Man at work

"Rodney, hier ist Elizabeth. Können Sie mich hören? Rodney?"

Oh Mann, was will sie schon wieder? Können mir nicht wenigstens ein paar Stunden Schlaf zugestanden werden, bevor die nächste Katastrophe ansteht?

"Ja, leider", krächze ich in mein Mikrofon. "Was gibt es denn?"

"Der Schutzschild wurde deaktiviert", erklärt mir Elizabeth gefasst.

"Was ist mit Zelenka? Es ist seine Schicht!", frage ich genervt.

"RODNEY, kommen Sie in den Kontrollraum. Dr. Zelenka arbeitet an dem Problem, aber momentan tappt er noch völlig im Dunkeln." Ihre Stimme klingt schon energischer.

"Ja, ja, schon gut, ich bin auf dem Weg", knurre ich und erhebe mich stöhnend von meinem Bett, schlüpfe rasch in meine Jacke, schnappe mir meinen Scanner und trete aus meinem Raum hinaus, in den Gang in Richtung Gateraum.

‚Warum versuche ich es überhaupt noch mit dem Schlafen? Wer benötigt schon Schlaf, ist doch völlig überbewertet! Ist doch jedes Mal das Gleiche, kaum schließe ich die Augen, kommt die nächste Katastrophe.'

"Rodney, hören Sie mich?" Erneut ertönt Elizabeth Stimme in meinem Ohr.

"Laut und deutlich", schreie ich zurück und beachte die fragenden Blicke der Leute, an denen ich vorbei laufe und die mich mustern, als sei ich ein Irrer, der mit sich selbst spricht, gar nicht.

"Wir haben gerade ein Wraith-Mutterschiff im Hyperraum entdeckt. Beeilen Sie sich. Die Zeit drängt. Sollten sie näher kommen, können deren Sensoren Atlantis entdecken, solange der Schutzschild nicht aktiviert ist", treibt sie mich an und ich merke an der leichten Panik in ihrer Stimme, wie ernst die Situation ist.

"War ja klar, war ja klar. Kaum bewege ich mich fünf Meter vom Kontrollzentrum weg, geschieht die nächste Katastrophe. Wahrscheinlich hat jemand irgendwelche Wanzen eingebaut, die jedes Mal Meldung geben, wenn McKay den Kontrollraum verlässt. Achtung … Achtung, Genie ist weg, wir können versuchen, den nächsten Angriff zu starten!", meckere ich und lege einen Zahn beim Laufen zu, während ich bereits meinen Scanner aktiviere und wie wild darauf herumtippe, um eventuelle Störungen zu entdecken.

"Rodney, wir haben jetzt keine Zeit für Ihre Tiraden. Kommen Sie endlich ins Kontrollraum."

"ICH BIN AUF DEM WEG! Hat Zelenka schon gecheckt, ob das ZPM irgendwelche Störungen hat?" Unfassbar, muss ich eigentlich an alles denken? Das ist doch das Erste, was Zelenka kontrollieren müsste, sobald der Schutzschild abfällt. Für was bekommt der Mann eigentlich sein Geld? Nur damit er mir die Füße küssen darf?

"Das war das Erste, was Dr. Zelenka gecheckt hat", antwortet Elizabeth jetzt.

"Das ist ja auch das Mindeste, was man verlangen kann." Wenigstens hat er sein Hirn ein bisschen angestrengt.

Ich tippe weiter auf meinen Scanner, gleiche die Daten ab und versuche einen Fehler zu finden, als ich gegen einen Gegenstand laufe. Ich schaue kurz hoch und bemerke, dass mich eine Person angerempelt hat.

"Passen Sie doch auf, wohin Sie gehen", motze ich die Person an und schiebe mich an ihr vorbei. "Unfassbar! Müssen alle mit geschlossenen Augen durch die Gänge rennen? Das muss man doch sehen, dass ich hier zu tun habe. Bin ich eigentlich der Einzige, der denkt? Und kann man nicht einmal ETWAS Rücksicht auf mich nehmen? McKay tun Sie dies, McKay warum funktioniert das nicht, McKay finden Sie eine Lösung und retten Sie uns alle…"

"Ich kann Sie hören…"

"… McKay der Weltuntergang steht bevor, ich will ein B…"

"Ich kann Sie IMMER NOCH hören!", unterbricht Elizabeth Stimme scharf mein Gemecker. "Sie sind auf Funk, RODNEY!"

"Oh… ähm… ja." ‚Versteht auch keinen Spaß, die Frau'. "Gab es irgendwelche Energieabfälle in anderen Bereichen von Atlantis? Mein Scanner kann das soweit nicht checken", gebe ich weitere Order, um von der leicht peinlichen Situation, in die ich mich gerade hineinmanövriert habe, abzulenken.

"Dr. Zelenka hat nichts gefunden."

Denke Rodney, denke. An was kann es liegen? Hast du alles gecheckt? Schau noch mal auf den Scanner. Irgendwo muss ein Fehler sein.

"Rodney, in zwei Minuten ist das Wraith Schiff nah genug, dass seine Sensoren uns erfassen können", drängelt Elizabeth in meinem Ohr.

"Ja, ich bin auf dem Weg. Ich kann nicht rennen. Wenn ich renne, wird mein Hirn durchgeschüttelt und ich kann nicht denken. Und da ich die einzige Person in dieser Stadt bin, die ihr Gehirn benutzt, ist es lebensnotwendig, dass ich alles tue, um mir die höchstmögliche Denkfähigkeit zu erhalten!", kreische ich jetzt ins Mikro. Gott, ich hasse es, so unter Druck gesetzt zu werden. Schweiß bricht aus all meinen Poren, meine Hände zittern und ich tippe undeutlicher. Dabei brauche ich gerade in dieser Situation eine ruhige Hand. Und wer ist schuld, dass ich die nicht habe? Richtig! Elizabeth. Weil sie ständig Druck auf mich ausübt.

"Rodney! Noch eine Minute!"

"Hören Sie auf, mich so unter Druck zu setzen, oder ich flippe aus!" Meine Stimme hat einige Höhenlagen hinzugewonnen, als ich ihr jetzt antworte. "Ich bin ein Genie, ich bekomme das schon hin. Aber hören Sie auf, mich so zu drängen."

"Noch dreißig Sekunden, Rodney."

Verdammt, ich drehe ihr den Hals um, ich schwöre bei Gott, sollte ich diese Katastrophe überleben, werde ich meine Hände um ihren dürren Hals legen und genüsslich zudrücken. Jawohl! Ich meine, soll sie doch mal 36 Stunden nicht schlafen und in der Zeit mindestens fünfmal die Erde vor einem neuerlichen Wraithbefall retten. Ist doch wahr. Man könnte mir doch mal eine Pause gönnen. Ich will ja kein verdammtes Verdienstkreuz oder irgend so etwas… wobei, so ein schmuckes Kreuz würde sich sicher gut auf meiner Jacke machen… wo war ich stehen geblieben? Ach ja genau, ich will ja eigentlich keines dieser Abzeichen, wenn ich mich auch nicht dagegen wehren würde… aber doch bitte mal ein paar Stunden Schlaf. Ist das zu viel verlangt? Dieses einfache menschliche Bedürfnis. Auch Genies und Helden brauchen Ruhe. Und Essen. Gott, mir fällt gerade auf, wie hungrig ich bin.

"Zehn Sekunden."

Endlich sehe ich die Treppe zum Kontrollzentrum.

"Bin gleich da." Wenn ich Atlantis gerettet habe, sollte ich erst Mal etwas anständiges Essen, bevor ich mindestens fünf Tage schlafe.

"Rodney! Wo bleiben Sie, noch drei Sekunden!", ruft Elizabeth erneut ins Mikro, als ich gerade in den Gateraum gerannt komme, immer noch auf meinen Scanner starrend und darüber nachdenkend, was ich als Erstes esse, wenn die Sache hier vorbei ist. Hab ich schon erwähnt, dass ich multitaskingfähig bin?

"Das wurde Zeit… Rodney! Was tun wir jetzt?" Panik liegt in Elizabeth Gesichtszügen. Ich starre sie kurz aus meinen Augenschlitzen an, ganz öffnen kann ich sie schon gar nicht mehr, so müde bin ich. Dann schreite ich an ihr vorbei, ziehe Zelenka von der Kontrollanzeige weg, hole weit aus und trete mit aller Gewalt gegen das Pult.

"RODNEY!", schreien Elizabeth und Zelenka gleichzeitig erschrocken. Ich starre auf das Pult und warte eine Sekunde, eine atemlose Sekunde, in der sich auf der Anzeige nichts tut. Bis… es plötzlich anfängt zu blinken.

"OH, der Schutzschild fährt auf 100 Prozent hoch", erläutert Zelenka, der mir über die Schulter geschaut hatte und stimmt mit Elizabeth in ein erleichtertes Lachen ein.

Ich stelle mich aufrecht hin und grinse mein breites Siegerlächeln.

"GEHT DOCH!!!"

Ende