Kleptomania

"Hey, Sie. Lassen Sie die Finger davon!", schoss es aus Zelenka, als er Vala dabei erblickte, wie sie mit ihren Händen über eine der vielen technischen Konsolen strich, welche ‚lebenswichtig' für Wissenschaftler waren.
Überrascht blickte Vala auf und betrachtete den kleinen kahlköpfigen Mann, der auf sie zugesteuert kam. Eilig ließ sie ihre Hand sinken und steckte diese in ihre Uniformjacke.
"Fassen Sie das hier nicht an, das sind sehr heikle Gegenstände!", erklärte Radek, während er sich mit einem Finger die Brille nach oben schob und die vielen kleinen Konsolen musterte.
"Ich hab nichts angefasst", erklärte Vala und zauberte ein süßes Lächeln auf ihre Lippen.
"Das hoffe ich für Sie!", entfuhr es Radek etwas unfreundlich, da er bereits schon genug Stress hatte. Er brauchte wirklich nicht noch demolierte Gerätschaften, mit denen er arbeiten sollte.
"Ich fass' nie wieder an, versprochen!", entgegnete Vala freundlich, wobei sie immer noch grinste. Es war nett hier in Atlantis und sie war froh darüber, dass Daniel sie mitgenommen hat, da sie sonst nur im SGC gefangen gewesen wäre.
Nur wurde es mit der Zeit etwas langweilig, da Daniel und Dr. Weir arbeiteten und sie hier niemanden kannte, der mit ihr eine kleine Besichtigungstour machte. Deshalb sah sie sich auf eigene Faust um.
Es war schön hier, aber Interessantes wie atemberaubende Reichtümer hatte sie bis jetzt noch nicht gesehen. Juwelen, Schmuck, Kristalle… das war interessant, aber nicht langweilige Besprechungen und eine Stadt voller Gänge, alle gleich aussahen.
Es gab noch etwas anderes Interessantes in ihren Augen. Einen Typen namens John Sheppard, doch der war blöderweise nach der Konferenz aus ihrem Blickwinkel verschwunden.
Somit gab es nur zwei Plätze, an denen sie sich aufhielt, dem Gateraum und die technischen Labore. Irgendetwas mussten die Maschinen ‚wert' sein, da sie sonst nicht so wichtig wären.
"Hören Sie, wenn Sie hier nichts Wichtiges zu tun haben, dann stehen Sie uns bitte nicht im Weg! Wir arbeiten hier!", forderte Zelenka sie auf und deutete mit den Händen an, dass sie von hier verschwinden sollte.
Es war stressig und da brauchte echt nicht jemand im Wege stehen und den anderen bei der Arbeit zusehen.
"Na schön! Ich verschwinde!", erwiderte Vala etwas genervt von dem kleinen Brillenzwerg. Nicht einmal umsehen durfte sie sich.
Nachdem sie Zelenka eine weitere Weile finster anstarrte, beschloss sie nun wirklich zu gehen. Es gab bestimmt auch noch interessantere Plätze als hier im Labor.
Kurz nachdem sie zur Tür hinaus getreten war, lief sie auch schon Daniel und Weir über den Weg, die gerade den Gateraum ansteuerten.
"Vala!", grüßte Elizabeth freundlich und begann zu lächeln. "Wie gefällt es Ihnen bis jetzt hier in Atlantis?"
"Ganz gut!", erwiderte diese und vergrub ihre Hände tief in ihrer Jackentasche. "Bisschen langweilig, aber was solls!"
Neugierig zog Elizabeth eine Augenbraue nach oben. Atlantis? Langweilig?
"Nun ja. Sie wissen schon… Alles so technisch und stressig!", begann Vala zu erklären. "Dabei vergisst man ganz den Spaß hier!"
"Also ich finds klasse!", warf nun auch Daniel ein und zog so Valas Blick auf sich. Er war begeistert von allem hier. Es war sogar noch besser als er es sich vorgestellt hat. So viel Geschichte auf einem Haufen war der Traum eines jeden Historikers.
"Ja, klar!", murrte Vala und versuchte zu lächeln, was ihr jedoch misslang. Daniels ständige Freude und Begeisterung war richtig nervig. "Wann fliegen wir wieder heim? Ich will meine Serien nicht verpassen!"
Daniel zog beide Augenbrauen nach oben, als er Vala betrachtete, die dastand als ob ihr kalt wäre.
"Serien?", wollte Elizabeth wissen und mit einer leichten Handbewegung begann Daniel zu erklären.
"Nun ja, wissen Sie, seit Vala bei uns auf der Erde lebt, hat sie gewisse Dinge entdeckt, von denen sie süchtig wurde!"
Genervt verdrehte Vala die Augen.
"Dazu gehört auch Fernsehen. Vor allem hochinteressante Serien wie Dr. Quinn oder Robin Hood, die rein gar nichts mit wahrer Geschichte zu tun haben!"
Daniel grinste.
"Mir doch egal, ob es so passiert ist oder nicht!", fauchte Vala. "Ich find sie dennoch toll!"
Sie konnte es nicht ausstehen, wenn Daniel über ihre Lieblingsserien lässterte.
Die drei wollten sich gerade umdrehen und zum Gateraum gehen, als Radek um die Ecke geschossen kam und fauchte: "Geben Sie mir mein Notepad wieder zurück. Ich weiß, dass Sie es haben!"
Verwundert rissen Daniel und Elizabeth die Augen auf und starrten Vala überrascht an, welche nach einer Weile der Sprachlosigkeit zu Grinsen begann.
"Ich weiß nicht, wovon Sie reden!", meinte sie lächelnd und bewegte sanft den Kopf, sodass ihr schwarzes, langes Haar hinter ihre Schultern geschubst wurde. Die Hände vergrub sie immer noch tief in ihren Taschen.
"Ach nein?", wollte Radek wissen. "Was haben Sie dann da in ihren Taschen?"
"In meinen Taschen?", wiederholte Vala, biss sich kurz auf die Lippen und lächelte wieder. "Da hab ich meine Hände!"
"Vala!", warnte Daniel, der sie aufmerksam musterte.
"Sie haben mein Notepad gestohlen!", beschuldigte Radek Vala. "Ich hab genau gesehen, wie Sie ihre Finger bei der technischen Ausrüstung hatten."
"Das heißt aber noch lange nicht, dass ich etwas ‚gestohlen' habe!", konterte Vala und blickte zu Daniel, dessen warnender Blick noch immer auf ihr lastete. "Was?"
Was sollte Vala denn mit einem Notepad? Sie fragte sich wirklich, ob Daniel es ihr zutrauen würde, ein langweiliges Notepad mitzunehmen.
"Wenn du dort etwas entwendet hast, gib es schleunigst wieder zurück!", forderte Daniel und wartete darauf, dass sie ihre Taschen leerte.
"Wisst ihr was…"; begann Vala und taumelte langsam rückwärts. "Ich helfe dem kleinen Mann sein Notepad zu suchen, denn ich habe es nicht!"
"Das ist nett von Ihnen!", kam dann von Elizabeth, die das ganze Spektakel bis jetzt nur beobachtet hatte. Sie lächelte freundlich. Radek ahnte, dass er Valas Vorschlag annehmen musste, da Elizabeth von der Idee begeistert schien. Doch insgeheim wusste er, dass sie es gestohlen hatte.
"Jezisi!", nuschelte Radek leise, während des Atmens auf Tschechisch, ehe er Vala protestierend mit sich in die Labore zog. Vala lächelte nur schelmisch, winkte Daniel und verschwand auch sogleich um die Ecke.
Daniel atmete nur tief ein und aus, da er wusste, wie Valas Liebe zu fremden Gegenständen war. Dies konnte nicht gut enden.

+++

Grinsend betrat Vala Elizabeths Büro, wo auch schon Daniel, Carter, Mitchell und Elizabeth auf sie warteten. Neben ihr trat auch Radek ein, der wie fanatisch auf seinem kleinen Notepad herumdrückte.
"Seht ihr! Ich sagte doch, dass ich es nicht habe!", verkündete sie stolz und Daniel konnte nur die Augen verdrehen.
Elizabeth war froh darüber, dass Radek sein Pad wieder gefunden hatte und fragte: "Und, Dr. Zelenka, wo hatten Sie es dieses Mal verlegt?"
Radek blickte nur kurz auf und versuchte zu lächeln, was ihm jedoch misslang. Es war nämlich nicht das erste Mal, dass sein Notepad verschwunden war und dann wieder aufgetaucht ist. Er hatte Talent es zu verlegen.
"Es war auf dem Tisch neben einem Stein oder so, in einem der Labore!", erklärte Vala freudig, während sie mit ihren Händen in der Luft herumfuchtelte.
"Gut. Das heißt, wir können dann los, oder?", warf nun Carter ein, die gegen Elizabeths Tisch lehnte. "Das Schiff kreist schon im Orbit, also sie sind bereit, uns hoch zu beamen und die Heimreise anzutreten!"
"Ja!", meinte Daniel, der mit dem Finger seine Brille nach oben schob. "Wird Zeit, dass wir aufbrechen. Ich hab noch einiges an Arbeit zu erledigen... Die ganzen Übersetzungen werden Ewigkeiten dauern!"
SG-1 richtete sich auf und begann sich bei Elizabeth zu verabschieden, die sie hoffentlich bald wieder willkommen heißen durfte. "Gute Heimreise!" wünschte sie ihnen und begleitete sie in die Mitte des Gateraumes, da das Beamen dort einfacher ging.
Als SG-1 dann zusammen im Kreis stand, fragte Daniel Vala leise ins Ohr: "Vala, was hast du wirklich in deinen Taschen?"
Diese lächelte nur, drehte sich zu Daniel und erwiderte: "Gar nichts!", ehe sie noch einmal zu Weir hochblickten, welche nickte, und sie aus der Stadt gebeamt wurden.
Elizabeth wandte sich zu Radek um, der neben ihr stand und mit beiden Händen sein Notepad umklammerte.
"Sehen Sie!", begann Elizabeth. "Ich wusste doch gleich, dass Sie es wieder verlegt hatten!"
Im selben Augenblick schoss Rodney um die Ecke in den Kontrollraum. "Radek?"
Die Beiden drehten sich um und Elizabeth zog neugierig eine Augenbraue nach oben, da Rodney etwas durcheinander schien. Er schnipste mit den Fingern und deutete auf Zelenka.
"Sagen Sie, Radek, haben Sie zufällig mein silbernes Federpennal und meinen Lebenszeichendetektor gesehen? Ich hab sie vorher im Labor neben der neuen technischen Ausrüstung liegen lassen und jetzt sind sie weg!? Ich könnte schwören, dass ich sie dort gelassen habe!"

- Fin -