Gegen das Schicksal by Lenari
Summary: Ein Virus sorgt für Wirbel im SGC, ein Verräter ist unter ihnen und es kommt auf jede Sekunde an...
Categories: Stargate SG-1 Characters: Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Samantha Carter (SG-1), Tok’ra
Genre: Action, Friendship, General
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 21327 Read: 2154 Published: 15.04.14 Updated: 15.04.14
Story Notes:
Diese Idee schwirrt mir schon eine ganze Weile im Kopf umher. Es wurde Zeit, sie endlich zu Papier zu bringen. Na ja, wenn ich alles aufschreiben würde, was mir so den lieben langen Tag durch den Kopf geht, würde ich aus dem Schreiben gar nicht mehr herauskommen. Was ich auch nicht wirklich tue. Na ja, egal. Freut euch einfach auf noch eine Story über das Stargate und SG-1. Ich habe diese Geschichte mit einer Freundin angefangen, leider konnte sie aus zeitlichen Gründen nicht weiter schreiben, aber auch ihr gebührt das Lob für diese Story - vorausgesetzt sie ist gelungen.

1. Kapitel 1 by Lenari

Kapitel 1 by Lenari
Gegen das Schicksal


Prolog

Was ist eigentlich Liebe? Ist es nur ein Gefühl, wie die Menschen immer sagen, oder ist es gar mehr? Wenn man ei-nen Menschen trifft, mit dem man glücklich werden will, wird dann die Liebe einfach so aktiviert? Vielleicht ist die Liebe eines Menschen schon seit seiner Geburt fest in der Seele verankert und führt zwei Personen über Umwegen zueinan-der. Es übernimmt sozusagen die Kontrolle über den Körper und den Verstand eines Menschen, damit dieser seine wirk-lich einzig wahre Liebe findet. Auch wenn das manchmal viele Jahre dauern kann. Könnte man Liebe deshalb nicht auch mit Energie vergleichen?
Der Energieerhaltungssatz gibt an, dass Energie nie erzeugt, beziehungsweise zerstört werden kann. Sie wird ein-fach nur von einem Zustand in den anderen gewandelt und bleibt der Welt erhalten. Eine wirklich gar nicht mal so schlechte natürliche Erscheinung, wie Samantha Carter eines Abends in ihrem Labor feststellen musste. So bleibt das Gleichgewicht der Erde immer erhalten. Doch wo kommt die Energie dann her? Wenn sie nicht erzeugt werden kann, dann muss sie ja schon seit Äonen, eine ganze Ewigkeit im Universum zu finden sein. Doch damit sie vorhanden sein kann, muss sie irgendwann erzeugt worden sein.
Diese Feststellung brachte Sam immerzu Kopfschmerzen. Wenn sich Liebe wie Energie verhält, dann müsste schon Millionen, vielleicht sogar Milliarden von Jahren vor ihrer Geburt festgelegt worden sein, mit welchem Menschen sie den Rest ihres Lebens verbringen würde. Das hieße also, dass sie sich gar nicht vor ihren Gefühlen für eine bestimmte Per-son verstecken oder sie sogar ignorieren konnte. Denn irgendwie wurden schon ihr Leben, ihre Gefühle und Schicksale vor Jahren kreiert. Sie könnte sich nicht dagegen wehren, es wäre aussichtslos den Kampf gegen die Urgewalten der Physik zu gewinnen.
Eine sehr waghalsige Theorie, fand Sam jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte.

Schicksal? Was bedeutet dieses Wort? War wirklich alles im Leben vorherbestimmt, wer geboren wird und wer stirbt, wer sich in wen verliebt und wem dadurch das Herz gebrochen wird? Doch was ist, wenn die Liebe nicht sein darf, wenn sich alles gegen einen stellt? Ist das dann auch Schicksal? Wenn ja, was bezweckt es damit? Hat es auch vorgesehen, dass man über alle Widrigkeiten hinweg zueinander findet oder einsam und allein den Rest seines Lebens verbringt, nur weil man diesen einen Menschen, der einem soviel bedeutet, nicht halten kann? Wäre eine Tragödie wie bei Romeo & Julia eine mögliche Folge dieser aussichtslosen und untersagten Liebe oder sollte sie doch in einem Happyend enden, in dem alle glücklich sind und bekommen, was sie wollen?
Wer entschied das, wenn nicht die Betroffenen selbst? Ihre Entscheidungen sind es, die zum Gelingen oder Schei-tern führen können, niemand kann sie ihnen abnehmen oder gar in ihrem Namen handeln. Sind all unsere Gedanken etwa auch schon festgelegte Sache, gegen welche man überhaupt nichts unternehmen kann, die man nicht selbst ein wenig beeinflusst. Ist das Schicksal wirklich so erbarmungslos, dass es uns keinen Raum für eigene Entschlüsse lässt, so dass man es vielleicht ein wenig verändern könnte? Welches Ziel verfolgt es damit, zwei Liebenden unüberwindliche Hindernisse in den Weg zu stellen? Ist es zum Wohle der Menschheit?
All das schoss Jack O’Neill gerade durch den Kopf, während er an die Tür gelehnt seiner großen Liebe zusah, wie sie gedankenverloren in ihren Laptop starrte. Bei ihnen wäre es wohl der Fall, denn ihrer Liebe nachzugehen würde das Ende ihrer so heißgeliebten Welt bedeuten. Sicher grübelte sie wieder über eine ihrer Theorien und wie sie diese in die Tat umsetzen konnte. Jack bewunderte sie dafür, auch wenn er wahrscheinlich nicht ein Wort davon verstehen würde. Noch so ein unüberwindliches Hindernis, welches das Schicksal ihnen in den Weg gelegt hatte. Doch so lange sie nur in seiner Nähe war, ging es ihm gut. Sie sah auf und blickte ihn an, nur um ihm ihr berühmt berüchtigtes Lächeln zu schen-ken. Am Liebsten hätte er sie die ganze Zeit so angesehen, das könnte selbst das Schicksal nicht verhindern, oder etwa doch? Wie es aussah, schon, denn im selben Moment ging der Alarm los und aus einem liebenden Paar wurden wieder Kollegen, Soldaten, bereit zum Kampf gegen den schier übermächtigen Feind.

Kapitel 1: Die Nachricht

Nach mittlerweile sechs Jahren, die Sam und Jack in diesem Berg verbrachten, konnten sie fast blind von Sams La-bor in den Stargateraum gelangen. Die einzelnen Gänge hatten einfach einen bestimmten Erkennungswert, den nicht je-der so leicht bemerkte. Doch für die beiden war dieser Stützpunkt sozusagen ihr wahres Zuhause, so sehr, dass sie selbst im Urlaub manchmal Heimweh bekamen. Ebenso vertraut wie die vielen Gänge der Basis, war ihnen auch die A-larmsirene, die vor wenigen Sekunden laut losging. Jack und Sam liefen schnell und mit ernstem Blick die ihnen wohl vertrauten Gänge entlang.
„Ich wette mit Ihnen um 15 Dollar, dass das die Tok’ra sind, Carter.“, sagte Jack, während sie an einigen hektisch herumirrenden Soldaten vorbeiliefen. Sam sah ihn erst kurz irritiert an, lächelte dann aber.
„Woher wollen Sie das wissen, Sir?“, fragte sie ihn.
„Der Alarm hört sich heute verdammt nervend an, deshalb. Außerdem hätten wir nächstes Wochenende frei und die Tok’ra suchen sich immer diese Tage aus.“ Sam lachte, als sie das hörte, konnte es ihm aber trotzdem nicht glauben.
„Nie im Leben, Sir. Ich denke, das ist SG-4. Die sollten in 20 Minuten wieder hier sein.“, sagte sie immer noch etwas lachend. Jack sah sie gespielt entsetzt an.
„Doch, glauben Sie mir, Carter, es sind die Tok’ra. Und ich lege noch weitere 10 Dollar drauf, dass Anise dabei ist. Das sagt mir mein unverkennbarer Instinkt auf nervende Personen und Probleme.“ Wieder musste Sam lachen und nick-te schließlich.
„Okay, Sir, die Wette gilt.“ Sam und Jack kamen gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Ereignishorizont des Stargates sich öffnete. Wie eine blaue Fontäne füllte sie den grauen Raum aus und ließ ihn für einen kurzen Moment in einer Schönheit erstrahlen, die Jack selten gesehen hatte. Vor der Rampe des Gates stand General Hammond, der die beiden auch schon erwartete.
„Was ist los?“, fragte Sam und stellte sich ebenfalls vor die Rampe. General Hammond schaute sie etwas seltsam an und sagte nichts. Verwirrt sahen sich Jack und Sam an, selten hatten sie den General so bestürzt gesehen. Jedoch ka-men sie nicht weiter dazu, sich zu wundern, denn just in diesem Moment traten zwei Personen aus dem Ereignishori-zont. Sams Blick versteinerte sich und Jack grinste nur vor sich hin, als sie sahen, wer sie besuchte.
„Ich bekomme 25 Dollar von Ihnen, Carter.“
„Ich weiß, Sir.“ Anise wurde von einem jungen und für Jacks Geschmack zu gut aussehenden Mann begleitet, wel-cher sofort ein Auge auf Sam geworfen hatte.
„Ich bin Katar.“, stellte er sich mit der verzehrten Stimme eines Goa’uld vor, die ihnen wohl vertraut war, aber den-noch einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Er senkte kurz den Kopf und fuhr mit normaler Stimme fort: „Und ich bin sein Wirt Lexis. Ich werde während meines Aufenthalts hier die Kontrolle übernehmen, um eine Basis des Vertrauens herzustellen.“
„Und was, wenn wir nicht vorhaben, dir zu trauen?“, hakte Jack genervt nach. Er mochte ihn nicht. Er wollte ihn nicht mögen. Wieso sollte er auch? Außer Jakob mochte er keinen von ihnen und diesen auch nur, weil er ein Mensch, ein Soldat und Sams Vater war.
„Ihr seid sicher Samantha.“, fuhr Lexis unbeirrt fort. „Ihr Vater sprich sehr oft von ihnen.“ Sein Blick vertiefte sich noch und Jack wusste, er musste etwas unternehmen, obwohl Sam das zu gefallen schien.
Deshalb warf er ein: „Komisch, sie hat er mit keinem Wort erwähnt.“
„Dann sind sie wohl Jack.“ Lexis drehte sich zu ihm und erwiderte den harten Blick, der ihm entgegengebracht wur-de.
„Für sie immer noch Colonel O’Neill.“, entgegnete Jack kühl. Alles in ihm sträubte sich dagegen, diesen Tok’ra we-nigstens zu tolerieren.
„Schluss!“, mischte General Hammond sich jetzt ein. „Ihrer Nachricht zur Folge, ist Jakob gefangengenommen wor-den. Ist das richtig?“ Sams Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig von geschmeichelt zu außer sich vor Sorge. Angst überfiel sie, wie ein Schatten legte sie sich über ihre Gedanken. Sie wollte nur noch eines, ihn retten.
„Es ist schlimmer!“, entgegnete Anise. „Er wurde einem Virus ausgesetzt, das seinen Organismus angreift. Wir konn-ten ihn zwar stabilisieren und arbeiten fieberhaft an einem Gegenmittel, doch ohne Hoffnung auf baldigen Erfolg. Aber wir wissen, wo es hergestellt wurde und auch, dass dann sicherlich bereits ein Gegenmittel existiert.“
„Und da kommen wir auf den Plan! Ihr wollt, dass wir es stehlen.“, folgerte Jack.
„Wenn es so einfach wäre, wären wir nicht hier.“, wandte Lexis ein. „Es wäre ein Leichtes eine Probe des Gegengif-tes mitgehen zu lassen, aber zu unserem Leidwesen befindet es sich im Organismus eines der Wissenschaftler.“
„Wie lange hat er noch?“, stieß Sam jetzt gepresst hervor und sprach somit die Frage aus, die sich jeder im Raum stellte.
„Wenn wir Glück haben, noch 78 Stunden.“, antwortete Anise ehrlich. „Wir sollten so schnell wie möglich aufbre-chen.“
„Am besten besprechen wir die Einzelheiten im Konferenzsaal.“, meinte Hammond und verließ gefolgt von den ande-ren den Stargateraum. Eilig bewegte sich die Gruppe, bestehend aus General Hammond, Jack, Sam, Anise und Katar auf den Konferenzraum zu. Auf halber Strecke schlossen sich ihnen Daniel Jackson und Teal’c an, die noch nicht ahnten welche Gründe der Besuch der beiden Tok’ra hatte. Sie konnten lediglich den geschockten Gesichtsausdruck Sams und den versteinerten Jacks erkennen, was nichts Gutes bedeuten konnte. Als die Gruppe im Konferenzraum ankam, setzte sich jeder schnell an einen Platz und wartete gespannt darauf, dass jemand etwas sagte.
„Wer ist es diesmal?“, fragte Jack schließlich. Anise drehte ihren Kopf in fast zeitlupenartiger Geschwindigkeit in Jacks Richtung und schaute etwas irritiert wegen der Direktheit dieser Frage.
„Baal.“, antwortete sie ihm knapp und drehte ihren Kopf wieder in Hammonds Richtung. „Selmak war auf einer Mission in Baals Territorium und wurde leider entdeckt. Wir wissen nicht, wie er sich mit dem Virus infizierte, doch wir wissen, dass er es von Baal persönlich bekommen haben muss.“
„Definieren sie persönlich?“, hakte Jack nach. Er klang nicht gerade so, als würde er viel für die unklare Ausdrucks-weise übrig haben. Besonders jetzt nicht. Er wollte alles wissen, einfach alles. Sein Team sollte nicht noch einmal in et-was hereinschlittern ohne die Chance da wieder raus zu kommen. Die Sache mit Ne’thu und die Zeit in Baals Palast wa-ren ihm eine Lehre gewesen. Er wollte gar nicht an diesen schmierigen Goa’uld denken. Allein der Name ließ es ihm schon eiskalt den Rücken hinunterlaufen.
„Weil Baal selbst die Entwicklung dieses Virus überwacht. Dieser reagiert auf ganz bestimmte Gensequenzen, die nur Selmaks Wirt besitzt. Sicher wollte Baal sich den Erfolg nicht entgehen lassen.“, antwortete Lexis an Stelle von Ani-se.
„Dann wäre Sam wahrscheinlich auch betroffen, wenn sie ihrem Vater zu nahe kommen würde.“, folgerte Daniel Jackson mit einem abschätzenden Blick zu O’Neill, dem diese Bemerkung gar nicht zu gefallen schien.
„Das wäre durchaus denkbar. Deswegen schlage ich vor, Vorkehrungen zu treffen, wenn wir nach Tereka zurückkeh-ren.“, ergriff Anise wieder das Wort.
Verwirrt fragte Jack: „Wenn Baal so besessen davon sein soll, Jakob sterben zu sehen, wieso hat man ihn dann ent-kommen lassen. Baal weiß, dass wir ihn nicht sterben lassen werden. Das stinkt doch wirklich ganz gewaltig nach Falle.“
„Ich stimme O’Neill zu.“, mischte sich jetzt auch Teal’c ein. „Die Goa’uld wissen, dass wir alles tun würden, um die-sem Tok’ra das Leben zu retten. Sie werden schon auf uns warten.“
„Deswegen wurde ich ja der Mission hinzugezogen. Ich werde euch unerkannt rein und wieder raus bringen. Ich ken-ne mich dort aus und ich verhalf Jakob auch zur Flucht. Ihr werdet euch als Jaffa verkleiden, dass wird uns den Überra-schungsmoment verschaffen.“, sagte Lexis ruhig.
„Mal angenommen, wir kommen unbemerkt in den Stützpunkt und können uns eventuell auch das Antivirus zu eigen machen, wie kommen wir wieder nach Hause? Sicher nicht durch das Sternentor.“, stellte Jack die alles entscheidende Frage. Seine Abneigung gegen diesen Tok’rawirt versuchte er dabei erst gar nicht zu unterdrücken.
„Mit den Ringtransportern, die uns auf einen in der Nähe wartenden Al’kesh transportieren werden. Durch ein Starga-te auf einem anderen Planeten werden wir dann nach Tereka zurückkehren.“ Lexis suchte förmlich den Blickkontakt mit seinem Widersacher, um so herauszufinden, woher diese Abneigung ihm gegenüber herrührte, doch er konnte es nicht ergründen. Es schien keinen besonderen Grund zu geben. Es war einfach nur aus einer Laune heraus. Auf jeden Fall schien es so.
„Es ist ihre Entscheidung, Colonel.“, überließ General Hammond Jack den Entschluss und gab ihm somit auch grü-nes Licht für eine voraussichtlich bevorstehende Befreiungsaktion.
„Es ist ein erhebliches Risiko damit verbunden und ich weiß nicht, ob wir es eingehen sollten. Wenn wir scheitern, sterben wir alle.“, wandte Jack lediglich laut nachdenkend ein. Er wog eines gegen das andere ab. Seine Freundschaft zu Jakob Carter und die Loyalität zu seiner Welt. Nicht gerade eine leichte Entscheidung, doch er hatte sie schon öfter treffen müssen. Wieso war es diesmal nur so schwer?
„Sir?“, hakte Sam irritiert und auch leicht aufgebracht ein. „Heißt das, sie wollen meinen Vater einfach sterben las-sen?“
„Das habe ich nicht gesagt. Ich habe lediglich verdeutlicht, dass es sich dabei nicht gerade um ein Kaffeekränzchen handelt. Ich will Jakob doch auch retten.“, wehrte er sofort ab.
„Bei uns würdest du auch keinen Moment zögern.“, mischte Daniel sich nun ein, um Sam zu unterstützen.
„Das wäre etwas anderes.“
„Inwiefern?“, fragte Teal’c verwundert.
„Ich würde erst gar nicht zulassen, dass so etwas mit euch passiert.“ Während er das sagte, warf er einen eisigen Blick in Richtung Lexis und dieser war mehr als anklagend. Er gab ihm die Schuld an dem ganzen Debakel. „Na schön, bringen wir es hinter uns.“, gab Jack sich letztendlich geschlagen, denn er konnte Major Carters verachtenden Blick nicht länger ertragen.

Kapitel 2: Der Verrat

Sofort nachdem General Hammond die Sitzung beendet hatte, stand Sam auf und verließ eilig den Raum, jedoch nicht ohne Jack noch einmal einen eiskalten Blick zuzuwerfen. Was bildete er sich ein? Ihr Vater würde vermutlich bald sterben, und so wie sie es verstanden hatte, hatte Jack nicht die geringste Lust ihm zu helfen. Nie im Leben hätte sie das von ihrem Colonel erwartet, und die Tatsache, dass Jack sich nach außen hin so kalt gab unterstützte nur noch ihre Wut auf ihn. Sie hätte gedacht, dass er gerade jetzt, wo sich ihre Freundschaft weiterentwickelt und gefestigt hatte, so-fort alles tun würde, um ihren Vater zu retten. Doch anscheinend hatte sie sich die letzten Monate, in denen sie wieder ungezwungener miteinander umgingen, nur eingebildet.
Schnellen Schrittes lief sie die Gänge des SGCs entlang in Richtung ihres Quartiers. In drei Stunden würde ihr Team mit Katar aufbrechen, um das Antivirus zu suchen. Es wäre wohl besser, wenn sie sich vorher etwas ausruhte, dachte sie sich. Doch sie konnte sich nicht ausruhen. Nachdem sie ihr Quartier betreten hatte, sank sie erschöpft und den Trä-nen nahe auf den Boden. Sie wusste nicht warum sie weinte, ihrem Vater oder Jack wegen. Noch nie im Leben hatte sie Jack so gehasst wie in diesem Moment, doch seltsamerweise konnte sie ihm nicht richtig böse sein. Da war die Liebe wieder, die sich so lange schon in ihrem Herzen versteckte und nur darauf wartete, ausgelebt zu werden. Es war schon eine Ironie, dass sie Jack liebte und gleichzeitig so hasste.
Sie wusste nicht, wie lange sie eigentlich zusammengesunken auf dem Boden kauerte und sich ihre Theorie über Liebe und Energien durch den Kopf gehen ließ. Schließlich und endlich aber erhob sie sich vom Boden, wischte die rest-lichen Tränen von ihrem Gesicht und machte sich für die bevorstehende Mission fertig. Was sie nun von Jack halten soll-te, und wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte wusste sie immer noch nicht. Vielleicht hatte sie sich auch getäuscht und Jack einfach nur falsch verstanden? Doch auf diese Möglichkeit baute sie nicht besonders und stellte sich auf wahr-scheinlich kommende, verklemmte und gezwungene Zeit mit ihrem Colonel ein, bevor sie in Richtung Stargateraum ging.

Jack stand vor ihrer Tür, drauf und dran anzuklopfen, doch als er ihr leises Schluchzen vernahm, überdachte er die ganze Sache noch einmal. Es wäre zwar besser gewesen, die ganze Angelegenheit jetzt zu klären, doch das hätte nur wertvolle Zeit verschwendet, Zeit, die sie nicht hatten. Er wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Von seinen Gefüh-len war er hin- und hergerissen. Wenn ihm nur jemand eine andere Option anbieten würde, als ihr Leben aufs Spiel zu setzen, er würde sie nutzen. Frustriert fuhr er sich durch sein ergrautes Haar und ließ sich mit dem Rücken gegen die Betonwand des Gangs sinken. Er hatte alles vermasselt und nur eines würde es wieder gutmachen, er musste Jakob ir-gendwie retten. Ein Räuspern erweckte seine Aufmerksamkeit. Daniel stand in gebührendem Abstand zu ihm im Flur, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Jack zog beide Augenbrauen hoch und sah ihn fragend an.
„Katar hat mir das für sie gegeben, Jack.“, sagte Daniel etwas verzögert. „Er meinte, sie würden es sich dann eher ansehen.“
„Was ist das?“, fragte Jack trocken.
„Eine Nachricht von Jakob. Mehr wollte er mir nicht sagen.“, antwortete der Archäologe, trat auf ihn zu, drückte ihm das kleine Gerät in die Hand und ließ Jack mit sich allein. Eine Weile starrte Jack es einfach nur an, dann suchte er sich eine verlassene Ecke und aktivierte den Sprachdekoder durch einen Knopfdruck.
Jakobs Stimme erklang schwächlich, als er meinte: „Ich weiß, dass Sam uns dafür ewig sauer sein wird, aber ich bit-te dich, nimm sie nicht mit. Ich könnte nicht ertragen, sie zu verlieren, zu wissen, dass sie meinetwegen gestorben ist. George ist eingeweiht. Er wird sie durch das Tor schicken, als wäre alles in Ordnung, aber ihr werdet ihr nicht folgen. Ihr werdet sofort losgeschickt. Falls wir uns nicht wieder sehen sollten, ich danke dir für alles, Jack!“ Colonel O’Neill ließ das Gerät sinken. Da hatte er seine Option, doch sie gefiel ihm ganz und gar nicht. Nicht nur, dass Sam sauer sein würde, sie würde ihm das nie verzeihen. Durch nichts in der Welt würde er das wieder gutmachen können.
Er würde sie endgültig verlieren, doch ihr Leben war es wert, das Risiko einzugehen. Jack sah auf die Uhr. Nicht mehr lange und es würde losgehen und seine Schwindelei würde erst beginnen. Dafür hasste er sich selbst abgrundtief, sosehr wie er sie liebte. Die drei Stunden vergingen viel zu langsam für seinen Geschmack, und als Daniel ihn dann fragte, wo sie blieben, zögerte er doch noch einen Moment. Er wollte sich absolut sicher sein. Sein Freund war nicht ein-geweiht, doch schien er etwas zu ahnen. Auch ihn konnte Jack nicht in Gefahr bringen, nicht noch einmal. Daniel war schließlich Archäologe kein Soldat.
„Wir kommen gleich!“, meinte Jack ohne Daniel Jackson und Samantha Carter auch nur eines Blickes zu würdigen. So war es leichter für ihn. „Geht schon mal vor!“ Zusammen mit Daniel verschwand Sam im Ereignishorizont, welcher sich kurz darauf auflöste. Sein unwohles Gefühl in der Magengegend, welches er schon den ganzen Tag verspürt und auf die Tok’ra geschoben hatte, verstärkte sich noch bei dem Gedanken daran, dass sie jetzt tobte vor Wut. Es schmerz-te schon fast.

„Colonel, Ihre Mission kann beginnen. Sie haben grünes Licht.“, erklang die Stimme des Generals im Stargate Raum. Nach einer kurzen Besprechung ihrer Mission standen Jack, Teal’c, Anise und Katar vor dem Stargate. Der Ereignishori-zont schimmerte strahlend blau und Jack musste sich wieder daran erinnern, dass er einer Person, mit denselben strah-lend blauen Augen, vor weniger als einer halben Stunde sehr wehgetan haben musste. Er stellte sich darauf ein, dass Sam ihn nie wieder eines Blickes würdigen würde, wenn er zurückkam. Auch General Hammond machte sich Sorgen um Sam. Sicherlich würde sie auch auf ihn sauer sein, doch Sam war zu sehr Soldat und zu diszipliniert, um ihn dafür zu beschuldigen.
Zum ersten Mal in seinem Leben war er wirklich froh, dass er hier der ranghöchste Offizier, und die Anprangerung seiner Person ein Grund für ein Disziplinarverfahren war. Doch er machte sich auch seine Gedanken, wie Sam sich mit Jack verstehen würde, wenn der normale Betrieb dieser Basis wieder aufgenommen werden würde. Würde sie ihm das einfach so verzeihen und wieder mit ihm zusammenarbeiten können? Auch wenn Jack einen höheren Rang hatte, wurde der General das Gefühl nicht los, dass diese Mission noch ernsthafte Schwierigkeiten für sein bestes Team bringen wür-de. Seinen Gedanken nachhängend sah er auf die vier Personen hinunter, die langsam auf das Stargate zuschritten. Teal’c ging voraus und war als Erster verschwunden, dicht gefolgt von Katar und Anise. Jack blieb noch wenige Sekun-den vor dem Ereignishorizont stehen und drehte sich dann um.
„General, wenn Carter zurückkommt...“, begann er, wurde aber von dem General unterbrochen.
„Ja, Colonel, ich versuche ihr alles zu erklären.“
„Danke. Ach, und noch was. Schicken Sie Carter nicht hinterher, egal welche durchaus gerechtfertigten Argumente sie hervorbringt.“
„Natürlich, Colonel. Viel Glück und kommen Sie bitte in einem Stück wieder!“
Jack nickte General Hammond noch kurz zu und verschwand dann auch im Ereignishorizont des Stargates, das auf einmal nicht mehr so blau zu strahlen schien wie sonst. Jack wurde unsanft durch das Stargate geschleudert, auf jeden Fall kam es ihm dieses Mal so vor. Auf der anderen Seite angekommen, überkam ihn so ein unwohles Gefühl. Der Drang sich übergeben zu müssen befiel ihn, doch er unterdrückte ihn erfolgreich. Teal’c betrachtete ihn abschätzend.
„Alles in Ordnung, O’Neill!“, fragte er schließlich.
„Klar!“, wehrte Jack ab. „Ist nur mein Magen. Er hat heute wohl etwas gegen diese Art zu reisen. Liegt wahrscheinlich an den Tok’ra.“ Teal’c sah ihn fragend an und hob seine rechte Augenbraue. „Erklär ich dir später.“ Jack wandte sich an Katar: „Und wo ist jetzt dein Schiff?“ Jack sah sich suchend um, doch er konnte nur Sand erkennen soweit sein Blick reichte.
„Genau vor euch!“, meinte Katar ruhig. Vor ihnen erschien ein Al’kesh, welcher jedoch größer und irgendwie bedroh-licher als die aussah, die sie kannten. Kühl fügte er hinzu: „Anise wird euch die Funktionsweise dieses Al’kesh erklären, während ich noch etwas besorge. Wir brechen dann in circa 10 Minuten auf.“

„Öffnet sofort das Tor!“, schrie Major Carter die zwei Tok’ra an, die sie am Stargate in Empfang genommen hatten. Sie machten keine Anstalten ihrer Aufforderung nachzukommen. „Ich sagte, ihr sollt das Tor öffnen!“
„Sam, beruhige dich doch! Es muss eine plausible Erklärung dafür geben, dass sie nicht durchs Tor gekommen sind.“, versuchte Daniel sie zu beruhigen, obwohl er selbst ahnte, dass Jack dahinter steckte. „Vielleicht ist ja der Strom ausgefallen.“
„Du weißt ganz genau, dass das nicht der Grund ist, Daniel!“, fuhr sie ihn an. „Alles hätte ich von ihm erwartet, aber nicht das!“
„Er hatte sicher seine Gründe.“ Daniel Jackson war von sich selbst überrascht. Normalerweise hätte er seinen Freund nicht in Schutz genommen, denn er hatte auch ihn einfach hintergangen, aber er verstand ihn auch irgendwie. Für Jack war es einfach ein zu großes Risiko gewesen, sie mit hineinzuziehen, und sicher hätte er auch Teal’c mit durchs Tor geschickt, wenn er nicht genau gewusst hätte, dass er ihn brauchen würde.
„Daniel, er hat uns eiskalt ins Gesicht gelogen. Es geht hier um meinen Vater, verdammt, er hätte das nicht machen dürfen.“, blaffte sie ihn an und trat wütend gegen den Stahlkoffer, den sie neben sich auf den Boden gestellt hatte, und welcher nun dumpf auf dem Boden aufschlug. Darin befand sich ein Anzug, der sie vor einer möglichen Ansteckung be-wahren sollte.
„Major Carter? Doktor Jackson?“, hörten sie einen Tok’ra hinter sich fragen. Sie wandten sich um und erblickten ei-nen Mann mittleren Alters mit leicht ergrautem Haar. „Mein Name ist Pärases. Ich bin hier, um euch abzuholen. Selmak erwartet euch bereits.“ Sams Wut war auf einen Schlag wie weggeblasen und Sorge machte sich in ihr breit. Sie hatte für einen Moment ganz vergessen, wie schlecht es ihm doch gehen musste, so zornig war sie auf Jack gewesen. Wollte dieser seinen Verrat wenigstens etwas wettmachen, musste er schon mit dem Gegengift und dem Kopf desjenigen wie-derkommen, der ihrem Vater dies angetan hatte.
„Wie geht es ihm?“, fragte sie mit zitternder Stimme.
„Folgt mir und überzeugt euch selbst!“

Kapitel 3: Die Erklärungen

Irgendwie hasste sie diese einzelnen Gänge der Tok’ra, die sich wie Würmer durch die Erde zogen. Sie wirkten auf eine Weise zwar futuristisch und hell, doch irgendwie konnten sie einen auch ganz schön deprimieren. Vor allem, wenn man erst vor wenigen Minuten von dem Menschen, von dem man es am wenigsten erwartet hatte, enttäuscht worden war. Im Moment schien Sam einfach alles so sinnlos. Nur mit Mühe konnte sie in den letzten Stunden und Minuten ihre Tränen unterdrücken und jetzt schien es ein Wunder, dass sie es überhaupt noch schaffte. Sie fragte sich, warum sie das immer noch tat, schließlich hatte sie allen Grund jetzt zu weinen. Ihr Vater lag im Sterben und jemand, von dem sie dachte, er wäre ihr Freund, hatte das getan, was sie am allermeisten hasste. Er hatte sie bitter enttäuscht und sie hier bei ihrem Vater zurückgelassen. Aus Sorge, wie Daniel meinte. Sie konnte es einfach nicht verstehen, immerhin hatten sie zusammen schon viel schlimmere Dinge überstanden. Pärases stoppte und drehte sich zu Sam. Mit leerem und sor-genvollem Blick sah sie ihn an.
„Ich möchte dich warnen, bevor du zu ihm gehst. Aufgrund der fortgeschrittenen Infektion sieht Selmak nicht gut aus. Zum Glück leidet sein Verstand nicht unter der Krankheit.“, sagte er ruhig.
„Verstehe.“, brachte sie nur hervor und vergrub ihren Hass auf Jack fürs Erste tief in sich. Ihr Vater sollte nicht mer-ken, wie sehr ihr das alles zu Herzen ging. Nachdem sie sich umgezogen hatte, betrat sie den Raum, der so etwas wie eine Quarantänestation sein sollte. Im Grunde unterschied sich der Raum nicht besonders von den anderen normalen Gängen der Tok’ra, doch das war ihr im ersten Moment egal, denn alles was zählte lag in der Mitte des Raumes auf ei-ner Bahre, bewacht von einem Tok’ra, der Selmak den Schweiß von der Stirn wusch. Als er Sam erblickte, wie sie etwas zögerlich auf ihren Vater zulief, entfernte er sich würdevoll und verließ den Raum.
„Sam?“ Jacobs Stimme war leise, fast röchelnd und jagte Sam einen eisigen Schauer über den Rücken. Nur langsam lief sie auf ihn zu, sie wusste selber nicht warum.
„Ja Dad, ich bin’s.“, sagte sie mit zittriger Stimme. Ihren Vater so zu sehen, brach ihr das Herz. Lieber kämpfte sie gegen Hunderte Jaffa, als ihn so leiden sehen zu müssen.
„Schön, dass du da bist.“ Langsam griff er Sams Hand und fühlte sich sofort besser. Die Nähe seiner Tochter ließ ihn immer alle schlimmen Dinge vergessen. Sam erschrak, als er ihre Hand fasste. Seine Hand war heiß, glühte nahezu. Nach Stunden löste sich endlich die erste Träne aus ihren Augen und lief ihre Wange herunter. Das war einfach zu viel. Erst die Enttäuschung über Jack und jetzt das Leiden ihres Vaters. Es war einfach zu viel für sie gewesen. Jacob sah sie lächelnd an.
„Es ist so schön dich zu sehen. Wie ich sehe, hast du es einigermaßen verkraftet, dass du hier zurückgelassen wur-dest. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde.“ Seine andere Hand griff ebenfalls Sams Hand und streichelte sanft darüber, auch wenn diese das kaum durch den Handschuh fühlte. Sam wollte sich die Träne von der Wange wischen, doch ging das durch den Helm nicht, und eine weitere bahnte sich ihren Weg über ihre zarte Haut, als sie die Bedeutung seiner Worte verstand. Verwirrt sah sie Jacob an.
„Was soll das heißen? Woher weißt du, dass Colonel O’Neill mich hier zurückgelassen hat?“ Sie hoffte, dass er nicht genau das sagen würde, was sie vermutete.
„Sam, ich weiß, dass du unbedingt mit wolltest und dass du es nicht magst, wenn ich dich bevormunde, aber diesmal war es einfach nötig. Jack hat auf meinen Befehl hin gehandelt und dich zurückgelassen. Es ist dieses Mal um einiges gefährlicher, als du auch nur denkst.“ Das Entsetzen stand Sam im Gesicht geschrieben. Sie konnte einfach gar nichts mehr verstehen. Mit einer einzigen Bewegung löste sie ihre Hand aus dem Griff ihres Vaters, drehte sich um und rannte nach draußen.
„Sam, versteh’ doch. Ich will einfach nicht, dass dir etwas passiert!“, rief Jacob ihr hinterher, doch das hörte Sam nicht mehr. Erschöpft ließ sich Jacob wieder nach hinten sinken und schlug die Hände vor sein Gesicht. „Wenn ich dir doch nur die Wahrheit sagen könnte...“, murmelte er noch vor sich hin.

Sam stand auf dem Flur. Sie rang mit sich selbst. Sie musste wieder zu ihrem Vater, das wusste sie, sie durfte jetzt nicht selbstsüchtig sein. Vielleicht waren es seine letzten Stunden und die wollte sie nicht mit Streiten verbringen. Noch einmal atmete sie tief durch und trat dann, nach nochmaligem kurzem Zögern, wieder in sein Zimmer.
„Dad!“, hauchte sie mit schwacher Stimme, um ihn nicht zu erschrecken. Er lag immer noch auf einer Art Bett und wandte sich zu ihr um. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, doch schien das ein kläglicher Versuch zu sein, seiner Tochter Mut zu machen, sah er doch aus, wie kurz vor seinem Ende, was durchaus zutreffend war. Er konnte sie verstehen und versuchte zu vergessen, was gerade geschehen war. Das hatte noch Zeit.
„Hallo Kleines. Schön das du wieder da bist.“, entgegnete er und winkte sie zu sich. Sam setzte sich zu ihm aufs Bett, wagte aber nicht ihn zu umarmen, aus Angst, ihm wehtun zu können. Sie bezweifelte stark, dass ihrem Vater noch 74 Stunden bleiben würden. Sollte er diesen Tag überleben, wäre das schon ein Wunder. Sie verdrängte die aufkom-menden Gedanken, wollte sich nicht damit abfinden, ihren Vater nie wieder zu sehen. „Ich wünschte, Mark könnte auch hier sein.“
„Wenn du willst holen wir ihn her, vorausgesetzt man lässt mich durch das Tor zurückkehren.“ Sam rang sich ein klägliches Lächeln ab. Immer noch rannen Tränen über ihre Wangen.
„Gib ihm nicht die Schuld, Kleines.“, entgegnete Jakob stattdessen.
„Es ist aber seine Schuld.“, pochte sie auf ihrem Standpunkt. „Er hätte nicht auf dich hören müssen. Er hatte doch von Anfang an etwas gegen diese Mission. Als ob es das erste Mal wäre, dass wir uns absichtlich in Lebensgefahr be-geben würden.“
„Er hat nun einmal die Verantwortung für euch. Wenn du erst einmal in seiner Position bist...“, versuchte jetzt auch Jakob seinen Freund zu verteidigen, wurde jedoch von Sam unterbrochen.
„Wenn es nach ihm ginge, würde ich nie in seiner Position sein, und leider geht es auch nach ihm. Bei drei Offizieren meines Rangs hat er ohne zu zögern einem eigenen Kommando zugestimmt, aber als ich General Hammond darum bat, lehnte er diese Option von Grund auf ab. Zwar sagt er immer, dass er mich für einen hervorragenden Offizier hält, aber in Wirklichkeit meint er es nicht so.“ Sie setzte sich wieder und atmete laut aus. Sie wollte sich nicht mit ihrem Vater strei-ten, jedenfalls jetzt noch nicht.
„Ach die Sache. Er erzählte mir davon.“, dachte Jakob laut. Samantha Carter sah ihren Dad leicht irritiert, aber auch verständnislos an, da er die Entscheidung von Jack sogar zu verstehen schien. Hatten sich die beiden Männer, die sie über alles liebte, etwa gegen sie verschworen und sie hatte nichts davon mitbekommen? „Ich riet ihm dazu, dir noch kein eigenes Kommando zu übertragen. Ich liebe dich, Kleines, und ich bin sehr stolz auf dich, das weißt du auch, aber du bist einfach noch nicht soweit. Du hast noch eine ganze Menge von Jack zu lernen, ehe du dir Gedanken darüber ma-chen könntest, wie es mit einem eigenen Team aussehen würde.“
„Du hast was? Ich bin wohl dazu in der Lage, ein Team zu befehligen und von ihm lernen könnte ich höchstens, wie man seine scheinbar besten Freunde am Geschicktesten an der Nase herumführt.“, platzte es aus ihr heraus. Sam wusste, dass das so nicht stimmte, dass sie wirklich noch eine ganze Menge von Jack lernen konnte, doch im Moment wollte sie sich das einfach nicht eingestehen. Auf dem Gesicht ihres Vaters machte sich ein Lächeln breit, denn genau in diesem Moment erinnerte Sam ihn an jemanden, den er sehr geliebt hatte.
„Ich hätte doch beinahe vergessen, wie ähnlich du deiner Mutter doch bist.“, meinte er in Erinnerungen schwelgend. Seine Stimme klang schwach und weit entfernt. Ihm ging es wohl immer schlechter.

Colonel Jack O’Neill lauschte gebannt Anises Ausführungen, doch verstehen tat er sie so gut wie gar nichts. Das Meiste war Fachchinesisch und damit konnte er nun wirklich nichts anfangen. Jetzt wünschte er sich Sams Verständnis für jegliche Art von Technologie. Sicher hätte er auch mehr verstanden, wenn er nicht durch sein mulmiges Gefühl in der Magengegend abgelenkt worden wäre. So musste er sich halt darauf verlassen, dass Teal’c alles nötige mitbekam, soll-ten Anise oder Katar ausfallen. Jack war immer noch schlecht und das nicht nur wegen der Reise durchs Stargate, son-dern auch weil er daran dachte, wie sehr er Sam wehgetan haben musste. Sie würde ihn ewig hassen. Sicher redete sie gerade mit ihrem Vater über die ganze Sache und dieser würde ihr erklären, dass er Jack darum gebeten hatte, doch das würde auch nichts daran ändern, da sie es nicht einsah. Sie würde ihm das ewig nachtragen, so sehr ihr Vater auch auf sie einredete. Nur das Serum, welches Jakob jetzt noch retten könnte, würde ihre Wut wenigstens vorübergehend etwas mildern. Wenigstens soweit, dass Sam ihn zumindest anschrie, anstatt ihn einfach zu ignorieren.
Anise bemerkte seinen abwesenden Blick und fragte: „Alles in Ordnung mit dir, O’Neill!“
„Klar!“, wehrte er ab. „Nur Sodbrennen. Nicht weiter schlimm.“
„Ich werde dir etwas dagegen geben. Wir sollten kein Risiko eingehen.“, entgegnete sie und holte aus einem grauen Kasten einen kleinen Behälter mit grüner Flüssigkeit. Goa’uldmedizin, Jack kannte sie schon. Widerwillig nahm er das Zeug entgegen und schluckte es runter. Der Geschmack war alles andere als angenehm, um ehrlich zu sein scheußlich und dass es half, glaubte er auch nicht wirklich, da es sich seiner Meinung nach nur um ein flaues Gefühl handelte, dass durch die bevorstehende Mission verursacht wurde.
„Eines wird sich wohl nie ändern, Medizin schmeckt in jeder Kultur zum Kotzen.“, meinte Jack zynisch. Im selben Moment betrat Lexis den Al’kesh. Er trug einen Koffer in der einen, und eine Stabwaffe in der anderen Hand. Er warf sie Colonel O’Neill ohne ein Wort entgegen, doch sein Blick sprach Bände. Verachtend und misstrauisch, so wie der seines Gegenüber. Jack konnte sich nicht genau erklären warum, aber er konnte diesen Tok’rawirt einfach nicht leiden. Schon allein, wie er Sam angesehen hatte und dann diese kühle distanzierte Art, die er zwar von den Tok’ra schon kannte, aber welche bei ihm noch mit einer gewissen Skrupellosigkeit gesäumt war. Dieser Typ würde sicher nicht zögern, sie alle zu töten, um sich selbst zu retten, da war sich Jack sicher.
Das erste Mal, dass er den Symbionten lieber mochte als den Wirt und er würde sich wirklich wohler fühlen, wenn Katar nur die Kontrolle hätte. Obwohl ihm auch diese Option Unbehagen bereitete, denn auch der Symbiont schien arro-ganter und selbstverliebter als andere Tok’ra. Sarkastisch warf er ein: „Vergiss unsere Abmachung nicht!“ Er hatte ge-lernt, zwischen Wirt und Symbiont zu unterscheiden, auf jeden Fall meistens und auch, wenn sie nichts sagten. Doch bei diesem Tok’ra fiel ihm das jedoch schwer, das sich beide Personen nicht viel nahmen, als wären sie längst nur noch eine Person.
Lexis’ Augen glühten kurz demonstrativ auf und dann wandte er sich mit den Worten an die drei: „Zieht euch um, wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Reise wird nicht lange dauern. Anise, hilf du Nagara bei dem Start. Er ist im Fliegen noch nicht so geübt.“ Sie nickte kurz und verschwand nach vorne, dann schloss sich die Tür hinter ihr und die drei Män-ner blieben in der Transportkammer zurück.

Kapitel 4: Der Aufbruch

„Daniel?“, fragte Jakob Carter verwundert, als der Archäologe den Raum betrat. Sam saß immer noch neben ihm und ließ ihn nicht einen Moment aus den Augen. Das war alles, was sie für ihn tun konnte. Doktor Jackson erkannte so-fort, dass ihr das gar nicht passte, hier so untätig und hilflos herum zu sitzen. „Was machen sie denn hier?“
„Jack hielt es für besser, mich auch nicht mitzunehmen.“, antwortete Daniel ruhig und reichte Jakob die Hand. „Ich glaube, ich weiß auch, warum. Heute vor zehn Jahren starb Charlie. Das erklärt auch seine Zweifel.“
„Das wusste ich ja gar nicht.“, bemerkte Sam und hatte plötzlich Schuldgefühle, aber nur ganz leichte. Sie war immer noch zu sauer auf ihn, um ihm diesen Verrat verzeihen zu können. Sobald er ihr gegenüber stand, würde er ihre ganze Wut zu spüren bekommen, Tod seines Sohnes hin oder her.
„Er redet ja auch nicht gerne darüber. Du kennst ihn doch.“, entgegnete ihr Vater.
„Was noch lange kein Grund ist, uns hier zurückzulassen.“, konterte Sam scharf. „Er weiß doch genau, dass ich hier nicht untätig herumsitzen kann.“
„Das werden wir auch nicht.“, wandte Daniel ein. „Na ja, der Rat der Tok’ra hat uns zu sich bestellt. Es scheint ein paar Unstimmigkeiten zu geben.“
„Inwiefern?“, fragte Jakob verwundert nach. Er war krank, aber dass es dann noch Unstimmigkeiten gab, hätte er nicht gedacht. Mit Sorge hätte er gerechnet, vielleicht auch mit schweren Entscheidungen, aber bis jetzt hatte es selten ‚Unstimmigkeiten‘ gegeben. Allein bei dem Gedanken daran, bekam er Kopfschmerzen. Das konnte genauso gut aber auch daran liegen, dass er unweigerlich zugrunde ging, wenn Jack nicht bald wieder auftauchen würde. Noch wollte er die Hoffnung jedoch nicht aufgeben, dazu war es noch zu früh. Noch gab es eine Chance auf Heilung und darüber hin-aus hatte er nicht vor seiner Tochter noch mehr Angst zu machen.
„Man hat mir auch nichts Konkretes gesagt, aber es hat ganz offensichtlich etwas mit dir zu tun. Sam und ich sollen auf jeden Fall schnellstmöglich zum Ratssaal kommen.“, meinte Daniel ruhig. Das war nicht viel. Jakob hasste es, dass er ans Bett gefesselt war, während alle um ihn herum fieberhaft arbeiteten, um ihn zu retten. Er verfluchte sich selbst da-für und Selmak ging es nicht besser. Sie war ebenfalls wütend darüber.
„Ich komme so schnell wie möglich zurück.“, versprach Sam, drückte ihren Vater und folgte Daniel in Richtung Aus-gang. Nur ungern ließ sie ihn allein, doch das schien durchaus wichtig zu sein und sie musste irgendwie auf andere Ge-danken kommen.

Colonel O’Neill zwängte sich unter großer Mühe in die, seiner Meinung nach, viel zu enge Rüstung, während Teal’c dies mit spielender Leichtigkeit vollzog. Immer wieder warf er einen kontrollierenden Blick zu Katar, ob dieser auch wirk-lich noch die Kontrolle über Lexis Körper verfügte.
„Du traust ihm nicht, O’Neill.“, stellte Teal’c monoton fest.
„Etwas stimmt mit ihm nicht. Ich weiß zwar noch nicht was, aber ich finde es heraus. Ich hoffe nur, bevor wir auf ihn angewiesen sind.“, zischte Jack, damit Katar ihn nicht hörte.
„Bist du vielleicht auch einfach nur eifersüchtig?“, hakte der Jaffa nach.
„Was?“, stieß Jack gepresst hervor. „Ich und eifersüchtig? Wieso sollte ich auf diesen Typen eifersüchtig sein?“
„Weil er Major Carter schöne Augen gemacht hat und weil er sie bekommen könnte.“, entgegnete Teal’c wissend um die Gefühle seines Freundes. Einen Moment war Jack geschockt, dass sein Gegenüber so überaus offen und direkt war, was dieses Thema anging, doch er fing sich schnell, setzte eine scheinbar gleichgültige Miene auf und schüttelte ent-schieden den Kopf. Vielleicht sogar etwas zu entschieden.
Jack wehrte ab: „Carter kann ausgehen mit wem immer sie will und wenn es sich um einen Schlangenkopf handeln sollte, dann bitte. Das hat mich doch nicht zu interessieren.“ Er machte damit weiter, sich anzukleiden, was ihm immer noch recht schwer fiel, besonders da diese Stiefel zu klein für seine riesigen Füße zu sein schienen. Wer mit seiner Sta-tur hatte schon solch kleine Treter, fragte er sich ärgerlich und versuchte erneut, sich hineinzuzwängen, was ihm aber-mals nicht gelang. Kurzerhand warf er die Stiefel in die Ecke und zog sich seine eigenen Schuhe wieder an.
„Wenn du das sagst, O’Neill.“, gab Teal’c skeptisch zurück. Er wollte sich jetzt nicht mit seinem Freund streiten, denn Unstimmigkeiten würden sie bloß ablenken, auch wenn Jack auch so schon durcheinander genug war. Er hasste es, wenn Teal’c Recht behielt. Er war eifersüchtig, sosehr er sich auch vom Gegenteil zu überzeugen versuchte. Auf diesen Tok’ra würde Sam nach ihrer Rückkehr schließlich nicht sauer sein und das eventuell sogar ein Leben lang. Sofort setz-ten seine Bauchschmerzen wieder ein. Dieses Zeug, welches Anise ihm verpasst hatte, half auch nicht wirklich. Man konnte der Medizin einfach nicht mehr trauen. Jack verbannte das flaue Gefühl im Magen, den damit in Zusammenhang stehenden Brechreiz und das leichte Schwindelgefühl, um sich auf das eigentliche Ziel ihrer Reise zu konzentrieren: Die Rettung eines seiner besten Freunde!

Major Carter und Doktor Jackson betraten gemeinsam den Ratssaal. Beide waren mehr als angespannt, denn sie wussten nicht, was auf sie zukam. Der Hohe Rat der Tok’ra hatte sich bereits eingefunden.
Pärases ergriff das Wort: „Schön euch wieder zu sehen, Major Carter, Doktor Jackson.“
„Worum geht’s?“, entgegnete Sam gerade heraus. Sie wollte so schnell wie möglich wieder zurück zu ihrem Vater. Jede Sekunde, die verstrich, war wertvoll für sie.
„Um Katar. Wir hegen den Verdacht, dass er uns reinlegen will, dass er nicht der ist, für den er sich ausgibt.“, erklärte Garwash ernst. „Seit seiner Rückkehr benahm er sich merkwürdig, er war fast wie ausgewechselt.“
„Und ihr habt dennoch zugelassen, dass er die Mission leitet?“, hakte Daniel verblüfft nach.
„Er ist der Einzige, der sich auf dem Schiff außer Selmak noch auskennt. Außerdem weiß Anise über diesen Ver-dacht Bescheid. Sobald sie zurückkommen, werden wir ihn in Gewahrsam nehmen, bis wir sicher sein können.“, erläu-terte Pärases.
„Und was ist mit Teal’c?“, wollte Sam wissen.
„Und natürlich Jack!“, fügte Daniel mit einem mahnenden Seitenblick hinzu. Sie hatte diesen absichtlich vergessen. Im Moment war er ihr egal. Sie war immer noch sauer. Außerdem wusste sie, dass er diesem Goa’uld eh nicht einen Zentimeter über den Weg trauen würde, deswegen machte sie sich auch eigentlich keine Sorgen um ihn.
„Wir hielten es für angebrachter, sie im Dunkeln zu lassen. Das Verhalten von Colonel O’Neill oder Teal’c hätte uns sicherlich nur verraten. So sind sie zwar misstrauisch, unternehmen jedoch nichts auf eigene Faust. Wir konnten das Ri-siko nicht eingehen.“, versuchte Garwash ihnen den Standpunkt der Tok’ra näher zu bringen.
„Deswegen sind sie lieber das Risiko eingegangen, dass unsere Freunde dabei sterben könnten. Was, wenn er sie in eine Falle lockt oder einfach mal eben abschlachtet. Habt ihr eigentlich daran gedacht?“ Daniel war wütend. Jetzt mach-te er sich ehrlich Sorgen um seine Freunde. Sie hatten nicht gewusst, worauf sie sich da eigentlich einließen. Jack würde das gar nicht gefallen, wenn er es herausfand, wenn er überhaupt noch Zeit dazu haben würde, sich zu beschweren. Daniel hoffte das aufrichtig. Lieber einen wütenden O’Neill als einen toten - das war seine Devise.
„Natürlich.“, versicherte Pärases. „Wir sind der festen Überzeugung, dass sie alles unbeschadet überstehen werden. Zwar waren wir nicht darauf vorbereitet, dass gleich zwei von eurem Team zurückgelassen werden würden, aber es ist nun einmal nicht mehr zu ändern und ich bin sicher, die Mission wird auch so gelingen.“ Damit war die Sache für die Tok’ra erledigt. Daniel und Sam hätten sich wohl noch eine ganze Weile so weiter streiten können, doch beide wussten, dass es nichts mehr geändert hätte, also kehrten sie bekümmert zu Jakob zurück, und versuchten zu verdrängen, was ihren Freunden alles angetan werden könnte.
Ihnen fielen im Moment auch die schlimmsten Dinge ein, dass selbst Goa’uld noch etwas lernen konnten. Vor Car-ters Vater jedoch taten sie so, als wäre nichts Weltbewegendes gewesen, und auch obwohl dieser sie auszuquetschen versuchte, taten sie es einfach ab. Das hätte ihn sicherlich nur aufgeregt. Leider hegte er bereits auch diesen Verdacht. Er war nicht dumm und ließ sich genauso wenig wie Jack hinter das Licht führen. Deswegen hatte er ihm auch die Nach-richt geschickt, um den Zweifel zu wecken, um ihn auf das Offensichtliche zu stoßen - darauf, dass Katar kein Tok’ra war, sondern ein Goa’uld, der nicht einmal Kater hieß.

„Wir sind da.“, ertönte Nagaras Stimme durch den ganzen Al’kesh. Sofort stand Colonel O’Neill auf den Beinen. Ab-marschbereit mit angewinkelter, schussbereiter Stabwaffe. Teal’c gesellte sich zu ihm, schweigend und mit stoischer Ruhe, wie immer. Vier Stunden waren seit ihrem Start vergangen, die Zeit lief gegen sie.
„Dann wünsche ich euch viel Glück.“, sagte Anise zu den drei Männern.
„Du kommst nicht mit?“, fragte O’Neill verblüfft. „Ich dachte...“
„Ich werde hier auf euch warten. Vielleicht wird ein schwieriges Manöver nötig sein, um euch vom Planeten zu holen. Ich bin für solch eine Eventualität geübter.“, wandte sie ein.
Jack ließ nicht locker: „Wieso bleibt Katar nicht hier?“
„Ich bin der Einzige, der sich auf dem Mutterschiff auskennt und der weiß, wo das Gegengift zu finden ist. Ihr könnt auf mich also nicht verzichten. Finde dich damit ab, Jack.“, mischte der Tok’ra sich barsch ein.
„Wie ich schon sagte: Für dich immer noch Colonel O’Neill.“ Ohne seinem Gegenüber auch nur noch eines Blickes zu würdigen, trat Jack in den Kreis der Transportringe, gefolgt von den anderen. Er konnte diesen Kerl nicht leiden, jetzt bezog sich dass sogar schon auf Wirt und Symbiont. Der Eine war kein Deut besser, als der andere. Widerwillig ertrug er die Gegenwart dieses Wesens, doch Freunde würden sie wohl nie werden. Etwas stimmte an der ganzen Sache ganz und gar nicht, Jack spürte das, sein Instinkt verriet es ihm. Er würde die ganze Zeit ein Auge auf diesen so genannten Tok’ra haben, soviel stand schon einmal fest. Bis jetzt hatte Jack sich noch nie getäuscht. Sie wurden vom Licht des Transportes eingefangen und in Nullzeit waren sie auch schon auf dem Schiff angelangt. Reflexartig hatte Jack seine Waffe im Anschlag, bereit auf jeden zu feuern, der ihnen in die Quere kam. Doch es war still. Fast schon wieder zu still. Sekundenticken machte sich in seinem Kopf breit. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Er wollte gar nicht daran denken, wie es seinem Freund im Moment gerade erging.
„Folgt mir.“, wies Katar sie flüsternd an. Jack hasste es, von ihm Befehle entgegenzunehmen. Er verachtete jedes einzelne Wort aus dem Mund dieses Mannes, dennoch tat er, wie ihm geheißen.

Kapitel 5: Der Hinterhalt

Sie waren noch nicht sehr weit gekommen, als sie auf die ersten Jaffa stießen. Diese schienen misstrauisch zu wer-den, als Teal’c mit ihnen zu reden begann. Einer von ihnen blickte auf Jacks Stiefel und sagte irgendetwas, was dieser natürlich nicht verstand. Die Waffen wurden auf sie gerichtet. Jack öffnete seinen Helm und grinste ihm entgegen.
„Gefallen sie dir? Sind echt bequem.“, meinte er sarkastisch und warf sich kurz darauf zur Seite, so dass ihn das Ge-schoss nur um Millimeter verfehlte. Dabei riss er Teal’c mit sich in eine Nische. Lexis tat es ihnen gleich, dann eröffneten sie das Feuer. Es waren nur drei, somit ein leichtes Spiel, aber durch die Schüsse würden es bald mehr werden. Sie lie-ßen die Leichen mit den Zats verschwinden und folgten weiterhin dem Gang, bis sie schließlich in eine Art Labor kamen. Lediglich eine Handvoll Jaffa und zwei niedrige Goa’uld waren anwesend. Es ging alles blitzschnell. Sie schossen aus ih-rer Deckung im Gang hervor und erschossen mit gezielten Entladungen alle Feinde. Danach verriegelte sie die Tür hin-ter sich. Lexis saß bereits bei einem der zwei Goa’uld und riss ihm dessen Hemd vom Leib.
„Was zum Teufel haben sie vor?“, zischte Jack gereizt. „Lassen sie uns das Gegengift suchen und hier verschwin-den.“ Lexis Augen leuchteten bedrohlich auf. Jack traute diesem Tok’ra von Sekunde von Sekunde weniger und er war sich fast sicher, dass es nicht mehr daran lag, dass dieser Samantha Carter schöne Augen gemacht hatte.
„Ich hole das Serum.“, gab Katar mit verzehrter Stimme zurück. „Es ist im Körper dieses Mannes, so wie ich es euch sagte. Jetzt schweig und lass mich erledigen, wozu ich hergekommen bin.“ Er öffnete mit diesen Worten seinen Koffer und holte eine Art Dolch mit geschwungener Klinge hervor. Dieses rammte er in den Unterleib des toten Goa’uld - auf je-den Fall dachte Jack, dass er tot war, was sich als Falsch herausstellte, als dieser vor Schmerz aufschrie - und durch-trennte die Bauchwand bis hoch zum Brustbein. Eine knapp fünfzehn Zentimeter lange klaffende Wunde erstreckte sich über den Körper des Sterbenden. Jack wurde augenblicklich schlecht. Er hatte ja schon viel Abscheuliches gesehen, aber das überstieg das Maß bei weitem.
Einen Menschen bei lebendigem Leib aufzuschlitzen war einfach nur barbarisch. Katar hatte anscheinend keine Skrupel, denn er zuckte nicht einmal zusammen, als sich der Mann aufbäumte und laut vor Schmerz zu schreien be-gann. Dessen Augen waren geweitet, blutunterlaufen und starr vor Angst. Auch Jack hasste die Goa’uld, dennoch waren die Wirte alles andere als schuldig. Er schaffte es gerade noch so, den Brechreiz zu unterdrücken, als Katar seine Hand in der Wunde verschwinden ließ und darin herumwühlte. Der Wirt war bereits leblos zusammengebrochen. Überall war Blut - auf dem Fußboden, auf Katars Sachen, auf dem Dolch. Einfach überall. Angewidert wandte Jack seinen Blick ab, atmete ein paar Mal tief durch. In seinem Magen rumorte es.
Alles in ihm rebellierte gegen diese Bilder, denen er ausgesetzt gewesen war und die ihn immer noch verfolgten. Vor seinen Augen wurde es rot, dann schwarz. Er zwang sich, nicht die Kontrolle über sich zu verlieren, nicht schwach zu werden und blickte wieder zu dem barbarischen Tok’ra hinüber, welcher bereits gefunden zu haben schien, wonach er gesucht hatte. Etwas, ungefähr zehn Zentimeter langes und sechs Zentimeter breites, lag in seiner blutverschmierten Hand. Er wischte es sauber und steckte es in eine dafür vorgesehene Vertiefung in seinem kleinen, schwarzen Kasten. Danach säuberte er sein Werkzeug - Jack fand, das war ein passender Begriff für einen Schlächter - und legte es in den Koffer zurück. Schließlich meinte er: „Gehen wir!“

Anise war gerade dabei gewesen, die Sensoren neu zu justieren, um ihre Umgebung, sprich die Aktivitäten im ande-ren Raumschiff, besser im Auge behalten zu können, als ein von den Tok’ra kodierter Funkspruch bei ihnen einging. Sie warf ihrem Begleiter einen fragenden Blick zu.
„Eine Meldung vom Mutterschiff.“, teilte Nagara ihr mit. „Sie kommt von Katar.“ Anise unterließ es, ihre Arbeit fortzu-setzen und begann die Nachricht mit ein paar geübten Handgriffen und einem speziell von ihr dafür entwickelten Pro-gramm zu entschlüsseln. Ein Bild tauchte auf dem Hauptbildschirm auf, doch es war nicht Lexis Gesicht, in welches sie blickten. Dieser Mann war zwar im selben Alter, aber vom Aussehen her, das genaue Gegenteil zu Lexis. Dieser hatte dunkles, lockiges Haar, fast schwarze Augen, war afroamerikanischer Abstammung und trug einen leichten Bart. Lexis hingegen war ein typischer, weißer Mann, mit blondem Haar und blauen Augen. Anise und Nagara wussten nicht, was sie davon halten sollten. War das nun eine Falle der Goa’uld oder der wirkliche Katar, so wie er jetzt aussah. Dann wür-de das ihre Zweifel bestätigen. Das würde aber genauso bedeuten, dass sich Colonel O’Neill und Teal’c in Gefahr be-fänden, ebenso wie sie.
Der Fremde begann mit typischer Goa’uldstimme zu sprechen: „Hier ist Widerstandskämpfer Katar. Meine Tarnung ist aufgeflogen und mein Wirt von dem Goa’uld Leonar übernommen worden, während ich seinen bekam. Es ist wichtig, dass ihr ihn nicht in die Nähe von Jakob Carter lasst, denn sonst wird er mit dem neu erbeuteten Gift die Tok’ra eliminie-ren. Das Virus reagiert mit dem in Selmaks Wirt und wird so hochansteckend. Es wird dann durch die Luft übertragen und wirkt hundertprozentig tödlich. Der ganze Planet wird für Jahrhunderte verseucht sein. Ich bin im Besitz des Gegen-giftes und werde zu gegebener Zeit mit Colonel O’Neill in Verbindung treten. Gebt mir eine Zweistundenfrist, sollte das Gegengift bis dahin nicht in eurem Gewahrsam sein, sagt Jakob, es würde mir leid tun.“ Die Nachricht war zu Ende und das Sichtfenster zeigte wieder den Weltraum und das Mutterschiff.
„Könnte er die Wahrheit sagen?“, fragte Nagara verwundert.
„Es wäre denkbar. Wir hegen schon seit Katars Rückkehr den Verdacht, dass er nicht mehr der ist, der er vorgab zu sein. Die Möglichkeit bestünde, dass der Mann von eben der wahre Katar ist und uns warnen wollte. Wir sollten in Be-tracht ziehen, seinen Vorschlag anzunehmen, vor allem da es hier nicht nur um Selmaks Leben und das ihres Wirtes geht, sondern um das aller Tok’ra.“, antwortete sie eisern und beendete nebenbei ihre Arbeiten an den Sensoren. Sie wollte keine unliebsamen Überraschungen erleben.
„Wieso wurde mir das nicht mitgeteilt?“, hakte Nagara jetzt wütend nach.
„Weil du es den anderen nicht verraten solltest. Colonel O’Neill und Teal’c wurden ebenfalls im Unwissenden gehal-ten. Wir wollten diese Mission nicht unnötig gefährden.“, entgegnete Anise kühl und machte sich auf den Weg in den Maschinenraum, welcher weitaus kleiner war, als der eines Mutterschiffes. Er folgte ihr. Ihm war nicht begreiflich, wie man ihm so etwas Wichtiges hatte verschweigen können und den Tauri ebenso. Er fand diesen Colonel Jack O’Neill sympathisch und auch Teal’c - obwohl er ein Jaffa war - war ihm nicht suspekt. Sie hatten zwar kaum ein Wort mit ihm gewechselt, aber Nagara sah das nicht als abneigende Handlung an, sondern nur als natürliches Misstrauen und die Tatsache, dass sie sich nicht kannten.
„Was machen wir jetzt?“, gab er nervös zum Besten.
„Ich werde ein paar Steuerkristalle des Antriebs sabotieren, damit es beim Start so aussieht, als wäre es ein maschi-neller Defekt. Ich könnte dabei deine Hilfe gebrauchen. Sie könnten jeden Augenblick zurück sein. Das müsste uns etwa zwei Stunden verschaffen, denn durch die Überlastung, die ich so herbeiführen will, würden einige der Steuerkristalle zu Bruch gehen. Dies ist ein neues Schiff, so etwas könnte durchaus vorkommen.“, erwiderte sie kühl und begann sich an den Steuerreales zu schaffen zu machen, die einen solchen Zwischenfall, welchen sie heraufbeschworen, eigentlich verhindern sollte.
Nagara beschloss das Spielchen mitzuspielen, denn er hatte so oder so keine andere Wahl. Das Risiko war zu groß, das hatte er bereits begriffen. Er würde sein Menschenmöglichstes geben, um die Tarnung aufrecht zu erhalten - was bedeutete, sich diskret zurückzuhalten und Anise das Reden zu überlassen. Sie schien weitaus mehr Erfahrung im Lü-gen zu haben als er. Nagara selbst war ja auch noch ein ausgesprochen junger Tok’ra und erst vor kurzem auf diesen Stützpunkt versetzt worden. Er glaubte daran, dass sie sicherlich einen Ausweg finden würden. Sobald Colonel O’Neill bei einer Mission dabei war, würden sie immer mit etwas Glück mit heiler Haut davonkommen.

„Wo kommen die denn auf einmal alle her?“, stieß Colonel O’Neill wütend hervor, ehe er sich erneut aus seiner De-ckung wagte, um auf die Angreifer zu schießen. Sie hatten die Transportringe fast erreicht, als sie auf heftige Gegen-wehr gestoßen waren. Eine Überhand Jaffa hatte sie umzingelt, der einzige Ausweg war, sich ihren Weg frei zu schie-ßen und zu hoffen, dass sie das auch schafften, ohne selbst draufzugehen. Mit viel Glück schafften sie es bis zur Trans-portkammer, doch die nachfolgenden Jaffa waren ihnen überlegen. Während Jack und Teal’c feuerten, was ihre Waffen hergaben und versuchten, die anrückende Patrouille aufzuhalten, gab Katar die Koordinaten des Al’keshs in den Compu-ter ein. Danach stellte er sich in den gut sichtbaren Kreis und aktivierte sie Bruchteile bevor Jack und Teal’c sie ebenfalls erreichten und dann von Zatentladungen getroffen wurden. Sie sackten unter großen Schmerzen zusammen.
Jack fluchte mit zusammengebissenen Zähnen: „Verdammter Mist!“, ehe er auf den Boden schlug. Er sah nur noch, wie Lexis Augen demonstrativ aufleuchteten und er dann in dem bläulich weißen Licht der Ringe verschwand. Danach wurde alles um ihn herum schwarz. Die Dunkelheit umfing ihn, wie ein Schleier. Sie spendete ihm einen gewissen Trost, verbannte für kurze Zeit die Sorge um seine Freunde, die immer stärker werdenden Bauchschmerzen, die wahrschein-lich durch mehr als nur Sodbrennen ausgelöst wurden, und die Tatsache, dass sie jetzt in der Falle saßen. Erst als er unsanft auf dem kalten Boden aufschlug, lichtete sich der Nebel um seine Gedanken etwas und ein qualvolles Stöhnen entwich seiner trockenen Kehle. Er konnte sich im ersten Moment nicht rühren. Ein Gefühl von Hilflosigkeit machte sich in ihm breit.
Dieses verschwand, als er sich wieder etwas bewegen konnte und er die Stimme von Teal’c vernahm, der fragte: „Geht es dir gut, O’Neill?“ Jack richtete sich mit dessen Hilfe auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
„Geht mir gut, Großer.“, gab er mit schwacher Stimme zurück. Er hatte eigentlich weniger geglaubt, dass er so ent-kräftet klingen würde. Er räusperte sich, um den Belag von seiner Stimme zu kriegen. „Mach dir mal um mich keine Ge-danken. Wir haben doch schon weitaus Schlimmeres überstanden.“
„Wenn du das sagst, O’Neill.“, gab der Hüne stoisch zurück und ließ sich neben ihm nieder.
„Das sag ich!“, erwiderte Jack und fügte sarkastisch hinzu: „Mit etwas Glück und ein wenig Körpereinsatz werden wir das schon schaffen. Ich meine als zwei unbewaffnete Gefangene sind wir den hunderten von Jaffa, die schwer bewaffnet in diesem Schiff herumlaufen, doch haushoch überlegen.“ Teal’c hob verwirrt über diese Bemerkung die Augenbraue, sagte aber nichts, da er wusste, dass es sich lediglich um Jacks Galgenhumor handeln konnte, der mal wieder durch-brach. Der Jaffa nahm diese Bemerkung einfach stillschweigend hin und beschloss abzuwarten, was passieren würde und auf eine Gelegenheit zu warten, bei der sie einen Fluchtversuch wagen konnten. Mehr konnte er in dieser Zelle so-wieso nicht unternehmen. Außerdem musste Jack auf ihn zählen können, denn diesem schien es weitaus schlimmer zu gehen, als er zugab, denn er hatte Schweiß auf der Stirn, seine Arme um seinen Unterleib geschlungen, die Augen ge-schlossen und ein von Schmerz verzehrtes Gesicht. Die momentane Ruhe schien ihm jedoch dabei zu helfen, sich zu erholen, was unbedingt angebracht war unter diesen Umständen.

Kapitel 6: Die Verzögerung

„Wieso starten wir nicht?“, fragte Leonar aufgebrachte. Seine Stimme grollte und klang bedrohlich - fast feindselig.
„Wir sind schon dabei.“, erwiderte Anise und startete den Antrieb. Wie erwartet, überlasteten die Reales, ein heftiger Ruck durchfuhr den Al’kesh, riss sie fast von den Füßen und dann wurde es ruhig. Anise ließ ihre Finger über das Steu-erpult fliegen und startete das Diagnoseprogramm. Kurz darauf meinte sie: „der Antrieb ist ausgefallen. Anscheinend war er überlastet.“
„Wie lange wird es dauern, ihn zu reparieren?“, fragte Leonar gereizt nach.
„Ungefähr zwei Stunden.“, meinte die Tok’ra knapp. „Nagara, folge mir, ich brauche deine Hilfe.“
„Natürlich.“, antwortete dieser ruhig und verließ hinter Anise die Brücke. Leonar fluchte leise und begab sich dann nach hinten, um sich umzuziehen, während die anderen sich um den Antrieb kümmerten. Eine Weile sprachen sie keine Silbe miteinander.
Dann ergriff Nagara doch noch das Wort: „Was, wenn uns jetzt jemand angreifen sollte. Wir sind dann vollkommen machtlos?“ Er hatte immer noch Zweifel, dass dieser Plan so gut war. Sie lieferten sich so nur selbst ans Messer, sollte Baal sie wirklich entdecken. Er war einfach zu jung, um zu sterben. Erstaunlich, wie stark der Selbsterhaltungstrieb doch war.
„Ich selbst habe an der Entwicklung dieses Schiffes mitgearbeitet. Es existiert ein, vom eigentlichen System unab-hängiger Reserveantrieb, der annähernd Lichtgeschwindigkeit erreichen kann. Sollten wir wirklich in Gefahr geraten, werden wir diesen zur Flucht einsetzten. Und jetzt lass deine Zweifel bei dir. Ich weiß, was ich tue.“, gab sich flüsternd und den letzten Satz fast zischend zurück. Nagara nickte. Er hielt es für besser, sich zurückzuziehen und seine Zweifel wirklich für sich zu behalten. Er überließ dem Wirt die Kontrolle. Na ja, eher der Wirtin. Ihr Name war Teglar und sie war für ihre siebzehn Jahre bereits eine aufreizende und stolze Frau.
„Ich werde mich um die Reales kümmern. Sie sollten als Erstes repariert werden.“, sagte diese leise und wollte sich schon abwenden, doch Anise packte sie am Arm. Erst, als sie sich zu der Tok’ra umdrehte, wusste sie, dass es sich jetzt um Fraya handelte, welche die Kontrolle hatte. Sie hielt es anscheinend für besser von Wirt zu Wirt mit ihr zu reden - von Frau zu Frau.
„Es könnte sein, dass er etwas bemerkt, wenn du sofort auf die Reales zusteuerst. Öffne erst alle vorhandenen Mo-dule und sieh nach, wie viel Schaden angerichtet wurde.“, wies sie Teglar vorsichtig darauf hin. Diese nickte stumm und machte sich an die Arbeit. Sie hatten mehr Schaden angerichtet, als Teglar vermutet hatte, so dass sie wahrlich zwei Stunden brauchen würden, um alles zu reparieren. Vielleicht auch etwas weniger, aber sie mussten die Frist einhalten. Sie hoffte nur, dass Colonel O’Neill es rechtzeitig schaffen würde. Nagara pflichtete ihr da bei. Immer wieder warf sie ei-nen prüfenden Blick durch den Raum, um sicher zu gehen, dass Leonar nicht hier war. Sie hatten Glück.

Sam lief nervös auf und ab. Langsam machte selbst sie sich Sorgen. Man hatte ihr gesagt, dass sie jeden Moment kommen müssten, doch bis jetzt war das Stargate ungenutzt geblieben. Die abscheulichsten und blutigsten Szenarien spuckten ihr im Kopf herum. Aber nicht nur ihr, auch Doktor Jackson. Er blieb zwar ruhig sitzen, doch spielte er nervös mit dem Reisverschluss seiner Jacke und putzte viel zu oft seine bereits blitzblanke Brille. Sams Vater ging es von Minu-te zu Minute schlechter. Man hatte bereits festgestellt, dass es für sie keine Gefahr darstellte, ohne Schutzanzug bei ihm zu sein, aber das hatte sie auch nicht gerade beruhigt.
Er war in der vergangenen Stunde ohnmächtig geworden und redete ab und zu im Schlaf. Die Tok’ra hatten ver-sucht, ihn aufzuwecken, um sicherzustellen, dass sein Symbiont noch am Leben war, doch es hatte nicht funktioniert. Er war schon zu geschwächt. Sam hoffte, dass sie sich beeilen würden. Ihm blieben nur noch wenige Stunden, höchstens vier oder fünf, dann würden sein Symbiont und sein Gehirn nicht mehr zu retten sein. Er würde sterben oder noch schlimmer, vor sich dahinvegetieren, so wie er es jetzt schon halb tat.
„Sam!“, fuhr Daniel sie plötzlich an. Sie machte ihn mit ihrem Auf- und Abgerenne nur noch mehr nervös. Er wollte einfach nur, dass sie damit aufhörte. Außerdem hatte sie auf die vorherigen fünf Mal, wo er ihren Namen sagte, nicht gehört. Sie hielt abprubt inne.
„Tut mir leid, aber ich frage mich, wo sie bleiben. So lange kann das doch nun wirklich nicht dauern.“, seufzte sie und setzte sich neben ihn. Sie hatten ein Zimmer zugewiesen bekommen, und ihnen wurde ausdrücklich geraten, sich etwas auszuruhen. Sam dachte gar nicht daran. Sie war viel zu nervös und besorgt, um jetzt an sich denken zu können.
„Sie werden sicherlich jeden Moment eintreffen. Mach dir mal keine Gedanken. Du kennst doch Jack, der kriegt das hin.“, versuchte Daniel ihr und sich selbst Mut zu machen.
„Das will ich für ihn auch hoffen!“, gab sie immer noch sauer zurück. Sie hasste es, wenn sie untätig herumsitzen und abwarten musste. Diesen Männern war das ebenso klar. Sie hätten das hier nicht von ihr verlangen dürfen. Keiner von ihnen. Jakob hätte Jack nicht bitten dürfen und Jack hätte nicht darauf einsteigen sollen. Sie war Soldat, verdammt noch mal, sie war nicht dazu geboren worden, hier wie ein hilfloses Mädchen herumzusitzen und darauf zu warten, dass ihr Vater allmählich starb.
„Immer noch wütend?“, fragte Daniel vorsichtig, um nicht auch etwas abzubekommen. Er wusste, ihre Nerven lagen im Moment blank. Ihm ging es doch auch nicht anders.
„Natürlich!“, gab sie standhaft zurück. „Er ist uns in den Rücken gefallen, hat uns einfach ins Gesicht gelogen und lässt uns jetzt auch noch hier zappeln. Wie kannst du da nicht sauer sein?“
Daniel zuckte mit den Schultern und meinte: „Weil ich an seiner Stelle wahrscheinlich nicht anders gehandelt hätte. Er macht sich Sorgen um uns, besonders um dich. Ich weiß nicht, was vorgefallen ist, als ihr mit Anise diesen Test wie-derholt habt, aber seit diesem Tag benimmt er sich irgendwie merkwürdig. Er sieht sich öfter nach dir um, er geht wie zu-fällig an deinem Labor vorbei, um zu sehen, ob du gerade arbeitest oder dich endlich dazu durchgerungen hast, eine Pause zu machen, er kontrolliert deine Ausrüstung jeden Tag, um sicherzugehen, dass du nichts vergessen hast, er er-kundigt sich bei Janet regelmäßig über deinen Gesundheitszustand... Ich könnte jetzt noch eine ganze Weile so weiter-machen. Soviel Mühe macht er sich sonst bei keinem von uns. Er will es einfach nicht darauf ankommen lassen, dass dir etwas zustößt. Ich bin nicht blind Sam, auch wenn ich eine Brille trage, und ich dachte, du wärst auch clever genug, das zu sehen.“
„Darum geht es jetzt doch gar nicht.“, wehrte sie ab.
„Doch, Sam, genau darum geht es.“, wandte Daniel ein. „Frag dich doch einfach mal, was du an seiner Stelle ma-chen würdest.“ Mit diesen Worten erhob er sich und ließ sie allein. Ehrlich gesagt, sie wusste es nicht. Samantha Carter hatte nie darüber nachgedacht. Was würde sie wohl machen - ihren Vater retten, natürlich. Aber würde sie Jack auch mitnehmen, wenn er sie wäre und das die letzte Chance sein könnte, sich von seinem Vater zu verabschieden? Sicher-lich nicht. Das letzte Mal, als Jakob Krebs hatte, also kurz bevor er ein Tok’ra wurde, hatte er sie auch zurückgeschickt. Er hatte darauf bestanden, dass sie ihren Vater besuchte, er hatte den Vorschlag gemacht, er hatte alles getan, damit es ihr wieder gut ging. Ihr und ihrem Vater.
Das wollte er jetzt wiederholen und setzte dafür sein eigenes Leben aufs Spiel. Nur sein Leben. Seines und Teal’cs. So sehr sie ihn dafür hasste, so sehr liebte sie ihn auch dafür. Sie wollte auch weiterhin sauer auf ihn sein - sie war es durchaus auch noch - aber er ließ nicht zu, dass sie ihn ewig hassen konnte. Er war selbstlos in seiner Tat, das musste sie sich eingestehen, auch wenn er dadurch ebenfalls einen Vorteil errang. Er würde sichergehen, dass sie überlebte. Er liebte sie, sie wusste das - sie liebte ihn. Es war zum Verzweifeln! Sie seufzte hörbar und begab sich wieder zu ihrem Vater. Sie würde nicht schlafen können, also konnte sie ihm wenigstens zeigen, dass sie da war. Sie wusste, er würde es spüren.

Kapitel 7: Die Erkenntnis

Colonel O’Neill und Teal’c saßen in einer der vielen Verließe des Raumschiffs fest. Seiner Annahme nach, war Katar längst mit Anise auf dem Weg nach Hause. Doch Jack zweifelte daran, dass das hier das Ende für ihn und seinen Freund war. Es war zwar schiefgegangen, aber die hatten bekommen, was sie wollten. Auf jeden Fall schien es so. Aber es war für Jacks Geschmack zu einfach. Er ging alles noch einmal durch. Jakob wurde von diesem Katar gerettet und zu den Tok’ra gebracht, dann tauchten sie auf der Erde auf und baten sie um Hilfe. Jakob bat Jack, Sam nicht mitzuneh-men, unter keinen Umständen, als wüsste dieser, dass etwas schieflaufen würde, sie kamen unentdeckt ins Innere des Schiffes und als Einziger konnte dieser Tok’ra fliehen und sogar das Gegengift mitnehmen. Sie hingegen wurden gefan-gen genommen und schienen hier verschimmeln zu sollen. Er hatte nicht einmal auf sie gewartet. Sie wurden niederge-schossen, nachdem sich die Ringe bereits aktiviert hatten. Eine Stunde war seitdem vergangen. Katar hätte somit schon den Planeten erreicht. Jakob würde durch das Gegengift gerettet werden. Oder... Jetzt verstand Jack. Wütend schlug er gegen die Wand. Er hatte das Offensichtliche übersehen.
„So ein verdammter Mist!“, stieß er gleichzeitig zornig hervor.
„Was ist los, O’Neill?“, fragte Teal’c stoisch.
„Wir haben gerade den Goa’uld geholfen, die Tok’ra zu vernichten.“, sagte Jack aufgebracht und ließ sich mit dem Rücken an der Wand nach unten und neben seinen Freund sinken. Dieser verstand nicht ganz.
Verwundert fragte Teal’c: „Wie meinst du das?“
„Na ja, Katar ist ein Goa’uld und hat nicht das Antivirus, sondern ein potentiell tödliches Gift. Jakob war nur der Köder und wir die Figuren auf einem Schachbrett. Ich meine, ich hätte es wissen müssen. Erst Jakobs übertriebene Sorge um Sam, dann diese Sentimentalität von ihm, als er mir sagte, wie dankbar er mir doch für alles sei, dieser blöde Schlan-genkopf, wie er sich geradezu darum riss, uns zu begleiten und dieser bescheuerte Plan. Ich hätte es sofort merken müssen. So überheblich und selbstsicher sind nicht einmal die Tok’ra.“, sprudelte es aus Jack heraus. Für diesen Verrat würde er ihnen den Hals umdrehen, sie vierteilen, lynchen, alles, was auch nur ansatzweise höllische Schmerzen berei-tete, würden sie durchleben, wenn er erst einmal wieder zurück war. Falls er zurückkam. Auf eine Art hoffte er, dass die Tok’ra durch das Gift ausgelöscht würden, auf der anderen Seite betete er, dass es nicht geschah, denn auch Sam, Da-niel und Jakob würden dran glauben müssen.
„Also ging es gar nicht darum, uns zu fangen, sondern um die Vernichtung der Tok’ra.“, folgerte jetzt auch der Jaffa.
„Yepp! Ich habe freiwillig einem stinkenden Goa’uld geholfen und dafür wird jetzt nicht nur Jakob, sondern auch jeder andere auf dem Stützpunkt sterben. Sam und Daniel wären somit hier tausendmal sicherer.“, bestätigte Jack resignie-rend und schlug immer wieder leicht mit dem Hinterkopf gegen die Wand, um sich selbst dafür zu bestrafen, dass er so dumm gewesen war. „Die Tok’ra haben uns nicht einmal gewarnt, dabei wussten sie es ganz bestimmt.“ Im selben Au-genblick öffnete sich die Tür, wenn auch nur einen Spalt. Jack und Teal’c sahen sich verwundert an.
„Wollt ihr da drinnen Wurzel schlagen?“, fragte eine männliche Stimme, die wie die eines Goa’uld verzehrt war. „Ihr habt nur noch zwanzig Minuten bis Anise aufbricht. Ihr solltet euch etwas beeilen.“ Beide wussten nicht, was sie davon halten sollten, krochen jedoch durch den Spalt in der Tür nach draußen auf dem Gang. Außer dem afroamerikanischen Mann und ihnen war niemand da.
„Tok’ra?“, fragte Jack resignierend.
„Ich bin Katar und mein Wirt heißt Zeron. Wir sind hier, um euch zu befreien.“, meinte dieser schnell und sah sich immer wieder um, um sicher zu gehen, dass niemand kam.
„Katar?“, hakte Teal’c verwundert nach.
„Der Richtige. Leonar, der Goa’uld, der jetzt die Kontrolle über meinen früheren Wirt hat, gibt sich für mich aus. Man hat unsere Wirte getauscht, damit der Hinterhalt perfekt wird und niemand etwas merkt. Sie wollen die Tok’ra mit dem erbeuteten Gift vernichten. Das müssen wir verhindern. Ich habe das Antivirus.“, erklärte der Mann grob. Ihm glaubte Jack ehrlich gesagt mehr als diesem Lexis oder wie auch immer der hieß. Er wusste doch, dass dieser Typ für einen Wirt zu arrogant war.
„Ja, so weit waren wir auch schon. Wie kommen wir hier weg?“, entgegnete Jack und behielt ebenfalls die Umge-bung im Auge.
„So, wie geplant. Vorher sollten wir jedoch das Gegengift holen.“, erwiderte Katar und ging voran, nachdem er jedem von ihnen eine Stabwaffe und eine Zat ausgehändigt hatte, die zuvor auf dem Boden gelegen hatten.

Sie liefen zum Labor, wie Jack feststellte. Dort zog Katar eine Art Skalpell hervor. Er reichte es O’Neill.
„Was soll ich damit?“, fragte dieser verwundert.
„Das Gleiche tun wie Leonar, mich töten und das Antivirus aus mir herausholen. Es sitzt direkt hier.“, antwortete jetzt Zeron, der Wirt, und zeigte genau auf eine Stelle neben seinem Herzen.
„Ich werde niemanden umbringen. Wir nehmen dich mit und die Tok’ra finden sicherlich eine andere Möglichkeit, es aus dir herauszuholen.“, wehrte Jack entschieden ab. Er spürte schon, wie ihm abermals schlecht wurde. Er konnte es nur mit Mühe unterdrücken. Er wusste, er würde es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren können, einen Menschen zu töten, nicht auf diese barbarische Art und Weise. Im Gegensatz zu Leonar hatte er ein Gewissen und Skrupel.
Zeron entgegnete resignierend: „Das geht nicht. Sobald ich dieses Schiff zu verlassen versuche, werde ich sterben und die einzige Hoffnung für Jakob mit mir. Das Gegenmittel ist wertlos, sobald es sich erst einmal in meinem Körper verteilt hat. Ihr müsst es entfernen und ihr habt nicht mehr viel Zeit. Jakob hat meinen Schätzungen nach noch fünf Stunden, ehe es zu irreparablen Schäden kommt. Sobald sein Gehirn angegriffen wird, könnte er nie wieder er selbst sein. Ihr seht also, ihr habt keine andere Wahl.“
„Ich tue es, O’Neill.“, meinte Teal’c in seiner immerwährenden stoischen Ruhe.
„Nein, schon in Ordnung, ich kriege das hin.“, meinte Jack mit zittriger Stimme. Zeron nickte ihm aufmunternd zu und legte sich auf die Pritsche. Jack zog seine Zat, um diesem Tok’ra vorher wenigstens die größten Schmerzen zu erspa-ren. Nach dem ersten Schuss hielt er inne. Er konnte das nicht. Er konnte nicht einfach einen Mann erschießen, der ih-nen geholfen hatte, der ein Freund von Jakob war. Das war nicht fair. Es musste doch einen Weg geben, sie zu retten oder wenigstens einen von ihnen. Jack sah sich um und fand, was er suchte. Teal’c folgte seinem Blick und schien zu verstehen. Er holte eines dieser Gefäße, die aussahen wie überdimensionale Öllaternen aus dem späten Mittelalter und stellte sie neben Zeron. Auch dieser wusste, worauf sie hinaus wollten und nickte stumm.
Kurz darauf schlängelte sich der Symbiont aus dem Mund des Mannes und kroch in den Behälter, welcher mit einer speziellen Flüssigkeit gefüllt war, die es ermöglichte, dass er dennoch überlebte. Zeron war daraufhin so schwach, dass er ohnmächtig wurde. Diese Chance nutzte Jack, um noch einmal mit der Zat auf ihn zu feuern. Colonel O’Neill beugte sich über den leblosen Körper, zerschnitt erst das Hemd und durchtrennte dann die Magenwand mit einem langen, schnellen Schnitt. Blut quoll aus der Bauchhöhle. Ihm wurde schlecht. Er konnte nicht verstehen, wie Ärzte oder Psycho-pathen nur so etwas tun konnten. OK, die Einen retteten damit vielleicht das Leben eines Menschen, aber es war den-noch nichts weiter als barbarisch und ekelhaft. Mehr denn ja meldete sich Jacks Magen zu Wort.
Übelkeit drohte ihn zu überrollen, als er in den Schlitz eindrang und in einem Gemisch aus Blut, Fett und Muskeln zu wühlen begann, doch er zwang sich, es zu Ende zu bringen. Er sah nicht hin, wandte seinen Blick angewidert ab. Nach einigem Suchen stieß er auf ein hartes Etwas, ungefähr zehn Zentimeter lang und sechs Zentimeter breit. Das musste es sein. Jack versuchte es vorsichtig herauszuziehen, doch es misslang. Es saß einfach zu fest, also zog er kräftiger daran und schaffte es schließlich. Schnell zog er seine Hand aus dem leblosen Körper Zerons zurück. Als er schließlich den kleinen, blutverschmierten Behälter mit der blauen Flüssigkeit erblickte, überrollte ihn eine Welle von Übelkeit. Er schaffte es gerade noch, sich von Teal’c anzuwenden, ehe er sich übergab.
Doch außer Magensäure und Galle erbrach er auch noch dickflüssiges Blut. Jetzt wusste er, dass es mehr als nur Sodbrennen war, was ihn da plagte. Er hätte die Anzeichen erkennen müssen, hatte er doch vor Jahren schon einmal unter Magengeschwüren gelitten. Schnell wischte er sich mit zittrigen Fingern das restliche Blut vom Mund, vertuschte seine Schwäche und fasste sich wieder. Er musste jetzt die Zähne zusammenbeißen und durchhalten, wenigstens noch bis zu den Tok’ra. Er musste Jakob unbedingt helfen, auch wenn es ihm das Leben kosten könnte. Er hatte so etwas schließlich schon einmal überstanden, da würde es ein zweites Mal auch noch klappen. Er würde nicht kampflos aufge-ben.
„Noch zehn Minuten, O’Neill.“, wies Teal’c ihn darauf hin, dass es knapp wurde. Jack nickte knapp und machte sich, nach einem nochmaligen prüfenden Blick auf das Antivirus - er hoffte, dass es wirklich das Gegengift war - mit seinem Freund, welcher Katar trug, auf den Weg zum Transportraum. Jack war dankbar dafür, dass sein Freund nichts mitbe-kommen hatte und wenn doch, dann sagte er nichts. Sie mussten von diesem Schiff herunter, ehe die zehn Minuten um waren. Goa’uld konnten sehr ungeduldig sein und er wollte nicht, dass Anise oder Nagara etwas zustieß. Das würde Ze-rons Opfer zunichte machen.

Kapitel 8: Der Verräter

Sie kamen unbeschadet zu den Ringen, auch wenn sie auf heftige Gegenwehr gestoßen waren. Jack ging es immer noch nicht besser. Die Sorge um seine Freunde machte ihn fast wahnsinnig. Er hoffte bloß, Anise würde wirklich noch dort sein. Sobald die Ringe nicht funktionierten, würde er es wissen. Sie hatten unterwegs ein Bedienungsgerät ergattern können, welches Teal’c nun zum Einsatz brachte, während Jack ihm aus dessen Zat Feuerschutz gab. Als sich mit ei-nem lauten Zischen die obere Deckplatte öffnete, hechtete O’Neill zu seinem Freund und wurde genau wie dieser vom grellen Licht der Ringe verschlungen.
Bruchteile von Sekunden später schienen sie auf dem Al’kesh ihrer Verbündeten. Erleichtert stützte Jack seine Hän-de auf die Knie und atmete erst einmal tief durch. Als er wieder aufsah, stachen ihm die wütenden Augen eines Goa’uld entgegen, doch er überspielte die Tatsache, dass er dies wusste und richtete sich lediglich wieder auf. Augenscheinlich kostete es auch Leonar große Überwindung, sich nicht wie ein Goa’uld darüber zu ärgern, sondern sogar Freude zu zei-gen. Glücklicherweise sah Leonar nicht den Behälter mit Katar, den Teal’c immer noch trug, denn Jack hatte sich davor postiert, sonst wäre jetzt sicherlich die Hölle los.
„Ich bin froh, dass es euch gut geht.“, heuchelte der Verräter mit einem aufgesetzten Lächeln. Allein dafür hätte Jack ihn verprügeln können, doch dann würde er auch dem Wirt schaden und diesen würden sie noch brauchen.
„Wie gut, das ihr gewartet habt.“, presste Jack hervor.
„Das war eher Zufall, Colonel O’Neill.“, meldete sich jetzt Nagara zu Wort, die hinter Leonar aufgetaucht war. Dieser fuhr erschrocken herum und Teal’c nutzte die Zeit, Katar in einer uneinsichtigen Ecke des Raumes zu verstauen. „Beim Start überhitzten sich die Relais. Dies ist ein neues Schiff, da kommt das schon einmal vor.“
„Wird es noch lange dauern?“, hakte Jack nach.
„Nicht mehr sehr lange, wir sind im Maschinenraum so gut wie fertig.“ Damit verschwand er auch schon wieder und Teal’c folgte ihm schweigend.
Auch Jack begab sich aus dem Raum, jedoch nicht, ohne kurz noch vor Leonar stehen zu bleiben und ihm zuzuflüs-tern: „Ich hoffe, wir kommen noch rechtzeitig, um Jakob zu retten. Wäre doch zu dumm, wenn alles umsonst gewesen wäre.“ Ein breites Grinsen legte sich auf O’Neills Lippen und er trat ebenfalls aus dem Raum, jedoch nicht, ohne den Goa’uld provokativ an der Schulter zu streifen. Er ließ sich im Kopilotensitz nieder und schloss die Augen. Seine Magen-schmerzen wurden mittlerweile unerträglich und es schien, als würde er Fieber bekommen. Etwas stimmte nicht mit ihm, und es lag nicht an der nervenaufreibenden Situation, in der sie sich befanden. Es war etwas anderes und er würde sich sofort von Doktor Fraiser untersuchen lassen, sobald er zu Hause war.
„Geht es ihnen gut, Colonel O’Neill?“, riss Nagara ihn aus seinen Gedanken.
„Ja, nur eine Magenverstimmung, nicht weiter schlimm.“, wehrte Jack ab, obwohl er wusste, dass dem nicht so war. Er hatte Blut gespuckt, das war alles andere als ein beruhigendes Zeichen. Dennoch gab es momentan wichtigere Din-ge, als sich über so etwas Sorgen zu machen. Erst wenn Jakob sicher war, würde er sich um sich selbst Gedanken ma-chen können.
„Ich werde ihnen noch etwas dagegen holen. Man sollte mit so etwas nicht spaßen.“, meldete sich jetzt Teglar zu Wort. Die Sorge stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.
„Das wäre lieb, Danke.“ Jack hatte nicht mehr die Kraft, ihr zu widersprechen und ehrlich gesagt, sah er dafür auch keinen Grund. Es würde ihn schon nicht umbringen, einfach mal auf jemanden zu hören. Knappe fünf Minuten später brachen sie dann nach Hause auf.

Gedankenverloren betrachtete er sich die kleine Ampulle mit der gelblichen Flüssigkeit darin. Das Antivirus. Aber wie sollte er es einsetzen, wenn Leonar doch noch das Virus besaß. Er musste ihn irgendwie austricksen. Ein Bluff oder Ähnliches. Goa’uld hatten einen erheblichen Schwachpunkt - ihre Überheblichkeit - und den musste er ausnutzen. Er konnte den Verräter nur mit seinen eigenen Waffen schlagen, aber ohne sich erwischen zu lassen. Er hatte auch schon eine Idee, wie das klappen sollte. Alles, was er tun musste, war Leonar in dem Glauben zu lassen, dass dieser auch wei-terhin das Virus besaß, welches er jedoch gegen das Serum austauschen würde. Dazu würde er jedoch erst in Erfah-rung bringen müssen, wo der Schlangenkopf dieses aufbewahrte. Das fand er schon heraus. O’Neill verstaute das Anti-virus samt seiner Hand in der linken Hosentasche und machte sich auf den Weg nach hinten, wo sich Leonar aufhielt. Vorher inszenierte er aber noch ein Ablenkungsmanöver. Er schlenderte durch die Tür und trat selbstsicher vor den Ver-räter.
„Kann ich etwas für sie tun, Colonel?“, fragte dieser übertrieben freundlich.
„Ich würde gerne mal das Serum sehen.“, erwiderte Jack gelassen. Er durfte sich unter keinen Umständen etwas anmerken lassen. Wahrscheinlich hatte er nur diese eine Chance.
Leonar hakte verwirrt nach: „Wieso?“
„Nur so. Ich muss doch sichergehen, dass es noch ganz ist.“, gab O’Neill in seiner typisch flapsigen Art zurück.
„Das versichere ich dir!“, entgegnete der Goa’uld.
„Ich gehe aber lieber auf Nummer sicher.“, wandte Jack kühler ein. Der Verräter gab sich, wenn auch nur widerstre-bend, geschlagen und holte die kleine Ampulle aus dem Behälter, wo er auch sein Messer aufbewahrte, mit welchem er diesen Goa‘uld auf brutalste Weise verstümmelte. Allein bei dem Gedanken an das Geschehene kam Colonel O’Neill die Galle hoch. Ein bitterer Geschmack legte sich auf seine Zunge, doch er überspielte gekonnt, wie angewidert er doch von dem Anblick war. Der Goa’uld legte ihm das Antivirus in die Hand. Kurz darauf kam Nagara in den Raum, beladen mit einem Becher voll Wasser. Jack beäugte den kleinen Behälter kritisch, versuchte nicht auf ihn zu achten, um nicht in Ge-lächter auszubrechen.
„Möchten sie vielleicht etwas...“, fragte er, brachte den Satz aber nicht zu Ende, da sie so tat, als würde sie über ihre eigenen Füße stolpern und ihm so die Flüssigkeit über die Kleidung goss. Sofort entschuldigte er sich. Jack nutzte die Gunst der Stunde und tauschte das Gift gegen das Gegenmittel.
„Kannst du nicht besser aufpassen?“, herrschte Leonar ihn an.
„Verzeiht mir vielmals! Das wollte ich wirklich nicht!“, entschuldigte sich Nagara abermals. „Wartet, ich helfe euch.“ Er wollte mit einem Tuch den Fleck trocknen, doch die Schlange schlug dessen helfende Hand weg.
„Schon gut! Ich kann das allein!“ Jack konnte sich ein breites, triumphierendes Grinsen kaum verkneifen. Er war gleich um vieles erleichterter. Er gab Leonar die Ampulle zurück und verließ den Raum. Wenn jetzt nichts mehr dazwi-schen kam, würde sein Plan ein voller Erfolg werden.

Kapitel 9: Die Rückkehr

Er wurde von dem gleichen entsetzlich reißenden Saugen empfangen, das ihn schon bei Dutzenden von Übertritten durch das Sternentor erwartet hatte, und das ihn doch immer wieder aufs Neue verstörte, bis jedes Gefühl und jeder Ge-danke bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert, und nichts mehr weiter da war, als der Sturz in eine unfassbare, verschlin-gende Tiefe, die so abgrundtief erschien wie das Universum selbst. Sein Verstand war nicht in der Lage, zu erfassen, was in dieser winzigen Zeitspanne um ihn herum geschah, in der er förmlich in sein Ziel eingesogen wurde und in der sich vollkommen widersprüchlich das vollständige Nichts sowie die Unendlichkeit miteinander vereinten.
Das Gefühl eisiger Kälte, das den Transport stets begleitete, verflog fast sofort, als sie am Zielort aus dem Sternentor traten, doch diesmal schien seine Reise weitaus schlimmer und zermürbender gewesen zu sein, als dem sonst der Fall war. Sie hatte ihn durcheinander gebracht, machte ihn unvorsichtig, fast schon wieder hilflos, denn er konnte sich nicht wirklich auf seine Umgebung konzentrieren. Es kam ihm so vor, als wäre er gerade zum ersten Mal durch das Stargate hindurch, zu einer anderen Welt gereist, fühlte sich in die Zeit zurückversetzt, als er an der Seite von Daniel Jackson zu seinem ersten galaktischen Trip nach Abydos angetreten war. Die sich darbietende Kulisse einer ausgedehnten Wüste verstärkte da nur sein Déjà-vu.
OK, hierbei handelte es sich um eine Steinwüste, aber der Anblick war so ziemlich der Gleiche, nur halt in einem an-deren Farbton gehalten. Colonel O’Neill taumelte vorwärts und stürzte auf die Knie. In seinem Kopf drehte sich immer noch alles, Galle stieg seine Speiseröhre brennend herauf, und in einem erstickenden Würgen erbrach er nicht nur Ma-gensäure, sondern auch Blut. Dunkle Klumpen lebensnotwendiger Flüssigkeit gepaart mit hellroten Tropfen, die immer noch seinen Mund verließen. Wieder legte sich ein metallischer Geschmack auf seine Zunge, diesmal noch intensiver und allgegenwärtiger. Er versuchte ihn loszuwerden, indem er den Rest des Blutes ausspuckte und sich wieder erhob. Teal’c griff ihm dabei hilfreich unter die Arme.
„Was ist mit dir, O’Neill?“, fragte dieser besorgt. „Und sage nicht wieder, es wäre nichts. Du spuckst Blut.“
„Mache dir keine Gedanken, Großer.“, wehrte Jack ab und wischte sich über den Mund. „Ich komme schon klar. Ret-ten wir erst einmal Jakob.“ Er klopfte dem Hünen aufmunternd auf die Schulter und taumelte vorwärts, die Waffe im An-schlag und versuchend, sich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Teal’c wich nicht von seiner Seite und auch Anise gesellte sich zu ihm.
Diese meinte ernst: „Sie sollten sich von einem unserer Ärzte untersuchen lassen, sobald wir den Stützpunkt errei-chen. Ihr Zustand ist beunruhigend. Es scheint sich um mehr als nur eine Magenverstimmung zu halten.“
„Ach, was du nicht sagst!“, blaffte Jack sie mürrisch an. Er wollte nicht unhöflich sein, doch die aufkommenden Schmerzen brachten ihn fast um den Verstand. Es war, als würde jemand mit einem Fleischwolf durch seine Eingeweide wandern, als hätte eine Kreissäge ihm den Bauch aufgeschlitzt und jemand hätte große Lust gehabt, sich einen Pullover aus seinen Gedärmen zu stricken. Alles ziemlich makaber, wenn er so darüber nachdachte. Vielleicht sollte er sich wirk-lich untersuchen lassen. Das war selbst für ihn schon nicht mehr zu ertragen. Auch wenn er Ärzte hasste - besonders Tok’ra - würden sie ihm doch sicherlich besser helfen können als Doktor Fraiser. Nicht, dass er ihre Arbeit nicht zu schätzen wusste, aber die Tok’ra waren einfach viel weiter entwickelt als die Menschen. Wie er diesen Umstand doch verabscheute.
Doch vorher musste er sich darum kümmern, dass auch alles glatt ging, und Jakob das Serum bekam, nicht aber das Gift. Wenn Jack sich nur hätte sicher sein können, dass er auch wirklich im Besitz des Giftes war und Leonar das Antivi-rus bei sich trug - andersherum würde es für alle Anwesenden tödlich enden. Sie erreichten die Ringtransporter eine Viertelstunde später. Für O’Neill hatten die zwei Meilen einen quälend langen Fußmarsch bedeutet. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Die Schmerzen in seinem Unterleib hatten derart zugenommen, dass er kaum noch gerade gehen konnte. Das Pochen brachte ihn fast um den Verstand und das Ziehen reizte seine empfindlichen Nerven bis aufs Äußerste. Die Übelkeit lenkte ihn von seiner Umgebung ab, da er sich darauf konzentrieren musste, wenigstens den Rest seines Mageninhalts bei sich zu behalten.
Der metallene Geschmack seines eigenen Blutes lag immer noch auf seiner Zunge, wurde immer wieder verstärkt und mit bitterer Magensäure vermischt, wenn er aufstieß. Sein Körper hatte schon vor dieser Mission geschrieen, dass es ihm nicht gut ging und O’Neill hatte das einfach ignoriert. Das war nun seine gerechte Strafe. Er litt unter den Folgen seines viel zu großen Stolzes und seiner Unachtsamkeit gegenüber seinen eigenen Bedürfnissen. Er hatte schon vor Jahren lernen müssen, damit zu leben. Sein Dasein war halt nicht wie das der anderen Menschen - er hatte andere Prio-ritäten als sein eigenes Wohl, schließlich versuchte er jeden Tag die Welt zu retten, sei es nun vor größenwahnsinnigen Parasiten, kleinen oder großen Kreaturen oder einer Überzahl an metallischen Spinnen.
Jack würde auch mit dieser Situation klarkommen, er hatte sich immer irgendwie durchgebissen. Leonars Blicke sta-chen ihm förmlich in seinen Rücken - er konnte dessen schadenfrohes Grinsen sehen, ohne sich umdrehen zu müssen - und sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, ausgerechnet einem Goa’uld die Kehrseite zugedreht zu haben, so brutal stark, dass er glaubte, keine fünf Meter mehr laufen zu können, ohne dass er zusammenbrach. Aber das war zu seinem Glück auch nicht mehr nötig. Vier Tok’ra hatten sie bei den Ringen in Empfang genommen, und zwei begleite-ten sie jetzt nach unten. Das Erste, was Jack erblickte, als sie in den Tunnel gelangten und sich seine anfängliche Be-nommenheit gelegt hatte, war Doktor Jacksons Gesicht.

Eine Mischung aus Erleichterung und Besorgnis war in Daniels Blick zu erkennen. Ihm war der Zustand seines Freundes nicht entgangen, aber auch Jakob ging es nicht besonders gut. Dessen Verfassung hatte sich weiter ver-schlechtert. Er hätte keine weiteren zwei Stunden mehr überstanden. Jackson hoffte, dass Jack mitgebracht hatte, wes-wegen sie aufgebrochen waren. Ohne das Gegenmittel wäre ihr Freund verloren.
„Hast du es?“, fragte er hoffnungsvoll. Jack nickte stumm und wies auf Leonar. Es ging ihm ganz und gar nicht gut. Sein Inneres zog sich schmerzlich zusammen, was man ihm auch deutlich ansah. Er schwankte und konnte kaum noch klar denken. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch stand. Der Goa’uld hatte bereits die kleine Viole an den Tok’raarzt übergeben. Jack griff in die Hosentasche, als würde er sichergehen wollen, dass das Virus noch dort war, wo er es gelassen hatte. Alle folgten dem Arzt zu Jakobs Zimmer. Sam war immer noch bei ihm. Als sie Colonel O’Neill er-blickte, wusste sie nicht, wie sie auf ihn reagieren sollte. Er hatte sie angelogen und hier zurückgelassen. Sie hatte be-reits die Hoffnung aufgegeben, ihn je wieder zu sehen, ihren Vater noch retten zu können. Sein Anblick lähmte sie förm-lich - sie starrte ihn einfach nur sprachlos an. Daniel trat neben Teal’c. Den eigentlichen Raum durfte nur der Arzt betre-ten, alle anderen mussten draußen warten.
„Geht es Jack gut?“, fragte dieser besorgt und warf einen Blick auf seinen älteren Freund, der die Augen geschlos-sen hatte und immer wieder schwer einatmete.
„Nein, auch wenn er etwas anderes behauptete.“, entgegnete der Hüne monoton. „Leonar ist übrigens ein Goa’uld.“ Doktor Jackson warf dem Jaffa einen verwunderten Seitenblick zu. Mit dieser Äußerung hatte er nicht gerechnet, aber eigentlich hätte er so etwas ahnen müssen. Jacks Menschenkenntnis hatte sich noch nie geirrt. Daniel spannte sich un-willkürlich an. Sie waren umgeben von Tok’ra - Leonar würde wohl nicht versuchen, sie alle anzugreifen, wenn man ihn enttarnte. Er hätte keine Chance. Außer natürlich, er könnte alle auf einmal vernichten. Stellte sich nur die Frage, wie. Es musste etwas sein, das sich schnell ausbreitete und man nicht kommen sehen konnte. Langsam dämmerte es ihm. Das Gegengift war gar nicht ein Solches, sondern vielmehr ein Katalysator, der das Virus in Jakobs Körper mutieren lassen und alle hier Anwesenden töten würde. Doch dann würde er auch sich selbst umbringen. Daniel hatte seine Gedanken noch nicht ganz zu Ende geführt, als Leonar sich langsam immer weiter zurückzog und der Tok’raarzt bereits die Injekti-on vorbereitete.
„Aufhören! Das ist eine Falle.“, stieß er hervor, doch es war bereits zu spät. Das Serum war bereits Jakob Carter inji-ziert worden. Alle drehte sich zu dem jungen Anthropologen um. Im selben Augenblick stellte sich Teal’c dem Verräter in den Weg - baute sich in voller Größe vor diesem auf. Wie ein unnachgiebiger Fels in der Brandung wirkte er.
„Geh mir aus dem Weg, Jaffa.“, schmetterte Leonar dem Hünen entgegen, welcher ihn ungerührt weiterhin anstarrte.
„Solltest du nicht warten und sehen, ob dein Plan auch wirklich gelingt?“, erwiderte Teal’c schließlich stoisch.
Der Goa’uld entgegnete kalt: „Ich weiß nicht, wovon du redest.“
„Er redet davon, dass du alle Tok’ra vernichten und uns in einer stinkenden Zelle verrotten lassen wolltest.“, meinte Colonel O’Neill zynisch, auch wenn seine Stimme nicht mehr als ein heiseres Krächzen war. „Du hast Lexis benutzt, um Jakob zu täuschen und dich hier einzuschleichen, doch wir haben dich längst durchschaut. Du hättest den Jaffa nicht tö-ten dürfen.“
„Ist das war?“, fragte Garwash zornig.
„Ihr werdet alle sterben. Es ist zu spät. Das Serum ist bereits in Selmaks Wirt.“, brauste Leonar auf, als zwei Tok’ra ihn packten und festhielten.
„Das sehe ich anders.“, wandte Jack ein. Er hielt die Ampulle mit dem Virus in die Luft, die er aus seiner Hosenta-sche gezogen hatte. „Das ist das Gift. Wir sollten dir danken, du hast unserem Freund gerade das Leben gerettet.“ Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf Jacks Lippen, auch wenn er innerlich kochte und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Leonar riss sich los und stürmte wutentbrannt auf O’Neill zu, doch er kam nicht einmal zwei Schritte vor-wärts, ehe er stolperte und bewusstlos zu Boden ging. Hinter ihm stand Teglar, welche immer noch die Narkosespritze in der Hand hielt. Sie hatte es kommen sehen und blitzschnell reagiert.
„Bringt ihn in eine Zelle und entfernt schnellstmöglich den Symbionten.“, befahl Garwash donnernd. Drei Tok’ra zerr-ten den bewusstlosen Körper davon, und Teal’c folgte ihnen, um den ursprünglichen Wirt und dessen Symbionten wie-der zu vereinen. Anise nahm Jack die kleine Ampulle ab und versprach, diese gut zu verwahren. Er wandte sich wieder Jakob und auch Samantha Carter zu. Sie blickte ihm immer noch fassungslos und unschlüssig, was sie tun sollte, ent-gegen.
„Wirt und Symbiont erholen sich. Das Serum schlägt an.“, teilte ihnen der Arzt mit. Allen war die Erleichterung anzu-sehen.

Kapitel 10: Das Schicksal

Zögernd verließ Major Carter die Seite ihres Vaters und trat vor Colonel O’Neill. Dieser zwang sich, ihrem Blick standzuhalten, auch wenn ihm das sehr schwer fiel. Nicht nur wegen den Schmerzen, die er zu ertragen hatte, sondern auch wegen den Schuldgefühlen, weil er sie angelogen hatte. Nicht, dass er es nicht wieder so machen würde, wenn er es für das Richtige hielt, doch er wusste auch, dass sie nicht von ihm beschützt werden musste.
„Sie haben mich angelogen.“, sagte sie offen. Er nickte. Zu mehr war er im Moment nicht in der Lage. Auch ihr fiel es schwer, ruhig zu bleiben. Einerseits wollte sie ihn anschreien und wild beschimpfen, andererseits wäre sie ihm aber auch am Liebsten um den Hals gefallen, aus Freude, dass er wieder in einem Stück zurückgekehrt war und ihren Vater geret-tet hatte. Sie bemerkte auch, dass es ihm nicht besonders zu gehen schien. Sie wollte es kurz machen. Weicher hakte sie nach: „Warum?“
„Weil...“, begann Jack, brach dann jedoch ab. Alles drehte sich auf einmal um ihn. Er hatte seine Aufgabe erfüllt, sein Körper war nicht länger gewillt, diesen Schmerzen standzuhalten und die Krankheit zu ignorieren. Er geriet ins Wanken, kniff die Augen zusammen, um diesen Schwächeanfall zu unterdrücken. Er musste erst noch mit ihr reden, doch er war zu erschöpft, um sich noch länger gegen die Ohnmacht zu wehren. O’Neill sackte einfach in sich zusammen. Im letzten Augenblick bekam Daniel ihn zu fassen und ging mit ihm langsam in die Knie.
„Wir brauchen hier sofort einen Arzt!“, rief er aus und überprüfte Jacks Puls. Dieser war nur schwach und die Atmung flach, aber er lebte. Sam stand immer noch fassungslos da und sah auf ihren Freund hinunter, der wie tot wirkte. Blasse Haut und nicht eine Bewegung, die verriet, dass sein Herz noch schlug. Sie begann zu zittern. Sie hatte ihren Vater zu-rück, doch jetzt drohte sie einen der Männer zu verlieren, die sie ebenso sehr liebte. War das etwa ihr Schicksal? Sollte sie ihn ausgerechnet jetzt verlieren? Soviel hatten sie überstanden, hatte sie jetzt das Glück verlassen?

„Er wird schon wieder.“, versuchte Daniel ihr Mut zu machen. Sie saßen in einem der vielen Tok’raquartiere, die alle gleich aussahen. Es wirkte auf beide irgendwie steril und kalt. Sam fröstelte sogar etwas. Sie warteten jetzt schon über drei Stunden, und bis jetzt hatte ihnen noch niemand gesagt, wie es ihren Freunden ging. Zu Jakob durften sie im Mo-ment nicht, da dieser unter ständiger Beobachtung stand, und Jack lag noch immer auf dem Operationstisch. Die Ärzte leisteten hier sicher phantastische Arbeit, doch sie hatten dennoch Doktor Fraiser kommen lassen. Jack hätte es sicher so gewollt. Sie war die einzige Medizinerin, der er traute. Außerdem beruhigte es auch den Rest von SG-1, auch wenn diese nur Assistentin sein würde. Sie wussten ja nicht einmal, was Jack fehlte.
„Meinst du?“, hakte Carter unsicher nach. Daniel nickte zuversichtlich.
„Er ist ein zäher Bursche und hart im Nehmen. Du wirst sehen, in ein paar Tagen wird er uns schon wieder durch die ganze Galaxie scheuchen.“
„Ich hoffe, du hast Recht.“ Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sie zitterte.
„Das hat er, Major Carter.“, mischte Teal’c sich in die Unterhaltung ein. „Ich bin zuversichtlich!“
„Ich auch.“, stimmte Daniel ihm zu.
„Und ich habe ein schlechtes Gewissen.“, gestand Sam geknickt. Ihre Sorge fraß sie innerlich auf. „Ich war sauer auf ihn, weil er mich hier gelassen hat. Wenn ich gewusst hätte, dass es ihm so schlecht geht, dann...“
Jackson erwiderte: „Du konntest es nicht wissen. Ich denke, nicht einmal er hat es gemerkt, bevor es zu spät war.“
„Ich hätte besser auf ihn Acht geben müssen.“, wehrte sie seinen Einwand ab.
„Schuldgefühle nützen uns auch nichts. Vielleicht sollten wir uns etwas ablenken. Man holt uns, sobald es eine Ver-änderung gibt. Außerdem hilft es Jack auch nicht, wenn wir vor Sorge ebenfalls zusammenbrechen.“ Teal’c blieb wie immer ungerührt, auch wenn es in seinem Inneren ganz anders aussah. Auch er fürchtete um das Leben seines Freun-des.
Sam beschloss: „Ich mache einen Spaziergang.“
„Ich werde dich begleiten, Major Carter.“
„Und ich werde mit Anise reden. Mich interessiert das Virus, das sie mitgebracht haben.“
„Lass dich nicht auch noch infizieren, Daniel.“, versuchte Sam sich an einem sarkastischen Witz. Irgendwie hatte sie das Bedürfnis, Jacks Part in solch einer Unterhaltung ausfüllen zu müssen. Anders würde einfach etwas fehlen.
„Keine Sorge, ich werde mich zu nichts hinreißen lassen.“ Er grinste sie dabei schief an und verließ das Quartier.

„Glaubst du an das Schicksal, Teal’c?“, fragte Sam nach einer Weile des Schweigens. Sie gingen in der Nähe des Stützpunktes spazieren. Die karge Steinwüste bot nicht gerade ein aufreizendes Bild. Aber das war auch nicht der Sinn ihres kleinen Ausflugs. Die Füße sollten einfach nur den Kopf davon abhalten, zu viel über alles nachzudenken. Die gan-ze Geschichte wühlte sie so schon genug auf, auch ohne, dass sie die ganze Zeit darüber nachdachte. Sie machte sich noch immer Sorgen um ihren Vater und, dass jetzt auch noch Jack mit dem Leben rang, machte ihr nur noch mehr Angst. Sie konnte es nicht ertragen, auch nur einen von ihnen zu verlieren.
„Wieso fragst du, Major Carter?“, wollte der Hüne wissen.
Sam warf lapidar ein: „Ich bin nur neugierig.“
„Ja, das tue ich. Ich denke, dass es vorbestimmt war, dass wir uns trafen und nun zusammen gegen die Goa’uld kämpfen.“, antwortete der Hüne ehrlich, und mit einer solchen Überzeugung in der Stimme, wie Carter sie selten bei ei-nem Menschen vernommen hatte. Unweigerlich fragte sie sich, warum sie bei diesem Thema nicht so konsequent sein konnte wie der Jaffa.
„Aber wir haben andere Realitäten gesehen, in denen Daniel kein Mitglied unseres Teams war und du immer noch Primus von Apophis.“, wandte Sam ein. Rein von der Logik her - Teal’c war normalerweise ein sehr gradliniger Mann -konnte das doch nur unmöglich sein.
„Deswegen sind sie auch untergegangen. Das war deren Schicksal, aber nicht unseres.“, wehrte Teal’c ab. In ihren Ohren klang dieser Einwand durchaus plausibel, doch es reichte ihr noch nicht.
„Aber wird haben auch die Zukunft beeinflusst und die Vergangenheit.“, lenkte Major Carter noch einmal ein.
Der Jaffa erwiderte: „Das ist korrekt, doch vielleicht war diese Handlung vom Schicksal beabsichtigt. Die Zukunft, in der wir das taten, existiert nun nicht mehr und unsere Gegenwart ist nur so, weil es Schicksal war, dass wir die Vergan-genheit beeinflussten. Es ist genauso wenig vorherzusehen wie die Zukunft und doch allgegenwärtig.“ Darüber musste Sam erst einmal nachdenken. Es war irgendwie verwirrend. Wenn das Schicksal diesen Weg für sie alle schon vorher-gesehen hatte, wieso war das dann erst soweit gekommen, dass sie sich selbst eine warnende Nachricht schicken mussten. Hatte das wieder etwas mit der ganzen alternativen Realitätsgeschichte zu tun? Sie waren untergegangen, weil sie nicht dem Schicksal entsprach oder einfach nur deren Vorstellung davon? Aber das war nicht die eigentliche Frage, die Sam beantwortet haben wollte.
„Dann ist also deiner Meinung nach all das hier vorherbestimmt und auch, wen wir lieben?“, hakte sie ungläubig nach. Sie wollte nicht glauben, dass sie sich nur in Jack verliebt hatte, weil es vom Schicksal vorherbestimmt worden ist. Wenn sie sich schon unglücklich machen sollte, dann wenigstens aus freien Stücken. Sie wollte sich aussuchen dürfen, in wen sie sich verliebte.
„In der Tat.“, bestätigte der Hüne ihr.
„Macht dir das denn keine Angst? Das entzieht einem doch die Kontrolle über das Leben?“ genau davor hatte Major Carter doch solche eine Furcht. Sie wollte es sein, die ihr Leben kontrollierte, soweit es ihr eben möglich war, und nicht ein anderer oder gar das Schicksal. Doch wenn alles bereits vorherbestimmt war, konnte sie das nicht. Wie sollte sie ler-nen, damit umzugehen?
„Nur, wenn man sich von seiner Angst beherrschen lässt. Das Schicksal bestimmt dein Leben von der Geburt bis zum Tod. Wer mit Mut ins Leben tritt, wird Großes vollbringen. Deswegen ist es mir so wichtig, frei zu sterben. Wir Jaffa wollen erhobenen Hauptes sterben, weil wir so ins Leben eintraten. Unser Leben als Krieger beweist es uns.“ Wieder schwang Stolz in Teal’cs Stimme mit, und ihr wurde klar, dass das sein Weg war, nicht aber ihrer. Sie musste den Ihri-gen erst noch finden, auch wenn das wahrscheinlich dauern würde.
Samantha sagte beeindruckt: „Das klingt sehr ehrenhaft. Jetzt weiß ich, woher deine Entschlossenheit herrührt. Nimm es mir aber nicht übel, wenn ich das etwas anders sehe.“ Sie hatte sich entschlossen, dass sie nicht in dieser Weise bereit war, an das Schicksal zu glauben. Sie musste für sich selbst eine Lösung finden, eine mit der sie leben konnte. Eine, die es ihr ermöglichte, damit zurechtzukommen, dass sie unsterblich in ihren Vorgesetzten verliebt war, und dieser ganz offensichtlich ihre Gefühle erwiderte. Zumindest bedeutete sie ihm mehr als sie dürfte und das sollte aus seinen Mund doch etwas heißen.
„Mir scheint, als hättest du dir noch keine Meinung darüber gebildet.“, folgerte er daraus. Carter nickte. Damit hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Ich bin in der Tat noch am Überlegen.“, gab sie zurück.
„Entscheide, wie es für dich am Besten ist.“, meinte Teal’c ernst. Daniel Jackson kam im selben Augenblick ange-rannt und blieb atemlos vor ihnen stehen. Sie Hände hatte er auf die Knie gestemmt, um besser Luft zu bekommen. Sei-ne Brille war verrutscht, die er mit letzter Kraft wieder gerade rückte.
„Er ist wach!“, presste er keuchend hervor und schnappte abermals nach Luft. „Jakob, er ist gerade aufgewacht. Er will uns sehen.“

Kapitel 11: Die Vision

Jack lag auf dem Operationstisch. Überall um ihn herum versammelten sich Ärzte, warfen mit medizinischen Begrif-fen um sich, die dazu noch in einer ihm unverständlichen Sprache waren. Ihm selbst kam das alles surreal vor, denn er konnte auf sich selbst hinunter sehen und miterleben, wie er von ihnen aufgeschnitten wurde. Eine der Personen kam ihm gekannt vor: Es war Doktor Janet Fraiser. Man musste sie geholt haben, nachdem er zusammengebrochen war. Oder war er gar tot?
„Du lebst.“, meinte eine sanfte Frauenstimme hinter ihm. Jack wandte sich um und erkannte Ohma Desala in der Frau. Sie war von hellem Licht umgeben, hatte jedoch wieder ihre menschliche Form angenommen.
„Ziehst du mit mir jetzt auch diese Erleuchtungsnummer durch?“, fragte er sarkastisch und drehte sich wieder seinem Körper zu. Mehr zu sich selbst fügte er hinzu: „Ich bin nämlich nicht dazu bereit, jetzt einfach aufzugeben.“ Sein Herz hing am Leben, was außergewöhnlich war, schien es doch nicht ganz sieben Jahre her gewesen zu sein, dass er sich hatte das Leben nehmen wollen. Die Situation hatte sich geändert - er war ein anderer geworden. Sein Beitrag war wich-tig, die Welt musste vor den Goa’uld verteidigt werden. Außerdem lag Aufgeben nicht in seiner Natur. Nicht, seit er das Stargate durchschritten und Daniel zurückgeholt hatte. Der Tag, an welchem er auch Sam kennen lernen durfte. Seine Vergangenheit hatte er damals endgültig ruhen lassen. Ohma schüttelte den Kopf.
„Wenn du das Ziel nicht kennst, ist kein Weg der Richtige.“, antwortete sie. „Ich will dir nur etwas zeigen.“
Jack erwiderte: „Wieso? Ich dachte, ihr dürft euch nicht einmischen.“
„Aber ich mische mich doch nicht ein, ich lehre dich nur etwas, so wie ich es schon immer getan habe.“, wehrte sie lächelnd ab. Das war wohl auch wieder eine Betrachtungssache, die man so oder so sehen konnte. Jack beschloss, ihr dieses Vergnügen zu lassen. Vielleicht hatte es ja auch für ihn etwas Gutes. Sie wollte ihm etwas zeigen, ihn etwas leh-ren, aber sie würde ihn nicht zum Aufstieg zwingen. Er würde wieder aufwachen, und seinen Weg weiterführen. Solange er sich dessen im Klaren war, konnte er ihr ohne Bedenken folgen.
„Na dann, lehre mich!“, gab er lapidar zurück. Kaum, dass er das gesagt hatte, befanden sie sich auch schon nicht mehr im Operationssaal, sondern bei seinen Freunden. Er hörte Sam und Teal’c zu, wie sie sich über das Schicksal un-terhielten, folgten ihnen und Daniel, zu Jakob, der immer noch geschwächt und sehr krank war. Schließlich fragte Jack: „Und? Hatte Teal’c recht?“
„Was glaubst du?“, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
„Was denn, keine Aneinanderreihungen von Metaphern und Weisheiten des Konfuzius?“, gab Jack stattdessen pat-zig zurück. Er wollte Antworten von ihr, nicht sich selbst beim Reden zuhören.
Ohma erwiderte sanftmütig: „Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ist ein Ozean.“
„He, dieses Spiel kann ich auch spielen.“, wandte O’Neill ein. „Aber du kannst auch einfach zugeben, dass du die Antwort nicht weißt. Ich habe auch endlich geschnallt, dass ihr auch nicht klüger seid, als wir, nur gerissener, was das Bluffen angeht.“ Er fand, dass er damit so ziemlich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Sie lächelte nur, was Jack auch etwas irritierte. Er wurde aus diesen Wesen einfach nicht schlau.
„Man weiß erstaunlich wenig, doch es ist erstaunlich, dass man überhaupt soviel weiß, und noch erstaunlicher, dass so wenig Wissen einem soviel Macht geben kann.“, sagte Ohma Desala schließlich und erneut änderte sich ihre Umge-bung. Er wusste sofort, wo er sich jetzt befand. Der Wald, der See und die kleine Hütte - alles kam ihm vertraut vor. Das war einer der wenigen Flecken der Erde an dem er gerne war, mit dem er nur gute Erinnerungen verband. Vielleicht zog es ihn deswegen so oft hier her. Ein kleines Stückchen heile Welt und etwas Frieden im Chaos, das sich sein Leben schimpfte. Keine Regeln, keine verbotenen Gefühle, kein schlechtes Gewissen und auch keine Verpflichtungen. Es war, als würde er hier noch ein Leben führen, eines, von dem niemand außer ihm wusste.
„Was wollen wir hier?“, fragte Jack verwirrt.
„Öffne deinen Geist und du wirst Dinge erkennen, die deinen Augen verborgen bleiben.“, antwortete sie nur. Jack hatte schon damit gerechnet, dass sie irgendwann mal damit anfangen würde, aber das es ausgerechnet jetzt sein musste, nervte ihn dann doch schon etwas. Resignierend blickte er sich um und erspähte sich selbst, wie er am Ufer stand und auf etwas in seinen Händen starrte. Er ging näher heran. Es mussten fast zehn Jahre vergangen sein - er sah um einiges älter aus. Mehr Falten im Gesicht und sein sowieso schon ergrautes Haar, war vollkommen weiß geworden. Er hatte zugenommen und an Kondition verloren. Er hatte wohl keinen Grund mehr gehabt, sich fit zu halten. Jetzt er-kannte er auch, was sein zukünftiges Ich in der Hand hielt.
Es war eine Waffe. Aber nicht irgendeine Pistole, es war die, mit welcher sich sein Sohn erschossen hatte. Er hatte sie nie weggeworfen, sie lag immer griffbereit in seinem Nachtschrank. Er hatte nie vor, sie je wieder zu benutzen, sie sollte ihn einfach nur daran erinnern, dass es Dinge gab, die er nicht beeinflussen konnte und andere, für die es sich zu kämpfen lohnte. Er begab sich jeden Tag durchs Stargate und in Lebensgefahr, um dafür zu sorgen, dass niemand mehr vor seinem Kind begraben wurde. So etwas war nicht fair. Aber ohne den Tod seines Sohnes wäre er nie zum Stargate-center gegangen. War das Schicksal? Was auch immer, es hatte ihn auch in diese Situation gebracht. In die Lage, die ihn wieder mit dem Gedanken spielen ließ, diese Waffe noch ein letztes Mal zu benutzen.
„Er denkt über Selbstmord nach.“, bemerkte Jack monoton. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Dieses Kapi-tel hatte er hinter sich gelassen. Zumindest hatte er das angenommen. „Wird er es tun? Wird er sich selbst das Leben nehmen.“
„Verzweiflung ist ein Weg der Einsamkeit, manchmal auch ihr Letzter.“, entgegnete Ohma sachlich.
„War das ein Ja?“
„In der Einsamkeit hört man die Stimmen der Selbsterkenntnis und der Sehnsucht am Lautesten rufen.“ Jack ver-drehte die Augen. Langsam wurde ihm das zuviel. Er war immer mal gerne wieder bereit, sich auf solch einen kleinen Plausch einzulassen, aber nicht, wenn er sich sowieso schon unwohl in seiner Haut fühlte. Er war nicht in seinem Kör-per, aber er war auch nicht tot. Sein momentaner Zustand verwirrte ihn.
Er versuchte es anders: „Kann ich mit ihm reden?“
„Wo Worte selten sind, haben sie Gewicht.“, antwortete sie und Jack nahm das einfach mal als ein Ja. Er trat näher an sein älteres Ich heran und legte ihm schließlich die Hand auf die Schulter. Er glitt hindurch, wie damals durch Teal’c, als sie die Giganten trafen. Vielleicht hatte er sich ja doch geirrt. Wahrscheinlich hatte sie damit doch Nein gemeint. Trotzdem versuchte er es, indem er sagte: „Willst du das wirklich tun? Willst du wirklich dein Leben beenden?“
„Ich liebe dich, Sam!“, hauchte er in die Abgeschiedenheit dieses für ihn heiligen Ortes, ehe er die Mündung der Pis-tole an seine Schläfe setzte und abdrückte. Jack versuchte, ihn aufzuhalten, doch seine Bemühungen waren vergebens. Er wandte sich erschrocken zu seiner Begleiterin um.
„Was ist passiert?“, fragte er zornig.
Ohma Desala entgegnete: „Mancher ertrinkt lieber, als das er um Hilfe ruft.“ Wieder hatte sich der Ort des Gesche-hens geändert. Sie waren nun auf dem Friedhof, auf seiner Beerdigung. Es regnete und auch Jack wurde nass. Er spür-te die warmen Wassertropfen auf seiner Haut. Er stand etwas abseits, so dass er alle Trauernden erkennen konnte. Auch seine Kameraden, seine Freunde, waren dort. Jeder von ihnen hatte einen Menschen an seiner Seite, mit dem er sein Leben teilte. Sie hatten ihn irgendwann in ihrem Glück vergessen. Oder sie hatten ihn vergessen wollen, wie er in Sams schuldbewussten Blick erkennen konnte. Er hatte es ihr wohl nie gesagt, sie hatte nie das Irgendwann erreicht, von dem sie beide träumten.
„Wie kann ich das verhindern?“, fragte er ernüchternd.
„Du suchst eine helfende Hand, siehe sie ist am Ende deines Armes.“
„Sag mir wie!“, brauste er auf. „Was muss ich tun, damit das hier nicht geschieht?“
„Geduld ist ein Baum, dessen Wurzeln bitter, dessen Frucht aber sehr süß ist.“
„Ist das ein Nein?“
„Gönne dir einen Augenblick der Ruhe und du begreifst, wie närrisch du herumgehastet bist. Lerne zu schweigen und du merkst, dass du viel zu viel geredet hast.“ Jack atmete einmal tief durch, um nicht noch wütender zu werden. Das brachte ihn nicht weiter. Sie würde es ihm nicht sagen, nicht auf die Art jedenfalls, auf die er es wollte. Er musste es wohl selbst herausfinden.
Schließlich gab er sich geschlagen: „Bringe mich zurück!“ Er war wieder dort, wo alles angefangen hatte. Noch ein-mal drehte er sich zu Ohma um. Sie lächelte ihm entgegen. Er wusste, er würde es bereuen, dennoch fragte er: „hast du vielleicht einen kleinen Hinweis für mich?“
„Verschüttetes Wasser kehrt nicht in die Schüssel zurück.“

Kapitel 12: Gespräche

Colonel O’Neill dröhnte der Schädel, dennoch öffnete er die Augen. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu orien-tieren. Er war wieder auf der Erde. Er erkannte die Krankenstation fast sofort, auch wenn er in einem separaten Raum lag. Es war jedenfalls nicht Tok’rastil. Ihm ging es dreckig. Er fühlte sich nicht einfach nur krank, ihm war es, als wäre er gestorben. Vielleicht war das sogar der Fall gewesen. Nur kurz, aber immerhin.
„Schön, dass sie wieder wach sind, Jack.“, hörte er eine männliche Stimme sagen. Er drehte sich zur Seite und blick-te in Daniels Gesicht, welcher ihn aufmunternd anlächelte. O’Neill hatte ein schlechtes Gewissen, weil er den jungen Anthropologen angelogen hatte. Wenigstens ihm hätte er etwas sagen müssen. Dieser schien jedoch nicht wütend zu sein. Vielleicht hob er sich das aber auch für später auf, wenn es Jack besser ging.
„Entschuldige.“, ächzte dieser. Er fühlte sich nicht nur elend, er klang auch so. Sicher sah er auch nicht besser aus. Wenn er Glück hatte, weckte er Daniels Mitleid und dieser akzeptierte den kargen Beweis von Reue.
„Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich froh, nicht in deiner Haut zu stecken. Janet ist es immer noch ein Rätsel, wie du dich überhaupt solange auf den Beinen halten konntest.“, erwiderte Jackson ruhig, und setzte sich zu seinem Freund aufs Bett.
O’Neill fragte schwach: „Was ist passiert?“
„Du hattest ein Magengeschwür. Es ist durchgebrochen. Sie haben fast fünf Stunden gebraucht, dich wieder zusam-menzuflicken. Wir hatten ganz schöne Angst um dich. Du bist uns dreimal fast weggestorben.“ In Daniels Stimme schwang ein gewisser Unmut mit. Jack konnte sich bildlich vorstellen, wie sie an seinem Bett gefiebert hatten und bete-ten, dass er es schaffen würde. Auch er hatte schon oft genug diese Position einnehmen müssen, um zu wissen, wie sich sein junger Freund jetzt fühlen musste. So sehr O’Neill ihnen auch auf die Nerven ging - er nörgelte manchmal auch wirklich an allem herum - war ihnen doch klar, dass sie ihn vermissen würden, sobald er starb. Seine fürsorgliche Ader unterstützte die anderen bei ihrem täglichen Leben. Ohne ihn würden sie wahrscheinlich weder essen noch schlafen.
„Ach wirklich?“ Daniel nickte. Nur widerwillig hatte er das zugegeben.
„Sam hat mich verdonnert, auf dich aufzupassen. Sie ist gerade bei ihrem Vater, aber die erste Zeit war sie ununter-brochen bei dir. Wenn sie so weitermacht, teilt ihr euch bald ein Zimmer.“, lenkte dieser das Gespräch auf ein anderes Thema. Eines, welches dem Colonel durchaus gefiel.
„Und Jakob?“, hakte er nach.
Daniel erwiderte: „Ihm geht es wieder gut. Sobald Janet ihn lässt, kommt er dich besuchen. Wir haben ihn auch mit hierher genommen. Sam hat darauf bestanden. Die Tok’ra haben natürlich einen Aufpasser mitgeschickt.“ Auf seinem Gesicht breitete sich ein undeutbares Lächeln aus. Jack wollte gar nicht wissen, welche Hintergedanken der Wissen-schaftler in diesem Augenblick hatte.
„Wen?“ O’Neill war nicht wirklich interessiert, er wollte lediglich wach bleiben. Er spürte, wie er langsam wieder müde wurde. Die Krankheit hatte ihn ausgelaugt, die Narkose hatte ebenso ihre Spuren hinterlassen und die Tatsache, dass er sich auf der Krankenstation befand, trug nicht gerade dazu bei, dass er sich gesünder und tatkräftiger fühlte.
„Katar.“, antwortete Doktor Jackson vielsagend. „Er ist wieder in Lexis Körper, dort wo er hingehört. Er war vorhin schon mal hier und hat nach dir gesehen.“ Jack nickte. Er war froh darüber, aber er konnte sich nicht wirklich freuen. Es war nicht in erster Linie Katar gewesen, den er auf Anhieb hatte leiden können, sondern Zeron. Irgendetwas hatte ihn Respekt vor diesem jungen Mann haben lassen. Es war die Tatsache gewesen, dass dieser mit seinem Schicksal Frie-den geschlossen, dass er seinen Tod akzeptiert hatte.
„Ich hatte einen ganz merkwürdigen Traum.“, meinte Jack plötzlich. Er wollte sich mit etwas anderem von seiner Mü-digkeit ablenken, als dem Gedanken, einen Menschen getötet zu haben, auch wenn Zeron es so gewollt hatte.
„Erzähl mir davon.“ Daniel war leicht irritiert über diesen fliegenden Wechsel, doch bei Colonel O’Neill hätte er das längst gewohnt sein müssen. Dennoch interessierte es ihn, was sein älterer Freund zu sagen hatte. Jackson war immer froh, wenn dieser von allein ein Thema anschnitt und ihn zu Rate zog.
Jack begann: „Ich war im OP, aber nicht in meinem Körper, denn der lag immer noch auf dem Tisch und wurde gera-de aufgeschnitten. Ohma war dort. Sie redete die ganze Zeit von Wasser, Schicksal und den falschen Wegen. Ich bin nicht wirklich hinterhergekommen.“ Unschlüssig zog er beide Augenbrauen in die Höhe und zuckte mit den Schultern. Für ihn war das ganze immer noch verwirrend. Allein der Gedanken, sich selbst gesehen zu haben, wie er abwog, sich das Leben zu nehmen, erinnerte ihn an früher. Damals, nach Charlies Tod, hatte er sein Herz vor der Außenwelt ver-schlossen und hatte irgendwann selbst keinen Zugriff mehr erlangt. Er hatte in seinem Dasein keinen Sinn mehr gese-hen - wollte nur noch seinem Sohn folgen.
Erst die Reise durchs Stargate, und die Bekanntschaft mit dem jungen Anthropologen hatten ihn zur Besinnung ge-bracht. Er hatte wieder gelernt, mit seinen Gefühlen umzugehen und mit sich ins Reine zu kommen. Etwas jedoch be-ängstigte ihn an dem, was er im Traum gesehen hatte - die Entschlossenheit in dem Blick seines älteren Ichs. Das die-ser es wirklich tun würde, war von Anfang an abzusehen gewesen. Niemand hätte ihn wohl mehr aufhalten können, nicht einmal die Frau, nach der sich sein Herz so sehr sehnte. Er würde von irgendwas so aus der Bahn geworfen werden, dass er sich nichts sehnlichster wünschen würde, als zu sterben. Jack hatte sich vor langer Zeit selbst geschworen, sich nie wieder so gehen zu lassen - bis jetzt hatte es auch immer funktioniert. Ein Teil von ihm wollte einfach nicht wahrha-ben, das dieser Wunsch immer noch tief in ihm schlummerte.
„Echt?“, stieß Jackson ungläubig hervor.
„Klingt bekloppt, ich weiß. Die Tok’ra müssen mir irgendetwas untergeschmuggelt haben, von dem ich Halluzinatio-nen bekommen habe.“ O’Neill rieb sich die schmerzenden Augen. Er wurde zunehmend dekadenter, wollte jedoch im-mer noch nicht einschlafen.
„Nein, ich bin nur verwundert.“, erwiderte Daniel. Er ließ sich nicht anmerken, was er wirklich dachte, aber er schien etwas enttäuscht zu sein, weil Ohma ihm nicht solch einen Traum geschenkt hatte. Vielleicht aber auch nur, weil es bei ihm nicht notwendig war. Er hatte sein Leben halbwegs im Griff und sich mit dem Gedanken arrangiert, dass seine Frau tot war. Seinem älteren Kameraden fiel das manchmal immer noch sehr schwer.
„Wieso? Weil sie mich besucht hat und dich nicht? Vielleicht mag sie mich ja mehr.“ Daniel zuckte nur mit den Schul-tern. Darauf wusste er keine Antwort, aber er würde sich noch den Kopf darüber zerbrechen.

Sie standen alle im Stargateraum. Seit Jack aufgewacht war, war eine Woche vergangen. Noch fühlte er sich müde und ausgelaugt, doch er war sich sicher, dass auch das bald vergehen würde. Er hatte schon Schlimmeres überstanden. Nun wollten Jakob und Katar endlich zu den Tok’ra zurückkehren. Den Abschied hatte Jack sich nicht nehmen lassen, auch wenn es ihn viel Überredungskraft gekostet hatte, Janet dazu zu bringen, ihm zu erlauben, aufzustehen. Er war auch noch etwas wacklig auf den Beinen, doch je länger er im Stützpunkt herumwanderte, desto besser ging es ihm. Er bekam sogar schon wieder Hunger. Er warf einen Seitenblick zu Major Carter hinüber, welche gerade ihren Vater zum Abschied umarmte. Sie hatten sich wieder gefangen. Man konnte nicht behaupten, dass sie sich wieder so blendend verstanden, wie zuvor, aber mit der Zeit würde das schon werden. Sie kamen auch damit irgendwie zurecht. Sie hatten es bis jetzt immer irgendwie geschafft, sich zusammenzuraufen.
„Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Colonel O’Neill.“, riss Katar Colonel O’Neill aus den Gehdanken.
„Sicher.“, erwiderte dieser trocken. Er machte sich immer noch Vorwürfe wegen Zerons Tod. Er hatte immer noch das Gefühl, dass er es irgendwie hätte verhindern können, dass der junge Mann nicht hätte sterben müssen.
„Keine Sorge, Zeron wird in uns weiterleben. Wir werden all seine Gedanken bewahren.“, meldete sich nun Lexis zu Wort. Es schien, als könnte er genau Jacks Gedanken lesen. Dieser fand den Tok’rawirt mittlerweile ganz unterhaltsam. Er war anders als der Goa’uld es ihnen vorgegaukelt hatte. Dann wandte Lexis sich mit den Worten an den Jaffa, der neben ihm stand: „Ich möchte auch dir danken, Teal’c.“ Der hochgewachsene Hüne nickte ihm zu, so wie er es immer tat, wenn weitere Worte überflüssig schienen. Er war sowieso nie so gesprächig gewesen.
Jakob sagte: „Wir sehen uns bald wieder, Kleines. Versprochen!“ und ließ von seiner Tochter ab.
„Das hoffe ich doch, Dad. Und lass dir ja nicht wieder einfallen, dass wir dich dafür erst retten müssen.“, entgegnete Sam lächelnd.
„Ich werde es versuchen.“, versprach er.
„Halten sie die Ohren steif, Jakob.“, verabschiedete sich jetzt auch Jack von ihm und reichte seinem Freund die Hand. Sie waren Militärs und so gerne sie sich auch hatten, ihre jahrelange Disziplin und Distanziertheit gegenüber Vor-gesetzten setzten dagegen. Eine Umarmung war nicht angebracht.
„Sie auch, Jack.“, gab Jakob zurück. „Und passen sie mir gut auf meine Tochter auf.“ Diesmal war es O’Neill, der nickte. Die beiden Tok’ra traten die Rampe hinauf, nachdem sich der Ereignishorizont etabliert hatte. Auch diese Hürde hatten sie erfolgreich überwunden, wenn sie alle auch noch etwas angeschlagen waren. Es würden noch viele solcher Abenteuer auf sie warten, doch wenn es nach Jack ging, konnten sie ruhig noch etwas warten. Wenigstens ein oder zwei Wochen.
„Und was jetzt?“, fragte Daniel. Er sah seine Freunde abwartend an.
„Lasst uns was essen gehen.“, schlug Jack vor. Sie setzten sich in Bewegung, verließen den ansonsten leeren Star-gateraum.
Teal’c fragte stoisch: „Darfst du überhaupt schon wieder Nahrung zu dir nehmen, O’Neill?“
„Klar! Ich soll ja nicht verhungern. Auch wenn Doc Fraiser mir eine lange Liste an Sachen genannt hatte, die ich nicht unbedingt zu mir nehmen sollte. So ziemlich alles Süße war dabei.“ Das meiste hatte Jack längst wieder verdrängt. Er sehnte sich nach einem richtigen Frühstück - falls man das Cafeteriaessen so nennen konnte. Klar, sie machten den be-sten Kaffee, aber manchmal ließ das Essen zu wünschen übrig. Der Krankenhausfraß war noch um einiges schlimmer, und hing ihm bereits zu den Ohren raus. Er war weder Diabetiker, noch auf Diät. Das zuckerlose Zeug schmeckte nach nichts und bekam ihm auch nicht besonders.
„Eine Liste, an die du dich nicht halten wirst.“, schlussfolgerte Doktor Jackson pedantisch.
„Ich bin sicher, du wirst dafür Sorge tragen, dass ich das mache, Daniel. Du hast doch vorhin mit dem Machtzwerg gesprochen, oder?“, erwiderte O’Neill wohl wissend, dass all seine Freunde von der jungen Ärztin instruiert worden wa-ren.
Der junge Anthropologe wehrte ab: „Es ging aber nicht um sie, Jack!“
„Wer es glaubt.“

Epilog

„Colonel?“, fragte Major Carter zögernd, nachdem sie mit ihrem kommandierenden Offizier etwas zurückgefallen war. Ihr brannte immer noch eine Frage auf der Seele. Das Thema mit dem Zurückgelassen worden sein, war für sie jedoch schon so gut wie abgehakt. Das Geschehene war in ihren Augen für ihn schon Strafe genug gewesen. Außerdem ver-stand sie seine Handlungsweise ja irgendwie. Ein wenig dankbar dafür, dass sie ihren Vater hatte sehen können, war sie ihm natürlich auch, auch wenn sie das nie zugegeben hätte. Jack würde sonst nur auf die dumme Idee kommen, es bei einer ähnlichen Begebenheit wieder so zu handhaben.
O’Neill entgegnete: „Ja, Major?“
„Glauben sie an das Schicksal?“ Dieses Thema war es, das sie auch weiterhin beschäftigte. Sie hatte immer noch keine Antwort für sich gefunden, nicht einmal einen Ansatz. Ihre anfängliche Theorie, die so sehr auf physikalischen Ge-setzen beruht hatte, war sie längst gezwungen gewesen, über Bord zu werfen. Sie brauchte somit einen ganz neuen An-satz, um eine neue Hypothese zu entwickeln. Mit Daniel hatte sie auch schon geredet, aber er hatte ihr auch nicht wirk-lich weiterhelfen können,. Er vertrat so ziemlich die Meinungen aller Völker, der sie bis jetzt begegnet waren oder noch über den Weg laufen würden. Seine Erklärung war mehr eine Art Vortrag gewesen, als eine klare Aussage. Der junge Wissenschaftler konnte halt nicht aus seiner Haut, was sie zwar sehr an ihm schätzte, diesmal aber nicht hatte gebrau-chen können. Anscheinend wollte auch dieser sich noch nicht vollkommen festlegen. Das machte ihn objektiver und un-voreingenommener gegenüber anderen Spezies, aber auch anfälliger für die Bräuche anderer.
„Wieso fragen sie?“, wollte Jack wissen. Er konnte es sich zwar denken - hatte er doch ihr Gespräch mit Teal’c mehr oder minder unfreiwillig mit angehört - wollte es ihr aber nicht zeigen. Sie hätte es sowieso nicht geglaubt oder wäre zu-mindest zu wissenschaftlich an die Sache herangegangen. Daniels Tod hatte sie damals schon genug verwirrt, dass sie wohl eher vergessen hatte, dass er tot gewesen war, als sich damit abzufinden, dass er sich auf einer höheren Ebene der Existenz befunden hatte. Zu verübeln war es ihr nicht.
„Ich bin nur neugierig.“, wehrte Sam phlegmatisch ab, obwohl ihr seine Meinung mit am Wichtigsten war. Gerade das wollte sie aber auch nicht heraushängen lassen. Sicher würde er nach einigem hin und her auch so antworten.
Colonel O’Neill erklärte: „Ich sehe die Sache so: Das Schicksal ist veränderbar, man muss sich nur ab und zu kräftig in den Hintern zu treten, um sein Leben nicht zu versauen.“ Damit hatte er das, was Ohma ihm zu sagen versucht hatte, so ziemlich auf den Punkt gebracht. Mit dieser Sicht der Dinge könnte sogar Samantha versuche, sich zu arrangieren. Es gab ihr ein bestimmtes Maß an Sicherheit. Etwas, das sie brauchte, um sich ihrer Selbst klar zu werden und eigene Entscheidungen zu treffen. Dennoch hatte sie immer noch Zweifel, ob das für sie der richtige Blickwinkel war, aber es könnte zumindest der Grundpfeiler einer neuen, und für sie haltbareren Theorie werden.
„Wieso sind sie sich dessen so sicher?“, hakte sie deshalb nach.
„Na ja, ich hatte eine Art Erleuchtung, Carter. So eine Todeserfahrung kann sehr... spirituell sein. Langsam be-schleicht mich das Gefühl, dass ich Buddhist werden sollte.“, versuchte Jack seine Erfahrungen der letzten Tage zu ver-harmlosen, sie sogar zu einem sarkastischen Spruch umzumodeln. Auch wenn er das nicht so ganz schaffte, kam es wenigstens lässig und nicht so unglaublich tragisch herüber. Sam lächelte sogar. Er hatte auch nicht wirklich mit dem Gedanken gespielt, seine Religion - falls er überhaupt eine besaß - über den Haufen zu werfen und sich ganz neuen Glaubensgrundsätzen zu unterwerfen. Das war nicht sein Ding. Doktor Jacksons vielleicht, aber der war ja auch ein Phänomen für sich.
„Das passt nicht zu ihnen.“, meinte sie überzeugt, und blickte ihn von der Seite aus an. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht.
Der Colonel zog beide Augenbrauen hoch und fragte verwundert: „Nein? Wieso nicht?“ Natürlich konnte er sich die Antwort selbst denken - er kannte seinen zweiten Offizier schließlich gut genug - aber er war gespannt darauf, was Car-ter für einen Einwand finden würde, um seine Behauptung zu widerlegen.
„Man habe ich einen Hunger!“, wich sie aus und schloss wieder zu Teal’c und Daniel auf, die in ein anregendes Ge-spräch vertieft waren. Jack folgte ihnen kopfschüttelnd. Dann erhielt er eben keine Replik. Irgendwann würde er schon noch einmal auf das Thema zurückkommen, wenn er etwas Geduld zeigte, von welcher er momentan mehr als genug besaß. Jetzt hatte er aber erst einmal einen Bärenhunger, was sein Magenknurren ihm deutlich anzeigte. Er achtete endlich wieder etwas mehr auf seine Umwelt, um sich zu orientieren, herauszufinden, wie weit es denn eigentlich noch war. Sie kamen gerade an den Labors vorbei, was ihm eine alte Wette wieder ins Gedächtnis rief. Carter schuldete ihm immer noch fünfundzwanzig Dollar.

Ende

© 2004 Lenari


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