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Von oben gesehen von Astra

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Kapitel Bemerkung: Anmerkungen: Das ist eine völlig andere Sichtweise auf Weihnachten mit SG-1. Ich hoffe, sie gefällt Euch trotzdem.
Von oben gesehen


‚Ich glaube, ich werde alt’, dachte der Mann mit den vielen Namen. Weihnachtsmann, Papa Noël, Joulupukki, Sinterklaas… Oder Santa Claus, wie er in diesem Teil der Erde genannt wurde. Die Namen änderten sich, doch die leuchtenden Kinderaugen waren auf der ganzen Welt dieselben. Zum Glück konnte er sich mit der Bescherung der vielen Kinder mehrere Tage Zeit lassen, bis zum 6. Januar. In einer einzigen Nacht wäre das sonst alles gar nicht zu schaffen.

Und trotzdem musste er einen Fehler gemacht haben. Er schaute noch einmal auf seine Liste. Es war das Jahr 1995, und richtig, da war der Name: „Charlie O’Neill“. Er hatte einen neuen Baseballhandschuh für ihn in seinem Sack. Doch das Haus, vor dem er stand, wirkte merkwürdig kalt auf ihn. Als wäre es schon lange nicht mehr von Kinderlachen erfüllt gewesen.

Santa Claus schaute vorsichtig durchs Fenster. In der Ecke stand ein Weihnachtsbaum, doch er war dunkel. Auch das Zimmer selbst war nur spärlich erleuchtet. Am Tisch saßen sich ein Mann und eine Frau gegenüber, stumm. Die Frau sah aus, als hätte sie geweint.

Santa Claus schaute mit wachsender Besorgnis durch das Fenster. Er erinnerte sich noch genau an das Weihnachtsfest vor einem Jahr, als er hier eine glückliche Familie angetroffen hatte. Einen kleinen Jungen, der vor Aufregung nicht einschlafen konnte und immer wieder die Treppe hinuntergetappst kam. Bis ihn schließlich sein Vater ins Bett steckte, ihn liebevoll zudeckte und ihm erzählte, dass der Santa Claus nur dann käme, wenn die Kinder schliefen. Das hatte den Jungen überzeugt, und er hatte endlich seine Augen zugemacht. Sein Vater hatte noch eine Weile still an seinem Bett gesessen, war dann hinuntergegangen und hatte seine Frau umarmt und ihr einen Kuss gegeben.

Ja, so war es voriges Jahr gewesen. Dieses Jahr sprang derselbe Mann abrupt auf, griff sich seine Jacke und murmelte im Hinausgehen: „Ich muss hier raus, Sara, ich kriege keine Luft.“ Santa Claus drückte sich tiefer in die Ecke, doch der Mann sah ihn nicht. Tief in seine düsteren Gedanken versunken lief er mit ausgreifenden Schritten durch die schneebedeckten Straßen.

Santa Claus seufzte, dann strich er den Namen ‚Charlie O’Neill’ von seiner Liste. Er würde später genug Zeit haben, herauszufinden, was passiert war. In dieser Nacht wartete noch viel Arbeit auf ihn.

Einige Stunden später, in der Stadt mit dem merkwürdigen fünfeckigen Gebäude (was die Menschen heutzutage so alles bauten?), machte er eine kurze Rast. Er lag gut in der Zeit und hatte etwas Muße, die junge blonde Frau zu beobachten, die er seit ihren Kindertagen kannte. Die kleine Samantha war ihm in Erinnerung geblieben, weil sich ihre Wünsche von denen anderer Mädchen in ihrem Alter unterschieden. Sie wollte keine Barbie-Puppen, stattdessen stand auf ihrer Wunschliste einmal eine Dampfmaschine, ein anderes Mal ein Chemiebaukasten.

Das waren Dinge, die er normalerweise an kleine Jungs verschenkte, aber er war ein fortschrittlicher Gabenbringer, nicht so wie der alte verknöcherte Kerl, der den Job vor ihm gehabt hatte. Und sie war so ein liebes Mädchen, dass er ihr gern jeden Wunsch erfüllte. Bis sie leider zu alt geworden war, noch an ihn zu glauben.

Trotzdem hatte er all die Jahre bei ihr vorbeigeschaut, um zu sehen, wie es ihr ging. Obwohl das ziemlich schwierig war, denn fast jedes Jahr traf er sie und ihren Vater an einem anderen Ort an. Er hoffte sehr, dass sie glücklich war, sie wirkte immer so furchtbar ernst auf ihn. Seit ihr Bruder das Haus im Streit verlassen hatte, war sie noch stiller geworden.

Und auch im Moment schien sie alles andere als froh zu sein. Sie lief mit dem Telefonhörer am Ohr im Zimmer auf und ab und lauschte auf das, was am anderen Ende gesagt wurde. Ihr Gesicht verfinsterte sich, als sie antwortete: „Du hast es versprochen, Dad! Kann das denn nicht bis morgen warten?“ Dann war sie wieder still und hörte zu. Schließlich wich der Ärger in ihrem Gesicht Resignation.

„Ja, ja, ich verstehe schon. Das tue ich doch immer, nicht? Also, dann bis morgen, Dad.“ Sie legte auf, schaute seufzend zum hell erleuchteten Weihnachtsbaum hinüber und setzte sich dann an den Tisch, wo sie ihren Laptop aufklappte. Santa Claus ging noch ein wenig näher heran und sah mit Erstaunen einen Ring mit merkwürdigen Symbolen auf dem Bildschirm erscheinen. Er hätte gern noch weiter zugeschaut, aber die Pflicht rief.

So stieg er wieder in seine Kutsche und machte sich auf in die große Stadt mit den vielen hohen Häusern. Auch hier wollten die Kinder Geschenke haben. Nur oftmals hatten diese modernen Häuser keinen Kamin, und er musste sich durch die unmöglichsten Ritzen und Spalten schlängeln. Das war ziemlich schwierig, und zum hundertsten Male nahm er sich vor, bis zum nächsten Fest abzuspecken.

Als er einige Stunden später sich und seinen Rentieren eine Pause auf einem Dach gönnte, schaute er neugierig durchs Fenster dem jungen Mann mit den langen Haaren und der Brille zu, der in einem dicken Buch las. Er war in einen dicken Pullover gekleidet, offensichtlich war es nicht sehr warm in seinem Appartement. Hin und wieder rieb er die Hände aneinander, wie um sie zu wärmen.

Ein heißer Tee stand neben ihm, und ein paar Zweige mit Kerzen und Kugeln standen in einer Vase auf dem Tisch. Und doch strahlte dieses kleine Zimmer mit den vielen merkwürdigen Sachen, das eigentlich eher einer Rumpelbude glich, mehr weihnachtliche Wärme aus als das größte hell erleuchtete Haus, in dem er heute schon gewesen war.

Trotzdem wünschte Santa Claus, dass der junge Mann jemanden hätte, mit dem er diese Nacht gemeinsam verbringen könnte. Niemand sollte heute abend allein sein. Er schaute auf das Türschild, um sich den Namen zu notieren: Daniel Jackson. Mal sehen, vielleicht konnte er da ja was arrangieren…

Mit frischen Kräften begab er sich anschließend wieder auf seine Tour, und es dämmerte schon der Morgen, als er endlich die letzten Strümpfe füllte und Pakete unter Weihnachtsbäume legte. So, das wäre für heute geschafft. Müde flog er nach Hause, und auf dem langen Weg sah er immer wieder diese drei einsamen Menschen vor sich, die er heute nacht beobachtet hatte.

Er seufzte. Es war nie genug, was er tun konnte, es waren einfach zu viele Menschen auf der Welt. Doch diese drei waren etwas ganz Besonderes, das spürte er irgendwie. Er machte sich eine Notiz in seinen Kalender. Im nächsten Jahr wollte er auf jeden Fall nachschauen, was aus ihnen geworden war.



*****



Ein Jahr später

Der Mann in dem roten Kostüm mit dem weißen Bart war immer wieder erstaunt, wie schnell so ein Jahr verging. Es war nie genug Zeit für all die Dinge, die er eigentlich tun wollte. Und dabei hatte er liebe Kollegen, die ihm halfen, das Christkind und Väterchen Frost, auch Djed Moros genannt, mit seiner kleinen Snegurotschka, dem Schneeflöckchen. Und doch war das Weihnachtsfest 1996 viel zu schnell herangekommen.

Die letzten Tage und Wochen vor dem Fest waren wie immer von harter Arbeit erfüllt. Und er hatte noch keine Zeit gehabt, nach den Menschen zu sehen, die ihm seit dem letzten Jahr nicht mehr aus dem Kopf gingen. Er fürchtete sich auch ein wenig davor. Er fürchtete sich davor, nicht das zu finden, was er erhofft hatte.

Aus diesem Grund machte er seine Runde in dieser Nacht andersherum. So kam er zuerst in die Stadt mit den hohen Häusertürmen und landete auf dem Dach des Appartementhauses, in dem damals Daniel Jackson gewohnt hatte. Das Zimmer schien nun unbewohnt und nur noch als Abstellkammer zu dienen. Wer weiß, in welche Himmelsrichtung es seinen ehemaligen Bewohner verschlagen hatte.

Santa Claus schüttelte die dunklen Gedanken ab und arbeitete schnell seine Liste an Geschenken ab. Doch auch das machte ihn nicht froh. Wo waren die Zeiten hin, als er Kinder noch mit einem Teddy oder einem Ball glücklich machen konnte? Doch heute musste es unbedingt das neueste Computerspiel sein, und der passende Computer möglichst gleich dazu.

Und auch bei Kleidungsstücken musste er äußerst vorsichtig sein, sonst quengelten die Kinder: „Nein, das ziehe ich nicht an, das ist ja so uncool!“

Er seufzte schon wieder. Vielleicht wurde er ja doch langsam zu alt für diesen Job und sollte sich nach einem ruhigen Plätzchen für die Rente umsehen. Vorher aber wollte er noch nach Samantha sehen.

Schnell hatte er die Stadt mit dem fünfeckigen Haus erreicht, doch in Samanthas Haus wohnte jetzt ein älteres Ehepaar. Offensichtlich war sie wieder einmal umgezogen. Nun, die Nacht war noch lang, er würde sie schon noch finden.

Viele Stunden später kam er schließlich in die Stadt mit dem großen Berg. Er hatte lange gezögert, doch nun war sie die letzte, die noch auf seiner Liste offen geblieben war. Langsam näherte er sich dem Haus, in dem einmal Charlie O’Neill gelebt hatte. Er wusste inzwischen, was passiert war, und er fragte sich, wie die Eltern wohl damit fertiggeworden waren.

Genau wie das letzte mal schaute er vorsichtig durchs Fenster. Diesmal strahlte der Weihnachtsbaum in voller Pracht, und das Haus schien gleich nicht mehr ganz so trostlos zu sein. Was so ein paar Kerzen doch ausmachen konnten. Charlies Mutter überreichte gerade ein Päckchen an den Mann neben ihr. Doch irgendetwas stimmte nicht. Das war nicht Charlies Vater.

„Frohe Weihnachten, Dad!“ sagte die Frau in diesem Moment, und als der Mann sich umdrehte, sah Santa Claus, dass er viel älter war als sie. Obwohl er das nicht erwartet hatte, fühlte er doch Erleichterung, dass sie nicht ganz allein war an diesem Abend. Blieb also nur noch die Frage, wo Charlies Vater abgeblieben war.

Als er schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, fand er ihn schließlich. In dem Haus, das einmal der alten Lady gehört hatte, die offensichtlich im vergangenen Jahr gestorben war. Und nicht nur Jack O’Neill war darin, nein das ganze Haus war angefüllt mit Lachen und Gesprächen.

Santa Claus hielt den Atem an. Da stand Samantha Carter, und für ihn wirkte es so, als hätte sie schon immer hierher gehört. Sie unterhielt sich gerade mit Daniel Jackson, dem einsamen Mann aus dem Appartementhaus. Santa Claus war erleichtert. Hatte es also doch geklappt.

Dann ließ er weiter seine Augen schweifen und entdeckte noch mehr Besucher. Einen großen schwarzen Mann, der irgendwie steif und fremd in der Ecke stand. Und ein kleines Mädchen, das ihn jetzt gerade zum Tisch zog. Daran saß eine Frau, die er auch flüchtig kannte, Janet Fraiser. Dass sie eine Tochter hatte, war ihm allerdings neu. Sollte er wirklich ein Kind vergessen haben? Er schaute noch einmal auf seine Liste. Nein, eine Cassandra Fraiser stand nicht darauf. Das musste er sofort ändern.

Als er den Namen hingekritzelt hatte, kramte er in seinem Sack. Doch mehr als ein paar Nüsse und Cookies waren nicht verblieben. Er legte den mageren Rest aufs Fensterbrett, wo sie es sicherlich finden würde. Dann trat er leise den Rückzug an. Er wollte hier nicht länger stören. Gerade versammelten sich alle um den Tisch, um gemeinsam einen riesigen Truthahn zu verspeisen.

Ein letztes Mal ließ Santa Claus den Blick über die Menschen streifen, die hier zusammengekommen waren. Welch ein Gegensatz zum vergangenen Jahr. Er fühlte sich plötzlich leicht und froh.

Es war, trotz allem, kein schlechtes Jahr gewesen.

E N D E


Schlusswort: (diese FF hat im Dezember-04-Voting den 20. Platz belegt von 34 Stories)
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