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Let go von Lenari

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Kapitel 4

 

 

Es war spät geworden. Draußen herrschte bereits von Laternen durchbrochenes Dunkel. Nur im Schlafzimmer von Jacks Haus brannte noch Licht. Daniel war am Packen, während O’Neill im Bett lag, in einem Journal blätterte und nebenbei seinem Liebsten zusah, wie dieser Vorbereitungen traf, die zwangsläufig zu ihrem baldigen Abschied führen würde. Wie er seine sieben Sachen ordentlich in dem großen Koffer verstaute, immer wieder inne hielt, um zu überlegen, was ihm noch fehlte, ehe er in eines der anderen Zimmer schlenderte, um es zu holen.

 

Gerade war er aus dem Bad zurückgekommen, bepackt mit den verschiedensten Sorten an Duschgel und Aftershave. Nicht, dass das nicht noch Zeit gehabt hätte, aber er wollte sichergehen, dass er auch wirklich nichts vergaß. Er wollte keine weitere Zeit mehr verschwenden müssen, wenn es endlich Abschied nehmen hieß. Jack wurmte es gewaltig, jeden Tag an das unausweichliche erinnert zu werden. Er wollte Daniel nicht gehen lassen. Weder in ein paar Tagen noch in einigen Jahren. Nie. Der junge Anthropologe sollte immer bei ihm bleiben.

 

Jackson wollte spöttisch wissen: „Schmollst du immer noch?“, während er unablässig seine Habseeligkeiten verstaute.

 

„Darf ich nicht?“, hakte Jack knurrend nach.

 

„Es ändert nichts.“, blieb Daniel ehrlich und gelassen.

 

„Einen Versuch ist es wert.“

 

Colonel O’Neill hatte ein Déjà-vu-Erlebnis, als hätte er seinen Freund schon einmal ziehen lassen müssen. Als wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass sie schon einmal Abschied voneinander genommen und er das Gefühl gekommen hatte, dass sie sich wahrscheinlich nie mehr begegnen würden.

 

„Und du willst wirklich unsere letzten Tage so verbringen?“, wollte Daniel wissen und grinste seinen Liebsten dabei herausfordernd an.

 

Er hatte nämlich nicht vor, seine letzten paar Tage trostlos und streitend zu vergeuden. Er wollte sie viel eher in vollen Zügen genießen. Für ihn gehörte die intime Zeit mit Jack dazu - stand auch weiterhin ganz oben auf seiner Liste.

 

„Ich kann mich ja schon mal an unsere Situation gewöhnen.“, erwiderte dieser kühl.

 

Er war für das, was sein Freund von ihm verlangte, einfach nicht bereit: Ihn ziehen zu lassen. Und in Stimmung war er schon gar nicht. Schon gar nicht, wenn die gepackten Koffer überall herumstanden und ihn immer wieder schmerzlich daran erinnerten, dass er sehr bald abermals ganz allein in diesem, für eine Person viel zu großem, Haus sein Leben verbringen müsste. Allein bei dem Gedanken daran, zogen sich seine Eingeweide zusammen.

 

Sein Liebster raunte ihm betörend zu: „Ich werde aber nicht heute fliegen. Und ich will unsere gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießen.“ und sprach damit seine Wünsche aus.

 

„Und wenn ich nicht in Stimmung bin?“, fragte Jack wahrheitsgetreu, aber dennoch mehr als patzig.

 

Es kam wirklich eher selten vor, dass einer von ihnen keine Lust auf den anderen verspürte, aber wenn doch, dann hatte es meist triftige Gründe.

 

Einfach unser bisheriges Leben über den Haufen zu werfen, ist ein sehr guter, wie O’Neill fand.

 

Dafür, dass Daniel das ganz anders sah, konnte er nun wirklich nichts. Dass es für Daniel gerade deswegen so wichtig war, intim zu werden, konnte er ebenfalls nicht ändern. Aber auch an ihm nagte die Frage, wann sie wohl jemals wieder eine Nacht zusammen verbringen würden.

 

„Das hat uns doch noch nie davon abgehalten.“, hauchte Jackson ihm entgegen und kroch neben ihm aufs Bett.

 

Langsam zog er die schwere Decke beiseite und begann O’Neills Oberkörper mit Unmengen von kleinen Küssen zu übersähen. Er wollte seinen älteren Freund überzeugen, dass sein Plan, die restliche Zeit gemeinsam zu verbringen, viel sinnvoller wäre, als sich schweigend aus dem Weg zu gehen oder sich bis aufs Blut zu zanken. Jack drückte Daniel jedoch schon bald wieder von sich weg - hielt ihn mit ausgestreckten Armen auf Abstand - und schüttelte entschieden mit dem Kopf. Der griff um die Schultern des jungen Archäologen waren fest und unnachgiebig.

 

„Daniel, tu das nicht!“, bat Jack verletzt.

 

Der Schmerz stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Darauf wollte Jackson jedoch keine Rücksicht nehmen. Auch ihn quälte ihre Trennung, aber er versuchte wenigstens das Beste aus der Situation zu machen.

 

„Ach, komm schon, Jack! Höre endlich auf, dich wie ein kleines Kind zu benehmen.“, wurde er langsam aber sicher unbeherrscht.

 

Jack stellte sich in seinen Augen einfach unmöglich an. Sturheit was etwas, dass Daniel jetzt unter keinen Umständen gebrauchen konnte. Zumindest nicht, solange sie gegen ihn und seine Absichten gerichtet war.

 

Jack fauchte ihn ungehalten an: „Ich habe alles Recht der Welt dazu, schließlich bin ich es nicht, der hier wegen ein paar Steinchen eine langjährige Beziehung einfach so wegwirft. Eine Beziehung, für die ich jeden Tag aufs Neue alles riskiere, was mir wichtig ist.“

 

Er war lauter geworden als beabsichtigt und hatte ungewollt mit Beschuldigungen um sich geworfen, die nur noch mehr Probleme schufen, als sie lösten. Aber so schuldig er sich auch im Nachhinein gefühlt hatte, so zornig war er auch, weshalb er sich dafür auch einfach nicht entschuldigen konnte. Nicht nur, weil sein Gefährte ihn einfach so zurücklassen wollte, sondern vielmehr, weil er es selbst nicht verhindern konnte.

 

„So ist es nun auch wieder nicht und das weißt du.“, erwiderte Daniel mit dem kläglichen Versuch, nicht gekränkt und beleidigt zu klingen, die Äußerungen seines Freundes einfach zu ignorieren.

 

„Aber diese beschissene Ausgrabung ist dir wichtiger als ich es bin.“, fuhr O’Neill griesgrämig mit seinen Vorwürfen fort, ungeachtet dessen, ob die Empfindungen seines Gegenübers dabei Schaden nahmen.

 

„Ich sehe diese mehr als kleine Prüfung unserer Liebe an, aber du scheinst schon daran zu scheitern, bevor sie überhaupt beginnt. Wenn wir eine gemeinsame Zukunft wollen - und glaube mir, das will ich wirklich - sollten wir auch lernen, damit umzugehen. Du warst auch schon des Öfteren tagelang verschwunden und ich habe mich nie deswegen beklagt.“, wehrte Jackson ab.

 

Er wollte sich nicht rechtfertigen müssen, aber er hatte auch nie erwartet, dass sein Liebster es ihm leicht machen würde. Das war einfach nicht des Colonels Stil. Er hatte sich schon immer schwer damit getan, Dinge als gegeben hinzunehmen. Nicht einmal, wenn es um ihre Zukunft gegangen war. Am Anfang war es ihm unmöglich gewesen, überhaupt in Worte zu fassen, was sie einander bedeuteten, in welcher Beziehung sie zueinander standen.

 

O’Neill erwiderte Schuld zuweisend: „Nein, du hast jedes Mal einen Staatsakt daraus gemacht und mir Dinge an den Kopf geworfen, die ich nicht einmal in den Mund nehmen würde.“

 

Er ließ sich von seinem Kameraden keine Vorhaltungen machen. Das musste er sich nun wirklich nicht bieten lassen, schließlich war Daniel auch nicht gerade friedlich gewesen, wenn er von einem Auftrag heimkehrte. Er hatte es sich nie aussuchen können. Außerdem war er immer wieder nach Hause gekommen und nicht dort geblieben, wo er sich auch immer aufgehalten hatte. Nur weil er wusste, dass jemand auf ihn wartete, hatte er all die Jahre nicht zu kämpfen aufgehört, nicht aufgegeben. Allein um ihn - Doktor Daniel Jackson - wieder zu sehen.

 

„Ich darf dich aber auch daran erinnern, dass dein Job viel gefährlicher ist als meiner.“

 

„Das sagt der, dessen Eltern von ihren geliebten Steinchen erschlagen wurden.“, wurde Jack jetzt endgültig niederträchtig.

 

Diese Aussage war härter getroffen, als er gewollt hatte. Am Liebsten hätte er die Zeit zurückgedreht und es ungeschehen gemacht, als er seinem Freund in Augen sah und dessen Schmerz in ihnen lag, doch das konnte er nicht. Er wollte sich schon entschuldigen, als Daniel auch schon zu einer Erwiderung ansetzte.

 

Jackson konterte ebenso hart: „Und dein Sohn hat sich mit deiner Dienstwaffe in den Kopf geschossen.“

 

„Das reicht! Verschwinde!“, fuhr Jack ihn an und wies mit dem Finger zur Tür, während dieser ihn nun vollends von sich herunterschubste.

 

In ihm keimten dieselben Schuldgefühle auf wie in seinem jungen Freund. Das war einfach zuviel für ihn gewesen. Er hätte alle Vorhaltungen verkraftet, nur das nicht. Nie hätte er geglaubt, dass Daniel soweit sinken würde. Dass dieser sich auf sein Niveau begab. Jack war nicht besser gewesen und das wusste er auch, aber erwartet hatte er solch einen Schlag unter die Gürtellinie von dem jungen Linguisten nun wirklich nicht. Das schmerzte.

 

Er konnte die Abwehrhaltung Jacksons ja verstehen und hätte im umgekehrten Fall sicher genauso gehandelt, aber er schaffte es einfach nicht, über seinen Schatten zu springen, die Wut in seinem Bauch zu verdrängen und die Angelegenheit vernünftig zu klären. Das war um so vieles leichter, als sich mit ihrer momentanen Situation sachlich auseinandersetzen zu müssen.

 

„Du hast doch damit angefangen.“, schnauzte Daniel zurück, machte keine Anstalten, sich vom Platz zu bewegen. „Ich werde mich von dir sicher nicht kränken lassen und es einfach hinunterschlucken.“

 

„Ich wollte dir ja auch nicht wirklich wehtun, es ist mir nur herausgerutscht. Aber ich wollte… ach, ich weiß auch nicht.“, resignierte Jack nun doch noch.

 

Er konnte seinen Freund dabei jedoch nicht in die Augen sehen. Er hätte dem Blick seines Gegenübers eh nicht standhalten können. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass Daniel gehen würde, egal was er sagte oder tat. Es war unausweichlich und nicht mehr zu ändern. Schlimmer noch, er würde nicht erst in ein paar Tagen verschwinden, sondern sofort, wenn sie nicht zu streiten aufhörten. Er würde dann vielleicht auch nie mehr zurückkehren. Das wollte O’Neill nun wirklich nicht riskieren. Er liebte Daniel doch über alles und wollte nicht, dass sie so auseinander gingen. Sie hätten nichts dadurch gewonnen.

 

Jackson, welcher bereits dabei gewesen war, aufzustehen - er hatte sich entschieden, dass es besser für beide wäre, wenn er im Gestezimmer schlafen würde - wurde von Jack am Arm zurückgehalten. Der Blick des Älteren bat ihn beschwichtigend, wieder Platz zu nehmen und doch noch alles in einem vernünftigen Ton zu klären, ihn nicht in ihrem Schlafzimmer allein zu lassen. Ein leichtes Nicken als Zustimmung signalisierte Jack, dass auf Daniel es nicht so gemeint hatte.

 

Wenigstens ein Anfang.

 

„Ich weiß.“, sagte dieser schließlich resignierend.

 

Er ließ sich aufs Bett zurücksinken und lehnte sich an seinen Geliebten. Körperkontakt, die Nähe zum Partner war genau das, was sie jetzt so dringend brauchten. Zärtlich strich er Jack über die Brust, wanderte mit seiner Hand unaufhörlich tiefer. Berührungen hatten bei ihnen schon immer mehr Bedeutung gehabt, als Worte es je konnten, und in diesem Fall sprachen sie all das aus, was sie nicht zu sagen fähig waren.

 

Daniel wollte sich auf eine ganz besondere Art und Weise bei seinem Freund entschuldigen, sich mit ihm aussöhnen, und hegte die Hoffnung, dass er nun endlich auch wollen würde. O’Neill ergriff ihm am Handgelenk noch bevor er das ersehnte Ziel erreicht hatte, und hielt ihn somit von weiteren Aktivitäten ab. Er war zu diesem Schritt lange noch nicht bereit. So vieles musste er noch loswerden, einiges war trotz allem noch anzusprechen.

 

„Ich hasse es, wenn wir uns streiten. Das hält uns immer vom Spaß ab.“

 

„Daniel, ich sagte doch schon, dass ich nicht in Stimmung bin, und das hat sich auch bis jetzt noch nicht geändert.“, meinte Jack versöhnlich.

 

„Was nicht ist, kann ja noch werden.“, erwiderte Jackson zweideutig grinsend und fügte manipulierend hinzu: „Außerdem werden wir in Zukunft kaum noch Gelegenheit dazu bekommen, über einander herzufallen.“

 

„Dann gehe nicht.“, versuchte O’Neill noch ein letztes Mal, seinen Freund zum Bleiben zu bewegen.

 

Er nahm nicht an, dass sein Beitrag von Erfolg gekrönt sein würde. Ebenso wenig, wie die anderen Unterhaltungen über dieses Thema. Daniel schüttelte entschieden den Kopf.

 

„Ich muss gehen.“

 

„Nein, Daniel, musst du nicht.“, stellte sein Gegenüber in alter Manier klar.

 

„Jack, bitte! Akzeptiere es einfach.“, bat Jackson eindringlich.

 

„Nicht mehr heute Nacht.“, resignierte Jack wenigstens zum Teil.

 

„OK, dann schlage ich vor, dass wir jetzt schlafen und morgenfrüh noch einmal darüber reden.“, verschob Daniel die Unterhaltung und kuschelte sich enger an seinen Kameraden heran.

 

Er hatte all die Vorbereitungen, die noch zu treffen waren, längst vergessen. Es war ja auch noch etwas Zeit.

 

O’Neill stimmte ihm schläfrig zu: „Ich nehme nicht an, dass ich auch nur ein Auge zubekomme, aber ich glaube, dass es so am Besten wäre.“

 

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Colonel O’Neill sah schon zum x-ten Mal auf die Uhr, doch weit und breit war keine Spur des Wissenschaftlers zu entdecken, auf welchen sie jetzt bereits geschlagene zwanzig Minuten warteten. Pünktlich hatte die Besprechung bekommen, doch weiter als bis zu einem höflichen ‚Guten Tag’ waren sie bis jetzt noch nicht gekommen. Es herrschte lediglich betretenes Schweigen. Langsam wurden sie ungeduldig und Jack schwor sich, dass er diesen Doktor Jackson nicht ungeschoren davonkommen lassen würde. Eine Standpauke würde das Mindeste sein, was dieser sein anhören müssen würde.

 

„Dieser Typ von Wissenschaftler macht ja nicht gerade einen netten ersten Eindruck. Der ist schon zweiundzwanzig Minuten überfällig.“, zischte er Major Carter genervt zu.

 

„Jetzt bin ich aber beleidigt, Sir.“, gab diese im spöttischen Ernst zurück.

 

„Nichts gegen Sie, Carter, Sie sind schließlich keine Zivilistin. Außerdem kommen Sie doch nie zu spät.“, wehrte Jack winkend ab. Im selben Augenblick schnellte die Tür auf und ein junger Mann Mitte Dreißig betrat den Raum.

 

Dieser presste abgehetzt hervor: „Entschuldigen Sie die Verspätung, aber ich bin von einem überkorrekten Airman aufgehalten worden.“

 

Daniel setzte sich verlegen auf Teal’cs Stuhl, was Jack innerlich zum Kochen brachte. Wenn er aufsah, war er es gewohnt gewesen, in das Gesicht des nüchternen und logischen Jaffa zu schauen, in welchem er all die Unterstützung fand, die er brauchte, um eine Mission durchführen zu können. Noch schlimmer als die Tatsache, dass da niemand mehr saß und ihm zunickte, war, dass er nun die Augen dieses Freaks vor sich hatte, welchen er bereits seit dem Wissen von dessen Existenz nicht ausstehen konnte. Allein für diese Anmaßung wäre O’Neill am Liebsten an die Decke gegangen und hätte diesen Wissenschafter achtkantig hinauswerfen können.

 

„Dann sollten Sie vielleicht nächstes Mal einfach pünktlicher sein, Doc.“, fauchte er ihn stattdessen nur genervt an und warf ihm einen alles vernichtenden Blick zu.

 

Etwas in O’Neill sträubte sich mit aller Macht dagegen, diesem Mann zu vertrauen, ihm etwas zu verzeihen, dass er gar nicht gesagt oder getan hatte, und etwas für ihn zu empfinden, dass weiter ging als Zorn. Seine Träume und die Geschehnisse mit Teal’c hatten ihn voreingenommen werden lassen. Es musste doch einen Grund geben, warum das alles geschah. Nie war schließlich etwas in seinem Leben ohne bestimmten Zeck passiert.

 

Aber mehr als all das sträube er sich gegen die Gefühle, die tief in seinem Herzen aufkeimten. Empfindungen, die er einfach nicht zulassen wollte, es nicht konnte. Es schmerzte zu sehr, zerriss seine Seele und machte ihn so unendlich verletzlich. Er versuchte, sie auszusperren, sie nicht an sich heran zu lassen, doch es gelang ihm nicht. Das machte ihn nur noch wütender. Auf sich, seinen Gegenüber - die ganze von Good verdammte Welt.

 

„Sie müssen Colonel O’Neill sein. Man hat mich schon vor Ihnen gewarnt. Sie wollen mich wohl nicht in Ihrem Team, weil ich den Außerirdischen ersetze.“, entgegnete Doktor Jackson ernst und beugte sich herausfordernd vor.

 

Nur ein knapper halber Meter trennte die beiden jetzt noch voneinander. Es war geradezu eine Einladung für Jack, die Beherrschung zu verlieren, aber er raufte sich zusammen, weil er genau wusste, dass es alles nur noch schwieriger machen würde, als es sowieso schon war, und er wollte doch unbedingt weg von diesem Ort, wo ihn alles daran erinnerte, dass er einmal mehr versagt hatte, wie schon so oft in den letzten Jahren. Er brauchte Ablenkung, einen Kampf - einen Krieg - irgendetwas, um seinen Zorn freien Lauf lassen zu können.

 

„Erstens: Sein Name ist Teal’c und er mag es gar nicht, wenn man als Alien beschimpft. Zweitens: Sie können ihn niemals ersetzen, sondern von Glück reden, wenn Sie überhaupt überleben. Und Drittens: Es würde mich nicht im Geringsten kratzen, wenn Sie ins Gras beißen würden.“, erwiderte Colonel O’Neill hart.

 

Am Liebsten hätte er ihn über den Tisch gezogen und windelweich geprügelt, nur um ihm heimzuzahlen, was dieser nie begangen hatte, um die Qualen in seiner Brust zu lindern. Er wusste jedoch auch, dass es nichts ändern, dass der Schmerz nur stärker werden würde. Er war innerlich am Verzweifeln, doch das ließ er sich mit keiner Faser seines Körpers anmerken. Dieser Blöße konnte und wollte er sich nicht hingeben. Die Trauer saß tief und auch das Gefühl eines Abschiedes, um den er nicht gebeten hatte. Etwas in ihm war zusammengebrochen, gestorben, als hätte er einen unsagbaren Verlust erlitten, doch er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.

 

„Colonel, bitte!“, ermahnte ihn General Hammond erbost.

 

Dieser konnte nicht ganz begreifen, wie sein stellvertretender Kommandeur nur so die Fassung verlieren konnte, was in seinem Freund vor sich ging.

 

„Entschuldigen Sie, Sir. Ich wollte nicht respektlos sein, jedenfalls nicht zu Ihnen.“, gab O’Neill gepresst hervor, bedachte Daniel jedoch auch weiterhin mit einem vernichtenden Blick.

 

„Vielleicht sollten wir jetzt anfangen, General.“, versuchte Major Carter die Situation zu entschärfen, indem sie einfach zum eigentlich Thema überging.

 

„Richtig.“, stimmte Hammond ihr dankbar zu, dass wenigstens einer seiner Leute noch nicht in den Sog des Zornes geraten war. „Ihre nächste Mission geht nach M47-239. Auf dem Planeten herrschen optimale Lebensbedingungen, es gibt sogar einige verlassene Ruinen, die Sie sich genauer ansehen werden.“

 

„Ich bin begeistert.“, platzte es patzig aus Jack heraus. „Wäre doch ein toller Spielplatz für Sie, Doc. Vielleicht sollten wir Sie dort gleich mal zurücklassen.“

 

Den letzten Satz hatte er durchaus ernst gemeint, auch wenn er es mit Sarkasmus zu verschleiern versuchte. Er war dem General gegenüber respektlos, sich so kindisch aufzuführen, doch Jack konnte es einfach nicht lassen. Allein die Anwesenheit dieses Anthropologenfreaks provozierte ihn. Fast noch mehr, als einen Goa’uld neben sich zu wissen. Der Schmerz saß tiefer als der über Shau’ris und Skaaras Versklavung.

 

Ich sehne mich nach den Beiden.

 

Das eine Jahr auf Abydos war das Beste seines Lebens gewesen. Noch immer ohrfeigte er sich selbst dafür, das Tor nicht geschlossen zu haben.

 

„Sehr witzig, Colonel. Wirklich sehre witzig.“, erwiderte Doktor Jackson zynisch.

 

Er verstand die Feindseeligkeit seines Gegenübers nicht. Weder wusste er, was er getan, noch was er falsches gesagt haben sollte. Er war doch gerade erst angekommen und hatte O’Neill nie zuvor gesehen. Es schloss also darauf, dass es sich nur um diesen Jaffa handeln konnte, dessen Platz er hatte einnehmen müssen.

 

Ironisch fragte Jack: „Oh ja, finden Sie?“

 

„Hat das M.A.L.P. Hinweise auf die Kultur gegeben, die dort mal existiert haben muss.“, hakte Major Carter ein.

 

Sie versuchte sich von dem Hahnenkampf nicht beeindrucken zu lassen. Keiner von ihnen konnte gewinnen, die beiden Männer mussten das nur noch einsehen. Es war ja nicht einmal klar, warum sie sich eigentlich so absurd aufführten.

 

„Nur, dass sie mit keiner uns bekannten Zivilisation übereinstimmt, die wir bis jetzt kennen lernen durften.“, antwortete Daniel ruhig.

 

Wenigstens einer von ihnen schien von der Voreingenommenheit unberührt geblieben zu sein.

 

„Dann sollten wir vielleicht gleich ein ganzes Team an Archäologen dort vergessen, um auch alles erfassen zu können.“, mischte Colonel O’Neill sich anmaßend ein.

 

Er hasste nicht nur diese Art von Missionen, weil er sich jedes Mal hatte mit diesen Geschichtsspinnern herumplagen müssen, obwohl Teal’c auch gereicht hätte, er konnte es auch nicht ausstehen, sich unnütz zu fühlen. Kurz gesagt: Er langweilte sich zu Tode und diesmal würde ihm keiner dabei Gesellschaft leisten können. Er vermisste seinen Freund, wenn er nur daran dachte.

 

Hammond drohte: „Noch so eine Bemerkung von Ihnen, Jack, und ich suspendiere Sie auf unbestimmte Zeit.“

 

Diesem ging die Aggressivität des Colonels langsam aber sicher zu weit. Ein Machtwort war längst überflüssig gewesen, aber er hatte einfach gehofft, dass es auch ohne gehen würde. Er verstand, was in Jack vorgehen musste, aber auch er konnte nichts an dem momentanen Zustand ändern. Er konnte Teal’c nicht heilen und auch Doktor Jackson nicht wieder wegschicken. Auch er hatte Entscheidungen anderer zu respektieren und Befehlen zu folgen, die ihm oft nicht zusagten.

 

„Versteh schon: Klappe halten.“

 

Jack lehnte sich zurück, als Zeichen, dass er sich ab jetzt zusammenreißen würde, auch wenn er bezweifelte, dass er das lange durchhalten würde. Carter brauchte ihn jedoch - er konnte und wollte sie nicht mit diesem Freak allein lassen - er konnte sie nicht auch noch verlieren. Das wäre zu viel für ihn gewesen. Außerdem hatte er auf der Mission noch genug Gelegenheiten, seine Spitzen loszuwerden.

 

„Wir erhoffen uns natürlich, dass Sie eine brauchbare Waffe oder wenigstens wichtige naturwissenschaftliche Erkenntnisse finden. Wenn nicht, wird dieser Planet als ungeeignet eingestuft.“, stellte Hammond unmissverständlich klar, was Daniel jedoch nicht ganz zu begreifen schien oder es einfach nicht hinnehmen wollte.

 

„Man sicherte mir aber zu…“, begann dieser, wurde jedoch schroff unterbrochen.

 

„Ich habe Ihnen gar nichts versprochen, Doktor Jackson. Colonel O’Neill obliegt die Entscheidung, welchen Nutzen diese Ruinen in sich bergen. Vorerst gewähre ich Ihnen eine Frist von zwölf Stunden, danach sehen wir weiter.“, erläuterte der General mit Nachdruck.

 

„Aber das reicht nicht einmal…“, setzte Doktor Jackson noch einmal an, doch ihr Vorgesetzter war bereits aufgestanden und im Begriff, den Konferenzraum zu verlassen.

 

„Wegtreten.“

 

Auch Colonel O’Neill erhob sich und hatte kurz darauf den Raum verlassen. Daniel blickte Carter verwundert an, aber sie konnte auch nur mit den Schultern zucken. Sie verstand keinen der beiden. Sie verhielten sich sonst eigentlich nie so abweisend und uneinsichtig.

 

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„Es ist jetzt schon über eine Woche her, seit er angeschossen wurde, und er ist immer noch nicht aufgewacht. Auch wenn er noch so stabil ist, besteht immer noch die Möglichkeit, dass er nie wieder aufwachen wird. Was, wenn du mich fragst, tausendmal schlimmer ist. Jack würde nicht so vor sich dahinvegetieren wollen.“, überlegte Carter laut an Teal’c gewand.

 

„Willst du die Hoffnung aufgeben, Major Carter?“, fragte er leicht verwundert.

 

Er konnte ihre negativen Gedanken nicht verstehen. Sie war doch sonst auch nie so hoffnungslos gewesen und hatte immer auf Jacks stärke vertraut.

 

„Das nicht, aber wir können ihn doch nicht ewig hier verrotten lassen. Er wird bereits künstlich ernährt. Was, wenn er nicht wieder aufwacht?“, fragte sie mit zitternder Stimme, die Tränen unterdrückend, die in ihren Augen ruhten.

 

Sie hatte immer damit rechnen müssen, dass sie irgendwann solch eine Entscheidung hätte treffen müssen, seit er sie vor Jahren darum gebeten hatte. Kein anderer würde das für sie übernehmen können. Sie hatten diese Abmachung getroffen, als sie zur zweiten Mission aufbrachen. Nach Daniels Tod lag es nun bei ihr allein, die Belange des Colonels zu regeln, Entscheidungen über seinen Besitz und sein Leben zu treffen, sollte solch ein Ereignis eintreten. Sie hatte immer gehofft, dass es nie dazu kommen würde, aber nun war es geschehen. Doch sie wollte ihn nicht gehen lassen, so sehr es sie auch quälte, ihn so zu sehen. Sie wollte nicht noch einen Menschen verlieren, der ihr so viel bedeutete wie Daniel.

 

Teal’c blieb optimistisch, als er sagte: „O’Neill ist stark, er wird wieder genesen.“

 

„Er hat sich ja nicht einmal richtig bewegt. Nur seine Augen können nicht stillhalten, aber sie zu öffnen vermag er dennoch nicht.“

 

Angst schwang in ihrer Stimme mit, denn sie begriff einfach nicht, warum ihr Freund nicht aufwachen wollte, was ihn davon abhielt, die Augen zu öffnen und zu ihnen zurückzukehren.

 

„Ich habe mich über seinen Zustand informiert. Es wird beschrieben, wie Patienten ihr Leben noch einmal träumen, eine Art zweite Chance, um Fehler wieder gut machen zu können. Vielleicht macht O’Neill gerade Ähnliches durch. Es hilf ihm sicher, wieder ins Leben zurückzufinden, wenn wir bei ihm sind. Davon bin ich überzeugt.“, versuchte der Hüne Samantha aufzumuntern.

 

In seinen Augen war noch nichts verloren. Solange O’Neills Herz schlug, wusste er einfach, dass sein Freund wieder gesund werden, ins Leben zurückkehren würde.

 

„Hammond sieht das etwas anders. Er hat uns bereits Morgen für eine Mission eingeteilt. Mir hat er die Leitung übertragen. Es ist zwar nur Personenschutz für einige Wissenschaftler, aber dennoch fühle ich mich, als würde ich Jack hintergehen.“, sagte sie mit schlechtem Gewissen.

 

Seinen Platz einzunehmen, während er um seine Existenz focht, behagte ihr überhaupt nicht.

 

„Ich bin sicher, dass O’Neill es verstehen würde. Er konnte, soweit ich mich erinnere, diese Art von Missionen sowieso nicht leiden.“

 

Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, auch wenn ihr nicht danach zumute war. Der Jaffa neben ihr hatte Recht. Für Jack wäre eine Verletzung und die daraus resultierende Bettruhe eine sehr gute Ausrede gewesen, ihr diese Mission aufs Auge zu drücken und stattdessen das Krankenhauspersonal zu terrorisieren. Aber wenn er wach wäre, würde es ihr leichter fallen, zu einem anderen Planeten aufzubrechen.

 

Wissend entgegnete Sam: „Das hat er zwar immer behauptet, aber es machte ihn glücklich, Daniel dabei zuzusehen, wie dieser Dinge tat, die ihm Freude bereiteten. Missionen, auf denen wir glücklich waren, waren für ihn die Besten von allen. Ich weiß ja nicht einmal, wie wir es ohne ihn schaffen sollen, gegen die Goa’uld zu bestehen.“

 

Sam schloss die Augen. Eine einzelne Träne bahnte sich langsam, aber unaufhörlich ihren Weg über ihre Wange.

 

„Gib die Hoffnung niemals auf, Samantha Carter. Ich vermute, O’Neill ist nicht allein mit seinem Kampf.“

 

Teal’c legte ihr beschwichtigend und tröstend die Hand auf die Schulter.

 

„Wir sind ihm jedenfalls keine große Hilfe.“, erwiderte Sam bekümmert.

 

Der Jaffa stellte richtig: „Ich rede nicht von uns. Daniel Jackson wird seinen Freund nicht im Stich lassen.“

 

„Er ist tot, Teal’c.“, gab Carter ernst zurück.

 

„Aufgestiegen.“, korrigierte er.

 

„Wie auch immer.“, wehrte Samantha ab. „Für mich ist das dasselbe und für Jack auch.“

 

Oh Daniel, du fehlst mir so.

weiter: Kapitel 5

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