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Let go von Lenari

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Kapitel 6


„Nicht so grob, Jack. Ich bin nicht dein Feind.“, presste Daniel unter Jacks Küssen hervor.

„Daniel.“, sagte O’Neill verwirrt.

Er blickte sich um, war orientierungslos. Er fand sich in einer Toilette wieder, wahrscheinlich die eines Flughafens.

Ist es schon soweit?

Jack versuchte, sich daran zu erinnern, was alles geschehen war, doch nur die letzten Fetzen seines Traumes - oder war es doch die Wirklichkeit gewesen - hingen in seinem Geist. Er konnte sich weder daran erinnern, wie er hierher gekommen war, noch, warum er das tat. Er hatte doch beschlossen, sich nicht so zu verabschieden und schon gar nicht, wenn sie jeden Augenblick erwischt hätten werden können.

„Auch wenn dir das vielleicht nicht gefällt, hier ist sicher nicht der richtige Ort für unsere Spielchen. Es könnte was kaputt gehen. Ich zum Beispiel.“, erwiderte Daniel amüsiert.

Jack hatte ihn also nicht wirklich verletzt. Darüber war er froh.

„Entschuldige.“, presste er dennoch reumütig hervor und hauchte einen Kuss auf die Lippen seines Liebsten.

Jackson fragte besorgt: „Bist du so, weil du nicht willst, dass ich gehe?“

„Ich tue dir weh, weil ich dich behalten will. Findest du diese Theorie nicht auch etwas absurd?“, stellte Jack eine Gegenfrage mit hochgezogenen Augenbrauen, um nicht wahrheitsgemäß auf die Frage zu antworten, denn das wäre wahrscheinlich ein klares Ja gewesen.

„Na ja, so kompensierst du deine Trauer.“

Daniel kannte ihn viel zu gut, als das er diesem hätte etwas vormachen können.

„Ach ja, Sigmund Freud. Dann verrate mir doch, wie du zu dieser Annahme kommst.“, entgegnete O’Neill zynisch.

„Ganz klar, das klassische Prinzip: Verdrängung.“, witzelte Daniel, fügte mit einem Grinsen noch hinzu: „Vielleicht auch noch ein kleiner Ödipuskomplex.“

„Wirklich interessant. Und welche Behandlung schlagen Sie vor, Doc.“, erwiderte Jack anzüglich, schmiegte sich enger an seinen Freund.

„Eindeutig Sextherapie.“, stellte Jackson nüchtern fest und küsste ihn leidenschaftlich.

Er würde doch noch einen gebührenden Abschied bekommen, so wie er es die ganze Zeit gewollt hatte.

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Samantha Carter war kurz davor gewesen, einzuschlafen, als plötzlich das EKG Alarm schlug. Ein nervig beunruhigendes Piepsen ließ sie aufschrecken. Auch Teal’c hatte es gehört und machte auf dem Absatz kehrt, um zu seinem Freund zurückzukehren. Sie warfen fast gleichzeitig einen besorgten Blick auf Colonel O’Neill, welcher heftig zu atmen begonnen hatte. Seine Augen bewegten sich unkontrolliert hin und her. Er bewegte sich seit langer Zeit wieder von selbst, aber sein Zustand war dennoch beängstigend, weil sein Puls unaufhörlich anstieg und es einem Schock gleichkam.

„Irgendetwas stimmt nicht.“, fuhr Sam auf. „Hol bitte Janet.“

Noch bevor Teal’c sich in Bewegung setzen konnte, war Doktor Fraiser auch schon bei ihnen. Sie hatte sowieso gerade nach O’Neill sehen wollen.

„Sein Puls rast. Vielleicht ein schlechter Traum.“, stellte sie nach einem kurzen Blick auf die Monitore fest.

Es war auf jeden Fall eine der ersten wirklichen Reaktionen, die sie von ihm empfingen und das ließ sie hoffen. Schon seit Tagen hatte sich an seinem Zustand nicht das Geringste geändert und sie hatte schon befürchtet, dass er nie wieder erwachen würde, aber jetzt sah alles wieder ganz anders aus. Nun war wieder alles offen.

Carter fragte hoffnungsvoll: „Bedeutet das, dass er aufwacht?“

„Möglich wäre es, aber ich bin mir nicht sicher.“, antwortete Janet ehrlich.

Sie wollte einfach auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, deswegen gab sie einer der Schwestern auch den stummen Wink, sich mit dem Devibrilator bereit zu halten. Sie hoffte jedoch, diesen nicht benutzen zu müssen. Es konnte nämlich genauso gut sein, dass es die letzten Lebenszeichen vom Colonel sein könnten, dass er wirklich eine Art Schock erlitten hatte und sein Herz aussetzen würde.

„Es könnte aber auch das Gegenteil bedeuten.“, riss sich Sam selbst in die Realität zurück, sprach damit aus, was ihre Freundin ihr nicht hatte sagen wollen.

Sie konnte nicht sagen, was schwerer für sie war: Es auszusprechen oder die Erkenntnis, die hinter diesen Worten lag. Wenn er zu kämpfen aufgehört hatte, würde selbst Doktor Fraiser ihn nicht vom Sterben abhalten können. Als hätte Teal’c ihre Gedanken lesen können - vielleicht waren es auch seine gewesen - legte er ihr schützend die Hand auf die Schulter. Ebenfalls um sie zu trösten und ihr Hoffnung zuzusprechen. Sie dankte es ihm stumm, indem auch sie ihre schlanken Finger auf die seinigen legte.

„Es ist ein gutes Zeichen, aber trotz allem könnte es noch Tage oder sogar Wochen dauern, bis er wieder zu sich kommt. Wir wollten ihn sicherheitshalber ruhig stellen, bevor er sich noch verletzt. Teal’c, halten Sie ihn bitte fest.“, ließ Janet alles offen und eine der Schwestern brachte ihr eine Spritze mit klarer Flüssigkeit. Im selben Augenblick beruhigte sich Jacks Atmung wieder und sein Herzschlag normalisierte sich. Es war fast so, als wäre nie etwas geschehen, als hätte es diesen Schub von Leben in ihm nie gegeben.

„Ich denke, das wird nicht mehr nötig sein.“, bemerkte Teal’c stoisch.

Doktor Fraiser nickte: „Gut. Rufen Sie mich, wenn sich wieder etwas ändert. Ich werde nachher noch ein CT anordnen. Wir sollten sichergehen, dass das Koma keine irreparablen Schäden hinterlassen hat, obwohl es bis jetzt nicht so aussieht.“

„Wir rühren uns nicht von der Stelle.“, erwiderte Sam und nahm ihren Platz an seiner Seite wieder ein.

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„Was zum Teufel…“, stieß Doktor Jackson geschockt hervor und stieß Colonel O’Neill von sich.

Sie hatten sich gerade geküsst. Wieso, wusste jedoch keiner von ihnen. Jack hatte sich ja noch nicht einmal neu orientiert. Aber das war eindeutig ein Fehler gewesen. Jetzt hatte er nicht nur irgendetwas gesagt, sondern auch getan. Genau davor hatte er sich die ganze Zeit gefürchtet. Er konnte es seinem Gegenüber ja nicht einmal erklären. Er verstand es ja selbst nicht ganz. Wenn er sich selbst schon für verrückt hielt, was musste dann erst Daniel von ihm denke. Sie hatten sich prügeln wollen und sich letztendlich geküsst. Am Liebsten wäre Jack tief im Erdboden versunken und das auf der Stelle.

Klasse hingekriegt, Jack! Besser hättest du Vollidiot das auch nicht machen können!

„Scheiße, wieso habe ich das denn nun schon wieder gemacht?“, zischte O’Neill sich selbst an.

Den jungen Mann ihm gegenüber versuchte er dabei zu ignorieren.

„Das würde ich auch gerne wissen.“, fügte Daniel verwundert hinzu.

Nur mit Mühe schaffte Jack es, diesen Einwand aus seiner Realität auszublenden. Er wollte sich einfach im Moment nicht mit dem Anthropologen auseinandersetzen.

Unbeirrt fauchte er weiter: „Langsam reicht es. Ich hasse Tagträume.“

„Sie träumen davon, mich flachzulegen?“, fragte Jackson überrascht, klang aber kein bisschen verlegen, geradeso als hätte ihm diese Situation nicht halb sosehr mitgenommen, wie es verständlich gewesen wäre.

„Ja,… nein,… ich meine… das interessiert Sie einen Scheißdreck.“, stotterte Jack verlegen.

Daniel blickte ihn einen Moment nur wissend an. Er wusste genau, was in dem sonst so harten Colonel vor sich ging. Dieser hasste das zutiefst.

„Und ich habe angenommen, dass Sie mich nicht leiden können. Sie sind ein sehr kranker Mensch.“, erwiderte Daniel, jedoch weder anklagend, noch verurteilend oder gar angewidert.

Viel mehr war Spott und eine gewisse Amüsiertheit aus seinen Worten herauszuhören. Was Jack nur noch mehr verwirrte.

„Ich kann Sie auch nicht leiden.“, wandte Jack sofort ein, fügte aber etwas kleinlauter hinzu: „Jedenfalls hier nicht.“

„Wissen Sie überhaupt, was Sie wollen?“, fragte Doktor Jackson ruhig.

Er nahm die Situation gelassener auf als O’Neill lieb war. Schon allein dafür hasste er ihn erneut und der Wunsch, sein Gegenüber zu schlagen, kehrte plötzlich wieder zurück. Er wusste nur nicht, wie es diesmal enden würde.

Jack antwortete ernst: „Ein Loch zum Verkriechen wäre nicht schlecht.“

„Damit kann ich leider nicht dienen. Vielleicht einen anderen Wunsch?“, erwiderte Daniel mit zweideutigem Grinsen.

In Jacks Verwirrtheitszustand bekam er diesen Unterton jedoch nicht mit.

„Dass Sie die Klappe halten, wäre schon mal ein guter Anfang.“

Jack nahm seine Mütze ab und fuhr sich durchs ergraute Haar. Er war konfus. Seine Gedanken rasen durch seinen Kopf, ließen ihn nicht mehr klar denken. Es war so vieles auf einmal geschehen, dass er es nicht so schnell verarbeiten konnte. So sehr er es auch versuchte, er konnte seine Gefühle nicht ordnen - sie nicht alle unter einen Hut bekommen. Da war der quälende, nie enden wollende Schmerz, den er seit dem ersten Tag verspürte, als seine Tagträume begonnen hatten.

Gleichzeitig die Wut. auf den Mann ihm gegenüber und die gleichzeitige Zuneigung, die er für Daniel empfand. So widersprüchlich sie auch waren, so wahr und real kamen sie ihm auch vor. So, als hätte er das alles schon einmal durchmachen müssen, als wäre es nicht das erste Mal, dass er so empfand. In einer Zeit vor den Träumen, an die er sich aber nicht mehr erinnerte. In einem anderen Leben. Im Grunde wollte er nicht einmal darüber nachdenken. Das einzige, wonach sich sein Herz sehnte, war die Tatsache, dass das alles schnell ein Ende nehmen sollte. Auf die eine oder andere Weise.

Daniel hakte nach: „Noch irgendetwas?“

Sein Grinsen wurde breiter. Noch deutlicher konnte er wirklich nur noch werden, wenn er das Kind beim Namen nannte, wenn er handelte, anstatt darauf zu warten, dass Jack den nächsten Schritt tat. Das würde dieser jedoch nicht tun, denn soweit war sein Geist noch gar nicht gekommen.

„Was?“

Zum ersten Mal seit dem Kuss, kam Jack wirklich wahr, war Daniel sagte und das irritierte ihn nur noch mehr. Er wurde aus dieser ganzen Situation, aus seinem Leben, nicht mehr schlau - hatte vollkommen die Kontrolle darüber verloren. Ein Grund mehr, der ihn zum Verzweifeln brachte, der ihn wütend auf Daniel werden ließ. Aber, dass dieser das alles auch noch so leichtfertig hinnahm, ihm sogar noch zweideutige Antworten vor die Füße warf, die soviel mehr versprachen als das Verständnis für die eigentliche Problematik, brachten ihn vollkommen aus dem Konzept.

„Sie haben mich schon verstanden, Jack.“, erwiderte Jackson ruhig und trat einen Schritt auf O’Neill zu.

Er hatte es satt, zu warten. Außerdem wollte er damit seine Worte unterstreichen und keinen Raum mehr für Spekulationen anderer Art lassen. Er wusste genau, was er zu tun hatte. Schon längst hatte er die Kontrolle übernommen und Jack schwamm im Meer seiner Willkür. Daniel hatte ihn vollkommen in der Hand.

„Das denke ich nicht.“, wandte O’Neill trocken ein.

Er schluckte schwer, als Daniel noch einen Schritt näher kam. Automatisch wich Jack zurück.

Jackson fragte verführerisch: „Was denn, kein Interesse mehr?“

Wieder kam er etwas dichter und abermals vergrößerte Jack den Abstand zwischen ihnen beiden wieder. Diesmal jedoch stieß er mit dem Rücken gegen die massive Steinwand der kleinen Kammer, in welcher sie immer noch festsaßen. Er war gefangen - konnte weder vor, noch zurück - und wusste nicht, ob er zulassen sollte, dass Daniel den Kuss wiederholte.

Bin ich denn überhaupt bereit dazu?

„Doch… nein… Ich weiß nicht. Sollten wir uns nicht lieber darüber Gedanken machen, wie wir hier wieder herauskommen. Die Deadline endet in sieben Stunden.“, versuchte O’Neill vom eigentlichen Thema dieser kleinen Unterhaltung abzulenken, sich aus der peinlichen und unangenehmen Situation zu befreien.

„Sehen Sie vielleicht einen Ausgang?“, entgegnete Doktor Jackson säuselnd und überwand das letzte Stückchen Freiraum zwischen ihren Körpern.

Er schmiegte sich an Jack, der vor Aufregung zu atmen aufgehört hatte, jetzt aber scharf die Luft ausstieß und laut seufzte. Er hatte nicht gedacht, dass sein ganzer Leib bei jeder noch so kleinen Berührung vor Verlangen erbeben, dass es sich so gut anfühlen würde.

„Nein.“, brachte er nur gepresst hervor, als nicht mehr als ein Flüstern.

„Zieren Sie sich eigentlich immer so?“, fragte Daniel amüsiert.

Eine Spur zu sehr für Jacks Geschmack.. Dieser wollte seinen Widerstand noch nicht ganz brechen lassen, auch wenn es genau das war, wonach alles in ihm schrie. Zum ersten Mal seit diese Träume begonnen hatten, war er sich wirklich sicher, was er wollte.

Daniel!

„Nur bei Ihnen, Daniel.“, hauchte er und hakte nach: „Sind Sie immer so direkt?“

„Nur bei Ihnen, Jack.“, antwortete Jackson und zog mit seinem Feigefinger kleine Kreise über O’Neills Brust, während er weiter sprach: „Küssen Sie mich jetzt endlich oder drucksen Sie noch weiter herum?“

Jacks ganzer Körper erschauderte unter dieser zärtlichen Berührung und der betörenden Stimme, die nur noch ganz leise an sein Ohr drang. Und dann küsste er Daniel. Er ließ sich einfach von der Ekstase des Augenblicks mitreißen. Er ließ sich endlich fallen.

Daniel!

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Als der Kuss nach einer schier endlos langen Ewigkeit endete, in welcher die Zeit still zu stehen schien, war Colonel O’Neill abermals in einer anderen Realität gelandet. Er befand sich wieder in der Flughafentoilette und hielt den Daniel in den Armen, mit dem er die letzten Jahre in einer festen Beziehung gelebt hatte und welcher nun im Begriff war, ihn zu verlassen.

„Lass mich gehen.“, bat Daniel ruhig und strich Jack zärtlich über die Wange.

Für einen Moment schloss dieser die Augen, schüttelte dann den Kopf und lehnte seine Stirn gegen die seines jungen Freundes.

„Ich kann nicht.“, erwiderte O’Neill traurig.

Es zerriss ihm das Herz, seinen Liebsten loslassen zu müssen. Er wollte es nicht. Nicht jetzt, wo er sich endlich klar darüber geworden war, was er wirklich wollte, wie er sich sein weiteres Leben vorstellte. Es war auf einmal alles so einfach und klar für ihn geworden. Alle Zweifel, alle Probleme schienen vergessen, aber wie immer im Leben waren sie auch allgegenwärtig. Er würde Daniel in dieser Welt nicht aufhalten können. Sie würden nie so leben können, wie er es sich erhoffte. Es stand immer etwas zwischen ihnen.

„Aber ich muss. Ich kann einfach nicht länger bleiben.“, versuchte Jackson ihn zu überzeugen.

O’Neill fragte hoffnungsvoll: „Kommst du wieder?“

„Ich werde immer da sein, wenn du mich brauchst.“, versprach Daniel und küsste ihn abermals, diesmal jedoch nur kurz, aber auch voller Liebe.

„Ich brauche dich jetzt.“, meinte Jack ernst.

Er hätte alles getan, damit der junge Anthropologe ihn nicht verließ, damit er bei ihm blieb. Aber er wusste auch, dass nichts, was er tun oder sagen würde, seinen Freund davon abgehalten hätte, zu gehen. dass es nichts geändert hätte.

„Nein, das tust du nicht.“, widersprach Daniel.

Entschieden schüttelte er den Kopf und trat einen Schritt zurück - löste sich aus Jacks leichter Umarmung.

„Versprichst du es mir.“, hakte Jack nach, um Zeit zu schinden, auch wenn er damit das Unausweichliche nur hinauszögerte.

„Ich verspreche es.“

„Wann kommst du zurück?“, wollte er als Nächstes wissen.

„Das weiß ich nicht.“, gestand Daniel ihm ehrlich.

Auch er war traurig, hatte jedoch das Gefühl, für sie beide stark sein zu müssen. Es war zu spät, um seinen Entschluss zu revidieren. Er war schon viel zu weit gegangen, um es jetzt ungeschehen zu machen. Er würde es auch nicht tun, selbst wenn er könnte. Er hatte sich entschieden und er stand dazu. Das war es, was er wollte, und selbst seine Liebe zu Jack würde ihn nicht aufhalten.

„Wieso nicht?“

Daniel entgegnete: „Ich weiß auch nicht alles. Ich kann dir nur versichern, dass ich da sein werde, wenn du meine Hilfe benötigst.“

Sie sahen sich tief in die Augen. Tränen waren in beiden Paaren zu sehen. Sie hatten einfach nicht erwartet, dass sie sich einmal auf diese Weise verlieren würden. Als einzige Option hatte Jack immer nur seinen eigenen Tod gesehen, nicht dass Daniel ihn verlassen würde. Das war für ihn schlimmer, als zu sterben. So würden sie beide zurückbleiben und mit der Sehnsucht und Einsamkeit klarkommen müssen.

Genau so muss es sich anfühlen, in der Hölle sein.

Es hatte sich bereits alles verändert. Sie redeten schon längst nicht mehr über einen Flug nach Ägypten, sondern über die Wahrheit. Über das, was wirklich real war. Eine Wirklichkeit, die noch schmerzvoller erschien als diese anderen Leben zusammen. Daniel war fort. Langsam, Schritt für Schritt, kamen all die Erinnerungen zurück. Der Schmerz blieb der Gleiche.

„Wir brauchen deine Hilfe jetzt.“, flehte Jack mit zitternder Stimme.

„Im Moment kommt ihr ohne mich aus. Eine Weile jedenfalls noch.“, erwiderte Jackson mit einem zuversichtlichen Lächeln.

Er war jetzt in warmes Licht gehüllt, ansonsten herrschte schwarzes, lautloses Nichts um sie herum. Sie standen sich einfach gegenüber, hatten längst einen gewissen Abstand zwischen ihre Körper gebracht. Auch wenn Jack das nicht gewollt hatte, hatte es doch sein müssen. Sie würden sich erneut trennen müssen, das war beiden bewusst.

„Aber du kommst wieder?“, fragte O’Neill hoffnungsvoll.

„Ja.“, antwortete Daniel ehrlich, nickte zur Bestätigung seiner Worte.

Er streckte seinen Arm aus und strich Jack mit der Hand abermals über die Wange, um ihn zu trösten, eine verwaiste Träne wegzuwischen. Noch immer hielten sie dem Blick des jeweils anderen stand, konnten sich einfach nicht abwenden. Keiner von ihnen wollte, dass es so endete.

„Bekomme ich einen Abschiedskuss?“

Wieder zitterte Jacks Stimme bei diesen Worten. Nur noch mit Mühe und Not konnte er weitere Tränen unterdrücken. Er wollte nicht zu weinen anfangen, nicht vor Daniel. Auch er wollte für sie beide stark sein, auch wenn alles in ihm danach schrie, es nicht zu tun.

Ich hasse das!

„Sicher.“

Kaum, dass sich ihre Lippen berührten, wurden beide auch schon von dem hellen, warmen Licht Daniels eingehüllt und sie spürten, wie es dem anderen in diesem Moment erging. Für beide war es überwältigend angesichts der Intensität der Liebe, die sie für einander empfanden.

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Leise drangen Geräusche an sein Ohr. Sie kamen ihm so bekannt vor, als hätte er sie schon öfter als einmal gehört. Ein pochender Schmerz breitete sich über seinen ganzen Körper aus, der taub und vollkommen kraftlos in einem Bett zu liegen schien. Bei jedem Atemzug durchzuckte ihn ein quälender Stromstoß aus purem Schmerz. Das Zentrum befand sich im Bauchraum und er erinnerte sich wieder an seinen aller ersten Traum: Er war angeschossen worden.

Es war alles wieder da. Die Erinnerungen an die Mission und seinen Verwundung, an Daniels Fortgehen sowie die Trauer über diesen herben Verlust. Er hatte sich gewünscht, dass es endete, dass diese Träume endlich ein Ende haben würden, aber nicht so, nicht auf diese Weise. Nicht mit der Tatsache, dass Daniel nicht mehr am Leben sein würde - mit der Erkenntnis, dass er jetzt einsam und allein sein Dasein verbringen musste.

Allmählich öffnete er die Augen, nur um sicher zu gehen, dass er sich auch wirklich nicht mehr in einem Tagtraum befand, sondern dass das hier die Wirklichkeit war, auch wenn sie ihm nicht gefiel. Dass er wieder zurück war - dort hin, wo er hingehörte. Er blickte genau in Major Carters Gesicht., welche seine Hand fest zwischen ihren Fingern hielt und leicht lächelte. Tränen traten ihr in die Augen. Sowohl aus Sorge als auch aus Freude. In diesem Moment wusste er einfach, dass diese Welt die richtige war.

„Er wacht auf!“, rief Samantha erfreut und fragte besorgt den Mann, an dessen Seite sie gesessen und gebetet hatte: „Colonel, können Sie mich hören?“

„Sam?“, fragte Jack mit schwacher Stimme.

Er konnte seine Augen kaum offen halten. Es erlangte fast seine ganze Kraft, sie anzusehen.

Bedacht entgegnete sie: „Wie geht es Ihnen, Sir?“

Noch immer hielt sie seine Hand fest im Griff und streichelte diese jetzt beruhigend mit ihrem Daumen.

„Wo bin ich?“, wollte er orientierungslos wissen.

Noch immer konnte er sich nicht bewegen.

„Auf der Krankenstation. Sie sind angeschossen worden, wissen Sie nicht mehr?“, antwortete Carter so gefasst, wie es ihr möglich war, auch wenn sie innerlich mit ihren Tränen kämpfte.

Sie wollte vor ihm nicht weinen, auch wenn es Freudentränen waren. Sie wollte für ihn stark sein, ihm die Kraft geben, ganz ins Leben zurückzukehren. Er konnte ihre Angst dennoch in ihren Augen lesen. Am Liebsten hätte er sie in den Arm genommen und getröstet - ihr gesagt, dass alles wieder gut werden würde - aber er fühlte sich so schwach. So leer und hoffnungslos. In seinem Herzen klaffte ein riesiges Loch und nichts in dieser Welt könnte es wieder schließen. Nur einer würde es schaffen, doch er - Daniel Jackson - würde nicht zu ihm zurückkehren. Jack musste einen anderen Weg gehen. Doch wie sollte er es seinen Freunden nur sagen?

„Es tut mir leid.“, hauchte er in die Stille des Raumes, wagte jedoch nicht, einen von ihnen anzusehen.

Eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange, als er kraftlos die Augen schloss und es geschehen ließ, zu sterben. Einfach seinen Körper aufzugeben und weiter zu gehen.

„Colonel?“, rief Sam ängstlich. „Jack!“

Seine Vitalwerte verschlechterten sich drastisch und um ihn herum begannen die verschiedensten Geräte an wie wild zu piepsen. Kurz darauf setzten sein Herzschlag und seine Atmung aus. Er hatte einfach aufgegeben. Er konnte und wollte nicht mehr weiterkämpfen. Er hielt diesen schmerzlichen Verlust nicht mehr aus. Er war zerbrochen, längst mit seinem Freund gegangen. Für ihn gab es nur noch eines, was er wirklich wollte, und das war bei seinem Liebsten zu sein - egal auf welche Weise.

Teal’c rief: „Doktor Fraiser!“

Diese kam sofort mit einem Notfallteam angelaufen. Ein verheißungsvoller, schrecklicher, anhaltender Piepton erfüllte bereits die gesamte Krankenstation. Allen war klar, was das zu bedeuten hatte. O’Neill lag im Sterben, doch noch würde ihn niemand aufgeben. Noch bestand Hoffnung. Sie betete, dass er nicht aufgeben würde, dass er wie immer kämpfte.

„Devi vorbereiten. Fünf Milligramm Ephi.“, wies Janet die Sanitäter an und begann bereits mit der Reanimation, während eine Schwester ihn mit Sauerstoff versorgte.

„Sofort, Doktor.“

Eine andere Schwester zog eine Spritze auf, während ein anderer Pfleger die Paddels vorbereitete, um Jack damit zu reanimieren. Das Ephiniphrin wurde in den Infusionsschlauch gespritzt. Doktor Fraiser nah die Paddels zur Hand, rieb sie kurz aneinander und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alle einen Schritt vom Bett zurückgetreten waren, platzierte sie diese routiniert auf Jacks Brust. Ein starker Stromstoss durchzuckte seinen Körper. Für einen Augenblick schlug sein Herz wieder, doch dass war nur die Wirkung des Devibrilators gewesen.

„Kommen Sie, Colonel. Kämpfen Sie.“, redete Janet auf ihn ein, während sie sich bereit machte, es noch einmal zu versuchen.

„Gib jetzt nicht auf, O’Neill.“, flehte auch Teal’c.

Er hoffte einfach, dass sein Freund ihn hörte.

„Zurücktreten!“

Noch einmal durchströmte ihn die Leben spendende Energie in der Hoffnung, sein Herz würde diesmal wieder zu schlagen beginnen.

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Epilog


Währenddessen befand sich Jack O’Neills Geist wieder in der Dunkelheit. Ein warmes Licht umströmte und schützte ihn, so wie es zuvor auch bei Daniel gewesen war. Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so wohl und leicht gefühlt, als könnte er einfach alles erreichen, wenn er nur fest genug daran glaubte. Aber im Grunde war er ja nicht einmal mehr am Leben. Er hatte seine Hülle all seine Lasten einfach abgestreift und in seinem alten Leben zurückgelassen. Er brauchte sie jetzt nicht mehr.

„Jack, was soll das? Du kannst doch nicht einfach so sterben?“, zwang ihn eine strenge Stimme, sich umzudrehen.

Er sah genau in das Gesicht von Daniel Jackson. Hier war alles, was er wollte. Hier war er zu Hause.

Patzig entgegnete Jack: „Wieso nicht?“

„Weil das nicht geht, deswegen.“, erwiderte Daniel hart.

Er konnte O’Neill einfach nicht verstehen. Der Mann, der immer gekämpft hatte, der nie hatte aufgeben wollen – dieser außergewöhnliche Mann stand nun vor ihm und war bereit, alles aufzugeben, wofür er gekämpft hatte. Er wollte einfach nicht mehr stark sein. Das war für Daniel unbegreiflich.

„Ich musste wissen, ob ich mit meiner Vermutung richtig lag.“, erwiderte Jack ehrlich.

Er machte keine Anstalten, es sich anders zu überlegen, um sein Leben zu kämpfen.

„Und was bringt dir das?“, wollte Jackson wissen.

„Ich will mit dir gehen.“

Daniel wehrte entschieden ab: „Das kannst du nicht.“

„Bin ich denn nicht gut genug?“, fragte Jack mit sarkastischem Unterton in der Stimme.

„Daran liegt es nicht. Es ist nicht dein Weg.“, antwortete sein Liebster beschwörend.

„Aber deiner?“, hakte O’Neill nach.

„Genau.“

Ein zustimmendes Nicken unterstützte seine Antwort.

„Und woher weißt du das?“, wollte Jack zynisch wissen.

„Ich weiß es einfach und, wenn du ehrlich bist, siehst du das auch so.“

„Nein.“, platzte es aus dem Colonel heraus.

„Jack!“, ermahnte Daniel ihn. „Es tut mir leid, aber ich kann das nicht zulassen.“

„Daniel, bitte.“, bat Jack traurig.

Er wollte seinen Freund nicht noch einmal verlieren. Er wollte viel lieber bei ihm sein. Egal in welcher Form.

Jackson blieb unnachgiebig, auch wenn es ihm schwer fiel, als er mit fester Stimme „Auf Wiedersehen.“ sagte.

„Nein, ich will keinen Abschied, kein Auf Wiedersehen.“, wehrte O’Neill ab, ergriff die Hand seines Liebsten.

„Etwas anderes wirst du nicht bekommen.“, erwiderte Daniel ernst.

Er wollte ja auch nicht gehen, seinen Freund alleine lassen, aber er musste. Er konnte es so nicht enden lassen. Er konnte nicht einfach ihre Gefühle über das Schicksal der ganzen Welt, des ganzen Universums stellen. Die Erde brauchte Jack noch immer. Er war ihre einzige Hoffnung. Jack musste Leben und die Goa’uld bekämpfen - das war sein Weg.

„Dein letztes Wort.“

Jack blickte seinen Kameraden fragend an. Auch er wusste, dass es falsch war, aufzugeben, aber es war um so vieles einfacher als zu versuchen, mit dem Verlust zu leben.

„Ich liebe dich!“, gestand Daniel ihm sanft und hauchte seinem Liebsten einen Kuss auf die Lippen.

Jetzt war es doch noch zu einem Abschied gekommen. Beide wussten, dass es unvermeidlich gewesen war, dass es nicht anders hätte kommen dürfen, und beide Schmerzte dieses Lebewohl. Aber in diesem Kuss lag auch ein stummes Versprechen. Dass sie sich eines Tages wieder sehen würden. Dass ihre Liebe nicht vorbei war, sondern lediglich eine weitere Hürde zu meistern hatte. Ihre Trennung würde nicht auf Dauer sein. Aus dieser Erkenntnis konnten beide genügend Kraft schöpfen, um die Einsamkeit zu überstehen.

Jack schlug die Augen auf und zog so scharf die Luft ein, dass er husten musste. Jeder Nerv und jeder Muskel in seinem Körper schmerzte. Ein Zeichen dafür, dass er lebte, dass es kein Traum war. In den Augen seiner Freunde konnte er die Sorge lesen, die er ihnen bereitet hatte. In diesem Augenblick erkannte er, dass Daniel Recht gehabt hatte. Sie brauchten ihn, auch wenn es ihm nicht gefiel, von seinem Liebsten getrennt zu sein. Er hatte gar keine andere Wahl, als zu kämpfen und zu hoffen, dass Doktor Jackson irgendwann zurückkommen würde.

O’Neill hatte gesehen, wie es hätte sein können, und er musste zugeben, dass es allemal besser war, seinen Freund zu vermissen, als seine Welt zu Grunde gehen zu sehen. Keine Welt war perfekt, aber es gab hier zumindest noch Hoffnung.

Ende
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