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Frühausgabe von Hyndara71

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„Dr. Beckett, ich schätze, ich bin Ihr neuer Patient“, rief John kurz darauf ins Leere, als sich die Tür zur vorläufigen Krankenstation öffnete. Aus reiner Gewohnheit lugte er erst mit langem Hals um die Ecke, ehe er den großen Raum betrat.
Wie überall in der Stadt, zumindest in den bereits freigegebenen Bereichen, herrschte hier reines Chaos aus Kisten, Verpackungsmaterial und medizinischem Gerät, das man offensichtlich kurzfristig gebraucht, aber nicht wieder weggeräumt hatte nach der Benutzung. Die zusammengeklappten Liegen und Betten, die mit durch das Tor hierher gewandert waren, standen mehr oder weniger geordnet in einer Seite des Raumes. Nur eine nicht, die man nicht weit von der Tür entfernt installiert hatte. John kannte sie mittlerweile aus Erfahrung, hatte Carson Beckett nach seiner halb gescheiterten Rettungsmission auf diesem Wraithplaneten darauf bestanden, alle daran Beteiligten genauestens durchzuchecken.
Der Schotte war offenbar gerade in ein Gespräch mit einer Kollegin oder Schwester vertieft gewesen. So genau konnte John die Unterschiede noch nicht wirklich erkennen, zugegeben. Der überwiegende Teil der Expeditionsteilnehmer war in etwa im gleichen Alter wie er, plus oder minus einiger weniger Jahre. Und da der einzige im Raum, der einen weißen Kittel trug, der Chefarzt selbst war, half auch das nicht wirklich weiter.
„Mein Junge, was ist denn mit Ihrer Hand passiert?“ fragte Beckett nun mit seinem sympatischen Highland-Akzent.
John zog unwillkürlich eine Grimasse.
Natürlich hatte er seine rechte Hand dem niederstürzenden Kaffee geopfert. Er hatte schlicht nicht nachgedacht, als er sah, wie die Tasse vom Tablett stürzte. Jetzt hatte er deswegen ein kleineres Problem, das er auf dem Weg hierher ausgetestet hatte: es brannte wie Feuer, wenn er versuchte, seine Waffe zu ziehen! Also keine gute Voraussetzung für jemanden, der das Leben der Expeditionsteilnehmer und die Stadt der Antiker schützen sollte.
„Der Kaffee war zu heiߓ, scherzte er lahm.
Beckett legte ihm vertrauensvoll eine Hand auf die Schulter und manövrierte ihn zu besagter bekannter Liege hinüber. „Marie, ich brauche Brandsalbe und einen sterilen Verband“, befahl er seiner vormaligen Gesprächspartnerin, die daraufhin nickend in Richtung auf einen zumindest oberflächlich sortierten Stapel Kisten verschwand.
„Wie haben Sie das denn nur geschafft, Major“, seufzte Beckett, als er sich die Hand näher ansah. „Kaffee, sagten Sie? Der muß wirklich direkt aufgebrüht worden sein.“
„Für Dr. McKay nur das beste“, grinste John, in seinen Humor zurückfindend.
Beckett blickte auf, ihm direkt in die Augen. Wow! Stahlblaue Augen. Das war John bisher nicht aufgefallen. Und der Blick aus diesen Augen war eigenartig intensiv …
„Rodney? Mußten Sie für ihn etwas initialisieren?“ erkundigte Beckett sich.
John hob fragend die Brauen, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, es ging … um etwas anderes“, antwortete er.
Beckett nickte und widmete sich wieder seiner verbrühten Hand. „Sie scheinen eine Menge aushalten zu können, mein Junge“, bemerkte er dabei.
Marie kehrte mit einer Nierenschale in den Händen zurück und stellte diese auf der Liege neben John ab. In der metallenen Schale befanden sich eine Tube mit einer Aufschrift, die John kaum entziffern konnte und eine weiße Mullbinde, noch steril verpackt in einer Plastikumhüllung.
„Das wird sicher nicht nötig sein“, beeilte er sich zu versichern. „Ein bißchen Salbe, vielleicht eine Schmerztablette und ich bin wie neu.“
Beckett schmunzelte und streifte sich Hanschuhe über. „Nun, ich denke, Sie wildern gerade in meinem Revier, Major. Sie sind der Militär, ich bin der Mediziner.“ Wie um den Worten eine mögliche Spitze zu nehmen zwinkerte der Schotte lächelnd.
John seufzte unhörbar und fügte sich in sein Schicksal.
Wenn er ehrlich war, er mochte es nicht sonderlich, sich in der Krankenstation aufzuhalten, egal ob nun wegen einer eigenen Verletzung oder weil er jemanden besuchen wollte oder mußte. Zuviele schlechte Erinnerungen, zu viele niederschmetternden Niederlagen. Wenn er sich da nur an Afghanistan erinnerte …
„Sagen Sie, Major, wer ist eigentlich zuständig für die Quartiervergabe?“ riß Beckett ihn aus seinen Erinnerungen.
John blinzelte ein-, zweimal, dann runzelte er nachdenklich die Stirn.
Gute Frage, wer verteilte eigentlich die Quartiere? Er war ja mehr für die Freigabe der Räumlichkeiten zuständig als für deren Vergabe. Was aber nicht hieß, daß er nicht herausfinden konnte, wer es letztendlich tat.
„Sind Sie nicht zufrieden mit dem Ihren?“ erkundigte er sich.
Beckett lächelte. „Um ehrlich zu sein, mein Junge, habe ich noch kein Quartier. In den letzten Tagen war ich zu beschäftigt mit der Erstellung des Retrovirus, ich kam schlicht nicht dazu.“
Ein breites Grinsen wuchs auf Johns Lippen. „Kein Problem, Doc. Das kriegen wir schon hin. Irgendwelche Sonderwünsche? Wanne oder doch nur Dusche? Ein oder mehrere Fenster? Balkon?“
Beckett runzelte die Stirn. „Balkone? Ich wußte gar nicht, daß die Quartiere über soetwas verfügen.“
„Auch nicht alle, Doc“, erklärte John prompt. „Wenn Sie einen Balkon wollen, sollten Sie sich besser schnell darum kümmern. Die sind nämlich heiß begehrt“, mutierte John witer zum Makler.
Der Schotte konzentrierte sich wieder auf seine eigentliche Arbeit. „Oh, ein Balkon ist nicht unbedingt nötig, Major. Ich hätte gern einen schönen Ausblick. Das genügt mir vollkommen.“
Schöner Ausblick? Worauf? Es gab nur zwei Möglichkeiten: Auf die Stadt oder auf den gewaltigen Ozean.
John hatte eigentlich den Seeblick favorisiert, jedoch nach dem Farbspiel in seinem Quartier doch die atlantische Skyline erwischt. Einerlei, solange er sich wohl fühlte.
„Ich werde sehen, was ich tun kann“, erklärte John freundlich, während Beckett den Verband an seiner verbrühten Hand befestigte.
„Sehr schön“, lächelte Carson freundlich und klopfte ihm abschließend kameradschaftlich auf die Schulter. „Und die Hand wird wieder. In ein oder zwei Tagen können Sie den Verband weglassen, dann wird die Heilung schneller erfolgen.“
John staunte nicht schlecht. Carson Beckett war ein begnadeter Arzt, er hatte kaum etwas gespürt bei der Behandlung. Selbst als ihm der Verband angelegt wurde, hatte es nicht wirklich geschmerzt.
Dankbar blickte er wieder in diese stahlblauen Augen und lächelte. „Danke, Doc.“
Carson nickte. „Dafür bin ich da, Major.“ Er machte Anstalten sich von dem schmalen Schemel zu erheben, auf den er sich gesetzt hatte, nachdem er die Behandlung aufgenommen hatte.
„Wie steht's denn mit Ihrer Gentherapie?“ erkundigte John sich schnell.
Der Schotte sank zurück auf den Schemel und seufzte. „Wenn Sie Mäuse und Ratten darauf abrichten können, antikische Technologie zu gebrauchen, dann bin ich wirklich weit.“
John runzelte die Stirn. „Dann ist die Therapie fertig?“
Carson neigte leicht den Kopf von einer auf die andere Seite. „An Mäusen und Ratten? Ja. An Menschen … mir fehlen leider die Freiwilligen. Ganz zu schweigen davon, daß es eigentlich illegal ist auf der Erde, wenn ich jetzt sofort auf Menschenversuche umsteige.“
John schürzte die Lippen und runzelte die Stirn. „Keine Freiwilligen?“ fragte er ungläubig.
Er hatte seit dem Gang durchs Erdengate kaum eine ruhige Minute gehabt, weil er ständig irgendetwas aktivieren oder initialisieren mußte, aber die Damen und Herren Wissenschaftler weigerten sich, einmal selbst Versuchskaninchen zu spielen?
Zum wiederholten Male tauchte aus seiner Erinnerung ein Bild auf, daß erst vor maximal einer halben Stunde gespeichert worden war: Rodney McKays neidischer Blick, als er für Dr. Zelenka das Panel initialisierte.
Wenn er McKay schon nicht ins Team nehmen konnte, dann konnte er aber vielleicht dafür sorgen, daß er zumindest nicht mehr ständig ins physikalische Labor gerufen wurde. WENN er Rodney überredete, sich als Versuchskaninchen für diese Gentherapie zur Verfügung zu stellen!
Das mußte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ihm das nicht gelingen sollte. Immerhin hatte er einem afghanischen Warlord die Hälfte seiner Waffen abgeschwatzt damals in Kandahar!
„Alles in Ordnung mit Ihnen, Major?“ fragte Beckett.
John nickte, öffnete den Mund, um zu antworten, als sein Funkgerät sich meldete:
„Major? Haben Sie kurz Zeit? In meinem Büro“, sagte die verzerrrte Frauenstimme von Elizabeth Weir.
DAS hatte ihm noch gefehlt!


Elizabeth Weir kam nicht umhin ein wenig zu schmunzeln, als ein sichtlich nervöser John Sheppard kurz darauf ihr Büro betrat, sein berühmtes charmantes Grinsen auf den Lippen und in seinen haselnußfarbenen Augen die Bitte, ihn möglichst in Ruhe zu lassen. Ihre Stirn allerdings runzelte sich etwas, nachdem sie den weißen Verband auf seiner sonnengebräunten Haut bemerkte. Daß ihr militärischer Leiter zu Unfällen neigte war ihr neu. Eher war er derjenige, der andere aus dem Schlamasel wieder herauszog – um dann vermutlich selbst im Schlamm zu landen.
Elizabeth kannte Männer wie John Sheppard, und sie waren ihr meist angenehm sympatisch, vor allem dadurch, daß sie sie einschätzen konnte. Allerdings wollte ihr das bei dem Major nicht immer gelingen.
„Sie sind schnell“, begrüßte sie ihn.
Johns Grinsen geriet noch ein wenig schiefer. Er zuckte mit den Schultern und wußte offensichtlich nicht so recht, wohin mit seinen Händen – oder vielleicht besser mit einer seiner Hände?
„Was kann ich für Sie tun, Dr. Weir?“ fragte er, ganz Offizier und Gentleman.
Elizabeth lehnte sich in ihren Bürosessel zurück. „Ich wollte Sie fragen, wie weit Sie mit Ihrem Team sind, Major“, erklärte sie dann mit einem kleinen Lächeln, „immerhin ist die erste Mission von AR-1 bereits in fünf Tagen geplant.“
„AR was?“ John riß die Brauen hoch, als er begriff, was er da gerade zum besten gegeben hatte. Einen Sekundenbruchteil später wuchs wieder dieses schiefe Grinsen in seinem Gesicht. „Naja, ich bin … so gut wie fertig.“
Elizabeth neigte fragend den Kopf. „So gut wie?“ Sie mußte wirklich ein lautes Lachen unterdrücken bei der Miene, die ihr Gegenüber zog. Das hatte sie vom ersten Moment an an John Sheppard gemocht: die Ehrlichkeit seines Mienenspiels.
„Ähm, naja, Ford habe ich gefragt. Er ist dabei.“ John zuckte wieder mit den Schultern.
Elizabeth mußte zugeben, es hätte sie auch gewundert, wenn es jemand anderes gewesen wäre außer Lieutenant Ford. Der junge Marine und Major Sheppard hatten sich vom ersten Moment an gut verstanden und wohl auch schon ein oder zwei „Männerabende“ miteinander verbracht. Wobei ihr auch zu Ohren gekommen war, WAS John Sheppard unter „persönlicher Gegenstand“ verstand: Die Aufzeichnung eines, zugegeben, legendären Footballspiels.
„Und dann … äh … habe ich noch Teyla Emmagan gefragt. Ich dachte, weil sie sich doch gut hier auskennt und wir ja auch irgendwie die Waren für unseren täglichen Bedarf erhandeln müssen, wäre es gar nicht schlecht ...“
„Ich weiß, daß Sie einige Athosianer den anderen Teams zugeteilt haben. Und ich persönlich halte diese Vorgehensweise für logisch. Sie haben recht, wir brauchen Handelspartner, um unseren täglichen Bedarf zu decken. Die Athosianer besitzen ein Handelsnetzwerk, das sie uns zugänglich machen können.“ Elizabeth lächelte freundlich. „Wie gesagt, ich stehe hinter Ihrer Idee, wenn sie auch etwas … unkonventionell ist.“
Augenblicklich verdüsterte sich Johns Gesicht. „Bates!“ knurrte er.
„Es geht jetzt nicht um die Frage nach unserer internen Absicherung“, entgegnete Elizabeth sofort. „Ich möchte wissen, ob Sie bereits ein viertes Mitglied für Ihr Team ausgewählt haben.“
Wenn möglich, hatte sie es eine Sekunde später mit einem schuldbewußten Schuljungen John Sheppard zu tun.
Elizabeth seufzte. „Also nein.“
„Das ist nicht so einfach, Dr. Weir“, verteidigte er sich lahm.
Sie vermied jeden Augenkontakt mit ihm, sondern begann, in ihren Unterlagen auf dem Schreibtisch zu wühlen, bis sie gefunden hatte, was sie suchte.
„Sie haben mehrere Außenteams zusammengestellt“, begann sie dann, „und ich muß sagen, Sie haben dabei wirklich gute Arbeit geleistet. Aber, John, ich darf Sie doch John nennen?“
Er nickte stumm.
„Aber, John“, fuhr Elizabeth fort, „ich möchte, daß Ihr Team das Flagschiff-Team für Atlantis wird. Und ich möchte, daß es ausgewogen all das repräsentiert, für das wir stehen in der Pegasus Galaxie.“
Nun sah sie doch auf und fand einen sehr nachdenklichen John Sheppard, dessen Blick nach innen gekehrt war und der die Stirn gerunzelt hatte.
„Ich kann mir vorstellen, daß das alles nicht leicht ist für Sie, John. Sie sind erst spät zur Expedition gestoßen, mußten quasi sofort die militärische Leitung übernehmen und Entscheidungen fällen, die Ihnen sicher alles andere als leicht gefallen sind“, erklärte Elizabeth mit weicher Stimme. „Ich weiß, wir beide stehen in der Kritik, und wir werden erst recht in der Kritik stehen, wenn wir jemals wieder Kontakt zur Erde aufnehmen können. Und daher möchte ich, daß wir zusammen arbeiten, Sie und ich. Und daß wir auch zusammenhalten. Tun wir das nicht, bricht diese ganze Stadt früher oder später auseinander.“
„Und was hat das jetzt mit meinem Team zu tun?“ wagte John zu bemerken.
Elizabeth lächelte.
Natürlich, da war einmal mehr die Diplomatin mit ihr durchgegangen. Aber andererseits … sie wünschte sich, daß das Experiment John Sheppard vollen Erfolg haben würde. Sie mochte ihn und seine Art. Umso schwerer fiel es ihr zuzusehen, wie er sich wegen so vieler Dinge selbst quälte.
„Nichts und doch alles“, antwortete sie. „Sie haben es im Moment besonders schwer, das sehe ich zumindest so. Und daher möchte ich versuchen, Ihnen den Rücken zu stärken.“
Er nickte andächtig und biß sich auf die Lippen.
„Gibt es denn einen Anwärter auf die leere Position?“
Die Stirn runzelte sich wieder. „Naja, ich dachte … Möglicherweise“, druckste er herum.
„Kann ich Ihnen vielleicht dabei helfen, diesen Anwärter zu überzeugen?“
John riß die Augen auf. „Ich … äh … Dr. Weir, entschuldigen Sie, aber meine Kämpfe bestreite ich lieber selbst. Bei allem Respekt, Mam.“
Aha, da war er also wieder, der John Sheppard, der Jack O'Neill so fasziniert hatte.
„Sind Sie sicher?“
Die Falte auf Johns Stirn wuchs, doch er nickte. „Ja, Mam“, antwortete er.
„Aber Sie kommen zu mir, wenn Sie irgendwann meine Hilfe brauchen. Ja, John?“
Wieder nickte er. „Natürlich, Dr. Weir.“
„Elizabeth für Sie, John.“ Sie lächelte.


Elizabeth. Elizabeth Weir …
John ließ gedanklich den Namen auf seiner Zunge zergehen, versuchte ihn zu schmecken, ihm neue Nuancen einzuhauchen, die alten zu entdecken.
Er begriff es als großen Vertrauensbeweis, daß die Leiterin der Expedition ihm angeboten hatte, sie beim Vornamen zu nennen. Und er war stolz darauf, daß sie es getan hatte, zeigte es doch, daß er offensichtlich auf dem richtigen Wege war.
Naja, fast! Zugegeben. Aber es war eben nicht so einfach, vier Leute zusammenzukratzen, die Atlantis representieren konnten und gleichzeitig seinem Anspruch als die besten der besten genügten. Seine Wahl, Rodney McKay, mochte nicht unbedingt die glücklichste gewesen sein, aber sie war definitiv eine logische. Allerdings eine, die sich wohl nicht erfüllen würde.
So waren seine Gedanken, als er endlich den Weg zurück zu seinem Quartier antrat, um nach der Katze zu sehen.
Nachdem er von Elizabeth entlassen worden war war er noch kurz in der Kantine gewesen und hatte eine Dose Büchsenfleisch erbeutet. Zwar keine Tier-, geschweige denn Katzennahrung, aber das beste, was er hatte kriegen können. Wenn er jetzt schon auf unbestimmte Zeit Katzenpapa spielen mußte, dann sollte es seinem vierbeinigen Gast zumindest an nichts fehlen.
Als er allerdings den Gang zu seinem Quartier betrat staunte John nicht schlecht, als er ausgerechnet Rodney McKay vor seiner Tür fand.
„Was machen Sie denn hier?“ staunte er mit aufgerissenen Augen.
Der Kanadier drehte sich zu ihm um und sah ihm entgegen. „Oh, ich wollte Sie besuchen. Sie haben etwas in meinem Labor liegenlassen.“ Damit präsentierte er John … die Zeitung.
Der Major erstarrte unwillkürlich, als er die Loseblatt-Sammlung wiedersah. Mist, er hatte wirklich vergessen, die Zeitung einzustecken, als er das Labor in Richtung Krankenstation verließ. Dabei hatte er doch noch daran denken sollen. Immerhin hatte McKay sich schon genug aufgeregt wegen der angeblichen Papierverschwendung. John wollte nicht auch noch den mysteriösen Herausgeber des Blattes gegen sich wissen. Er hatte ohnehin den starken Verdacht, die halbe Welt habe sich gegen ihn verschworen.
„Eine sehr interessant Zeitung übrigens. Sie sollten sich einmal den Bericht unter dem Leitartikel durchlesen“, erklärte Rodney mit einem breiten Grinsen.
John verzog das Gesicht. „Ich weiß, was da steht. Daß Sie einen Unfall mit dem Kaffee hatten gestern.“ Er griff nach der Zeitung, mit der Rodney vor seinem Gesicht herumwedelte, packte sie und brachte sie wieder an sich. „Danke, Dr. McKay.“
„Sie sollten wirklich einen Blick riskieren, Major. Könnte Ihnen vielleicht die Augen öffnen“, wiederholte der Kanadier.
John seufzte genervt und entfaltete die mittlerweile recht zerknitterte Zeitung. Als Leitartikel stand da immer noch Carson Becketts Suche nach willigen Testpersonen. Doch der Artikel über McKays Kaffeeunfall fehlte! War ersetzt worden! Mit einem Artikel über SEINEN Unfall mit dem Kaffee:
„Ungeschicklichkeit fordert Opfer – Major John Sheppard leicht verletzt“
„Das glaube ich nicht!“ Ungläubig starrte John auf die Schlagzeile. Dann blickte er wieder auf. „Und wer sagt mir jetzt, daß Sie die Zeitung nicht manipuliert haben?“
Falls er McKay damit verletzt hatte, ließ der es sich nicht anmerken. Er grinste immer noch.
Johns Stirn furchte sich noch mehr. Er kannte diesen Blick. Nicht speziell von Rodney McKay, aber von genug besseren Rekruten vor dem ersten Flug als ausgebildeter Pilot.
„Wenn ich die Zeitung manipuliert hätte, gäbe es mehr als genug Zeugen. Sie wissen, wo ich war“, entgegnete Rodney jetzt und tippte mit dem Finger auf die Zeitung. „Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Datumszeile lenken, Major. Das erklärt möglicherweise vieles.“
Das Datum? Was hatte das Datum damit zu tun?
John verzog unwillig die Lippen und senkte den Blick wieder. Und einen Moment später fielen ihm die Augen fast aus dem Kopf. „Das gibt’s nicht!“ entfuhr es ihm. „Das ist ...“
„Die Zeitung von morgen. Deshalb konnte sich die Schlagzeile ändern“, vervollständigte Rodney seinen Satz. „Und jetzt würde ich Sie gern in Ihr Quartier begleiten, Major, damit wir in Ruhe unser weiteres Vorgehen beraten.“
John stutzte. „Unser Vorgehen?“
„Aber natürlich.“ Rodney grinste breit. „Sie wollen etwas und ich will etwas. Es dürfte einfach sein, einen Konsens zu finden.“
„Einen Konsens?“
Nun war es Rodneys Stirn, die sich unwillig runzelte. „Haben Sie einen Papageien gegessen oder warum äffen Sie mich nach?“
John schüttelte den Kopf, zögerte dann doch noch eine halbe Minute, ehe er die Tür öffnete und seinem unerwareteten Gast den Vortritt ließ.
Die Zeitung von morgen? Sich verändernde Artikel? Was geschah als nächstes? Begann die Katze am Ende noch zu sprechen?
Beim Gedanken an die Katze fiel John sofort wieder die erbeutete Dose Büchsenfleisch ein, die er aus seiner Jackentasche befreite und sich erst einmal nach etwas umsah, was er als Napf benutzen konnte.
Rodney wartete ungeduldig, aber immerhin wartete er, bis John schließlich einen alten Metallteller hervorkramte, den er irgendwo aufgelesen hatte. Kaum hatte er die Dose geöffnet, als die Katze sich auch schon aus der Decke wühlte, vom Bett sprang und zu ihm kam, um ihm um die Beine zu schnurren.
„Könnten Sie sich vielleicht beeilen mit Ihrer Raubtierfütterung?“ beschwerte Rodney sich endlich und zauberte damit ein breites Grinsen auf Johns Gesicht.
Die grünen Augen der Katze zwinkerten ihm zu wie in stiller Übereinkunft. Dann hockte sie sich über den Metallteller und begann an dem Büchsenfleisch zu lecken, das er, wenig elegant, aus der Konserve befreit hatte.
„Guten Appetit.“ Johns Grinsen wuchs noch mehr, als die Katze begann wieder zu schnurren. Er mochte diesen Laut einfach, er erinnerte ihn an pure Zufriedenheit und das seidige Fell seines kleinen Katers aus Jugendzeiten.
„Major Sheppard?“
Johns Grinsen erlosch. Seufzend richtete er sich auf und drehte sich um. „Dr. McKay?“
Der Kanadier stand vor seinem Bett und begutachtete das Buch, in dem John las.
„Krieg und Frieden?“ Rodney drehte sich mit sichtlich irritierter Miene um.
Prompt strahlte John wieder. „Wenn schon was lesen, dann wenigstens was richtig langes, wichtiges und ergiebiges. Wundert sie das, Dr. McKay?“
„Ja … ich meine, nein … ich ...“ Rodney sandte ihm einen bösen Blick. „Ich denke, wir sollten zum Thema kommen.“
John schürzte die Lippen. „Sie wollen die Zeitung, aber nicht die Katze“, kommentierte er, „allerdings wage ich zu bezweifeln, daß es beides auch getrennt gibt. Ist sozusagen ein Komplettpaket.“ Er zuckte mit den Schultern und warf die leere Dose in seinen Papierkorb.
Rodneys Mimik spiegelte puren Neid.
„Wofür wollen Sie die Zeitung überhaupt? Gut, es ist die morgige Ausgabe, die irgendwie einen Tag früher kommt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie sie aus reiner Herzensgüte haben wollen, oder?“
„Wofür würden Sie sie denn benutzen? Als Unterlage im Katzenklo?“ kam es prompt zurück.
John runzelte nachdenklich die Stirn.
Er hatte einen Unfall verhindert und die Zeitung hatte sich verändert. Das bedeutete, er konnte in den Lauf der Geschehnisse eingreifen, Unfalle, Verletzungen oder schlimmeres verhindern und Atlantis damit ein bißchen sicherer machen. Für ihn Grund genug, die Zeitung zu gebrauchen.
„Oh, bitte nicht!“ stöhnte Rodney auf, was John wieder aus seinen Gedanken riß. „Sagen Sie mir nicht, daß Sie die Zeitung benutzen wollen, um Ihrem Heldenkomplex nachzugeben. Das ist … das ist widernatürlich!“
Sah man ihm wirklich so offen an, worüber er nachdachte? Möglicherweise sollte er dann etwas an seinem Auftreten, und vor allem seiner Körpersprache, arbeiten …
„Und für was würden Sie die Zeitung benutzen wenn nicht, um die Expedition zu retten?“ fragte er.
Rodney zuckte mit den Schultern. „Ist doch klar. Mit der Zeitung weiß ich immer, was wann und wo gefunden wird. Damit bin ich den anderen einen Schritt voraus und näher an meinem Nobelpreis.“
John stutzte. „Nobelpreis? In welcher Welt denn? Wir alle haben eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, falls Sie es vergessen haben. Außerdem halte ich es nicht für sonderlich fair, wenn Sie das Wissen der Zeitung ausnutzen, um Ihren persönlichen Ruhm zu mehren.“
„Oh, aber Ihrem Retterkomplex dürften Sie frönen, ja?“ ätzte Rodney ihn an.
„Ich möchte nur helfen und erwarte dafür keine Auszeichnung!“
Aber vielleicht, so dachte er, vielleicht würde es ihm mit Hilfe der Zeitung etwas leichter fallen, Anschluß zu finden und akzeptiert zu werden vom Rest der Expedition. Vielleicht würde er sich dann nicht mehr ganz so einsam fühlen wie er es im Moment tat.
Rodney winkte ab. „Blödsinn! Meinetwegen können Sie ja Super-Sheppard spielen. Ich möchte nur die Artikel über mögliche Entdeckungen und vielleicht den einen oder anderen neuen Übersetzungen.“
„Ich halte es für falsch, die Zeitung zum persönlichen Nutzen einzusetzen“, erklärte John. „Und ich wüßte nicht, warum ich Ihnen auch nur eine Seite überlassen sollte für einen solchen Zweck.“
Rodney grinste breit. „Weil Sie mich in Ihrem Stargate-Team haben wollen?“ entgegnete er. „Der Deal ist einfach: Sie überlassen mir die geforderten Teile der Zeitung und ich werde es zumindest in Erwägung ziehen, in Ihr Team zu kommen.“
„Und wenn ich es mir anders überlegt habe?“
„Haben Sie nicht. Sie wollen den besten Wissenschaftler, der steht vor Ihnen.“ Rodney reckte das Kinn.
Wenn er sich da nicht verrechnet hatte …
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