Stargate Fanfic Login
HilfeImpressumLexikon
Erweiterte Suche

Let go von Lenari

[Reviews - 0]   Drucker Kapitel oder Geschichte Inhaltsverzeichnis

- Schriftgröße +

Kapitel 5

 

 

„Was fällt Ihnen ein?“, brauste Colonel O’Neill auf und packte Doktor Jackson grob am Kragen.

 

Er konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte.

 

Dieser verrückte Wissenschaftler hat doch tatsächlich behauptet, dass mein bester Freund ein Wrack ist, dass er kein wertvolles Mitglied dieses Projektes mehr ist - nur ein Resultat des unerbittlichen Kampfes der Erde gegen den Rest des Universums. Hat er denn vollkommen vergessen, dass wir überhaupt nicht mehr existieren würden, wenn es Teal’c nicht gegeben hätte? Dieser Freak sollte sich nicht noch einmal anmaßen, einen von meinen Freunden so zu beleidigen, sonst werde ich ihn erschießen.

 

„Ach, kommen Sie, Jack. Dieser Jaffa ist zu nichts mehr zu gebrauchen.“, erwiderte Daniel und versuchte, sich loszureißen, was ihm aber nicht gelang.

 

„Der einzige, der hier überflüssig ist, sind Sie, Doc. Und für Sie heißt das immer noch Colonel O’Neill oder Sir. Haben wir uns da verstanden?“, fauchte Jack ihn an.

 

Am Liebsten hätte er sofort zugeschlagen, doch noch riss er sich zusammen. Es würde ihm nur Ärger einbringen, wenn er jetzt etwas Unüberlegtes tat. Das konnte er im Moment wirklich nicht gebrauchen. Er würde noch genug Probleme bekommen, sollte Teal’c seine Drohung wirklich wahr machen. Man würde früher oder später auf ihn zurückkommen und ihn wahrscheinlich vor das Militärgericht bringen. Er hoffte nur, dass sein Freund sich doch noch besinnen würde, glaubte aber nicht daran. Was ihm jedoch nur noch mehr Magenschmerzen bereitete, war, dass dieser Jackson genauso dachte und Teal’c damit nur noch in seinem Glauben bestärkte.

 

Daniel erwiderte provozierend: „Sie stehen wohl darauf, Ihre Macht zu demonstrieren, aber ich lasse mich von Ihnen nicht einschüchtern.“

 

„Schade, vielleicht sollte ich Sie dann gleich erschießen, dann kann ich mir die grauen Haare, die ich wegen Ihnen bekommen werde, ersparen.“, kam es sarkastisch von Colonel O’Neill, welcher den Griff nur noch verstärkte.

 

Er war drauf und dran…

 

Nein, diese Dummheit kann ich mir im Moment leider nicht leisten.

 

Er wusste, dass auch so schon genug auf ihn zukommen würde, wenn sie erst einmal von dieser Mission zurück waren. Es war längst etwas mit Teal’c passiert. Das spürte er selbst hier.

 

„Jack, bitte!“, flehte Major Carter beschwichtigend.

 

Sie hatte keine Kraft mehr für die Zankereien der beiden. Ihr Herz war so schon schwer genug. Zu viele Verluste hatte sie in letzter Zeit ertragen müssen und zu viel Misstrauen sowie Hass lagen in der Luft. Wenigstens außerhalb des Planeten Erde wollte sie ein wenig Ruhe haben, soweit es ging, zumindest.

 

„Lassen Sie sich von einer Frau etwa Befehle erteilen?“, stichelte der junge Anthropologe weiter, was eigentlich ganz gegen seine Natur war.

 

„Colonel! Doktor!“, wurde jetzt auch Samantha laut. „Jetzt reicht es aber. Das ist nicht die Zeit für eine handfeste Auseinandersetzung. Wir haben wichtigeres zu tun, als mit Ihrem Testosteron herumzuschleudern.“

 

Demonstrativ stemmte sie die Hände in die Hüften und schnaubte verächtlich. O’Neill ließ murrend von Daniel ab und schloss zu Carter auf. Den Wissenschafter, dem eben noch seine ganze Aufmerksamkeit gegolten hatte, würdigte er keines weiteren Blickes mehr, zumindest keinen für diesen offensichtlichen. Aus dem Augenwinkel heraus hatte Jack diesen aber genau im Visier.

 

O’Neill begann mit gedämpfter Stimme zu reden: „Du hast ja Recht, Sam, aber wurmt es dich denn gar nicht, dass er…“

 

„Doch“, fiel Carter ihm ins Wort. „…aber ich will nicht, dass dir auch noch etwas passiert. Was, wenn die Goa’uld auftauchen oder es doch noch Leben auf diesem Planeten gibt. Wir sollten das Risiko nicht eingehen. Du weißt, Teal’c würde das genauso sehen.“

 

„Im Moment wäre er jedoch lieber an Jacksons Stelle.“, erwiderte Jack patzig.

 

Mit zwei gesunden Beinen und uns um sich herum, fügte er in Gedanken hinzu.

 

„Sie reißen sich beide zusammen, sonst werde ich Sie Ihres Kommandos entheben und General Hammond vorschlagen, Sie beide in eine Arrestzelle zu stecken, bis Sie diesen albernen Zwist entweder überwunden oder sich gegenseitig erschlagen haben. Kapiert?“, befahl Sam laut genug, dass beide es hatten verstehen können und warf jedem von ihnen einen viel sagend vernichtenden Blick zu, der keine Widerrede duldete.

 

Sie war selten so aggressiv dem Colonel gegenüber, aber wenn doch, dann meinte sie es verdammt ernst und er tat lieber, was sie sagte, wenn er keinen Ärger mit ihr wollte. Im Augenblick war das nun wirklich nicht seine Absicht.

 

„Nicht übertreiben, Carter.“, sagte Jack zynisch, gab jedoch gleichzeitig klein bei.

 

Er wollte am wenigsten, dass sie auf ihn wütend war. Da nahm er auch in Kauf, dass sich dieser Doktor Jackson sonst was für eine Meinung bildete. Sam würde ihn noch früh genug hassen, wenn sie erst einmal zurückkehrte und sie das mit Teal’c erführ, was er getan hatte - so schwer ihm diese Entscheidung auch gefallen war.

 

„Was ist mit Ihnen, Doktor?“

 

„Was immer Sie sagen, Sam.“, murmelte er halblaut, während er sich ein Tuch um den Kopf band.

 

Er riss sich zusammen und fuhr sachlich fort: „Bei den Schriftzeichen handelt es sich übrigens um die alten Griechen. Eine Art altes Latein einer wahrscheinlich noch früheren Hochkultur. Es ist die ganze Zeit von Antikern die Rede. Das sind die ‚Erbauer der Straßen’. Es könnten durchaus die Sternentore gemeint sein. Aber das weiß ich erst, wenn ich alles übersetzt habe, was seine Zeit dauern wird. Allein alles auf Film zu bannen, wird seine Zeit in Anspruch nehmen. Zwölf Stunden werden wohl kaum ausreichen.“

 

Daniel blickte Major Carter bittend an, wollte ihre Unterstützung erlangen, denn er nahm nicht an, dass der Colonel so begeistert über eine Verlängerung wäre oder ihr gar widerstandslos zustimmen würde. Selbst, wenn sie über eine Waffe oder ähnliches gestolpert wären, würde er wahrscheinlich nur schwer Jacksons Worten nachgeben, aber auf die junge Frau mit dem kurzen, blonden Haar würde er hören.

 

Jack versuchte wenigstens professionell und unparteiisch zu klingen, als er fragte: „Irgendwelche Waffen oder andere Technologien?“

 

„Bis jetzt nicht, aber die Ruinen erstrecken sich über mehrere Kilometer in jede Richtung. Es wäre durchaus möglich, dass wir etwas finden.“, erwiderte Carter. Sie atmete erleichtert aus, als sie sicher sein konnte, dass sich die beiden Männer wohl wieder gefangen und endgültig zu streiten aufgehört hatten.

 

„Und Sie sind sicher, dass diese Aliens die Stargates erfunden haben, Doc.“, fragte O’Neill spitz.

 

Versteckte Aggression trat ganz deutlich aus seiner Stimme hervor, doch Sam hoffte, dass wenigstens Daniel sich beherrschen können würde. Noch einen Streit hätte sie wohl nicht verkraftet. Egal, welchen Schatz diese Ruinen auch in sich verbergen mochten, sie hätte die Mission auf der Stelle gekanzelt und wäre mit den Streithähnen zur Erde zurückgekehrt. Sie hatten wichtigeres zu tun, als sich wie verzogene Kinder zu benehmen, die um ein Spielzeug stritten.

 

„Irgendjemand muss es ja getan haben.“, entgegnete Jackson schnippisch.

 

„Und dieser jemand ist auch ganz sicher tot, ja?“, hakte Jack in seiner typisch flapsigen Art nach.

 

Daniel erwiderte, genervt die Augen verdrehend: „Nach all der Zeit wäre das eine logische Annahme.“

 

„Dann bringt uns dieser Planet wahrscheinlich nicht einmal etwas?“, folgerte Jack daraus.

 

Er wollte nicht länger als nötig hier bleiben und hatte aber auch keine Lust, die ganze Zeit durch die Gegend zu stiefeln. Andererseits würde die Rückkehr zur Erde auch nicht berauschender werden. Noch wollte er nicht aufbrechen, aber auch nicht unbedingt hier bleiben. Am Liebsten wäre ihm ein Kampf gewesen, in dem er seinem Dasein hätte ein Ende machen können, doch auch das war nur eine mehr als dürftige Alternative. Das konnte er Samantha auch nicht antun. Es war aussichtslos. Für eines musste er sich entscheiden und er würde das für sich im Moment noch kleinere Übel wählen.

 

Er konnte nur noch nicht sagen, welches es war. Daniel ertragen - sein Gesicht, seine Stimme, seine ganze Art, die ihn so verunsicherte - oder wahrscheinlich vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Der Tod stellte da noch die schmerzloseste Variante dar. Wenn ihm dieser Mann, der ihm wieder einmal gegenüber stand und so ansah, wenigstens nichts bedeuten würde, wenn er ihm egal wäre, könnte er noch weitere Stunden auf diesem Gottverlassenen Planeten verbringen, ohne unweigerlich durchzudrehen, doch so viel es ihm unendlich schwer. Die Träume, die er immer wieder hatte, hielten ihn davon ab, diesen Anthropologen wirklich zu hassen.

 

Viel mehr fühlte er sich verletzt, gedemütigt und einsam. Er wollte Daniel berühren, seine warme Haut spüren, ihm durchs Haar fahren oder ihn einfach nur unentwegt ansehen, doch all das konnte er nicht. Es schmerzte so sehr und zerriss ihm das Herz. Tief in ihm brach etwas und niemand ahnte etwas davon. Er hatte gelernt, seine Gefühle zu verbergen, doch im Augenblick wollte er einfach nur schreien und weinen. Es wuchs ihm alles über den Kopf, war einfach zu viel für ihn. Er hatte Mühe, überhaupt noch atmen zu wollen, geschweige denn, nicht einfach zusammenzubrechen. Ein Blick in Carters Augen und er wusste, wieso. Allein ihretwegen. Nicht auch noch ihn sollte sie verlieren müssen.

 

„Das würde ich nicht behaupten. Wir könnten erfahren, wie es funktioniert oder wie man es nachbauen kann.“, stellte Daniel die technologische Komponente dieses Trips heraus und hoffte, dass Sam ihn jetzt endlich unterstützen würde.

 

Sie konnten sich doch nicht beide gegen ihn verschworen haben. Wenigstens sie müsste doch objektiv geblieben sein, egal, was er über Teal’c gesagt hatte. Er hatte es ja nicht einmal so gemeint - er hatte diesem arroganten Colonel einfach nur einen Schlag versetzen wollen und deswegen nicht nachgedacht. Natürlich würde er es nicht zugeben, dazu war er einfach zu stolz.

 

„Das könnte Jahrhunderte dauern.“, wandte Carter realistisch ein, ohne sich jedoch eine Meinung zu bilden.

 

Natürlich würde sie so etwas interessieren, aber die Chancen standen schlecht, dass diese Wesen einfach mal eben die Baupläne zurückgelassen und in sauberes Englisch übersetzt hätten. Das wäre einfach zu schön um wahr zu sein.

 

„Oder aber wir finden nur ein stinkendes Kochrezept und verschwenden unsere Zeit.“

 

Jack war ebenso wenig überzeugt von diesem Argument, was er den jungen Wissenschaftler auch spüren ließ.

 

„Und wenn nicht?“, wehrte Jackson ab.

 

Er wurde bei der Inkompetenz und Ignoranz Jacks wieder wütend. Dieser gab Daniel ja nicht einmal eine Chance, sich zu beweisen, wie sollten sie dann miteinander auskommen. Aber noch wollte der junge Anthropologe nicht aufgeben. Dieser Mann musste eine Schwachstelle haben, Daniel hatte sie nur noch nicht gefunden. Wenn er wenigstens Sam als Unterstützung gehabt hätte, aber nicht einmal auf ihre zustimmenden Worte konnte er zählen.

 

„Sie müssen doch zugeben, dass der Nutzen für die Menschheit astronomisch wäre.“

 

„Nein, muss ich nicht.“, erwiderte O’Neill lapidar.

 

„Oh doch.“

 

„Nein.“

 

„Doch.“

 

Major Carter brüllte dazwischen: „Jungs! Verdammt noch mal, jetzt reicht es aber wirklich.“

 

„Nicht ausfällig werden, Carter.“, gab Jack zurück.

 

Aber ihr Blick zeigte ihm sofort, dass seine Sprüche jetzt auch nichts mehr bringen würden. Er würde es wieder gut machen müssen - irgendwie.

 

„Ich werde Sie beide nur noch einmal daran erinnern, dass ich von Hammond die Befugnis habe, Sie beide mit einen Tritt auf die Erde zurückzubefördern, wenn Sie sich nicht benehmen, und das werde ich auch tun, wenn Ihr euch nicht endlich wie Erwachsene benehmt.“, drohte sie mit eiserner Stimme, auch wenn ihr bereits Tränen in die Augen traten.

 

Sie war kurz davor, zu weinen anzufangen.

 

Flüsternd fügte sie hinzu, so dass nur Jack es hören konnte: „Bitte.“

 

Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, nahm er sie fest in den Arm und drückte sie an sich. Erste Tränen rollten über ihre Wangen. Der Schmerz der letzten Tage hatte sie einfach übermannt. Wie sehr wünschte er sich, ebenfalls Tränen vergießen zu können, doch dieses Glück war ihm nicht vergönnt.

 

„Es tut mir leid.“, hauchte er ihr zu.

 

Jack entschuldigte sich nicht nur dafür, sie wie der letzte Idiot benommen zu haben, sondern auch für all die Entscheidungen, die er in den letzten Tagen getroffen hatte: Für Teal’cs Tod besonders. Ihre Tränen verebbten und er löste sich langsam von ihr. Mit einem Nicken deutete sie ihm an, dass es ihr wieder besser ging. Er hatte eine Entscheidung getroffen.

 

Nach einem kurzen, aber lauten Räuspern, sagte O’Neill zu Sam, um von der Situation abzulenken: „Wieso kümmern Sie sich nicht um die Bodenproben, während Jackson alles filmt und ich mich etwas umsehe. Und nicht vergessen: Nicht weglaufen und nichts anfassen. Das gilt für Sie beide.“

 

Dann setzte er sich in Bewegung, ohne auch nur noch eine Erwiderung abzuwarten. Er wollte einfach nur alleine sein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

 

*****************************************************************************************************************************************

 

„Wie jetzt?“, fragte Daniel verwundert.

 

Er blickte O’Neill irritiert an, lag aber immer noch halb auf ihm. Sie hatten Sex haben wollen, doch Jack war die ganze Zeit nicht bei der Sache gewesen. Jetzt auch noch diese komische Bemerkung. Jackson wusste nicht, was er davon halten sollte.

 

„Was?“, erwiderte Jack konfus.

 

„Du hast doch gerade gesagt, dass ich nichts anfassen soll.“, stellte Daniel fest und setzte sich auf.

 

Sein Gegenüber tat es ihm gleich. Dieser musste sich erst einmal wieder orientieren. Noch immer klang der Tagtraum, dieses andere Leben in seinem Kopf nach, doch die Erinnerungen an das eben erlebte, verebbten bereits wieder. Nur noch schemenhaft konnte er sich an das erinnern, was er geträumt hatte.

 

O’Neill wehrte ab: „Habe ich nicht.“

 

„Doch, hast du!“<

 

„Nein, habe ich nicht.“

 

„Und ob du das hast.“, bestätigte Jackson noch einmal, aber diesmal mit Nachdruck.

 

„Hör auf damit.“, fauchte Jack ihn an, duldete keine weitere Erwiderung mehr.

 

Er war verwirrt, fühlte sich hin und her gerissen. Er glaubte nun vollkommen den Verstand verloren zu haben. Er brachte Traum und Wirklichkeit immer mehr durcheinander, wenn er überhaupt noch klar zwischen beidem unterscheiden konnte. Er wusste nicht einzuordnen, was welches darstellte. Langsam zweifelte er sogar daran, dass eine dieser beiden Leben real war. Alles erschien ihm wie ein langer, nicht enden wollender Traum. Beide Leben behagten ihm nicht. Immer verlor er jemanden, den er sehr gern hatte. Er schüttelte den Gedanken darüber ab und widmete sich den jetzigen Gegebenheiten.

 

„Jack, was ist eigentlich los mit dir? Du bist schon die ganz Zeit so komisch.“, riss Daniel ihn endgültig aus den Gedanken.

 

Er hatte Jack in die Arme geschlossen, nachdem er sic hinter diesen gesetzt hatte. Sie würden heute wohl nichts weiter tun als kuscheln und reden. Jackson gefiel das zwar gar nicht, aber er würde seinen Liebsten auch zu nichts überreden, was dieser absolut nicht wollte. So wollte er sich nun gar nicht verabschieden. Sie mussten das zwischen sich klären, bevor er in den Flieger stieg.

 

Jack wehrte ab: „Ich schlafe schlecht, das ist alles.“

 

Er fuhr sich übers Gesicht.

 

„Deswegen träumst du jetzt auch schon am Tage, was?“, versuchte Daniel einen Witz, doch seinem Freund war gar nicht zum Lachen zumute.

 

„Sehr witzig.“, erwiderte dieser murrend.

 

„Nicht böse sein.“, versuchte Jackson ihn zu beschwichtigen und gleichzeitig wieder in Stimmung zu bringen.

 

Einen Versuch schien es ihm jedenfalls wert zu sein, auch wenn er sich zu beherrschen und Jack die Entscheidung zu überlassen versuchte. Sie würden sich schließlich bald nicht mehr jeden Tag sehen, geschweige denn öfter als ein paar Mal im Jahr.

 

Mit sanfter Stimme fügte er hinzu: „Du weißt doch genau, dass ich mich mit dir nicht streiten will.“

 

„Jedenfalls nicht verbal.“, ergänzte O’Neill und zwang sich zu einem Lächeln.

 

„Du kennst mich wirklich viel zu gut.“

 

Daniel hauchte seinem Liebsten einen Kuss auf die Wange und setzte dann seinen Weg über den Hals und die rechte Schulter fort.

 

Abwesend fragte Jack: „Musst du nicht noch fertig packen?“

 

Er konnte einfach die bevorstehende Abreise seines Freundes nicht aus seinem Gedächtnis verbannen. Es schmerzte ihn zu sehr, ihn zu verlieren, auch wenn sie nur ein Ozean trennen würde und sie sich irgendwann in der Zukunft wieder sehen würden. Das machte es nicht gerade leichter.

 

„Das kann ich auch nachher noch. Ich brauche sicher nicht lange, bis ich mit dir fertig bin.“, witzelte Jackson und schickte seine Hände auf Wanderschaft.

 

Jack jedoch hielt sie sofort wieder davon ab und setzte sich auf die Bettkante. Er war nicht länger in Stimmung - war er von Anfang an nicht gewesen. Er hatte es für Daniel versuchen wollen, doch das war ihm so falsch vorgekommen, dass er dieses Gefühl jetzt nicht mehr unterdrücken, es nicht mehr aushalten konnte. Er musste raus. Nicht nur aus dem Zimmer, sondern auch aus seinen Träumen. Das er seinen Liebsten damit kränken würde, war ihm durchaus bewusst, aber wenn er nicht bald ging, würde er wahrscheinlich laut los schreien und vor Wut mit Sachen um sich zu werfen beginnen.

 

Er wollte doch nur endlich aufwachen, wissen, welche dieser Leben das Richtige war - wenn keines von ihnen der Realität entsprach, dann wollte er dorthin zurück, egal wie sie aussah. Er hielt alles für besser als dieser ständige Wechsel, diese Ruhelosigkeit und die Unwissenheit. Das brachte ihn fast um. So verzweifelt hatte er sich noch nie zuvor in seinem Leben gefühlt.

 

Ich vertraue langsam auf gar nichts mehr.

 

Seine Stimme klang erstaunlicherweise ziemlich ruhig, als er sagte: „Da magst du sogar Recht haben. Ich gehe etwas spazieren.“

 

Jack erhob sich, um das Schlafzimmer zu verlassen. Er hatte die Tür hinter sich wieder geschlossen, noch bevor Daniel irgendetwas hätte erwidern können. Er ließ ihn einfach im Halbdunkel zurück.

 

*****************************************************************************************************************************************

 

Das Letzte woran Colonel O’Neill sich erinnerte, war, dass er die Tür zu seinem Schlafzimmer zugezogen hatte, als er sich plötzlich zusammen mit Doktor Jackson in einer Geheimkammer irgendeines Gebäudes wieder fand. Es war anscheint alles ganz schnell gegangen, auch wenn Jack sich sicher nicht daran erinnern würde. Er war schon wieder von einem Leben in das andere gestolpert und jedes Mal schien es unerträglicher zu werden.

 

Ich will nicht mehr.

 

„Ich habe doch gesagt, nichts anfassen!“, fauchte er gereizt, um seiner Wut Luft zu machen.

 

Es galt nicht wirklich Daniel, aber das war ihm egal. Wenn er nicht einfach in Tränen ausbrechen wollte, musste er seinen Zorn und seine Verzweiflung anders katalysieren und der junge Wissenschaftler schien ihm das beste und auch einzige Opfer zu sei.

 

„Ich habe mich ja nicht einmal bewegt.“, verteidigte sich Jackson.

 

Er hatte wirklich nichts getan und beide wussten das, aber das spielte anscheinend keine Rolle.

 

„Wer denn sonst?“, erwiderte O’Neill ernst, wies damit alle Schuld von sich.

 

„Sie vielleicht. Schon mal an diese Möglichkeit gedacht?“, gab Daniel patzig zurück.

 

Jack entgegnete lapidar: „Nein, eigentlich nicht.“

 

„Sie haben sich an die Wand gelehnt.“

 

Daniel wollte diese anmaßenden Anschuldigungen und diese Arroganz, mit welcher sein Gegenüber ihm begegnete, nicht auf sich sitzen lassen.

 

Mich trifft schließlich keine Schuld.

 

„Habe ich nicht.“, protestierte O’Neill.

 

„Doch haben Sie.“

 

„Nein.“

 

„Müssen Sie eigentlich immer das letzte Wort haben?“, zischte Doktor Jackson wütend.

 

„Anscheinend bekomme ich es nicht, dann Sie plappern immer wieder dazwischen.“, entgegnete Jack besserwisserisch und mit einem sarkastischen Ton in der Stimme, für welchen sein Gegenüber ihn am Liebsten geschlagen hätte.

 

Im Grunde hatte er aber längst die Nase gestrichen voll davon, sich mit dem jungen Anthropologen zu streiten, wollte jedoch auf gar keinen Fall klein bei geben. Das würde bedeuten, dass er einen Fehler zugab, doch das stand nun einmal nicht zur Debatte.

 

„Ich rechtfertige mich lediglich.“, stellte Daniel klar.

 

O’Neill wandte prompt ein: „Lassen Sie es!“

 

„Ich werde es Ihnen doch nicht Recht machen.“, brauste Jackson erneut auf.

 

„Und wieso nicht?“, wollte Jack gereizt wissen.

 

„Weil ich Sie nicht leiden kann. Sie sind ein riesengroßes Arschloch.“, begann Daniel mit den Beleidigungen, weil er sich nicht nur in seinem persönlichen Stolz verletzt fühlte, sondern er auch nicht länger gewillt war, sachlich zu bleiben.

 

„Wie bitte?“

 

Jack glaubte, sich verhört zu haben. Er hatte ja viel von dem jungen Mann erwartet, aber nicht das. Von ihm selbst schon - da wäre es kein Wunder gewesen - aber nicht von diesem sonst so vor Selbstbeherrschung strotzenden Wissenschaftler. Zumindest noch nicht.

 

„Sie haben mich schon verstanden.“

 

O’Neill fauchte ihn an: „Was fällt Ihnen ein?“

 

„Ach, kommen Sie, Colonel. Als ob Ihnen das noch nie jemand gesagt hat.“, antwortete Doktor Jackson anmaßend.

 

„Nur Sarah und mit der war ich verheiratet.“

 

Der Colonel hatte unabsichtlich etwas von sich preisgegeben, etwas, dass er nicht gewollt hatte. Es erinnerte ihn sofort an Charlie und an den Verlust, den er damals erlitten hatte. Er vermisste seinen Sohn, ebenso wie Shau’ri und Skaara. Er schien jeden Menschen in seinem Leben, den er jemals geliebt hatte, verloren zu haben. Das machte ihn gefühlsmäßig angreifbar und verletzlich. Seine Vergangenheit war schon immer sein wunder Punkt gewesen und er hatte diese Karte nun in Daniels Hände gespielt. Dieser musste sie nur noch benutzen. Genau darauf versuchte Jack sich nun vergeblich einzustellen.

 

„Sie hatten einen kluge Frau.“, stellte der junge Archäologe fest, der von der Ehrlichkeit des Colonels überrascht worden war.

 

„Ja und Sie ist tot.“, erwiderte Jack verletzt.

 

Mit diesem Satz brachte er sich selbst noch mehr in Schwierigkeiten, aber das spielte für ihn jetzt auch keine Rolle mehr. Er war das Kämpfen und das Durchhalten leid. Er wollte nur noch endlich aufwachen.

 

„Tut mir leid.“, entgegnete Daniel reumütig.

 

Er hatte ein schlechtes Gewissen, auch wenn er nicht wusste, wieso. Vielleicht, weil es ihm nicht anders ergangen war. Niemand auf der Erde konnte nicht von sich behaupten, einen geliebten Menschen verloren zu haben, aber Jack hatte gleich zweimal die Liebe seines Lebens verloren. Das brachte mehr Leid mit sich, als der junge Mann seinem ärgsten Feind gewünscht hätte. Er hielt es für besser, nicht weiter in dieser Wunde herumzubohren. Das war dieser Streit bei weitem nicht wert.

 

„Als ob.“

 

Ich glaube Ihnen kein Wort.

 

„Was erwarten Sie eigentlich von mir?“, wollte Jackson wissen, der es dem Colonel anscheinend nie Recht machen konnte, auch wenn er freiwillig darauf verzichtete, diesen noch mehr zu demütigen.

 

O’Neill schrie ihm zornig entgegen: „Wenn Sie mich schon so fragen: Das Sie wieder verschwinden, Doc.“

 

„Würde ich ja gerne, wenn ich könnte, aber ich sehe hier leider kein Schild mit der Aufschrift ‚Ausgang’.“, konterte Daniel sarkastisch, mit einer Stur seines ganz eigenen Humors.

 

„Dann finden Sie eines.“

 

„Wieso? Ich habe uns schließlich nicht in diese Situation gebracht.“, brummte Jackson und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.

 

Er hatte nicht vor, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, geschweige denn, einen Ausgang zu suchen. Er fühlte sich hier drinnen eigentlich ganz wohl und konnte es gut und gerne eine Weile in dieser Geheimkammer aushalten. Wenigstens so lange bis sein Gegenüber sich bei ihm entschuldigt hatte.

 

Jack meinte nur: „Tun Sie es trotzdem!“

 

„Ich bin nicht einer Ihrer braven, kleinen Soldaten, also hören Sie endlich auf, mich herumzukommandieren.“, erwiderte Daniel unbeeindruckt.

 

„Ich kann Ihnen genauso gut meinen Willen einprügeln.“, drohte der Colonel.

 

Jackson blickte ihm herausfordernd entgegen, rührte sich ansonsten aber keinen Millimeter von der Stelle. Er legte es einfach darauf an - er wollte herausfinden, wie viel Wahrheit in der Drohung des älteren Mannes steckte, auch wenn es ihn einige harte Schläge kosten würde. Vielleicht wurde es auch endlich Zeit, dass sie es ein für alle Mal ausdiskutierten und hier drinnen würde Major Carter sie nicht davon abhalten können. Das hier ging nur sie beide etwas an.

 

„Versuchen Sie es doch.“


weiter: Kapitel 6

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.