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Hirngespinste? von Athor

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Vorwort

1) Endlich habe ich es geschafft, die DACH-Story zu beenden. Doch ohne Pool ging das Schreiben wesentlich schwerer von der Hand. ;-)

2) Mein Dank geht wie immer an meine Betareaderin Antares.
Hirngespinste?


Prolog:

 

Vertraute Geräusche drangen leise in sein Unterbewusstsein. Ebenso wie der nur allzu bekannte Geruch von Desinfektionsmittel. Sein träge arbeitender Verstand kämpfte um Klarheit. Die Erfahrung sagte ihm, dass er sich wieder einmal auf der Krankenstation befand. Auch wenn er momentan keine Ahnung hatte, was geschehen war. Er seufzte innerlich: warum musste ihm das nur immer wieder passieren?

 

Mühsam versuchte er, die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen. Seine Lider fühlten sich schwer wie Blei an und alle seine Anstalten, die Augen zu öffnen, scheiterten. Ein Stöhnen war zu hören und es dauerte, bis er begriff, dass er es war, der diese Töne von sich gab. Er registrierte wie eine Hand die seine umfasste. Sanft strich ein Finger über seinen Handrücken. Streichelte ihn beruhigend. Eine weiche, leise Stimme drang von weit entfernt zu ihm durch: „Du schaffst das, Jack. Du kannst mich doch nicht alleine lassen. Ich brauche dich! ... Liebe dich!“ Die letzten Worte waren nicht mehr als ein Flüstern.

 

Jack kannte diese Stimme. Ihr Klang beruhigte ihn. Er entspannte sich und Augenblicke später tauchte er erneut in die Dunkelheit hinab.

 

**********

 

Zwei Monate später:

 

Der Apfelbaum in Jack O’Neills Garten hing übervoll und wartete nur auf jemanden, der ihn von seiner Last befreite. Die paar freien Tage von SG-1 boten dazu eine prima Gelegenheit.

 

Jack hatte die Leiter an einen der stabileren, unteren Zweige gelehnt. Er stand auf einer der oberen Sprossen und streckte sich, um die Äpfel, die hoch über seinem Kopf hingen, zu erreichen. Dabei musste er sein Gewicht ungleich verlagert haben. Er fühlte, wie die Leiter ins Wanken geriet. Dann ging alles sehr schnell. In dem Moment, in dem er begriff was geschah, fiel die Leiter auch schon zur Seite und riss ihn mit in die Tiefe. Er spürte, wie er mit dem Fuß den Boden berührte und ein scharfer Schmerz durch sein Sprunggelenk fuhr. Die unmittelbar folgende Welle der Übelkeit, welche gleich darauf aufstieg, wurde unsanft unterbrochen, als sein Kopf gegen den Stein schlug. Das Nächste woran er sich erinnerte war, wie er im Krankenhaus wach wurde. Wieder einmal! - Jack seufzte.

 

Es war sein Glück gewesen, dass eine Nachbarin den Absturz gesehen und den Notdienst verständigt hatte. Nach seiner Einlieferung entnahm das Krankenhauspersonal aus seinen Papieren, dass er Militärangehöriger war und informierte, unter der angegebenen Telefonnummer, General Hammond.

 

**********

 

Als das Krankenhaus von Colorado Springs nachfragte, ob General Hammond ein gewisser Colonel Jack O’Neill bekannt sei, zog sich diesem leicht der Magen zusammen. Was war nun wieder passiert? Er wusste, dass sein 2IC ein paar ruhige Tage zu Hause verbringen wollte. Gestern hatte sich der Colonel noch mit einem schiefen Grinsen von ihm verabschiedet. Dabei scherzte er darüber, dass George seine Zeit in diesem grauen Bunker absitzen musste, während O’Neill plante, die Vorzüge seiner Veranda, in vollen Zügen zu genießen. Nun teilte ihm die Schwester mit, dass eben dieser Jack O’Neill soeben bei ihnen eingeliefert wurde. Was genau passiert war und über seinen derzeitigen Zustand konnte sie allerdings noch keine Auskunft geben. Jedoch war der Colonel nicht bei Bewusstsein. Hammond bedankte sich und versicherte, dass so schnell wie möglich jemanden kommen würde.

 

Der General gab sich einen Augenblick, damit sich die Nachricht setzen konnte. Gefasst griff er zum Telefon und wählte Major Carters Labor Nummer. Es war an der Zeit, die restlichen Mitglieder von SG-1 zusammenzurufen und zu informieren. Hammond zweifelte keinen Moment daran, dass er später auf der Fahrt zum Krankenhaus „Begleitschutz“ haben würde. Keiner von Colonel O’Neills Team würde sich davon abhalten lassen, ihn in die Klinik zu begleiten. Zusätzlich bat er Doktor Fraiser zu dem Gespräch. Sie, als die Ärztin des Colonels, sollte nach Möglichkeit unbedingt in der Klinik dabei sein, damit sie ihn gegebenenfalls gleich in den Mountain verlegen konnte. 

 

**********

 

Kaum eine halbe Stunde später waren sie auf dem Weg. Die Fahrt verlief schweigsam und angespannt. Als sie im Krankenhaus eintrafen konnte man ihnen immer noch nichts Genaues sagen. Die Untersuchungen liefen noch. Doktor Fraiser sprach kurz mit der Schwester. Diese nickte ein paar Mal, dann forderte sie die Ärztin auf, ihr zu folgen.

 

Es kam Jacks Freunden wie eine Ewigkeit vor, bis Doktor Fraiser wieder auftauchte. Besorgt traten die Wartenden näher.

„Und, was ist mit ihm?“, platzte Daniel heraus, noch ehe der General ein Wort sagen konnte. Die Anspannung war ihm anzusehen. Wie zum Selbstschutz hatte er die Arme um seinen Brustkorb geschlungen.

 

„Es gibt ein paar gute und ein paar weniger gute Nachrichten“, begann Janet ihre Ausführungen. „Die guten sind, dass der Sturz des Colonels wohl leicht gebremst wurde dadurch, dass er mit dem Bein zuerst aufgekommen ist. Hierbei hat er sich eine Bänderdehnung und eine ordentliche Prellung des Sprunggelenkes zugezogen, die aber keine weiteren Probleme darstellen sollten. Auf jeden Fall wurde so der Aufprall seines Kopfes auf den Stein stark abgefangen. Trotzdem hat dieser zu einem fissuralen Schädelbruch in der Schädelbasis geführt. Aber auch hier hatte er noch Glück im Unglück, da es sich um einen geschlossenen Bruch handelt und dieser nicht operiert werden muss.“

 

„Bis hierher klingt das alles noch sehr positiv, Major. Wo liegt dann das Problem?“ General Hammond betrachtete aufmerksam seinen CMO.

„Tja, Sir, ... leider sieht es so aus, dass der Aufschlag hart genug war, um ein Schädel-Hirn-Trauma auszulösen. In Folge dessen ist er noch immer nicht voll ansprechbar. Er hat zwar das Bewusstsein wieder erlangt, ist jedoch weiterhin desorientiert und in einer Art Dämmerzustand. Derzeitig hat man ihn auf die Intensivstation gebracht, um seine Vitalwerte weiter zu beobachten. Das Monitoring ist, in solchen Fällen, eine reine Vorsichtsmaßnahme, Sir. Falls die Schwellung des Gehirns durch ein subdurales Hämatom jedoch weiter fortschreitet, könnte ein operatives Eingreifen doch noch von Nöten sein.“

 

Bedrücktes Schweigen folgte auf die Ausführungen der jungen Frau.

„Aber in unmittelbarer Lebensgefahr ist er nicht, oder?“, fragte Sam zögernd.

„Nein, momentan ist er stabil“, bestätigte Janet den Anwesenden.

„Können wir zu ihm?“ Daniel stand die Sorge um seinen Freund deutlich ins Gesicht geschrieben.

„Nicht alle. Ich schlage vor, dass einer bei ihm bleibt. Verlegen können wir ihn in seinem Zustand leider nicht. Der Rest sollte zurückfahren, hier können Sie nichts für ihn tun. Ich bleibe ebenfalls und melde mich, sobald es was Neues gibt.“ Aufmunternd sah Doktor Fraiser von einem zum anderen. Drei Augenpaare richteten sich abwartend auf den General.

 

„Danke, Major. Ich erwarte ihren Anruf, sobald sich am Zustand des Colonels etwas verändert“, erwiderte General Hammond seiner leitenden Ärztin. Er wartete Fraisers zustimmendes Nicken ab. Danach wandte er sich den drei Mitgliedern von Jack O’Neills Team zu.

 

Seine Entscheidung war schnell getroffen. Teal’c im Krankenhaus zu lassen wäre keine kluge Wahl. Der Jaffa war nicht gerade unauffällig und eine Klinik, ausgestattet mit einem regen Besucherstrom, schien Hammond nicht der richtige Ort zu sein, um einen Außerirdischen länger als unbedingt nötig verweilen zu lassen. Major Carter war derzeitig mit der Weiterentwicklung des Naquadah-Reaktors beschäftigt. Nächsten Monat sollte ein neuerlicher Beschluss über die Fördergelder des SGC erfolgen und wenn sie dabei mit Ergebnissen aufwarten konnten, würden die Gelder wesentlich leichter bewilligt werden. So blieb eigentlich nur eine Person übrig.

 

Der General schmunzelte. Im Grunde genommen war die Wahl von vorneherein klar gewesen, selbst wenn Teal’c ein Mensch und Major Carter abkömmlich gewesen wären. Es erstaunte George zwar immer wieder, aber irgendwie hatte Doktor Jackson es geschafft, Jack O’Neills raue Schale zu durchbrechen. Er wusste, dass der Wissenschaftler es sich sowieso nicht nehmen lassen würde, an der Seite seines Freundes zu bleiben. Sein Blick richtete sich auf den jungen Mann vor ihm, der nervös an seiner Lippe nagte: „Doktor Jackson, Sie sollten beim Colonel bleiben. Ich denke, Sie werden hier dringender benötigt als im SGC.“ Hammond sah das Aufatmen des Linguisten. Mit Erleichterung stellte er weiter fest, wie Teal’c und Carter freundlich noch ein paar Worte mit ihrem Teamkameraden wechselten, bevor sie sich für die gemeinsame Rückfahrt wieder bei ihm einfanden. SG-1 ist wirklich etwas Außergewöhnliches!, dachte George und war stolz auf das besondere Band zwischen den Vieren, welches sie nicht nur zu Kollegen, sondern auch zu Freunden machte.

 

**********

 

Zwei Wochen später saß ein ungeduldig wartender Jack O’Neill abreisefertig auf seinem Krankenbett. Die Tasche stand bereits vollständig gepackt neben ihm und zum wer-weiß-wievielten-Mal, an diesem Morgen, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Nervös trommelte er mit seinen Fingern auf dem Nachttisch herum. Die Tür öffnete sich und erwartungsvoll hob er den Kopf. Bedauerlicherweise war es jedoch nur eine der Schwestern.

 

„Oh, Colonel, Sie sind noch da? Ich dachte, Sie wären längst weg. Hatten Sie schon Ihre Abschlussuntersuchung?“

„Ja, alles durchgecheckt und für abmarschbereit erklärt. Warte nur noch auf meine Mitfahrgelegenheit“, antwortete er freundlich, wobei seine Finger ihr Spiel nicht unterbrachen.

Schwester Roberta bemerkte es mit einem flüchtigen Blick. „Falls Sie Dr. Jackson meinen ...“, bewusst ließ sie die Worte einen Moment im Raum stehen. Interessiert sah Jack sie an.

„Da kann ich sie beruhigen. Ich habe ihn gerade im Gespräch mit Doktor Summers gesehen. Er müsste eigentlich gleich kommen“, versuchte sie den ungeduldigen Mann aufzumuntern.

„Na das ist ja ganz toll. Was die wohl zu besprechen haben!“, murmelte Jack, leise vor sich hin murrend und verzog missmutig das Gesicht. So fand Daniel ihn, als er kurz darauf das Zimmer betrat.

 

„Hallo, da sind Sie ja. Sie werden schon sehnlichst erwartet“, lachte die ältere Schwester und nickte in Jacks Richtung. „Übrigens vorsichtig, Dr. Jackson, wir sind heute mit dem linken Fuß aufgestanden.“ Grinsend ging sie zur Tür, wo sie sich noch mal kurz umwandte.

„Bin ich nicht!“, murmelte Jack grummelig.

„Also, machen Sie es gut, Colonel. Gute Besserung!“, verabschiedete sie sich gut gelaunt von ihrem ehemaligen Patienten. Seinen immer noch grimmigen Blick, wegen ihres letzten Kommentars, übersah sie dabei geflissentlich. An Daniel gerichtet meinte sie: „Machen Sie es auch gut, Doktor Jackson und bringen Sie ihren Freund gut nach Hause.“

„Danke, Roberta, ich werde mein Bestes versuchen.“ Freundlich nickte Daniel der betagten Schwester zu.

„Können wir jetzt – oder musst du noch eine Runde flirten? Ich unterbreche euch Turteltäubchen nur ungern.“ Jack konnte sich den bissige Kommentar einfach nicht verkneifen.

Roberta lachte und nickte Daniel noch einmal aufmunternd zu, dann ließ sie die beiden allein.

 

„Bist du fertig, Jack? Können wir fahren?“, fragte Daniel und versuchte, seinen Freund versöhnlich zu stimmen. Er wusste, dass der Colonel seit mehr als einer Stunde ungeduldig auf sein Erscheinen gewartet hatte. Jack O’Neill war nicht gerade das, was man einen geduldigen Patienten nannte und so wurde der Wissenschaftler bereits sehnsüchtig von den Schwestern erwartet. Jacks ständiges Auf- und Abhumpeln auf dem Flur war ihnen im Laufe des Morgens ein bisschen auf die Nerven gefallen. Besonders die Putzfrau hatte es zum Schluss aufgegeben den Flur zu wischen, solange der Colonel sich noch auf der Station befand. Sie hatte angekündigt, erst mal den oberen Stock fertig zu machen und der Blick, den sie dabei Jack zuwarf, sprach Bände.

 

„Hey, ich war nicht derjenige, der erst noch ein Schwätzchen mit dem Doc halten musste!“ Es war deutlich herauszuhören, wie unrecht Jack dies war. Er mochte es nicht, wenn hinter seinem Rücken über ihn gesprochen wurde. Schon gar nicht, wenn es dabei um irgendwelche medizinischen Belange ging.

 

Ach daher weht der Wind, dachte sich Daniel.

„Doktor Summers hat mir nur die Tabletten für dich mitgegeben. Außerdem hat sie mir erklärt, wann du sie nehmen sollst“, versuchte er Jack zu beruhigen.

„Das hätte sie auch mit mir klären können. Bin schließlich kein Kind mehr. Und überhaupt, es sind meine Tabletten“, setzte Jack bockig nach.

„Du benimmst dich aber wie eines, Jack. Außerdem war sie gerade auf dem Weg zu dir, als ich sie traf. Wenn du willst, werde ich sie rufen, dann kannst du selber mit ihr sprechen.“ Daniel rollte die Augen. Das versprach ja heiter zu werden. Wie hatte er sich bloß bereit erklären können, sich um Jack zu kümmern? Er wusste doch, was für ein grausamer Patient Jack O’Neill war. Er hatte er ihn doch oft genug im SGC erlebt.

 

Jack starrte den jungen Mann einen Augenblick nachdenklich an, dann winkte er ab. „Lass uns verschwinden!“ Intuitiv griff er nach seiner Tasche, doch Daniel war schneller. Erneut folgte ein kurzer Schlagabtausch der Blicke. Mit einem unmerklichen Nicken beendete O’Neill diesen und überließ Daniel die Tasche. Er machte sich stattdessen daran, den Raum zu verlassen. Ihr Gang zur Tiefgarage wurde unterbrochen von Schwestern, die sich vom Colonel freundlich verabschiedeten.

 

Als Daniel den Wagen aus dem Parkhaus lenkte und sie die Schranke passierten bemerkte er, wie Jack erleichtert die Luft ausstieß und sich entspannt zurücklehnte. Die halbstündige Fahrt verlief relativ schweigsam. Einzig von der Klärung der Essensfrage unterbrochen, - sie entschieden sich spontan für eine selbstgemachte Kleinigkeit - unterhielten sie sich kaum. Die Stille war jedoch nicht unangenehm.

 

Daniel liebte diese Momente. Jack war einer der wenigen Menschen mit denen er genussvoll schweigen konnte. Stille ohne Peinlichkeit. Das Privileg einer guten Freundschaft.

 

Am Einkaufszentrum unterbrachen sie die Fahrt kurz. Eigentlich wollte Daniel die Einkäufe am Nachmittag erledigen. Aber Jack bestand sturerweise darauf mitzukommen. Es ginge im schließlich gut und es wäre außerdem sein Kühlschrank, den es zu füllen gälte. Der Archäologe sah ein, dass es aussichtslos sein würde darüber zu diskutieren. Er unternahm nicht einmal mehr den Versuch, Jack davon zu überzeugen, im Auto zu warten. Befürchtete er doch, die sich eben entspannende Lage neu zu entfachen.

 

**********

 

Als sie endlich am Haus des Colonels ankamen war dieser ehrlich geschafft. Auch wenn Jack es natürlich nicht laut zugab. Es überraschte Daniel daher nicht wirklich, als er seinen Freund bald darauf schlafend auf der Couch vorfand. Wie hatte Jack so schön gesagt, während Daniel ihre Besorgungen wegräumte: „Nur mal kurz in die Sportnachrichten sehen.“ Seltsam, dass man sich dafür hinlegen muss, schmunzelnd breitete der Archäologe die Decke über seinen Freund.

 

Einige Zeit später erwachte Jack. Dumpf konnte er hören, dass Daniel in der Küche hantierte. Der Geruch von frischen Toast stieg ihm in die Nase. Gesundes, leichtes Essen, ging ihm die Ermahnung der Ärztin durch den Kopf. Immer noch spürte er eine leichte Übelkeit. Die Einkaufstour mit Daniel hätte er sich besser erspart, aber er konnte es einfach nicht leiden, als krank abgestempelt zu werden.

 

**********

 

Ein sanftes Rütteln an der Schulter weckte ihn erneut: „Jack, ... Jack! Das Essen ist fertig. Kommst du?“, hörte er Daniels leise Stimme. Ein undefinierbares Brummen folgte als seine Antwort. Schwerfällig brachte O’Neill sich in eine sitzende Position. Es dauerte einen Moment bis das Schwindelgefühl nachließ. Aber darauf und auf die immer noch wiederkehrende Übelkeit, verbunden mit den häufigen Kopfschmerzen, hatten die Ärzte ihn vorbereitet. Er bemerkte, wie Daniel ihn aufmerksam beobachtete und so versuchte er, sein Unwohlsein zu überspielen. „Essen, hmm, klingt gut. Geh schon vor, Daniel. Ich komme gleich nach.“

 

Jack hoffte, seinen Freund auf diese Weise los zu werden. Er hatte nicht vor, sich unter Zeugen von seiner Couch zu erheben. Wenn er ehrlich war, wollte er sich momentan überhaupt nicht von ihr wegbewegen. Doch der Archäologe dachte gar nicht daran, sich so billig abwimmeln zu lassen und blieb hartnäckig an Jacks Seite. Als dieser einsah, dass es keinen Sinn machte, es länger rauszuschieben, stemmte er sich vorsichtig in die Höhe. Es gelang ihm. Zwar mit einem kleinen Ächzer und ein bisschen Unsicherheit, aber letztendlich stand er. Langsam folgte er seinem Freund in Richtung Esszimmer.

 

**********

 

Misstrauisch hatte Daniel seinem Freund, bei dessen Bemühungen sich von der Couch zu erheben, zugesehen. Auch war ihm Jacks Unsicherheit nicht entgangen. Doch zu seiner Beruhigung fing sich dieser sehr schnell.

 

Er erinnerte sich an die Erklärung von Doktor Summer, als sie ihm die Tabletten für Jack gegeben und ihm zeitgleich erklärte hatte, worauf zu achten wäre. Er wusste, dass es typisch für Patienten mit einem Schädelbruch war, dass sie noch eine zeitlang unter Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen und Übelkeit litten. Daher sollte er darauf achten, dass Jack jegliche Art von Anstrengung vermied und sich ausreichend schonte. Außerdem sollte er vorwiegend leichte Nahrung zu sich nehmen. Überflüssig zu erwähnen, dass auch kein Alkohol genehmigt war. Dies beinhaltete natürlich auch Bier – sorry, Jack! – Ja, Bier ist auch Alkohol! Also alles in allem keine leichte Sache, wenn man Jack O’Neill ein bisschen kannte.

 

Als Daniel seinem Freund den gefüllten Teller vor die Nase stellte, bemerkte er sehr wohl, wie dieser einmal tief durchatmete, um den Kloß in seinem Hals niederzukämpfen. Er überging es jedoch diplomatisch. Mit Zufriedenheit beobachtete er, wie Jack sich, zwar langsam aber stetig, über sein Essen hermachte. Unaufdringlich hatte der Linguist die Tabletten neben Jacks Teller deponiert. Positiv überrascht stellte er beim Abräumen fest, dass sie nicht mehr dalagen. Soviel Kooperation hatte er nicht erwartet. Er fragte sich, ob ihn dies beunruhigen müsste. Ein Jack, der ohne Diskussionen seine Medikamente nahm, hinterließ beim ihm kein gutes Gefühl.

 

„Und, wonach steht dir jetzt der Sinn?“, fragte Daniel den Älteren, während er ihr Geschirr in die Spülmaschine räumte.

„Mal sehen, ich werde erst mal meine Tasche auspacken und später ..., mal sehen“, unentschlossen schaute Jack sich um. Dann nahm er das Gespräch wieder auf: „ Es war jedenfalls nett, dass du mich nach Hause gefahren hast. Oh, und gekocht hast“, schob O’Neill noch schnell hinterher.

Daniel hatte den Wink verstanden: „Jack, die Ärztin hat gesagt ...“, setzte er an.

„Ahh, Daniel“, Jack hob seine Hand, „es geht mir gut. ... Wirklich! Ich brauche keinen Babysitter. Du hast doch sicher noch etwas zu tun.“ Dies war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Eigentlich habe ich mir meine Arbeit mitgebracht. Ich dachte, ich könnte arbeiten, während du schlä ...“, versuchte Daniel sein Vorhaben zu erklären.

Erneut fiel O’Neill ihm ins Wort: „Ich weiß, es ist nett gemeint Daniel, aber ich komme wirklich alleine zurecht.“ Daniels zweifelnder Gesichtsausdruck besagte etwas anderes.

„Ich brauche jetzt ein bisschen Zeit für mich. Im Krankenhaus war ständig jemand um mich und ich vermisse es, alleine zu sein.“, versuchte er seinem Freund seine Bedürfnisse zu erklären.

„Jack, du solltest jetzt wirklich nicht alleine sein. Was ist wenn dir schlecht oder schwindelig wird? Wer sollte dir dann helfen?“

„Daniel, es geht mir gut. Ich komme schon zurecht, wirklich. Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche, ich melde mich bei dir, falls ich mich schlechter fühle.“

 

Jack kannte Daniel gut genug, um an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen, dass er gewonnen hatte. Allerdings entging ihm auch nicht der besorgte Blick, den der Linguist ihm zuwarf. Dankbar für Daniels Verständnis wollte er nun ebenso seinem Freund entgegenkommen.

„Wie wäre es mit Pizza – morgen bei mir? Außerdem habe ich noch das Lakers Spiel. Du weißt schon, das, was letzte Woche ... Gott, was mache ich hier?“, unterbrach Jack sich selbst, als er Daniels ahnungslosen Blick sah. „Du und Sport! ... Zwei Welten prallen aufeinander!“ Ein Grinsen überzog sein Gesicht.

 

„Naja, vielleicht nicht gerade das Spiel der Lakers und bestimmt nicht Pizza. Aber ein Videoabend wäre doch ganz okay. Vielleicht haben Sam und Teal’c Lust und leisten uns Gesellschaft. Wir bringen was vom Chinesen mit. Das entspricht bestimmt etwas mehr der Vorstellung der Ärzte von ‚leichter Kost’!“, lachte Daniel.

 

Jack stieg in das Lachen seines Freundes mit ein: „Wenn du meinst.“ Zu seiner Erleichterung nahm der Linguist sein Friedensangebot an und machte keine weiteren Anstalten, noch länger zu bleiben. Fünfzehn Minuten später verabschiedete sich der junge Mann. Jedoch nicht, ohne Jack nochmals das Versprechen abzunehmen, sich zu schonen und sich im Ernstfall zu melden.

 

Nachdem er die Tür hinter Daniel geschlossen hatte, blieb O’Neill für einen Moment an diese gelehnt stehen – genoss die Stille des Hauses. Er mochte Daniel sehr, aber nach zwei Wochen ohne jeglicher Privatsphäre sehnte er sich auch nach etwas Abgeschiedenheit. Er benötigte das Gefühl des Unbeobachtetseins - wenigstens für ein paar Stunden. Niemand, der ihm über die Schulter sah und versuchte ihn zu bremsen oder schlimmer noch, ihm irgendwelche Ratschläge zu erteilen.

 

Langsam machte Jack O’Neill sich auf den Weg nach oben. Daniel hatte ihm die Tasche bereits ins Schlafzimmer gestellt. Die paar Habseligkeiten waren schnell ausgepackt und weggeräumt. Er hatte die Wochen über nicht viel gebraucht. Genaugenommen war es nicht einmal Sachen für eine Woche, da einem auf der Intensivstation sowieso keine eigenen Dinge erlaubt waren.

 

Der Blick auf sein Bett brachte ihm ins Bewusstsein, wie müde er bereits wieder war. Das Essen und das bisschen Auspacken hatten seine Reserven erschöpft. Er konnte vielleicht Daniel vormachen, dass es ihm gut ging. Wobei, wenn er ehrlich war, er selbst das bezweifelte. Doch seinen Körper konnte er nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch längst nicht alles ausgestanden war. Ihm missfiel der Gedanke, die nächste Zeit untätig ans Haus gebunden zu sein. Doch die jahrelange Praxis hatte gezeigt, dass sich sein Körper am schnellsten regenerierte, wenn er ihm die benötigte Ruhe zustand.

 

Im Bett angekommen ließ er die Ereignisse der letzten Tage nochmals Revue passieren. Er konnte immer noch nicht fassen, was passiert war. Es war einfach zu blöd! Da war er im Irakkrieg gewesen, hatte verschiedene Spezialeinsätze überlebt, war ein mehrfacher Retter der Erde, kämpfte gegen Außerirdische und dann brach er sich beim Äpfel pflücken fast das Genick! Sehr heroisch, O’Neill!, ging es Jack durch den Kopf.

 

 Und dann war er tatsächlich mal wieder im Krankenhaus gelandet. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten! Mann, das war selbst für ihn ein neuer Rekord! Gerade Krankenhäuser und Ärzte waren der Horror für ihn und umso beruhigender hatte er es gefunden, als er Daniel neben seinem Bett entdeckt hatte.

 

Ja, Daniel ...

Es gab da etwas ..., so etwas wie eine Erinnerung. Vielleicht war es aber auch nur eine Einbildung. Eine, bei der sein Wunschdenken, Vater des Gedanken war. Doch die Stimme in seinem Kopf klang so real. Die Worte so lebendig: „Du schaffst das Jack. Du kannst mich doch nicht alleine lassen. Ich brauche dich! ... Liebe dich!“

Ein Schaudern durchlief Jacks Körper und in seinem Magen machte sich ein lange vermisstes Schmetterlingsgefühl breit. Es wäre einfach unglaublich, wenn Daniel seine Gefühle erwidern würde. Der Gedanke war so ungeheuerlich, so unbeschreiblich, so ... absurd.

 

Warum sollte Daniel so für ihn empfinden? Obwohl, wer würde annehmen, dass er Daniel liebte? Selbst er hatte eine Ewigkeit benötigt, bis er es bemerkt hatte. Und eine weitere, um es sich auch einzugestehen.

 

Es fing an nach Daniels Aufstieg. Das Gefühl, ihn nicht mehr um sich zu haben, war ...? Er fühlte sich leer und kam sich entsetzlich ausgebrannt vor. Erneut hatte er einen Freund - seinen besten Freund - verloren. Nach dem Vorfall mit Ba’al dann der erneute Abschied. Es tat weh, ihn wieder ziehen zu lassen. Es schmerzte mehr, als er sich zunächst eingestand. Gedanken kamen ihm in den Sinn: warum war er nicht in der Lage gewesen Daniel zu halten? Und dies warf automatisch die nächste Frage auf: Warum sollte er dazu überhaupt in der Lage sein? Aus welchem Beweggrund heraus sollte Daniel seine Gesellschaft, der Chance auf unendliches Wissen, vorziehen?

 

Er selbst konnte ein Lied davon singen, mit welcher Passion es den jungen Mann erfüllte, wenn er etwas studieren konnte. Wie viele Diskussionen hatten sie ausgefochten, weil der Wissenschaftler unbedingt länger auf einem Planeten bleiben wollte? Jack konnte es nicht mehr sagen. Aber er wusste, dass einige seiner grauen Haare mit Sicherheit auf Daniels Konto gingen.

 

Fragen über Fragen, deren Sinn er lange nicht verstand. Was quälte ihn so? Sollte er sich nicht vielmehr für seinen Freund freuen? Daniel hatte ihm doch versichert, dass es ihm gut ginge. Das er zufrieden war. Das er am Ziel seiner Wünsche war. ... Gut, eigentlich hatte Jack längst begriffen, warum er sie sich stellte. In seinem Unterbewusstsein hatten sich die Teile bereits zu einem Bild zusammengefügt. Sein Verstand schaffte es jedoch hervorragend, es noch für ein Weilchen zu verschleiern.

 

Dieser Schleier fiel mit Daniels Rückkehr. Selbst ein Sturkopf wie Jack musste sich eingestehen, dass seine Freude über die Rückkehr seines Freundes vielleicht eine Spur zu groß ausfiel. Vor allem, wenn es hier einfach nur um Freundschaft ging. Schlimmer noch, das Gefühl der Enttäuschung, als sich herausstellte, dass Daniel keinen von ihnen erkannte. Sich nicht mal mehr an ihn erinnerte. Jim,... ha! Es kostete Jack einige Überwindung, aber zu seiner eigenen Verwunderung, blieb letztendlich nur die Erkenntnis: Er war verliebt in einen Mann! ... Verliebt in einen Wissenschaftler! ... Er liebte Daniel Jackson!

 

**********

 

Am nächsten Morgen erwachte Jack überraschend spät. Normalerweise wurde er immer mit dem ersten Hahnenschrei wach, doch die Tage in der Klinik forderten ihren Tribut. Es war der erste ungestörte und entspannte Schlaf nach zwei Wochen gewesen.

 

Immer noch bereitete ihm das Aufstehen ein paar Probleme. Doch schließlich schaffte er es und machte sich langsam fertig. Erneut dauerte es eine Weile, bis das Schwindelgefühl und die Übelkeit verschwanden. Trotzdem benötigte er ein wenig Überwindung, um zumindest ein leichtes Frühstück zu sich zu nehmen.

 

Es war kurz nach 11.00 Uhr, als es an seiner Haustür klingelte. Wer ist das denn?, wunderte sich Jack O’Neill und erhob sich schwerfällig von der Couch. Auf dem Weg zur Tür unterbrach er die CD, die er gerade gehört hatte. Die Klänge von ’Nessun Dorma’ verstummten.

„Doc?“ Überraschung spiegelte sich in Jacks Gesicht und in seiner Stimme als er die Ärztin des SGC vor seiner Tür erblickte. 

 

„Guten Morgen, Colonel. Haben Sie vergessen, dass ich heute vorbeikommen und nach Ihnen sehen wollte?“ Damit schob sich Doktor Fraiser an ihm vorbei und betrat das Haus. „Was war das eben, was da lief? Eine Oper? - das klang nett!“

„Ähm, verdrängt wäre wohl der bessere Begriff“, murmelte Jack leise und für sie lauter: „Ja, es war eine Opernaufnahme!“

„Sie hören Opern, Colonel? Erstaunlich! Sie sind immer wieder für eine Überraschung gut.“ Janet konnte ihre Verwunderung nur schwer verbergen. „War das Verdi?“, fragte sie vorsichtig. Sie musste zugeben, dass sie sich einzelne Stücke zuweilen mal ganz gerne anhörte, sich jedoch nicht richtig mit Opern auskannte. 

„Nein, es war eine Arie aus Turandot.“ Als Jack jedoch ihren fragenden Blick sah, fügte er erklärend hinzu: „Puccini.“

 

„Ah...“, die junge Frau nickte zustimmend. Der Name sagte ihr etwas. Sie hätte gerne noch weiter gefragt, jedoch war ihr längst aufgefallen, wie unwohl sich der Colonel in seiner ungewohnten Rolle als Aufklärer fühlte und wie wortkarg er sich gab. Innerlich musste Janet sich ein Schmunzeln verkneifen. Oh ja, der Colonel ließ sich nur ungern in die Karten schauen und er bevorzugte es, sich unauffällig im Hintergrund zu halten.

 

Doktor Fraiser erwies ihm den Gefallen und kehrte zum eigentlichen Grund ihres Besuches zurück: „Wie geht es Ihnen heute, Colonel? Wie war Ihre erste Nacht zu Hause?“

„Fein, es geht mir gut“, versicherte Jack der Ärztin und war dankbar für den Themenwechsel.

„Schön!“, entgegnete Janet und musterte ihr Gegenüber genauer. „Und was machen die Kopfschmerzen und die Übelkeit?“

„Keine Probleme, alles in Ordnung“, versuchte O’Neill die Ausfragerunde zu beenden.

„Colonel?“ Doktor Fraisers auffordernder Blick ließ keinen Zweifel daran offen, dass sie nicht vorhatte, sich mit seinen allgemeinen Antworten abspeisen zu lassen.

Jack seufzte innerlich. Er wusste, dass sie nicht eher Ruhe geben würde, bis er ihr sagte, was sie hören wollte.

„Hmm, na gut, das Aufstehen fällt momentan vielleicht noch etwas schwer. Es scheint auch, dass mein Kopf meinem Körper nicht so recht folgen kann, wenn ich mich bewege. Dies wiederum wertet mein Magen als persönlichen Angriff auf ihn. Aber davon abgesehen, geht es mir gut! ... Zufrieden?“

„Nicht ganz! Aber gemessen an der Höhe aus der Sie abgestürzt sind wäre ich verwundert gewesen, wenn Sie keine Auswirkungen mehr spüren würden“, gab sie offen zurück. Janet sah sich suchend um: „Wo steckt Daniel überhaupt?“

„Ahhh ...“, unbehaglich betrachtete Jack angestrengt seine Füße, während er leise antwortete: „Ich habe ihn gestern Abend nach Hause geschickt.“

 

Die Auflage der Klinik für seine Entlassung war eindeutig gewesen: Sie hatten ihn nur gehen lassen, da gesichert war, dass er sich nicht allein im Haus befand. Es sollte Hilfe da sein, wenn er sie benötigte. Doch er war draußen und nun gehörte sein Leben wieder ihm. Rebellisch straffte er sich, bevor er weiter redete: „Es geht mir gut. Ich bin durchaus in der Lage mich selbst zu versorgen.“ Seine Augen blitzten herausfordernd und bevor die junge Frau einen Einwand bringen konnte, fuhr er milder fort: „Außerdem kommen Daniel, Carter und Teal’c später sowieso noch vorbei. Sie sehen Doc, kein Grund zur Sorge. Ich bin bestens versorgt.“ Er unterstrich seine Worte mit einem breiten Lausbuben-Grinsen.

 

Jack O’Neill sah, wie es hinter der Stirn seiner Ärztin arbeitete. Offen erwiderte er ihren forschenden Blick mit dem sie ihn aufmerksam musterte. Schließlich war sie zu einer Entscheidung gekommen: „Na gut, Colonel. Aber achten Sie auf sich. Essen Sie regelmäßig, auch wenn es schwer fällt und ruhen Sie viel. Also keine weiteren Ernteversuche, wenn es geht!“ 

Jack nickte zustimmend, war er doch erleichtert, dass sie keine weitere Diskussion über sein Alleinbleiben begonnen hatte, daher überging er ihre letzte kleine Bemerkung.

„Und Colonel, ... wir reden hier von gesundem und leichtem Essen, also nicht von Pizza, Bier und ihrem sonstigen Kram“, schob sie sicherheitshalber nach. Janet wusste nur zu gut, wie Jacks übliche Ernährung aussah, wenn er zwischendurch mal zu Hause war. 

„Ist schon klar! Ich werde jedem Langohr Konkurrenz machen und eine Menge Grünzeug futtern“, versprach O’Neill grinsend.

Janet ersparte sich einen Kommentar. Ihr Blick sprach jedoch Bände.

„Wie wäre es jetzt mit einem Kaffee?“, versuchte Jack gutgelaunt die Ärztin abzulenken und deutete ihr an, ihm zu folgen.

„Danke, da sage ich nicht Nein!“ Sie schüttelte den Kopf und folgte ihm dann lachend. Der Colonel war wirklich unmöglich. Wie schaffte er es nur immer wieder sie zu manipulieren? Wenn er etwas wollte konnte er tatsächlich sehr charmant und überzeugend sein. Eine Stunde später machte sie sich wieder auf den Weg. Allerdings nicht, ohne Jack darauf hinzuweisen, dass sie am nächsten Tag wieder nach ihm sehen würde.

 

**********

 

Der Nachmittag war im Anschluss sehr schnell vorüber gegangen. Jack hatte die Zeit mit Musik hören und vor sich hin dösend verbracht. Mit Verwunderung stellte er fest, dass es bereits weit nach 17.00 Uhr war, als die anderen bei ihm klingelten.

 

Wie verabredet hatten die Drei unterwegs beim Asiaten gehalten. Kurz nach ihrem Eintreffen türmten sich Unmengen dieser kleinen Kartons auf Jacks Esszimmertisch. Das Essen verlief entspannt. Carter und Daniel berichteten abwechselnd, was sich während seiner Abwesenheit so ereignet hatte. Insbesondere Sam berichtete ausführlich von ihrem Einsatz mit Teal’c und SG-3.

 

Der Jaffa hielt sich wie gewohnt zurück und überließ das Reden seinen Teamkameraden. Er hatte unterdessen seine Vorliebe für Schalentiere entdeckt und Daniel hatte alle Mühe, sich wenigstens eine der frittierten Hummerkrabben zu erkämpfen. Der Wissenschaftler versuchte gerade mühselig seinen Freund davon zu überzeugen, dass die letzte Krabbe ihm zustand.

 

Jack nutzte die Gelegenheit, um sich ein bisschen von dem scharfen Szechuan-Hühnchen zu nehmen, doch Sam hatte es bemerkt und legte schnell ihre Hand auf seinen ausgestreckten Arm: „Sir?“

„Nichts Carter. Ich wollte nur, ähh .... verhindern, dass Daniel den Karton umwirft“, bemerkte Jack unschuldig und stellte die Packung wieder auf den Tisch.

„Sicher, Sir!“, nickte der Major und versuchte ernst zu bleiben. Um ihre Augen lag jedoch ein belustigter und wissender Zug. „Wie ist ihr Chop-Suey?“, fragte Sam betont beiläufig, konnte aber ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

„Fad, Carter, sehr fad”, entgegnete O’Neill abwesend und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die würzig duftende Speise vor ihm.

„Sir, Ihr Magen muss sich erst langsam wieder ...“, weiter kam sie jedoch nicht, da Jack ihr ins Wort fiel.

„Ah, Carter!“ Er hob seine Hand und gebot ihr still zu sein. „Sagen Sie es nicht, ich kenne den Rest. Wissen Sie, ich habe einige Erfahrung in diesen Dingen.“ Einen Moment blieb sein Blick an ihr haften, dann lenkte er seine Aufmerksamkeit auf das allgemeine Geschehen: „Hatte hier nicht jemand etwas von einem Videoabend gesagt?“

 

**********

 

Ein plötzliches Klirren weckte O’Neill. Erschreckt riss Jack die Augen auf und setzte sich ruckartig: „Was?“, irritiert blickte er um sich. Daniel war gerade dabei, die letzten Gläser vom Tisch weg zu räumen. Dabei war ihm eines umgefallen und zerbrochen.

„Sorry, Jack! Ich wollte dich nicht wecken”, entschuldigte sich der Linguist zerknirscht.

„Schon gut, Daniel. Ich werde es überleben - im Gegensatz zu dem Glas“, fügte er hinzu und beobachtete wie sein Freund die Scherben einsammelte. Wo sind Carter und Teal’c?“, suchend blickte Jack sich um.

„Oh, sie sind bereits gegangen. Ich soll dich grüßen. Sam kommt morgen noch einmal vorbei“, klärte Daniel ihn auf, während er in Richtung Küche davon lief.

 

Jack O’Neill nickte gedankenverloren und streckte sich. Sein Magen verübelte ihm noch die plötzliche Bewegung beim Aufwachen und in seinem Kopf summte es, wie in einem Bienenstock. Nach ein paar tiefen Atemzügen jedoch beruhigte sich sein Körper. Vorsichtig erhob er sich von der Couch. Langsam machte er sich auf den Weg ins Badezimmer. Er konnte hören, dass Daniel in der Küche die letzten Reste des Abendessens entsorgte.

 

„Habe ich irgendetwas Wichtiges verpasst?“, fragte Jack, während er an dem hell erleuchteten Raum vorbei lief.

„Nein! Außer, dass Teal’c mit jedem Mal besser in seiner Darth Vader Imitation wird, eigentlich nicht. Ich frage mich wirklich, was er an ’Krieg der Sterne’ findet. Es war ein Fehler ihm die Filmwahl zu überlassen. Wenn ich noch einmal ...“Der Rest ging unter, als Jack grinsend die Badezimmertür schloss.

 

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Als Jack sie wieder öffnete und den Flur betrat, lag die Küche im Dunklen. Er vermutete, dass Daniel zurück ins Wohnzimmer gegangen war und so machte er sich auf, um ihn zu suchen. Er entdeckte ihn, wie der Wissenschaftler dabei war, aufmerksam die an der Wand hängenden Auszeichnungen zu studierten. Jack war bereits auf der kleinen Treppe, die den Flur von dem großen Wohnraum trennt, als ihn erneut ein Schwindelgefühl überraschte. Plötzlich versagten seine Knie und der nächste Schritt ging ins Leere. Glücklicherweise befand er sich bereits auf der letzten Stufe, so dass es kein tiefer Sturz war, als er in sich zusammensackte. Dennoch erwies sich die Landung als unsanft und benommen blieb er liegen.

 

Er war wohl für einen Moment weggetreten, denn das Nächste was ihm bewusst wurde, war ein sanftes Rütteln und Daniels besorgt klingende Stimme, die immer wieder seinen Namen rief: „Jack, ... Jack! ... Verdammt Jack, komm zu dir! Jack, ich ....“

 

Irgendetwas in ihm wollte Daniel einfach nur beruhigen und so antwortete er unbewusst und ohne zu überlegen: „Ich weiß, Daniel, ich weiß! Du brauchst mich und du liebst mich. Ich lass dich schon nicht alleine! Gib mir nur eine Minute, ich bin gleich wieder okay“, flüsterte Jack besänftigend.

 

Die abrupte Stille die daraufhin einkehrte war fast noch schlimmer, als Daniels Rufe. Sie hing drückend im Raum und allmählich sickerte sie zu Jacks Verstand durch; ließ ihn fühlen, dass etwas nicht in Ordnung war. Jack zwang seine Lider auf und sah Daniel, der ihn erstaunt anstarrte.

„Was hast du eben gesagt, Jack?“ Aus Daniels Gesicht schien alle Farbe gewichen zu sein.

Was hatte er denn gesagt? Jack kramte in seinem Gedächtnis. Doch nur zäh kam die Erinnerung zurück. Er hatte spontan die Worte wiederholt die, seit seinem Krankenhausaufenthalt, immer wieder mit Daniels Stimme durch seinen Kopf geisterten.

 

„Jack?“, fasste Daniel zögernd nach.

Doch statt einer Antwort reckte der Ältere ihm nur den Arm entgegen. Behutsam zog der junge Mann seinen Freund in eine sitzende Position. Jack betrachtete Daniel kurz nachdenklich, bis er langsam wiederholte: „Ich sagte: Ich weiß, dass du mich liebst!“

Daniel schluckte schwer. Für einen Augenblick herrschte absolute Stille, doch dann nahm er seinen Mut zusammen: „Und?“, fragte er dann leise.

 

„Was und, Daniel?“ Langsam fand Jack Spaß an der Situation. Jetzt, wo er sich sicher war, dass Daniels Worte nicht nur ein Traum gewesen waren, hatte es durchaus seinen Reiz, sich ein wenig schwerfällig zu geben und zu sehen, wie der Wissenschaftler versuchte, sich über Jacks Gefühle klar zu werden. Allerdings sollte er es nicht übertreiben, rief Jack sich selbst zur Ordnung.

 

„Ich meine, wie denkst du darüber?“, lautete Daniels vorsichtige, aber ruhig klingende Gegenfrage. Wie Jack feststellen musste, hatte sein Freund erstaunlich schnell wieder die Fassung gewonnen. Erneut fiel ihm die Veränderung auf, die Daniel, seit seiner Rückkehr von den Aufgestiegenen, vollzogen hatte. Früher wäre er aus lauter Scham wahrscheinlich am liebsten im Erdboden versunken und hätte vor Unsicherheit kein vernünftiges Wort mehr herausgebracht. Heute jedoch hatte Daniel sich wesentlich besser im Griff.

 

Er begegnete dem abwartenden Blick des Linguisten und sie schauten sich schweigend an. Jack wurde bewusst, dass er seinem Freund noch eine Antwort schuldig war. Stumm beugte er sich vor und nach einem letzten, kaum merklichen Zögern, begann er vorsichtig Daniel zu küssen. Einen kurzen Augenblick lang war dieser von Jacks unerwarteten Aktion überrumpelt, doch dann erwiderte Daniel den Kuss leidenschaftlich, bis beide atemlos nach Luft schnappten.

 

„Wow“, entfuhr es Daniel, immer noch mit geschlossenen Augen, auf dem Boden, kniend.

„Hey, das ist mein Spruch“, erinnerte Jack ihn sanft.

Unbekümmert zuckte der Wissenschaftler mit den Schultern: „Egal, was jetzt?“ Erwartungsvoll lächelte er seinen Freund an.

„Jetzt leider gar nichts, Daniel. Ich denke nicht, dass ich im Moment zu mehr, als einem Kuss in der Lage bin“, erklärte Jack, noch immer nach Atem ringend.

„Schade!“ Ein leises Bedauern lag für einen kurzen Augenblick in Daniels Stimme. Doch dann nickte er zustimmend und ein Grinsen überzog sein Gesicht: „Na schön! Und Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude!“

„Genau!“, stimmte Jack bestätigend zu. Beide sahen sich in stummen Einverständnis an.

 

Plötzlich durchfuhr Daniel der Gedanke, dass Jack immer noch auf dem kalten Boden saß. Eilig erhob er sich und die Sorge um seinen Freund gewann wieder die Oberhand: „Verdammt, Jack! Wir sollten schauen, dass wir dich ins Bett bekommen. Janet bringt mich um, wenn ich es zulasse, dass du dir nun auch noch eine Erkältung einfängst.“

„Angst vor unserem Doc, Daniel?“, grinste Jack und nahm dankbar Daniels Hand, die dieser ihm hilfreich entgegenreckte.

„Sag bloß, du nicht, Jack! – Oder möchtest du ihr vielleicht erklären, wie es dazu kam. Den kleinen Treppenabsturz inklusive?“ Schelmisch schmunzelte der Archäologe den Älteren an. Sie hatten es mittlerweile geschafft Jack wieder auf die Füße zu bringen.

 

Immer noch fühlten sich Jacks Beine wie Pudding an. Er holte tief Luft: „Nein, Daniel! - Bestimmt nicht! Ich glaube nicht, dass ihr das gefallen würde! - Und mir ihre Reaktion darauf wahrscheinlich schon gar nicht!“, erwiderte Jack aus dem Brustton der Überzeugung. Langsam machte er sich mit Daniels Hilfe auf den Weg in sein Schlafzimmer.

 

Ein paar Minuten später saß Jack auf seinem Bett und richtete sich seine Kissen. Daniel, der gerade das Zimmer verlassen wollte, drehte sich, im Türrahmen stehend, noch einmal zu ihm um: „Was meinst du, wie lange du brauchen wirst, Jack?“, fragte er dann fast schon beiläufig.

„Womit? – Mit den Kissen?“, irritiert schaute Jack O’Neill auf.

„Nein, mit dem Gesund werden, Jack!“, entgegnete der Wissenschaftler und schüttelte lachend den Kopf.

„Oh“, entfuhr es Jack nachdem er die Frage begriffen hatte. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht: „Ich verspreche dir, ich werde mein Bestes tun, damit es nicht allzu lange dauert, Daniel.“

„Gut! Ich werde dich daran erinnern, falls es dir in den nächsten Tagen wieder entfallen sollte und du dich nicht an die ärztlichen Anweisungen halten solltest“, versprach der Wissenschaftler und nickte bekräftigend mit dem Kopf. Dann verließ er Jacks Zimmer und schloss leise die Tür.

 

Jack sah ihm erstaunt nach, bevor ein Schmunzeln sein Gesicht überzog. In Zukunft würde er sich wohl auf noch viel mehr „Streitgespräche“ mit seinem Archäologen freuen dürfen und er konnte es kaum abwarten, wieder auf den Beinen zu sein!

 

ENDE

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