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Let go von Lenari

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Kapitel 2

 

 

Zwei Hände legten sich von hinten auf seine Augen. Allein diese sanfte Berührung ließ Jack erschauern, da er genau wusste, wem sie gehörten. Er kannte diese schmalen, behutsamen Finger nur zu gut. Er hatte sie oft gespürt, waren mit der Zeit zu einem beständigen Teil seiner Welt geworden. Dennoch kam es ihm irgendwie falsch vor. War er nicht gerade noch in einem Krankenbett gelegen, hatte geträumt und solch einen schmerzlichen Verlust in seinem Herzen verspürt. Jetzt wusste er auch, wieso. Der Besitzer dieser Hände hatte ihn dazu gebracht, innerlich zu zerbrechen. Nur Stück für Stück und ganz langsam, aber unaufhörlich.

 

Aber er war hier bei ihm, berührte ihn, atmete in seinen Nacken und hauchte leise Worte in sein Ohr: „Rate, wer ich bin!“

 

Das untermauerte nur noch Jacks Annahme. Diese leicht raue Stimme kam ihm ebenso bekannt vor wie seine eigene. Die Gefühle waren echt, so etwas konnte man unmöglich träumen. Es war so real, es konnte kein Traum sein. Er überlegte, ob nicht vielleicht eingeschlafen sei und das andere wäre ein Traum gewesen oder aber er hatte einen kleinen Ausflug in die Welt der Phantasie gemacht, obwohl ihm diese Welt ebenso real vorgekommen war. Wie konnte das sein. Er konnte es sich nicht erklären, aber er wollte im Moment auch nicht wirklich darüber nachdenken. Er war nur froh, dass sein Freund bei ihm war und ihn berührte, auch wenn sich dieser im Augenblick wie ein großes Kind benahm.

 

„Ich erkenne dich an der Stimme, ich hoffe, dass dir das klar ist, Daniel.“, entgegnete O’Neill trocken.

 

„Ich bin nicht Daniel.“, wehrte Doktor Jackson ab und schüttelte entschieden den Kopf, was Jack natürlich nicht sehen konnte.

 

„OK, wer denn dann?“, beschloss dieser mitzuspielen.

 

So konnte er seinen Freund wenigstens etwas ärgern. Ratespielchen boten schon immer die richtige Grundlage dafür, sich mal wieder so richtig dumm zu stellen. Außerdem half es ihm, seinen merkwürdigen Traum im Traum zu vergessen.

 

„Ich gebe dir einen Tipp: Ich bin gro߅“, begann Daniel.

 

Und wurde sofort von Jack unterbrochen: „Teal’c.“

 

„Nein!“, protestierte Jackson murrend. „Ich bin sexy…“

 

Wieder fiel sein älterer Freund ihm ins Wort.

 

„Carter.“

 

O’Neill machte dieser Ratespiel umso mehr Laune, desto genervter sich sein junger Freund fühlte. Ein frustriertes Seufzen entfuhr diesem, als er diesen Namen vernahm. Er hatte sich von Anfang an von dieser blonden Schönheit bedroht gefühlt und das hatte sich bis jetzt auch nicht geändert. Jack wusste das nur zu gut, weshalb er sie auch mit ins Spiel gebracht hatte. Das würde dem Anthropologen wenigstens eine Lehre sein, so etwas nie wieder zu versuchen.

 

„Jack, ich war noch nicht fertig und lustig finde ich das auch nicht.“, brüskierte er sich.

 

Daniel mochte es gar nicht, von seinem liebsten so aufs Korn genommen zu werden. Das dieser es auch nie lassen konnte, ihn so zur Weisglut zu treiben.

 

„OK, OK, mach weiter.“, erwiderte Jack resignierend, dachte aber gar nicht daran, jetzt schon so einfach nachzugeben, nur weil sich sein Freund auf den Schlips getreten fühlte.

 

„Und ich habe silbergraues Haar.“, beschrieb Daniel das Bild vor seinen Augen weiter.

 

„Siller?“, stieß Jack, ohne groß darüber nachzudenken, hervor. „ Also der ist wirklich niedlich. Vielleicht manchmal etwas tollpatschig, aber das reizt mich irgendwie an ihm.“

 

Er ließ sich bestimmt gegen Jacksons Brust sinken, so als würde ihm dieser Gedanke gefallen, was er natürlich nicht tat. Er mochte Sgt. Siller, aber nur als Kollegen. Auf jeden Fall verfehlte sein Ausspruch sein Ziel nicht, denn sein Gefährte begann leise und misstrauisch zu knurren. 

 

 Dieser protestierte dann umso lauter: „He! Das ist auch nicht witzig.“

 

„Also, ich finde schon.“, gab Jack ehrlich zurück und grinste über das ganze Gesicht.

 

Daniel hatte die Wahl zwischen brutalem Ignorieren - etwas, das auch ihm nur Nachteile gebracht hätte - und der Überwältigungstaktik, für welche er sich dann auch entschied.

 

„Na warte.“, fuhr er auf, wirbelte seinen älteren Freund herum und küsste ihn leidenschaftlich.

 

Mit einem kräftigen Schubs landete Jack dann auf dem Sofa. Dort kniete Daniel sich über ihn und begann erneut, seine Lippen zu liebkosen. O’Neill beschloss daraufhin, dass wohl genug gescherzt wurde. Es war Zeit zur Sache zu kommen. Etwas worauf er sich jeden Abend freute, selbst wenn nichts weiter als Kuscheln dabei herauskam.

 

„OK, OK, du bist also meine Wenigkeit. Nennt man das hier dann eigentlich Selbstbefriedigung oder zählt es eher zu Inzest?“, wollte er wissen, da er sich diese Frage nun doch nicht verkneifen konnte.

 

„Du machst es mir ja sehr einfach.“, stellte Daniel, zwischen zwei Küssen auf Jacks nackte Haut, fest.

 

„Immer.“, bestätigte sein Liebster nur zufrieden schnurrend.

 

Seine Divise für heute war klar: Gewehrt wird sich ein anderes Mal. Wenn sein junger Freund Lust auf ihn verspürte, wäre er der Letzte, der ihn von dem abhalten würde, was auch immer er geplant hatte. Es hätte ihm eh nichts gebracht außer einem schmollenden Anthropologen, der sehr nachtragend werden konnte, wenn er nur wollte.

 

Nach einer Weile ließ Daniel von ihm ab und meinte ernt: „Ich muss mit dir reden.“

 

„Kann das nicht warten?“

 

Jack hatte gerade Gefallen daran gefunden, sich verwöhnen zu lassen und einfach nur zu genießen. Eine Unterbrechung der ernsten Art, konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen. Er wollte es, ehrlich gesagt, auch gar nicht wissen.

 

„Es ist aber wichtig.“, wandte Jackson ein.

 

„Geht es um Leben und Tod?“, wollte O’Neill wissen, hörte jedoch nicht auf, Daniels Hals zu küssen.

 

„Nein.“, entgegnete dieser, hatte jedoch noch ein Aber auf den Lippen.

 

In weiser Voraussicht fiel Jack ihm vorher ins Wort: „Dann will ich es jetzt nicht hören.“

 

Seine Hand wanderte an Daniel hinunter zwischen seine Beine, um auch noch den letzten Versuch eines Protestes von vornherein im Keim zu ersticken. Wie immer hatte er damit vollen Erfolg.

 

„Überredet. Aber später, in Ordnung?“

 

Jackson wollte dennoch die Zustimmung seines Geliebten, dass diese Unterhaltung lediglich vertagt und nicht völlig vom Tisch war.

 

„Was auch immer.“, meinte O’Neill nur, damit Daniel endlich die Klappe hielt und da weitermachte, wo er aufgehört hatte.

 

Oh Gott, wie sehr ich ihn doch liebe.

 

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„Wie geht es dir?“, fragte Colonel O’Neill sanft und nahm auf dem Stuhl neben dem Bett seines Freundes platz.

 

Er hatte sich endlich durchgerungen, mit diesem zu reden. Die kleine Schachtel, die er mitgebracht hatte, legte er auf den einfachen Nachttisch. Teal’c würde sie öffnen, wenn er dazu bereit war.

 

„Gut, O’Neill.“, erwiderte Teal’c stoisch.

 

„Du siehst aber nicht so aus.“, bemerkte Jack ruhig.

 

Er wollte Zeit schinden, seinen Freund auf seine Art und Weise aufmuntern, ihn davon überzeugen, dass sein Team ihn trotz allem immer noch brauchte.

 

Der Jaffa gab zurück: „Du auch nicht.“

 

Jack zuckte mit den Schultern.

 

„Ja, da ist was dran. Wie wäre es mit einer kleinen Spritztour durch den Mountain? Wir könnten die Schwestern ärgern.“, schlug er vor, einfach nur, um seinen Freund abzulenken.

 

„Kein Interesse.“, war die knappe Antwort Teal’cs.

 

Er fühlte sich nicht dazu in der Lage, sein Quartier zu verlassen, seine Unzulänglichkeit vor all den anderen zur Schau zu stellen oder sie sich gar selbst einzugestehen. Er wollte im Grunde ja nicht einmal Besuch empfangen, doch Colonel O’Neill hatte sich nicht abwimmeln lassen. Für den Jaffa war es eine Sache, von Krankenschwestern und Ärzten umgeben zu sein, aber eine vollkommen andere, wenn seine Kameraden ihn besuchten. Für sie war er immer der starke Krieger gewesen und nun fühlte er sich nur noch als altes Wrack ohne jeden Nutzen.

 

Er wollte sterben, seinem kläglichen Dasein ein Ende setzen. Man ließ ihn jedoch nicht. Es war auch nicht ehrenvoll, aber er glaubte sowieso schon daran, alle Ehre verloren zu haben. Seine Freunde - schon gar nicht Jack - würden ihm helfen, den Tod zu finden, weswegen er sie bis jetzt auch noch nicht darauf angesprochen hatte. O’Neill würde sich an Teal’cs Stelle ebenso den Tod wünschen, wusste, wie er sich fühlte, und doch würde er seiner Bitte sicher nicht nachkommen.

 

„Na los, dass könnte die letzte Chance für ein Rollstuhlduell mit mir sein. Zumindest für den nächsten Monat. Ich lasse mich nicht absichtlich für dich anschießen, aber du weißt ja, wie Kugeln mich mögen.“

 

Jack schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter, um seinen Freund aufzurütteln. Er wollte ihn unter allen Umständen auf andere Gedanken bringen.

 

Teal’c entgegnete stoisch: „Ich habe dich auch nicht darum gebeten.“

 

„Ach komm schon, Großer. Hör auf zu schmollen. Ich meine, die Ärzte sagen, du könntest wieder laufen lernen. Das sind doch gute Nachrichten.“, versuchte O’Neill es jetzt mit Optimismus.

 

Auch das brachte nicht viel, wie er schnell feststellen musste. Sein Jaffafreund war nicht davon abzubringen, dass er jetzt zu nichts mehr zu gebrauchen war, dass er selbst mit Alien-Prothese nicht wieder seine volle Kraft zurückbekommen könnte. Doktor Fraisers Arm war jedoch stärker denn je. Sie konnte sogar einen Menschen ohne Probleme anheben. Jack hatte es am eigenen Leib gespürt, auch wenn sie ihn nur einige Zentimeter vom Boden bekommen hatte. Größer war sie halt nicht gewesen. Tauschen würde er mit ihr trotzdem nicht wollen.

 

„Wie mit diesen Stümpfen.“, fuhr Teal’c ihn an, zog dabei die Decke von seinem Unterleib, so dass die Verletzungen zum Vorschein kamen, die er sich vor Monaten zugezogen hatte.

 

Narbengewebe, das gut verheilt war, angespannte Muskeln, aber keine Unterschenkel oder Füße. Es wirkte abstrakt, irgendwie unwirklich - ungewohnt. Teal’c erschien Jack auf einmal viel kleiner. Er war diesen Anblick nicht gewohnt, aber er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sich erschrocken hatte. Mitleid stieg in ihm auf, doch er versuchte es in den nächsten Sätzen nicht mitschwingen zu lassen, da es sicherlich für den Jaffa nicht förderlich gewesen wäre, ihn auch noch zu bedauern. Das war das Letzte, was dieser wollte.

 

Jack gab ruhig zurück: „Janet hat es auch geschafft, wieder operieren zu können und sie hatte nicht einmal die Hälfte ihres Armes.“

 

Sie hatte nicht aufgegeben und der Hüne sollte das auch nicht tun. Er gehörte zu SG-1 und das Handtuch u werfen war einfach nicht ihr Stil.

 

„Sie hat aber auch nur einen Arm verloren und nicht beide Beine. Ich bin ein Krüppel.“

 

Immer mehr schwang Verbitterung in Teal’cs Stimme mit. Jack hätte ihn für diese Entgegnung am Liebsten geohrfeigt. ER wollte das nicht hören, nicht zugeben müssen, dass sein Freund die Wahrheit sagte. Er hätte an dessen Stelle doch genauso reagiert. Auch er hätte sich aufgegeben. Wieso ließ er es denn jetzt nicht zu? Glaubte er immer noch, dass Teal’c stärker war als er selbst. Nicht nur körperlich, sondern auch mental? Er wollte die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Dazu war es einfach noch viel zu früh. Im Moment kam ihm alles immer noch wie ein schlechter Alptraum vor, der einfach nicht enden wollte.

 

„Trotz allem bist du immer noch stärker als ich.“, wehrte O’Neill überzeugt ab.

 

„Dennoch nutzlos.“, erwiderte Teal’c und deckte sich wieder zu.

 

Er konnte den Anblick seines eigenen Körpers nicht länger ertragen. Seit Wochen hatte er in keinen Spiegel mehr gesehen. Es frustrierte ihn - machte ihn wütend, ließ ihn immer deprimierter werden. Er wollte so nicht leben, er verabscheute sich selbst dafür, nichts mehr wert zu sein. Wieso können meine Freunde das nicht verstehen?

 

„Nicht für uns.“, blieb Jack standhaft in seiner Meinung, auch wenn er nicht annahm, dass es seinem Jaffafreund helfen würde. „Du bist immer noch ein Mitglied meines Teams und ich erwarte von dir, dass du dich auch so benimmst.“

 

Er hatte seinen Befehlston aufgelegt. ER hoffte, mit Bellen weiterzukommen, zu seinem Kameraden durchzudringen und diesen zur Vernunft zu bringen. Der Colonel in ihm übernahm die weiteren Verhandlungen und der einfache Mann - derjenige, der nachvollziehen konnte, wie Teal’c sich fühlte - wurde abgestellt. Nur so konnte er die Dinge sagen, an die er im Grunde seines Herzens nicht wirklich glaubte. Auch für ihn waren es nur überflüssige Floskeln, die nichts an dem Geschehenen oder dem Zustand seines Freundes ändern würden.

 

Der Hüne wandte trocken ein: „Ich wurde längst ersetzt.“

 

„Gegen einen nervenden Wissenschaftler, der wahrscheinlich nicht einmal die erste Woche überleben wird. Ach komm schon, den kannst du doch nicht als ernste Bedrohung ansehen. Wir haben schon viele kommen und gehen sehen, aber wir bleiben.“, schmetterte Jack seinen Einwand mit entschiedener Härte und auch etwas Sarkasmus zurück.

 

 Aufgeben war nicht seine Stärke. Er hatte es versucht, doch er war immer zu feige gewesen. Er hatte nie wissen wollen, wie es sein würde, noch einmal zu versagen und damit leben zu müssen.

 

„Ich möchte dich um etwas bitten, O’Neill.“, wechselte Teal’c das Thema.

 

Jack wusste sofort, worauf sein Freund hinaus wollte.

 

„Sprich gar nicht erst weiter. Ich will es nicht hören. Ich befehle dir, dich zusammenzureißen und alles zu unternehmen, was notwendig ist, um wieder in den aktiven Dienst treten zu können.“, befahl er unnachgiebig.

 

Von einer Bitte, die mit dem Tod seines Freundes zu tun hatte, wobei er auch noch abdrücken sollte, wollte er nichts hören. So würde er dieses Problem ganz sicher nicht handhaben. Es musste eine andere Lösung geben, eine, die Teal’c nur noch zu akzeptieren hatte. Zumindest sagte ihm das sein militärischer Verstand, nicht aber sein Herz, das nicht mit ansehen konnte, wie sein Freund sich quälte.

 

„Ich würde lieber…“

 

Jack unterbrach ihn schroff: „Ich werde dich nicht töten und auch niemand sonst. Du bist unser Freund, verdammt, und die knallt man nicht einfach so ab. Hast du kapiert?“

 

„Bra’tak hätte es getan.“, entgegnete Teal’c nur.

 

„Er ist aber tot, genau wie der Rest unserer Familien.“, stellte Colonel O’Neill klar. Diese Worte taten ihm in der Seele weh, denn es erinnerte ihn daran, dass auch er Menschen verloren hatte, die ihm wichtig gewesen waren. Sarah. Charlie. Viele seiner Kollegen. Aber so war es nun einmal und er konnte es nicht mehr ändern.

 

„Stört dich das denn gar nicht, O’Neill?“, wollte der Jaffa wissen.

 

„Doch, natürlich! Aber es ist nun einmal nicht zu ändern. Wenn ich es könnte, würde ich es tun.“

 

Jack war ehrlich, als er das sagte, aber dennoch auch wieder nicht. Er wurde das Gefühl nicht los, zu lügen, nicht die volle Wahrheit zu sagen. Da war etwas, das ihm sagte, dass er nicht alles in seiner Macht stehende getan hatte, dass es hätte auch anders laufen können. So war es gewesen, seit er Teal’cs Quartier betreten hatte - wenn nicht schon, seit er in der Krankenstation aufgewacht war.

 

Dann ständig diese Träume, die ihn immer wieder überkamen. Er und dieser junge Mann, dessen Namen ihm schon wieder entfallen war. An solch eine Verbindung hatte er nie zuvor in seinem Leben gedacht, doch jetzt kam es ihm so wirklich, so real, so richtig vor, dass ihn der Gedanke einfach nicht mehr losließ. Er konnte sich das beim besten Willen nicht erklären. Ihm fehlte etwas. Etwas Lebensnotweniges.

 

Teal’c meinte gedämpft: „Wenn du mir nicht helfen willst, solltest du lieber gehen.“

 

Bei diesen Worten erkannte O’Neill, was dieses etwas war, das nicht vorhanden war, was sie alle bereits aufgegeben hatten: die Hoffnung. Sie lebten und kämpfen eigentlich nur noch, um zu überleben, jedoch nicht mehr, weil sie ihr Dasein liebten, sondern nur noch, wie die Alternative nach trostloser erschien. Jack gab nicht auf, obwohl es um so vieles einfacher gewesen wäre und das nur, weil es für seinen militärischen Geist nicht in Frage kam. Er wusste ja nicht einmal mehr, was ihn jeden Morgen aus dem Bett trieb. Resignationen dieser Art waren Neuland für ihn - er hasste, was er nicht kannte - er wusste schließlich nur, wie man kämpfte.

 

„Also keine kleine Wettfahrt? Dann suche ich mir halt jemand anderen. Ruf mich an, wenn du endlich zur Vernunft gekommen bist.“, meinte Jack zum Abschied, so als würde er nicht für immer sein.

 

Doch er hatte seine Entscheidung bereits getroffen. Er würde seinem Freund helfen, wenn es das war, was dieser wollte. Er wusste auch nichts mehr zu sagen, das seinen Freund oder ihn überzeugt hätte. Als er die Tür hinter sich schloss, fühlte er sich allein. Er wusste nicht, ob sie die Waffe finden würden, ob sein Kamerad sie benutzen würde, aber er hatte wenigstens zu helfen versucht.

 

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Major Carter betrat die Krankenstation. Sie war doch noch für ein paar Stunden eingeschlafen. Eigentlich hatte sie sich nach einer heißen Dusche nur einmal kurz hinlegen wollen, um ihre Augen auszuruhen und war dann bis spät in die Nacht hinein eingedöst. Länger konnte und wollte sie ihn jedoch nicht mehr so alleine lassen. Ihr Essen hatte sie sich mitgebracht und knabberte nun appetitlos an ihrem Sandwich.

 

„Wie geht es ihm?“, fragte sie zwischen zwei Bissen, aber erst nachdem Teal’c das Kapitel des Buches fertig gelesen hatte.

 

„Unverändert.“, antwortete dieser stoisch.

 

Dennoch hakte Sam nach: „Hat er sich heute schon bewegt?“

 

„Nein.“

 

Wieder nur ein Wort. Sam wurde allmählich wütend. Nicht nur auf Teal’cs Einsilbigkeit, sondern auch auf sich selbst. Sie fühlte sich so unendlich hilflos - so nutzlos.

 

„Am Liebsten würde ich ihn schütteln, ihn anschreien oder was auch immer nötig ist, damit er die Augen aufmacht.“, dachte sie laut.

 

Der gereizte, verzweifelte Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

 

„Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee wäre, Samantha Carter.“, wandte der Jaffa stoisch ein.

 

Er verstand Samantha nur zu gut, doch blieb in Anbetracht dieser Situation dennoch ruhig. Er sah keinen Sinn darin, zornig zu werden, weil es sowieso nichts geändert hätte. Auch hatte er nie begriffen, warum seine Freunde bei Begebenheiten wie diesen immer aus ihrer Haut gefahren waren. Besonders Colonel O’Neill.

 

Vielleicht, um ihre eigene Unzulänglichkeit zu kaschieren, folgerte Teal’c. Aber genau diese Art Gefühl brauchte Carter im Augenblick. Das beruhigte sie komischerweise immer wieder. Dann wusste sie, dass sie nicht alleine stand.

 

„Ich weiß.“, resignierte sie und setzte sich zu dem Hünen.

 

Seufzend fügte sie hinzu: „Aber ich fühle mich so hilflos. Ich hasse das.“

 

„Ich weiß, wie du dich fühlst.“, bestätigte Teal’c.

 

Dem war wirklich so, auch wenn er es kaum zeigte. Allein seine Augen sprachen von der Trauer, die er empfand. Nicht nur für Jack, auch für Daniel, welcher vor nicht allzu langer Zeit gegangen war. Außerdem galt das Zeigen von Gefühlen für ihn immer noch als Schwäche, auch wenn seine Freunde ihm mehr als einmal bewiesen hatten, welche Kraft man aus ihnen ziehen und welche Gabe sie doch sein konnte.

 

„Ob ich es vielleicht mal mit dem Handgerät versuchen sollte?“, dachte Carter laut und erhielt eine ehrliche Antwort.

 

„Bei Daniel Jackson hat es damals nicht funktioniert.“

 

Genau diese Tatsache hatte sie die ganze Zeit davon abgehalten, das Thema überhaupt in Erwägung zu ziehen. Sie ärgerte sich darüber, dass es bei einem Goa’uld immer funktionierte, bei ihr jedoch nicht, außer sie heilte einen dieser Schlangenköpfe. Ihr Vater war auch nicht zu erreichen und einen anderen Tok’ra wollte sie nicht rufen, ehe es Colonel O’Neill nicht noch schlechter ging. Er traute ihnen nicht und sie tat es auch nur im begrenzten Maße.

 

„Erinnere mich nicht daran. Ich wünsche mir sowieso schon, dass er hier wäre. Allein seinetwegen würde Colonel O’Neill die Augen öffnen.“, erwiderte sie mit plagenden Schuldgefühlen.

 

Nur zu gut wusste sie um die besondere Beziehung der beiden Männer. Das stille Einverständnis, das Wissen, um des anderen Gedanken, über das, was sie tun und lassen würden, Daniel und Jack verstanden sich auch ohne Worte. Solch eine Chemie herrschte zwischen ihr und einem der beiden nicht in diesem Maße. Sie waren Freunde und sie vertrauten einander, aber oft war ihr nicht bewusst, was Jackson oder O’Neill dachten, während diese sich schon stillschweigend darüber geeinigt hatte, was sie machen würden. Auch zu Teal’c verspürte sie kein so außergewöhnliches Band, nicht einmal zu Janet, die ihr ebenso nahe stand wie die drei Männer. Sie beneidete die beiden darum. Um die Zuneigung, die sie für einander empfanden - die unausgesprochene allgegenwärtige Liebe. Keiner von ihnen würde das je zugeben, aber so war es.

 

„Wir können es leider nicht ändern.“, riss der Jaffa sie aus ihren Gedanken.

 

„Ob Daniel vielleicht doch hier ist?“, sprach sie das, was in ihrem Kopf herumgeisterte, abermals laut aus. „Ich meine, ob er uns zusieht, uns emotional beisteht und Jack beschützt.“

 

Major Carter zuckte nur mit den Schultern.

 

Stoisch sagte Teal’c: „Du meinst, wie ein Engel.“

 

„Klingt verrückt, nicht.  Wir kämpfen gegen falsche Götter und ich versuche Daniel gerade zu so etwas ähnlichem zu machen.“, lachte sie auf.

 

Samantha wusste nicht, wie sie seinen Zustand - falls er wirklich aufgestiegen sein sollte - sonst beschreiben würde. Man sah ganz deutlich, dass sie christlich erzogen worden war, konnte sie doch nicht das Bild von Daniel mit weißen Flügeln vor ihrem inneren Auge verdrängen. Es kam ihm so nahe, so als würde seine Güte und Sorge um andere nach außen hin strahlen.

 

„Ich habe viel über euren barmherzigen Gott gehört und ich bin sicher, wenn jemand diesem Bild gerecht wird, dann Daniel Jackson.“, erwiderte Teal’c ernst und stimmte damit mit ihr überein.

 

„Er wäre sicher angetan von diesem Kompliment gewesen, aber das hätte es sehr schwer gemacht, noch vernünftig mit ihm arbeiten zu können.“

 

Sam schenkte ihrem Freund ein sanftes Lächeln, bei dem Gedanken daran, wie Daniel selbstgefällig zu philosophieren beginnen und keinen Widerspruch mehr dulden würde. Auch eine Unterbrechung wäre undenkbar gewesen.

 

Er hatte den Hang zu Übertreibungen.

 

„O’Neill hätte ihn schon wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.“, meinte Teal’c nur und Carter konnte ihm da nur zustimmen. Wenn es einer geschafft hätte, dann nur Jack O’Neill. Er hatte es schließlich schon einmal getan, hatte sie alle auf dem Boden der Tatsachen gehalten und sie immer wieder in ihre Grenzen gewiesen, aber sie auch zu Höchstleistungen herausgefordert. Dabei hatte er nicht auch nur einen Moment überheblich gewirkt. Er hatte nie zuviel von ihnen verlangt, nur, das sie auf ihn hörten.

 

„Er hat uns alle dort gehalten.“, sprach Samantha in Erinnerungen schwelgend.

 

Der Hüne konnte nur zustimmen: „In der Tat.“

 

Sie blieben schweigend nebeneinander sitzen und blickten ihren gemeinsamen Freund voller Sorge an. Jeder hing dabei seinen ganz persönlichen Gedanken nach und erinnerte sich an Vergangenes.

weiter: Kapitel 3

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