich auch eine Menge Spaß haben, glaube mir."
Sie lehnte sich wieder an ihn und beobachtete, was er als nächstes aus dem Korb zauberte.
„Eine Flasche Wein, edel." Wieder ein anerkennendes Nicken, dann ein Stirnrunzeln. „Wohin? Nützlich kann er sein, nahrhaft ist er auf jeden Fall, mh ..." Kurzentschlossen wanderte er zu den Weintrauben. „Wenn uns der Sekt ausgeht."
„Hä?"
„Du hast doch eine Flasche Sekt im Kühlschrank, oder?" Er sah sie fragend an.
„Das ist nicht meine. Die gehört Babbis. Er hat sie mitgebracht, als er seinen Doktortitel feierte", entgegnete sie.
„Dann kauf eine neue. Die werden wir brauchen, glaube mir."
Als nächstes förderte er ein kleines, weißes Päckchen zu Tage, das den Eindruck erweckte, aus einem Drugstore zu stammen. Stirnrunzelnd drehte er es in den Fingern. „Sehr früh für soetwas", kommentierte er ein wenig säuerlich.
„Was ist das?" Vashtu streckte die Hand aus und nahm es ihm ab. „Kondome? Was ist das?" Irritiert blickte sie auf. „In mehreren Geschmacksrichtungen? Ich verstehe nicht."
John seufzte. „Verhütungsmittel", antwortete er und zuckte mit den Schultern. „Bisher haben wir ... äh ... nicht daran gedacht."
Vashtu nickte verständnislos und drehte das kleine Paket immer wieder in den Händen. „Und warum verschiedene Geschmacksrichtungen? Da unten habe ich keinen Geschmackssinn, was bringt das also?" Im Stillen beschloß sie, sich einmal mit Marnie Evans zu unterhalten, sobald sie wieder im SGC war. Was sollte das Wort „Verhütungsmittel" bedeuten? Sie hatte nicht die blaßeste Ahnung.
„Geschmacksrichtungen nicht für ... äh ... das ist eine andere Geschichte." John war tatsächlich rot geworden, als sie wieder aufblickte. „Manche ... mh ... Männer und Frauen mögen es, wenn ... äh ... naja ..."
Sie nickte ihm auffordernd zu und blinzelte immer noch verständnislos. „Ja?"
Er seufzte und runzelte die Stirn. „Manche Frauen nehmen ... äh ... den Penis ihres Partners in den Mund während des Liebesspiels."
Vashtu bekam große Augen. Ihr Blick wanderte an ihm herunter und blieb an der Blöße zwischen seinen Beinen hängen. „Sie nehmen ... in den Mund? Wozu?"
„Weil ... sie ... es soll ... Manche Männer finden das erotisch. Man nennt das ... äh ... sich einen blasen lassen." Er wand sich sichtlich unter ihrem verständnislosen Blick.
„Magst du das auch?" fragte sie irritiert.
Jetzt schluckte er sichtlich. „Ich ... nein ... ich meine ..." Er schloß den Mund und grabschte nach dem Päckchen. „Ist jetzt eh egal!"
Vashtu entzog die Kondome seiner Reichweite. „Magst du das?" wiederholte sie ihre Frage.
„Ich habe es noch nicht ausprobiert." Er sank ziemlich zusammen bei diesen Worten.
Vashtu runzelte die Stirn, betrachtete dann wieder das Päckchen mit den Kondomen in ihrer Hand. „Sollen wir es ausprobieren?"
„Du willst ... ? Du mußt nicht ... ich meine ... das muß nicht sein!"
„Mh!" Stirnrunzelnd wanderte ihr Blick zwischen den Kondomen und ihm hin und her. Dann reichte sie ihm das Päckchen zurück. „Tu es zu den nützlichen Sachen. Vielleicht probieren wir es noch aus", entschied sie.
John starrte sie groß an. „Du willst das tatsächlich versuchen?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Weiß noch nicht. Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen."
Irgendwie empfand sie allein die Vorstellung als etwas ... gewöhnungsbedürftig, zugegeben. Aber vielleicht ergab sich eine Gelegenheit. Außerdem war sie neugierig geworden auf diese Kondome und wollte näheres zu ihnen erfahren.
John warf ihr einen skeptischen Blick zu, legte das Päckchen aber gehorsam zu den anderen Sachen.
„Und was gibt es sonst noch in dem Korb?" Sie lehnte sich wieder an ihn und linste in die aufgerissene Folie hinein.
John zögerte, griff dann aber doch zu und holte nacheinander zwei rotbackige Äpfel hervor.
„Vitamine!" Vashtu lächelte. „Bestimmt von Teal'c."
„Dann waren die Kondome von Mitchell." Er verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf, als müsse er eine bestimmte Vorstellung loswerden.
Vashtu machte einen langen Hals. „Sahne?"
John beugte sich jetzt ebenfalls nach vorn und holte eine Druckflasche aus dem Korb. „Schlagsahne. Eindeutig nützlich." Für diese Worte erntete er wieder einen scheelen Blick, doch die Antikerin schwieg und wartete auf die nächste Überraschung.
„Eine, nein zwei Orangen." Die Früchte wanderten auf die Seite der Lebensmittel.
Beim nächsten Griff in den Korb förderte John eine Tube hervor. „Sardellenpaste ..." Er tauschte einen Blick mit Vashtu.
„Einen dritten Stapel", schlug sie vor, „mit überflüssigem."
Er nickte, beugte sich vor und legte die Tube hinter den Korb. Dabei fiel sein Blick in das Behältnis hinein. „Ein Buch?"
Vashtu beugte sich jetzt ebenfalls vor, während er die aufgerissene Folie mit den restlichen Dingen darin vorsichtig aus dem Korb hob brachte sie das Buch an sich.
„Kama Sutra?" Ratlos blickte sie auf. Der Einband verriet nichts außer daß dieses Buch offensichtlich irgendwo aus einem anderen Land stammen mußte von der Schrift her.
John stöhnte auf. „Nicht noch mehr Ideen!" Dann aber verlor er das Interesse an dem restlichen Inhalt des Korbes, entwand ihr statt dessen das Buch und begann darin zu blättern.
„Hey!" Vashtu beugte sich vor - und bekam große Augen. „Wow! Geht das wirklich?"
John neigte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete die aufgeschlagene Grafik recht irritiert. „Keine Ahnung, angeblich ja. Aber ... Dazu muß man ein Schlangenmensch sein."
„Ein was?"
Er blätterte ungeduldig weiter. „Jemand, der sehr biegsame Gelenke hat. Diese Menschen werden bei uns Schlangenmenschen genannt. Wow! Sieh dir das an!"
„Von wem das wohl ist?" Vashtu betrachtete auch die nächste Grafik mit äußerster Skepsis. „Das kann man unmöglich tun, John! Soweit kann ich mich nicht verbiegen, da kann ich noch so beweglich sein."
Er schüttelte den Kopf und schlug das Buch zu. „Gruselig", kommentierte er.
Vashtu entwand es ihm wieder und schlug die erste Seite auf. Mit großen Augen las sie, dann begann sie zu lachen. „Ich hätte es mir denken können!" Noch immer vor sich hinglucksend hielt sie ihm die aufgeschlagene Seite hin.
John las:
„Ein paar nette Anregungen für euch beide, die ihr vielleicht gebrauchen könnt. Falls ihr bei dem einen oder anderen Hilfe braucht, ruft mich nur an, ich bin gern für Tips oder mehr zu haben. Vala"
Mit großen Augen sah er auf. „Vala? Diese Frau, die an Jackson hängt wie eine Klette?"
Vashtu nickte, noch immer amüsiert. „Sie hat deutliches Interesse an dir bekundet, nachdem SG-1 von Atlantis zurückgekehrt ist."
„Was?"
Sie beugte sich vor und umarmte ihn. „Ich habe ihr gesagt, daß du nicht mehr zu haben bist, John. Aber ... sie ist eben auch etwas ... unkonventionell", gurrte sie ihm ins Ohr.
„Das stimmt." Noch immer sah er sie etwas scheel an, dann wurde sein Blick wieder zärtlich und er zog sie an sich. „Nette Geschenke, die man uns da gemacht hat. Wer ihnen wohl verraten hat, daß wir beide uns wieder vertragen würden?"
Sie küßte ihn kurz. „Keine Ahnung. Weißt du es vielleicht?" wisperte sie.
„Vielleicht ..." Er zog sie an sich und küßte sie leidenschaftlich.

***

„Ist er hier?"
Vashtu blickte von dem Benzinmotor, an dem sie gearbeitet hatte, auf und runzelte die Stirn. „Wer?" fragte sie.
Vala, die in der geöffneten Tür stand, runzelte ungeduldig die Stirn. „Dieser knuddelige Doktor aus Atlantis. Ist er hier?"
Die Antikerin richtete sich auf und wischte sich die Hände an einem schmutzigen Lappen ab. Obligatorisch warf sie einen forschenden Blick um sich, zuckte dann mit den Schultern. „Wenn du Beckett meinst, nein, hier ist er nicht. Oder siehst du ihn irgendwo?"
Vala schob die Unterlippe ein wenig schmollend vor, nickte dann aber. „Okay. Falls du ihn sehen solltest, Vash, sag ihm bitte, daß Landry ihn sehen will."
Die Antikerin nickte. „Geht klar. Ich richte es ihm aus, wenn ich ihn treffen sollte. Ist allerdings unwahrscheinlich. Meines Wissens weiß er nicht einmal, wo mein Büro ist."
Vala sah sich wieder aufmerksam um, dann zuckte sie mit den Schultern. „Vergiß nicht den Frauen-Pokerabend bei Marnie. Ich kann doch bei dir schlafen?"
„Klar, war doch so abgemacht." Vashtu lächelte.
„Gut." Vala schloß die Tür wieder hinter sich.
Die Antikerin beobachtete aufmerksam das Milchglas und zählte bis zehn, als sie keinen Schatten mehr wahrnehmen konnte. „Sie ist weg", sagte sie dann einfach nur.
Carson Beckett kroch wenig elegant unter ihrem Schreibtisch hervor, klopfte sich den Staub von den Hosen und seufzte erleichtert.
Vashtu sah ihn kopfschüttelnd an. „Was war das denn für eine Vorstellung?" fragte sie nach einer kleinen Weile.
Beckett blickte auf. „Diese Frau ist wahnsinnig!"
„Das behaupten auch einige von mir, Carson." Vashtu schmunzelte. „Vala ist ein wenig ungewöhnlich, selbst für meinen Geschmack. Aber sie hat das Herz am rechten Fleck, wie es hier auf der Erde heißt. Sie wird Ihnen schon nichts tun."
Beckett warf ihr einen zweifelnden Blick zu, sah dann wieder zur Tür. „Sicher, daß sie sich nicht irgendwo verschanzt auf dem Weg in Landrys Büro?"
Vashtu schürzte die Lippen. „Nicht sicher, aber ziemlich unwahrscheinlich." Sie drehte sich wieder zu dem Mediziner um. „Warum haben Sie solche Angst vor ihr? Vala ist merkwürdig, aber an für sich ganz in Ordnung. Wenn man weiß, wie man mit ihr umgehen soll, ist es gar nicht so schwer, an sie heranzukommen und richtig zu nehmen. Von John wird sie ihre Finger lassen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie Sie mir auch zugestehen wird."
„Was?" Beckett bekam große Augen.
Vashtu nickte. „Wir haben das unter uns abgemacht. Sie zeigte mir ein bißchen viel Interesse an John, nachdem sie aus Atlantis zurück war", erklärte sie. „Da habe ich ein ernstes Wort mit ihr gesprochen. Sie merkt es sich, zumindest hoffe ich das. In erster Linie ist sie eh mehr an Daniel Jackson interessiert."
„Ihr Frauen teilt uns Männer unter euch auf?" Seine Augen wurden immer größer.
„Nicht wirklich. Aber wenn es sich ergibt, werden gewisse notwendige Absprachen getroffen." Sie sah den Mediziner wieder forschend an. „Sagten Sie mir nicht, daß Sie eine nette Frau suchen? Wäre Vala da nicht etwas für Sie?"
„Um Gottes Willen nein!" Beckett hob abwehrend die Hände.
Vashtu zuckte mit den Schultern. „Dann nicht."
Der Schotte atmete erleichtert auf.
„Allerdings frage ich mich, was ihr alle gegen Vala habt." Vashtu runzelte die Stirn. „Okay, sie ist wirklich etwas merkwürdig, sogar für mich, aber an für sich komme ich sehr gut mit ihr aus."
„Vielleicht, weil manche meinen, Sie wären ebenfalls nicht ... äh ... ganz von dieser Welt?" wagte Beckett zu bemerken. „Vashtu, Sie sind an für sich eine sehr nette Frau, die sich manchmal etwas ... burschikos verhält und durchaus auszuteilen vermag. Aber diese Vala ... Für mich ist sie einfach nur ein männermordendes Etwas."
Vashtu stutzte wieder. „Ist sie aber nicht", entgegnete sie.
„So kann man sich irren. Auf jeden Fall danke für die rasche Hilfe."
Die Antikerin nickte. „Viele Grüße nach Atlantis, Carson. Und ... besondere Grüße an John. Sie haben meinen Brief?"
Beckett nickte. „Der Colonel würde sagen, nicht einmal der Zoll wird ihn finden."
Vashtu lächelte. „Danke für Ihre Hilfe, Carson. Ich hoffe, irgendwann ..." Sehnsucht trat in ihre Augen.
„Irgendwann, Vashtu, das ist sicher." Beckett trat näher, reichte ihr die Hand. Dann warf er einen Blick auf den teils zerlegten Motor. „Ein neues Hobby?"
„Babbis erklärt mir, wie Ihre Geräte funktionieren. Dabei nehmen wir dann schon einmal das eine oder andere auseinander."
Der Mediziner nickte wieder. „Viel Glück, Vashtu. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder."
„Hoffentlich. Und laufen Sie Vala nicht wieder über den Weg. Mein Büro ist nicht direkt von jeder Ebene zu erreichen."
„Ich werde aufpassen." Damit wandte er sich ab und verließ das Büro.
Vashtu sah ihm nach, nicht ahnend, wann und wie sie ihn wiedersehen sollte. Doch diese Frage würde ein anderer bald für sie beantworten: Acastus Kolya.

***

John betrat das Schlafzimmer, einen wieder ordentlich zusammengelegten Kleiderstapel auf den Armen. Auf der Höhe des Terrariums blieb er stehen und bewunderte das Bild, das sich ihm bot.
Vashtu hatte ihren Schrank geöffnet, war gerade damit beschäftigt, ihm ein Fach freizuräumen und wandte ihm dem Rücken zu. Ihr Körper war nur mit einem knappen Top und einem neuen Slip bekleidet, so daß immer wieder wesentlich mehr Haut durchblitzte, als vielleicht nötig gewesen wäre. Sie sah einfach ... verführerisch aus.
John räusperte sich, dann stutzte er, als sie etwas aus dem Schrank zog. Er beugte sich etwas vor und blinzelte.
„Ein Skateboard?" Überrascht hob er die Brauen.
Vashtu drehte sich um, das Fortbewegungsmittel noch immer in den Händen. „Ja", antwortete sie einfach und trat zur Seite. „Ich muß es wohl irgendwo anders unterbringen. So oft brauche ich es jetzt nicht mehr, darum habe ich es erst einmal in den Schrank geräumt."
John nickte. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Ich erinnere mich, du hattest mir meins stibizt auf Atlantis." Sein Blick fiel wieder auf das Board. „Sieht aber reichlich gebraucht aus. Bist du so oft gefahren?"
„Ehe ich den Führerschein hatte ja. Ich bin damit zur Arbeit und wieder zurück gefahren." Sie grinste schuldbewußt.
John riß die Augen auf. „Du bist was?"
„Ich habe mich an andere Fahrzeuge drangehängt und mich von ihnen ziehen lassen. Ich wußte nicht, daß das verboten ist. Für mich war es eine billige Alternative, bis O'Neill mir das Motorrad schenkte." Sie zuckte mit den Schultern und trat zur Seite. „Du kannst deine Sachen einfach reinräumen."
John sah sie immer noch verständnislos an. „Na klar, Marty McFly", murmelte er nach einer kleinen Weile.
„Wer?"
„Vergiß es." John seufzte.
Warum wunderte ihn überhaupt noch irgendetwas bei ihr? Warum sollte sie nicht auf andere Lösungen kommen als jemand, der auf der Erde aufgewachsen war? Natürlich kannte sie sich mit den hiesigen Gepflogenheiten nicht gut genug aus, um wirklich zu begreifen, warum sie scheinbar die einzige war, die auf diese eine Lösung gekommen war. Wenn ihr dazu niemand erklärte, daß solche Dinge wie das Ranhängen an andere Fahrzeuge streng verboten war ...
John schüttelte den Kopf und begann, seine Kleider in den Schrank zu räumen.
Irgendwie ... Er liebte sie nur noch mehr für solche Späße, wie sie sich offensichtlich geleistet hatte in der Zeit, seit sie auf die Erde gekommen war. Sicher hatte sie es nicht einfach gehabt, wenn man ihr schon so einfache Dinge wie den Umgang mit einem Skateboard nicht erklärte. Daß sie dennoch eine Lösung für ihre Probleme gefunden hatte machte sie umso reizvoller in seinen Augen. Vor allem, da er, wie er sich selbst eingestand, früher selbst mit dem einen oder anderen Gedanken gespielt, ihn aber nie ausgeführt hatte.
Vashtu rollte das Board unter ihr Bett, richtete sich dann wieder auf, gerade als er sich umdrehte. Er konnte nicht anders. Er trat zu ihr und umarmte sie von hinten.
„Du bist wirklich einmalig, Vash", flüsterte er ihr ins Ohr. „Einfach nur einmalig. Mit dem Skateboard zum Cheyenne-Mountain!"
„Irgendwie mußte ich ja zur Arbeit, und niemand hat es mir erklärt." Sie lehnte sich an ihn, ihr Kopf lag an seiner Schulter. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen.
John küßte sie sanft auf die Schläfe und drückte sie. „Einmalig, die Idee hätte wirklich von mir stammen können."
Vashtu sah zu ihm auf und grinste.

***

„Willkommen zurück in Atlantis, Doc." John hatte die Tür geöffnet und lächelte den kleineren Mediziner gewinnend an.
„Colonel, schön Sie zu sehen." Beckett drehte sich um und betrachtete seufzend sein Quartier. „Wieder daheim zu sein ... komisch."
„Dürfte ich vielleicht ..."
Beckett fuhr wieder herum, nickte dann. „Entschuldigen Sie, John. Ich bin nur in Gedanken noch bei der Reise."
Er trat ein und ließ die Tür hinter sich zufahren. „Klar, verstehe. Alles in Ordnung auf der Erde?" Die Wahrheit getraute er sich nicht zu sagen. Er wußte nicht einmal, ob es dem Schotten gelungen war, überhaupt Kontakt zu Vashtu herzustellen, geschweige denn, eine Antwort von ihr zu erhalten. Die letzten Male, als er auf der Erde gewesen war, war sie jedesmal fort gewesen, auf Außenmission, mit irgendeinem SG-Team.
John biß sich auf die Lippen und lehnte sich an die Wand neben der Tür.
„Oh, es war merkwürdig, es ist ja jedes Mal merkwürdig, nicht wahr?" In Becketts Augen trat ein verträumter Ausdruck. „Aber es war schön, die Lieben einmal wiederzusehen."
John nickte stirnrunzelnd, kämpfte mit seiner eigenen Ungeduld.
Seit mehr als einem Vierteljahr war Vashtu fort, und er suchte noch immer den Kontakt zu ihr. Er wußte selbst nicht genau, was er sich davon versprach, hoffte, man würde ihm seine Sehnsucht nicht allzu sehr anmerken. Dennoch war und blieb es wie es war. Er vermißte die Antikerin, gleich, was andere dazu meinen mochten. In seinen Augen war sie etwas besonderes, und was jetzt geschah, diese strikte Verhinderung jeglichen Kontaktes zwischen ihnen, schmerzte ihn tiefer, als er jemals geglaubt hatte.
Beckett begann seine Reisetasche auszupacken. „Das Wetter in Schottland war wie immer - einfach ... naja, verregnet. Aber meine Mutter macht wirklich den besten Haggis, den Sie je kosten werden."
John nickte etwas verzweifelt, war sich allerdings ziemlich sicher, daß er ein solches Gericht beim besten Willen nicht herunterkriegen würde. Allein die Vorstellung ließ eine Gänsehaut auf seinen Armen wachsen.
„Und ... äh ... sonst?" fragte er, nachdem der Mediziner in seinem Bericht stockte.
Beckett drehte sich zu ihm um. „Ach ja, im SG-Command ist alles beim alten, einmal abgesehen von der einen oder anderen Schwierigkeit. Man sagte mir, ... Ach!" Er tippte mit den Händen an seinem Sakko herum und zog schließlich eine Brieftasche hervor. Dieser entnahm er einen Briefumschlag. „Das ist von Vashtu. Sie läßt Sie auch besonders grüßen, Colonel. Den Rest können Sie sich, hoffe ich, denken."
Johns Augen hafteten auf dem Umschlag als seien sie festgeklebt. Er atmete einige Male tief ein, dann trat er entschlossen einen Schritt vor und streckte die Hand aus.
Eine Antwort! Beckett war es tatsächlich gelungen, bis zu der Antikerin vorzudringen und ihr sogar eine Antwort auf seinen Brief zu entlocken.
John nahm den Umschlag entgegen. Seine Finger zitterten ein wenig.
Wie lange hatte er sich nach einer Reaktion von ihr gesehnt? Wie lange war es her, daß er sie im Arm hatte halten können?
Warum hatte er damals nur soviel Zeit verschwendet mit Belanglosigkeiten und seinem eigenen Zögern. Er hätte vielleicht viel mehr haben können, und vielleicht wäre es ihm auch gelungen, Vashtu davon abzuhalten, Atlantis überhaupt zu verlassen.
„Ihr geht es gut", sagte Beckett mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. „Sie ... Nun, ich denke, ich muß nicht viele Worte machen, Colonel. Ihr ist das Herz mindestens ebenso schwer wie Ihnen, das können Sie mir glauben."
„Wie geht es ihr?" John schob den Umschlag in seine Jackentasche.
Später, sagte er sich. Später würde er sich für einige Minuten zurückziehen und ihre Worte in sich aufnehmen, wenn er allein war. Dann konnte er sich vielleicht vorstellen, daß sie bei ihm wäre.
Beckett neigte den Kopf leicht zur Seite und seufzte. „Sie hat sich verändert, John."
Sein Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. Sollte das heißen, sie hatte ... ?
„Rein äußerlich, meine ich. Ich hätte sie fast nicht wieder erkannt, als ich sie sah. Ihr Haar ist ... kürzer und selbstverständlich trägt sie andere Kleider."
Erleichtert atmete er auf. Einen Moment lang hatte er wirklich befürchtet, sie hätte vielleicht jemand anderen getroffen.
„Vashtu hat jetzt übrigens ein eigenes Apartment", fuhr Beckett fort und schüttelte den Kopf. „Nett eingerichtet, wenn Sie mich fragen. Sie scheint viel in Second-Hand-Möbelhäusern und auf Flohmärkten zu sein und sich dort zu kaufen, was ihr gefällt."
„Und was tut sie?" Sie richtete sich auf der Erde ein, hatte eine eigene Wohnung! Das konnte er alles nicht so recht glauben. Wurde sie am Ende doch erwachsen?
„Oh, sie war bisher im Innendienst und half bei Übersetzungen und der Aktivierung von Gerätschaften ihres Volkes. Aber ich denke, das wird sie Ihnen auch in ihrem Brief mitgeteilt haben." Beckett nickte ihm zu, wollte sich wieder abwenden. Dann schien ihm plötzlich etwas einzufallen und er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den militärischen Leiter der Atlantis-Expedition. „In einigen Tagen wird sie festes Mitglied in einem SG-Team. SG-15, falls Ihnen das etwas sagt."
John schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich", antwortete er.
Mitglied in einem fremden SG-Team. Wäre sie in Atlantis geblieben, hätte er sie mit in sein Team genommen oder ihr ein eigenes zugestanden. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was ihr alles für Barrieren in den Weg gestellt werden würden. Hier hätte sie sicher nicht so viel zu kämpfen gehabt mit Alltäglichkeiten.
„Ansonsten scheint sie sich ganz gut eingelebt zu haben auf der Erde." Beckett lächelte wieder. „Ich konnte sie leider nur kurz besuchen, Colonel. Vielleicht, wenn das nächste Mal etwas mehr Zeit ist. Vashtu ist schon eine außergewöhnliche Person." Er schmunzelte. „General O'Neill hatte mich zu ihr geschickt, weil die Wissenschaftler im SGC meinten, sie sei nicht teamfähig. Tatsächlich aber scheint es eher so zu sein, daß sie ... nun, unterfordert gewesen ist bisher. Es steht zu hoffen, daß sich das ändern wird, wenn sie regelmäßig in Außenwelteinsätze geschickt wird."
„Sie waren bei ihr?" Ein tiefes Verlangen zerrte an ihm. Beckett war bei Vashtu gewesen, er war in der Wohnung der Antikerin gewesen. Wie gern wäre er dort!
Beckett nickte. „Natürlich steht sie unter Bewachung, wenn sie diese MPs wohl auch gern einmal abhängt. Falls Sie wollen, ich bin sicher, es wird schon einen Weg geben, zumindest ihre Briefe zu tauschen."
„Ist sie denn noch ... Ich meine, will sie überhaupt ..." John schloß ein wenig hilflos den Mund. Das war eine Situation, in der er noch nie so tief gesteckt hatte. Er wußte einfach nicht, wie er sich verhalten sollte.
Beckett winkte ab. „Es wird sich schon ein Weg finden, John", entgegnete er. „Ich habe ohnehin den Eindruck, daß der Befehl nicht von General O'Neill kam sondern von ganz anderer Stelle. Irgendwann, davon bin ich überzeugt, werden sie beide sich durchsetzen können. Es mag jetzt zwar eine harte Zeit für Sie sein, aber ..." Er lächelte. „Wozu gibt es Liebesboten?"
John atmete auf. Er hatte sich auch nicht vorstellen können, daß ausgerechnet O'Neill gegen die Verbindung zwischen ihm und Vashtu sein konnte. Er hatte das von Anfang an nicht glauben können, dafür hatte der ehemalige Leiter des SGC einen zu tiefen und kameradschaftlichen Eindruck auf ihn gemacht, als er ihn in die Atlantis-Mission brachte.
„Ich ... Danke, Carson." Er lächelte.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Manchmal tut es gut, wenn man ein bißchen Abstand voneinander hat, John, glauben Sie mir. Andererseits ... Ich soll Ihnen von Vashtu noch ausrichten, daß Sie recht hatten mit Football."
„Wirklich!" Er strahlte über das ganze Gesicht. Er hatte gewußt, daß sie diesen Sport auch mögen würde.
Beckett trat näher, musterte ihn sehr genau. „Aber tun Sie ihr niemals weh, Colonel", sagte er mit fester Stimme. „Niemals, oder Sie haben nicht nur sie verloren, das schwöre ich Ihnen."
„Ich habe nicht vor, das zu tun. Eher würde ich ..." John schloß den Mund und tastete wieder nach dem Brief. Stirnrunzelnd biß er sich wieder auf die Lippen. „Ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen. Danke nochmals, Doc."
Beckett nickte und lächelte ihn versonnen an.

***

Vashtu erwachte, als sie plötzlich Schreie und ein dumpfes Poltern hörte. Unwillig öffnete sie die Augen und runzelte die Stirn.
Was ging denn da wieder vor sich?
John gab einen unwilligen Laut von sich, drückte sie kurz an sich, ehe sein Griff wieder erschlaffte.
Wieder Stimmen.
Vashtu reichte es allmählich. Sie hatte Cavanough erkannt, und er schien wieder vor ihrer Tür zu sein. Jetzt hatte sie endgültig die Nase voll von ihrem Nachbarn.
So leise wie möglich entschlüpfte sie Johns Armen und richtete sich auf. Mit blossen Füßen tappte sie in den Flur und warf sich ihre Pilotenjacke über. Die war lang genug, und sie hatte nicht ewig Zeit, bis sie sich vollständig angezogen hatte. Sie schloß den Reißverschluß während sie zu ihrer Wohnungstür ging, drehte bereits den Schlüssel um, ehe sie überhaupt richtig fertig war und riß mit einem wütenden Funkeln in den Augen die Tür auf.
Dann aber blieb sie wie erstarrt stehen und glotzte einfach nur.
Die beiden MPs, die zu ihrer Bewachung abgestellt waren, standen vor ihr, ihre gesenkten Waffen zielten auf jemanden. Und dieser jemand war niemand anderes als ... Cavanough!
„Was ... ?" Vashtu blinzelte und fühlte sich wie in einem schlechten Traum. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
Ihr Nachbar blickte hoch, ihr ging im letzten Moment auf, daß er aus seiner Position wahrscheinlich mehr sehen würde, als ihr lieb war und wich unwillkürlich zurück. Doch Cavanough schien im Moment andere Probleme zu haben als ihr wieder irgendwelche Beleidigungen an den Kopf zu werfen.
„Miss Uruhk, sagen Sie diesen Wahnsinnigen, daß sie mich sofort losmachen sollen!" Seiner Stimme war deutlich die Panik anzuhören.
„Mam?" Der erste ihrer Leibwächter salutierte. „Wir fanden dieses Objekt, wie es mit einem verdächtig aussehenden Gegenstand vor Ihrer Wohnung herumschlich."
Vashtu nickte, blinzelte wieder. Dann begann sie endlich zumindest ansatzweise zu verstehen. „Was für einen Gegenstand?" fragte sie.
Sollte Cavanough am Ende die undichte Stelle sein, die sie wieder an den Trust verraten hatte? Dann hätte sie Tom zu unrecht beschuldigt und er war wahrscheinlich vollkommen unschuldig zwischen die Fronten geraten, weil er sie des öfteren besuchte.
Der MP wies mit verlegener Miene auf etwas auf dem Boden vor ihrem Schlafzimmerfenster. Vashtu reckte den Hals und atmete tief ein.
Eine Videokamera lag zerschellt unter dem Fenster. Und es fiel wirklich nicht schwer sich vorzustellen, was Cavanough damit hatte tun wollen.
In ihr brodelte wieder die Wut auf. „Ich kenne diesen Kerl nicht. Nehmen Sie ihn mit!" befahl sie.
„Das ist ihr Nachbar, Cavanough", sagte eine Stimme hinter ihr, zwei Hände legten sich auf ihre Schultern. „Aber ein kleines Verhör hätte er inzwischen schon verdient. Sergeant, warum konnte er uns gestern den ganzen Tag belästigen, ohne daß Sie eingeschritten sind?" John drückte kurz ihre Schultern, als wolle er sie beruhigen.
Die beiden MP wechselten einen Blick. „Da waren wir nicht im Dienst", erklärte der erste dann.
Vashtu atmete tief und kontrolliert ein, um nicht loszubrüllen vor Wut. „Es reicht mir! Mr. Cavanough, Sie können meinerseits mit einer Anzeige rechnen." Damit drehte sie sich um und marschierte an John vorbei in ihre Wohnung zurück.
Dumpf vor sich hinbrütend warf sie sich in ihren Sessel und zog die Beine an. Aus dem Flur hörte sie John noch einige Worte mit den beiden Militärpolizisten wechseln, dann schloß sich die Tür, der Schlüssel wurde wieder herumgedreht. Kurz darauf erschien er, noch vom Schlaf zerzaust und unzureichend bekleidet, in der Türöffnung und sah sie stirnrunzelnd an.
„Das war nicht nett", kommentierte er.
„Dieser ... dieser ..." Vashtu stieß einen Fluch in ihrer Muttersprache aus. „Gerade, wenn ich denke, alles läuft gut, taucht Cavanough auf. Der wollte uns filmen!"
John hob die Brauen, kreuzte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Türrahmen. „Aber ihn zu verleugnen und Storm ausliefern zu wollen ist auch keine Lösung, Vash." Er schmunzelte. „Obwohl die Vorstellung schon irgendwie reizvoll ist."
Vashtu schnaubte.
John trat langsam näher. „Jetzt komm wieder runter, Vash. Sicher, das war kein sonderlich schöner Weckdienst, aber zumindest für heute dürften wir den Kerl los sein."
Ihn anblitzend warf sie ihm einen wütenden Blick zu. „Und was bringt das? Morgen ist er wieder da."
„Müssen wir dann da sein?" John sah sie auffordernd an.
Vashtu blinzelte überrascht, dann richtete sie sich auf. „Du hast recht!" Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. „Wir wollten doch ohnehin ein bißchen skifahren."
John musterte sie amüsiert. „Habe ich nicht gesagt, du wirst noch Ideen haben? Was meinst du, was man im Schnee alles anstellen kann?"
„Es ist naß und kalt", kommentierte sie.
Er beugte sich zu ihr hinunter. „Ein schönes Picknick, sich dicht aneinanderkuscheln und gegenseitig wärmen", schlug er vor.
„Und dann, im Hotel ..." Ein Strahlen breitete sich über ihr Gesicht aus. Dann trat ein spitzbübisches Glitzern in ihre Augen. „Bist du eigentlich wirklich so gut, wie Faustus meint?"
Überrascht riß er die Augen auf. „Fau... Woher kennst du Faustus?"
„Aus MacMurdo?" Sie schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn dichter an sich heran, ehe er sich wieder aufrichten konnte. „Sollen wir gleich packen, oder möchtest du vielleicht erst ... ?" Sie wartete nicht auf Antwort, sondern zog ihn in einen langen, sehnsüchtigen Kuß.

***

Gut eine Stunde später kamen sie aus dem Apartment, ihre Sachen zusammen in Vashtus Reisetasche gepackt, weil Johns noch immer nach After Shave stank. In aller Eile hatten sie gepackt, Vashtu dann in dem Hotel angerufen, mit dem sie sich schon vorher in Verbindung gesetzt hatte. Jetzt trabten sie die Treppen hinunter, John die Tasche über der Schulter, Vashtu ihre Schlüssel unternehmungslustig schwingend.
„Und du willst wirklich ... ?" Er blieb im Durchgang stehen, während sie den Schlüssel zu ihrem Keller heraussuchte, in dem sie immer ihr Motorrad unterstellte.
„Warum nicht?" Vashtu sah kurz auf, runzelte dann die Stirn. „Du bist doch schon mit mir gefahren. So schlecht bin ich nun auch wieder nicht."
„Aber schnell", entgegnete er und erntete einen vernichtenden Blick. „Bist du eigentlich schon einmal auf einer vereisten Straße mit einem Motorrad gefahren?"
„Nein."
„Dann sollten wir uns vielleicht einen Mietwagen nehmen." John sah kurz zur Straße hinaus. Ein dunkler Sportwagen hatte gerade am Straßenrand gehalten.
„Wozu? Ich kann fahren."
John seufzte ergeben und fügte sich.
Noch immer war die Antikerin in einer etwas ... gereizten Stimmung, und er wollte keinen Streit mit ihr anfangen. Also würde er wohl hoffen müssen, daß sie beide nicht im nächsten Graben landeten, sobald sie ins Gebirge kamen.
„Geh schon mal vor." Vashtu griff nach der Tasche.
Er ließ sie von seiner Schulter gleiten, dann ging er wortlos die Einfahrt hinunter. Dabei ließ er den Sportwagen nicht aus den Augen, der immer noch am Straßenrand verhielt. Er sah eine Bewegung im Inneren, eine Silhouette.
War das nicht ... ?
John beschleunigte seine Schritte, da gab der Wagen plötzlich Gas und brauste davon. Stirnrunzelnd blieb der Lt. Colonel stehen und sah dem Gefährt nach.
Er war sicher, er hatte gerade diesen eigenartigen Tom gesehen. Aber was wollte der schon wieder hier?

***

„Du hast was?" John staunte Vashtu nur noch groß an.
Die Antikerin zuckte mit den Schultern. „Was sollte ich denn machen? Zu Mackenzie habe ich kein Vertrauen, tut mir leid. Er ist ... so komisch mir gegenüber."
„Er will dich aus der Reserve locken. Das macht er mit jedem. Aber du kannst doch keinem Wildfremden Staatsgeheimnisse anvertrauen. Vash!" John schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ich habe Tom keine Staatsgeheimnisse anvertraut. Ich habe nicht einmal den Namen erwähnt!" Vashtu knallte ihre Tasse hart auf den Tisch des Diners, in dem sie saßen, um zu Frühstücken. „so dämlich bin ich nun auch wieder nicht. Ich habe Tom erzählt, ich sei ... auf einen ... Vergewaltiger gestoßen." Sie senkte den Kopf.
John holte tief Atem und schluckte hart. „Kolya ist ... war kein ... Vergewaltiger, und das weißt du auch sehr genau."
„Und was sollte ich ihm sonst sagen? Daß ich beinahe das Opfer eines machtgierigen Irren geworden wäre, der eine sagenhafte Stadt mit meiner Hilfe in seinen Besitz nehmen wollte? Und, das noch ganz nebenbei, dich zu töten beabsichtigte? Und anschließend wollte er dann auch noch die Macht über einen ganzen Planeten an sich reißen? Wer sollte mir das denn glauben?" Vashtu schüttelte den Kopf.
John sah sich unauffällig um, doch es war niemand auf sie aufmerksam geworden, zumindest schien es so. Der Geräuschpegel hier war eindeutig zu hoch.
Er drehte sich wieder zu ihr um und funkelte sie an. „Du hättest dich gar nicht an diesen Tom wenden dürfen, Vash, und das weißt du auch sehr genau", zischte er ihr zu. „Ob du Mackenzie nun magst oder nicht, er ist ein hervorragender Therapeut. Was weißt du denn eigentlich über diesen Tom? Der könnte dir weiß Gott was für eine Geschichte aufgetischt haben, die du nicht überprüfen lassen kannst." Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Und dann ... ein Vergewaltiger! Vashtu, ich bitte dich!"
Ihre Brauen zogen sich zusammen. „Denkst du, ich weiß nicht, was eine Vergewaltigung ist, John?" In ihren Augen funkelte etwas, bei dem er erst nach dem zweiten Hinsehen bemerkte, daß es Tränen waren.
Urplötzlich fiel ihm die andere Geschichte wieder ein, die sie ihm erzählt hatte.
Natürlich wußte sie, was eine Vergewaltigung war. Vielleicht keine körperliche, aber in eine Geistesverschmelzung gezwungen zu werden war wenigstens ebenso schlimm.
Betreten senkte er den Kopf. „Ich habe nicht daran gedacht", gestand er, griff nach ihrer Hand. Einen Moment lang glaubte er, sie wolle sie ihm entziehen, dann aber ließ sie es doch zu. Als er ihr wieder ins Gesicht sah, las er sehr deutlich den Schmerz, den der andere Antiker hinterlassen hatte.
„Es tut mir leid", wisperte er, streichelte sanft ihren Handspann.
Vashtu holte tief Atem, dann nickte sie und senkte den Kopf.
„Aber dennoch ..." fuhr John fort. „Du hast da einen riesengroßen Fehler gemacht. Ich kann nur hoffen, daß er nicht irgendwann auf dich zurückfällt. Du hättest gar nicht mit diesem Tom anbändeln dürfen, Vash. Und, wenn du ehrlich zu dir selbst bist, weißt du das auch sehr genau."
Sie preßte die Lippen fest aufeinander, dann aber nickte sie zögernd.
„Versprich mir, daß du Landry von dieser Sache erzählst. Bitte, Vash! Vielleicht ist das die Antwort darauf, warum der Trust dich plötzlich wieder jagt."
„Ich glaube nicht, daß Tom etwas mit dem Trust zu tun hat." Sie schüttelte den Kopf. „Zumindest nicht freiwillig. Ich habe gesehen, wie er reagierte während des fingierten Überfalls. Er gehört nicht dazu."
John seufzte und verzog das Gesicht.
Mit vernünftigen Argumenten kam er hier wohl nicht sehr weit. Dennoch aber blieb die Gefahr, daß dieser Tom die undichte Stelle war. Und, wenn er ehrlich war, war das sogar ziemlich wahrscheinlich. Kaum war Tom in ihr Leben getreten, meldete sich auch derTrust zurück. Das konnte schlicht kein Zufall sein!
„Dr. Heightmeyer hat mir den Rat gegeben, ich solle mir neue Freunde suchen." Vashtus Stimme klang dumpf. „Und ich hatte auch das Gefühl, daß es mir besser gehen würde. Bis du mir gesagt hast, daß ..." Sie schloß den Mund und starrte auf ihr Rührei.
„Bis ich dir gesagt habe, daß Kolya tot ist", vollendete John den Satz und nickte. „Ich habe sehr genau bemerkt, wie es dir gegangen ist in diesem Moment. Und genau darum solltest du noch einmal mit Mackenzie sprechen. Er ist auf Traumata spezialisiert."
Vashtu schüttelte vehement den Kopf. „Er ist aggressiv!" entgegnete sie heftig.
„Aber genau das ist es, was du brauchst, glaube mir." John beugte sich vor. „Du mußt mit dieser Sache fertigwerden, Vash, ehe sie dich auffrißt. Du magst dein Aggressionspotenzial wieder in den Griff gekriegt haben, aber die Sache ist noch längst nicht ausgestanden für dich. Ich kann das verstehen, wenn vielleicht auch nicht alles. Ich habe keine unsterblichen Zellen in mir wie du, ich weiß, daß ich eines Tages sterben werde, im Gegensatz zu dir."
„Ich werde auch irgendwann sterben, John. Ich weiß nur nicht wann." Noch immer starrte sie auf ihren Teller, die Stirn in tiefe Falten gelegt.
„Das weiß so gut wie niemand." John ließ seine Stimme sehr sanft klingen bei diesen Worten.
Vashtu schüttelte unwillig den Kopf. „Aber ihr wißt, ihr habt eine bestimmte Zeitspanne." Sie blickte wieder auf. In ihren Augen blitzte es. „Ich weiß das nicht. Wraith können unendlich lang leben, wenn sie genug Nahrung haben."
„Ich weiß. Ich mußte schon gegen einen zehntausend Jahre alten Wraith antreten." John zog eine Grimasse und rieb sich unbewußt die Rippen.
Vashtus Augen folgten seiner Bewegung. Sie verzog unwillig das Gesicht, senkte dann den Blick wieder.
John seufzte. „Je länger diese Sache an dir nagt, desto schlimmer wird es werden, glaube mir. Ich weiß, wovon ich rede. Oder denkst du, mir hat es Spaß gemacht, als der ... der Wraith sich an mir nährte?"
Sie schüttelte stumm den Kopf und blickte auf ihre Hand. „Ich ..." Sie schloß den Mund und kniff die Lippen wieder aufeinander.
John beugte sich vor. „Du hast es mir erzählt, schon vergessen?"
Sie sah auf. „Aber du weißt nicht ..." In ihre Augen trat Verzweiflung. „Ich hatte einen unendlichen Hunger damals. Ich hätte mich an dir nähren können. Ich hätte nie geglaubt, daß ... daß die Verwandlung so weit reichen könnte." Sie erschauderte. „Als ... ich noch Rettungsmissionen durchführte, wurde ich einmal beschuldigt, genau das getan zu haben an einem anderen. Aber zumindest das hat der Rat mir geglaubt. Damals konnte ich es nicht."
„Du konntest auch nur, weil du gegen diese Königin angetreten bist, Vash. Sie hat das letzte von dir verlangt. Ich war dabei, schon vergessen?" Er streckte die andere Hand aus und berührte sanft ihre Wange.
Vashtu sah nun doch wieder auf. Ein dünnes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. „Ich hätte das nicht gekonnt, nicht bei dir. Aber ich hatte Angst, daß du es bemerken und mich beschuldigen könntest, ich hätte ..."
„Hast du mir damals so wenig vertraut?" Überrascht hob er die Brauen.
„Ich habe dir immer vertraut, John. Von Anfang an. Aber ..." Ihre Schultern sanken herab.
Er nickte verständnisvoll. „Und genau darum solltest du dir Hilfe suchen. Ich kann dir dabei nicht wirklich helfen, wenn ich auch nachvollziehen kann, wie es dir gegangen ist. Aber ich war nie in einer Situation wie du damals, zur Zeit der Belagerung. Ich war nie so vollständig isoliert von anderen, schon gar nicht über eine so lange Zeit."
Sie kniff die Lippen wieder zusammen, sagte nichts mehr, sondern starrte auf ihren Teller.
„Ich kann verstehen, wenn du Mackenzie nicht trauen willst. Aber, glaube mir, er ist der beste, wenn es um solche Dinge geht, wie du sie erlebt hast. Versuch es zumindest, versprich mir das." Er ließ seine Worte besonders einfühlsam klingen bei diesen Worten.
Vashtu atmete tief ein, sah dann wieder hoch. Langsam nickte sie. „Ich werde es versuchen."
John lächelte. „Gut."

***

Kaum hatte sie die Tür aufgeschlossen, da entfuhr Vashtu schon der erste kleine, entzückte Aufschrei.
John, der ihre Tasche wieder über die Schulter geschlungen getragen hatte, schüttelte amüsiert den Kopf, als sie in das Zimmer stürmte und, wie ein kleines Mädchen, zu staunen begann. „Wir haben einen Balkon!" rief sie ihm zu, während er den Schlüssel wieder abzog und die Tür hinter sich sorgsam schloß. „Und guck dir nur dieses Bett an! Und ... was für eine Einrichtung!" Vergnügt tanzte sie auf der Stelle.
John grinste.
Wieder hatte er das kleine Mädchen vor sich, wenn auch ein sehr glückliches und entspanntes kleines Mädchen. Diese Verwandlungen an ihr irritierten ihn zwar ein bißchen, aber inzwischen, so bemerkte er selbst, gewöhnte er sich daran und harrte sogar auf einen neuen Rollenwechsel. Ob er auch so war? Nein, zumindest er hatte das noch nicht realisiert.
Vashtu warf sich auf das breite Bett. Die Matratze federte leicht nach. „Klasse!"
John stellte ihre Tasche auf einem der zwei Sessel ab und drehte sich um, um das Hotelzimmer zu betrachten.
Der Raum war recht groß, und, Vashtu hatte recht, mit einem Balkon verbunden, wahrscheinlich dem gleichen, den sie schon auf den letzten Metern ihrer Herfahrt gesehen hatten. Das breite Bett wirkte wirklich sehr einladend, vor allem mit seinem jetzigen Inhalt, ein wuchtiger Kleiderschrank und eine Kommode, auf der ein Fernseher stand, vervollständigten die Einrichtung. Eine schmalere Tür führte sehr wahrscheinlich in ein Bad. Dazu dam dann noch eine kleine, gemütliche Sitzgruppe vor einem Kamin.
John schürzte die Lippen und schälte sich aus seiner Jacke, ehe er den Raum durchschritt und die besagte Tür öffnete.
Ein Bad mit hellen Kacheln lag erwartungsgemäß dahinter. Eine breite Badewanne mit eingebauter Dusche, ein Waschbecken, die Toilette und ein BD, alles da. Die Amaturen glänzten wie poliert.
„Und?"
Er drehte sich um und sah, daß Vashtu sich auf die Ellenbogen gerappelt hatte und ihn erwartungsvoll ansah. Er nickte grinsend. „Perfekt. Und hier gibt es sicher keinen Cavanough, der uns beide ärgern kann."
Ihre Stirn umwölkte sich, schmollend schob sie die Unterlippe vor. „Mistkerl!" entfuhr es ihr.
John trat an das Bett und beugte sich über sie. „Er ist nicht hier", sagte er mit bestimmter Stimme, nachdem er ihren Blick eingefangen hatte.
Sie sah ihn an. In ihren Augen leuchtete etwas, was er inzwischen mehr als gut kannte. Er beugte sich noch tiefer über sie und küßte sie. „Und fahren kannst du wirklich hervorragend."
Ein sehr zufriedenes Lächeln erschien auf ihren Lippen. Und im nächsten Moment hatte sie ihre Arme um seinen Nacken geschlungen und zog ihn zu sich hinunter.
„Vash!"
John verlor das Gleichgewicht und purzelte auf sie drauf.
Vashtu lachte, dann wurde sie wieder ernst, als sie in sein Gesicht blickte.
War diese Frau nicht einfach unglaublich? Sie war es, rief John sich immer wieder ins Gedächtnis. Sie mußte es einfach sein.
Carson hatte so recht gehabt. Die faszinierenste Frau des ganzen Universums, das war sie. Und sie hatte sich ausgerechnet für ihn entschieden. Er konnte dieses Glück kaum fassen.
Zögernd senkte er seinen Kopf und küßte sie erneut, lang und zärtlich, und ließ sanft seine Hände über ihren Körper wandern.
„Zieh die Jacke aus", murmelte er zwischen zwei weiteren Küssen.
Vashtu lächelte wieder, reckte sich ihm entgegen und drückte ihre Lippen kurz auf seine. „Ich glaube, jetzt hatte ich einen Einfall", wisperte sie ihm zu.
John richtete sich überrascht wieder auf. „Was?"
Sie mußte ihre Fremdzellen eingesetzt haben, denn ohne große Anstrengung zog sie ihn wieder zu sich hinunter.
John ließ es mit sich geschehen, was auch immer sie da tun wollte. Das ganze machte ihn allmählich neugierig.
Entschlossen rollte Vashtu sich unter ihm hervor und schlüpfte vom Bett herunter. Er wälzte sich träge herum und beobachtete, wie sie sich ihrer dicken Jacke entledigte.
„Was hälst du von Snowboards?" fragte sie schließlich, als sie wieder zum Bett zurückkehrte.
„Hä?"
Sie öffnete die Schnürsenkel und kickte ihre Schuhe von den Füßen, ehe sie wieder auf das breite Bett krabbelte, sich über ihn beugte. „Snowboard fahren", wiederholte sie sanft und zärtlich und drückte erneut ihre Lippen auf seine, während ihre Linke über das Hemd strich, das er trug.
„Snowboard klingt gut." Er sah etwas ratlos zu ihr auf, sog dann aber scharf die Luft ein.
„Gut", gurrte sie.
In diesem Moment klopfte es an der Tür.
Vashtu richtete sich sehr zufrieden grinsend wieder auf.
„Hey!" John rappelte sich entrüstet auf die Ellenbogen, während sie zur Tür ging und diese öffnete, nachdem sich der Zimmerservice gemeldet hatte. Dabei ging ihm auf, daß sie ihre Beretta im Hosenbund mit sich herumtrug. Seine Augen weiteten sich. War sie die ganze Zeit über bewaffnet?
Ein Hotelangestellter betrat den Raum, einen Servierwagen vor sich herschiebend. „Wie Sie bestellt haben, Miss. Wenn Sie bitte hier unterschreiben würden." Er hielt ihr einen Block und einen Stift hin.
John runzelte die Stirn und warf dem Wagen einen kritischen Blick zu.
Was sollte das? Was hatte sie vor?
Vashtu zeichnete die Rechnung gegen und gab sie dem Mann vom Zimmerservice wieder zurück. Dann drehte sie sich zu John um, während der andere das Zimmer wieder verließ und lächelte verschmitzt über seine Miene. „Laß dich überraschen, John Sheppard." Sie drehte den Schlüssel.
Seine Augen wurden schmal, als er sich aufsetzte. Mit scheelem Blick betrachtete er die abgedeckten Schüsseln auf dem Servierwagen. Und eines war ihm garantiert nicht entgangen: Der Sektkühler und die beiden Gläser.
„Wann hast du denn das bestellt?" fragte er.
Vashtu grinste, hob die Abdeckung von der Schüssel und nickte befriedigt. „Bevor wir losgefahren sind. Die Flasche Sekt ist vom Hotel, die habe ich nicht bestellt. Alles andere schon."
John erhob sich nun doch und trat hinter sie. Sie mit seinen Armen einfangend und sanft und liebevoll an sich drückend legte er das Kinn auf ihre Schulter und blickte in die Schüssel.
„Sogar extra geliefert. Sehr schön." Vashtus Stimme klang wie ein zufriedenes Schnurren.
„Obstsalat?" John blinzelte etwas irritiert.
„Mach die zweite Schüssel auf", gurrte sie und lehnte sich gegen ihn.
John drückte ihr einen liebevollen Kuß auf den Hals, löste seine Hand dann von ihrem Körper und beugte sich, sie leicht mitziehend, vor, um die zweite Schüssel ihres Deckels zu entledigen. Dann aber wurden seine Augen groß. Ein verschmitzte Lächeln erschien auf seinen Lippen.
„Gute Idee, Vash", flüsterte er, als er sich wieder aufrichtete.
Sie drehte sich in seinem Arm zu ihm um und reckte das Kinn. „Nicht wahr?" gurrte sie, legte ihm die Hände um den Nacken.
„Sehr gut, sogar." Er suchte ihre Lippen und küßte sie erneut, während seine Finger begannen, ihre Wirbelsäule entlangzustreichen.
Vashtu gab einen wohligen Laut von sich, drängte sich dichter an ihn und ließ seine Zunge nicht mehr aus ihrem Mund verschwinden.
Johns Hände glitten an der Waffe vorbei. Einen Moment lang wollte sich seine Erregung wieder zurückziehen, dann aber gewann doch diese unglaubliche Frau in seinen Armen. Seine Hände glitten unter ihren Pullover, streichelten ihre Hüften, glitten zu ihrer Mitte hinauf.
Vashtu schloß die Augen halb und wölbte sich unter seinen Streicheleinheiten nach hinten. Und ihre Hände glitten über seine Seiten, fanden den Hosenbund und zerrten ungeduldig an seinem Hemd, bis sie endlich ihr Ziel fanden, seine Haut.
John schluckte, seine Knie wurden weich.
Was war das nur für eine Frau, die er da in seinen Armen hielt? Wie konnte all das hier überhaupt geschehen? Er fühlte sich wie in einem Traum.
Vashtu löste sich mit entschlossenen Bewegungen von ihm, zog dann, mindestens ebenso entschlossen, ihren Pullover über den Kopf. Eine leichte Gänsehaut bildete sich sofort auf ihrem Oberkörper, obwohl der Raum eigentlich warm war, wenn man ihm auch anmerkte, daß das Hotel die Heizung erst geöffnet hatte, als dieses Zimmer vermietet war.
John knöpfte sich ungeduldig das Hemd auf, lächelte sie unter seinen Ponyfransen her an.
Vashtus Finger versanken in der zweiten Schüssel. Als sie sie wieder hob, war eine weiche, weiße Masse an ihnen.
Mit einem langen Schritt war er bei ihr, packte sanft ihren Arm. Dabei sah er sie an.
„Sahne ist sehr lecker, findest du nicht?" fragte er leise.
Sie lächelte.
John beugte sich über ihre erhobene Hand. Seine Lippen schlossen sich um die beiden Finger und er saugte die Sahne von ihnen, um sich dann wieder seinen Mund über ihren zu senken.
Vashtu gab einen wohligen Laut von sich, während er seine Zunge, mit den Resten der süßen Sahne an ihr, in ihren Mundraum schob.
Sie lernte also doch. Alles was sie gebraucht hatte, waren ein paar Tage, um sich auf dieses neue in ihrem Leben einzustellen, wurde ihm klar. Jetzt aber hatte er sie endlich da, wo er sie schon die ganze Zeit über hatte haben wollen.
Er löste seine Hand von ihrem Körper, zupfte eines der Fruchtstücke aus der ersten Schüssel und versenkte es in der Sahne, um es ihr anschließend hinzuhalten.
Gemeinsam sanken sie endlich auf das Bett, bedeckten sich mit heißen Küssen und fieberten ihrem Höhepunkt entgegen.

***

Vashtu trat entschlossenen Schrittes auf das Snowboard, sah sich dann noch einmal die Abfahrt an, die in der untergehenden Sonne dieses Tages rötlich leuchtete.
„Das war eine klasse Idee von dir", bemerkte John an ihrer Seite.
Die Antikerin nickte. Ihr Atem dampfte in der kalten Luft. Sie warf ihm einen langen, liebevollen Blick zu. „Wer zuerst unten ist ..." rief sie dann aus und holte Schwung. Gekonnt warf sie sich auf die Piste und raste den Abhang hinunter. Die Geschwindigkeit versetzte sie in einen gewissen Rausch, dem Fliegen nicht unähnlich. Und John nahe bei sich zu wissen ...
Vashtu lächelte.
Es war einfach ein herrliches Gefühl, ihn bei sich zu haben, alles gemeinsam tun zu können und ihre Gefühle zueinander wachsen zu lassen.
Sicher, sie wußte auch, es würde nicht immer ohne Reibereien unter ihnen funktionieren. Dafür waren sie sich dann doch zu ähnlich, wenn sie auch versuchte, andere Wege und Lösungen zu finden als er. Dennoch tat sie wohl oft genug genau das, was er auch tun würde, sagte vielleicht sogar das gleiche.
Carson hatte mit allem Recht, kam ihr in den Sinn, als sie schließlich abbremste. Noch ehe sie sich umdrehen konnte, fühlte sie auch schon einen anderen Körper, der gegen ihren prallte. Der Halt auf dem Board war alles andere als sicher, so daß sie beide lachend in den Schnee plumpsten. John rappelte sich wieder auf, blickte spitzbübisch zu ihr hinunter. Dann beugte er sich plötzlich vor und stibizte ihr einen Kuß von den Lippen.
„Die faszinierendste Frau des ganzen Universums! Ich bin ein riesiger Glückspilz, Vash", flüsterte er ihr zu.
Und sie lächelte nur.

***

„Was muß man eigentlich tun, damit ihr zwei euch nicht in den Haaren liegt, mh?" Carson Beckett umarmte sie kameradschaftlich, hielt sie dann von sich und sah sie fest an. „Mach dir nicht so viele Sorgen, Vashtu, hörst du? Das wird sich schon wieder einrenken."
Sie sah ihn mit traurigem Augen an, dann nickte sie. „Danke, Carson. Du hast schon so viel geholfen. Ich wüßte nicht, wie ich dir das je danken soll."
Der Schotte lächelte versonnen. „Sagen wir, mein Dienst als Liebesbote für euch beide bringt auch mir eine gewisse Befriedigung. Das reicht mir."
Sie nickte bitter. „Und du bist weiter einsam. Es tut mir leid für dich."
„Mach dir darum keine Sorgen, Vashtu." Beckett machte kurz Babbis Platz, der den Jumper besteigen wollte mit düsterer Miene.
„Es tut mir leid, daß ich in dir nur einen Freund sehen kann. Aber wahrscheinlich den besten Freund, den ich je hatte, falls dich das tröstet."
„Na, das ist doch schon einmal etwas." Beckett drückte sie wieder kurz an sich, dann trat er zurück. „Und jetzt solltest du sehen, daß du über die GateBrigde kommst, ehe Landry noch ein Rettungskommando ausschickt, um dich wieder zurückzuholen. Die Pegasus-Galaxie scheint ihm für dich zu gefährlich."
Vashtu senkte den Kopf. „Ja, ich weiß. Auch wenn ..." Sie stockte und seufzte schwer.
„Laß dich nicht unterkriegen und vertrau mir. Einen letzten Dienst werde ich euch beiden noch erweisen, Vash, und wenn es das letzte ist, was ich je tun werde", sagte der Schotte mit entschlossener Miene. „Euch beide zusammenzubringen war bisher schon eine harte Arbeit für einen Aushilfsarmor wie mich. Euch die Köpfe ein wenig zurechtzurücken erscheint mir da noch die wesentlich leichtere Übung."
„Du bist auch gegen die Air Force, Carson", warf Vashtu mit einem traurigen Lächeln ein.
Beckett zuckte mit den Schultern. „Einen letzten Dienst für zwei dickköpfige Liebende." Er hob einen Finger. „Was deinen Militäreintritt angeht, so halte ich mich da heraus. Du kennst meine Meinung, aber ich bin gern bereit, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. Also streng dich an, Major Vashtu Uruhk."
„Das werde ich tun, Carson." Wieder sandte sie ihm ein trauriges Lächeln.
„Was deine Beziehung zu John Sheppard angeht ... nun, ich denke, ihr beide seid erwachsen genug, um das letztendlich unter euch zu klären. Und genau darum sage ich, ich werde euch beiden noch einen letzten Dienst erweisen. Wenn der scheitert ... kann auch ich nichts mehr tun und nur hoffen, daß ihr doch wieder zusammenfindet." Er trat noch einen Schritt zurück. „Und jetzt ab mit dir, baldiger Major. Du hast dein Team gerettet, das ist doch etwas."
Vashtu nickte, bestieg jetzt wirklich die Rampe. Dann drehte sie sich noch ein letztes Mal um und sah sich in der Jumperbase von Atlantis um, während die Heckklappe sich schloß.

***

Vashtu seufzte, lehnte sich gegen die Tür und wartete ein wenig mißmutig. Dabei blickte sie den Gang hinauf und hinab, bis ihre Augen an einem gerahmten Plakat kleben blieben. Interessiert trat sie näher und las es sich aufmerksam durch, um schließlich breit zu grinsen.
Da war ihr doch glatt gerade noch ein Einfall gekommen ...

***

„Was hälst du von Wellness?"
John blinzelte. Er war schon fast eingeschlafen. Der Tag war lang und, zugegebenermaßen, auch ein wenig anstrengend gewesen. Wenn auch nicht wie in der Pegasus-Galaxie oder die letzten Tage in ihrer Wohnung. Er schätzte, allein die Herfahrt und dann der späte Nachmittag auf der Piste an der frischen Luft ließen ihn ein wenig schläfrig werden.
„Von was?" Er bewegte leicht den Kopf. Ihr strubbeliges Haar kitzelte an seiner Kehle.
„Wellness. Was hälst du von Wellness?" wiederholte Vashtu sanft, hob jetzt den Kopf und drehte sich leicht, um ihm in die Augen zu sehen.
John blinzelte. „Mit dir?" fragte er schließlich.
Vashtu grinste. „Denkst du, ich lasse dich auch nur fünf Minuten allein, John Sheppard? Damit die nächste Frau dir den Kopf verdrehen kann?"
Er schürzte die Lippen, begann dann aber zu lächeln. „Warum eigentlich nicht?" sagte er dann. „Wann?"
Sie löste sich aus seinen Armen, beugte sich über ihn und griff nach dem Telefon, das auf einem der beiden kleinen Nachttische stand. „Morgen? Das Wetter soll sowieso nicht besonders werden."
John streckte sich. „Warum nicht." Seine Hand kam auf ihrem Becken zu liegen, strich sacht über die weiche Haut.
Vashtu drückte eine Taste und wartete dann, bis sich offensichtlich jemand am anderen Ende der Leitung meldete. Dann bestellte sie, für den morgigen Tag, was sie wollte, legte schließlich wieder auf.
Johns Hand streichelte sie leise weiter und er beobachtete sie in dem wenigen Licht, das durch die Fenster hereindrang. Schneelicht, so hatte er das auf MacMurdo immer genannt. Die Nacht schien nicht ganz so dunkel in seinen Augen, wenn Schnee und Eis zu leuchten schienen. Und auch ihre Silhouette leuchtete, ging ihm auf. Zumindest erschien es ihm so.
Die Formen ihres Gesichtes, ihres strubbeligen Haares, alles schien scharf umrissen von etwas, was ihm erst jetzt auffiel. Und als er seine Hand kurz hob, war es hier das gleiche.
„Schneelicht ..." murmelte er.
Vashtu richtete sich wieder auf, beugte sich über ihn. „Was?" fragte sie. Das Weiß ihrer Augen schimmerte leicht.
John lächelte. „So habe ich das auf MacMurdo genannt, wenn die Nacht nicht wirklich finster werden wollte. Schneelicht."
Sie nickte verstehend, kroch zu ihm hoch und küßte ihn sanft. „Manchmal hast du wirklich sehr interessante Einfälle, John", wisperte sie ihm zu.
„Manchmal?" Ein verschmitztes jungenhaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
Sie schien dieses Lächeln zu erwidern. Dadurch, daß sie ihn jetzt ansah, lagen ihre Züge vollkommen im Dunkeln. „Für mich immer", wisperte sie sanft, küßte ihn wieder.

***

John lehnte sich entspannt gegen die Wand zurück und schloß die Augen.
Dieser Urlaub war einfach ... unvorstellbar! Nie hätte er es sich träumen lassen, daß sie beide zusammen so viel Spaß haben konnten. Und jetzt bedauerte er fast, wie schnell es vorbei ging.
So gern würde er sie mit sich nehmen. Für ihn gehörte Vashtu zu Atlantis, mochten die Bestimmenden noch so sehr dagegen wettern. Dort lag ihre Heimat, dort war sie zu Hause. Was sie sich auf der Erde aufgebaut hatte, spielte zwar eine Rolle, doch er glaubte nicht so wirklich daran, daß man sie würde halten können, wenn sie die Wahl hätte.
Die Antikerin lehnte sich an seinen Arm und atmete tief ein. „Sauna ist was feines", murmelte sie.
„Stimmt." John hob den Arm und legte ihn ihr um die Schultern.
Die Zeit im Sporthotel in den Rocky Mountains verflog unglaublich schnell.
Wie konnte nur irgendjemand denken, ihre Beziehung könne irgendetwas zerstören? Bis jetzt kam sie ihm mehr als nur fruchtbar vor, mußte er sich eingestehen. Wenn vielleicht auch nicht alles, wie immer, regelgerecht vor sich ging - wie mit den Hundemarken, die sie nun ja beide zu tragen hatten.
Irgendwie hatte Vashtu am Morgen einen Weg gefunden, die groben Ketten zu öffnen. Auch wenn es nicht erlaubt war, hatten sie je eines der beiden Metallschildchen getauscht, daß jetzt ihrer beider Namen an jeder Kette hing.
John war sich nicht so ganz sicher, was er von diesem Spaß halten sollte, auf der anderen Seite war er nur zu gern darauf eingestiegen.
Die Tür öffnete sich, ein anderes Paar kam in die Sauna, setzte sich zu ihnen.
John drückte Vashtu zärtlich an sich. „Es war ein selten guter Gedanke, vor deinem nervenden Nachbarn hierher zu fliehen", wisperte er ihr zu. „Hätte von mir stammen können."
Sie lächelte zufrieden und glücklich. Ihre Hand lag entspannt auf seinem flachen Bauch.
So sollte es sein, fand er, so sollte es immer sein. Doch er war sich auch allzu bewußt, daß es nicht so bleiben konnte.
Konnte eine Beziehung so auf Dauer halten?
Bei jedem anderen Paar hätte er das weit von sich gewiesen. Bei ihnen beiden allerdings ...
Ihm war wirklich nicht entgangen, wie ähnlich sie sich tatsächlich waren. Es war mehr als nur dieser perfekte Gleichklang während ihrer Liebesspiele. Früher hatte er nie darauf geachtet, inzwischen aber tat er es ab und an. Gut, Vashtu dachte nicht in allem gleich wie er, aber zumindest die Richtung stimmte meist auf beinahe unheimliche Weise überein. Wenn zwei aber zueinander fanden, sie sich so ähnlich waren wie sie, konnte eine Wochenbeziehung vielleicht die Lösung für die sonst unvermeidlichen Reibereien sein.
Wer konnte das sagen?
Beckett hatte es ihm gesagt. Carson hatte mehr als einmal auf ihn eingeredet, vor allem, nachdem er sich wirklich hatte von Vashtu trennen wollen, wenn sie nicht von ihrem Vorhaben mit der Air Force abrückte. Beckett hatte ihm gründlich den Kopf gewaschen - und inzwischen mußte er dem Mediziner auch recht geben.
Das andere Paar sah etwas mißtrauisch zu ihnen hinüber.
Ein breites Grinsen stahl sich auf Johns Gesicht. Er tippte Vashtu mit einem Finger an und wartete, bis sie zu ihm hochsah, ehe er ihr zuzischte: „Wollen wir den beiden mal ... ?"
Die Antikerin grinste und beugte sich, ihm ihre Arme um den Hals legend, zu ihm vor, um ihn in einen leidenschaftlichen Kuß zu ziehen.
Das Paar starrte sie an, zwei Augenpaare wurden noch größer, als John begann, Vashtus Hinterteil zu befühlen und ihre Hand zu seinen Lenden glitt. Aufgeregt zischend und flüsternd erhoben die anderen sich und verließen so schnell wie möglich die Sauna wieder.
Vashtu drehte den Kopf und sah ihnen sinnend nach.
„Machen wir so weiter, landen wir tatsächlich noch hinter Gittern", bemerkte John grinsend.
„Und wenn schon. Dann ziehe ich die Gitter auseinander und wir können fliehen."

***

Nach Massagen und einem, beinahe unangenehm kalten Bad saßen sie beide jetzt, wieder eng umschlungen, wie es Vashtu nach immer sein sollte, in einem großen Whirlpool. Johns Hand streichelte sanft ihren Arm, während sie ihren Kopf wieder auf seine Brust gesenkt hatte und das blubbernde Wasser sanft betrachtete.
Ein wunderschöner Tag, so wunderschön, das sie es kaum glauben konnte, das sie das bisher nicht ausprobiert hatte. Allerdings, und da kamen ihr ehrliche Zweifel, war sie sich nicht sicher, ob sie allein ebenso empfunden hätte. Mit John zusammen ließ sie sich eine Menge gefallen, an seiner Seite wurde sie ruhiger - wie auch er ruhiger zu sein schien. Zumindest ruhiger, als sie ihn während ihres Auftauchens in Atlantis erlebt hatte.
„Gefällt es dir?" Sie hob leicht den Kopf und sah ihn von unten herauf an.
John hatte eine nachdenkliche Miene aufgesetzt. Jetzt blinzelte er und blickte sie an. „Was?"
Vashtu richtete sich auf, hielt seine Augen gefangen und runzelte die Stirn. „Was ist los mit dir?" fragte sie.
John atmete tief ein, schüttelte dann den Kopf. „Das war eine ausgezeichnete Idee, Vash", sagte er als wolle er ihr auf ihre eigentliche Frage antworten. Allerdings wagte sie zu behaupten, daß das nur ein Schuß ins Blaue von ihm war.
„Was ist los?" fragte sie, rückte langsam wieder näher.
Johns Stirn runzelte sich jetzt ebenfalls. Der Blick aus seinen Augen glitt wieder ab, die Lippen kniff er nachdenklich zusammen. „Nichts", wagte er schließlich zu antworten.
Vashtu legte ihm einen Arm um die Schultern und suchte wieder seinen Blick. „Das kannst du mir doch nicht erzählen, John. Allmählich kenne ich dich gut genug. Du ..." Sie schloß den Mund. Sie wollte jetzt nicht aussprechen, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
„Laß gut sein, ja?" Ein sehr zerknirschtes Lächeln erschien auf seinen Lippen.
„Du denkst an Carson", behauptete sie schließlich, nachdem sie noch etwas gezögert hatte.
Er atmete einige Male tief ein, dann nickte er schließlich. „An seinen Todestag", antwortete er leise. „Wir hatten zusammen gefrühstückt."
Vashtu schluckte, drängte sich wieder an ihn. Doch sie spürte, diese Erinnerung mußte er allein durchleben.

***

„Guten Morgen, Colonel. Darf ich mich dazu setzen?"
John blickte von seinem Frühstück auf und nickte überrascht.
Carson Beckett ließ sich ihm gegenüber am Tisch nieder, ein Tablett vor sich abstellend, auf dem sich allerlei Nahrungsmittel befanden.
John runzelte die Stirn und griff nach seiner Kaffeetasse.
„Wie ich hörte, wollen Sie Ihren Urlaub nun doch auf der Erde verbringen?" wandte Beckett sich vollkommen unvermutet an ihn.
John verschluckte sich fast, stellte die Tasse wieder ab. „Äh, ja, hatte ich vor. Warum auch nicht? Das Command besteht ja darauf, daß wir einen Teil unseres Jahresurlaubes auf der Erde verbringen."
Beckett nickte, wandte sich seinem Joghurt zu. „Und was haben Sie vor?"
„Woher soll ich das wissen? Keine Ahnung, dies und das erledigen. Vielleicht ein bißchen Bergsteigen. Wäre mal was interessantes." John musterte den Arzt mit einem scharfen Blick. „Oder sollte ich etwas tun, von dem ich nichts weiß?"
Beckett nickte. „Vashtu", sagte er nur, mümmelte weiter von seinem Joghurt.
Johns Brauen schoben sich unwillig zusammen. „Über dieses Thema haben wir schon einmal geredet. Meine Meinung dazu hat sich nicht geändert."
Der Schotte sah auf, zuckte dann mit den Schultern. „Ich kann mich da noch an ein Gespräch zwischen uns beiden erinnern, John", erklärte er, scheinbar unvermittelt das Thema wechselnd. „Damals sagte ich, glaube ich, etwas davon, daß Sie ihr besser niemals wehtun sollten, sonst würden Sie mich als Freund verlieren. Nun, wenn es so weitergeht mit Ihrer beider Dickschädel, verlieren Sie auch beide - und nicht nur mich."
John versuchte, seinen Gegenüber niederzustarren.
Warum begriff der Arzt das denn nur nicht? Warum konnte niemand verstehen, daß er es einfach nicht erleben wollte, wie Vashtu sich in irgendeiner hirnrissigen Mission selbst richtete? Er würde es nicht ertragen können, die Nachricht von ihrem Tod zu erhalten. Umso schlimmer wäre es, wenn auch noch das Militär sich dazwischenschalten würde.
„Ich denke, Vashtu hat sich das ganze gut überlegt, John. Sie wollte Sie an ihrer Entscheidung teilhaben lassen, sie hätte Sie auch vor vollendete Tatsachen stellen können", fuhr Beckett mit ruhiger Stimme fort. „Wir haben bereits darüber geredet, und wir werden es wohl, denke ich, noch des öfteren tun, bis Sie endlich verstehen, daß sie beide füreinander geschaffen worden sind. Ich glaube nicht, daß es ein Zufall war, daß Vashtu sich ausgerechnet Ihnen offenbarte damals. Und ich glaube auch nicht, daß Kolya so falsch mit ihrer Geiselnahme gelegen hat. Was da zwischen ihnen beiden vor sich geht ist stärker als alles, was ich bisher in meinem Leben erlebt oder gesehen habe."
„Dann sollte sie allmählich zur Vernunft kommen!" John beugte sich wieder vor. „Wissen Sie, warum Sie in die Air Force eintreten will? Aus Schuldgefühlen ihrem toten Volk gegenüber! Aus keinem anderen Grund als diesem. Als sie in Antarktica gewesen ist, hat sie etwas entdeckt, darüber aber Stillschweigen bewahrt. Und genau das ist der Grund, aus dem sie jetzt zur Army will. Und aus genau diesem Grund fürchtet sie auch den Kontrollstuhl."
„Dann sollten Sie Verständnis zeigen", entgegnete Beckett.
„Das habe ich ja versucht!" John sah sich um, doch noch waren sie beide die einzigen Gäste der Cafeteria, sie konnten also keine Aufmerksamkeit erregen.
„Und was ist mit Ihnen und dem Erwachen der Wraith? Haben Sie da nicht auch Schuldgefühle?" bohrte Beckett unbarmherzig weiter.
John wich zurück. „Das ist etwas anderes."
„Ist es nicht. Und wenn sie ehrlich sind, begreifen Sie das auch." Nun war es der Mediziner, der sich vorbeugte. „Ich sage Ihnen jetzt etwas als Freund, John, und als Bote zwischen Ihnen und Vashtu über eine sehr lange Zeit: Denken Sie einmal richtig nach und handeln Sie dann! Ich biete Ihnen gern meine Hilfe an, aber dieses Angebot ist nur noch einmalig. Und wenn ich sie beide zusammen in einen fensterlosen Raum sperren und den Schlüssel in den Ozean werfen muß, sie beide werden sich wieder vertragen! Wenn es je ein Paar gegeben hat, das so zusammenpaßte wie Sie und Vashtu, dann wird dieses diese Chance sicher nicht so einfach fortgeworfen haben wie Sie es jetzt wollen! Sie beide haben von Anfang an zusammengehört, und daran werden Sie auch nie etwas ändern können, ob Sie nun wollen oder nicht."
Still vor sich hinbrütend lehnte John sich wieder zurück, die Arme vor der Brust gekreuzt.
„Wissen Sie denn überhaupt, was Sie sich da entgehen lassen wollen?" fuhr Beckett fort. „Haben Sie auch nur die blaßeste Ahnung von einer Beziehung, wie Sie sie jetzt haben könnten? Warum wollen Sie das so einfach wegwerfen aus falsch verstandenem Stolz?"
„Ich kann es nicht ertragen." Dieser Satz war ihm einfach entschlüpft, er hatte ihn nicht aussprechen wollen.
„Was? Sie in einer Uniform zu sehen? Vashtu selbst wird schon dafür sorgen, daß sie sie nicht allzu oft zu tragen braucht, glauben Sie mir. Wie oft tragen Sie denn Ihre?"
John atmete tief ein. „Sie wird sich für die Erde verheizen lassen."
„Wird sie nicht. Sie hat selbst den Hoffaner-Stamm überlebt - dank Ihnen. Sie wird das auch überleben."
John starrte ins Leere.
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, konnte er sich nicht mehr vorstellen, wie ein Leben ohne die Antikerin aussehen sollte. Selbst wenn sie nicht allzu oft aufeinandertrafen, sie war da, irgendwo im hintersten Winkel seiner Gedanken. Seit er Vashtu getroffen hatte, damals in den unteren Ebenen von Atlantis, war sein Leben auf den Kopf gestellt worden, selbst wenn sie nicht bei ihm war. Irgendwo lauerte immer der Gedanke an sie, selbst bei den harmlosesten Dingen. Und seit der Sache mit Kolya ...
John biß sich auf die Lippen.
Er wollte nicht mehr daran denken. Der Genii hatte bezahlt für das, was er ihnen beiden angetan hatte. Es spielte keine Rolle mehr.
Aber das tat es doch, wenn er daran dachte, was Vashtu ihm erzählt hatte. Sie mochte es herunterspielt haben, aber er kannte sie gut genug, um die Wahrheit in ihren Augen lesen zu können - noch so eine merkwürdige Sache zwischen ihnen beiden. Er hatte sie genau beobachtet, als er ihr vom Tod des Genii erzählt hatte, und er hatte den Haß und die blanke Wut in ihren Augen deutlich lesen können. Erst einmal vorher hatte er etwas ähnliches in ihrem Gesicht gesehen, und da waren sie beide auf der Flucht vor einer Wraith-Königin durch ein Basis-Schiff gehetzt und die Antikerin hatte Sprengladungen in den Wänden installiert.
Er wußte, was sie hatten mitansehen müssen war nur die Spitze eines Eisbergs, an dem auch er lange zu knabbern gehabt hatte, oft genug immer noch in ihm arbeitete. Aber wie mochte es einer Frau gehen, die vor zehntausend Jahren von ihrem eigenen Volk verraten, weggesperrt und vergessen wurde, die niemals eine echte Chance erhalten hatte und jetzt, in dieser Zeit, auf ein Leben hoffte? Was mochte in einer nahezu Unsterblichen vor sich gehen, die plötzlich hilflos miterleben mußte, wie sie langsam und qualvoll starb?
Vashtu hatte es ihm gegenüber heruntergespielt, aber das hatte auch er getan, eine viel zu lange Zeit sogar. Aber man merkte trotzdem noch immer, daß es in ihr arbeitete.
„Werfen Sie diese Chance nicht weg, John. Lassen Sie sie tun, was sie will."
John riß sich aus seinen Gedanken, blickte wieder auf. „Wie könnte es denn überhaupt klappen zwischen uns - Vashtu auf der Erde, ich hier in Atlantis. Eine Woche im Monat, vielleicht meine Heimaturlaube. Das kann auf Dauer nicht funktionieren."
„Vielleicht aber ist gerade das der Punkt, auf dem Sie eine Beziehung aufbauen könnten, John. Sie beide sind sich zu ähnlich, um eine längere Zeit zusammenleben zu können. Aber wenn Sie Abstand zueinander halten, gelingt es vielleicht und wird Sie beide ausfüllen." Beckett lächelte wieder versonnen. „Denken Sie zumindest darüber nach."
Johns Blick glitt wieder ab. Stirnrunzelnd dachte er nach.
Als eine gewisse Betriebssamkeit auf der anderen Seite des Tisches ausbrach, sah er stirnrunzelnd auf. „Wollen Sie schon gehen?" fragte er irritiert.
Beckett hatte sein Tablett genommen und wollte sich offensichtlich gerade umdrehen. Jetzt sah er auf ihn hinunter. „Die Pflicht ruft", antwortete er. „Da ist etwas merkwürdiges aufgetaucht. Wir kommen mit den Proben nicht so recht weiter."
„Ich habe davon gehört. Tut mir leid für ..." John brach ab, als Beckett den Kopf schüttelte.
„Lassen Sie es mal gut sein. Heute ist Sonntag. Ich will nur kurz nach den Patienten sehen. Dann hatte ich mich zum Angeln mit Rodney verabredet." Damit ging er.

***

„Sag mal, woher kennst du eigentlich Faustus?" John starrte in die Flammen des Kaminfeuers, fühlte sich wieder eigenartig müde, aber auch vollkommen entspannt. Wellness schien zum Teil wohl auch ... nun ja, sie hatten beide keine große Lust mehr gehabt, sich irgendwie zu betätigen, nachdem sie aus dem Wellnessbereich des Hotels gekommen waren. Statt dessen hatten sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen und den Kamin angezündet.
„Sagte ich doch: Als ich mit Dr. Jackson in Antarktica war, flog Faustus uns von MacMurdo rüber zu der Forschungsanlage."
John nickte versonnen.
„Und er sagte, wenn du mir wehtust, brauchst du ihm gar nicht mehr unter die Augen zu treten." Jetzt hob die Antikerin doch den Kopf und blinzelte ihn spitzbübisch an. „Und auch, daß deine verlorene Wette noch nicht vergessen ist."
John stöhnte unwillig auf. „Dieser Kerl vergißt aber auch nie etwas!" Er schüttelte den Kopf, seufzte dann. „Du warst also, während deines Besuchs in Antarktica, auch in MacMurdo. Wie geht's den faulen Hunden?"
„Wir saßen einige Tage in einem Schneesturm fest. Da bin ich in Kontakt mit ihnen gekommen", erklärte Vashtu. „Für dich ist übrigens ein Captain Higgins nach MacMurdo gekommen. Aber die anderen ... waren klasse! Ich hätte es mir nicht so vorgestellt. Nach allem, was ich wußte, ist MacMurdo doch der letzte Posten vor dem Rauswurf."
John gluckste und erwiderte ihren fragenden Blick. „Was soviel bedeutet wie: Die Piloten auf MacMurdo sind alle nicht sonderlich regelkonform für die Air Force", sagte er.
Vashtu blinzelte. „Oh!" Sie sah nachdenklich aus. „Also könnte ich irgendwann auch auf MacMurdo landen - und davor fürchtest du dich."
John seufzte. „Ich fürchte eher, daß du ... dich in eine F-302 setzt und ein Himmelfahrtskommando durchziehen willst", entgegnete er. „Wenn die Zeiten für die Erde anders wären, würdest du wahrscheinlich in Rekordzeit auf MacMurdo landen. Aber so? Man wird dir ein bißchen mehr ... äh, zugestehen als normal, denke ich, und auf die alles entscheidende Schlacht warten. Denk an Mitchell."
Ihre Brauen zogen sich zusammen.
„Ich weiß, daß du ihn nicht magst." Wieder seufzte er, sah sie eindringlich an. „Aber in der Schlacht gegen Anubis hat er mitgekämpft und hätte beinahe sein Leben verloren. Und genau davor habe ich bei dir Angst. Du würdest es eiskalt durchziehen, Vash, und du weißt das auch selbst. Ich habe dich schon in Aktion erlebt, vergiß das nicht."
„Ich werde vorsichtig sein", versprach sie ihm.
John hatte da seine ehrlichen Zweifel, doch er sagte dazu nichts mehr, sondern blickte wieder ins Feuer. „Und was habt ihr während des Schneesturms so getrieben, du und die Jungs?"
„Jede Menge im Simulator gesessen und Gefechte geflogen. Die wußten nicht, was man in einer F-16 so anstellen kann - ich habe es ihnen gezeigt."
Jetzt lachte John leise. „Kann ich mir vorstellen", gluckste er, zog sie wieder an sich. „Den Trick mit dem Jumper mußt du mir unbedingt noch verraten. Den habe ich immer noch nicht heraus."
„Beschleunigen, beschleunigen, beschleunigen. Jumper sind schneller als ihr alle denkt", erkärte sie. „Und dann ziemlich schnell abschalten und die Richtung ändern. Ist zwar nicht sonderlich angenehm für die Beteiligten, aber ..."
„Effektiv. Der Stunt ist unvergessen, Vash! Einige Techniker erzählen immer noch, wie die Nummer 13 rückwärts durch das Tor kam."
Er fühlte, wie sie jetzt ihrerseits ein Kichern unterdrückte, während ihr Kopf wieder auf seiner Brust lag.
„Kannst du eigentlich auch Hive-Schiffe fliegen?"
Vashtu atmete tief ein, nickte dann. „Ja, aber besonders mag ich die nicht. Das merkten diese Kisten auch schnell."
John schüttelte verständnislos den Kopf und seufzte.
Was hatte dieses Mädchen eigentlich noch nicht geflogen? Irgendwie fühlte er sich ... naja, er fragte sich ehrlich, wer von ihnen beiden die größere Begabung hatte.
„Am Wochenende waren wir skifahren", sagte Vashtu unvermittelt.
„Was?"
„Die Jungs von MacMurdo und ich, als ich auf Antarktica war. Der General hatte uns einen Apache gegeben und wir sind losgezogen. Hat Spaß gemacht. Ich hoffe nur, die Bewaffnung wurde nicht komplett durchgezählt. Ich bin ... äh, einmal kurz an den Schalter gekommen."
John atmete tief ein. „Du bist was?" Er schmunzelte. Daß sie aus Versehen an einen Schalter gekommen war, glaubte er ihr nicht eine Sekunde. Aber gut, vielleicht war es wirklich nicht weiter aufgefallen.
„Was macht ein Apache in MacMurdo?" Er stutzte. „Das Klima ist doch viel zu kalt."
„Der kam mit einem Geheimauftrag für Mitchell und stand dann nur in den Hangars herum. Wir hatten dem General in den Ohren gelegen, bis er ihn uns für den Trip gegeben hat."
„Ist Quint inzwischen der Leiter?"
Sie nickte. „Der kennt dich auch noch sehr gut. Er vermißt eure Schachspiele." Vashtu kicherte.
John fiel ein. „Laß mich raten. Aus lauter Mitleid hast du mit ihm gespielt und ihn ziemlich ratlos zurückgelassen."
„So ungefähr. Faustus und er waren sich einig, daß es ... etwas gruselig wäre, mir gegenüberstehen."
John drückte sie liebevoll an sich.
Naja, zumindest jemand, der seine Fahne in der alten Heimat hochhielt und ihn unvergessen machte. Vashtu war einfach unmöglich! Er konnte sich wirklich das Gesicht seines alten Vorgesetzten vorstellen, nachdem er eine Partie mit ihr gewagt hatte. Wahrscheinlich hatte sie seine Figuren ebenso über das Schachbrett gejagt wie er zu seiner Zeit.
„Also, nach MacMurdo würde ich schon mal gern wieder", bemerkte Vashtu plötzlich. „Da könnte ich mir, wenigstens eine zeitweilige Versetzung, zumindest sogar vorstellen. Die Jungs da sind alle cool!"
John gluckste wieder. „Sind sie auch. Aber du würdest dich wahrscheinlich sehr schnell dort langweilen. Rate mal, warum Quint so ... ruhig ist? Der hat genug mit den üblen Scherzen zu tun, die man ihm ständig spielt." Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er an seine kurze Zeit in der eisigen Kälte der Antarktis dachte. „So wie den Wissenschaftlern, wenn neue kommen."
„Das habe ich bemerkt. Aber so leicht lasse ich mich nicht hochnehmen."
„Nein, du hast es ihnen, wie ich, wahrscheinlich mit gleicher Münze heimgezahlt, was?" Er senkte den Kopf und suchte ihren Blick.
„Ach daher!" Sie kicherte und reckte den Hals.
„Was daher?" Er küßte sie kurz.
„Darum brauchte ich gar nichts zu sagen oder anderes zu tun. Als wir ankamen, hatte jemand mein Quartier in eine Eishöhle verwandelt und die Heizung heruntergedreht. Ich verzog mich und baute ein Iglu."
„Okay, der wäre selbst mir nicht eingefallen!" Kopfschüttelnd sah er ihr in die Augen.
Vashtu runzelte die Stirn. „Wieso? Die anderen meinten, du hättest etwas ähnliches getan, wenn du da gewesen wärst."
„Etwas ähnliches, aber nicht das gleiche!" Er stibizte sich einen Kuß von ihren Lippen. „Du bist unglaublich!"
„Dann habe ich die Türen mit Sekundenkleber verstopft", fuhr sie andächtig fort.
„DEN habe ich auch durchgezogen."
„Weiß ich seitdem." Sie grinste breit.
John wurde wieder nachdenklich. „Was hast du ihnen von mir erzählt?" fragte er.
Vashtu blinzelte. „Daß du jetzt einen verantwortungsvollen Posten hast, mehr nicht."
Er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. „Und das hast du Faustus gesagt? Der hat dir doch kein Wort geglaubt."
„Er meinte, wenn man dir genug Freiheiten lassen würde, würde es vielleicht gut gehen."
Er öffnete die Augen wieder und sah sie nachdenklich an. „Grüß sie von mir, wenn du noch einmal nach Antarktica ..."
Unwillkürlich spannte sich ihr Gesicht an.
John seufzte ergeben. „Falls du noch einmal einen irgendwie gearteten Kontakt zu ihnen kriegen solltest", sagte er.
Sie nickte, ließ ihren Kopf wieder an seine Brust sinken. Ihre Hand strich über seinen Körper, doch ohne jedes Verlangen, einfach eine liebevolle Geste.
John biß sich auf die Lippen.
Da hatte er wirklich noch Schwerstarbeit vor sich, wenn sie es nicht endlich selbst einsah.

***

„Hey, guck dir das mal an!" Vashtu war vor einem kleinen Souvenierladen stehen geblieben und blinzelte in das Schaufenster. „Was sind das denn für Dinger?"
John, der schon einige Schritte weitergegangen war, kehrte jetzt um und drückte sich ebenfalls die Nase am Schaufenster platt. „Kuckucksuhren", kommentierte er und erntete einen scheelen Blick. „Alle Stunde springt da ein kleines Vögelchen heraus und gibt mechanisch Laut. Wenn du deinem nervenden Nachbarn ..." Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht und er blickte zu ihr hinunter.
Vashtu sah ihn einen Moment lang an, dann erwiderte sie sein Grinsen und nickte. „Laß uns reingehen", schlug sie vor.
„Ich wollte sowieso noch ein paar Souveniers mitbringen, wenn ich wieder zurück muß", sagte John. „Sieht aus, als hätte ich zumindest das erste Mitbringsel gefunden."
Vashtu drückte sich an ihm vorbei und öffnete die Tür.
Im Laden war es dämmrig und eng. Die Regale waren mit allem möglichen vollgestellt, zum größten Teil mit unsinnigen Dingen wie kleinen Mickey-Mouse-Figuren auf Skiern oder merkwürdigen zotteligen Plüschtieren, die einen Bigfoot darstellen sollten.
Vashtu hielt direkt auf den kleinen Abschnitt Wand zu, an dem die Kuckucksuhren hingen. „Welche meinst du?" fragte sie, sich halb umdrehend.
John betrachtete die Auswahl sinnend. „Nach Möglichkeit eine, die nur anschlägt, wenn Rodney schlafen will." Er grinste breit.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?" Eine junge Frau war hinter den Tresen an der, dem Schaufenster am entferntesten gelegenen Wand.
„Wir suchen einige Mitbringsel für ... äh, Bekannte?" Vashtu blickte wieder zu John hoch. Der nickte, wies dann auf die Kuckucksuhren.
„Eine von denen wäre nicht schlecht. Eine besonders große mit einem besonders lauten Kuckuck."
In diesem Moment öffneten drei der Uhren eine kleine Klappe und winzige Vögel auf Schienen kamen heraus.
Vashtus Augen wurden groß. Sie konzentrierte sich auf eine der Uhren, die irgendwie ... besonders kitschig auf sie wirkte.
Das Uhrwerk schlug leise an. Der Vogel schien sich vorzubeugen und öffnete dabei seinen Schnabel.
„Kuckuck!"
Sie begann zu lachen. „Süß!"
Die junge Angestellte kam dienstbefließen um den Tresen herum und stellte sich bei ihnen auf. „Wir haben hier original Schwarzwälder-Kuckucksuhren. Die sind allerdings um einiges teurer als die taiwanesischen."
Vashtu und John tauschten einen Blick. „Eine Schwarzwälder!" entschieden sie dann einhellig nickend.
Die Angestellte lächelte und wies auf das Modell, das die Antikerin gerade genau betrachtet hatte. „Diese?"
„Klar!" Wieder ein einhelliges Nicken.
Dann richtete John sich auf. „Was haben Sie denn noch so?" Er sah sich aufmerksam um, ob nicht doch noch das eine oder andere interessante zu finden war. Dabei blieb sein Blick an einem Ständer mit Mützen hängen.
Die Angestellte verschwand wieder hinter dem Tresen und ließ ihre beiden Kunden im Verkaufsraum allein zurück, um eine verpackte Uhr zu holen.
Vashtu wandte ihre Aufmerksamkeit jetzt auch den anderen Dingen hier zu. „Suchst du für noch jemandem etwas?" erkundigte sie sich, beugte sich über einen, in eine durchsichtige Masse eingebetteten Stein.
„Für Elizabeth, Teyla und vielleicht Ronon. Eventuell noch Radek. Gefällt dir hier etwas?" John war nachdenklich näher an den Mützenständer herangetreten.
„Ziemlich kitschig, die Auswahl hier." Vashtu sah sich wieder um.
„Andenkenläden." John zuckte mit den Schultern und hob eine Baseballkappe von dem Ständer, betrachtete sie aufmerksam von allen Seiten. „Wäre vielleicht was für Radek. Was meinst du?"
Vashtu trat näher, nahm ihm die Mütze ab und sah sie sich jetzt ebenfalls an. „Irgendwie kann ich ihn mir nicht mit einer Mütze vorstellen", wandte sie schließlich ein.
Im nächsten Moment wurde etwas auf ihren Kopf gedrückt. Entgeistert sah sie auf und fand John, der sie breit grinsend betrachtete. Vashtu hob die Brauen, schielte zu dem breiten Schirm hoch und schürzte die Lippen.
„Sieht interessant aus an dir." John beugte sich vor und sah ihr ins Gesicht.
Vashtu grinste sehr zufrieden und stülpte ihm jetzt ihrerseits die Baseballmütze über.
„Hey!" beschwerte er sich, nahm sich die Mütze gleich wieder ab und fuhr sich mit beiden Händen durch sein Haar.
Vashtu nahm sich jetzt auch wieder die Kappe ab und hielt sie ihm hin. „Nimm sie mit. Wenn nicht für Radek, dann für deinen Stellvertreter ... Lorne?"
„Wäre auch eine Möglichkeit." John betrachtete wieder die Auswahl an Mützen, sah dann sie wieder an. „Jetzt siehst du erst recht zum Schießen aus!"
Vashtu griff sich eine andere Mütze, eine mit einem eigenartigen ... Bommel? ... und stülpte sie sich über ihr Haar.
John wandte sich glucksend ab. „Nimm das Ding wieder ab, Vash!"
„Wieso?" Sie hatte einen Spiegel mit einer Werbung für irgendein Getränk gefunden und stellte sich davor. Mit großen Augen starrte sie sich an, dann riß sie sich die Mütze wieder vom Kopf. „Sowas trägt hier doch keiner, oder?"
„Eigentlich doch." John hatte eine ander Variante vom Ständer geholt und warf sie ihr hin. „Probier die mal."
Vashtu legte die Bommelmütze zur Seite und drehte die neue Kopfbedeckung in ihren Händen. Auch wieder aus Wolle, wenn sie sich nicht irrte. Extrem bunt, mit merkwürdigen Mustern versehen, und zwei lange Bänder hingen zu den Seiten herab.
Vorsichtig stülpte sie sich auch diese über, betrachtete sich dann im Spiegel. Sofort riß sie sich die Mütze wieder vom Kopf. „Ich sehe aus wie eine Idiotin!" entfuhr es ihr.
John lachte laut und schallend.
Als sie jetzt ihr Haar betrachtete, seufzte sie nur ergeben. Auch die zweite Mütze wurde zur Seite gelegt. Statt dessen bearbeitete sie ihren Schädel mit beiden Händen, bis sie mit dem Ergebnis halbwegs zufrieden war. Ihr Haar würde sich ohnehin nicht lange in einer Form halten lassen, das wußte sie.
„Haben Sie noch etwas gefunden?"
Die Angestellte war wieder nach vorn gekommen, einen Karton auf den Tresen abstellend musterte sie ihre beiden Kunden mit leicht irritiertem Gesichtsausdruck.
„Diese Mütze dann noch." John legte die Baseballmütze auf den Tresen, während Vashtu die beiden Mützen wieder an den Ständer hängte.
Wer machte sich denn auf diesem Planeten freiwillig zum Narren?

***

„Jetzt sollten wir die Sachen noch kurz zum Hotel zurückbringen, was meinst du? Wir können sie schließlich nicht mit auf die Piste nehmen", schlug John vor, als sie den Laden verließen und er mit zwei doch recht gefüllten Tüten bepackt war. Er trat auf die Straße und schlug die Richtung zum Hotel zurück ein. Da traf ihn etwas zwischen die Schulterblättern.
„Was ... ?" Er wollte sich umdrehen, doch dazu kam es gar nicht mehr.
Der nächste Schuß war ein Treffer. Ein Schneeball knallte hart gegen seinen bloßen Nacken. Schnee rieselte in seinen Kragen.
„Argh!" Unwillkürlich zog er den Kopf ein, wirbelte herum, gerade als ein dritter Schneeball auf ihn abgefeuert wurde.
Vashtu hatte ihn geworfen. Sie stand mit funkelnden Augen an einem Auto, das an der Straße geparkt war und ballte bereits den nächsten Ball zusammen.
„Nie wieder wirst du mir irgendetwas auf den Kopf setzen, John Sheppard!" drohte sie ihm.
Er richtete sich auf, sah sie groß an. „Was?"
Wie ein Baseballspieler holte sie aus, wirbelte dann nach vorn. Der weiße, halbwegs runde Schneeball traf seine Brust, ließ ihn unwillkürlich ächzen und einen Schritt zurückweichen.
Donnerwetter, hatte diese Frau einen harten Wurf!
„Na warte!" John schüttelte sich. Kälte und Nässe tropften innen seinen Kragen entlang seinen Rücken hinunter und ließen ihn erschaudern. Trotzdem setzte er mit weiten Schritten zu ihr zurück, während sie sich bereits eine neue Waffe zulegte.
„Nie wieder wirst du mir irgendetwas auf den Kopf setzen!" wiederholte sie und warf erneut. Doch diesmal ging der Schneeball daneben.
„Ich kriege dich!"
Vashtu packte noch eine Handvoll Schnee, dann raste sie los, auf die Straße und hetzte in einem weiten Bogen um ihn herum. John schlitterte, als er die Richtung ändern wollte, verlor fast das Gleichgewicht und warf sich im letzten Moment herum. Die Taschen noch immer in den Händen hetzte er ihr nach.
War diese Frau schnell!
Doch dann rutschte Vashtu ebenfalls weg, konnte sich nicht richtig auffangen und schlug lang hin.
John blieb fast das Herz stehen. Er konnte sich noch so oft sagen, daß Vashtu nahezu unsterblich war, dennoch schien sie sich etwas getan zu haben.
„Vash!" Hart bremste er ab, schlitterte noch ein paar Meter weiter, um sofort herumzuwirbeln und bei ihr niederzuknien, die Tüten jetzt vollkommen vergessend.
Sie hob den Kopf. Ein bißchen Schnee klebte an ihrer Nasenspitze.
„Geht's dir gut?" fragte er.
Vashtu rappelte sich wieder auf. „Klar." Sie grinste sehr zufrieden und bewarf ihm mit lockeren Schnee.
John wich unwillkürlich zurück, als das kalte Naß seine Haut berührte. Dann bekam er ebenfalls etwas Schnee in die Hand. Er warf sich nach vorn und drückte es ihr ins Gesicht.
Vashtu schrie spitz auf, während er sie sehr genüßlich mit noch mehr Schnee einrieb. Dann warf sie sich plötzlich auf ihn und drückte ihm ihrerseits wieder Schnee ins Gesicht.
„Hör sofort auf!" rief er, mehr erschrocken. Seine Wangen glühten.
„Wirst du noch einmal versuchen, mir irgendetwas auf den Kopf zu setzen?" Mit langem Hals und roten Wangen beugte sie sich über ihn.
John ging erst jetzt auf, daß sie wohl von der Straße abgekommen und in einen Park gelaufen waren.
Er prustete, wischte sich mit einer Hand über das Gesicht. „Ich hab dir die letzte Mütze nur gegeben", beschwerte er sich. „Aufgesetzt hast du sie allein."
„Du hast sie ausgesucht. Und die Baseballkappe hast du mir aufgesetzt!" beschwerte sie sich.
John zwinkerte. „Aber nur, weil du die andere ausprobiert hast und zum Schießen ausgesehen hast!"
Diese Worte wurden ihm mit einer weiteren Handvoll Schnee gedankt, das sie ihm ins Gesicht klatschte.
John holte Schwung, als es ihm reichte, packte sie unversehens und wirbelte herum, so daß er jetzt auf ihr saß. Sehr konzentriert begann er, ihr etwas Schnee in den Kragen rieseln zu lassen.
Vashtu kreischte und lachte gleichzeitig, strampelte mit den Beinen und schlug mit den Händen um sich.
„Hörst du jetzt endlich auf?" fragte er schließlich, sich dicht über sie beugend.
Ihr Gesicht glühte in der Kälte und war vollkommen naß.
Ihm ging auf, daß sie sich besser ins Warme verziehen sollten, ehe sich einer von ihnen beiden noch eine Erkälung holte.
„Hörst du auf?" wiederholte er seine Frage.
„Gibst du mir einen Kuß?" Sie sah ihn unschuldig an.
Johns Augen wurden schmal.
Irgendetwas plante sie, das war klar. Aber was?
„Wenn du aufhörst", sagte er schließlich.
Sie grinste zufrieden. „Gut, dann höre ich auf", antwortete sie, reckte ihm die gespitzten Lippen entgegen.
John beugte sich tiefer zu ihr hinab und drückte seinen Mund auf den ihren. Nur um unterdrückt loszubrüllen, als sie ihm mit beiden Händen fleißig Schnee in den Kragen stopfte.
Wie eine Schlange wand sie sich von ihm los, kam wieder auf die Beine, während er immer noch damit beschäftigt war, die Eiseskälte aus seinem Nacken zu wühlen.
„Bis später!" Er hörte ihre leichten Schritte im Schnee. Als er aufblickte, waren seine Tüten verschwunden - und mit ihnen Vashtu.
„Na warte!" drohte er, öffnete den Reißverschluß, um auch die letzten Reste Schnee loszuwerden.
Das würde sie ihm büßen, schwor er sich.

***

„Eigentlich hat das doch keinen Sinn, oder?" Vashtu blickte zu ihm auf, schob sich die Sonnenbrille wieder auf die Nasenwurzel zurück.
„Was?" John sah die Abfahrt hinunter. Es war wenig los, kein Wunder, es war ein Wochentag. Und ihr vorletzter hier. Für morgen mußten sie sich noch irgendetwas ganz besonderes einfallen lassen, fand er.
„Na, wir heizen die ganze Zeit den Hang runter, um ihn dann wieder hochzuklettern und das ganze immer und immer zu wiederholen", sagte Vashtu.
„Es macht Spaß", kommentierte er, setzte die Stöcke auf den festen Schnee.
„Trotzdem ist es eigentlich sinnlos."
„Wieso? Man kommt schnell von A nach B." Er grinste sie an, dann holte er Schwung und stieß sich ab.
Leider hatte der Snowboard-Verleih heute geschlossen. Irgendwie hatte er sich in den letzten Tagen daran gewöhnt, mit nur einem „Ski" unter den Füßen die Abfahrt hinunterzusausen. Vashtus Vorschlag war einfach grandios gewesen, mußte er zugeben. Irgendwie kamen ihm zwei Skier plötzlich sehr langsam vor.
Eine kleine Gestalt, tief über den Skiern gebeugt, die Stöck an den Seiten nach hinten geneigt, raste im atemberaubenden Tempo an ihm vorbei den steilen Abhang hinunter.
War diese Frau denn wahnsinnig?
Die Abfahrt war heute extrem glatt und rutschig, darum war auch der Snowboard-Verleih geschlossen. Und sie beide hatten sich natürlich nicht den Anfängerhügel ausgesucht.
John stieß die Stöcke in den vereisten Schnee, um mehr Tempo zu gewinnen, krümmte sich dann über den Skiern zusammen und raste ihr nach.
Eines mußte er ihr lassen, sie hatte offensichtlich auf MacMurdo mehr getan, als nur mit einem Apache irgendwelchen Unsinn zu bauen. Die Jungs schienen sie ja richtig in ihr Herz geschlossen zu haben. Und so wirklich wunderte ihn das nicht. Für Vashtu gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man liebte sie oder man haßte sie. Etwas anderes kam einfach bei dieser Frau nicht in Frage.
Die kleinere Gestalt richtete sich etwas auf, um Schwung zu verlieren. Die Abfahrt wurde etwas flacher.
John kam ein böser Gedanke. Wieder holte er mit den Stöcken Schwung, krümmte sich noch mehr über seinen Skiern zusammen. Dann versuchte er, so dicht wie möglich an ihre Läupe zu gelangen.
Vashtu war inzwischen zum Stillstand gekommen, drehte sich gerade um, als er den Schwung wegnahm und sich aufrichtete. Absichtlich stellte er einen Skier quer. Schnee spritzte unter den Kufen und traf die Antikerin voll.
Mit offenem Mund prustete und pustete sie.
John kam zum Stehen, drehte sich etwas schwerfällig zu ihr um.
Mit beiden Händen wischte sie sich den Schnee vom Gesicht, richtete sich schließlich wieder auf. Er meinte, durch die dunklen Gläser ihrer Sonnenbrille hindurch das wütende Funkeln ihrer Augen zu hören.
„Was war das denn?" begehrte sie zu wissen.
„Da hatte ich wohl ein bißchen viel Schwung", bemerkte er unschuldig.
Vashtu schnaubte, wischte sich die letzten Eiskristalle aus ihrer Sturmwindfrisur.
John grinste zufrieden.
Er hatte seine Rache gehabt.
„Hey!" Vashtu hatte sich abgewandt, schien jetzt etwas sehr genau zu mustern.
John drehte sich in die Richtung, in die auch sie starrte, blinzelte dann. „Schneemobile?" fragte er irritiert.
Und tatsächlich, hinter dem Auslauf standen, in Reih und Glied ein halbes Dutzend Schneemobile und warteten unschuldig auf ihre nächsten Piloten.
Vashtu hob den Kopf, drehte sich wieder zu ihm um. Ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen.
John erwiderte es. „Du hast recht. Eine klasse Idee!"
Sie nickte stumm.

***

Ihr letzter Tag im Sporthotel war angebrochen - und schon sehr weit fortgeschritten für Vashtus Geschmack. Immerhin saßen John und sie gerade irgendwo auf einem Berg und wollten Picknicken.
Ihr wurde allmählich das Herz schwer, wenn sie daran dachte, ihn bald wieder hergeben zu müssen. Andererseits aber, auch das mußte sie zugeben, sehnte sie sich allmählich wieder nach ihrem Team und auf neue Abenteuer.
Carsons Gesicht rief keine Tränen und keine Trauer mehr in ihr hervor, nur noch eine leise Beklemmung, der sie aber recht leicht Herr werden konnte. Es tat ihr leid, einen Freund verloren zu haben, noch dazu einen so guten, wie der Schotte es gewesen war. Andererseits aber ...
„Noch ein Stück?" John reichte ihr eine Apfelspalte.
Vashtu riß sich aus ihren Erinnerungen und nickte lächelnd. „Danke." Sie steckte das feste Fruchtfleisch in den Mund und begann zu kauen.
„Die Sache mit den Schneemobilen war wirklich eine grandiose Idee von dir." John beugte sich vor und küßte sie kurz auf die Lippen.
Vashtu lächelte wieder. „Du hattest sie auch", wandte sie ein.
„Du hast die Schneemobile aber vor mir entdeckt."
Vashtu schüttelte den Kopf und stöhnte leise auf.
„Wann gilt eigentlich der Handel mit Atlantis?" John schob sich näher, hockte sich hinter sie und umarmte sie.
Vashtu drückte sich eng an ihn. „Eigentlich auch schon ab diesem Monat", antwortete sie leise, schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. „Was noch davon übrig ist, heißt es."
„Nicht mehr allzu viel ..." John schloß den Mund und drückte sie eng an sich.
Vashtu betrachtete still die Berggipfel um sie her und runzelte die Stirn. „Dafür darf ich dann vielleicht nächsten Monat etwas länger bleiben", wandte sie ein.
„Möglich." Seine Lippen trafen ihren Nacken zu einem zärtlichen Kuß. „Es war eine unvorstellbare Zeit, Vash", murmelte er leise in ihr Ohr. „Du bist unvorstellbar."
„Du auch, John." Sie drehte den Kopf und sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Ich liebe dich."
Er drückte seine, wieder leicht kratzige Wange an die ihre. „Ich liebe dich auch, Vashtu Uruhk. Ich hätte mir das nie vorstellen können, nie."
Sie atmete tief ein, dann machte sie sich unversehens wieder los. „Wollten wir nicht essen?"
John blinzelte überrascht, nickte dann aber. „Gut."
Vashtu sah ihn einen Moment lang an, dann wandte sie sich der mitgebrachten Decke zu, auf der sie beide das Essen bereitgestellt hatten.
Sie wollte ihm nicht sagen, daß sie etwas von ihm empfing, das ... Nun, ihre Stimmung vielleicht endgültig verdorben hätte, hätte sie es angesprochen. Nein, es mußte nicht sein. Sie sollten die letzten beiden Tage genießen, die ihnen noch geblieben waren.
Allerdings wurde ihr auch klar, daß diese Art der Beziehung, wie sie beide sie von nun an führen würden, etwas komplizierter für sie werden würde als das, was sie bis jetzt genossen hatten. Aber möglicherweise war es wirklich der einzige Weg für sie, eben diese Beziehung zu erhalten und vielleicht sogar auszubauen. Es mochte nicht viel sein, was ihnen bleiben würde, eine Woche, vielleicht seine Heimaturlaube, aber es war vielleicht die Lösung für die Probleme, die sie auf sie beide zukommen sah. Denn mit einem hatten alle Kritiker recht: Sie beide waren sich, trotz all ihrer Anstrengungen, noch immer recht ähnlich. Vielleicht zu ähnlich, sie wußte es nicht. Aber sie legte keinen Wert darauf, eben das herauszufinden.
Eines jedoch hatte sie beschlossen, und sie würde es tun: Sie würde Landry darum bitten, ihre eigenen freien Tage auf Atlantis verbringen zu dürfen, sobald die GateBridge wirklich stand. Immerhin hieß es doch „Heimaturlaub" und nicht „Exilurlaub". Und fragen würde sie wenig kosten.
„Hunger?" John beugte sich vor und musterte sie mit einem verschmitzten Zug um die Lippen.
Vashtu griff nach einer der beiden Thermoskannen und schraubte sie auf. Dann roch sie erst einmal, ehe sie sicher sein konnte, daß diese nicht den Kaffee enthielt.
John musterte sie amüsiert. „Ich würde gern einmal dein Team kennenlernen, Vash", sagte er dann unvermittelt.
Sie blickte auf. „Mein Team?" fragte sie stirnrunzelnd. „Die kennst du doch selbst ... abgesehen von Dorn."
„Ich meine richtig kennenlernen. Was wir in Atlantis gehört haben, reichte von Katastrophe über Durchschnitt bis zur Spitzenleistung. Ich frage mich wirklich, wie du diese beiden ... äh, Wissenschaftler zu einer solchen Einheit hast verschweißen können."
Vashtu nahm einen Schluck von ihrem Tee. „Wallace ist nicht wirklich im Team. Ihn habe ich irgendwann aufgegeben. Aber er arbeitet mit. Dorn, Peter und ich, wir sind das Team." Ihre Stirn umwölkte sich.
„Du gibst ein Mitglied auf?" John blinzelte ungläubig.
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Aber er hat sich zuviel geleistet mir gegenüber. Außerdem ..." Sie seufzte und zog die Schultern hoch. „Ich habe immer wieder den Eindruck, ich bin soetwas wie seine Nemesis. Seit ich durch Zufall seine Familie in Kansas besucht habe ..."
„Du warst in Kansas bei der Familie eines deiner Teammitglieder?" John grinste und lehnte sich zurück.
„Ein dummer Zufall. Mir war das Benzin ausgegangen." Vashtu griff nach einem Käsekanten und steckte ihn in den Mund. „Jedenfalls ist Wallace seit dem alles andere als von mir begeistert. Er sperrt sich zwar nicht mehr, arbeitet mit und hält sich an meine Anweisungen, aber beispielsweise ist er nie dabei, wenn wir uns einmal abends im Steakhouse treffen."
„Im Steakhouse?"
„Mein Stammlokal. Du hättest auch mal erwähnen können, wie lecker Steaks sind. So mußte ich es allein herausfinden." Sie blickte unter ihren Ponyfransen auf und zwinkerte.
John schüttelte leise lachend den Kopf. „Etwas solltest du auch durchaus noch allein herausfinden, Vash. Ich konnte dir nur Tips geben." Er runzelte die Stirn. „Also abendliche Treffen wie bei uns auf Atlantis?"
Vashtu neigte den Kopf leicht. „Nicht jeden Abend, aber ein- oder zweimal die Woche treffen wir uns schon", antwortete sie. In ihren Augen leuchtete es. „Auf jeden Fall freue ich mich schon darauf, wieder auf Atlantis zu sein und bei euch sitzen zu können. Das hat damals immer Spaß gemacht."
„Laß diesmal aber bitte Babbis zu Hause! Sieht Rodney ihn noch einmal, wirft er ihn den Walen zum Fraß vor." John gluckste wieder.
„Die beiden mögen sich wirklich nicht." Jetzt lachte auch Vashtu, sah ihn offen an. „Ich glaube, sie haben das gleiche Problem wie wir beide: sie sind sich zu ähnlich. Nur ging bei ihnen der Schuß nach hinten los."
„Könnte sein." John stibizte ihr ein weiteres Stück Käse direkt vor den Fingern weg. „Als ich SG-27 leitete, kamen mir allerdings beide ziemlich nervig vor. Wie hast du es nur geschafft, Babbis vor möglichen tiefen Klüften fernzuhalten?"
„Indem Dorn und ich die Jobs aufgeteilt haben?" Vashtu holte sich eine der Weintrauben. „Der Serge paßt auf Wallace auf und ich auf Peter, so einfach ist das. Außerdem ... Damals wußte das noch keiner, aber Babbis kann schlecht sehen, sehr schlecht sogar. Kein Wunder, daß er dir damals abgestürzt ist."
John beugte sich vor. „Er kann schlecht sehen und ist durch sämtliche Tests gekommen?" fragte er irritiert.
„Wie auch immer er das geschafft hat." Vashtu zuckte mit den Schultern. „Vielleicht war es bei den Eignungstests noch nicht so schlimm, ich weiß es nicht. Er schweigt sich ohnehin ziemlich darüber aus. Landry hat es mir gesagt, mir selbst war nur aufgefallen, daß er manchmal Schwierigkeiten hat, etwas wahrzunehmen, meist beim Lesen. Seitdem wirke ich auf ihn ein, daß er sich eine Brille besorgt. Aber dazu ist er wohl zu stolz."
„Ein großer Schritt für einen so jungen Menschen." John beugte sich vor und sah sie interessiert an. „Du hast dich wirklich zu einer guten Leaderin gemausert, Vash. Das hätte wirklich niemand von dir gedacht nach deinen Leistungen bei SG-15."
„Ich dachte, du wüßtest absolut gar nichts über meine Zeit hier auf der Erde?" Spitzbübisch blinzelte sie ihn an.
John erwiderte ihr Lächeln, rückte noch etwas näher. „Sagen wir, Landry hält mich seit einiger Zeit auf dem Laufenden."
„Tatsächlich? Und was hat er dir so erzählt?" Vashtu reckte den Hals in seine Richtung.
„Er hat mir deine Berichte geschickt."
Einen Moment lang blinzelte sie verständnislos. Und diesen Moment nutzte er, um sie sanft und zärtlich zu küssen.

***

„Vash?" Der fragende Ruf erklang über die angeblich beruhigende Dudelei in der Mall, die die Kunden zum Kauf animieren sollte. Vashtu hatte diese Musik bisher eigentlich eher als abschreckend empfunden. Ein Grund mehr, der Einkaufs-Mall so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen.
Die Antikerin drehte den Kopf und begann zu lächeln. „Marnie!" Sie sah hoch zu John, der ebenfalls einen Blick über die Schulter warf, sie dann fragend ansah. „Marnie Evans, eine Ärztin aus dem SGC, und eine Freundin von mir", erklärte Vashtu, löste sich dann widerstrebend von ihm.
Die blonde Ärztin musterte sie von oben bis unten. „Wo hast du denn gesteckt die letzten Tage? Ich habe mehrmals versucht, dich zu erreichen." Fragend sah sie zu John, nickte anerkennend. „Ist er das?" zischte sie dann.
Vashtu lächelte glücklich. „John und ich waren unterwegs. Ein bißchen Snowboarden und ... mehr", antwortete sie, dann wurde sie ernst. „Ich habe unsere Meditationsstunde vergessen! Oh nein!"
Marnie nickte. „Stimmt", sagte sie, begann dann aber zu lächeln. „Aber bei einem solchen ... Naja, dir sei verziehen."
Vashtu lachte leise auf. „Johns Urlaub ist leider fast vorbei. Heute abend wollten wir es uns noch einmal in meinem Apartment gemütlich machen, morgen bringe ich ihn dann nach Cheyenne-Mountain."
„Gemütlich machen ... soso." Marnie nickte vieldeutig. „Ich hatte da irgendetas am Rande gehört, aber ... Du hast einen guten Geschmack, Vash, das muß man dir lassen." Wieder ein anerkennender Blick auf die hochgewachsene Gestalt.
Vashtu kicherte. „SG-1 und mein Team haben zusammengelegt und uns einen Präsentkorb geschenkt, damit wir ... naja, ich denke, du weißt, was ich meine." Unvermittelt wurde sie ernst. „Sag mal, was sind Verhütungsmittel?"
Die Ärztin starrte die Antikerin einen Moment lang mit großen Augen an, dann faßte sie sich. „Verhütungs... ?" Sie atmete tief ein. „Vash, du hast doch nicht etwa ohne ... Du bist doch noch immer fähig ..." Sie schloß den Mund, musterte die andere entschlossen von Kopf bis Fuß. „Okay, wenn du deinen Colonel morgen gut durch das Tor gebracht hast, meldest du dich bitte umgehend bei mir. Wir werden da einige Tests durchführen."
Vashtu blinzelte verständnislos. „Warum denn das?" fragte sie. „Es geht mir doch gut."
„Ihr zwei werdet doch nicht nur Händchen gehalten haben die letzten Tage, oder?" Marnie kreuzte die Arme vor der Brust.
Die Antikerin runzelte die Stirn. „Das ist zwar ... Nein, haben wir nicht. Und?" fragte sie herausfordernd.
Marnie nickte. „Komm einfach zu mir morgen, dann erkläre ich es dir", sagte sie, warf noch einen Blick auf John. „Aber das muß man dir lassen. Einen ausgesucht guten Geschmack hast du. Allerdings, ein bißchen mehr Verstand sollte man zumindest ihm zutrauen." Sie schüttelte den Kopf, wandte sich dann wieder ihrer Freundin zu. „Bis morgen dann. Und ich bitte um einen genauen Report."
Vashtu hatte ihren Argwohn schon wieder vergessen. Breit und zufrieden grinsend schüttelte sie den Kopf. „Privatsache, Doc."
„Und ich bin deine Ärztin und unterstehe der Schweigepflicht. Machs gut! Bis morgen!" Marnie drehte sich um und verschwand in einem anderen Gang.
Vashtu fühlte sich nun doch etwas verunsichert.
Was hatte das zu bedeuten? Warum bestand Marnie so vehement auf ihrem morgigen Besuch? Hatte sie am Ende irgendetwas nicht richtig begriffen?
„Kommst du?" Johns Stimme klang zärtlich.
Vashtu drehte sich um und kehrte zu ihm zurück, um sich liebevoll von ihm in seine Arme schließen zu lassen. „Ich will doch heute für dich kochen, damit du nicht eine ganz so schlechte Meinung von mir mitnimmst", sagte sie, reckte sich ihm dann für einen Kuß entgegen.
„Wie könnte ich?" Johns Lippen streiften die ihren. „Du bist das beste, was mir je passiert ist."
„Mal sehen, was du heute abend von mir hälst." Vashtu fühlte sich sehr zufrieden mit sich selbst. Marnie und ihre kryptischen Äußerungen waren vergessen.

***

Vashtu blickte ein wenig verzweifelt auf die Uhr, dann wieder auf den Backofen. Schließlich preßte sie die Lippen fest aufeinander, um einen Fluch zu unterdrücken.
Wieder hatte sie alles falsch gemacht. Dabei hatte sie es doch nur gut gemeint. Einmal war es ihr sogar gelungen, als sie den Frauen-Poker-Abend ausrichtete, hatte sie auch gekocht, das gleiche. Und da war es perfekt gewesen.
John lehnte sich über den Tresen und runzelte die Stirn. „Okay, es wird allmählich spät", sagte er und hielt plötzlich den Flyer eines Lieferservice in der Hand. „Vielleicht sollten wir ..."
Vashtu drehte ihm demonstrativ den Rücken zu und schraubte an der Temperaturanzeige.
Dieser dämliche Vogel würde doch wohl kleinzukriegen sein! So leicht jedenfalls würde sie sich nicht geschlagen geben.
John mußte ein Lachen unterdrücken, als er ihre angespannte Gestalt betrachtete. „Vorführeffekt", kommentierte er schließlich.
„Was?" Jetzt drehte sie sich doch wieder um und sah ihn stirnrunzelnd an.
Er wies auf den Backofen. „Man nennt es Vorführeffekt, wenn etwas nicht klappen will", erklärte er, wieder ernst werdend. „Hör zu, Vash, ich glaube dir auch so, daß du kochen kannst. Und ich glaube dir auch, daß du deinen Haushalt im Griff hast. Irgendwie standen wir beide ihm gegenüber nur von Anfang auf dem falschen Fuß. Aber ich habe deine Wohnung gesehen, als ich reinkam. Reicht dir das nicht?"
„Nein!" Entschieden öffnete sie jetzt doch die Ofenklappe und starrte den Truthahn an, als könnten allein ihre Blicke dafür sorgen, daß er endlich fertig war. Dabei fiel ihr endlich etwas auf. „Oh nein!" entfuhr es ihr. Sie hielt die Hand in den Backofen, zog sie dann wieder zurück und musterte genau und streng die Einstellungen.
„Was ist los?"
Sie hatte den Herd eingeschaltet. Die Platten funktionierten auch, daran gab es keinen Zweifel. Zumindest die Beilagen waren fertig. Aber der Backofen ...
Wieder hielt sie ihre Hand hinein, richtete sich dann seufzend wieder auf.
Dabei hatte sie sich diesen Abend als etwas vorgestellt, was John in positiver Erinnerung bleiben sollte, nicht als die Katastrophe schlechthin. Einmal zumindest hatte sie etwas richtig machen wollen. Und ausgerechnet an diesem Abend streikte ihr Backofen!
„Er heizt nicht." John war nun doch endlich um den Tresen herumgekommen und hatte ebenfalls eine Hand in das Rohr gesteckt. „Kein Wunder, daß der Vogel nicht gar wird. Aber ..." Er tippte den gefüllten Braten mit dem Finger an. „Naja, zumindest lauwarm, aber nicht durch."
„Das habe ich auch schon bemerkt." Vashtu seufzte, als müsse sie die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern tragen. „Dabei hatte ich diesen Abend doch als etwas ganz besonderes geplant. Du ißt doch gern Truthahn."
John richtete sich wieder auf und schnüffelte über den Töpfen, die die Beilagen zum Braten beinhalteten. „Zumindest der Rest riecht doch sehr verführerisch. Also, ich brauche nicht unbedingt Truthahn. Mir würden die Beilagen reichen."
„Aber ..."
John richtete sich wieder auf und sah sie streng an. „Wir essen die Beilagen, das reicht. Du hast hier sowieso für ein ganzes Regiment gekocht, Vash. Das würden wir beide nie im Leben heute abend allein vertilgen." Er nahm sie in seine Arme und drückte sie an sich. „Wenn der Ofen kaputt ist, kannst du doch nichts daran ändern, mh? Mach dir jetzt keine Vorwürfe." Mit einem Finger hob er ihr Kinn und küßte sie sanft.
„Aber ..."
„Ich habe Hunger - und zwar auf mehr als die Beilagen, wenn wir genau sein wollen. Heute nacht hatte ich nicht vor, viel zu schlafen. Nicht in unserer letzten Nacht."
Ein leises Licht stieg in ihre Augen. „Du denkst nicht, ich bin eine Niete?" fragte sie.
„Wie könnte ich? Ich habe deine Wohnung gesehen, als wir hier ankamen", entgegnete er. Dann begann er spitzbübisch zu lächeln. „Andererseits ... wenn ich da an deinen Kühlschrank denke ..."
„Ich war die letzten Wochen sehr beschäftigt und habe im SGC gegessen!" warf sie entrüstet ein.
Wieder küßte er sie. „Ich mag es, wenn du wütend wirst, Vash", gurrte er ihr zärtlich ins Ohr.
„Und du bist immer noch ein Schuft." Ihr Ärger war gespielt, das sah er sofort.
„Stimmt. Dann laß uns jetzt endlich essen, ehe die ganze Nacht herum ist und wir zu gar nichts mehr kommen."
Vashtu sah zu ihm hoch. Wieder war da eine gewisse Leidenschaft in ihren Augen, etwas, was er die letzten Tage sehr zu schätzen gelernt hatte. „Ich liebe dich, John", flüsterte sie endlich, drängte sich dann an ihn.
Er atmete tief ein und drückte sie fest an sich. „Ich liebe dich auch, Vashtu. Ich liebe dich mehr als mein Leben", antwortete er mit geschlossenen Augen. Und wieder stieg in ihm eine Erinnerung auf. Eine Erinnerung an ihrer beider Liebesboten.
Als er die Augen öffnete, sah er den gleichen Schimmer in ihren Augen, und er wußte, diese Erinnerung an Carson Beckett teilten sie gemeinsam.
Der Arzt hatte sein Versprechen gehalten, wenn auch auf andere Art, als er vielleicht geglaubt hatte. Er hatte sie beide wieder zusammengeführt, sie ihren albernen Streit vergessen lassen. Er war wirklich zu ihrem Armor geworden, zu ihrem Liebesboten. Carson Becketts letzter Dienst war erfüllt ...

***

John saß an Vashtus Bett, hielt ihre Hand in seiner. Ihre Blicke waren ineinander verschlungen, und sie schwiegen. Sie brauchten keine Worte für das, was sie sich mitzuteilen hatten.
Carson Beckett stand schon eine Weile in der Nähe, lächelte über das Paar. Nun trat er an das Bett heran und räusperte sich vernehmlich.
Beide zuckten zeitgleich zusammen und blinzelten, richteten dann ihre Aufmerksamkeit auf ihn. John drehte sich zu dem Mediziner um, Vashtu holte tief Atem.
„Colonel, schön, daß Sie wieder Zeit gefunden haben. Vashtu ..." Beckett nickte.
Wenn das Zusammenspiel zwischen der Antikerin und dem Lt. Colonel nicht so innig wäre, wenn sie nicht so gut zueinander passen würden - zumindest in seinen Augen -, er hätte vielleicht ein bißchen eifersüchtig werden können auf ihr Verhältnis.
Andererseits aber ... Er war einer der ersten gewesen, die sie beide damals zusammen erlebt hatten, nachdem die Antikerin aus den Tiefen der Zeit aufgetaucht war. Und er hatte sofort gesehen, was zwischen ihnen vorging. Keiner von ihnen konnte sich wirklich gegen das wehren, was da zwischen ihnen gewachsen war. Selbst nach mehr als einem Jahr der Trennung war ihr Verhältnis nur noch inniger geworden statt abzukühlen.
„Was gibt es?" fragten beide zeitgleich.
Beckett schüttelte lächelnd den Kopf, richtete seine Aufmerksamkeit dann auf das Klemmbrett, das er mitgebracht hatte und begann in Vashtus Krankenakte zu blättern. Dann aber wurde er wieder ernst und seufzte. „Leider muß ich euch beiden mitteilen, daß das SGC allmählich seine vermißten Teammitglieder zurückhaben möchte. Ich habe mich für eine Rekonvaleszenzzeit ausgesprochen, aber Landry meint, die könntest du auch auf der Erde absolvieren."
Beide starrten sich groß an, doch gleichzeitig sah der Arzt auch, daß sie von Anfang an gewußt hatten, daß sie irgendwann wieder getrennt werden würden.
„Wann?" Wieder fragten sie zeitgleich, ließen sich nicht aus den Augen.
„Ich habe noch drei Tage herausschlagen können", erklärte Beckett. „Nutzt die Zeit, alle beide. Wer weiß, wann ihr euch wiedersehen werdet." Er klappte die Akte zu und betrachtete beide wieder.
Ein tiefer Schmerz war jetzt auf ihren Gesichtern zu lesen, der auch ihm ins Herz stach.
Wie mußte es sein, seinen eigenen Gegenpart zu lieben? Er wußte es nicht, er wußte nicht einmal, ob das eine Erfahrung war, die er gern mit ihnen teilen würde. Doch ihm war von Anfang an klar gewesen, daß sie beide zusammengehörten. Und jetzt ...
Er betrachtete das eigenartige Paar. Und plötzlich war es ihm, als könne er die stummen Worte hören, die ihre Gedanken waren. Es war, als gäbe es da etwas, was ihn mit ihnen beiden verband, etwas, was er noch nie empfunden hatte. Doch es erschien ihm gerade zwischen ihnen als richtig - und auch als wichtig. Und ihm wurde klar, daß sie in Wirklichkeit nicht mehr getrennt werden konnten. Vashtu Uruhk und Lt. Colonel John Sheppard waren etwas eingegangen, mit ihm als Zeugen, was sie drei miteinander verband und sie aneinanderschweißte.
Carson Beckett fühlte eine tiefe Zufriedenheit in sich wachsen. Einen Moment lang betrachtete er das Paar noch, an dessen Erfüllung er so lange und behaarlich mitgearbeitet hatte, dann wandte er sich ab und ging.

***

„Ja, Sir, ich verstehe." John nickte ein wenig steif. Er wußte noch immer nicht so recht, was er von General Landry zu halten hatte. Auf der einen Seite war er ihm dankbar für das eine oder andere, auf der anderen Seite aber ...
„Gut, dann können Sie allmählich los. Atlantis wird Sie schon vermissen, Lt. Colonel." Der General lächelte.
„Eingehendes Wurmloch", meldete der bereitsitzende Techniker.
John sah unwillkürlich in den Gateroom hinaus, der so ganz anders war als der, den er gewohnt war. Tief unter der Erde, keine Fenster, durch die buntes Licht hereinströmen konnte, und statt eines Energieschirmes die metallene Iris.
Seine Augen wurden groß, als er die Gestalt sah, die auf der Rampe stand, spitzbübisch zu ihm hochlächelte.
„Vash ..." flüsterte er, drehte sich um und verließ die Kommandozentrale.
„SG-1 Code, Sir", hörte er den Techniker noch hinter sich sagen, dann eilte er den Gang hinunter zum Torraum.
Landry blickte in gerade diesem Moment zum Fenster hinaus. Etwas ratlos starrte er auf die Antikerin hinunter, die unverrichteter Dinge vor der noch geschlossenen Iris stand. „Was ... ?" In diesem Moment bemerkte er die zweite Gestalt, hochgewachsen und schlank, die vor der Rampe stehenblieb.
„Was haben die beiden denn vor?" fragte Walter, der Techniker.
„Gute Frage ..." Landry runzelte die Stirn. „Iris öffnen. Abhauen können sie ja schließlich nicht."

John blieb wie angewurzelt vor der Rampe stehen. Die Marines, die sich als Wache im Torraum befanden, wechselten ratlose Blicke, zuckten dann aber mit den Schultern.
Vashtu stand oben vor dem Tor und sah zu ihm hinunter, ein zärtliches Lächeln auf den Lippen und Worte in den Augen, die nur er lesen konnte.
Langsam stieg er die Rampe hinauf, die so ungewohnt für ihn war. Dabei ließ er sie nicht eine Sekunde aus den Augen, ebensowenig wie sie ihn.
Bilder der letzten Nacht stiegen in beiden auf. Diese süße Liebe, gepaart mit dem Abschiedsschmerz, stand in ihren Gesichtern geschrieben. Um sie herum versank die Welt.
Vashtu sah ihn auf sich zukommen. Erwartungsvoll hob sie den Kopf. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Noch einmal, ein letztes Mal, bevor sie beide wieder voneinander getrennt waren, wollte sie ihm nahe sein. Ein allerletztes Mal seinen Körper spüren.
John blieb dicht vor ihr stehen, sah sie noch immer an. Und in seinem Blick las sie etwas, das sie erst jetzt zu verstehen begann.
Die Iris hinter ihr wurde eingefahren.
Noch immer standen sie einander gegenüber, so dicht, daß sie nur ihre Hände auszustrecken brauchten, um sich zu berühren. Noch immer waren ihre Blicke ineinander verschlungen und die Welt um sie her einfach nicht mehr da. Nur sie beide zählten - und das, was ein Dritter für sie getan hatten.
„Ich liebe dich", flüsterte sie schließlich, ließ ihren Mund nach diesen Worten leicht geöffnet.
John sah sie immer noch an, öffnete seine Lippen jetzt ebenfalls. Und dann ... Der magere Rest ihrer Umgebung schien zu explodieren in der gewaltigen Leidenschaft, mit der sie sich in die Arme fielen und ihre Lippen sich berührten.
Hinter Vashtu trat als erster der Jaffa Teal'C aus dem Tor. Mit einer fragend gehobenen Braue sah er das Paar an, während er mit sicheren Schritten die Rampe hinunterschritt. Dr. Daniel Jackson folgte ihm dicht auf, stutzte kurz, schüttelte dann den Kopf und blieb wartend stehen, während Vala Mal Doran nun aus dem Wurmloch trat, die beiden Liebenden mit großen Augen anstarrte. Jackson wechselte einen Blick mit der Außerirdischen. Sie lächelte verführerisch. Er schüttelte nur den Kopf und marschierte endlich weiter, Vala hinter sich wissend. Dann trat Lt. Colonel Samantha Carter aus dem hellen Gleißen hervor. Ein leises Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und sie drehte sich im Gehen etwas um, während nun auch Lt. Colonel Cameron Mitchell das Wurmloch verließ. Einen Moment lang riß er die Augen auf, dann war es, als senke sich ein düsterer Schleier über sein Gesicht. Angespannt und konzentriert nach vorn starrend marschierte er an dem Paar vorbei.
Und, sich noch immer fest und sicher haltend, standen Lt. Colonel John Sheppard und Major Vashtu Uruhk vor dem geöffneten Wurmloch. Sie blickten sich einen Moment lang an, ein leises, wissendes Lächeln nach dem ersten, ehe sie nun den letzten sehnsüchtigen Kuß tauschten.
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