Commander Jarod Dillan by Lenari
Summary: Das SGC bekommt ein neues Mitglied.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Goa'uld, Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Own Character, Samantha Carter (SG-1)
Genre: Action, Friendship, General, Hurt/Comfort, PoV, Romance, Torture / Gewalt, UST, Vignette
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 14 Completed: Ja Word count: 44172 Read: 87890 Published: 15.04.14 Updated: 15.04.14

1. Jarod 1: Commander Jarod Dillan by Lenari

2. Jarod 2: Jarods erster Tag by Lenari

3. Jarod 3: Jarod gegen Jack by Lenari

4. Jarod 4: Jarods erste Mission by Lenari

5. Jarod 5: Jarods Erinnerungen und Träume by Lenari

6. Jarod 6: Jarods Entdeckung by Lenari

7. Jarod 7: Jarod und Lea by Lenari

8. Jarod 8: Jarods Vergangenheit by Lenari

9. Jarod 9: Jarod gefangen im eigenen Körper by Lenari

10. Jarod 10: Jarods Verrat by Lenari

11. Jarod 11: Jarod gegen Rok’tal by Lenari

12. Jarod 12: Jarods geistige Ãœbernahme by Lenari

13. Jarod 13: Jarods Flucht by Lenari

14. Jarod 14: Jarods Leben danach by Lenari

Jarod 1: Commander Jarod Dillan by Lenari
Author's Notes:
Sam, eine scheinbar ganz normale Frau, auf jeden Fall glaubt Jarod das, doch er wird schnell eines Besseren belehrt...
Jarod 1: Commander Jarod Dillan


Ich betrat das „Dust till Dawn“, eine Bar im Herzen von Arizona, und ließ meinen Blick einmal ganz über die Location schweifen. Dämmriges Licht, kaum Gäste und schnulzige Musik, genau das, was ich gesucht hatte. Hier würde keiner Fragen stellen, hier wäre ich nur einer unter Vielen. Ein beruhigendes Gefühl, langsam wurde ich lockerer. Morgen würde sich alles ändern, morgen würde ich nicht mehr ich selbst sein, nicht so jedenfalls, morgen würde es wieder darum gehen, mich zu verstecken, aber für heute würde ich das einfach vergessen. Vielleicht fand ich sogar eine nette Frau mit der ich meine Sorgen in Alkohol ertränken konnte, aber ich würde es alleine auch schaffen. Ich hatte bis jetzt alles alleine bewältigt, wieso nicht auch die Situation, die sich morgen bieten würde. Heute würde ich jedoch Spaß haben. Ich verdrängte all meine Sorgen, schaltete sie einfach ab, fuhr mir kurz durch mein Haar und setzte dann meinen Weg zur Theke fort. Dort nahm ich auf einem Barhocker platz und bestellte mir für den Anfang erst einmal einen Jack Daniels. Zu den stärkeren Sachen konnte ich später immer noch greifen. Abermals sah ich mich um und entdeckte eine einsame Frau an einem Tisch sitzen. Ihr kurzes blondes Haar fiel ihr ins Gesicht, da sie den Kopf leicht nach unten geneigt hatte und wie gebannt auf ihr halbvolles Whiskeyglas starrte. Sie gefiel mir auf Anhieb. Zwar verstand ich nicht, wie eine so bezaubernde Frau, und das war sie wirklich, sich in solch einer Absteige aufhalten konnte, doch sie hatte sicher ihre Gründe. Ich leerte mein Glas mit einem Zug, bestellte zwei Flaschen Bier und trug diese hinüber zu ihrem Tisch. Erst als ich mich setzte, sah sie mich an. Ich lächelte sie unschuldig an und hielt ihr abwartend die Flasche vor die Nase. Wenn sie diese ergriff, bedeutete das, dass ich bleiben durfte, wenn nicht, würde ich gehen und sie weiterhin so lange vom Tresen beobachten, bis sie ging oder mich doch noch ansprach. Zu meinem Glück ergriff sie nach kurzem Zögern doch noch das Bier, aber sicherlich nur, weil sie die Wirkung des Alkohols unbedingt brauchte. Mir sollte es recht sein. Wir sprachen eine ganze Weile kein Wort. Sie hatte in der Zwischenzeit ihren Whiskey ausgetrunken und spülte ihn nun mit dem Bier runter. Sie sah mir dabei fest in die Augen und ich erwiderte ihren Blick. Es brauchte keine Worte um zu begreifen, was in ihr vorging. Sie hatte einen schmerzlichen Verlust erlitten, wahrscheinlich ein sehr guter Freund von ihr, so etwas wie ihr Bruder. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet und glasig durch den Alkohol, welcher bereits seine Wirkung tief in ihrem Inneren tat. Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut, den Schmerz, die Trauer und die Selbstvorwürfe. Das Gleiche nahm sie wahrscheinlich gerade in meine Augen war, denn ihr Blick bohrte sich tief in mich hinein. Frauen hatten einfach ein Gespür für so etwas. Letztendlich rang ich mich dazu durch, die Stille zu brechen und stellte mich vor.

„Was?“, fragte sie, als hätte sie mich nicht wirklich gehört, was auch nicht weiter verwunderlich war bei ihrer momentanen Verfassung.

„Jarod! Mein Name ist Jarod.“, wiederholte ich mich.

„Ich bin Sam.“, entgegnete sie mit einem entschuldigenden Lächeln und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Bier. Ihr Lächeln war bezaubernd, wenn es auch nur gequält über ihre Lippen huschte. Ich wusste, dass ich nicht die Unterhaltung war, die sie sich jetzt wünschte, denn ich sah in ihren Augen, dass sie diesen Schmerz lieber mit jemand anderen geteilt hätte, wahrscheinlich ihrer großen Liebe, doch ich schien ihr ein geringfügiger Ersatz. Mir war es egal. Sollte sie doch jemand anderen lieben, wichtig allein war nur dieser Abend. Ich würde sie schon noch von meinen Vorzügen überzeugen.

„Das ist ein wirklich wunderschöner Name.“, schmeichelte ich ihr und sie wurde sogar leicht rot. Wieder sah sie mir tief in die Augen und die Ihrigen schienen mich immer stärker in ihren Bann zu ziehen. Ein strahlendes Blau, wie ich zuvor kein Zweites gesehen hatte mit einem Leuchten als hätte sie mit ihnen zwei Sterne eingefangen, auch wenn das rein technisch nicht funktionierte. Etwas war anders an ihr, sie schien Dinge zu wissen, die für die meisten Menschen unvorstellbar waren und ebenso war ich davon überzeugt, dass sie diese auch versteht. Ihre Augen sprachen Bände. Sie hatte bereits eine Menge erlebt, vielleicht sogar mehr als ihr lieb war, doch irgendetwas ließ sie nur soweit aufgeben, dass sie sich betrank, anstatt einfach alles hinzuschmeißen. Wahrscheinlich war genau dieser Halt die Liebe zu diesem Vollidioten, der zuließ, dass ich sie auf eine gewisse Art und Weise anbaggerte.

„Ihrer ist aber auch nicht übel.“, gab Sam zurück. „Gibt es dazu auch einen Nachnamen?“

„Schon, aber ist der wirklich so wichtig?“, entgegnete ich herausfordernd.

„Nein, eigentlich nicht.“ Abermals führte sie die Mündung ihrer Flasche an ihre Lippen, die einen geradezu dazu verleiteten, über sie herzufallen und zu küssen.

Während ich sie dabei beobachtete, wie sie genüsslich einen Schluck ihres Bieres nahm, dachte ich laut: „Er muss ein außergewöhnlicher Mann gewesen sein, wenn er ihnen soviel bedeutet hat.“

„Ja das war er.“, sagte sie traurig und wandte den Blick ab. „Er war großartig. Seine Art die Menschen zu inspirieren, er hat auch mich verändert. Aber woher wissen sie, dass ich ihn verloren habe?“

„Ihre Augen sprechen Bände.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Ihre Zuneigung zu ihm kann keiner übersehen, außer er ist ein riesiger Vollidiot.“

„Das mag wohl stimmen, denn ich kenne solch einen Vollidioten.“ Sam lächelte zynisch. Ich spürte förmlich, wie ihr dieser Gedanke einen Stich versetzte. Dieser Typ ahnte ja nicht, wie sehr er ihr damit wehtat. Jetzt, wo sie ihn am Dringendsten brauchte, war er nicht da, wie konnte ein Mann nur so dumm sein. Solch eine schöne Frau würde ich keine drei Sekunden aus den Augen lassen, auch wenn ich diese nie wieder sehen würde. Das Einzige, was ich in solch einer Situation machen konnte, war sie ablenken und versuchen, etwas aufzuheitern. Das würde auch mir sicherlich gut tun, denn in mir stiegen längst verschüttete Erinnerungen wieder hoch, die ich so schnell wie möglich wieder vergessen wollte. Erinnerungen an alte Freunde, die ich schon vor langer Zeit verloren hatte. Ich musste etwas dagegen unternehmen, sonst würde ich noch durchdrehen und irgendwann vor Wut auf mich selbst platzen, denn ich hatte sie nicht beschützen können.

Schnell fragte ich: „Wollen sie tanzen?“ Ich hielt ihr meine Hand entgegen, nachdem ich mich erhoben hatte und Sam ergriff sie zögernd. Ich zog sie vom Stuhl und führte sie auf die Tanzfläche, wo außer uns niemand sonst war. Es wunderte mich ungemein, dass solch eine Bar überhaupt eine Tanzfläche besaß, aber das war wohl Standart. Ein langsames Lied spielte, welches nicht das Erste und auch nicht das Letzte sein würde, deswegen zog ich sie fest an mich und legte beide Hände an ihre zierliche Taille. Ihre Hände ruhten an meinem Hals und ihr Kopf an meiner Schulter. Sie war fast zehn Zentimeter kleiner als ich, aber das war nicht verwunderlich, denn ich war ja auch fast 1,90 m groß. Ihr Haar duftete lieblich nach Lavendel, was wahrscheinlich damit zusammenhing, dass das auch der Lieblingsduft ihrer Mutter war. Töchter hatten so etwas an sich, wenn eines ihrer Elternteile frühzeitig verloren und bei ihr schien das durchaus der Fall zu sein. Sie hatte diese Art an sich, die ausstrahlte, dass sie durchaus in der Lage war, sich selbst zu verteidigen, wenn es nötig wurde. Eventuell beherrschte sie sogar eine Kampfsportart oder mehrere. Verwundern würde mich das jedenfalls nicht. Ihre Haut war fest und jeder Zentimeter gut durchtrainiert. Sie machte also auch regelmäßig Sport. Mit ihr könnte ich sicher nur schwer mithalten. Solche Art Frau faszinierte mich schon immer und wenn ich nicht besser wüsste, dass diese hier schon vergeben wäre, würde ich es glatt versuchen. Ich würde ihr unweigerlich wehtun, aber dennoch würde ich das Risiko eingehen und sei es auch nur für ein paar leidenschaftliche Stunden voller Extasse.

„Einen Penny für ihre Gedanken.“, meinte Sam plötzlich. Ich sah sie einen Moment einfach nur an, dann lächelte ich amüsiert. Diesen Spruch hatte ich wirklich lange nicht mehr gehört.

„Soviel sind diese ihnen wert?“, hakte ich ausweichend nach. Ich konnte ihr ja wohl kaum sagen, dass ich an Sex mit ihr gedacht hatte, obwohl verwundern sollte sie es bei dieser Figur nicht. „Ich fragte mich gerade, ob sie mir nicht von ihm erzählen würde.“ Sam sah mich mit leicht geneigtem Kopf misstrauisch an, da sie wusste, dass ich gelogen habe, sagte aber nichts.

Sie begann zu schwärmen: „Daniel war einfach großartig. Jeder war für ihn ein Freund. Ich bin sicher, du hättest ihn gemocht. Er ist diese Art Mann, dem man einfach nicht böse sein kann, den man einfach mögen muss. Wir verstanden uns auf Anhieb. Durch ihn fühlte ich mich nicht ganz so fehl am Platze, wenn man bedenkt, wie Jack manchmal drauf ist.“

„Jack? Der Vollidiot?“, fragte ich und als Antwort erhielt ich eines ihrer wunderschönen Lächeln.

„Genau der. Sie waren wie Feuer und Wasser, aber dennoch die besten Freunde. Der Spruch „Gegensätze ziehen sich an“ traf auf sie genau zu. Jetzt, wo Daniel jedoch tot ist, scheint es als hätte Jack die sechs Jahre einfach vergessen. Von einem Tag auf den anderen existierte Daniel für ihn nicht mehr. Dafür könnte ich ihn umbringen.“, fuhr sie fort und ihre Augen wurden wieder trauriger, schrieen förmlich nach einer weiteren Dosis Alkohol.

„Hast du mit ihm darüber gesprochen? Wir Männer neigen dazu, solche Tatsachen nicht zu kapieren.“ In Gedanken fügte ich hinzu: ‚Männer die nicht sind wie ich! ‘ Ich war anders. Das war ich immer gewesen. Seit meiner Geburt und bis zu meinem Tod würde sich das nicht ändern. Schon wieder dachte ich an Morgen, wie es sein würde in einer neuen vollkommen fremden Welt und es grauste mich davor. Mich beschlich das ungute Gefühl, dass ich durchaus wusste, wer diese Lady dort in meinen Armen war. So viele Zufälle konnte es einfach nicht geben. Ihr Name, ihr toter Freund und ihre große Lieben, all das war zu eindeutig, um es noch länger zu ignorieren. Ich war dabei eine Beziehung zu Jemand aufzubauen, die unmöglich eine Zukunft hatte, denn morgen wäre ich nicht mehr einfach nur Jarod. Morgen würde ich Commander sein und sie meine Vorgesetzte, sie konnte nur Major Samantha Carter sein, die Beweise ließen keine Zweifel offen. Aber heute wollte ich den Tatsachen nichts ins Auge sehen, heute wollte ich lieber die Ihrigen bewundern und mich an deren Anblick erfreuen.

„Ich habe es versucht.“, gab Sam zu. „Aber er hat abgeblockt. Ich verstehe ihn einfach nicht. Daniel war sein bester Freund, wie kann er einfach zulassen, dass er ihn vergisst?“ Sie erwartete keine Antwort, es war mehr eine Frage an sie selbst gewesen als an mich. Ich verstärkte meinen Griff noch etwas und ließ meine rechte Hand sanft über ihren Rücken gleiten. Sie seufzte leise und vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter. Ihr warmer Atem drang durch mein T-Shirt, strich hauchzart über meinen Nacken und ließ meine Nackenhärchen hochschnellen. Es war ein angenehmes Gefühl, so vertraut. Alles schien so einfach, so richtig, auch wenn es das absolut Falsche war. Die falsche Zeit, der falsche Ort und allem voran die falschen Personen. Ich war nicht der, den sie wollte und sie war nicht Diejenige, die für mich bestimmt war. Sie würde es nie sein können, zuviel stand zwischen uns. Allein unsere Jobs verboten es, doch dieser eine Tanz, diese paar Stunden, das konnte uns keiner mehr nehmen, dass würde ich mir bewahren.

„Carter?“, erklang plötzliche eine raue Männerstimme fragend hinter mir. Ohne mich umzudrehen wusste ich, dass es sich nur um einen handeln konnte: Colonel Jack O’Neill. Unsere Zeit war unweigerlich vorbei und ich wusste, ich musste gehen. Sam war hochgeschreckt und sah ihn jetzt über meine Schulter hinweg an.

Verwirrt erwiderte sie: „Colonel?“

„Lass mich raten, Vollidiot!“, bemerkte ich sarkastisch und ließ vollends von ihr ab.

„Was?“, stieß Jack lautstark hervor, da er glaubte, sich verhört zu haben.

„Genau das!“, entgegnete Sam, ohne auf den Aufruf ihres Freundes zu achten oder sogar seine stille Frage zu beantworten. Ich wandte mich zu ihm um, wollte ihm in die Augen sehen, mich selbst davon überzeugen, dass sie richtig mit ihrer Annahme lag, doch was ich sah, verblüffte mich. Er wusste sehr wohl, wie es ihr ging, wenn nicht sogar besser als jeder andere, aber er wusste etwas, das ihr verborgen geblieben war. Genug Schmerzvolles hatte er erlebt, um zu wissen, dass der Kummer irgendwann nachlassen würde, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis man die schrecklichen Bilder des Todes vergaß und sich an den guten Erinnerungen erfreuen konnte. Seine Augen sprachen wie die Ihrigen Bände. Das Braun war trüb geworden, denn zuviel hatten diese Augen miterleben müssen und sie schauten Sam glasig an. Leicht waren sie gerötet, nicht vom Alkohol, sondern von nassen Tränen, die jedoch nicht vergossen wurden. Dieser Mann war Soldat, zu stolz um zu weinen und wahrscheinlich sogar viel zu schwach dazu. Schon vor Jahren hatte er einen geliebten Menschen verloren, sein eigenes Kind, seinen einzigen Sohn, seine Tränen waren damals versiegt. Ich erkannte mich ein Stück in ihm wieder, würde in einigen Jahren vielleicht sogar auch so werden, wie er, doch wie eine Medaille hatte auch diese Tatsache zwei Seiten, eine Gute und eine Schlechte. Ich würde zwar stark genug sein, um mein Leben für diesen Planeten, meine Heimat aufs Spiel zu setzten, aber nicht mehr dazu in der Lage sein, sosehr zu lieben, dass ich das Risiko des Scheiterns in Kauf nehmen würde. An diesen Punkt war er bereits gelangt. Eventuell konnte er sich noch umwenden, die Liebe einfach zulassen, aber es müsste jetzt geschehen, heute Abend noch und er dürfte keinen Rückzieher mehr machen. Ihm das klar zu machen, war wohl das Schwierigste an der ganzen Sache.

„So ein Vollidiot, wie ich dachte, sind sie gar nicht.“, bemerkte ich zynisch und im selben Augenblick wusste ich, ich hätte meine große Klappe halten sollen. Schneller als ich mich ducken konnte, und das kam selten vor, was mich zu dem Schluss brachte, dass ich zu viel getrunken hatte, holte er aus und traf mich mit voller Wucht ins Gesicht. Ich hörte meine Lippe förmlich aufplatzen. Schmerz durchfuhr meinen Unterkiefer, doch ich wusste, dass er mich nicht allzu hart getroffen hatte. Ich wischte mir das Blut von der Unterlippe und eigentlich dachte ich nur daran, dass solch eine Verletzung wohl keinen ganz so guten Eindruck morgen machen würde. Ändern konnte ich es jetzt auch nicht mehr.

„Verdammt noch mal, was soll denn das, Colonel?“, fuhr Sam ihn wütend an und warf ihm einen wütenden Blick zu. Dann wandte sie sich an mich: „Alles in Ordnung, Jarod.“

„Ja, alles in Ordnung.“ Mir war heute nicht nach Schlägerei. Nicht, dass ich Angst vor ihm hatte, das brauchte ich nicht, denn wenn ich wollte, könnte ich locker gegen ihn gewinnen, doch damit würde ich Sam nur wehtun. Sie liebte, daran gab es nichts zu rütteln und was ich auch tat, es würde nicht reichen, um ihre Gefühle für ihn umzuwerfen. Außerdem gab es für uns keine Zukunft. Ich war nicht der Mann, der für sie bestimmt war, das musste ich einsehen. Ich ging zum Tisch zurück, schnappte mir meine Flasche und leerte sie in einem Zug. Viel war ja auch nicht mehr drin. Sam tat es mir gleich, dann zog sie sich ihre Jacke über.

„Verschwinden wir von hier, irgendwie ist die Luft hier drinnen schlechter geworden.“, meinte sie gepresst, aber so laut, dass er es verstand. Sie kochte vor Wut, was auch verständlich war, doch unmöglich konnte ich jetzt mit ihr verschwinden. Ich würde gehen, gewiss, aber sie würde hier bleiben und mit ihm reden. Es musste sein und sie wusste dass, wenn sie es auch mit aller Macht zu verdrängen suchte. Ich schüttelte entschieden den Kopf und sah ihr dabei fest in die Augen. Sam hielt meinem Blick stand. Sie war eine der wenigen Menschen, die das konnten und dafür begehrte ich sie nur noch mehr, was es für mich unerträglich schwer machte, ihr zu widerstehen.

„Ich werde gehen. Du wirst dich mit ihm hier hinsetzten und reden, ihr werdet vielleicht noch ein oder zwei Bierchen trinken und dann wird er dich nach Hause bringen.“, wandte ich ruhig ein. Ich wusste nicht, ob er mich hörte, aber das spielte auch keine Rolle. Wichtig war nur, dass sie die Schwere meiner Worte begriff.

Fast genauso gefasst gab sie zurück: „Ich glaube nicht an das Schicksal.“

„Ich aber.“, wehrte ich ab. „Ich kann in deine Seele sehen und dort sehe ich die Liebe zu ihm, die du empfindest. Du solltest über diese Fügung froh sein, denn nicht jeden Menschen ist dieses Glück beschert. Außerdem glaube ich nicht, dass er dich nicht versteht, vielmehr hat er nur Angst, dass es seine Vergangenheit wieder aufwühlen könnte, wenn er sich damit auseinandersetzt und das würde ihn wiederum schwach machen. Etwas, dass er nicht sein will, denn dann kann er dich nicht mehr beschützen. Nimm ihm diese Angst.“ Ich gab ihr zum Abschied einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange, schnappte mir meine Jacke und ging. Als ich an Jack vorbei zur Tür ging, sagte ich: „Colonel!“ und verabschiedete mich mit einem flüchtigen militärischen Gruß. Im selben Moment wusste ich, dass das ein Fehler gewesen war, doch Sam hatte es nicht gesehen. Lange würde es aber nicht mehr dauern, bis auch sie es herausfand. Sie sah mir verwundert nach und ich wusste, sie verstand. Sie würde das richtige tun, davon war ich überzeugt, auch wenn es mir irgendwie einen Stich versetzten würde. Immer hatte ich gedacht, so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gäbe es gar nicht, doch heute Nacht wurde ich eines Besseren belehrt. Aber war ich nicht genau auf solch eine Situation aus gewesen, um zu vergessen? Das Leben war wirklich kompliziert, besonders für jemanden wie mich.



Am nächsten Morgen stand ich vor der verschlossenen Tür des Besprechungsraumes meines neuen Stützpunktes und wartete darauf, hineingebeten zu werden. Noch nie war ich so ein nervliches Wrack gewesen, noch nie hatte mich ein Job so unter Druck gesetzt. Vielleicht lag es daran, dass ich zwei meiner neuen Kollegen unter unglücklichen Umständen begegnet war, eventuell aber auch an der Art und Weise, wie dieser Job hier gemacht wurde und vor allem wo. Fremde Planeten, nur ein einziger Schritt und man wäre dort, für die meisten unglaublich, doch für diese Soldaten das Normalste der Welt. Hier würde ich mich sicher zu Hause fühlen, hier würde ich Einiges herausfinden können, vielleicht sogar meine wahre Herkunft und hier würde ich Freunde finden, denen ich vielleicht sogar eines Tages mein Geheimnis anvertrauen könnte. Vorausgesetzt nur, dass Colonel O’Neill mich nicht gleich umbrachte, wenn er mich sah. Wir waren uns zu ähnlich, um uns auf Anhieb zu mögen, aber irgendwann würde er mich schon tolerieren, auf jeden Fall hoffte ich das. Ich atmete ein paar Mal tief durch, strich meine Uniform glatt, rückte meine Abzeichen zurecht, schloss kurz die Augen und versuchte mein rasendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Dann ging die Tür auf und ein Airmann bat mich, einzutreten. Noch einmal saugte ich die meiner Meinung nach viel zu stickige Luft ein und betrat dann den Raum, um meinem neuen Team zu stellen. Vier Leute saßen am Tisch, drei Männer und eine Frau, welche mir wohl bekannt vorkam. Ihr Mund blieb leicht offen stehen, als sie mich erblickte, ich jedoch versuchte krampfhaft, sie nicht anzusehen, denn mein Respekt galt in erster Linie General George Hammond, dem Kommandanten dieses Stützpunktes und dieser saß am Kopfende der Tafel. Ich salutierte ordnungsgemäß, so wie es sich gehörte, wenn man einen Raum mit höhergestellten Offizieren betrat. Auch Colonel Jack O’Neill staunte nicht schlecht, mich hier zu sehen, doch irgendwie schien er schon was geahnt zu haben. Ich hätte mich nicht mit dem militärischen Gruß verabschieden und ihn mit Colonel ansprechen sollen, so wie ich es sonst immer tat. Diesen Fehler würde ich nie wieder begehen.

Mit gefestigter Stimme sagte ich: „Commander Jarod Dillan meldet sich zum Dienst, Sir!“



weiter: Kapitel 2

© 2003 Lenari


Jarod 2: Jarods erster Tag by Lenari
Author's Notes:
Jarod versucht sich anzupassen, doch begreift er schnell, dass nicht immer alles nach seinem Willen läuft...
Jarod 2: Jarods erster Tag


„Rühren Commander!“, sagte General George Hammond zu mir und ich tat wie mir geheißen. Ein kurzer Blick zu Colonel O’Neill verriet mir sofort, woran er dachte und zwar mich so schnell wie möglich los zu werden. Seine Augen sahen mir kalt entgegen, entblößten seine Abneigung mir gegenüber und zeigten auf, was er gern alles mit mir angestellt hätte. Selbst die Goa’uld hätten noch einige Grausamkeiten von ihm lernen können. Mich ließ das jedoch unberührt. Viel mehr machte mir die Reaktion Samantha Carters Sorgen. Sie würde es nicht verstehen, nicht begreifen, wie ich das hatte machen können und sich die ganze Zeit fragen, warum ich es nicht sofort klargestellt hatte, sondern lieber aus ihrem Leben verschwand, nur um dann so zurückzukehren. Ich war auf eine Art nur froh, dass es zu keinem Kuss gekommen war, wenn ich jedoch auch etwas enttäuscht darüber war, denn ich hätte zu gern gewusst, ob sich ihre Lippen wirklich so weich anfühlten, wie sie erschienen.

„Jarod!“, hauchte sie perplex. Sie sah mich einfach nur an, unfähig noch etwas anderes zu sagen. Ihre Gedanken rasten durch ihren Kopf, so dass sie keinen von ihnen ergreifen und festhalten konnte, um ihn auszusprechen oder zu verinnerlichen. Ich hätte am Liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht, doch ich war nicht der Typ, der Konfrontationen aus dem Weg ging, jedenfalls nicht, solange ich diese Uniform trug. Mir wurde klar, ich hatte es vermasselt. Jetzt ging es nur noch darum den Schaden weitestgehend zu beseitigen und mich einigermaßen einzugliedern, wenn Colonel O’Neill mir das auch äußerst schwer machen würde, schließlich vergaß er nicht so leicht, dass ich ihn beleidigt hatte. Ich hätte ihn vielleicht doch nicht als Idioten bezeichnen sollen.

„Sie kennen ihn, Major?“, hakte Hammond nach.

„Oh, nicht nur sie, Sir.“, antwortete Jack für sie. „Auch wir sind uns schon begegnet, nicht wahr?“

„Ja Sir, das sind wir!“, antwortete ich gelassen, sah ihm dabei jedoch herausfordernd entgegen. So leicht würde ich es ihm nun auch nicht machen, auch wenn er mein Vorgesetzter und Kommandant war.

Sam hatte sich wieder einigermaßen gefangen und mischte sich ein, um zu schlichten: „Setzten sie sich doch, Commander.“ Ich lächelte ihr kurz dankend zu und begab mich dann auf die Seite von dem Jaffa Teal’c, wo zwei Plätze frei waren. Als ich den einen Sitz berührte, fühlte ich eine starke Präsenz und wusste sofort, dass es sich um Daniel Jacksons Stammplatz handelte. Darüber hinaus war Jacks eiskalter Blick auch nicht im Geringsten anders zu deuten, als: ‚Wenn du dich dort hinsetzt, bring ich dich um.’ Also pflanzte ich mich auf den anderen Sitz und blickte General Hammond erneut an.

„Was soll er überhaupt hier, Sir? Wir brauchen kein neues Teammitglied. Wir kommen auch so klar.“, machte Jack sofort seinen Standpunkt fest. Ich wollte ihn dafür hassen, es wäre um so Vieles einfacher gewesen, doch zu meinem Leidwesen verstand ich, was in ihm vorgehen musste und irgendwie war er mir das auch sympathisch. Wie ich es doch hasste, dass er mir so verdammt ähnlich war. Sein Schmerz, seine Vergangenheit, seine Angst - all das hatte ihn zu dem gemacht, was er jetzt war. All das hatte mich zu dem gemacht, der ich war. Etwas unterschied uns jedoch, unsere Herkunft. Irgendwann würde er verstehen und dann, wer weiß. Jetzt war es erst einmal an der Sache, mit ihm klarzukommen. Die Zukunft würde eh schneller kommen, als man erwartete.

„Colonel!“, sagte Hammond fest. „Doktor Jackson wird nicht wiederkommen, sie müssen uns also früher oder später damit abfinden, dass sie ein neues Mitglied bekommen und ich finde Commander Dillan ist gar keine so schlechte Wahl.“

„Und was verschafft uns die Ehre?“, fragte Colonel O'Neill zynisch, während er sich in seinem Sessel zurücklehnte. Er erwiderte meinen Blick mit der gleichen Härte. Zynismus war in dieser Situation wohl nicht gerade das, was angebracht war, aber wenn er meinte, sich mit mir anlegen zu müssen, konnte er diesen kleinen Machtkampf gerne haben. Ich kannte meine Stärken und ich würde sie ausspielen. Ich war schließlich nicht nur ein einfacher Soldat, sonst hätte ich die Stelle im berühmt berüchtigten SG-1 Team sicher nicht ohne weiteres bekommen.

„Er schlug all ihre Rekorde, O’Neill.“, meinte Teal’c stoisch.

„Es ist unmöglich, dass jemand auf siebenhundert Meter Entfernung ein Ziel mit einer normalen Waffe trifft und das mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 %.“, wandte dieser ein.

„98 % Wahrscheinlichkeit auf siebenhundertdreiundfünfzig Metern, Sir.“, stellte ich sofort klar und grinste ihn triumphierend an. Ich hatte halt ein Auge fürs Detail.

Abermals mischte sich Major Carter ein: „Ich dachte, wir bräuchten einen Archäologen oder wenigstens Linguisten?“ Ihre Frage war durchaus berechtigt und auch Jack wurde hellhörig. Er schien einen Angriffspunkt gefunden zu haben, doch er würde sich noch wundern. So leicht würde er mich nicht loswerden. Ich überließ es dem General jedoch, zu antworten, denn mir würde er wohl kaum Glauben schenken.

„Bevor er zum Militär ging, studierte er Geschichte in Oxford und bekleidet einen Doktortitel, er spricht zehn verschiedene Sprachen, von denen mindestens fünf tote Sprachen sind, wozu auch altägyptisch gehört. Wie sie sehen ist er also durchaus qualifiziert für diesen Job, Colonel.“, meinte Hammond tonlos.

„Er ist also ein Streber.“, stellte Jack sarkastisch klar.

„Wenn sie mich unbedingt so bezeichnen wollen, Sir, dann bin ich das.“, konterte ich sofort, was ihm gar nicht passte. Er wollte, dass ich die Beleidigung persönlich nahm, wie sie schließlich auch gemeint war, dass ich mich darüber aufregte, ihn ebenfalls beleidigte, doch ich würde mir doch am ersten Tag nicht gleich alles verscherzen. Jedenfalls nicht mit General George Hammond. Noch früh genug würde er feststellen müssen, wie problematisch ich manchmal werden konnte, besonders wenn etwas nicht mit rechten Dingen zuging oder jemandem Unrecht geschah. Mein soziales Mitgefühl war etwas zu doll ausgeprägt und ebenso mein Ego, aber ich wäre wohl kaum so weit gekommen, wenn es anders gewesen wäre. Man musste sich im Militär durchsetzten können und ich verstand es, meine Ziele zu erreichen, auf legalem Wege.

„Und natürlich glauben sie auch, dass sie mir haushoch überlegen sind.“, ergänzte Jack leicht gereizt.

„Was mein geschichtliches Wissen angeht: Ja. Was meine Kondition betrifft: Ebenso. Nur mit ihrer Lebenserfahrung kann ich nicht mithalten, weswegen sie auch der Colonel sind und ich nur Commander. Ob sie es glauben oder nicht, aber ich bewundere sie dafür und es ist mir eine Ehre, mit ihnen Arbeiten zu dürfen, aber das geht wohl jedem Soldaten so, der mit dem Sohn des berühmten Admiral O’Neill zusammenarbeiten darf.“, gab ich zurück und bewies ihm so, dass es nicht immer nötig warf, Gewalt und Beschimpfungen bedurfte, um einem einen herben Schlag zu versetzten. Ihn einfach in den Scheffel seines bedeutenden Vaters zu stellen, reichte meist schon aus.

„Major!“, unterbrach Hammond unsere anregende Unterhaltung. „Was können sie uns über unser nächstes Ziel sagen.“

„Es Lebensbedingungen sind für uns Menschen optimal, auch wenn die Temperatur im Durchschnitt bei 37 °C liegt. Es wird also warm werden. Das UIV entdeckte eine Stadt einige Kilometer vom Stargate entfernt, die verlassen zu sein scheint.“, berichtete Sam und schaltete den großen Fernseher ein, welcher ein Video dessen zeigte, was das UIV aufgezeichnet hatte. Ich betrachtete es nur einige Minuten, bevor mir klar wurde, um welche Kultur es sich handeln musste.

„Sieht ganz nach Sumerern aus, wie das alte Baalbek der Erde, obwohl der Tempel mehr wie der aus den Legenden des alten Babylons erscheint. Wahrscheinlich ein Nachbau dessen. Es wäre echt interessant sich das mal anzusehen. Einige behaupten, dass die Sumerer im Kontakt mit Außerirdischen standen, die vor Jahrtausenden auf unseren Planeten kamen. Die Ruinen könnten darüber Aufschluss geben, schließlich sind sie viel besser erhalten, als die, die von der Sintflut übrig geblieben sind.“, schaltete ich mich ein. Ich war begeistert. Meine erste Mission und schon Nachfahren eines Volkes, das mich schon immer am Meisten interessiert hatte. Sie waren fortschrittlicher gewesen, als all die anderen Völker zu ihrer Zeit, vergleichbar mit den Majas oder den Ägyptern. Es war irgendwie eine Mischung aus beidem. Sie stellten zum Beispiel Keramik her, wie wir sie heute nicht einmal hinkriegen, kannten alle Geheimnisse des Universums. Wie viele Planeten es gab, welche Sterne für was verantwortlich waren, in der Medizin waren sie wahre Genies. Sie lebten in der gleichen strukturierten Ordnung, wie wir heute, nur nicht mit Computern und bei ihnen gab es keine Armut oder Arbeitslosigkeit. Jeder von ihnen hatte ein bestimmtes Aufgabengebiet. Es war perfekt, doch sie wurden zu geizig und ihre Strafe war die Sintflut, die von ihren Göttern, den anscheinenden Außerirdischen, heraufbeschworen worden war. Es war also eine unglaubliche Zivilisation gewesen. Doktor Jackson hätte sich sicher ebenso dafür begeistern können.

„Sie brechen in fünf Stunden auf, bis dahin sollte sich die momentane Temperatur wieder etwas abgekühlt haben, da es dann dunkel wird. Ich gebe ihnen eine Kulanz von 24 Stunden, sollten sie bis dahin nicht wieder da sein oder sich nicht auf anderem Weg bemerkbar machen, werden wir ein Team losschicken, dass sie zurückschleift.“, befahl General Hammond. „Wegtreten.“ Dieser Typ war mir sympathisch. Auf jeden Fall schien er lockerer drauf zu sein als meine anderen Vorgesetzten. Sonst hätte er O’Neill sicher schon längst geköpft. Wir erhoben uns alle gleichzeitig, ich salutierte knapp und verließ als Erstes den Raum. Ich war noch verabredet, na ja irgendwie. Captain Doktor Janet Fraiser wollte noch mit mir sprechen, was sicherlich darin endete, dass ich mich einem vollständigen Check unterziehen musste. Der Gedanke gefiel mir gar nicht. Sicherlich waren meine Medizinischen Unterlagen noch nicht eingetroffen oder sie waren gerade eingetroffen. Beides hätte sie wohl dazu veranlasst, diese Untersuchung einzuleiten.



„Geht es ihnen gut?“, fragte Doktor Fraiser, während sie meinen Hals abtastete. Wieso fragten das alle Ärzte eigentlich, während sie an deinem Hals oder Mund rumfummelten? Das ist doch total uneffizient.

„Bestens?“, antwortete ich gelangweilt. „Kann ich jetzt endlich gehen?“

„Vorher will ich sie noch einmal abhören. Hemd aus!“, wies sie mich an. Fünf Minuten mit ihr und ich wusste, diese Frau ist ein napoleonischer Machtzwerk. So eine Prozedur würde ich jetzt ständig über mich ergehen lassen. Kein Wunder, dass diese Frau bei allen so gefürchtet ist. Widerstandslos tat ich, was sie mir sagte, denn es nutzte schließlich nicht, sich zu wehren. Sie war Ärztin, sie bekam immer, was sie wollte. Sofort stach ihr die Narbe An meiner linken Seite meines Brustkorbs ins Auge. Interessiert fragte sie: „Woher haben sie die? Sie steht nicht in ihren medizinischen Unterlagen.“ Sie legte mir die kalte Metallseite ihres Stethoskops auf die Brust, um meinen Herzschlag und meine Atmung zu kontrollieren.

„Keine Ahnung. Ich habe sie seit ich ein Kind bin. Da ich mit sieben ausgesetzt wurde, gibt es keine Unterlagen darüber. Das musste also noch davor gewesen sein.“, erklärte ich und atmete dann tief ein. Ich war Untersuchungen gewöhnt, ich wusste, was zu tun war und ich wehrte mich nicht. Das machte nur alles komplizierter und in letzter zeit schien sich sowieso schon alles zu überschlagen. Sie ließ von mir ab und schrieb etwas auf einen Zettel ihres Klemmbretts.

„Sie können sich wieder ankleiden. Mit ihnen ist alles in Ordnung.“, sagte sie knapp. „Ihr Adrenalinspiegel macht mir etwas sorgen, aber bei euch Soldaten ist ein erhöhter Gehalt ja nichts Ungewöhnliches.“

„Darüber müssen sie sich nun wirklich keine Sorgen machen, Doc. Der ist schon seit ich denken kann so hoch.“, meinte ich ruhig und zog mir mein schwarzes T-Shirt wieder über den Kopf.

„Ich behalte ihn trotzdem lieber im Auge. So etwas kann in erhöhter Konzentration dazu führen, dass...“

Ich unterbrach sie höflich: „... dass Organe Schaden nehmen können oder im schlimmsten fall ihr Herz versagt. Ich habe das alles schon etliche hundert Mal gehört. Ich weiß schon, was ich mir zumuten kann.“

„Wenn sie das sagen!“ Ich mochte sie. Sie war nett und ausgesprochen hübsch. Mit ihr Doktor und Patient zu spielen, könnte sehr interessant werden, aber natürlich hätte ich das nie gewagt. Auch sie war tabu für mich. Also ich brauchte nach dieser Tortur des heutigen Tages erst einmal eine große Dosis Glucose, also ab in die Cafeteria.



Ich betrat Major Doktor Samantha Carters Labor. In meinen Händen balancierte ich zwei randvolle Kaffeetassen. Sie saß gerade an ihrem Laptop und schien so konzentriert, dass sie mich nicht wirklich wahrzunehmen schien. Doch ich wusste, dass nicht ihr Computer ihre volle Aufmerksamkeit auf sich zog, auch wenn es so aussah als würde sie lesen, sondern anderen Gedanken nachhing. Einem Thema, welches relativ wenig mit Astrophysik zu tun hatte. Ich lehnte mich an eine freie Stelle ihres Schreibtisches und hielt ihr den Becher unter die Nase.

Sie ergriff ihn ohne hinzusehen und meinte abwesend: „Danke Colonel!“ Diese Bemerkung brachte mich zum Schmunzeln, denn sie hielt mich doch tatsächlich für ihren Jack O’Neill, wahrscheinlich da er ihr sonst immer mit Kaffee unter die Arme griff.

„War das gerade eine Blitzbeförderung?“, hakte ich amüsiert ein. Erschrocken sah sie auf.

„J... Commander, stieß sie perplex hervor. Ihr Gesichtsausdruck war köstlich. Ich unterdrückte es dennoch, laut loszulachen, denn das hätte sie mir sicher übel genommen.

„Bleiben wir doch bei Jarod.“, bot ich ihr freundschaftlich an, fügte jedoch gleich hinzu: „Wenigstens unter vier Augen.“ Ich wusste nur zu gut, wie unangenehm es werden konnte, wenn ein anderer Soldat solch eine Vertrautheit zufälligerweise mitbekam oder gar von unserem vorherigen Treffen erfuhr. Das zeugte in den Augen des Militärs wenig von Respekt, obwohl ich das nicht nachvollziehen konnte, und darüber hinaus ließ es falsche Schlüsse zu, wie eine heimliche Affäre oder eine frühere Liebschaft. Auf solche Gerüchte konnte ich in nächster Zeit gut verzichten. Nicht umsonst lautete der Grundsatz des Militärs: ‚Mann grüßt die Uniform und nicht den Mann!’ Wäre es anderes, hätte ich sicher Colonel O’Neill und auch etlichen anderen schon eine Faust aufs Auge verpasst, anstatt ihn widerwillig mit Respekt zu begegnen. Allein wegen der Tatsache, wie er diese Frau behandelte, hätte er das verdient, aber auch um ihm seinen Schlag heimzuzahlen. Meine aufgeplatzte Lippe brannte immer noch wie Feuer und wegen ihr musste ich zu meinem Leidwesen weitgehend auf heißes Essen verzichten. Diese Tasse Schokolade ließ ich mir dennoch nicht entgehen. Außerdem war sie meine vorgesetzte und in diesem Fall sind Beziehungen generell verboten, was ich ebenso wenig verstand. Aber wenn sie meinten. Mich interessierte diese Regel im Grunde herzlich wenig, doch für Sam war sie bindend. Jedenfalls in meinem Fall. Also fügte ich mich.

„Gern!“, meinte Sam nach einigen Sekunden des Nachdenkens. Auch sie lächelte mir jetzt entgegen. Danach zog sie verwundert ihre Stirn kraus und blickte auf die Tasse mit Kaffee. „Woher wissen sie eigentlich, was ich trinke?“

„Ich traf Teal’c in der Cafeteria und habe es ihm aus der Nase gezogen. Ich hoffe bloß Colonel O’Neill hatte nicht denselben Gedanken und reißt mir für meine Dreistigkeit den Kopf ab.“, antwortete ich leicht sarkastisch, was wieder ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte und fuhr mir leicht frustriert durchs Haar.

„Er wurde in General Hammonds Büro beordert, also machen sie sich darüber mal keine Gedanken, Jarod, das kann dauern.“, sagte sie beruhigend. Als ob ich das nicht gewusst hätte! Nach dem Verhalten, was er an den Tag gelegt hatte, auch kein Wunder. Komisch, dass ich nicht gleich mit hineingeschleift worden war. Vielleicht wollte Hammond ja einfach zuerst mit dem Colonel allein sprechen und ich würde dann später gerufen werden. Sicher spielte auch die Tatsache eine Rolle, dass wir uns wahrscheinlich nur weiter gegenseitig fertig gemacht hätten. Darüber hinaus ging es mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit auch um Daniel Jackson und die Tatsache, dass ich seinen Platz eingenommen hatte. „Er hat sich auch wirklich daneben bekommen. Es war nicht fair von ihm.“

„Schon in Ordnung!“, wehrte ich ab und nahm einen Schluck von meiner stark gesüßten Schokolade. „Irgendwie habe ich es doch auch verdient. Ich hätte gestern wohl gleich Einiges klar stellen sollen. Wie wäre es, wenn wir diesen äußerst peinlichen Abend einfach vergessen würden?“

„Welchen Abend?“, gab Samantha Carter unwissend zurück. Sie machte mir so unmissverständlich klar, dass sie mit meinem Vorschlag einverstanden war und das nahm mir eine riesen Last von meinem herzen. Ich wollte nicht, dass so etwas zwischen unserer Freundschaft stand, denn ich wusste ja, dass ich sie unmöglich haben konnte. Sie war auch nicht mein Schicksal, so viel war mir schon klar, dennoch war es schade, dass nicht wenigstens eine kleine Affäre daraus hatte werden können. Dann hätten die Soldaten im Fall der Fälle zumindest Gesprächsstoff, der nicht auf deren Mist gewachsen war, sondern der Wahrheit entsprach. Ich hasste es nämlich, mich zu rechtfertigen, lieber sprach ich klipp und klar aus, was Sache ist, auch wenn diese Art nicht immer angebracht war. So bin ich halt. Neugierig und um das Thema zu wechseln, hakte sie nach: „Wie trinken sie eigentlich ihren Kaffee? Ich muss doch informiert sein, wenn wir zusammenarbeiten wollen.“

„Ich trinke keinen Kaffee! Das Zeug ist doch widerlich!“, musste ich sie enttäuschen und verzog angewidert das Gesicht. „Wenn sie mal auf die Idee kommen sollten, mich zu etwas einzuladen, dann zu einer heißen Schokolade mit extra viel Zucker. Ich bin nämlich ein Glukosejunky. Mein Energiebedarf ist ungewöhnlich hoch, deswegen werden sie mich sicher des Öfteren mit etwas Süßem zwischen den Zähnen sehen.“

„Interessant.“, meinte sie überschwänglich. Sie sah mich einen Moment einfach nur mit ihren wunderschönen blauen Augen an und ich glaubte schon den verstand zu verlieren, doch dann errettete mich ihre atemberaubende Stimme in gewisser Weise davor, über sie herzufallen. Neugierig fragte sie: „Also Jarod, wie sieht sonst ihr Leben aus? Ich kenne die Geschichten der anderen Mitglieder meines Teams, welche ist ihre?“

„Die ist ziemlich lang, soll ich sie wirklich damit langweilen?“, wich ich aus. Sie würde noch früh genug erfahren, wer ich war und außerdem hasste ich es über meine Vergangenheit erinnert zu werden, geschweige denn darüber zu reden.

„Ich bestehe darauf!“, blieb sie hartnäckig. In ihrem Gesicht sah ich, dass sie sich nicht abspeisen lassen würde. Ich hoffte auf erlösende Worte aus dem Lautsprecher, doch sie blieben, wie schon erwartet, aus.

Also berichtete ich ihr schließlich: „Ich wuchs in einem katholischen Waisenhaus auf. Ich kannte meine Eltern nicht, obwohl ich bereits sieben war, als sie mich von der Straße holten. Ich kann mich einfach nicht an sie erinnern. Man steckte mich in insgesamt fünf Pflegefamilien, aber bei keiner hielt ich es lange aus. Als ich dann achtzehn wurde, studierte ich wie schon erwähnt altertümliche Geschichte und Linguistik, ging dann zum Militär und studierte dort ein weiteres Jahr Biogenetik, doch es wurde mir zu langweilig, also gab ich es auf. Aber es ist immer noch ein Hobby von mir. Das war es dann auch so ziemlich.“

„Sie sind also katholisch?“, bemerkte Sam nebenbei.

„Ja, aber ich steh ehrlich gesagt nicht auf diese ganze Gott-Geschichte. Ist mir zu unwirklich, aber...“ Ich wurde von einer Lautsprecherdurchsage unterbrochen, die mich in das Büro des Generals beorderte. Ich leerte meine Tasse und richtete mich auf. „Jetzt bin ich wohl and er Reihe. Wünsch mir Glück!“

Ich wandte mich der Tür zu und bevor ich ihr Labor verließ, rief sie mir aufmunternd hinterher: „Viel Glück!“



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© 2003 Lenari


Jarod 3: Jarod gegen Jack by Lenari
Author's Notes:
Jarod versucht einer Auseinandersetzung mit Jack zu entgehen, doch alles läuft schließlich doch darauf hinaus...
Jarod 3: Jarod gegen Jack

„Na los, schlag mich schon!“, forderte Jack mich auf. Er nahm das, was der General gesagt hatte, wirklich ernst. Ich wollte mich nicht mit ihm schlagen, ich wollte ihm nicht wehtun, doch so wie es aussah, würde es wohl keine andere Option geben. Das gefiel mir nicht. Zwar erwarteten mich keinerlei Schwierigkeiten, da es ja ein Befehl seitens General Hammond war und Jack das alles zu begrüßen schien, aber Sam würde mir die Hölle heiß machen. Außerdem würden wir nach solch einer ausgewachsenen Prügelei, wie sie uns bevorstand, nicht einmal mehr geradeaus laufen können, geschweige denn auf Mission gehen.

„Ich will mich nicht mit ihnen schlagen, Colonel.“, versuchte ich dem ein Ende zu setzten. Wir befanden uns in der Trainigshalle und Teal’c stand an die Wand gelehnt da, um darauf zu achten, dass wir uns nicht allzu sehr verletzten. „Ich finde das albern.“

„Ich mich aber!“, wandte Jack überzeugt ein, während er wie ein Boxer vor mir herumtänzelte. In diesem Moment verfluchte ich mein Leben. Ich wusste, er würde nicht nachgeben, er würde es durchziehen, mit oder ohne mein Einverständnis. Und so war es auch. Kaum hatte er nämlich die drei Worte ausgesprochen, verpasste er mir auch schon eine. Ich konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen und abermals musste meine Unterlippe dran glauben. Noch ein paar von diesen Schlägen und ich könnte sie ganz wegwerfen. Den leichten Schmerz ignorierte ich, da ich mich darauf konzentrieren musste, seinen Fäusten auszuweichen.

„Colonel, das ist kindisch!“, versuchte ich es noch einmal, glaubte aber von Anfang an nicht, viel Glück damit zu haben.

„Wehren sie sich endlich, Commander oder können sie nur Sprüche klopfen?“, provozierte er mich. Darauf wollte ich mich jedoch nicht einlassen. Einer von uns musste vernünftig bleiben, auch wenn der Drang ihm, mal so richtig Eine reinzuziehen, schwer zu unterdrücken war.

„Wieso können sie mich eigentlich nicht leiden. Im Grunde bin ich doch ein ganz netter Kerl.“, fragte ich, während ich mich duckte. Langsam kam ich ins Schwitzen. Er war wendiger als ich angenommen hatte und es würde schwer werden, im Ernstfalle mit ihm fertig zu werden. Wieso musste dieser Mann auch so ein Sturkopf sein.

„Sie wissen doch sonst immer alles, sagen sie es mir!“ Jack holte aus und traf mich voll in die Magenkuhle. Ich krümmte mich vor Schmerz. Ich hasste diesen Kerl so sehr. Meine Wut kaum noch im Zaum haltend wich ich zurück und blickte ihm böse entgegen.

Zornig stieß ich hervor: „Ich will weder Doktor Jacksons Platz einnehmen, noch Major Carter flachlegen. Es gibt also keinen Grund, um auf mich wütend zu sein.“ Für die Bemerkung fing ich mir noch Eine ein. Diesmal voll aufs Augen. Jetzt reichte es mir endgültig. Wenn er einen Kampf haben wollte, bitte. Er würde ihn bekommen, doch Gnade konnte er von mir nicht erwarten. Er war einfach zu weit gegangen. Dem musste sein Egoismus mal gehörig ausgetrieben werden. Colonel O’Neill führte sich ja auf, wie ein brünstiger Stier, der sein Revier verteidigen will. Als ob ich darauf Wert legen würde. Ich war doch nur aus einem Grund hier, um Informationen zu beschaffen, die mir bei meiner Suche nach meiner Vergangenheit halfen. Aber wenn ich mich erst mit ihm Prügeln musste, um von ihm toleriert zu werden, dann bitte. Ich fragte mich beiläufig, ob Daniel das auch hatte über sich ergehen lassen müssen. Ich konterte den Schlag mit einem linken Haken voll auf sein Kinn. Kurz darauf stürzte er sich auch schon mit voller Wucht auf mich und warf mich mit sich zu Boden. Dort wälzten wir uns dann umher und versuchten gegenseitig Treffer zu landen und anderen auszuweichen.

„Es geht hier weder um Carter oder Daniel. Ich mag sie nur nicht!“, stieß Jack gepresst hervor. Auch er war ins Schwitzen gekommen und mit jeder Minute, die verstrich, versagten unsere Kräfte mehr und mehr. Er war ein zäher Bursche, steckte meine Schläge mit Leichtigkeit weg und setzte sofort zum Gegenschlag an. Ich schaffte es, mich zu befreien und auf die Füße zu kommen.

„Und darf ich auch erfahren, aus welchem unempfindlichen Grund.“ Auch er erhob sich wieder und begann sofort wieder anzugreifen.

„Weil sie besserwisserisch, stur, egoistisch und vollkommen intolerant sind.“, gab Jack zurück. ,

„Kurz gesagt, weil ich bin wie sie!“, stellte ich sarkastisch klar und schlug ihm mit der Faust in die Magenkuhle. Er packte meinen Arm und warf mich über seine Schulter. Ich prallte hart auf die matte auf, fing mich sofort wieder, und riss ihm mit meinem Bein die Füße weg. Auch er landete unsanft auf dem Rücken.

„Colonel! Commander! Was um Himmels Willen ist hier los?“, rief eine Frauenstimme vom Eingang her zu uns rüber. Wir wussten beide sofort, wem sie gehörte, doch davon ließen wir uns nicht ablenken. Zu sehr waren wir in unseren Machtkampf verwickelt, der immer ermüdender zu werden schien. Ich verlor an Konzentration, immer wieder verschwamm Jack vor meinen Augen. Ich schob es auf das blaue Auge, das ich sicher schon hatte und machte weiter so gut ich konnte. Auch er war so gut wie am Ende, was einen kleinen Trost darstellte. Anklagend fuhr Sam Teal’c an: „Wieso greifst du nicht ein und bringst die Beiden auseinander?“

„Weil es manchmal notwendig ist, dass sich zwei Rivalen im Kampf messen, um so Respekt vor einander zu erlangen. General Hammond war da ganz meiner Ansicht.“, verteidigte sich dieser stoisch.

„Er hat diese Kinderei erlaubt?“, hakte sie ungläubig nach.

„Korrekt!“

„Männer!“, stieß sie zornig hervor. „Die soll einer verstehen.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum. Einen Moment hielten wir beide in unserem Kampf inne und sahen ihr nach, ehe wir gleichzeitig zum Schlag ausholten, trafen und mit einer Drehung zeitgleich auf dem Boden aufschlugen. Ich war am Ende und ich spürte, er war es auch. Krampfhaft versuchte ich mich aufzurichten, doch es gelang mir einfach nicht. Der ganze Raum schien sich zu drehen. Es war also mehr als nur die Schläge von Colonel O’Neill, die mich so elend wurden ließen. Ich war vollkommen unterzuckert. Wie ich es hasste, auf dieses Zeug angewiesen zu sein. Wieso musste mein Körper auch gerade in dieser Hinsicht vollkommen verrücktspielen. Alkohol konnte ich trinken soviel ich wollte, ohne auch nur angetrunken zu sein und bei fünf Minuten ohne Zucker bekam ich voll die Entzugserscheinungen.

„Waffenstillstand?“, fragte ich kraftlos und schaffte es gerade noch, meinen Kopf zur Seite zu drehen, um ihn anzusehen. Ich hoffte inständig, er würde zusagen. Noch eine solche Runde würde ich nicht verkraften. Jedenfalls nicht heute.

„Unter einer Bedingung.“, hakte Colonel O’Neill zufrieden grinsend ein.

„Und welche?“, gab ich resignierend zurück.

„Es gibt eine Revanche.“ Ich nickte nur und ein erleichterndes Lächeln legte sich auf meine Lippen, ehe ich die Augen schloss und versuchte, mein schwer angeschlagenes Herz unter Kontrolle zu bringen. Jack lag immer noch neben mir, keuchend, regungslos und vollkommen fix und fertig. Diese Bezeichnung passte ebenso gut auf mich.

„Teal’c!“, stöhnte ich nach einer geraumen Zeit.

„Ja, Commander Dillan.“, antwortete dieser und beugte sich, eine Augenbraue nach oben gezogen, über mich.

„Erstens: Nur Dillan, wenn es schon sein muss. Und Zweitens: Ich Brauch unbedingt Zucker. In meiner Jacke sind Schokoriegel, holst du sie bitte.“, entgegnete ich, hob kurz meinen Kopf, versuchte aufzustehen, und ließ ihn kraftlos wieder auf die Matte fallen. Er war von einer Sekunde auf die andere um das Dreifache schwerer geworden.

„Ich auch!“, mischte sich Jack ebenso erledigt ein. Ich wusste, in den nächsten zwei Tagen während der Mission würde sich keiner von uns mehr verausgaben, es sei denn, es wäre unbedingt nötig.



Ich schleppte mich vollkommen unterzuckert, mit einem Schokoriegel zwischen den Zähnen, zur Krankenstation. Meine Rippen schmerzten. Jack hatte mich wirklich nicht geschont, ich hatte aber auch nichts anderes erwartet. Er humpelte leicht neben mir her. Als ich ihm die Füße weggerissen hatte, musste ich ihm unweigerlich wehgetan haben. Er hatte es jedoch nicht anders verdient. Ich rieb mir meine schmerzende Seite, versuchte aufrecht zu gehen und gleichzeitig dem Schmerz Einhalt zu gebieten. Wie sehr ich es doch hasste, mich zu prügeln. Das verursachte immer nur böse blaue Flecken.

„Wieso futtern sie eigentlich die ganze Zeit solch süßes Zeug?“, fragte Jack beiläufig, wahrscheinlich nur um irgendetwas zu sagen. Die Stille zwischen uns schien ihm auf den Keks zu gehen. War auch eine berechtigte Frage, denn das war schon mein dritter, seit wir den Trainingsraum verlassen hatten.

„Zuckermangel.“, antwortete ich knapp zwischen zwei Bissen. „Ich habe einen immens hohen Energieverbrauch.“

„Kenne ich!“, meinte er wissend. Ich sah ihn einen Moment ungläubig an, dann verstand ich. Die Atanikermanschetten, als er sie trug, erhöhte sich ebenfalls sein Energiebedarf. Es war vielleicht nicht ganz miteinander vergleichbar, aber im Grunde kam es aufs Gleiche heraus. Ich schüttelte amüsiert den Kopf. Sein Anblick war einfach zu komisch. Er versuchte krampfhaft ein ernstes Gesicht zu machen, doch seine schmerzende Lippe hinderte hin daran. Ich sah sicher auch nicht besser aus. Mein Gesicht war wahrscheinlich nur noch eine von Schmerz verzerrte Grimasse, denn mein Auge brachte mich fast um. Wieso musste es auch unbedingt das Auge sein. Ich schmeckte bitteres Blut auf meiner Zunge, welches sich mit der Süße des Schokoriegels vermischte und ihn somit ungenießbar machte. Ich berührte sacht meine Lippe und musste zu meinem eigenen Bedauern feststellen, dass die Platzwunde von gestern Abend wieder aufgesprungen war. Das würde ich ihm heimzahlen, sobald wir wieder in der Basis waren. Das ließ ich mir nun wahrlich nicht gefallen. Auf der Krankenstation angekommen pflanzten wir uns jeweils auf eine andere Liege und warteten geduldig auf Doktor Fraiser, welche auch kurz darauf vorbeikam. Geschockt sah sie zwischen uns beiden hin und her. Wir mussten furchtbar aussehen, aber ich war mir sicher, sie bekam das wieder hin.

„Oh Mann!“, murmelte sie in sich hinein. „Das bedeutet wohl Überstunden.“ Sie holte eine Schwester zur Hilfe, welche Colonel O’Neills Wunden versorgte, während Fraiser sich mich besah.

„Wie geht es ihnen?“, fragte sie und tastete meinen nackten Brustkorb ab.

„Gu... Autsch!“, stieß ich verzerrt hervor. Gerade als ich antworten wollte, traf sie die Stelle, wo es höllisch brannte. Typisch Arzt, die machten das doch mit Absicht, damit man sich nicht herausreden konnte. Auch Jack stieß einen Schmerzensschrei aus, als sich die Schwester seinen Knöchel besah und ihn überdehnte. Eines war sicher, die Folter des alten Mittelalters schien nichts im Vergleich dazu zu sein. Es stellte sich heraus, dass ich ein paar deftige Prellungen davongetragen hatte und mein blaues Auge noch auf das dreifache anschwellen würde. Alles in allem nicht so schlimm. Nach einer kräftigen Dusche würde alles schon viel besser aussehen, da war ich mir sicher.



Ich ließ das kalte Wasser über meinen Rücken lassen. Außer mir war niemand hier, was ich durchaus begrüßte. Ich war es gewohnt, mit anderen die Dusche zu teilen, aber nichts ging über vertraute Einsamkeit, wenn man sich entspannen wollte. Auf meiner Haut hatten sich bereits leicht blaue Stellen gebildet, besonders im Brustbereich, wo Jack mich am schlimmsten verletzt hatte, doch es war nicht so schlimm, dass es bei jeder Bewegung schmerzte, nur wenn ich halt den Arm hob, so wie im Moment gerade. Ich biss dir Zähne zusammen. Da musste ich unweigerlich durch. Ich hatte mir das selbst zuzuschreiben, denn hätte ich gleich angegriffen, würde ich wahrscheinlich nicht dieses Handicap für die nächsten Tage mit mir rumschleppen. Wie ich es doch hasste, mich zu schlagen. Ich stützte ich an den kalten Fliesen der Wand ab und ließ das heiße Wasser meinen Rücken hinunterlaufen. Es massierte sanft meine angespannten Muskeln, beruhigte meinen geschundenen Körper und vernebelte für Augenblicke meinen Geist. Ich wusste, ich musste das durchstehen, ich musste den anfänglichen Schwierigkeiten trotzen, ich musste herausfinden, wer ich war und wieso ich hier bin. Doch das war alles so frustrierend. Es war das eine die Theorie zu kennen, aber die Wirklichkeit sah oft ganz anders aus. Was würde es für ein Gefühl sein, durch das Stargate zu gehen, was würde man sehen, was fühlen. Nahm man überhaupt etwas wahr. Die Ungewissheit quälte mich. Ich spürte etwas Warmes auf meinem Rücken, etwas, dass das Wasser noch übertraf. Eine Hand, zierlich und sanft. Es brannte, wo sie mich berührte und ich konnte sie überall spüren. Ich schloss unwillkürlich die Augen, genoss diese Berührungen, von denen ich nicht wusste, wer sie mir bescherte. Es war jedoch eindeutig die Hand einer Frau, die über meinen Rücken und nun auch über meinen Bauch strich. Ein weiblicher Körper schmiegte sich an mich, ich fühlte zwei wohlgeformte Brüste in meinem Kreuz. Ich wollte mich umdrehen, nachsehen, wer diese geheimnisvolle Fremde war, doch ich tat es nicht. Mein Körper verweigerte mir den Dienst. Ihre Hände wanderten weiter hinauf über meine Brust, strichen behutsam über die empfindsame Stelle, welche bei der Berührung leicht schmerzte, und glitten wieder hinunter. Ihre Fingerspitzen umrundeten meinen Bauchnabel, bahnten sich ihren Weg voran zu meiner Männlichkeit, stoppten kurz davor, hielten inne und bebten unter den Bewegungen meines Brustkorbs. Ich atmete schnell, fast stoßweise. Sie hatte mich um den Verstand gebracht und jetzt machte sie mich mit ihrer plötzlichen Pause ganz verrückt.

„Hilf mir, Jarod! Bitte, hilf mir!“, flehte sie flüsternd in mein Ohr. Ich spürte ihren warmen Atem an meinem Ohr, meinem Hals, Teilen meines Gesichts. Die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor, sie war mir so vertraut. Ich wusste, ich hörte sie nicht zum ersten Mal, doch war mir entfallen, woher ich sie kannte. Ich wollte etwas entgegnen, sie fragen, wie ich ihr helfen sollte, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich brachte keinen Ton heraus, nur ein unterdrücktes Stöhnen. Sie schien auch so zu verstehen. Mit sanfter Gewalt drehte sie mich zu sich um. Ich wollte meinen Augen öffnen, vermochte es jedoch nicht. Schon spürte ich ihre weichen Lippen auf den Meinigen, ihre brennenden Hände wanderten wieder über meinen Rücken. Ich wirbelte sie leidenschaftlich herum und presste sie vorsichtig gegen die kalten Fliesen. Normalerweise war das nicht meine Art einfach so über eine Frau herzufallen, doch ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Ich war erregt, mein Blut kochte, mein Puls raste, als hätte ich auf diesen Augenblick schon mein ganzes Leben lang gewartet. Meine Lippen wanderten unkontrolliert zu ihrem Ohr, ihrem Hals, ihrer Schulter. Ihre ganze Haut wollte ich mit Küssen bedecken. Sie schmeckte süß, jung, lebendig. Das Wasser spürte ich schon längst nicht mehr. Ich griff ekstatisch an ihren festen, runden Po und hob sie mit einem Kräftigen Ruck hoch. Ihre langen, schlanken Beine umschlossen meine Hüften, zogen mich fest an sich. Ich küsste ihr Dekolletee, ihre Brüste, weitere Teile ihrer samtigen Haut. Verlangend schob sie mir ihren Unterleib entgegen und ich drang vorsichtig in sie ein. Sehnsüchtig bewegte ich mich in ihr, erst langsam, dann immer schneller, ehe ich mich nach ein paar kräftigen letzten Stößen und einem unterdrückten Stöhnen in ihr ergoss. Ich vergrub mein Gesicht in ihrem Nacken, versuchte meinen gehetzten Körper zu beruhigen, doch gelang es mir nur schwer. Ich ließ sie runter, meine Augen immer noch geschlossen, bedeckte ihren Hals erneut mit meinen Küssen. Sie presste sich an mich. In Rätseln sprach sie dann zu mir: „Der Ring wird dich führen. Er weist dir den Weg. Traue den anderen, sie werden dir folgen.“ Ein kalter Windhauch streifte über meinen Körper Sie war verschwunden. Gemächlich öffnete ich die Augen. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an, da wo sie mich berührt hatte, schien ich immer noch zu glühen. Jemand war hier, ich spürte die Anwesenheit eines anderen. Er sah mich an, musterte mich verwundert und schien zu überdenken, was er sagen konnte, ohne zu aufdringlich zu wirken oder gar besorgt. Colonel O’Neill. Ein anderer kam nicht in Frage. Ich hob meinen Kopf, er pochte wie verrückt, mein Nacken schmerzte. ich musste schon eine ganze Weile in dieser Haltung gestanden haben. Ich streckte meinen verspannten und schmerzenden Körper, richtete mich auf, versuchte vergebens zu verdrängen, was gerade passiert war, schaltete das Wasser ab und sah ihn an. Er hatte beide Augenbrauen hochgezogen, die Hände in die Hüften gestemmt, welche lediglich von einem Handtuch umschlungen waren und blickte mich einen Augenblick einfach nur an.

„Ich will zwar nicht so klingen, als würde ich sie mögen, was alle Beteiligten natürlich für besser erachten würden, aber so ist es nun einmal nicht, dennoch: Alles OK?“, brach er schließlich das Schweigen. Ich wusste nicht, ob ich mit ja oder nein antworten sollte. Auf eine Art war das wahrscheinlich die phantastische Sexerfahrung seit langer Zeit gewesen, aber auf der anderen Seite machte ich mir große Sorgen, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, was in Herrgottes Namen passiert war.

Ich vergrub mein Gesicht in meinem Handtuch und setzte zur Gegenfrage an: „Hatten sie schon mal einen wirklich reellen Tagtraum?“

„Ich habe einen Urgo gesehen.“, entgegnete Jack belanglos, schaltete die Dusche neben mir an und prüfte mit der Hand das Wasser. Ich schüttelte resignierend den Kopf, also das war nun wirklich die vollkommen falsche Richtung. Ich war mir hundertprozentig sicher keinen Naocomputer in meinem Gehirn zu haben, der mich sexuell anmacht.

„So meine ich das nicht!“, gab ich scharf zurück. Meine Gedanken spielten verrückt, ich fühlte mich schlapp und gleichzeitig vollkommen überdreht. Ich brauchte kurz gesagt dringend etwas Süßes.

„Daniel... hat mir mal was erzählt. Shau’ri soll durch sein Unterbewusstsein zu ihm gesprochen haben. So eine Handmodulgeschichte. Außerdem hatte er ganz reelle Hallos von so kleinen Würmchen, die Machello erfunden hatte.“, bemerkte Jack zögernd. Er wusste gar nicht, warum er mir das erzählte, ich sah es in seinem Gesicht, aber auch die Tatsache, dass er genau das kurz darauf zum Besten gab, überzeugte mich davon. Also, die Erfindung von Machello war vollkommen ausgeschlossen und auch die Einwirkung eines Handmoduls schien unmöglich. Also gab es keine Erklärung. ich musste mich wohl oder übel damit abfinden, dass ich langsam verrückt wurde. Na ja, wäre ja nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Ich wollte noch etwas entgegnen, doch im selben Augenblick platzten die vier Mitglieder von SG-5 in den Duschraum, was einen Heidenlärm verursachte, da sie sich anscheinend köstlich über die weiblichen Einwohner eines Planeten auszulassen schienen. Ich nutzte die Gunst der Stunde und verschwand, denn ich wollte weder etwas erklären, noch ein blödes Kommentar von ihm hören, welches sicher noch gekommen wäre. Ich sah auf die Uhr, noch eine Stunde. Es wurde höchste Zeit für eine ausgiebige Mahlzeit. Wer konnte schon sagen, wann wir wieder etwas bekamen. So viel Glück, wie ich in letzter Zeit hatte, würden wir wahrscheinlich angegriffen werden. Bei diesem Gedanken verkrampfte sich mein Magen und das war alles andere als ein gutes Zeichen.



weiter: Kapitel 4

© 2003 Lenari


Jarod 4: Jarods erste Mission by Lenari
Author's Notes:
Jarods erste Reise durchs Stargate und was ihn auf der anderen Seite erwartet, scheint unglaublich...
Jarod 4: Jarods erste Mission

Ich stand vor dem bis jetzt noch nicht aktivierten Sternentor, neben mir Major Samantha Carter und der Jaffa Teal’c. Fasziniert blickte ich auf das monströse Artefakt längst vergessener Zeiten. Nicht mehr lange und es würde zum Leben erwachen. Ich wusste, was mit mir passieren würde, wenn ich hindurchtrat. Das Wurmloch würde mich in meine einzelnen Atome zerlegen, mich mit unvorstellbar hoher Geschwindigkeit mitten durchs Weltall katapultieren und mich dann auf der anderen Seite wieder ausspucken.
Im Grunde keine so angenehme Erfahrung, wenn ich das sagen darf. Dazu kam dann noch die unheimliche Kälte, die man verspürte, wenn man auf der anderen Seite hinaustrat, was eigentlich kein Wunder war, wenn man bedachte, dass man durch ein Vakuum geschossen wird, dass eine Normaltemperatur von mindestens minus fünfzig Grad aufweist. Ich kann nicht verstehen, wie man sich an so etwas gewöhnen kann. Das ist absolut unverständlich und absurd. Wenn ich das jemanden erzählen würde, man könnte mir einfach nicht glauben. Ich wollte mir selbst ja nicht wirklich trauen, egal ob ich es nun genau vor mir sah oder nicht. Es war einfach zu abstrakt. Mir war schon klar, dass es noch andere Wesen geben musste und auch, dass es der Realität entsprach, dass dieses Tor existierte und dennoch verursachte allein der Gedanke daran hindurch zu schreiten, mir ein unwohles Gefühl in der Magengegend. Wer auch immer so brillant war, eine solche Technologie zu erfinden, zu gerne würde ich ihn kennen lernen. Sicher könnten sie mir sagen, wer ich eigentlich bin, denn eines ist doch wohl sicher, menschlich bin ich auf keinen Fall.
Ich gehöre einfach nicht auf diesen Planeten, selbst wenn ich ihn als Heimat bezeichnen würde. Zum ersten Mal erlebte ich bewusst das kobaltblaue und strahlend weiße Aufflammen des Zentrums des Tores mit: Ein Orkan aus purem Licht tobte brodelnd in die Halle heraus, krümmte sich zuckend und wurde bereits wieder kreischend zurückgerissen – ein gigantischer Schlund loderte, wölbte sich über die Tor-Ringe hinweg, ein Wurmloch von einem Ende des Universums bis zum anderen, ein Abgrund ins Nichts oder vielleicht in die Hölle – ein Gewittersturm sengender Blitze irrlichterte durch die Halle, und mit ihm klirrende Kälte. Raureif überzog den Boden und schmolz im gleichen Moment.
Das Tor war geöffnet - ein sanftes Leuchten und Schillern füllte den inneren Ring, huschende Bewegungen, ein Flüstern und Raunen, wie von Myriaden vom Himmel fallender Sterne. Wunderschön und gewaltig. Die Helligkeit blendete mich leicht, griff bereits nach mir, lockte mich „Komm komm komm“ und es war, als würde ich gepackt und rasend schnell vorwärtsgerissen, auf das Strahlen zu – ein Sog wie von einem alles zerschmetternden Strudel. Doch ich war weit genug entfernt. Ich schüttelte es ab, lächelte, weil ich plötzlich wusste, dass es das war, wonach ich mich gesehnt hatte all die Jahre, auch wenn es mir, wie ich zugeben musste, ein wenig Angst machte, denn das ungute Gefühl in der Magengegend nahm noch zu. Das Tor lockte mich, saugte mich an, riss mich vorwärts mit einer zornigen Wucht – die Rampe hinauf, weiter, weiter. Irgendwo Stimmen. Man rief meinen Namen. Ich löste mich von dem Anblick, ignorierte die Sehnsucht nach dem Unendlichen und wandte mich Richtung Eingang. Dort sah ich Doktor Fraiser, welche direkt auf mich zukam. Sie keuchte leicht, war anscheinend gerannt. Es musste also wichtig sein. Doch was war wichtiger als diese Urgewalt des Sternentores, in sie einzutauchen, mich von ihr verschlingen zu lassen. Mein Gott, hatte sie etwa Recht, wurde es zu einer Sucht? War ich längst abhängig, obwohl ich es nie durchschritten hatte? Nahm es einen so schnell ein?
Ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, schon stand sie schwer atmend vor mir, eine Strähne ihres kurzen Haars aus dem Gesicht streichend. In ihrer Hand hielt sie zwei Spritzen und so wie es aussah, waren die für mich.
„Ich habe mir ihre Unterlagen noch einmal gründlich angesehen.“, sagte Janet ohne Umschweife. Ich warf einen Blick auf die Uhr, wir waren jetzt genau eine Minute überfällig, aber anscheinend war Hammond schon informiert, denn er machte keine Anstalten, zu fragen, was eigentlich los war. „Wie es scheint leiden sie an einer sehr seltenen und äußerst aggressiven Form der Diabetes. Ihre hohen Insulinwerte und der niedrige Blutzuckerspiegel in ihrem Blut beweisen das.“
„Mir geht es aber gut.“, wandte ich nüchtern ein. Ich wollte endlich hier weg. Erst eine total aufgelöste Samantha Carter, dann ein vollkommen verrückt gewordener Colonel und jetzt auch noch eine übereifrige Ärztin. Das war einfach nicht mein Tag. Diabetes, wie kam diese Frau denn darauf?
„Ist das nicht eine Krankheit, wo man keinen Zucker essen darf?“, hakte Jack mit hochgezogenen Augenbrauen ein. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Musste der Typ sich jetzt etwa auch noch einmischen? Hatte der für heute nicht schon genug geredet? Ich war sauer. Warum wusste ich nicht, ich war es halt. Wahrscheinlich, weil sie kurz davor war, mein Geheimnis zu lüften, weil sie die Symptome erkannte und zu behandeln versuchte, Symptome, die ich brauchte, um hundertprozentig arbeiten zu können, mein volles Potential zu entfalten. Was auch immer diese Spritzen bewirken, sie würden auf den zweiten Blick schädlich für mich sein, da war ich mir sicher. Auf eine Weise, die andere sicher nicht als Schlechtes erkennen würden. Ablehnen würde ich dennoch wohl kaum können. Man würde mich für diese Mission sperren, vielleicht sogar für alle weiteren und das konnte ich nicht riskieren. Ich musste vorher die Wahrheit über mich wissen, über uns, auch wenn sie es nicht mehr erfahren würde.
Oh Gott, wie sehr ich sie doch vermisste, ihr Lachen, ihre Wärme, ihre Zärtlichkeit, ihr ganzes Wesen. Das man immer erst verstand, wie viel ein Mensch einem anderen bedeutet, wenn man ihn verloren hat, ist traurig. Ich wünschte, ich hätte es ihr gesagt, doch sicher wusste sie es. Wir hatten uns immer blind verstanden.
„Im Grunde ja, Colonel.“, drang Doktor Fraisers Stimme an mein Ohr. „Es gibt aber auch eine Form, bei welcher der Körper zu viel Insulin produziert, was zu einem permanenten Abbau von Glucose führt. Diese Patienten brauchen eine größere Menge Zucker als normale Menschen, um ihren Energiebedarf zu decken, ähnlich wie bei den Atanikermanschetten. Sie haben damals fast unseren ganzen Monatsvorrat an Schokoriegeln verputzt.“ Jacks Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er die Sache erst mitgeschnitten, als man die Manschetten erwähnte.
„Und was ist dann in den Spritzen, ein Hemmungsmittel?“, hakte ich kühl nach. Ich wollte endlich an die Arbeit gehen. Meinetwegen sollte sie es Diabetes nennen, wenn es ihr damit besser ging, mir war es egal.
„Genau das! Es wirkt 12 Stunden, danach nehmen sie die andere Spritze.“, meinte sie ruhig. Ich nahm ihr eine ab und steckte sie unachtsam in eine meiner vielen Taschen neben einen Schokoriegel. Dort würde ich sie schon wieder finden. Ich schob den Ärmel meiner Jacke ein Stück nach oben, so dass mein Unterarm frei war und ließ mir von ihr das Zeug in eine meiner Venen spritzen. Ich merkte es nicht, wie auch bei solch einer dünnen Nadel. Außerdem fixierte mein Blick längst wieder das Stargate.
Es zog mich an. Endlich konnten wir starten. Samantha und Teal’c bildeten die Vorhut, fünf Yards voraus, Schattenrisse vor dem Feuerschlund des inneren Rings; sie hielten nicht mehr an, drehten sich nicht um. Gleich darauf waren sie in einem Aufglühen verschwunden. Unterwegs.
Colonel O’Neill direkt neben mir, ebenfalls vom Bann des Tores eingefangen. Ich strich über den Ereignishorizont, versuchte zu begreifen, dass es kein Wasser war, was da vor mir lag, nicht in Panik zu geraten, dass ich ertrinken könnte.
„Ist ein Kinderspiel.“, bemerkte Jack mit einem sarkastischen Grinsen. Ich sah ihn nicht an. Das Brodeln des Tores übertönte mein belangloses Murmeln. Das Lodern war überall, es schien bereits meine Haut auszubleichen, wegzubrennen. Jack ging voraus, als wäre es das Normalste der Welt. Für ihn vielleicht. Dann tat ich selbst den Schritt über die grenze und in das Licht hinein...
...und spürte die Beschleunigung, es war, als werde mein Gesicht bereits von mir weggerissen, während der Rest meines Körpers noch in der letzten Bewegung erstarrt war und sich in Feuerschlieren auflöste und zu wirbelnden grellweißen Funken wurde und ebenfalls beschleunigte, und erst jetzt, in dieser Nicht-Zeit, kam der Schmerz, ein rasender, tobender, wahnsinniger Schmerz, und er begriff, dass es anders war, als er es aus den Berichten kannte, dass er es dieses Mal, wie auch immer, bei vollem Bewusstsein erlebte: Es war mehr als verbrennen oder Sich-Auflösen oder sterben, viel mehr, und viel schrecklicher.
Mein Blut explodierte in sprudelnden Fontänen durch meine Poren hindurch, meine Haut riss auf, verschwand, flatternde Fetzen hinter mir, verschwand, genau wie mein Fleisch, meine Knochen – ich hörte ihr Splittern und Bersten, und dann eskalierte es immer noch weiter, noch weiter, und ich versuchte zu akzeptieren, dass ich keinen Körper mehr hatte und dennoch wahrnehmen und den eigenen dröhnenden Herzschlag hören und denken konnte.
Die Beschleunigung nahm zu, mit ihr kam die Kälte des Weltraums und die brüllende Hitze des Höllenfeuers, kam ein wirbelndes Spährenhuschen, schneller, rasender, kamen kristallklare Splitter aus Licht und gestaltgewordener Nacht und sausten an mir vorbei.: Sternschnuppen in diesem Raum ohne Sterne; so schnell, so ungeheuer schnell. Stimmen, sie sprach zu mir. Ich konnte ihre Worte nicht erfassen. Flehen, kaum ausgesprochen, schon ohne jeden Sinn.
Es waren Hilfeschreie, Betteln, soviel konnte ich erkennen. Es ging einfach alles zu schnell. Das Ding, das mich mit sich trug, mit sich riss, dieses Dinge drehte und krümmte und wand sich um mich herum und vor mir, und die Beschleunigung nahm zu, nahm zu und alles ringsum verschwamm und zerriss und krümmte sich nach unten... nach unten, auf einen nadelspitzen Punkt in einem Abgrund zu, der so grauenerregend war, dass ich vor Angst und den zu erwartenden neuen Schmerzen kreischte, endlich doch noch kreischte wie eine Furie, während ich bereits immer schneller und noch schneller wurde und hinabstürzte in diesen brodelnden, wimmelnden Schlund voller Zähne – und das war mein letzter bewusster Gedanke – bevor mich das Tor auf der anderen Seite ausspie. Ich stolperte die vier, fünf Stufen hinab, glaubte schon, zu stürzen und hielt mich doch auf den Beinen.
Es war kalt, so schweinekalt. Ich glaubte zu erfrieren, zu Eis zu erstarren. Ich musste in Bewegung bleiben. Mir wurde speiübel, kurz darauf erbrach ich mich. Einmal... zweimal... dreimal... Die Krämpfe ließen langsam nach, mein Magen beruhigte sich allmählich wieder, der Schleier um meine Gedanken legte sich, ich nahm meine Umwelt bereits wieder halbwegs intensiv war. Eines war sicher, wären wir angegriffen worden, ich läge bereits blutüberströmt und vor allem mausetot im Dreck. Sam rieb in großen Kreisen über meinen Rücken.
„Das lässt gleich wieder nach. Ging uns beim ersten Mal nicht anders.“, meinte sie mit einem ihrer bezaubernden Lächeln und zerzauste mir mein kurzes, schwarzes Haar.
„Also ich habe mich nicht so gehen lassen.“, stellte Jack richtig.
„Sie waren ein Selbstmordkandidat, so ein Trip hat sie nicht gejuckt, Sir. Als sie auf Abydos zurückkehrten, sahen sie auch nicht gerade so aus, als hätte ihnen der Ausflug Spaß gemacht.“, entgegnete Sam in diesem „Ich weiß es ja sowieso besser als sie“ – Ton.
„Woher wollen sie das wissen, sie waren doch voll damit beschäftigt, nicht in Unmacht zu fallen, Carter.“, wehrte Colonel O’Neill ab. Ich hatte mich bereits wieder so weit unter Kontrolle, dass ich wankenden Schrittes auf die verwitterten Ruinen zu taumeln konnte und ließ die beiden Streithähne einfach stehen.
Teal’c tat es mir gleich, ihm schien das wohl auch schon allmählich auf den Sack zu gehen und dieses arme Schwein war schon sechs Jahre länger als ich dabei. Die sollten endlich einmal ihre Schatten überspringen und es hemmungslos miteinander treiben. Wäre für alle Beteiligten besser, besonders aber für meinen so schon genug geschundenen Körper. Jack würde seine überschüssige Energie dann wenigstens nicht mehr an mir auslassen, bloß, weil er meinte, eifersüchtig auf mich sein zu müssen. Ich hatte schließlich freiwillig das Feld geräumt, aber daran konnte er sich sicher nicht mehr erinnern. Mein Ärger war schnell verflogen, als ich die prachtvolle Stadt vor mir erblickte. Das ließ mit hundert protzentiger Sicherheit alle Archäologenherzen höher schlagen. Eine einzige Steinlandschaft, zerfallene, aber dennoch phantastisch erhaltene Ruinen, vereinzelt Säulen, die auf einen besonderen Ort hinwiesen, wahrscheinlich der Marktplatz.
Ich ging näher, immer noch etwas wacklig auf den Beinen. Hinter mir waren die Stimmen von Sam Carter und Jack O’Neill leise zu vernehmen, doch ihr Sinn drang nicht zu mir durch, dennoch schienen sie zu diskutieren, ja fast sogar zu streiten. Teal‘c wich mir keinen Zentimeter von der Seite. In seiner Gegenwart fühlte ich mich irritierender Weise ziemlich sicher, wenn man von dem ständigen Gedanken in meinem Hinterkopf absah, der mir auch jetzt warnend zuraunte: Pass ja auch seine Larve auf! Ich ignorierte es, konzentrierte mich auf meine Aufgabe. 24 Stunden. Uns blieben nur 24 Stunden und dieses verschollene Paradies würde wahrscheinlich genug Geheimnisse für drei Leben bieten. Verschwendung. Soviel könnte man erfahren, soviel, was diese Überreste längst vergessener Zeiten uns noch zu sagen hatten und wir würden es wahrscheinlich niemals hören. Ich hielt inne, ließ den Anblick für einen langen Moment auf mich wirken, saugte die Luft ein, der Geruch von Wissen drang mir in die Nase, Neugierde überfiel mich.
Ich wollte losstürmen, mir alles auf einmal ansehen, meine Gedanken den steinernen Hallen der Gebäude mitteilen, einfach wahllos drauflosplappern, mich selbst immer wieder korrigierend, wissensdurstig, ausgehungert - wie ein Vampir nach einem Tag des Schlafes. Ich schloss die Augen, atmete tief durch, seufzte leise in mich hinein, zwang mich zur Ruhe – fand sie. Ich ordnete meine Gedanken, brauchte ein Muster, nach dem ich vorgehen konnte, ich musste mich beeilen. Zum Übersetzten würde keine Zeit bleiben, nur alles filmen und ein paar Artefakte einsammeln, mehr war nicht drin. Graben kam nicht in Frage, Freilegungen würden nicht vorgenommen werden. Keine Ausgrabung, keine Studien, nur die Ansammlung von Material. Eventuell wichtig genug für noch einen Besuch, länger, ausgiebiger, mit mehreren Wissenschaftler – ohne mich.
Ich würde nicht dabei sein, ich würde auf einen neuen Planeten geschickt werden, ich würde das alles bald vergessen. Nein, meine erste Reise durch Sternentor, mein erster fremder Planet. Ich würde ihn nicht vergessen, ich könnte ihn nicht vergessen. Hier ruhte das Erbe der Sumerer, hier ruhte das Lebenswert von ihr. Ich konnte sie spüren, konnte ihre Stimme sanft in meinem Ohr flüstern hören. Wie sie von gigantischen Bauwerken erzählte, dem anarchistischen Treiben auf dem Marktplatz um die Mittagszeit - konnte das Geschrei förmlich hören – den riesigen Türmen, die bis in den Himmel und noch weit darüber hinaus zu ragen schienen und den Priestern in ihren prachtvollen Gewändern, die zu den Annuaki sprachen, Wissen von ihnen erlangten, die ME’s mit ihrem Leben beschützten. Diese heiligen Steine hier zu finden, würde, neben dem Stargate und allem was es mit sich brachte, die Entdeckung des Jahrhunderts werden. Jahrtausende altes Wissen, die Macht eines ganzen Universums und all das vereint in einem kleinen Stein.
Es wäre ein kaum zu verkraftender Sprung auf der Evolutionsleiter. Solch ein Fund würde genauso totgeschwiegen werden, wie die Entdeckung und Aktivierung des Stargates. Für lange Zeit würde noch würden diese Steine Mythen bleiben, falls es sie überhaupt gab. Ich zwang mich, sachlich zu bleiben, ließ mich nicht von meinem Eifer blenden. Ich war nicht nur Anthropologe, ich war auch Soldat und als solcher hatte ich konsequent und schnell zu handeln. Ich durfte mich nicht länger damit aufhalten, über die Theorien nachzudenken, wenn die Antworten von Jahrtausenden doch genau vor meiner Nase lagen. Die Zeit lief, ich musste mich jetzt an die Arbeit machen. Ich war entschlossen.
Ich schnallte meinen Rucksack ab und machte mich daran, alles Wissenswerte und Außergewöhnliche mit der Digitalkamera zu filmen. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich immer wieder Major Carter, die ganz in der Nähe Bodenproben nahm – potentielles Naquadavorkommen. Colonel O’Neill und Teal’c sahen sich um, spähten nach allem, was verdächtig sein könnte – ihnen juckte es in den Fingern. Die ersten Stunden vergingen wie im Fluge. Unerbittlich brannte die Sonne auf unsere winzigen Körper, machte die Arbeit beinahe unerträglich, doch sie tat auch gut. Sie ließ mich alles um mich herum vergessen, meine Aufmerksamkeit konnte sich ganz allein auf die Gebäude ausbreiten. Immer wieder rief O’Neill mir etwas zu, was soviel bedeutete, wie: Bleib bloß in der Nähe. Er hatte anscheinend vergessen, mit wem er es zu tun hatte. Ich war nicht Daniel, ich begab mich normalerweise nicht übermäßig in Gefahr – leider hatte ich davon noch nicht viel durchblicken lassen in letzter Zeit.
Ich sah immer wieder auf die Uhr, vier Stunden waren vergangen. Ich hätte eigentlich schon längst Entzugserscheinungen haben müssen. Da fiel mir das Mittel von Fraiser wieder ein, der Blocker gegen mein Insulin. Ich hatte es vollkommen vergessen, so nebensächlich war es geworden. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum ich mich nicht hundertprozentig auf meine Arbeit konzentrieren konnte. Ich war einfach nicht zu meiner vollen Leistung fähig. Das hinderte mich jedoch nicht daran, immer wieder meinen Energiebedarf mit Schokolade aufzustocken. Gut, dass ich mir Smarties und M&M’s mitgenommen hatte.
„Wie geht es voran?“, fragte Samantha und stellte sich neben mich. Ich hatte gerade die prachtvollen Fenster eines der größeren Gebäude unter die Lupe genommen. Glas, vielleicht sogar ein anderes Material. Sie mussten sich in den letzten vier Jahrtausenden noch viel weiter entwickelt haben, als es den Anschein hatte. Hier musste es moderne Technologie geben, Computer, Dinge, die darauf schließen ließen, dass sie wirklich die waren, für die ich sie hielt, dass die Theorien wirklich zutrafen. Ich musste die ME’s finden!
„Gut! Berühr doch bitte mal das Glas, OK.“, bat ich sie, ohne meinen Blick von dem wegschweifen zu lassen, was ich gerade filmte. Ich konnte sie jetzt schließlich durch die Kamera beobachten. Als sie sanft mit ihren schlanken Fingern über die Oberfläche strich, vibrierte diese leicht. Ich bannte alles auf Band, Beweise, dass meine Vermutungen wahr schienen.
„WOW, das ist definitiv kein Glas.“, stieß Sam hervor und ein Leuchten flammte in ihren Augen auf. Wissbegierig, hungrig nach der Wahrheit, sah sie auf die Fensterscheiben. Physikalisches Wunderwerk, sie wollte wissen, wie es funktionierte. Sie hatte ein neues Spielzeug entdeckt und war nicht gewählt, es wieder herauszurücken, geschweige denn es aus den Augen zu lassen. Ich schmunzelte, als ich dieses Schauspiel durch den kleinen Bildschirm meiner Kamera hindurch beäugte.
„Diese Kultur hatte ebenso sechstausend Jahre Zeit, sich zu entwickeln wie wir und sie hatten einen kräftigen Vorsprung. Die wussten von Dingen, die wir erst in den letzten paar Jahrhunderten wieder entdeckten. Und mit etwas Hilfe von den Annuaki war solch ein Fenster wahrscheinlich sogar nur ein unbedeutendes Etwas.“, entgegnete ich amüsiert.
„Wollen sie damit sagen, Commander, das war für die Pillepalle.“, mischte Jack sich mit hochgezogenen Augenbrauen ein.
„Ich würde es vielleicht nicht gerade mit diesen Worten ausdrücken, aber im Grunde schon. Wenn die Theorien der Wahrheit entsprechen, und davon können wir ausgehen, hatten die Sumerer bereits Kontakt zu Außerirdischen. Diese wurden Annuaki genannt, bedeutet soviel wie: ‚Die vom Himmel auf die Erde kamen‘, und wenn wir eine Parallele zum Stargate ziehen, dass in der Antarktis gefunden wurde, kann man davon ausgehen...“
Sam unterbrach mich, beendete euphorisch meinen Satz: „...das diese die Erbauer des Stargates waren, die Antiker.“
„Also schlussfolgere ich daraus, dass diese Sumerer die Antiker dabei erwischten, wie sie das Stargate aufbauten und sie als Götter verehrten. Klingt für mich verdächtig nach Goa’uld.“, bemerkte Jack zynisch. Ich musste zugeben, im Grunde hatte er recht, aber wenn dann eher wohl Tok’ra, welche damals noch nicht wirklich als solche existierten. Also blieb nur der Schluss, dass es Antiker waren, da man diese als Erbauer des Stargates angepriesen hatte, vorausgesetzt man hatte uns nicht belogen und alles war einfach nur ein riesengroßer Schwindel. Die Furlinger waren natürlich auch mögliche Kandidaten, aber eher unwahrscheinlich, dachte ich zumindest.
„Die Annuaki waren alles andere als herrschsüchtig, Colonel.“, wandte ich ernst ein. „Sie haben ihr Wissen mit den Menschen der Erde geteilt, ihre Städte aufblühen lassen. Na ja, sie haben sich ab und zu ein paar bildschöne Frauen ausgesucht, um Spaß zu haben und Hybriden zu zeugen, so genannte Göttersöhne, aber ansonsten waren sie harmlos und alles andere als tyrannisch. Sie waren ähnlich den heidnischen Götter. Thor, zu Beispiel. Ist ihnen ja kein Fremder.“ Ich konnte mir diesen Kommentar nicht verkneifen, auch wenn ich dafür ein giftigen Blick von ihm erntete. Ich ließ mich davon nicht beirren, machte einfach mit meiner Arbeit weiter.
„Hochinteressant. Ich bin begeistert.“, gab Jack mit Sarkasmus in der Stimme zurück, nicht einmal gewählt, diesen auch nur etwas zu unterdrücken. Er war neidisch – wütend, weil er keinen Grund hatte, sauer auf mich zu sein. „Carter, finden sie heraus, wie das funktioniert, zur Not nehmen sie das ganze Fenster mit. Hammond wird begeistert sein.“ Im gleichen Augenblick hatte er sich auch schon abgewandt und schlenderte zu Teal’c zurück.
„Wenn sie es tragen, meinetwegen, Sir!“, rief sie ihm witzelnd hinterher und kicherte leicht in sich hinein. Resignierend schüttelte ich den Kopf. Ich hatte Recht, sie mussten endlich zusammen in die Kiste, am besten HEUTE noch.

weiter: Kapitel 5


© 2003 Lenari


Jarod 5: Jarods Erinnerungen und Träume by Lenari
Author's Notes:
Jarods Hoffnungen scheinen auf diesem Planeten begraben, doch scheinen sie seinen Augen verborgen, auf jeden Fall bis es dunkel wird...
Jarod 5: Jarods Erinnerungen und Träume

Ich war müde. Den ganzen Tag hatte ich damit zugebracht, alles zu filmen und die verschiedenen Artefakte, von welchen ich glaubte, sie mitnehmen zu müssen, zu katalogisieren. Ebenso hatte ich die Umgebung nach den ME’s abgesucht, doch nichts gefunden, was auch annähernd der Beschreibung glich. Es wurde langsam dunkel, was nicht weiter verwunderlich war, waren wir doch erst am späten Nachmittag hier eingetroffen, und ich beschloss morgen weiter zu machen. Meine Konzentration hatte bereits beträchtlich nachgelassen und es würde nur mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen, wenn ich jetzt noch weiterarbeitete. Ich erhob mich, streckte meine schmerzenden Glieder, was sich sofort als fataler Fehler herausstellte, denn meine Seite begann sofort unnatürlich stark zu schmerzen. Leise fluchend ging ich zu den anderen, die sich ebenfalls entschieden hatten, für heute Schluss zu machen. Carter berichtete gerade begeistert von dem Fenster und dem Glas, dass eigentlich keines war, während Jack ein Feuer entfachte und Teal’c die Zelte überprüfte, ob sie auch wirklich ordnungsgemäß aufgestellt waren. Ich legte die Kamera und die ergatterten Artefakte zu meinem Rucksack und ließ mich am Feuer nieder. Es war immer noch warm, doch durch den lauen Wind, der aufgekommen war, wurde es wenigstens erträglich. So hundemüde und ausgelaugt ich auch war, ich würde nicht schlafen können. Ich war ein Nachtmensch, jemand, der nicht vor eins ins Bett verschwand und dennoch morgens um sechs putzmunter sein konnte. Doch diesmal hielt mich nicht diese Tatsache vom schlafen ab, sondern meine Gedanken. Ich fragte mich schon die ganze Zeit, wo die ME’s verborgen sein könnten, was mein komischer Tagtraum zu bedeuten gehabt hatte und wie viel Zeit noch verstreichen würde, ehe ich Antworten erhielt. Zudem schwitzte ich und roch sicherlich auch nicht sonderlich aufregend. Weiter unten war ein kleiner See, wir waren an ihm vorbeigekommen, als wir uns auf den Weg zu diesem Dorf gemacht hatten. Ich beschloss mich nach dem Essen frisch zu machen. Nicht, dass es sonderlich etwas bringen würde, schließlich würde es morgen wieder genauso heiß werden oder sogar noch wärmer, aber so fühlte ich mich einfach wohler in meiner Haut.

Sam setzte sich zu mir und meinte: „Und, hast du etwas über Außerirdische gefunden?“ Sie hatte die Arme um ihre Knie geschlungen und lehnte leicht an einem der fielen umgefallenen Steine, die über den ganzen Platz verteilt lagen. Sie lächelte leicht. Ein Seitenblick zu Colonel O’Neill verriet mir, dass ihm das überhaupt nicht passte. Die anfängliche Sympathie, die ich von ihm ausgehend verspürt hatte, war längst wieder verschwunden und kühler Distanz gewichen. Na ja, wenigstens ließ er mich in Ruhe und es sah auch nicht danach aus, als würde er unsere Unterhaltung stören wollen. Vorerst jedenfalls nicht.

„Ich weiß noch nicht.“, gab ich ehrlich zurück. „Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, vielleicht wäre ich dann schlauer, aber bis jetzt ist der einzige Anhaltspunkt das Fenster, das ich dir gezeigt habe.“ Ich klang nicht sehr zuversichtlich, das wusste ich selbst, aber ich hatte gehofft - nein sogar erwartet - viel früher auf etwas zu stoßen. Es war frustrierend, wenn man keinen Erfolg verzeichnen konnte. Ich war Soldat, ich war Wissenschaftler, Erfolg zu haben war das A und O in diesen Jobs. Wenigstens dies hatten sie gemeinsam, wenn alles andere auch vollkommen verschieden war.

„Wegen gestern Abend...“, begann sie, wurde jedoch von mir unterbrochen.

„Ich dachte, das hätten wir abgehakt.“, entgegnete ich bestimmt. Ich wollte ehrlich gesagt nicht mehr weiter darüber reden. Ich hatte mich wie ein Vollidiot benommen und wusste nicht einmal genau warum. Nur wegen dem Stargate oder ging es um mehr? Um sie vielleicht? Wäre das möglich? Ich hatte keinen blassen Schimmer, doch ich würde es herausfinden. Ich musste es einfach. Es nagte zu sehr an mir, als das es mich einfach loslassen würde. Obwohl ich für einige Zeit die Gedanken daran zu verdrängen wusste.

„Ich will nur wissen, wieso du auf eine leichtsinnige Affäre aus warst, wo jemand wie du sich doch im Grunde nicht damit zufrieden geben müsste.“, entgegnete Sam ruhig. Ich lächelte amüsiert. Sie hatte mich durchschaut. Nicht viele Frauen schafften das, was mich wahrscheinlich so anziehend auf sie wirken ließ. Außer ihr nur eine Einzige und diese war nun fort. Sie war einfach von mir gegangen, obwohl sie mir versprochen hatte, zurückzukehren. Ich hatte sie geliebt, wie eine kleine Schwester. Sie war, mal abgesehen von ihm, meine ganze Familie gewesen. Ihn hatte ich schon verloren, sie wollte ich eigentlich nicht auch noch verlieren, doch ich hatte sie nicht beschützen können. Das würde mir nie wieder passieren. Wenn ich nur wüsste, was genau mit ihr geschehen war. Niemand hatte mir Genaueres sagen können. Sie war einfach verschwunden. Spurlos. Bei einem Angriff der Jaffa. Wie ich diese Schlagenköpfe verabscheute. Ich sah sie immer wieder tot daliegen, so wie es sich meine Fantasie ausgemahlt hatte. Blutüberströmt, mit klaffender Wunde, der Geruch von verbranntem Fleisch und Kleidungsstücken. Ich verdrängte die Erinnerungen an sie, schüttelte sie ab und widmete mich wieder dem eigentlichen Thema.

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht genau.“, antwortete ich schließlich ruhig und lehnte mich ebenfalls zurück. Meine Arme stützte ich dabei auf meine Knie. „Mich überkam es einfach, als ich dich so alleine und traurig dort sitzen sah. Ich hatte anfangs gar nicht wirklich vor gehabt, bei dir anzubandeln, aber der Alkohol hatte schneller angeschlagen, als ich vermutet hatte.“ Es war etwas geschwindelt, denn im Grunde war ich genau deswegen in diese Bar gekommen - um eine Frau aufzureißen und es wild und hemmungslos mit ihr zu treiben - doch als ich Sam sah, wollte ich sie eigentlich nur trösten, ihr etwas Gesellschaft leisten. Scharf war ich auch auf sie, doch dass ließ ich im ersten Moment wirklich außen vor.

Sie gab belustigt zurück: „Lügner. Du warst sehr wohl scharf auf mich. Jack und du, ihr habt diesen gleichen Blick drauf, der mir sagt, dass ihr am Liebsten über mich herfallen würdet, wenn es der Anstand nicht verbieten würde. Mach dir nichts daraus, ich hatte auch nichts anderes vorgehabt, als ich diese Bar betrat. Ich hoffte inständig, Jack würde auch noch auftauchen. Aber psst, er muss ja nicht gleich alles wissen.“

„Alles klar!“ Ich zwinkerte Sam zu, gab ihr so zu verstehen, dass ich meine Klappe halten würde und erhob mich, um abermals meine strapazierten Knochen zu strecken. Ich fuhr etwas lauter fort, so dass es jeder hören konnte: „Ich geh mich mal frisch machen. Bin gleich wieder da.“ Dann stapfte ich los. Man konnte längst nur noch schemenhaft Umrisse erkennen, aber da ich ein ziemlich gutes Nachtsichtvermögen hatte, war es dennoch kein Problem für mich, den See zu finden. Auch wenn ich das Ufer erst richtig entdeckte, als ich mit dem Fuß ins Wasser trat und sich mein Schuh damit voll saugte. Leise fluchend schüttelte ich das kühle Nass von diesem ab. Ich kniete mich ans Ufer und zog mir erst einmal mein T-Shirt aus. Den ganzen Tag hatte ich auf diesen Augenblick gewartet. Vor Carter und den anderen hatte ich mich nicht entkleiden wollen, auch wenn Teal’c und Jack das durchaus für angebracht gehalten hatten. Ich wollte es mir mit ihnen einfach nicht noch mehr verderben. Ich würde eine Weile in ihrem Team bleiben und wir mussten uns somit unweigerlich gegenseitig vertrauen und verstehen. Vielleicht wurde es langsam Zeit, ihnen den wahren Grund meines plötzlichen Interesses fürs Sternentor zu offenbaren, eventuell aber auch nicht.
Sie würden es sicher nicht verstehen, es war ja auch unglaublich. Schon, ich konnte versuchen, es ihnen begreiflich zu machen, doch würden sie es umgehend Hammond erzählen und diesem wollte ich es eigentlich vorenthalten. Der hatte sicher keine Lust, zu hören, dass noch mehr Außerirdische auf seinem Planeten herumliefen, ohne erkannt zu werden. Einer, wahrscheinlich noch mehr von ihnen, direkt unter seiner Nase und in seinem besten Team. Nein, das konnte ich noch nicht riskieren. Erst musste sich die Sache um Daniel Jackson legen und Jack O’Neill mich als neues Mitglied tolerieren. Genau das würde dauern. Ich verdrängte die Gedanken, konzentrierte mich wieder auf das Wesentliche. Ich durfte jetzt nicht träumen. Es wurde schnell dunkel und ich musste bald zurück zum Lager. Außerdem lauerten überall Gefahren, nicht nur schwer zu übersehbare Jaffa.
Das Wasser war angenehm kühl auf meiner Haut. Meine verspannten Muskeln lockerten sich etwas und der Schmerz in meinen Gliedern ließ nach. Ich fühlte mich gleich viel frischer und energiegeladener, auch wenn ich wusste, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten würde. Kein Wind war aufgezogen und so wie es aussah würden wir auch die ganze Nacht keine Erlösung von der Hitze finden. Wie die Menschen das auf diesem Planeten ausgehalten hatten, war mir ein Rätsel. Ich wäre schon längst gestorben. Aber man gewöhnte sich ja an alles. Ich wusch mir mein mit Schweiß verklebtes Gesicht, versuchte mich zu konzentrieren, herauszufinden, wo ich zu suchen vergessen hatte. Mir war durchaus bewusst, dass ich in gerade einmal fünf Stunden nicht annähernd das Geheimnis dieses ganzen Planeten ergründen konnte, aber einen Anhaltspunkt hatte ich nun wirklich erwartet. Das Fenster war ein Anfang, aber nicht für mich, sondern für Sam. Mir nutzte es nicht viel. Dass die Sumerer fortschrittlicher waren als die Menschen wusste ich auch so. Ich wollte die ME’s finden. Nur sie würden mir Aufschluss geben können.
Sie waren ein Orakel und ich würde schon herausfinden, wie es funktionierte. Koste es, was es wolle. Das wäre meine einzige Chance etwas über mich zu erfahren. Eine leichte Berührung meiner Schulter holte mich aus den Gedanken. Blitzschnell wirbelte ich herum und sprang dabei auf. Niemand war zu sehen. Ich musste es mir also eingebildet haben. Oder etwa nicht? Da war wieder eine Hand auf meiner Schulter. Ich ruckte abermals herum. Wieder war niemand zu erblicken. Plötzlich hielt mir jemand die Augen zu. Ich rührte mich nicht. Es waren zierliche Frauenhände. Ich wusste, sobald ich mich bewegte, würde sie verschwinden. Also blieb ich ruhig stehen und ließ sie gewähren. Ich redete mir ein, dass es nur ein Traum war, dass ich schon wieder fantasierte, so wie unter der Dusche, doch immer mehr beschlich mich das Gefühl, dass es eventuell doch mehr war. Eine Art Kommunikation mit mir oder etwas Ähnliches. Aber warum dann ausgerechnet ich?
Und wieso durfte ich sie dann nicht sehen? Es kam mir doch alles so seltsam vertraut vor. Ihre Hände wanderten hinunter zu meinen Schultern. Ich wollte meine Lieder wieder öffnen, doch es gelang mir nicht. Ich war wie erstarrt. Leicht liebkoste sie meinen Hals, meine Schultern. Finger umspielten meinen Bauchnabel, öffneten meine Hose und glitten hinein. Es erregte mich sofort. Mein Puls fing an zu rasen, mein Herz schlug wild gegen meine Brust, mein Atem ging schwer. Ich wollte mich umdrehen, sie in die Arme schließen, wer auch immer sie war, doch ich konnte mich immer noch nicht von der Stelle rühren. Sie hatte mich in ihrem Bann gezogen und ließ mich nicht mehr los. Ich hatte nur noch einen Wunsch, sie zu küssen. Nicht nur auf den Mund, sondern am ganzen Körper. Ich wollte, dass sie es genauso genoss, wie ich es tat.
Von einer Sekunde auf die andere spürte ich ihre Lippen auf den Meinigen, als hätte sie meine Gedanken lesen können. Meine Hände wanderten an ihre Taille, ich hatte jedoch keine Kontrolle über sie. Feste Haut spannte sich unter meinen Fingern über wohlgeformtes Fleisch.

„Hilf mir!“, flehte sie zwischen ihren Küssen. „Folge meinen Zeichen und finde mich. Ich bitte dich, nur du kannst mir helfen. Es wird Zeit die Wahrheit zu erfahren, über dich, über mich. Vertraue ihnen, ohne sie wirst du es nicht schaffen. Hör auf mich! Hilf mir!“ Ihre Lippen pressten sich hart auf die Meinigen, ihre Hände drückten mich auf die Knie und zwangen mich dann endgültig zu Boden. Nun saß sie auf mir, strich mit ihren Fingern über meine Brust und küsste mich weiterhin stürmisch. Ich wollte sie ganz und das jetzt. Dann plötzlich begann sie mich zu schütteln und rief laut meinen Namen. Doch es war nicht mehr ihre Stimme, diese war rauer und die eines Mannes. Er klang wütend. Ich erkannte sie wieder. Colonel Jack O’Neill gehörte sie. Ich schlug die Augen auf und sah in sein Gesicht. Er kniete nur wenige Zentimeter neben mir.

„Colonel?“, fragte ich perplex. Ich blickte ihm verwundert entgegen. Die Grenze zwischen Träum und Wirklichkeit war für einen Augenblick verwischt. Ich musste sie erst einmal neu ziehen. Das bedurfte einige Sekunden, dann hatte ich mich weitgehend gefangen. Mit dröhnendem Kopf setzte ich mich auf und sah mich erst einmal um. Carter und Teal’c standen neben ihm, die Waffen im Anschlag, allzeit dazu bereit auf Feinde zu feuern.

„Ja, wer denn sonst. Verdammt noch mal, Daniel, wer hat ihnen gesagt, dass sie sich hier aufs Ohr hauen können?“, fauchte er mich zornig an, aber da war auch Sorge zu hören. Er hatte mich ganz offensichtlich verwechselt, schließlich hatte er mich gerade Daniel genannt, wenn ich mich nicht verhört hatte.

„Daniel?“, fragte ich deswegen herausfordernd, was ich sofort wieder bereute. Ich lernte es wohl nicht mehr, meine große Klappe zu halten. Seine Augen sprachen sofort von Trauer und der Zorn war weitestgehend daraus verschwunden. Hätte man ihren Namen ausgesprochen, wäre ich wahrscheinlich genauso vom Regen in die Traufe gefallen wie er.

Ungläubig, als ob er sich verhört hätte, fragte er: „Was?“

„Sie haben mich gerade Daniel genannt, Colonel.“, antwortete ich und richtete mich auf.

„Habe ich nicht, Commander.“, protestierte er jetzt wieder gefasst und wütender als zuvor. Ich beschloss nicht weiter mit ihm zu streiten. Es hätte so oder so keinen Sinn gehabt.

„Wenn sie das sagen.“ Ich setzte mich in Bewegung. Es war inzwischen vollkommen dunkel geworden, nur fern erkannte ich das Lagerfeuer unseres Lagers. Ich ging zielstrebig darauf zu. In einigem Abstand folgten mir die anderen. Auch wenn man es mir nicht ansah, ich war immer noch leicht verwirrt und frage mich, welche Zeichen diese Frau gemeint hatte. Ich hatte keine Symbole gesehen oder übersehen. Morgenfrüh würde ich meine Augen nach solchen Ausschau halten lassen, doch jetzt wollte ich nur noch schlafen. Schlagartig war ich müde geworden. Ich musste sogar gähnen. Sam hatte kurz bevor wir das Lager erreichten, zu mir aufgeschlossen und leuchtete mir nun mit ihrer Taschenlampe den Weg.

„Wir haben uns Sorgen gemacht, als sie nicht zurückkamen.“, bemerkte sie fast beiläufig.

„Du meinst, du hast dir Sorgen gemacht. Von Colonel O’Neill würde ich so ein Gefühl in Bezug auf meine Person nicht erwarten.“, gab ich leidenschaftslos zurück.

„Sie waren eine Stunde weg, er befürchtete, dass sie verschleppt wurden oder Jaffa aufgetaucht waren. Das hätte auch uns in Gefahr bringen können.“, wandte sie auf meine Bemerkung hin ein. Eine Stunde? Es waren doch nur Augenblicke gewesen, oder nicht? So lange war es mir nun wirklich nicht vorgekommen. Vielleicht zehn Minuten. Höchstens fünfzehn, aber doch keine Stunde. Das letzte Mal hatte ich doch auch keinen Zeitverlust erlitten, auf jeden fall nicht das ich mich erinnern konnte. An mir nagte lediglich, dass er mich mal wieder gesehen hatte. Jetzt hielt er mich sicher wirklich für vollkommen durchgeknallt. Wäre auch nicht weiter verwunderlich. Ich sah sie an. Sie blickte stur geradeaus, war ganz der Major. Ich konnte nur Umrisse erkennen, keine bestimmten Gesichtszüge, aber sie schien sich wirklich Gedanken um mein Wohlbefinden gemacht zu haben. Ich hatte den Drang mich dafür zu entschuldigen, auch wenn ich nicht genau wusste, wieso. Mochte sie mich wirklich so sehr nach dieser kurzen Zeit oder hatte sie in mir auch nur Daniel Jackson, ihren verlorenen Freund gesehen. Verständlich wäre es.

Zögernd entgegnete ich: „Tut mir leid! Wird nicht wieder vorkommen, Sam. Ich habe irgendwie total das Zeitgefühl verloren.“

„Was haben sie eigentlich auf dem Boden gemacht? Es sah aus, als würden sie träumen.“, hakte sie nach, als wir das Lager erreichten.

„Ich muss unmächtig geworden sein. Vielleicht eine Nebenwirkung der Spritze. Ich sollte wirklich mit Doktor Fraiser reden, sobald wir zurück sind. Wenn mir das im Kampf passiert wäre. Nicht auszudenken. Vielleicht lag es auch einfach nur an der Hitze. Wer weiß? Ich bin schließlich kein Arzt.“, wehrte ich ab und begab mich ohne Umschweife zu meinem Zelt. Ich wollte nur noch alleine sein. Morgen würde es alles anders aussehen. Heute Nacht konnte ich eh nichts mehr ausrichten.

„Vielleicht hat der Colonel auch einfach nur zu hart zugeschlagen. Schon einmal daran gedacht.“, meinte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und zwinkerte mir aufmunternd zu.

„So wird es gewesen sein.“, meinte ich nur, grinste zurück und verschwand ins Zelt. Hinter mir fiel der schwere Vorhang zu. Ich ließ mich in den Schlafsack sinken und driftete kurz darauf auch schon ins Land der Träume ab.



weiter: Kapitel 6


© 2003 Lenari


Jarod 6: Jarods Entdeckung by Lenari
Author's Notes:
Jarod folgt seiner Vision und macht eine Erstaunliche Entdeckung, was nicht ohne Folgen bleibt...
Jarod 6: Jarods Entdeckung

Am nächsten Morgen weckte mich das Piepen meiner Armbanduhr. Ich ließ sie mit einem Knopfdruck verstummen und sah auf die dunkelblauen Ziffern. Sie zeigten blickend sechs Uhr in der Früh an. Ob es auf diesem Planeten auch wirklich so spät war, konnte keiner sagen, jedoch schien es im Freien schon längst wieder Tag zu sein. Brütende Hitze machte sich zusehends in meinem Zelt breit, meine Shorts klebten unangenehm an meiner Haut und ein dicker Schweißfilm hatte sich über Nacht auf meinem ganzen Körper abgelagert. Was hätte ich jetzt nicht alles für eine kalte Dusche gegeben, doch bis ich diese Erlösung erfahren konnte, würden noch Stunden vergehen. Ich würde es schon irgendwie überstehen, falls ich das überhaupt musste. Ganz in der Nähe war schließlich immer noch der See.
Sam hatte keine wild gewordenen Haie oder Ähnliches feststellen können, was mich abknabbern könnte, also wieso sollte ich es nicht versuchen. Mehr als zum Abendessen werden, konnte ich schließlich nicht. Ich erhob mich schweren Herzens, schnappte mir frische Sachen und verließ mein Zelt. Niemand war zu sehen. Sie schliefen allem Anschein nach noch. Noch färbte die aufgehende Sonne den Himmel leicht rötlich, doch bald würde er wieder in sanftem türkis erstrahlen. Ein etwas befremdender Anblick, aber auch das war zu verkraften. Vielleicht war es gerade das, was diesen Planeten so einzigartig machte. Ich streckte mich gen Himmel, was ich sofort wieder bereute, als ein stechender Schmerz meine Brust durchfuhr, und folgte dann immer noch leicht verschlafen dem Pfad zum See, welchen ich auch am vorherigen Abend genommen hatte.
In Gedanken ging ich schon einmal durch, was der heutige Tag mit sich bringen würde. Eine Angewohnheit von mir. Ich würde mir die einzelnen Gebäude näher ansehen, auf Zeichen achten, so wie es mir meine Vision gesagt hatte - falls man das überhaupt so nennen konnte - würde sicher wieder einen großen Haufen Süßigkeiten in mich hineinschaufeln und mich währenddessen so ziemlich zu Tode schwitzen. Das würde ein toller Tag werden. Wie zur Bestätigung knurrte mein Magen lautstark, doch ich ignorierte ihn. Mir war leicht duselig, die Spritze von Doktor Fraiser schien ihre Wirkung zu verlieren. Jetzt wusste ich wieder, was das Piepen meiner Armbanduhr wirklich zu bedeuten hatte. Ich sollte für Nachschub an dem hemmenden Insulinzeug sorgen. Na ja, dass würde auch noch bis nach dem Bad warten können. Im Grunde hatte ich zwar keine große Lust dazu, mir noch eine von diesen widerlichen, langen Nadeln in den Arm zu rammen, doch ich musste unweigerlich zugeben, dass es mir weitaus länger gut ging und die Schwächeanfälle und Schwindelattacken deutlich nachgelassen hatten. Endlich kam ich ans Ufer des Sees, welcher in herrlichen Farben glitzerte. Ich suchte mir einen kräftigen Ast, welcher von den umliegenden Bäumen ins Wasser ragte, nutzte ihn als Sprungbrett und tauchte kopfüber ins kühle Nass.
Der See war tief und klar, anders als die Meisten der Erde. Ein Stück unberührte Natur. Der Grund war von Algen befreit, was auch keine größeren Fische zuließ. Perfekt zum schwimmen. So schien nicht nur ich zu denken, denn als ich näher ans Ufer tauchte, erspähten meine Augen zwei überaus entzückende, schlanke Frauenbeine. Das konnte nur Carter sein. Das unbändige Verlangen überkam mich, ihr einen heiden Schreck einzujagen und da ich sowieso langsam das Bedürfnis verspürte, Luft holen zu müssen, schien es der beste Zeitpunkt zu sein. Genau vor ihr schoss ich mit einem Ruck aus dem Wasser, was sie laut aufschreien ließ. Ihr Atem ging schwer, der Schreck saß ihr in den Knochen, doch langsam wurde aus dem entrüsteten Gesichtsausdruck ein leicht zorniger.

„Was fällt dir ein, mich so zu erschrecken.“, fuhr sie mich an und stemmte ihre Hände in die Hüften. Ich konnte nicht mehr an mir alten und brach in schallendes Gelächter aus. Kurz darauf tat sie es mir gleich. Wenn nicht schon von ihrem Schrei, dann spätestens jetzt wachten auch die anderen auf. Ich beruhigte mich allmählich wieder und auch sie schien sich wieder zu fassen.

„Sorry!“, keuchte ich. Meine Lungen schrieen noch immer nach Sauerstoff, welcher durch den Lachanfall nur vermindert in meinen Kreislauf gelangt war. „Es war einfach zu verlockend.“ Zur Strafe landete eine ganze Ladung Wasser in meinem Gesicht, was kurzerhand in eine Wasserschlacht ausartete. Zunehmend merkte ich, wie meine Kraft schwand und immer wieder verschwamm die Welt vor meinen Augen oder wurde für einen kurzen Moment dunkler. Sam bemerkte das schnell und unterließ es, mich weiterhin mit Wasser zu ärgern. Vielmehr befahl sie mir, meinen Arsch in Bewegung zu setzten und mir gefälligst etwas Süßes zu gönnen und diese blöde Spritze zu verpassen. Ich war ehrlich gesagt ganz froh, dass sie hier war, denn Colonel O’Neill hätte sicherlich übel Lust verspürt, mich ganz dezent deswegen aus dem Verkehr zu ziehen und mich nach Hause zu schicken. Nicht, dass ich ihn nicht verstehen würde, in letzter Zeit schwankte mein Energiepegel ganz schön von einem Extrem ins anderen, aber das würde sich sicherlich wieder legen. Es lag nur an der neuen Umgebung, der Aufregung und er Feindseligkeiten gegenüber meinem Vorgesetzten. Nach einer Weile würde ich mich schon daran gewöhnt haben. Darüber hinaus hatte er erst vor kurzem seinen besten Freund verloren, ihm passte es einfach nicht, dass ich dessen Platz mir nichts, dir nichts einnahm. Die Anbandelei mit Sam in der Bar setzte allem noch die Krone auf. Das hätte ich mir nun wirklich verkneifen müssen. Aber im Grunde war O’Neill selbst Schuld, schließlich war er zu feige über seinen eigenen Schatten zu springen und Sam war ehrlich gesagt auch nicht viel besser. Sie versteckten sich hinter Regeln, die sie eigentlich schon längst gebrochen hatten, denn aus Kollegen waren in all den Jahren längst Freunde geworden, die mehr füreinander erfanden, als sie zugeben wollten. Wenn sie den Spannungen endlich Luft machen würden, könnten sie vielleicht sogar wieder vernünftig miteinander arbeiten. Ich würde es ihnen bei Gelegenheit wieder vorschlagen - sie, wenn es nötig war, sogar dazu zwingen. Auf dem Weg zurück begegnete mir auch schon Jack.

Ein mürrisches „Morgen!“ war alles, was er für mich übrig hatte, aber das musste noch lange nichts bedeuten. Auf jeden Fall redete ich mir das ein. Im Lager angekommen, traf ich Teal’c an, welcher immer noch sein Kel’Noreem durchzuziehen schien. Wie man sich bei dieser brütenden Hitze überhaupt konzentrieren konnte, war mir ein Rätsel. Ich beschloss kurzerhand, ihn nicht zu stören und verzog mich in mein Zelt, um mich anzuziehen. Da ich sowieso wieder zu schwitzen anfangen würde, musste eine dünne Hose genügen, die ich darüber hinaus noch umkrempelte, damit es nicht mehr war als eine Shorts. Ein Anblick, der Jack sicher nicht gefallen würde. Dann zog ich die Spritze aus meinem Rucksack und drahte sie zwischen meinen Fingern hin und her. Ich musste mich zwingen, die Schutzkappe von der Nadel zu nehmen, die restliche Luft herauszudrücken und sie mir in eine Vene zu spritzen. Ich sah dabei nicht wirklich hin. Meine Abneigung gegen Nadeln hatte sich nicht gelegt und würde es auch nicht mehr. Somit hatte ich nur noch knapp zwölf Stunden. Nicht mehr allzu viel Zeit. Ich musste mich somit beeilen. Schnell zog ich mich zu Ende an, schnappte mir meine Videokamera und trat nach draußen. Es schien von Augenblick zu Augenblick heißer zu werden. Unter anderen Umständen, wenn ich mit einer attraktiven Frau alleine gewesen wäre, dann hätten mich diese Temperaturen durchaus angesprochen, aber nicht, wenn ich zu arbeiten hatte. Das hat mich an den Ausgrabungen in Geize, bei denen ich während meiner Studienzeit mitwirken durfte, am Meisten gestört. Ich war mehr der Typ für kalte Winterabende auf dem Eis im Zentral Park oder in einem Stadion unter anderen verschwitzten Eishockeyspielern. Das war mehr mein Element, aber man kann ja schließlich nicht alles haben. Da muss ich durch und hoffen, dass es das nächste Mal nicht ganz so warm werden würde. Ich beschloss etwas weiter weg zu gehen, denn hier kannte ich bereits alles. Etwas abgelegen hinter einer Waldgruppe - ich fragte mich, wie es die Bäume hier überhaupt aushielten - entdeckte ich eine weitere Ruine. Eine Art altertümlicher Tempel. Erinnerte irgendwie an die Beschreibungen des Eridutempels in Babylon. Die riesigen Steinsäulen, das große Holztor, die drei Stockwerke, die es in die Höhe ragte und der Steingarten rings ums Gebäude. Es war einfach beeindruckend. So gut erhalten hatte er noch nie einen Tempel aus grauer Vorzeit vor sich gehabt. Jetzt ahnte er erst wirklich, warum dieser Daniel seinen Job so sehr geliebt hatte. Es war nicht nur die Tatsache, dass er so den Tod seiner Frau rächen und ihren Sohn finden konnte, er erlebte auch Geschichte hautnah. Wie viele Anthropologen konnten das schon von sich behaupten. Das Tor stand offen, also trat ich kurzerhand ein. Von innen sah es noch kolossaler aus, als von außen. Kunstvolle Wandverziehrungen, Fresken an dem Deckengemäuer, aufwendig geformte Statuen als Gold, Silber und Marmor, ein langer breiter Gang, der zum Altar führte und der Götterschrein selbst. Ich schritt näher heran. Ein samtenes Tuch lag auf dem Podest vor dem Altar. Ich fuhr mit den Fingern darüber, während ich alles aufzeichnete. Dann schlug ich es auf. Eine Steintafel befand sich unter dem kostbaren Stück Stoff. Fremdartige Glyphen waren darin eingemeißelt. Eine Botschaft für die Ewigkeit. Ich konnte sie lesen. Sie waren ganz klar sumerisch. Ich hatte mich seid Monaten mit nichts anderem mehr beschäftigt und sie hatte mir das Meiste beigebracht, als sie diese alte Kultur studierte. Ich wusste, was ich da vor mir hatte und mit etwas Glück würde ich die Bedeutung der Steintafel verstehen, vielleicht sogar erfahren, was hier geschehen war. Sicherheitshalber machte ich ein digitales Foto, bevor ich sie anhob. Sie war leichter, als ich annahm. Plötzlich knisterte mein Funkgerät und ich legte sie zurück auf das Pult.

Colonel O’Neills Stimme drang durch den Lautsprecher: „Commander Dillan, bitte melden.“ Er klang wütend. Einen Moment spielte ich schon mit dem Gedanken, erst gar nicht zu antworten, doch seine nächsten Worte ließen mich diesen Plan gleich wieder verwerfen. „Verdammt noch Mal, Dillan, melden sie sich gefälligst oder ich trete sie zurück nach Hause und das ohne Stargate.“

„Bin hier, Sir!“, antwortete ich schließlich sachlich. „Ich habe eine halbe Meile südöstlich eines Tempels gefunden. Sie sollten sich das mal ansehen. Beeindruckend.“ Eine Weile kam nichts, dann rauschte es wieder.

„Wir sind gleich bei ihnen!“, gab diesmal Major Samantha Carter zurück. Im Hintergrund hörte ich leises Fluchen und die wüstesten Beschimpfungen, die Jack ausstieß. Ganz offensichtlich gefiel ihm mein Alleingang überhaupt nicht. „Brauchen sie irgendetwas?“

„Ja, in meinem Zelt liegt ein schwarzes Notizbuch. Könnten sie es mir bringen, bitte. Und ein paar Schokoriegel wären auch nicht schlecht.“, entgegnete ich und war dankbar, dass ich nicht Colonel O’Neill hatte darum bitten müssen. Wahrscheinlich hätte dieser es dann auch noch absichtlich vergessen.

„Geht klar! Bis gleich!“ Ich legte das Funkgerät bei Seite und nahm wieder die Steintafel zur Hand. Die Videokamera hatte ich bereits ausgeschaltet und sicher auf dem Fußboden platziert. Die ersten Worte schienen eigentlich noch ganz einfach, doch danach wurde es schon schwieriger. Es war gut, dass ich sie um meine Aufzeichnungen gebeten hatte, denn ohne würde es diesen Text wohl nicht übersetzten können. Alles, was ich herausbekam, bis Sam und die anderen eintrafen, war, dass es sich um eine Art Portal handelte, welches die Götter zum reisen benutzten. Hätte genauso gut eine Beschreibung des Sternentores sein können, so wie sie in Geize gefunden wurde, doch das nahm ich eher weniger an. Mehr eine Art Ringtransportsystem oder Ähnliches. Wenn ich mit meiner Theorie richtig lag, was durchaus im Bereich des Möglichen lag, und ich davon ausgehen konnte, dass es sich bei den Göttern der alten Sumerer um Antiker handelte - die, die vom Himmel auf die Erde kamen - dann war die Tafel die Beschreibung, die einem sagte, wie man auf ihre Schiffe gelangte oder sogar zu ihrem Heimatplaneten. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, wie, hoffen, dass die Vorrichtung nicht zerstört wurde, und beten, dass Colonel O’Neill mir glaubte und erlaubte, es auszuprobieren. Letzteres würde sich als das schwierigste Unterfangen herausstellen, so wie es sonst auch schon war.

„WOW!“, stieß Sam begeistert hervor. Alle drei staunten nicht schlecht, als sie das Innere des Tempels betraten, auch wenn Jack versuchte, unbeeindruckt zu wirken. „Das ist ja unglaublich.“

„Sag ich ja!“, gab ich grinsend zurück. Sie erinnerte mich an ein kleines Kind im Süßigkeitenladen. Jacks Gesicht hingegen verzog sich schmerzvoll, da er sicherlich gerade das Selbe dachte und das mit Doktor Jackson assoziierte. Normalerweise hätte ich durchaus nichts dagegen, ihn etwas leiden zu lassen, doch diese Art Schmerz war es eigentlich nicht, was ich für ihn wollte. Mehr eine schmerzende Rippe, wie sich die Meinige wieder zu Wort meldete, als ich Sam das Notizbuch abnahm, welches sie mir zusammen mit mehreren Schokoriegeln reichte.

„Und das ist alles? Dafür sind wir hierher gelatscht?“, fragte Jack schließlich gereizt. „Für einen Haufen Steine und ein paar Bilderchen. Das kann ich auch im Museum haben.“ Ich verkniff mir mühsam die Frage, ob er überhaupt je im Museum gewesen war und räusperte mich, um meinen aufkeimenden Ärger herunterzuschlucken.

Ich wehrte mit knirschenden Zähnen ab: „Keineswegs. Laut dieser Tafel scheint hier irgendwo eine Art Portal zu sein, der zu den Göttern führen soll. Genaueres kann ich aber erst sagen, nachdem ich den Text vollständig übersetzt habe, was Dank der Hilfe von Major Carter, die mir meine Notizen gebracht hat, nicht allzu lange dauern sollte.“

„Ich gebe ihnen eine Stunde. Ich will nicht den ganzen Tag hier verbringen und Hammond ist nie sehr erfreut, wenn wir nicht pünktlich sind.“, gab O’Neill sarkastisch zurück. Ich verkniff es mir, ihm meine Faust in seine Visage zu rammen und widmete mich lieber meinen Aufzeichnungen.

„Wir werden ihn dennoch um etwas mehr Zeit bitten müssen, wenn ich wirklich Recht behalte. Das wäre der Fund des Jahrhunderts. Na ja, nach dem Stargate. Wir würden herausfinden, was genau mit den Antikern passierte, warum sie ausstarben und welche Technologien sie uns vielleicht noch hinterlassen haben könnten, die bei der Bekämpfung der Goa’uld nützlich sein könnten.“, fuhr ich unbeirrt fort. Ich hatte beschlossen, alle weiteren Kommentare fürs Erste zu ignorieren, wenn sie aus seiner Richtung kamen. Immer noch besser als sich ein Magengeschwür einzuhandeln. Diese Annahme, dass es dort Technologien gab, stimmte ihn vorerst milde, doch ewig würde ich seine Geduld nicht auf diesem Level halten können. Ich musste mich also etwas beeilen und Resultate Liefern. Wie die anderen es sechs Jahre mit diesem Mann ausgehalten hatten, war mir ehrlich gesagt weiterhin unbegreiflich. Ihre Nerven müssen dicker als Drahtseile gewesen sein und jetzt nur noch so dünn wie Zahnseide. Irgendwie so in der Art. Eine halbe Stunde und zwei Schokoriegel später hatte ich den Text endlich fertig übersetzt und jetzt ergab er auch irgendwie Sinn. Wie ich schon befürchtet hatte, handelte es sich um eine Art Rätsel, dass man erst lösen musste, um den Mechanismus in Gang zu bringen. Colonel O’Neill würde nicht erfreut sein, das zu hören. Das würde eine Zeitverzögerung bedeuten, die er sicherlich nur schwer bereit war, zu verkraften.

„Und?“, fragte Major Carter, als ich den Stift zur Seite legte.

„Auf der Tafel steht: ‚Den Segen der Götter wird empfangen, wer auserwählt ist, die Steine zu führen und das Tor zu den Sternen zu öffnen. Es sind neunzehn heilige Kristalle an der Zahl, doch lediglich neun von ihnen stehen euch zur Wahl. Bedenkt gut, welche ihr erwählt, denn nur die Wahren stehen wie ihr für sich selbst.‘ Auf jeden Fall so in der Art.“, antwortete ich ruhig. „Da ist auch noch eine Art Grundriss dieses Tempels auf der Rückseite mit fünf Vertiefungen. Leider habe ich noch nicht herausgefunden, wo genau sich die Vorrichtung befinden soll.“

„Na dann können wir ja wider gehen.“, meinte Jack mürrisch. „Ich habe ehrlich gesagt keinen Bock noch länger hier zu bleiben.“

„O’Neill, denkst du nicht, wir sollten uns noch etwas umsehen. Vielleicht entdecken wir ja etwas.“, wandte Teal’c ein. Er stand mir anscheinend auch bei oder er wollte einfach nur wissen, was sich auf der anderen Seite dieses Portals befand. So genau konnte ich das nicht sagen, da ich aus diesem Hünen einfach nicht schlau wurde, aber aus welchen Beweggründen er auch handelte, sie kamen mir zugute.

„Darf ich mal sehen?“, hakte Sam nach und nahm mir die Tafel aus der Hand, die ich mittlerweile umgedreht hatte. Sie sah sie sich kurz an, schnappte sich meinen Stift und ein Blatt Papier, um dann die Punkte ungefähr genauso aufzuzeichnen. Dann begann sie diese zu verbinden. Nach der zweiten Linie sah ich auch bereits, war sie erblickte.

„Ein Pentagramm.“, stieß ich verblüfft hervor. Dann wurde mir alles klar. „Ein Stern, das Symbol der sumerischen Götter. In dessen Mitte muss sich die Vorrichtung befinden.“

„Das wäre dann das Podest.“, folgerte sie. Ich nahm meine Notizen und den Samt vom Pult und untersuchte diesen genauer. Die Deckplatte bestand aus zwei Hälften, doch sie hafteten fest zusammen. Selbst mit Gewalt bekam ich sie nicht auseinander. Die Verschlüsse saßen zu fest. In all den Jahren schienen sie eingerostet zu sein. Ohne den Schlüssel würde man sie wohl nicht aufbekommen, falls das Schloss überhaupt noch funktionierte.

„So ein Dreck!“, stieß ich schließlich hervor. „Mist!“

„Lassen sie mich mal!“, sagte Jack plötzlich, der vor Ungeduld fast zu platzen schien. Er wollte anscheinend nur so schnell wie möglich hier weg. Anscheinend war er wenig davon überzeugt, dass dieses Portal wirklich existierte und wenn doch, dann funktionierte es für ihn einfach nicht mehr richtig. Er war ein einfacher Mensch, dennoch schlummerte in ihm ein außergewöhnliches Potential. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mehr wusste, als er zugeben wollte. Ich trat bereitwillig zur Seite. Sollte er sein Glück doch versuchen. Ich ahnte irgendwie, dass er die Platte öffnen konnte, deswegen war ich auch nicht wenig überrascht, als sich bei ihm das Schloss so ziemlich von alleine öffnete und er mit Leichtigkeit die obere Platte abnahm. Er kommentierte das mit: „Ein Kinderspiel!“ Zum Vorschein kam eine Spirale aus neunzehn verschiedenfarbenden Kristallen, so wie es auf der Tafel stand. Sie waren wunderschön, in Samt gebettet und sicherlich seit Jahrhunderten unberührt. Ich wollte sie berühren, ließ es dann aber, da es möglich wäre, so den Mechanismus vorzeitig auszulösen. Ich durfte unsere Errungenschaften nicht leichtfertig aufs Spiel setzten, nur weil mich mein Eifer und meine Neugier übermannten. Ich war immer noch Soldat, ich musste sachlich bleiben und durfte mich nicht blenden lassen.

„OK, neun dieser Steine sind also nur nötig, um dieses Portal in Gang zu setzten. Das wären dann Milliarden verschiedener Möglichkeiten. Wir würden fast ein Jahr brauchen, um alle durchzuprobieren und dass auch nur, wenn wir nicht schlafen, nicht essen und keine sonstigen Pausen einlegen.“, meinte Sam geknickt.

„Carter, nicht gleich pessimistisch werden. Ich bin sicher, sie finden die Lösung.“, blieb Jack trotz allem optimistisch. Wahrscheinlich, weil mit solch einem Hindernis schon zu rechnen war. Auch wenn ich ewig hier bleiben müsste, ich würde herausfinden, welche Kombination dieses Portal in Gang setzte. Das war ich ihr einfach schuldig. „Und wenn sie in genau...“ Er sah auf die Uhr. „...acht Stunden nicht eine passende Kombination haben, verschwinden wir hier und überlassen das anderen. Die können dann meinetwegen hier auf Steinchen drücken.“ Mir gefiel dieses Ultimatum gar nicht, aber er würde mich sicherlich auch nicht zwingen, mit ihm zu gehen, dafür mochte er mich viel zu wenig. Er wäre sicher heilfroh, wenn ich hier versauern würde, anstatt ihm auf die Nerven zu gehen und ihm Sam streitig zu machen.



weiter: Kapitel 7


© 2003 Lenari


Jarod 7: Jarod und Lea by Lenari
Author's Notes:
Ein Wiedersehen zwischen Jarod und der Frau, die er verloren geglaubt hatte, und Jacks Heilung...
Jarod 7: Jarod und Lea

„OK, was stand dort noch mal genau auf der Tafel?“, hakte Sam nach. Sie war sich ebenso sicher wie ich, dass die Lösung darin enthalten war.

„Den Segen der Götter wird empfangen, wer auserwählt ist, die Steine zu führen und das Tor zu den Sternen zu öffnen. Es sind neunzehn heilige Kristalle an der Zahl, doch lediglich neun von ihnen stehen euch zur Wahl. Bedenkt gut, welche ihr erwählt, denn nur die Wahren stehen wie ihr für sich selbst.“, las ich noch einmal vor. Es musste etwas mit der Formulierung zu tun haben. Jedes Wort war in solchen Rätsel für bare Münze zu nehmen. Den ersten Teil hatten wir schon, also mussten wir uns auf den letzten Satz konzentrieren.

„Vielleicht müssen wir jeden zweiten Kristall drücken.“, schlug Sam vor. „Nur die ungeraden.“ Sie sah mich abwartend an, doch das wäre ehrlich gesagt zu einfach. Jedes Kind würde darauf kommen, egal welcher Kultur es angehörte oder welchen Wissenstand sein Volk besaß. So einfach würde man es nun wirklich nicht machen, dann bräuchten sie das Rätsel und alles nicht. Es musste also dann doch schon etwas fortschrittlicher sein, wie zum Beispiel das Rätsel der Asgard, von welchem ich in den Berichten gelesen habe. Damals hatte man Pi aus Runen erkennen und dem Symbol zuordnen müssen. Vielleicht war das auch ein Rätsel höherer Mathematik. Die Zahlen mussten für sich alleine stehen und nur eine Bezeichnung war für diesen Zustand zutreffend...

„Primzahlen.“, stieß ich immer noch ganz in Gedanken versunken hervor. Sam, die gerade den ersten Kristall drücken wollte, hielt in der Bewegung inne.

„Was?“, fragten sie und Colonel O’Neill wie aus einem Mund.

„Primzahlen. Sie stehen für sich selbst. Sie sind nur durch sich selbst und eins teilbar. Sie sind einzigartig, wie jeder einzelne von uns.“, erklärte ich ihnen. An ihren Gesichtern erkannte ich, dass diese Annahme für sie durchaus plausibel klang.

„Also dann, Primzahlen.“, bestätigte Sam und drückte auf den ersten Stein ganz in der Mitte des Kreises, der hoffentlich den Anfang bot. Danach auf den dritten, den fünften, den siebten, den elften, den dreizehnten, den siebzehnten und... Sie unterbrach sich selbst, als sie Geräusche von draußen vernahm. Auch Colonel O’Neill und Teal’c hatten sie bereits wahrgenommen und wollten sich gerade zum Ausgang schleichen, um zu erkennen, was dort los war, als Ringtransporter vor ihnen zu Boden rasten. Kurz darauf standen ein halbes Dutzend Jaffa vor uns, die Stablanzen auf uns gerichtet und zum Feuern bereit.

„Kre!“, rief einer von ihnen. Das war ein Universalbegriff, für den es bei den Menschen keinen Vergleichbaren gab, aber diesmal bedeutete es soviel wie: Hände hoch und Waffen fallen lassen. Na ja, eventuell auch anders herum. Ich sah auf die Kristalle. Sie durften dieses Portal unter keinen Umständen öffnen. Jack schien der gleichen Ansicht, denn während er seine Hände hob, nachdem er die Waffe hatte fallen lassen, trat er vor das Pult. Das gab mir einige Sekunden, um den Kristall in der Mitte zu entfernen und hinter mich zu werfen, wo er unter dem Altar landete. Das leuchten in den Steinen erlosch. Das diese Typen auch ausgerechnet jetzt auftauchen musste, war ja typisch. Ich hatte in letzter Zeit aber auch wirklich nur Pech. Ich hätte noch eine Woche warten sollen, doch ich war mal wieder zu übereifrig gewesen. Noch eine Schwäche, die ich so an mir hasste. Aber da musste ich jetzt durch.

„He Leute, also, wir können das auch zivilisiert regeln.“, versuchte Jack sie abzulenken und schritt näher an sie heran. Zu nahe, wie einer der Jaffa fand, denn ein Schuss löste sich und traf Jack in die Seite. Es war nur ein Streifschuss, denn die Salve schlug knapp vor meinen Füßen in den Boden ein. Sowohl Major Carter als auch meine Wenigkeit waren zurückgesprungen. Ein lauter Schrei entwich Jacks Kehle, ehe er zusammenbrach und sich beide Hände auf die Wunde presste. Es mussten höllische Qualen sein. Ich nahm alles zurück. So etwas hatte ich für ihn auch nicht gewollt.

„Colonel!“, rief Sam vor Sorge aus. Sie wollte schon zu ihm rennen, doch Teal’c hielt sie mit seiner erhobenen Hand zurück. Diese Jaffa würden nicht zögern, auch noch sie zu töten. Sein Schmerz sprang auf mich über, ihre Sorge vernebelte meine Gedanken. Ich war nicht mehr Herr der Lage. Mein Körper schien verrückt zu spielen. Mein Kopf begann wie wild zu pochen, ich hörte, wie das Blut durch meine Adern strömte, Adrenalin in großen Mengen mit sich führte, vernahm den Herzschlag der anderen wie laute Trommeln und vor meinen Augen waren nur noch Schemen zu erkennen, Umrisse von Jaffa, die auf uns zukamen, ehe mich die Dunkelheit umfing und fest in ihren Griff nahm. Colonel O’Neill schien es genau so zu gehen, denn es waren seine Eindrücke, sein Schmerz und seine Reaktion darauf.



Das erste, was ich wieder wahrnahm, war der Aufprall, als ich achtlos in die Zelle geworfen wurde. Ich hörte gedämpfte Stimmen, Schritte und das überlaute Schnarren der sich schließenden Tür. Da waren so viele neue Eindrücke, die mich in die Unmacht zurückzogen. Immer noch gegenwärtig der Schmerz von Colonel O’Neill, welcher immer noch bewusstlos war, Sams Angst um ihn, die mich fast wahnsinnig machte, Teal’cs Besorgnis und das Wissen darum, dass noch weitaus Schlimmeres auf sie zukommen würde, und... Da war ein Gefühl, dass ich nicht einschätzten konnte, eines, das nicht von einem Mitglied meines Teams kam. Pein, Kummer, Hilflosigkeit, Angst, Müdigkeit, Anspannung, Sorge, Trauer - alles auf einmal - Hoffnungslosigkeit. Diese Empfindungen zogen mich nach unten, hielten mich im Nichts gefangen. Ich versuchte sie auszusperren, mich von der geistigen Verbindung zu lösen, die zwischen mir und dieser Person bestand, doch es gelang mir nicht. Ich hatte längst die Kontrolle über meinen Körper verloren, mein Verstand war drauf und dran den Widerstand aufzugeben, nicht länger gegen diese Gefühle anzukämpfen, sich einfach nur weit zurückzuziehen. Doch ich musste wissen, wer außer uns noch hier war, musste jetzt wach bleiben. Ich konnte jetzt unmöglich aufgeben. Ich wollte mich bewegen, die Augen öffnen, den Kopf heben, mir einfach nur einen Überblick verschaffen, doch es gelang mir nicht. Was war nur mit mir los? Mein Körper spielte vollkommen verrückt. Einerseits konnte ich meine Fähigkeiten nicht einsetzten, so sehr ich es auch versuchte, andererseits brachen sie hervor, wenn ich sie am Wenigsten gebrauchen konnte. Ich hatte mich selbst nicht mehr unter Kontrolle und es lag schon lange nicht mehr nur an der Aufregung, an den ganzen neuen Eindrücken. Da war etwas anderes, es musste einen anderen Grund geben. Das letzte Mal, dass ich keine Gewalt mehr über das hatte, was ich konnte, war ewig her. Ich war damals ein Kind gewesen, nicht älter als acht Jahre. Ich wusste nicht, was mit mir geschah, aber ich ahnte, dass ich es unbedingt für mich behalten musste. So hatte ich es jahrelang geheim gehalten, niemandem davon erzählt. Ich hatte mich abgesondert, aber ich war dennoch nie allein gewesen. Zwei wussten davon - beide waren tot. Sie waren wie ich gewesen und doch anders - einzigartig. Ich vermisste sie so sehr. Sie waren meine Freunde, alles an Familie, das ich je hatte. Er war wie ein Bruder für mich, sie wie eine Schwester. Ich verdrängte die Gedanken an sie, verscheuchte sie aus meinem Geist. Es gab jetzt Wichtigeres als in Erinnerungen zu schwelgen. Vorwürfe konnte ich mir immer noch machen, wenn ich wieder zu Hause war. Oberste Priorität hatte jetzt unsere Flucht. Ich spürte eine große Hand auf meinem Rücken und wusste sofort, wer es war: Teal’c. Ich konzentrierte mich, kämpfte gegen die Hilflosigkeit an, nutzte meine Fähigkeiten, um die Stärke von ihm anzuzapfen und die Gewalt über meinen Körper zurück zu bekommen. Es gelang mir schließlich auch. Ich öffnete langsam die Augen. Es war nicht besonders hell, so gewöhnten sich meine Augen schnell an die Lichtveränderung. Unter einem lauten Stöhnen erhob ich mich. Ich spürte immer noch den Schmerz von Jack, doch lang nicht mehr so intensiv. Dennoch erschien es mir im ersten Moment so, als wäre auch ich getroffen worden. Um sicher zu gehen, dass dem nicht so war, fuhr ich für den Bruchteil einer Sekunde über meinen Bauch. Kein Blut. Ich war unverletzt. Es klang egoistisch, aber ich war heilfroh darüber. Zwei Verwundete hätten alles nur erschwert. Ich lag jetzt auf dem Rücken, was schon viel besser war. Jetzt konnte ich mich auch umsehen. Das Erste, was ich erblickte, war Teal’c ausdrucksloses Gesicht, doch ich spürte, dass sich in ihm Erleichterung, aber auch Verwirrung ausbreiteten. Sie wussten nicht, was ich war - ich hatte ja selbst keinen blassen Schimmer - aber ich würde es ihnen sagen müssen. Dann war da Samanthas Rücken, wie sie sich über Colonel O’Neill beugte und seine wunde untersuchte. Ihre Angst wuchs von Sekunde zu Sekunde. Es stand anscheinend nicht sehr gut um ihn. Eine Bewegung aus der hintersten Ecke zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung und erblickte eine zusammengesunkene Gestalt, die sich zu einem kleinen Bündel zusammengezogen hatte. Eine Frau - sie kam mir bekannt vor. Ich setzte mich auf, um sie besser sehen zu können und als sie den Kopf hoch, wusste ich auch, warum sie mir so vertraut gewesen war. Sie war es! Der Grund, warum ich überhaupt in dieses Programm gegangen war, saß nur wenige Meter von mir entfernt. Doch sie war nicht nur die, die ich glaubte, verloren zu haben, sie war die, die mir in den letzten Tagen erschienen war. Ich hatte es nicht bemerkt oder sollte es nicht bemerken.

Ungläubig hauchte ich: „Lea!“ Oh Gott, wie lange war sie schon hier, was hatte sie schon alles durchgemacht? Sie sah mich aus leeren Augen an. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Teal’c verwundert die Augenbraue hob, doch ich achtete nicht weiter darauf. So schnell ich konnte, begab ich mich neben sie. Im ersten Moment schien sie mich gar nicht zu erkennen, doch dann quälte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Sie war schwach, ausgelaugt, am Ende.

„Jarod!“, hauchte sie schließlich erleichtert. „Ich wusste, du würdest kommen.“ Hoffnung, ein Gefühl von Hoffnung erfüllte mich. Es strömte tief aus ihrem Herzen. Ich wünschte in diesem Augenblick, ich könnte sie hier herausholen, sie einfach nur nach Hause bringen, doch ich saß genauso fest wie sie. Auch ich war ein Gefangener und im Moment nicht in der Lage, uns zu befreien. Tränen stiegen mir in die Augen, vor Erleichterung, sie endlich gefunden zu haben und dass sie noch am Leben war, aber auch vor Angst, dass ich sie wieder verlieren könnte, dass wir es nicht schaffen würden. Vorsichtig berührte sie meine Wange. Sie war schwach, sie zitterte und es kostete sie alle Kraft, ihre Hand zu heben und mich zu berühren. Ich ergriff ihre Hand, um es ihr zu erleichtern und kaum das sich unsere Hände berührte, durchströmte mich ein Gefühl, dass ich nie zuvor bei ihr gespürt hatte, etwas überwältigend Starkes. Eine Zuneigung, die weit über Freundschaft hinausging. Die gleiche Empfindung, die auch Sam in Jacks Gegenwart aussandte - Liebe. Reine und unverfälschte Zuneigung, die gegen alle Widrigkeiten Bestand haben würde. Sie liebte mich. Ich hatte es nie bemerkt, ich selbst hatte nie so gefühlt, doch in diesem Augenblick wusste ich, dass auch in mir vielleicht mehr war als nur Geschwisterlichkeit, dass auch ich sie eventuell liebte, es mir nur nie eingestehen wollte. All die Jahre hatte ich damit zugebracht, mich von den anderen Menschen abzusondern, niemanden an mich heran zu lassen, dass ich auch sie aus meinem Herzen nach und nach verbannte. Erst ihr Verschwinden, sein Tod, hatten mich dafür empfänglich gemacht, was ich im Begriff war, zu verlieren. Meine Menschlichkeit, auch wenn ich immer noch daran zweifelte, dass ich wirklich einer war. Das wollte ich nicht, das konnte ich nicht zulassen. Ich wollte sie nicht noch einmal verlieren. Ich musste ihr zeigen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine stand, dass es mir ähnlich ging, auch wenn ich noch nicht ganz wusste, ob auch ich sie so sehr lieben konnte. Leider funktionierte diese Verbindung nur in eine Richtung, so dass ich es ihr auf andere Art und Weise zeigen musste. Letztendlich schloss ich sie in die Arme.

„Oh Gott, Lea. Ich habe dich so vermisst. Was haben sie dir nur angetan?“, fragte ich, nachdem ich sie wieder ansah.

„Spielt keine Rolle mehr.“, entgegnete sie ausweichend. Sicherlich wollte sie sich nicht daran erinnern. Ihr Blick glitt auf einmal an ihr vorbei und auch sie erfüllte Sorge. Ich drehte mich um. Colonel O’Neills Wunde sah schlimmer aus, als ich angenommen hatte. Seine Uniform war in Blut getränkt und jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Nur unregelmäßig hob und senkte sich sein Brustkorb. Sam versuchte immer noch, die Blutung zu stoppen, doch das führte nur dazu, dass auch sie sich mit der dunkelroten Flüssigkeit besudelte.

Tränen liefen ihr über die Wangen, während sie immer wieder flüsterte: „Halte durch, Jack! Bitte halte durch! Ich schwöre dir, ich werde dich nach Hause bringen und dann wirst du wieder ganz gesund. Halte nur durch!“ Der Wunsch machte sich in mir bereit, mit ihm tauschen zu wollen. Mein Körper hätte diese wunde besser verkraftet, wäre schneller geheilt. Leider konnte man es jetzt nicht mehr ändern. Ich sah wieder zu Lea. Tränen standen ihr in den Augen.

„Ich könnte... aber ich bin zu schwach...“, brachte sie mit zitternder Stimme hervor. Ich wusste, was sie meinte. Sie hatte die Fähigkeit dazu. Vielleicht gab es auch einen Weg. Das würde ihr die letzte Kraft rauben, sie würde unmächtig werden, wenn nicht sogar sterben, doch ich war mir sicher, dass sie das Risiko eingehen würde, dass sie bereit war, es wenigstens zu besuchen. Sie kannte diesen Mann, sie hatte mir von ihm erzählt, sie mochte ihn sehr. Sie würde alles in ihrer Macht stehende tun, um ihm das Leben zu retten, besonders da sie sich an allem die Schuld gab. Wir hatten keine andere Wahl, wir mussten es wenigstens versuchen. Vorher musste sie jedoch zu Kräften kommen und am Schnellsten ging das nun mal, wenn sie Glucose zu sich nahm. Ich zog aus meinem Stiefel ein Päckchen mit Traubenzucker, welchen ich immer dabei hatte. Notfallreserve. Wer würde schon in einem Stiefel nach so etwas suchen. Ich öffnete das Päckchen und hielt es Lea an den Mund.

„Du weißt, auf der Zunge zergehen lassen.“ Ein schwachen Nicken von ihr zeigte mir, dass sie verstanden hatte, dann öffnete sie den Mund und nahm dankend den Süßstoff entgegen. Nach und nach schien sie kräftiger zu werden und es ging ihr auch ganz offensichtlich wesentlich besser. Erleichtert schloss ich für Sekunden die Augen. Doch meine Freude hielt nicht lange an, als ich ein von Schmerz verzehrtes Stöhnen vernahm. Es ging Jack immer schlechter, wir mussten uns beeilen. Ich sah Lea in die Augen, suchte nach Bestätigung und fand sie schließlich. Ich half ihr zu ihm. Sie war immer noch ziemlich ausgepowert, aber sie würde durchhalten. Sie war zäh, härter im Nehmen als jeder, den ich sonst kannte, mich eingeschlossen.

„Ich kann ihm helfen.“, presste Lea hervor, als Sam sie verwirrt anstarrte.

„Wie?“, fragte sie perplex und mit tränenerstickender Stimme.

„Sie kann, dass ist alles, was zählt.“, wehrte ich ab. „Vertrau mir einfach.“ Sam rutschte zurück und machte uns Platz. Ich legte meine Hand auf Jacks Wunde, konnte das warme Blut aus dem verbrannten Fleisch suppen spüren, fühlte seinen Schmerz, seine ständig schwächer werdende Lebensenergie. Uns blieben wirklich nur noch Sekunden. Ich nickte Lea aufmunternd zu. Sie betete ihre Hand auf der Meinigen, schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf die Wunde. Energie durchströmte meine Hand, zapfte meine Kraft ab, um sie auf Jack zu übertragen. Ich fühlte, dass er dabei war, aufzugeben, sich einfach von der Dunkelheit verschlingen zu lassen, doch das konnte ich nicht zulassen. Meine Kraft ging immer mehr auf ihn über. Ich spürte, wie sich die Wunde unter meinen Fingern schloss und dennoch gab er auf. Ich musste ihm irgendwie zeigen, dass es sich lohnte zu kämpfen, dass er nicht aufgeben durfte, aber diese Verbindung verlief jedoch nur in eine Richtung, es sei denn... Auch meine Fähigkeiten würden auf ihn überspringen. Es war schon einmal so gewesen. Damals, las er verletzt worden war. Er würde es spüren, es blieb keine andere Option. Ich sah auf, blickte direkt in Teal’cs Gesicht. Ich bat ihn: „Berühre ihn, zeig ihm deine Stärke!“ Eine stumme Bitte um Vertrauen begleitete meine Worte. „Du auch, Sam. Lass ihn spüren, wie sehr du ihn liebst. Zeig ihm das, was du mir gezeigt hast. Er wird es empfangen.“ Ich sah die Skepsis in ihren Augen, dennoch tat sie, worum ich sie gebeten hatte, sie ergriff seine Hand. Schlagartig schlug Jack die Lider auf und ein lauter Schrei entwich seiner Kehle. Die Wunde war so gut wie geschlossen, als ich merkte, dass leas Hand von der meinen zu rutschen begann. Die Energie wurde unterbrochen und sie sackte kraftlos nach hinten. Ich fing sie auf und hielt sie schützend in meinen Armen. Sie sah mich an und lächelte.

„Jarod ich...“, hauchte sie schwach.

„Shh!“, unterbrach ich sie sanft. „Nicht reden. Du kannst mir später alles erzählen. Jetzt solltest du versuchen, zu schlafen.“ Sie schüttelte entschieden den Kopf, auch wenn es kaum wahrzunehmen war.

„Jarod, wir sind... die fünfte Spezies.“, entgegnete sie. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie das Bewusstsein verlor. Ich verstand nicht, was sie damit meinte. Fünfte Spezies? Waren wir wirklich Außerirdische, eine hoch entwickelte Rasse, wie die Nox oder Asgard oder Antiker. Hatte sie wirklich unser Volk gefunden? Wusste sie jetzt, wo wir hingehörten, wer wir waren? Ich konnte es nicht glauben, mein Verstand begriff es einfach nicht. Fünfte Spezies? Das war alles, wonach ich all die Jahre gesucht hatte und jetzt, wo ich es gefunden hatte, weigerte sich alles in mir, das zu akzeptieren. Vielleicht hatte ich nach dem Falschen gestrebt. Ich hatte so viel Zeit darauf verwandt, anders zu sein und mich nicht wie ein Mensch zu benehmen, doch das war es doch, was mich als Menschen auszeichnete, dass ich anders war, einzigartig. Wollte ich jetzt etwa nur ein Mensch sein? Was war nur los mit mir?

„Die fünfte Spezies?“, fragte ich mich laut.



weiter: Kapitel 8

© 2003 Lenari


Jarod 8: Jarods Vergangenheit by Lenari
Author's Notes:
Jarod hat mit dem zu kämpfen, was er von Lea erfuhr, und er hat den anderen Einiges zu erklären...
Jarod 8: Jarods Vergangenheit

„Menschen!“, presste Colonel O’Neill gequält hervor. Ich sah ihn entgeistert an, als hätte er gerade behauptet, wir würden alle sterben. Er hatte sich gegen die Wand gelehnt und atmete schwer. Sam kniete neben ihm, wich ihm keinen Zentimeter von der Seite.

„Menschen?“, hakte ich ungläubig nach. Das konnte nicht sein. Das war unmöglich. Ich war kein Mensch. Ich war anders. Ich besaß diese Fähigkeiten, ich konnte unmöglich ein ganz normaler Mensch sein. Jede Faser meines Körpers sträubte sich dagegen, obwohl ich eigentlich nie etwas anderes sein wollte.

„Ja.“, bestätigte er. „Als fünfte Spezies bezeichnete ich uns gegenüber den Asgard.“ Ich spürte sehr wohl, dass er nicht log, dennoch sperrte ich mich dagegen, es zu akzeptieren.

„Unmöglich! Das ist absolut unmöglich! Ich kann kein Mensch sein, dass ist vollkommen ausgeschlossen!“, brauste ich auf. In mir schrie es, dass das eine gute Nachricht war, dass es nur so seine Richtigkeit haben konnte, doch immer mehr wurde mir bewusst, dass es nicht meine Gedanken waren. Nicht wirklich. Es waren zum größten teil Jacks eindrücke, die Tatsache, dass er stolz darauf war, sich als Mensch bezeichnen zu können, und ebenso die Individualität, die man mit dieser Bezeichnung verband. Ich musste jedoch für mich selbst herausfinden müssen, ob diese Erkenntnis nun positiv oder negativ aufzufassen war.

„Finden sie sich damit ab, Commander!“, zischte Jack mit zusammengepressten Zähnen, während er sich noch ein Stückchen aufsetzte. Dabei entwich ihm ein schmerzliches Keuchen, welches er durchaus zu unterdrücken versucht hatte. Ich spürte es auch tief in mir. Unsere Verbindung zueinander war noch stärker geworden. Die Wunde hatte sich anscheinend nicht wirklich geschlossen, auch wenn es oberflächlich so aussah. Wahrscheinlich hatte er noch innere Blutungen oder bekam bald eine Blutvergiftung, die mit hohem Fieber einherging. Wir mussten ihn also so schnell wie möglich hier wegbringen. Meine Erkenntnis behielt ich jedoch für mich, da ich Sam nicht noch unnötig beängstigen wollte. Ich blickte wieder zu Lea. Sie sah friedlich aus, wie sie so in meinen Armen lag. Ich wünschte, sie würde lediglich schlafen, doch dem war nicht so. Was sie wohl alles durchgemacht hatte. Ich drückte sie ein Stückchen näher an mich, konnte spüren, wie sie leicht zu zittern begann. Sie war aufgewühlt, schien schlecht zu träumen. Ich gab ihr einen Kuss aufs Haar, ließ sie spüren, dass ich da war, und augenblicklich wurde sie ruhiger. Auch sie musste so schnell wie möglich nach Hause. Ich konnte schließlich nicht mit Sicherheit sagen, wie lange sie noch durchhalten würde. Ihr Zuckermangel war erheblich schädigend für sie, ihre Schmerzen groß und sie hatte ihre letzten Reserven schon längst verbraucht. Zwei Wochen - ganze vierzehn Tage hatte sie schon hier verbringen müssen. Man hatte sie für verloren erklärt - für tot, aber das war sie nicht. Noch nicht jedenfalls. Mir musste etwas einfallen und das zügig. Ich musste alle hier herausholen. Ich hatte ihnen das eingebrockt - ich musste es wieder in Ordnung bringen, koste es was es wolle.

„Woher kennt ihr euch eigentlich?“, zerriss Sam meine Gedanken. Sie hatte das Wort an mich gerichtet.

„Wir sind Freunde seit ich denken kann.“, sagte ich ruhig und blickte immer noch zu Lea, die in meinen Armen schlief. „Sie war es auch, die mir von dem Programm erzählt hat, von SG-1 und Doktor Jackson. Sie wollte unbedingt herausfinden, wo wir herkommen.“ Ich hielt kurz inne. Es war schon Ironie des Schicksals, dass wir erst Milliarden von Lichtjahren von der Erde entfernt von Goa’uld gefangen genommen werden mussten, um zu begreifen, dass wir längst zu Hause waren. Zumindest, was unsere Herkunft anging. Ich dachte, ich würde mich wohler fühlen, wenn ich es wusste, doch nun... Ich wollte es einfach nicht akzeptieren. Lea hatte ihr Leben für diese Erkenntnis riskiert und ich sträubte mich mit aller Macht dagegen. Das war ihr gegenüber nicht fair. „Sie dachte, sie könnte durch das Stargate herausfinden, woher wir stammen könnten.“

„Warte mal, dann sind sie der Typ mit dem sie mich immer verglichen hat?“, fragte Jack verwundert.

„Sieht ganz so aus.“ Ich strich Lea eine Strähne aus dem Gesicht.

„Wir sind uns ja nun wirklich überhaupt nicht ähnlich.“, wehrte er ab.

„Haben die anderen Mitglieder von SG-4 nicht behauptet, sie wäre jetzt ein Goa’uld?“, hakte Teal’c stoisch nach.

Samantha Carter entgegnete: „Das kann eigentlich nicht sein, wir spüren schließlich keinen Goa’uld in ihr, oder?“ der Jaffa schüttelte entschieden den Kopf.

„Vielleicht haben die sich geirrt.“, wandte O’Neill ein. Ich ahnte, dass dem nicht so war. Irgendetwas musste bei der Verschmelzung schiefgelaufen sein. In der Hinsicht, dass jemand von einem Symbionten übernommen wurde, irrte man sich nicht so einfach. Sie musste einen weg gefunden haben, ihn aus ihrem Körper zu vertreiben. Wenn sie mir nur sagen könnte, wie. Soviel Glück, wie ich in den letzten Tagen gehabt hatte, würde ich es bald am eigenen Leib erfahren. Im Grunde wollte ich gar nicht darüber nachdenken, wie sich ein schleimiger Wurm im meinem Kopf einnistete und meine Persönlichkeit untergrub. Das ließ den Wunsch aufkeimen, Ben hier haben zu wollen, seine Stimme zu hören, die mir Mut machte, mir sagte, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Doch er war nicht hier, er war ja nicht einmal mehr am Leben. Man hatte ihn brutal der Welt entrissen. Erinnerungen an damals strömten auf mich ein - an die Nacht, als es passierte. Die Sterne, die sonst hoch am Himmel gestanden hatte, zeigten sich nicht, nur der Mond warf sein milchig weißes Licht auf die Stadt. Es war ungewöhnlich still an diesem Abend. Ich hatte ein ungutes Gefühl gehabt, tat es zu meinem Bedauern jedoch als Nichtigkeit ab. Wir waren beide alleine unterwegs gewesen, da es Lea nicht besonders gut gegangen war. Wir wollten nur schnell einen trinken gehen, so wie wir es seit Jahren immer taten und uns einfach nur ausgelassen unterhalten - ein fataler Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellte. Hätten wir uns nicht geprügelt, weil wir mal wieder zu selbstbewusst und besoffen gewesen waren, dann hätte Ben nicht seine Kräfte einsetzten müssen und alles wäre nicht so weit gekommen - er würde heute noch leben. Wir hatten uns ja nicht einmal sicher sein können, ob sie etwas mitbekommen hatten, wir rechneten auch nicht damit. Sie waren betrunken gewesen und alles war so schnell passiert. Nichtsdestotrotz hatten wir und geirrt - sie hatten es gesehen, sie hatten unser Geheimnis erkannt. Spätestens als sie uns mit ihren Freunden in einer der vielen Seitengassen der Stadt auflauerten, wurde uns das bewusst. Unser Leichtsinn hatte ihn das Leben gekostet. Sie beschimpften uns als Freaks, Monster, abartig. Ich versuchte sie zu beruhigen, sie von ihrer Dummheit abzuhalten, es ihnen zu erklären, doch sie wollten nicht hören. Mordlust stand ihnen ins Gesicht geschrieben, sie waren im Blutrausch, sie wollten uns leiden sehen. Ich konnte das Adrenalin riechen, schmerzlich fühlen, wie sehr sie nach unseren Schmerzensschreien dursteten. Keineswegs hatten sie vor gehabt, uns umzubringen lediglich eine Lektion wollten sie uns erteilen - doch sie gingen zu weit, überspannten den Bogen bis er riss. Doch nicht nur sie, auch ich verlieh die Kontrolle - später, nachdem es längst nicht mehr zu ändern war, nachdem Ben sein Leben ausgehaucht hatte. Wir wehrten uns so gut wir konnten, versuchten immer wieder zu fliehen, ihnen zu entkommen, doch es waren einfach zu viele. Acht an der Zahl. Vornehmlich hatten sie es auf Ben abgesehen. Drei von ihnen hielten mich fest, die anderen schlugen und traten auf Ben ein, der längst wehrlos am Boden lag. Ich wollte mich immer wieder losreißen, ihm zur Hilfe eilen, doch auch ich wurde unermüdlich traktiert. Immer wieder trafen mich harte Schläge in den Magen bis ich begann Blut zu spucken. Meine Kraft schwand schnell, alles verschwamm vor meinen Augen. Ich konnte meine Kräfte nicht mehr benutzten, sie wollten einfach nicht funktionieren. Mein Körper bestand nur noch aus reinem Schmerz. Bens Qualen sprangen auf mich über, raubten mir fast die Sinne. Ich zwang mich, wach zu bleiben, nicht aufzugeben. Ich konnte nur tatenlos zusehen, ihm aber nicht helfen. Erst, als er sich nicht mehr bewegte, ließen sie von ihm ab. Auf einmal hatte einer von ihnen eine Waffe in der Hand und richtete diese auf Ben.
Kurz darauf löste sich ein Schuss. Ich zuckte unwillkürlich zusammen, wandte den Blick ab. Ich konnte nicht mit ansehen, wie mein Freund durch die Wucht des Aufpralls halb herumgerissen wurde, hörte meinen eigenen verzweifelten Schrei. Auf einmal aktivierten sich meine Kräfte. Müll, der an den Hauswänden in Mülltonnen gestanden hatte, flog durch die Luft, dem einen wurde die Waffe aus der Hand gerissen, die anderen wurden von den Füßen gerissen. Ich war außer mir vor Zorn und Schmerz. Ich ließ es an der ganzen Welt aus. Dann wurde es ruhig - totenstill. Ich fiel nach vorn, konnte mich gerade noch so mit den Händen abstützen, um nicht auf dem Boden aufzuschlagen und kraftlos liegen zu bleiben. Ich wusste ich durfte jetzt nicht nachgeben, musste gegen die gesegnete Dunkelheit ankämpfen, musste zu ihm. Verängstigt suchten sie das Weite, sahen nicht zurück, sondern rannten nur, so schnell sie ihre Füße tragen konnten.
Ich rappelte mich unter Qualen auf und kroch auf allen Vieren zu ihm hinüber. Er lag im Sterben. Blut quoll aus der Schusswunde in seiner Brust, verteilte sich über seine Kleidung, saugte sich erbarmungslos daran fest. Eine dunkelrote Lache hatte sich unter ihm gebildet. Er keuchte und stöhnte auf, als ich ihn in meine Arme nahm. Seine Lunge rasselte bei jedem Atemzug, er spuckte Blut und zitterte am ganzen Körper. Ich presste ihn an mich, sagte im, dass alles wieder gut werden würde, doch er schüttelte nur den Kopf. Er wusste es besser - ich wusste es besser. Sein Gesicht war vollkommen zertrümmert und geschwollen, er war kaum noch zu erkennen. Tränen stiegen mir in die Augen, doch ich wagte nicht zu weinen. Ich konnte ihn nicht mit diesem Anblick vor den Augen sterben lassen. Er bat mich, niemals aufzugeben und auf Lea aufzupassen, dann schloss er die Augen und starb.
Er hatte keine Angst gehabt, aber ich hatte genug für uns beide verspürt. Ich wollte nicht, dass er starb, versuchte ihn davon abzuhalten, indem ich ihn noch enger an mich presste, aber ich konnte es nicht verhindern. Es ging einfach nicht. Ben hatte nie Angst vor dem Tot gehabt, als wüsste er, dass es da noch etwas geben musste - eine Art leben danach - doch für mich zählte das nicht. Er war fort und das würde nichts auf der Welt jemals ändern. Nun ließ ich meinen Tränen freien Lauf, vergrub mein Gesicht in seiner Brust und weinte bitterlich. Meine Tränen mischten sich mit seinem Blut, sogen sich mit in den Stoff seines Hemdes. Schuldgefühle überschwemmten mich, ich hasste mich selbst dafür, dass ich ihm nicht hatte helfen können, dass ich versagt hatte. Immer wieder spielte ich die letzten Sekunden in meinem Gedächtnis durch.
Wenn ich etwas anders gemacht hätte, wenn ich noch energischer versucht hätte, mich zu befreien oder wenigstens meine Kräfte freizusetzen, dann hätte ich ihm sicherlich helfen können. Dieser Gedanken spuckte mir noch Monate danach im Kopf herum. Eine Hand auf meiner Schulter ließ mich zusammenzucken. Ich starrte in Major Carters graublaue Augen. Mein Herz raste. Lea lag weiterhin ruhig schlafend in meinen Armen.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.

„Klar!“, erwiderte ich immer noch leicht perplex. Sie hatte mich in die Realität zurückgerissen, ich musste mich erst einmal wieder daran gewöhnen, dass es hier auch nicht allzu rosig aussah.

„OK, dann können sie mir sicher auch erklären, wie zum Teufel sie das mit meiner Wunde gemacht haben.“, sagte Colonel O’Neill sowohl erst als auch gereizt. Er musste immer noch große Schmerzen haben. Ich konnte mich nicht länger herausreden, die Wahrheit würde so oder so ans Tageslicht gelangen. Die Ausflüchte mussten nun ein Ende haben. Sie würden anders reagieren - diesmal würde es nicht so blutig enden, wie das letzte Mal, als es jemand erfuhr. Sie hatte schon weitaus unglaublicheres gesehen. Sie würden es hinnehmen und mich auch so akzeptieren. Dennoch sträubte sich auch noch ein Teil in mir dagegen, es ihnen zu verraten. Mein Selbsterhaltungstrieb hatte sich eingeschaltet, doch ich ignorierte ihn. Wahrscheinlich würde ich so oder so sterben, da konnte ich wenigstens das noch loswerden. Was würde das denn schon ändern?

„Ich bin kein normaler... Mensch. Ich habe besondere Kräfte, genau wie Lea.“, begann ich ihnen zu erklären, wer ich war. Ich hielt kurz inne, als ich merkte, dass es Jack schlechter zu scheinen ging. Dieser hatte die Augen geschlossen und ließ seinen Hinterkopf gegen die Wand sinken. Leise stieß er die Luft aus seinen Lungen. Die Wunde musste ihm ganz schön zugesetzt haben und es auch weiterhin wenigstens versuchen.

Da ich nichts weiter sagte, nahm O’Neill das als Aufforderung, nachzuhaken: „Und die wären?“

„Ich weiß, was die anderen fühlen, was sie tief in ihrem Herzen für Wünsche, Träume und Ängste haben. Außerdem besitze ich die Fähigkeiten der Psychokinese und Telekinese. Letzteres setzte ich jedoch kaum ein, da es die Meinung des anderen eh nur beeinflusst, aber nicht steuern kann. Lea hingegen kann nicht nur heilen, wie ihr es ja schon mitgekommen habt, sondern auch zum Teil in die Zukunft sehen und Astralprojektionen durchführen. So hat sie mir den Weg zu dem Portal gezeigt.“, erläuterte ich zusammenfassend.

„Sie kann sich wirklich an zwei Orten gleichzeitig aufhalten?“, wollte Sam ungläubig wissen.

„So in der Art. Sie kann sozusagen ihren Geist wandern lassen, während ihr Körper sich ausruht. So wie sie es bei meinen Tagträumen gemacht hat.“ An O’Neills Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er mich längst für verrückt erklärt hatte und mir natürlich deswegen kein Wort glaubte. Ich musste ihm meine Fähigkeiten Wohl oder Übel demonstrieren. Also konzentrierte ich mich auf seine Erkennungsmarke, die nur Augenblicke später aus dem Halsausschnitt seines T-Shirts kroch und dann vor seiner Nase hin und her schwang. Er staunte nicht schlecht, ergriff sie mit der Hand und steckte sie wieder weg. Der einzige, der unbeeindruckt blieb, war Teal’c. Weder Mimik noch Gestik verrieten, ob es ihn begeisterte oder doch eher abschreckte, nicht einmal, ob er überhaupt Überlegungen anstrebte, wie dies zustande kommen konnte. Der Hüne war alles andere als dumm, er behielt jedoch für sich, was er dachte, außer es war außerordentlich wichtig.

„Das ist unglaublich!“, stieß Sam begeistert hervor und sah immer wieder zwischen mir und Jack hin und her, als wolle sie herausfinden, wie ich das anstellen konnte, als gäbe es einen Trick dabei, ein unsichtbares Band oder Magneten. Aber ich brauchte keinen Schwindel, ich konnte es auch ohne Hilfsmittel. Leider strengte es mehr an, als ich es mir vorgestellt hatte.

„In der Tat!“, stimmte Teal’c ihr stoisch zu. Ich hätte noch soviel mehr tun können, doch mir fehlte dazu die Kraft. Die Spritze leistete ganze Arbeit. Ich hätte sie heute Morgen nicht nehmen sollen. Noch sieben Stunden würde die Wirkung anhalten - zu lange für meinen Geschmack.

Jack hakte nach: „Können sie uns dann nicht irgendwie hier herausholen? Auf wundersame Weise die Tür aufschweben lassen, oder so?“ Ich schüttelte entschieden den Kopf.

„Leider nicht! Es ist mir nicht möglich, solange der Effekt von Doc Fraisers Wundermittel nicht nachlässt. Ich habe einfach nicht genügend Energie dafür.“, wehrte ich ab, auch wenn ich mich dafür hasste.

„Versuchen sie es trotzdem, Commander!“, wies er mich an. Ihm ging es wirklich nicht besonders, denn es war lediglich eine klägliche Bemühung gewesen, autoritär zu wirken. Ich konzentrierte mich wie befohlen auf die massive Tür, doch je mehr ich mich anzustrengen wagte, desto schwächer wurde ich. Nie zuvor hatte ich es auch mit solch einer scheinbar unüberwindbaren Tür zu schaffen gehabt. Es brachte einfach nichts, meine Kräfte für so etwas Aussichtsloses zu verschwenden und darüber war ich wütend - frustriert beschrieb es noch eher, was mich wiederum zornig machte. Ein Stöhnen von Jack ließ mich in meiner Tätigkeit innehalten. Sam war sofort bei ihm, um sich um ihn zu kümmern. Sie liebte diesen Mann wirklich mehr als alles andere, das sah man förmlich in ihren Augen und spürte man mit jeder Faser seines Herzens.

Sie fragte gleich darauf: „Wie geht es ihnen, Jack?“ und berührte ihn sacht am Arm. Diese eine sanfte Geste reichte aus, um ihn vor Schmerz aufschreien zu lassen und sich ihr zu entziehen. Meine Kräfte wirkten noch auf ihn, ließen ihn spüren, wie viele Sorgen sie sich um ihn machte, wie nahe es ihr ging, ihn so zu sehen. Er konnte ihre Vorwürfe, die sie sich machte, spüren. Sie fügte ihm mit ihren Empfindungen großes Leid zu.

„Nicht anfassen!“, fuhr er sie an. Sie wich erschrocken zurück und Tränen füllten ihre Augen. Jack saß zusammengekauert, mit angewinkelten Beinen in einer Ecke und atmete schwer - stoßweise.

„Es ist beängstigend, nicht wahr?“, meinte ich ernüchternd. „Sie gewöhnen sich schon noch daran.“

„Ich denke nicht, dass ich das vorhabe.“, keuchte Jack und streckte seine Beine aus, denn die andere Haltung schien die Schmerzen nur geschürt zu haben.

„Ihnen wird nichts anderes übrig bleiben.“, wandte ich ein. „Es wird erst in einigen Tagen abklingen. Eine kleine Nebenwirkung unserer Rettungsaktion. Finden sie sich also damit ab, Colonel.“, erwiderte ich sarkastisch und benutzte genau seine Worte, um meine Ernsthaftigkeit zu unterstreichen. Er wollte etwas einwenden, ließ es dann aber doch bleiben.

„Sie kommen!“, ertönte Leas Stimme leise. Sie hatte ihr Gesicht halb in meiner Brust vergraben und die Augen waren nur einen Spalt geöffnet. Sie sah schwach und mitgenommen aus - so fühlte sie sich auch. „Sie wollen die Kombination.“ Ich nahm sie beim Wort und nickte ihr verstehend zu. Sie würden mich holen, niemand sonst.

„Teal’c, kümmere dich um sie!“, richtete ich mein Wort an den Hünen und legte ihm les in den Arm. Drei Jaffa traten ein. Einer von ihnen - der oberste Primus - zeigte mit dem Finger auf mich.

„Du, mitkommen!“, befahl er abgehakt. Ich erhob mich entschlossen.

„Bringen wir es hinter uns!“, sprudelte es wenig begeistert aus mir heraus. Dieser Spruch hatte mir lose auf der Zunge gelegen und ich musste ihn einfach loswerden. So war ich halt. Die zwei anderen Jaffa nahmen mich in ihre Mitte, während der Letzte von ihnen hinter mir blieb. Ich gab Sam stumm zu verstehen, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte, dass ich alles aushalten und einen Weg finden würde, sie hier herauszuholen. Dann führten sie mich ab.



weiter: Kapitel 9

© 2003 Lenari


Jarod 9: Jarod gefangen im eigenen Körper by Lenari
Author's Notes:
Jarod wird vom Feind übernommen. Kann er sich wehren oder bleibt er Gefangener im eigenen Körper…
Jarod 9: Jarod gefangen im eigenen Körper

Man brachte mich in den Thronsaal. Dieser war gleichzeitig auch die Kommandozentrale des Raumschiffes. Ziemlich leichtsinnig, musste ich schon zugeben. Sollte sich ein Gefangener befreien, kann er gleich abhauen und das Schiff lahm legen. Aber diese Schlangen waren einfach zu überheblich, um so zu denken. Durch das riesige Hauptfenster konnte man deutlich den Planeten sehen, auf welchem wir uns vorhin noch befunden hatten. Wir hatten die Umlaufbahn also noch nicht verlassen, was uns eine Chance zur Flucht ließ. Ich wurde vor dem Thron gewaltsam in die Knie gezwungen. Eine Gestalt in schwarzem Umhang saß darauf: Anubis. Kein anderer kam in Frage. Er war anders. Ich konnte nicht genau bestimmen, wieso, aber dieser Typ war kein normaler Goa’uld. Ich blickte ihm erhobenen Hauptes entgegen, als er die Kapuze etwas zurückschob.
Mir blieb fast das Herz stehen, als ich in das sah, was sein Gesicht darstellen sollte. Eine Bezeichnung unter Hunderten schoss mir sofort durch den Kopf: ANTIKER! Das war einfach unglaublich. Anubis musste herausgefunden haben, wie man aufstieg, doch wirklich schien es ihm nicht gelungen zu sein. Er steckte irgendwo zwischen Leben, so wie wir es definieren würden, und der höheren Existenzebene. Mir wurde fast schlecht bei dem Anblick, der sich mir bot.
„Wer bist du?“, donnerte seine Stimme durch den Raum. Es lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken.
„Commander Jarod Dillan, US Airforce. Freut mich, sie kennen zu lernen, Arni.“, antwortete ich flapsig und bekam dafür die Unterseite einer Stabwaffe in den Rücken. Wenn ich es schaffte, seinen Zorn auf mich zu lenken, dann würde er die anderen vielleicht in Ruhe lassen. Ein Versuch war es zumindest wert. Unerschrocken fuhr ich fort: „Ich wäre sehr verbunden, wenn sie uns gehen lassen würden. Wissen sie, ich habe da unten auf dem Planeten noch eine Verabredung mit einem sehr alten Portal in eine andere Welt, Dimension oder dergleichen.“
„Und du Wurm glaubst, dass mich dieses Portal interessieren würde?“, gab Anubis herablassend zurück. Für wie dumm hielt der mich eigentlich. Ich ließ mich doch nicht von seiner Gestalt und seinem Auftreten abschrecken. Er war auch nur ein Goa’uld. Außerdem war dieser Trick mehr als billig, dass er bei einem Goa’uld sicherlich funktioniert hätte. Sollte man bei Gelegenheit mal ausprobieren.
„Was sollte jemand wie du sonst schon auf einem gottverlassenen Planeten mit ein paar heruntergekommenen Ruinen suchen, wenn nicht das Portal zu einer Welt der Antiker, wo es unzählige, verschiedene Waffen gibt. Sicherlich habt ihr auch schon versucht, es zu öffnen, doch es funktioniert einfach nicht. Habe ich nicht Recht.“, erwiderte ich ernst und doch mit einer gehörigen Priese Sarkasmus.
Anubis folgerte: „Du würdest mir sicher nicht freiwillig helfen, dieses Portal zu aktivieren, richtig? Also werde ich dich Wohl oder Übel dazu zwingen müssen.“ Schallendes Gelächter flutete den Raum. Ihn schien seine eigene Aussage zu amüsieren. Mich hingegen ekelte sie an. Es wäre die schlimmste Folter, die ein Goa’uld einem antun konnte, man wurde zu einem Wirt von ihnen. Die Übernahme durch einen Parasiten war mit ewigen Qualen Schmerz und der Verleugnung seiner eigenen Existenz verbunden.
Ich würde lieber tausend qualvolle Tote sterben, als für eine Schlange den Behälter zu spielen. Nichtsdestotrotz würde genau das mit mir passieren. Waren wir doch mal realistisch - es war die schmerzvollste, erniedrigenste und schnellste Methode, um jemanden zum Reden zu bringen. Im Nachhinein hätte ich mich Ohrfeigen können, mich freiwillig gemeldet und dann auch noch meine Klappe zu weit aufgerissen zu haben, aber es war das einzig Richtig, was ich tun konnte. Ich konnte nur hoffen, dass sich der Umstand, der dazu führte, dass Leas Parasit verschwand, sich bei mir wiederholte. Wenigstens die anderen würden so eine größere Chance bekommen, zu fliehen. Eventuell schaffte ich es ja, mich erfolgreich gegen den Goa’uld zu behauten und ihn zu vertreiben, doch die Machtverteilung stand nicht wirklich zu meinen Gunsten.
Ich war schwach und die Schlangen waren darin geübt, Kontrolle über die Wirte auszuüben. Anubis gab ein Zeichen und ein Jaffa trat in den Raum. Sein Oberkörper war nicht bekleidet, der Unterleib geschwollen. In der Bauchtasche bewegte sich etwas verdächtig unruhig hin und her. Ich versuchte mich mental darauf vorzubereiten, was mit mir passieren würde, doch ich konnte nicht annähernd begreifen, was auf mich zukam, wie es sich anfühlte. Ich würde die Kontrolle verlieren - etwas würde in meinem Kopf, meinen Gedanken und Erinnerungen wüten und sich einfach alles nehmen, was es brauchte, um der Menschheit - der Erde - Schaden zuzufügen. Der Jaffa trat auf mich zu, sein Blick war kalt und stur geradeaus gerichtet.
Ich startete einen letzten Versuch, mein Schicksal abzuwenden, versuche vergebens aufzustehen, doch sie drückten mich gewaltsam auf die Knie zurück. Ich wollte mich wehren, sie wegstoßen, fliehen, doch ich wusste, ich war längst zu schwach, zu ausgelaugt, ausgebrannt, um auch nur einen von ihnen Schaden zufügen zu können. Ich hasste mich selbst dafür, mich ihnen nicht entgegenstellen zu können, sie nicht von dem abzuhalten, was folgen würde. Ich spürte es, ich spürte ihn. Hände rissen mir das T-Shirt vom Leib, zogen an meinem Haar, zwangen mich ihm in die Augen zu sehen, mein Schicksal von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen und mich nicht einmal dagegen auflehnen zu können. Das Monstrum war dicht vor mir, berührte mich mit einem blitzschnellen Vorschnellen der linken Hand. Ich konnte mich nicht mehr bewegen - es war als wurde ich zu Holz. Ich glaubte, das Knarren und Bersten großer Holzfasern in mir zu hören, verdrehte die Augen, starrte zu dem Ungeheuer empor - starrte auf den nackt dargebotenen Bauch der Frau, auf diesen riesigen, zum bersten gewölbten Leib, in dem sich jetzt zuckend eine schattenhafte, blutrote Kreuzstichwunde öffnete und etwas Zähnestarrendes, langes, Geschmeidiges, Schleimtriefendes ausstieß - Knorpel und zähe Kiemenhaut und Muskeln und zittriges, totenbleiches Fleisch.
Ich hörte ein gieriges Zischen und Fauchen und das Etwas schwebte aus dem Körper des Jaffa hervor und berührte mich - zuerst behutsam, als koste es von dem Salzgeschmack meiner Haut - dann ungeduldig, eindeutig gieriger. Es schnupperte, witterte, kostete tatsächlich von mir. Es war feucht und eiskalt und weich wie totes Fleisch, das seit Tagen in einem Keller lag. Schuppenhaut kratzte und schabte über meine Haut, hinterließ eine schleimige, stinkende Alptraumspur. Trommelschläge - der Schläge meines eigenen Herzens - waren jetzt überall: brachten Kopfschmerzen - es war, als müsse mein Schädel zerspringen. Noch immer unmöglich zu schreien. Ekel ließ mich würgen. Ich würde ersticken. Meine Lungen verkrampften sich, bis ich nur noch von dem einen Gedanken beseelt war: Luft, Luft einsaugen bitte.
Ich wollte nicht ersticken. Ich wollte nicht, dass dieses Ding über mich kroch. Gierig. Ich wollte nicht, dass ich seine Gedanken direkt in meinem Kopf hörte: Gut - gutes Fleisch - meines für lange Zeit - richtige Wahl - meine Wahl - endlich - endlich. Und das Etwas auf meinem Leib atmete rascher und ringelte, stieß sich weiter, um meinem Hals herum, und erneut griffen schattenhafte Hände herab und packten mich, hielten mich fest, drückten meinen Kopf gewaltsam nach unten. Ich konnte mich nicht wehren, mich immer noch nicht bewegen. Ich versuchte verzweifelt die Herrschaft über meine Muskeln und Körperbewegungen zurückzubekommen, mich loszureißen, diesen Dämon von meinem Körper zu reißen, zu hören, wie es von mir zerquetscht wurde, wie es mit einem nassen, schrecklichen Laut zerplatzte und Blut und Eiter und Schleim verspritzte und zuckend verendete.
Oh, ich würde es genießen, ich würde vor Glück schreien und lachen und… Doch nichts von alledem geschah. Jetzt: Das Etwas auf meiner Schulter richtete sich zähnefletschend auf - verharrte kurz - und stieß mit der Wucht einer Stahlfeder auf mich herab, grub und fraß und wand sich zuckend in das Fleisch meines Nackens - schlang sich um mein Rückrat und krallte und saugte sich daran fest - stellte den Kontakt her, übernahm triumphierend die Kontrolle. Ich hörte ihn weiterhin in meinem Kopf: Widerstand zwecklos - du gehörst mir - gutes Fleisch - für lange Zeit - meine Wahl – endlich. Kurz darauf umfing mich Dunkelheit und ich verlor mein Bewusstsein.

Der Schleier über meinem Verstand lichtete sich. Langsam konnte ich wieder Umrisse klar erkennen. Wie viel Zeit war vergangen? Was war in der letzten zeit passiert? Wie ging es den anderen? Hatte ich etwas ausgeplaudert? Meine Augen blickten sich um, doch war nicht ich es, der sie steuerte. Ein Raum - spartanisch eingerichtet - eine von vielen Unterkünften. Im Spiegel sah ich mein Gesicht. Hart und ausdruckslos sah ich mir entgegen. Frisch geduscht und umgezogen betrachtete ich mich. Ich erkannte mich kaum wieder.
Das schwarze Haar mit Gel zurückgekämmt, die Augen gefühllos und leer. Gutes Fleisch - meine Wahl - für lange Zeit - endlich, hörte ich die Gedanken des Parasiten in meinem Kopf. Ich war jetzt ein Goa’uld. Das, was ich am Meisten hasste, hatte sich in mir eingenistet und schien damit auch vollkommen zufrieden. Ich bewegte mich, richtete meine Kleidung und glättete abschließend noch mein Haar. Die Kontrolle über mich hatte ich gänzlich verloren. Mit all meiner Willensstärke versuchte ich diese zurückzugewinnen, doch zur Strafe meiner Aufmüpfigkeit untersetzte er mich einer mentalen Folter. Ich hielt es notgedrungen aus und unterdrückte den Schmerz dabei so gut es eben ging. Dann startete ich einen Versuch, mich mit ihm auseinanderzusetzen, mit ihm zu kommunizieren. Es waren zum größten Teil nur Gefühle und Eindrücke, die er mir vermittelte - Hass auf die Menschen, Zorn über ihren Verrat, Kampflust, Blutdurst... Erinnerungen an Folter, Leid und Schmerz anderer. Wie er sich daran erfreute, sich an den Qualen anderer labte und sich damit befriedigte. Jahrtausende voller Schmerz und Hohn - von Generation zu Generation weitergegeben - spielten sich nun in meinen Gedanken, vor meinem inneren Auge ab.
Die Fülle an Grausamkeiten überflutete mein Bewusstsein, schwemmte jeden aufkeimenden Gedanken davon. Durchzogen wurden diese Einblicke von seinen Gedanken: Widerstand zwecklos - du wirst nicht mehr sein - du wirst verschwinden - nur ich werde sein - mein Fleisch - mein Wille - für lange Zeit. Seine Erinnerungen warfen mich in ein Delirium, in das ich nicht wieder zurückkehren wollte. Ich wollte nicht ausgeschlossen werden, von dem, was geschah, was ich tat. Ich musste kämpfen, ich musste ihn besiegen - zumindest blieb mir nichts anderes übrig, als es versuchen. Ich drohte, den verstand zu verlieren, mich in diesen Erinnerungen selbst zu verlieren, ein Teil von ihnen zu werden. Vergebens bemühte ich mich, sie aus meinem Gedächtnis auszusperren, nichtsdestotrotz strömten sie nicht mit weniger Schlagkraft weiter auf mich ein.
Irgendwann verließ mich die Kraft und ich ließ zu, dass ich in die Dunkelheit zurückgerissen wurde, aus der ich erwacht war. Erst fremde Laute, die an mein Ohr drangen, ließen mich wieder zu mir kommen. Ich war orientierungslos, in mir verloren. Allmählich schaffte ich es, mich vor zu kämpfen, einen Platz neben dem Bewusstsein des Goa’uldes zu ergattern, und mit anzuhören, was ich gegen meinen Willen mit Anubis, vor welchem ich mit gesunkenem Haupt kniete, besprach.
„Was hast du in Erfahrung bringen können?“, richtete der Schlangenkopf an mich. Ich spürte, wie sich mein Mund bewegte, wie ich etwas erwiderte, hörte den Klang meiner eigenen, wenn auch verzehrten Stimme, doch war es nicht ich, der da sprach, sondern der Parasit in mir.
„Bis jetzt habe ich noch nichts aus diesem Wirt erfahren können. Er ist äußerst widerstandsfähig. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich alle Informationen habe, die sie brauchen.“ Ich glaubte, mich verhört zu haben. Ich hatte also noch nichts verraten, er hatte noch nicht zu meinem Bewusstsein vordringen können. Es war, als würde er meinen Körper unter Kontrolle haben, jedoch nicht meinen Verstand. Er konnte mich mental mit Schmerzen strafen, aber mir selbst nicht wirklich gefährlich werden. Er vermochte nicht, mich vollends zu unterdrücken, wie es wahrscheinlich bei anderen Wirten der Fall war. Wollte Lea deswegen, dass ich zu Anubis ging? Wollte sie mir das damit sagen? Wollte sie mir bewusst machen, dass ich mich gegen diese Schlage zur Wehr setzten konnte, dass ich vielleicht sogar in der Lage war, sie aus meinem Organismus zu verbannen? Hatte sie dies auch getan? Es sprach alles dafür. Die anderen Mitglieder ihres Teams hatten sie als Feind erklärt, als Wirt für einen Goa’uld und doch trug sie nun keinen mehr in sich. Sie hatte ihn besiegt.
Ich musste versuchen, mich gegen ihn zur Wehr zu setzten, ihn ein für alle Mal aus mir zu verbannen. Ich konzentrierte mich auf seine Gedanken, auf sein Bewusstsein, welches neben meinem koexistierte. Ein Name schoss mir durch den Kopf... Rok’tal... das war sein Name. Mein Feind hatte nun eine Bezeichnung. Ich versuchte weiter zu ihm vorzudringen, doch es gelang mir nicht. Wieder überschwemmte er mich mit Bildern, die auf grausamste Art und Weise zeigten, wie Menschen, Tok’ra und Jaffa von den unterschiedlichsten Goa’uld gefoltert wurden. Du bist schwach - du gehörst mir - mein Fleisch - meine Wahl - für lange Zeit. Ich konnte seinen Triumph über mich spüren, als ich mich wieder etwas zurückzog, um die Eindrücke zu verarbeiten. Diese Genugtuung wollte ich ihm jedoch nicht gönnen und war wieder drauf und dran, erneut in sein Bewusstsein einzudringen, als Anubis‘ Worte mich von meinem Vorhaben abbrachten.
Dieser sagte mit machtverzerrter Stimme, während er sich ein Stückchen vorbeugte und mir somit abermals Einblick in sein Wesen verschaffte: „Beeile dich damit. Du weißt, wie wichtig dieses Portal für mich ist. Ich will unbedingt wissen, wie es aktiviert wird. Ich erwarte von dir, dass du mir in drei Stunden alle Informationen lieferst, die ich haben will. Weiteren Aufschub dulde ich nicht, sonst werde ich andere Maßnahmen ergreifen, an das zu kommen, was ich begehre.“ Nicht nur ich wusste, was das bedeuten würde, auch der Parasit in mir, erschauerte mental, als ihm bewusst wurde, dass er mit mir leiden würde. Anubis würde sich sicherlich nicht erst noch die Mühe machen, einen Versager aus mir zu entfernen, bevor er mit der Folter begann.
Es würde die Strafe sein, die einen Goa’uld erwartete, der seinen Anweisungen nicht Folge leistete. Zwar war ich nicht gerade erpicht darauf, auch noch gefoltert und vielleicht sogar an die hundert Mal getötet und wiedererweckt zu werden, doch unmöglich konnte ich es zulassen, dass diese Informationen in die Hände dieser Schlange gerieten. Das würde den Untergang nicht nur für die Menschheit bedeuten.
„Jawohl, mein Gott!“, gab Rok’tal durch mich zurück. Ich fühlte plötzlich eine Angst, die nicht meine war - sie gehörte dem Goa’uld in mir - gefolgt von Zorn und dem unbändigen Verlangen, jemandem Qualen zuzufügen, für das Versagen, dass eigentlich von ihm verschuldet worden war. Ich wusste auch, wer für sein Scheitern zur Verantwortung gezogen werden würde. Wieder überfiel mich mentaler Schmerz, stärker als zuvor, voller Verachtung und purem Hass. Wieder geisterten seine Gedanken durch mein Bewusstsein, stachen wie Dolche in meine Seele:
Du bist mein - ich siege - ich bin stark - ich werde herrschen - mein Wille - für lange Zeit. Ich drohte abermals ins Delirium abzudriften, den Bezug zur Realität zu verlieren, doch diesmal konnte ich mich halten, mich neben ihm behaupten. Ich merkte, wie ich mich erhob. Vergeblich versuchte ich, die Kontrolle über meinen Körper wiederzuerlangen, ihn in die Offensive zu drängen, doch je mehr ich meine Bemühungen verstärkte, desto mehr setzte er mir durch mentale Folter zu. Letztendlich verlor ich den Kampf gegen ihn und seine Genugtuung breitete sich in jeder Faser meines Bewusstseins aus. Er wollte mir mit aller Macht beweisen, wie überlegen er mir gegenüber war, doch ich würde meinen Widerstand nicht aufgeben.
Diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Ich musste ja auch nur noch ein Weilchen durchhalten - nur solange, bis die Arznei ihre Wirkung verlor. Vielleicht noch vier oder fünf Stunden. Länger nicht. Dann konnte ich mich wehren. Ich würde die Kontrolle über meinen Körper zurückerlangen. Ich verließ den Raum. Wo führte er mich hin? Ich kannte diesen Weg. Er würde doch nicht... Oh doch, wir waren auf dem Weg zu den anderen... zu Colonel O’Neill... zu Sam Carter... zu Teal’c... zu Lea... Ich zeige dir meine Macht - die Macht eines Gottes - zeige dir meine Überlegenheit - meine Stärke - meine Kontrolle über dich. Spuckten seine Gedanken abermals durch meinen Kopf. Wieder überflutete mich unbändiger Schmerz, als ich mich erneut voller Zorn auflehnen wollte.
Ich konnte nicht zulassen, was er vorhatte. Es durfte nicht soweit kommen, dass ich auch nur einem von ihnen Leid zufügte. So sehr ich es jedoch auch versuchte, es gelang mir einfach nicht, ihn aus mir zu vertreiben, ihm die Kontrolle über meinen Körper abzuringen. Ich musste tatenlos mit ansehen, wie ich zielstrebig den Gängen zu den Verließen folgte und schließlich vor der massiven Tür aus verstärktem Naquada anhielt.
„Öffne die Tür!“, befahl Rok’tal durch mich an einen Jaffa gewandt, welcher vor der Tür Wache gehalten hatte. Langsam glitt das schwere Schott auf und in diesem Augenblick sehnte ich mich in die Dunkelheit des Deliriums zurück, doch ebenso wusste ich, dass, wenn ich mich jetzt zurückzog, den Kampf gegen diesen Abschaum von Goa’uld, der meinen Körper erobert hatte und mich als Sklave hielt, verlieren würde.
Das konnte ich nicht zulassen. So blieb mir keine andere Wahl, als wehrlos mit ansehen zu müssen, was er mit meinen Freunden vorhatte. Ich hasste mich in dem Augenblick, in dem ich in ihre entsetzten Gesichter sah, abgrundtief dafür, dass ich breit gewesen war, Doktor Fraisers Anweisung Folge zu leisten.

weiter: Kapitel 10

© 2003 Lenari


Jarod 10: Jarods Verrat by Lenari
Author's Notes:
Jarod entwickelt einen Plan, doch kann dieser so auch funktionieren...
Jarod10: Jarods Verrat

Ich wollte den Blick abwenden. Es schmerzte mich, sie zu sehen. Sam, ihre wundervollen blauen Augen, die mich voller Entsetzten anstarrten. Sie wusste es! Sie war selbst mal Wirtin gewesen, sie spürte Rok’tals Anwesenheit. Teal’c, der ebenfalls sofort Kenntnis von der Situation hatte. Sein Symbiont, den er in der Bauchtasche trug, wies ihn sicherlich voller Hohn darauf hin. Jack, er ahnte es!
Kein Gefangener wurde so zu ihnen zurückgebracht. Nicht frisch geduscht und mit teuren Kleidern, wie nur ein Goa’uld sie trug. Und dann noch Lea. Meine Leonora! Ihr war es schon vorher klar gewesen. Schon bevor mich die Erkenntnis überrollte. Es war in ihren Augen zu lesen. Sie gab sich die Schuld. Es hatte nicht so sein wollen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Irgendetwas war schiefgelaufen. Das Serum, das ich mir spritzte. Es unterband meine Fähigkeiten. Vielleicht auch dass, was ich brauchte, ihn zu vernichten. Aber wie sollte das funktionieren? Ich war doch ein Mensch, oder?
Colonel O’Neill und Lea hatten das behauptet. Wie sollte das dann möglich sein? Ich wusste es nicht, aber ich musste versuchen, ihn aufzuhalten, bevor er einen von ihnen Leid zufügte. Seine Gedanken rasten durch mein Bewusstsein: Werde sie quälen - einen nach dem anderen - wirst mir sagen, was ich wissen will - ich habe die Kontrolle - ich habe die Macht - ewig! Ich ließ ihn wissen, dass ich ihm nie etwas sagen würde, dass er lange darauf warten könnte. Egal, was er auch tat, ich würde meinen Mund halten. Ich hoffte es zumindest. Jack würde es so von ihm verlangen. Von jedem SG-1-Mitglied.
„Ich bin Rok’tal, euer schlimmster Alptraum.“, sprach er mit machtverzerrter Stimme. Ich versuchte erneut, die Kontrolle an mich zu reißen, doch er drängte mich zurück, ließ mich abermals mentale Schmerzen spüren. Ich taumelte zurück - rein geistig - und fing mich im letzten Augenblick, bevor ich ins Dunkel gedrängt hätte werden können. Ich sah Sam bei meiner veränderten Stimme erschauern, Jacks kalten Blick, Teal’c Trauer und, am Schlimmsten, Leas Schuldgefühle.
„Da kennst du meine Mutter wohl noch nicht.“, gab Colonel O’Neill sarkastisch zurück. Ich wünschte, er würde das nicht tun. Ich würde ihn nur verletzten - besser gesagt, ich verletzte ihn. Rok’tal hob seine Hand, richtete das Handmodul auf Jack und ließ eine kinetische Schockwelle auf ihn los. Ich schaffte es irgendwie, die Kraft zu mildern, indem ich mich mit meiner mentalen Kraft dagegen wehrte. Das Gerät schien wohl nicht so ganz gewusst zu haben, wem es folgen sollte. Meine Strafe bestand aus Schmerz. Ich erlangte meine Kraft zurück, doch die Qualen, die er mir zufügte, lähmten mich zu gleichen Teilen. Ich wollte mich ausruhen, konnte jedoch auch nicht aufgeben.
Ich musste meinen Platz verteidigen, den ich errungen hatte. Ich musste hart und unnachgiebig bleiben. O’Neill war in Samanthas Arme schleudert worden, welche ihn schützend festhielt. Doch er riss sich sofort wieder los, als würde sie ihm Schmerzen zufügen, die ihn wie Millionen kleiner Nadeln durchbohrten. Es hatte sich noch nicht gelegt. Vielleicht war es dass, was ihn retten würde, wie ich mich bemerkbar machen konnte, doch würde er sich sicher nicht absichtlich widersetzten, nur um mit mir reden zu können. Wie hätte ich ihm das auch klarmachen sollen. Doch, wenn ich den Geschichten der anderen Vertrauen schenkte, würde er auch so weit genug gehen. Das war seine Art - immer seinen Dickschädel durchsetzten. Hofften wir, dass er seinen Charakter in den Letzten Stunden nicht grundlegend geändert hatte.
Der Goa’uld in mir schrie ihn an: „Schweig! Du wirst noch früh genug spüren, wie grausam ich sein kann. Und jetzt verratet mir, wie das Portal in Gang gesetzt wird.“
„Fragen sie doch ihren Wirt!“, konterte Jack eiskalt. Er schien sich wieder erholt zu heben. Jedenfalls für die, die ihn nicht kannten. Ich konnte spüren, dass es ihm noch immer miserabel ging. Es stand in seinen Augen geschrieben, die zu Fäusten geballten Hände sprachen dafür. Wieder hob sich meine Hand, diesmal um ihn einzufangen, sich zu holen, was er wissen wollte. Das war meine Chance, mein einziger Versuch. Oh Gott, verzieh mir, für das, was ich im Begriff war zu tun.
Ich spürte, wie wir in sein Bewusstsein vordrangen, in seinem Inneren herumwühlten. Er wehrte sich ohne Erfolg, war gelähmt, von Schmerz gepeinigt und in festem Griff gehalten. So stark er auch war, selbst er konnte es nicht aufhalten. Ich bohre mich in sein Unterbewusstsein, wusste, dass ich ihm so Schmerzen zufügte, flehte, er solle sich erinnern. An Charlie... Daniel... alles, was Schmerz bereitet. Erklärte ihm, dass es notwendig war, dass es die einzige Möglichkeit sein würde, zu überleben. Ich musste seine neugewonnenen Fähigkeiten für mich nutzen, ihn zwingen, die meinigen gegen mich zu richten. Ich würde es aushalten, es verkraften - stillschweigen darüber bewahren, was er mir anvertrauen würde. Bei mir waren seine Geheimnisse sicher. Alles. Zeige es mir!
Er ließ es zu. Ich konnte seine Qualen spüren, seine Schmerz über diese Verluste, seine Angst, seine Schuldgefühle, in welche er verfallen war, nachdem sein Sohn starb, seine Entschlossenheit, sein Leben zu beenden, seinen Hass auf die Goa’uld, weil sie ihm Daniel nahmen, wenn auch nur im übertragenen Sinne, seine Verachtung, seinen Zorn und seine Abscheu sich selbst gegenüber, als er nach viermonatiger Gefangenschaft nach Hause zurückkehrte. Er hatte Dinge erlebt, die er nicht zeigen konnte, die zu tief vergraben waren, doch ich spürte sie instinktiv. Niemand hätte so etwas durchleben sollen, egal wie schlecht er sich auch benahm. In diesem Augenblick verstand ich ihn, konnte begreifen, warum er so geworden war. Ich zeigte es ihm. Seine Antwort darauf war seine Abneigung mir gegenüber.
Es war ein Schlag ins Gesicht, doch ich hatte es mehr als verdient. Ich hatte eine Grenze überschritten, den Platz dessen eingenommen, den ich nie hatte ersetzten wollen, war es auch bloß für den Bruchteil von Sekunden gewesen. Wir würden kein Wort darüber verlieren, aber wir würden es wissen. Ich würde gehen, sobald wir hier herauskamen, ich würde es vergessen und er auch. Der Kontakt brach abgrubt ab, als Rok’tal meinen Arm zurückzog, wie ein kleines Kind, dass sich an einer heißen Herdplatte verbrannt hatte. Sicherlich nahm er jetzt an, es wäre Jack, der so handeln konnte, welcher der Sender war, doch musste man auch Empfänger sein, um es spüren zu können. Dieser Goa’uld würde es nicht bemerken. Zu eingebildet, zu selbstsicher.
„Niemand widersetzt sich mir!“, brüllte die Schlange in mir ihn an. Er war wütend, bewies es mir mit unvorstellbaren Grausamkeiten, die durch meinen Geist wüteten. „Du wirst zusehen, wie deine Freunde leiden.“ Ich hätte damit rechnen müssen. Sie würden nichts verraten, dass wusste ich, doch ich wollte nicht derjenige sein, in dessen Augen sie sahen, wenn sie gefoltert wurden. Das musste ich verhindern. Schleunigst. Wie viele Stunden noch? Vier? Das würden sie durchhalten, aber ob ich es verkraftete?
Ich war nicht bereit dazu, sie leiden zu sehen, ihnen Schmerzen zuzufügen. Nicht noch einmal. War ich wirklich drauf und dran, ihnen alles zu erzählen? Anubis hatte Rok’tal eine Frist von drei Stunden eingeräumt - zu wenig Spielraum - ich musste Zeit schinden. Mir blieb also nur eine Wahl, diese Stunden durchstehen, tatenlos zusehen, wie meine Kameraden gefoltert wurden - wie sich meine beste Freundin quälte - um den Parasiten in mir solange zu beschäftigen, bis es kein Zurück mehr gab. Dann würde ich nachgeben und ihm genug verraten müssen, damit man uns Fünf an die Oberfläche des Planeten, den wir immer noch umkreisten, zurückschickte, um das Portal für Anubis zu aktivieren. Ich würde ihm Zugriff auf meine Erinnerungen geben, ihn mich ganz übernehmen lassen müssen, wenn auch nur für einen Augenblick. Lang genug, damit er mir glaubt, aber so kurz wie möglich, um mich nicht von ihm kontrollieren zu lassen.
Ich musste mein Team absichtlich ans Messer liefern, um den Bluff perfekt zu machen. Exaktes Timing war somit unerlässlich. Das förderte jedoch nicht gerade das Vertrauen der anderen in mich, dennoch musste ich darauf vertrauen, dass sie die Situation lange genug herauszögerten. Gerade Colonel O’Neill konnte dabei sowohl mein größter Helfer aber auch Widersacher werden - kam ganz darauf an, wie er sich in welcher Situation entschied. Rok’tal gab den Wachen zu verstehen, dass sie meine Kameraden wegbringen sollten. Man würde sie sicherlich nicht trennen, sollten sie doch miterleben, wie der andere litt. Mittlerweile kannten die Goa’uld die Schwächen der Menschen. Mitgefühl, Liebe und Freundschaft waren nur Einige von ihnen, nichtsdestotrotz waren sie zu gleichen Teilen auch ihre Stärken. Es kam nur darauf an, wie sie vom einzelnen Individuum genutzt wurden. Man brachte sie unter Rok’tals Aufsicht in einen großen Raum, fesselte sie an von der Decke hängende Naquadaketten, die an eine mittelalterliche Folterkammer erinnerten.
Genau diesen Zweck nahm anscheinend dieser Raum ein, auch wenn es andere Werkzeuge waren, mit denen sie zum Sprechen gebracht werden würden, als die, die man in dieser dunklen Epoche der Menschheitsgeschichte verwendet wurden. Ich war ein Anthropologe, ich wusste, wovon ich sprach. Ich kannte die Prozedur - Folter bis sie den Halt verloren, in Unmacht fielen und dennoch weiterhin litten. Lange Zeit würde der Schmerz, der auf ihre Arme und Handgelenke ausgeübt werden würde, sie nicht in die gewünschte Bewusstlosigkeit hinübergleiten lassen, doch selbst bei den Stärksten und Widerspenstigsten würde es irgendwann so weit kommen. Ihr Erwachen würde genauso leidvoll sein, wie ihr Zusammenbruch. Wenn man nicht mehr die Kraft aufbrachte, auf die Füße zu kommen, fühlte man sich hilflos, wie im freien Fall.
Ein zermürbendes Schwindelgefühl würde sich in einem breit machen und man konnte sich selbst mit einem Schlachttier vergleichen, dass man zum Ausbluten auf den Fleischerhaken gespießt hatte. Eine ebenfalls angewandte Methode auf der Erde, um Menschen zum Aufgeben und Reden zu bewegen - selbst heute noch. Es war mehr als barbarisch, doch ebenso effektiv. In Colonel O’Neills Augen erkannte ich, dass er durchaus wusste, wie es ihnen ergehen würde - Teal’cs Blick war gleichfalls getrübt. Beide hatten das schon einmal erlebt und überlebt. Ich hoffte, sie waren stark genug, es diese drei Stunden zu überstehen, ohne den Wunsch zu verspüren, mich mit bloßen Händen umzubringen. Ich hatte noch Blessuren von Jacks letzter Attacke. Schlimmer und zermürbender würde die mentale Folter werden. Ihre Freunde das durchmachen zu sehen, was sie selbst erlebt hatten, ihren Schmerz zu kennen und mit ihnen zu leiden - das waren wahre Höllenqualen. Nichts im Vergleich zu dem, was ich durchmachen würde, wäre ich an ihrer Stelle. Meine Fähigkeiten würden alle Empfindungen der anderen um ein Vielfaches verstärken.
Im Moment nicht, aber sobald das Serum nachließ, müsste ich wieder Kontrolle darüber erlangen müssten. Das würde mich verwundbar machen. Ich hoffte nur, dass speziell meine Hypersensibilität nicht allzu stark in Jack übergegangen, dass er all das nicht mit doppelter Härte zu ertragen hatte. Vier Jaffa hatten sich jeweils neben einem von ihnen postiert. Folterstäbe hielten sie in den Händen, bereit diese auch einzusetzen. Mir würde das gleiche Schicksal drohen wie ihnen, sollte Anubis nicht das bekommen, was er verlangte. Durch Rok’tal wusste ich, was dieses Instrument bei Menschen und anderen Lebewesen auslösen konnte. Das Leid war unvorstellbar - anders als alles, was ich bis jetzt erlebt hatte. Die auf mich immer noch einströmenden Grausamkeiten verdeutlichten mir den Schmerz und die unsagbaren Qualen, welche die Gefangenen durchstehen mussten. Dem ungeachtet würde es diesmal keine bloße - wenn auch ziemlich reale - Erinnerung sein, sondern brutale Realität. Wieder hallte die Stimme des Parasiten durch meinen Kopf: Werde sie foltern - genieße es - wirst mir alles sagen - habe die Kontrolle - habe die Macht - auf ewig.
Ich warf ihm entgegen, dass er weder sie noch mich je bezwingen, das es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sie entkamen. Für diese Anmaßung bestrafte er mich mit unermesslichen Qualen. Ich hielt sie notgedrungen aus, wie alles, was er mir zufügte und schwor mir, es ihm tausendfach heimzuzahlen. Jetzt aufzugeben wäre ein fataler Fehler gewesen. Ich musste durchhalten, sei es auch nur, um den anderen eine Chance zu bieten, sich zu retten. Ob ich diese Schlage je loswerden würde, war fraglich, doch ich würde alles in meiner Macht stehende unternehmen, ihn aus mir zu verbannen, auch wenn ich dabei zu Grunde gehen sollte.
Wenn es auch nur einer von ihnen nach Hause schaffte, wäre es das wert gewesen. Anubis würde mich früher oder später eh töten. Ich war nur Mittel zum Zweck, genau wie der Parasit in mir, doch dieser sah es nicht. Seine Arroganz und Überheblichkeit machten ihn blind. Noch lange kein Grund, Mitleid mit ihm zu verspüren. Schon gar nicht, wenn man bedachte, was er vorhatte.
„Verratet mir, wie das Portal funktioniert!“, donnerte Rok’tals Stimme durch den Raum.
„Gar nicht!“, erwiderte Jack lakonisch. „Ist schon lange im Eimer. Tja, tut mir echt leid für dich!“ Den letzten Satz hätte er sich sparen sollen - Spott war Gift für einen selbstgefälligen Goa’uld, egal welcher Rangordnung. Auf einen Wink Rok’tals hin, folterte der Jaffa in Colonel O’Neills Nähe diesen für einige Sekunden mit dem Folterstock. Bei Jacks momentaner Verfassung - er hatte offensichtlich immer noch große Schmerzen - würde er diese Tortur nicht lange durchstehen.
Wieder setzte der Parasit in mir an: „Verratet mir die Funktionsweise oder er wird es büßen!“ Jack sah zu den anderen hinüber, schüttelte kraftlos mit dem Kopf. Seine Augen flehten geradezu darum, nichts preiszugeben. Auch wenn es den anderen sichtlich missfiel, waren sie dennoch fest entschlossen, kein Wort zu sagen.
„Niemals!“, stieß Samantha tapfer hervor. Als der Folterstock in ihre Schulter gerammt wurde, brüllte sie vor Schmerz laut auf, während Jack sich zusammengerissen hatte. Goldenes Licht brach aus jeder Körperöffnung, sie schien von innen heraus zu verglühen. Sie sackte kurz zusammen, als man von ihr abließ, rappelte sich aber sofort wieder auf. Nur Bruchteile von Sekunden später musste sie mit ansehen, wie Colonel O’Neill erneut litt. Anscheinend hatte Rok’tal einen Narren an ihm gefressen.
Major Carter wandte den Blick ab, konnte den Anblick eines sich quälenden Jack nicht ertragen. Am Liebsten hätte sie sich sicherlich auch noch die Ohren zugehalten, um sein unterdrücktes Stöhnen nicht hören zu müssen, dass von seinem Leid zeugte. Auch ich hätte alles darum gegeben, jetzt meinen Blick abwenden oder wenigstens die Augen schließen zu können, doch dieser stinkende Goa’uld besaß weiterhin die Kontrolle über meine Motorik, was mich zwang, all das ertragen zu müssen. Rok’tal weidete sich an dem Anblick, der sich uns bot - genoss ihn in vollen Zügen. Wen mir hätte schlecht werden können, bei Gott, ich hätte dem Drang, mich zu erbrechen, nachgegeben. Lange würde ich die Qualen des Zusehens und des Nichtstuns nicht mehr ertragen können.
Ich war wieder einmal drauf und dran ihm alles zu verraten. Aber meinen Trumpf jetzt schon auszuspielen, wäre ein fataler Fehler gewesen. Meine Aufgabe war es, Zeit zu schinden und zu hoffen, dass meine Kameraden das genauso sahen. Nach Ablauf der Frist - meiner persönlichen Gefangenschaft in meinem Körper - würden wir zu entkommen versuchen. Hoffentlich!
„Der Iriscode, wie lautet er?“, war Rok’tals nächste Frage.
Diesmal war es Lea, die ihre Klappe zu weit aufriss: „12345?“ Auch sie wurde gefoltert. Sie so zu sehen, war sogar noch um Einiges schmerzvoller. Sie wusste doch, dass ich noch irgendwo da drinnen war, wieso quälte sie mich dann so? Damit ich mich gegen ihn auflehnte? Damit ich die Kontrolle endlich an mich riss? Es hatte bei ihr funktioniert, doch ob ich ebenso dazu in der Lage war?
Nach ihr waren wir Menschen - schon, wir hatten außergewöhnliche Fähigkeiten - nichtsdestotrotz waren wir nur menschliche Wesen. Was, wenn ich mich nicht gegen ihn auflehnen konnte, was, wenn er Zugriff auf mich bekam? Was, wenn ich das Tor aktiviere und Anubis alles in die Hände spielte? Was, wenn mein Plan, an den ich mich klammerte, nichts weiter als ein Strohhalm war, der mich nicht vor dem Ertrinken retten würde? Ich konnte mit meinen Handlungen unsere Flucht ermöglichen, oder sie ans Messer lieferten. Ich sorgte dafür, dass sie litten, indem ich schwieg, doch wer sagte, dass es das alles wert war?!
Ich erkannte in Leas Augen etwas, das mir Hoffnung gab: Vertrauen. Sie glaubte an mich. Ich musste das ebenfalls. Einen Versuch musste es wert sein! Schuldgefühle waren schlimm genug, wenn ich versagte, doch die Tatsache, es nicht versucht zu haben, sich immer zu fragen, was hätte geschehen können, war noch um Vieles zermürbender. Ich musste ausharren, für sie! Wirst mir noch alles sagen - werde triumphieren - sie sind schwach - werden reden - früher oder später - werde sie quälen - werde mich an ihren Schmerzen laben - werde siegen - ich habe die Kontrolle - bin ein Gott - du wirst leiden - entscheide dich - du oder sie! Ich wehrte ab, dass ich ihm niemals verraten würde, wie das Portal funktionierte, dass er nichts von mit erfahren würde, dass auch die anderen schweigen würden und dass er mich sonst wo konnte.
Wieder überflutete mich eine Welle aus Schmerz, wuchtiger und grauenvoller als alle zuvor. Für Augenblicke verlor ich die Kontrolle, driftete ins Delirium ab, als mich die mentale Folter überrollte, doch ich fing mich wieder, kämpfte mich an meinen Platz zurück, was mir von Mal zu Mal leichter gelang, um festzustellen, dass Jack bereits kraftlos in den Ketten hing und nur noch mit Mühe den Kopf heben konnte. Wie lange war ich ausgeschaltet gewesen? Waren es doch mehr als nur ein paar Minuten gewesen, die ich vom Geschehen ausgeschlossen geworden wurde? Hatten sie etwas verraten? Auch die anderen waren kraftlos und hielten sich nur noch mit Mühe auf den Beinen. Sie waren ebenfalls stark gefoltert worden. Jacks Verletzungen hatten ihn nur als Erstes niedergestreckt.
„Sagt mir, was ich wissen will oder er stirbt!“, stellte Rok’tal sie vor ein Ultimatum.
„Wagt es nicht!“, hauchte O’Neill mit schwacher aber fester Stimme, schien ihre Gefühle - wie sie mit sich haderten - zu spüren. Man sah es auch nicht nur in ihren Augen, sondern auch daran, dass sie die Köpfe hängen ließen, nicht wagten, ihn oder mich anzusehen. Konnte ich zulassen, dass so etwas passierte. War es an der Zeit, ihm einen Teil meines Wissens zukommen zu lassen? Ohne zu wissen, wie viel Zeit verstrichen war, konnte das ein fataler Fehler sein. Als Sam und die anderen weiterhin schwiegen, gab er den Befehl, Jack so lange zu traktieren, bis er starb. Ein markerschütternder Schrei erfüllte den Raum, voller Schmerz und Angst. Ich konnte das nicht zulassen - die Erde brauchte ihn noch. NEIN! Nur er kann das Portal aktivieren!

weiter: Kapitel 11

© 2003 Lenari


Jarod 11: Jarod gegen Rok’tal by Lenari
Author's Notes:
Jarods Plan geht in die entscheidende Phase. Wird er es schaffen, sich gegen den Parasiten in ihm zu behaupten?
Jarod 11: Jarod gegen Rok’tal

Meine Hand gab dem Jaffa einen Wink, aufzuhören. Colonel O’Neill sackte bewusstlos in sich zusammen, hing wie leblos in den Ketten, dem ungeachtet atmete er. Noch! Ein paar Sekunden länger und er wäre mir Sicherheit an der Folter gestorben. So weit konnte ich es unmöglich kommen lassen. Allein schon wegen Samantha nicht. Sie brachte Jack und das in diesen Stunden mehr denn je.
In ihren Augen erkannte ich, dass sie langsam begriff, dass ich es war, der den Sinneswandel bei Rok’tal hervorgerufen hatte, aber auch ihre Schmerzen verursachte, denn ich wehrte mich auch weiterhin gegen seine Übergriffe auf mein Bewusstsein. Jetzt jedoch war es an der Zeit, ihm einen gewissen Einlass in meine Erinnerung zu gewähren, ihm ein paar Brocken zuzuwerfen und es gleichzeitig so aussehen zu lassen, als hätte er diesen Sieg über mich selbst errungen. Er musste das Gefühl eines Triumphes verspüren, damit ich ihn auch weiterhin manipulieren konnte. Lüg mich nicht an - sag mir alles - kontrolliere dich - töte sie alle - wieder und wieder - tausendmal und mehr - sag mir alles, spuckten des Parasiten Gedanken durch meinen Verstand. Ich wusste, dass er die Wahrheit sagte, auch wenn nicht er es sein würde, der das zu Ende bringen würde. Anubis würde uns töten - selbst oder durch einen Jaffa war dahingestellt - und dann einen anderen Goa’uld mit der Folter beauftragen, vielleicht sogar Wirte aus ihnen machen lassen.
Trotz allem sträubte ich mich einen Moment dagegen, ihm Zugriff auf mein Unterbewusstsein zu gewähren, tat es schließlich doch. Ich fixierte meine Gedanken nur auf diese eine Erinnerung - auf das, was vor dem Auftauchen der Jaffa passiert war - was vor unserer Gefangenschaft stattgefunden hatte. Er bohrte sich in meinen Verstand, meine Mauer gab noch und gemeinsam tauchten wir in die Vergangenheit ab...
„Lassen sie mich mal!“, sagte Jack plötzlich, der vor Ungeduld fast zu platzen schien. Bei ihm hatte sich das Schloss so ziemlich von alleine geöffnet und er hatte mit Leichtigkeit die obere Platte abnahmen können. Er hatte das mit: „Ein Kinderspiel!“ kommentiert. Zum Vorschein war eine Spirale aus neunzehn verschiedenfarbenden Kristallen gekommen, so wie es auf der Tafel gestanden hatte. Sie waren wunderschön, in Samt gebettet und sicherlich seit Jahrhunderten unberührt.
„OK, neun dieser Steine sind also nur nötig, um dieses Portal in Gang zu setzten. Das wären dann Milliarden verschiedener Möglichkeiten. Wir würden fast ein Jahr brauchen, um alle durchzuprobieren und dass auch nur, wenn wir nicht schlafen, nicht essen und keine sonstigen Pausen einlegen.“, hatte Sam geknickt bemerkt.
„Carter, nicht gleich pessimistisch werden. Ich bin sicher, sie finden die Lösung.“, war Jack trotz allem optimistisch geblieben. „Und wenn sie in genau...“ Er hatte auf die Uhr gesehen. „...acht Stunden nicht eine passende Kombination haben, verschwinden wir hier und überlassen das anderen. Die können dann meinetwegen hier auf Steinchen drücken.“
„OK, was stand dort noch mal genau auf der Tafel?“, hatte Sam nachgehakt. Sie war sich ebenso sicher wie ich gewesen, dass die Lösung darin zu finden sein würde.
„Den Segen der Götter wird empfangen, wer auserwählt ist, die Seinen zu führen und das Tor zu den Sternen zu öffnen. Es sind neunzehn heilige Kristalle an der Zahl, doch lediglich neun von ihnen stehen euch zur Wahl. Bedenkt gut, welche ihr erwählt, denn nur die Wahren stehen wie ihr für sich selbst.“, hatte ich noch einmal vorgelesen.
„Vielleicht müssen wir jeden zweiten Kristall drücken.“, hatte Sam vorgeschlagen. „Nur die ungeraden.“ Dann hatte sie mich abwartend angesehen, doch ehrlich gesagt wäre das zu einfach gewesen. Die Zahlen hatten für sich alleine stehen müssen und nur eine Bezeichnung hatte für diesen Zustand zutreffend sein können...

Ich wurde in die Realität zurückgerissen, als ein Jaffa, der gerade durch das Schott getreten war, Rok’tal mit den Worten ansprach: „Unser Gott Anubis verlangt nach ihnen!“ Gerade noch rechtzeitig, um nicht zuviel zu verraten. Beinahe hätte ich ihn nicht mehr aus meinem Gedächtnis verbannen können, was unser aller Tod bedeutet hätte.
Nicht nur von SG-1, Lea und mir, sondern der ganzen Welt. Er war verschwunden, hatte ein Gefühl von Zerschlagenheit und Schwäche in mir zurückgelassen. Noch so einen Angriff würde ich nicht wieder abblocken können, er würde auf all meine Erinnerungen Zugriff erlangen. So weit durfte ich es nicht noch einmal kommen lassen. Abermals keimte in mir der leise Wunsch auf, einfach wieder abzudriften, mich dem Delirium des Nichtdenkenmüssens zu ergeben, den Goa’uld in mir einfach gewähren zu lassen. Nichtsdestotrotz kämpfte ich ebenso entschlossen gegen das Verlangen an, denn es gab weitaus Wichtigeres als mein seelisches Wohl. Rok’tal wandte sich zu dem Jaffa um, blickte ihm aus eiskalten Augen entgegen.
„Ich wollte gerade zu ihm.“, entgegnete Rok’tal mit scheppernder Stimme. Immer wieder erschauerte ich innerlich, wenn ich mich selbst so reden hörte. „Bringt die Gefangenen in ihre Zelle, ich kümmere mich später um sie.“

„Was hast du mir zu berichten?“, donnerte Anubis Stimme durch den Thronsaal. Ich hatte vor ihm niederknien müssen, senkte demütig das Haupt. Der Drang, ihm unchristliche Dinge an den Kopf zu werfen, ihn einfach zu erschießen, überwältigte mich, doch war ich weiterhin machtlos und es hätte mich sicherlich auch meinen Kopf sowie das Leben meiner Freunde gekostet. Nicht, dass Rok’tal gern etwas anderes getan hätte - wenigstens darin schien er Verstand zu beweisen - aber auch er gab dem Verlangen nicht nach. Anders als ich fürchtete er sich nur um sein jämmerliches Dasein.
Untertänigst antwortete dieser, ohne Anubis dabei anzusehen: „Ich weiß jetzt, wie das Tor funktioniert und wo der Kontrollmechanismus zu finden ist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich es aktivieren kann.“ Er brüstete sich mit dem, was ich ihm zukommen ließ, log seinen Herren wissentlich ins - wenn man es so nennen wollte - Gesicht, sah er sich doch schon dem Erfolg nahe. Die Überheblichkeit und Arroganz der Goa’uld ließ sie wahrlich immer wieder vor der wahren Realität erblinden. Sie sahen nicht mehr, was offensichtlich vor ihnen lag - ihr eigener, unabänderbarer Untergang. Einer nach dem anderen, bis keiner mehr übrig war. Es würde so kommen, unwiderruflich. Kleinlaut fügte der Parasit in mir hinzu: „Da ist nur noch ein Problem...“ Rok’tal unterbrach sich selbst, als Anubis sich stürmisch erhob - hatte Angst vor dem, was kommen würde. Goa’uld konnten noch tausendfach grausamer als arrogant sein - besonders Systemlords, die ihre Macht um jeden Preis vor ihresgleichen sichern mussten.
Dieser hakte aufbrausend nach: Was für ein Problem?“ Ich zuckte automatisch zusammen und sackte noch ein wenig tiefer.
„Ich brauche die Tauri dafür, Gebieter.“, gab Rok’tal angstvoll zurück und rechtfertigte dies gleich darauf mit den Worten: „Dieser Colonel O’Neill kann als Einziges die Abdeckung der Kontrollkristalle lösen und diese Major Carter weiß genau, wie Kombination lautet. Sie würden uns eine menge Zeit ersparen.“
„Gut, dann die beiden halt mit.“, wehrte Anubis ab und setzte sich wieder. Er wiegte sich genau wie Rok’tal in Sicherheit, glaubte nicht, dass jemand ihm Schaden zufügen könnte. Mein Kopf deutete ein Nicken an, doch mein Körper rührte sich ansonsten nicht. So hatte ich nicht gewettet. Die beiden alleine würden meinem Plan nicht nutzen. Ich brauchte alle drei. Außerdem hatte ich nicht vor weder Lea noch Teal’c zurückzulassen. Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen, damit Rok’tal für mich handelte, es aber nicht mitbekam. Die beiden werden dir nichts sagen, solange ihre Freunde in Anubis Gewalt sind. Ohne die anderen als greifbares Druckmittel wirst du eh nichts aus ihnen herausbekommen. Sie werden nicht kooperieren, solange... ließ ich ihn wissen, als hätte ich mich versehentlich verquatscht. Einen Augenblick schien er tatsächlich abzuwägen, ob ich die Wahrheit sagte - entschloss sich letztendlich dafür. Diese innere Zerrissenheit schien Anubis zu stören und dieser hakte mit von Macht verzehrter Stimme nach: „Ist sonst noch etwas?“
„Ich werde alle brauchen, Gebieter. Der Sho’va und diese außergewöhnliche Tauri könnten mir als Druckmittel dienen. Das würde die ganze Sache noch beschleunigen.“, antwortete der Parasit in mir eingeschüchtert.
„Dann eben alle, töte sie, wenn nötig, wie auch immer, Hauptsache ich bekomme, was ich will. Öffne mir das Portal oder du wirst es mit deinem Leben bezahlen.“, wies er Rok’tal an, stellte ihn vor eine grausame Wahl. Ich spürte deutlich die Angst des Parasiten. Ich würde dafür Sorge tragen, dass er so oder so zugrunde ging, auch wenn ich mein eigenes Dasein opfern müsste. Ich würde ihn aus meinem Körper verbannen, ihn endgültig besiegen. Es war nur noch eine Frage von Minuten bis die Wirkung der Spritze zu wirken aufhörte.
Wieder deutete ich ein Nicken an und erhob mich. Ich hatte, was ich wollte, doch durch Anubis Drohung war auch Rok’tals Misstrauen geweckt worden. Darauf konnte ich jedoch keine Rücksicht mehr nehmen. Es war bald Zeit zu handeln, egal wie hoch die Sicherheitsvorkehrungen auch ausfallen würden. Wenn alles halbwegs nach Plan verlief, würde selbst das ihm nicht viel helfen. Seine Stimme geisterte durch meinen Kopf, als wir den Raum verließen: Werde sie töten - einen nach dem anderen - werden mir alles verraten und dann sterben - langsam - qualvoll - wirst dabei zusehen - habe die Kontrolle - habe die Macht - ewiglich. Das würden wir noch sehen. Ich würde ihn besiegen oder mit in den Tod reißen - so oder so wäre eher seine Existenz dem Untergang geweiht, als die meiner Freunde. Er würde diesen Tag unter keinen Umständen überleben. Ich war schließlich nicht hierher gekommen um für immer Sklave meines eigenen Körpers zu sein.

„Wir haben nicht vor, auch nur ein Wort zu verraten, also wieso bringst du es nicht gleich hinter dich und tötest uns?“, forderte Sam, welche hinter mir ging und von einem Jaffa n Schach gehalten werden musste, Rok’tal ganz offensichtlich heraus. Was hätte ich nicht alles darum gegeben, ihr zu sagen, dass sie die Klappe halten sollte. Die Zeit war abgelaufen, wir hatten die Ruinen und somit auch das Portal fast erreicht. War es denn so schwer noch etwas abzuwarten.
Ich spürte doch schon ganz deutlich, wie meine Kräfte langsam zurückkamen, wie seine Präsenz in mir unaufhörlich zu schwinden begann. War es denn zuviel verlangt, noch etwas Nachsicht mit mir und meiner momentanen Situation zu haben. Ich wollte sie schließlich aus dieser äußerst misslichen Lage befreien und das konnte ich schlecht, wenn sie vorher von dem Goa’uld in mir getötet werden würde. Je mehr dieser in Rage versetzt wurde, desto schwieriger würde es mir fallen, ihm ein für allemal die Kontrolle zu entreißen und ihn auch hoffentlich aus meinem Körper zu verbannen. Ich drehte mich zu ihr um, blieb dicht vor ihr stehen. Ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem Meinigen entfernt. Ich strich mit den Fingerrücken über ihre Wange, zwang sie mit festem Griff, mich anzusehen, als sie sich von mir abwenden wollte. Ich spürte ihre Angst ganz deutlich, wie angewidert sie gleichzeitig von mir war. Für sie war ich nicht mehr Jarod Dillan, sondern nur noch ein machtgieriger und grausamer Goa’uld. Es schmerzte, so etwas zu fühlen, besonders von ihr. Sie war die Einzige gewesen, die mich als das akzeptiert hatte, was ich war.
Was ich glaubte, zu sein. Unsere erste Begegnung war mehr als unglücklich verlaufen, doch bis eben hatte ich nicht das Gefühl gehabt, dass sie mich schon aufgegeben hatte. Ich musste ihr beweisen, dass sie die Hoffnung noch nicht aufzugeben brauchte, auch wenn mir noch nicht klar war, wie ich das anstellen sollte.
Ich spürte Rok’tals Zorn in mir, als er mit von Wut verzehrter Stimme erwiderte: „Sei dir versichert, dass ich deiner Bitte mit gebührender Hingabe nachgehen werde. Du jedoch wirst mir noch sehr viel Freude bereiten, ehe ich dich von deinen Qualen erlöse.“ Wir beide wussten sehr wohl, worauf diese Anspielung letztendlich hinauslaufen sollte. Keinen Augenblick später presste Rok’tal meine Lippen auf die Ihrigen, um seinen Drohung so zu besiegeln. Er hatte sie so fest in seinem Griff, dass sie sich unmöglich hätte wehren können, denn auch der Jaffa hatte Hand an sie gelegt, um sie von Dummheiten im Notfall abzuhalten. Ekel stieg in ihr auf - so auch in mir. Das war vielleicht meine einzige Gelegenheit ihr einen Wink zu geben. Ich musste mich jetzt konzentrieren, all meine Kraft dafür bündeln, seine Macht zu brechen und mit ihr zu sprechen, sei es auch nur auf geistiger Ebene. Bis jetzt hatte es nur in eine Richtung funktioniert - ich hatte ihre Gefühle empfangen können - doch eventuell könnte ein Kuss alles sein, was ich brauchte, um meine Fähigkeit auch anders herum wirken zu lassen.
All meine Gedanken lagen jetzt bei ihr, versuchten sich in ihr Bewusstsein zu schleichen. Ein Handmodul wäre um einiges hilfreicher gewesen oder wenigstens die Tatsache, dass sie wie Jack meine Fähigkeiten für kurze Zeit übernommen hatte, doch es musste auch so gehen. Ich musste nur nah genug zu ihr vordringen. Ich nutzte die Verbindung, die zwischen unseren Geistern bestand, um ihr eine Nachricht zu übermitteln. Vertrau mir, Sam, bitte! Lediglich vier Worte, doch ich hoffte, dass diese ausreichen würden - dass sie diese überhaupt empfing. Nur Bruchteile von Sekunden später löste Rok’tal mich wieder von ihr und blickte ihr in die Augen. Dabei ließ er die Meinigen aufglühen, um seine Macht über mich zu demonstrieren. Ich konnte nicht sagen, ob er meinen Verrat bemerkt hatte, aber da ich weder einen Anstieg des Schmerzes, den er mir weiterhin stetig zufügte, vernahm und er auch nichts zum Besten gab, bezweifelte ich es. Samanthas Augen waren weiterhin von Verachtung und Hass auf die Goa’uld geprägt, nichtsdestotrotz erblickte ich auch einen Funken des Verstehens. Ein gutes Zeichen.
Sie hatte mich gehört. Sie konnte sich zwar noch nicht sicher sein, dass ich es wirklich war, der da zu ihr gesprochen hatte, doch den Funken der Hoffnung konnte ich in ihr sähen.
„Nur über meine verfaulende Leiche!“, hörte ich eine schwache Stimme neben mir krächzen. Colonel O’Neill. Rok’tal wandte sich ihm zu. Eiskalte, von Zorn und Hass geprägte, Augen stachen mir entgegen. Er hatte das Bewusstsein wiedererlangt. Noch immer wurde er noch den zwei Jaffa, die ihn auch in die Ruine geschleift hatten, gehalten, doch er rappelte sich bereits auf, stand, wenn auch wacklig, auf eigenen Füßen. Jack war nicht nur hart im Nehmen, sondern auch noch sturer, als ich es vermutet hatte. Nicht würde diesen Mann unterkriegen, gar nichts zum Aufgeben bewegen, wenn es darum ging, seine Freunde zu retten, ihre Leben zu schützen. Doch manchmal übertrieb er es auch. So ein Moment war gerade eingetreten. Er war nicht nur immer noch schwer verletzt, sondern auch gefoltert worden und knapp dem Tod entgangen. Irgendwann sollte er daraus doch etwas gelernt haben oder nicht? Immer mehr unbändige Wut türmte sich in Rok’tal auf und ich musste all meine Kraft aufwenden, es nicht soweit kommen zu lassen, dass er meinen Arm hob, an dem das Handmodul befestigt war, und ihn doch noch tötete.
Ich schärfte ihm ein, dass er ihn noch brauchen würde, dass es zu früh wäre seine Rache zu üben. Das alles gab ich unter dem Vorwand zum Besten, nicht sterben zu wollen. Je länger ich jedoch Gefangener in meinem eigenen Körper war, schien mir das die weitaus verlockenderere Variante zu sein. Allein die Tatsache, dass ich damit auch das Schicksal der anderen besiegeln würde, hielt mich davon ab, einfach die Hoffnung aufzugeben und mich seinem auferlegten Willen zu beugen, ihn einfach widerstandslos gewähren zu lassen. Werde ihn töten - bald - langsam - schmerzvoll - immer wieder - tausendfach - wird lernen mich zu fürchten - mich zu hassen - dich zu verabscheuen, wütete es durch meinen Kopf.
Als ob er das nicht so schon tun würde, hatte ich doch gerade Major Carter - seine Sam - geküsst. Der Parasit beließ es dabei, setzte seinen Weg zum Podest fort. Es war verschlossen. Ich hatte damit gerechnet, dass es offen sein müsste, doch dem war nicht so. Hatte ich es etwa geschlossen, als die Jaffa auftauchten. Ich konnte mich dessen nicht entsinnen. Teal’c hatte mit dem Colonel davor gestanden, Sam war zwar erst neben mir gewesen, dann jedoch aus Angst um O’Neill zu diesem gerannt und ich hatte lediglich einen der Kristalle entfernt, bevor ich Jacks Schmerzen absorbiert und selbst zusammen gebrochen war. Vielleicht war es das. Eventuell lag darin die Lösung. Ich musste sie zugeschlagen haben, als ich zu Boden ging, oder war nur soweit dagegen gekommen, dass sich der Deckel von ganz alleine schloss. Oder hatte es einer von ihnen getan? Sam oder Teal’c, die vermutlich zu mir kamen, um nach mir zu sehen. Oder ein Jaffa, welcher dagegen stieß, als er mich packen und wegschleifen wollte. Wie auch immer es dazu gekommen war, spielte weniger eine Rolle, mehr Interesse empfand ich an der Gegebenheit, dass sich alles so noch etwas herauszögern würde, dass ich genug Zeit schinden konnte, Rok’tal aus meinem Körper zu verbannen.
„Öffne das Podest!“, wies der Goa’uld O’Neill an, der neben mich gezehrt worden war. Dieser konnte mittlerweile schon wieder alleine laufen, auch wenn immer noch ein Jaffa wie eine Klette an ihm klebte. Reine Vorsichtsmaßnahmen, die mehr als angebracht waren.
Jack entgegnete entschlossen mit von Zorn getränkter Stimme: „Wie ich schon sagte: Nur über meine verfaulende Leiche!“

weiter: Kapitel 12

© 2003 Lenari


Jarod 12: Jarods geistige Ãœbernahme by Lenari
Author's Notes:
Jetzt oder Nie! Kann sich Jarod befreien und welche Rolle spielt Jack bei ihrer Flucht?
Jarod 12: Jarods geistige Übernahme

Diesmal war es Lea, die Rok’tals Zorn auf sich zog. Mehr als bei jedem anderen schmerzte es mich, sie so leiden zu sehen. Nie im Leben hatte ich ihr wehtun wollen und nun war es meine Hand, die ihr Schmerz zufügte - ich konnte es nicht einmal verhindern. Mein Körper gehorchte mir nicht und jeder Versuch, sich gegen Rok’tal aufzulehnen, scheiterte kläglich. Vielleicht machte ich mir ja nur selbst etwas vor. Eventuell würde ich ihn niemals besiegen können.
Laut Lea war ich auch nicht mehr als ein Mensch, wieso sollte dann gerade ich gegen ihn ankämpfen können. Geistig kam er vielleicht nicht an meine Gedanken und Erinnerungen heran, doch mein Willen war seinem nicht gewachsen. Selbst wenn Rok’tal noch schwächer werden würde, könnte ich nicht die Kontrolle an mich reißen. Wieso machte ich mir selbst etwas vor - ich konnte ihn nicht besiegen und früher oder später würde er auch den Rest meiner Selbst erobern. Ich war kurz davor aufzugeben, als ich eine leise Stimme in meinem Kopf vernahm. Gib nicht auf! Es war nicht mehr als ein Flüstern gewesen, doch so klar und deutlich in meinem Geist, dass ich sie für ein lautes Rufen hätte halten können. Lea hatte Recht. Ich durfte jetzt unter keinen Umständen aufgeben. Jedenfalls nicht kampflos. Bis jetzt hatte ich mich nicht einmal richtig angestrengt und Rok’tals Kontrolle über mich schwand. Vielleicht musste ich wirklich nur noch etwas durchhalten, lediglich das Gröbste verhindern - ihn in Sicherheit wiegen - ehe ich ihn aus meinem Geist und Körper verbannte.
„Hör auf, ich mach’s!“, gab Colonel O’Neill sich mit knirschenden Zähnen geschlagen und legte seine Hände auf das Podest. Der Gedankenwandler wurde von dem Goa’uld in mir deaktiviert und Lea sackte in die Arme einer der Jaffawachen. Jack öffnete die Klappe des Podests, wenn auch nur widerwillig, und zog die Hände dann zurück. Doch nur einen Wimpernschlag später startete er einen Angriff auf mich, um mich von den Füßen zu reißen und wahrscheinlich wie wild auf mich einzuschlagen. Rok’tal riss reflexartig die Hand hoch und schickte O’Neill mit einer kinetischen Schockwelle zu Boden. Dieser landete stöhnend und leise vor sich hin fluchend in Teal’s Armen.
„Wage so etwas nie wieder oder ich sehe mich gezwungen dieses überaus entzückende Gesicht seiner Schönheit zu berauben.“, donnerte die Stimme des Goa’ulds durch den Raum und meine Hand strich Lea herausfordernd über die Wange. Angewidert drehte sie den Kopf zur Seite, wagte es nicht, mich länger anzusehen. Mir brach es das Herz, denn das Letzte, was ich wollte, war ausgerechnet ihr etwas anzutun. Sie war der einzige Teil meiner Familie, der mir noch geblieben war. Rok’tal zwang sie, mich anzusehen, indem er ihr Kinn grob packte und ihr Gesicht wieder dem Meinigen zuwandte. Ihre Augen waren voller Wut, aber auch mit Schmerz und Angst gefüllt. Ich musste endlich etwas unternehmen, doch weiterhin war der Parasit mir in seinen Kräften überlegen.
Lea zuckte plötzlich zusammen, als ich von ihr abließ, und riss die Augen weit auf. Sie hatte eine Vision. Angst durchflutete ihren Körper, sie war schockiert. Irgendetwas an ihrem Blick in die Zukunft irritierte sie und das kam mehr als selten vor, denn normalerweise waren diese Voraussagen klar und deutlich. Für Interpretationen blieb meist nur wenig Spielraum. Zumindest meinte sie das einmal. Rok’tal ignorierte ihr Verhalten aus Unwissenheit heraus und wandte sich stattdessen Samantha Carter zu.
„Gib den Code ein!“, donnerte meine von Zorn verzehrte Stimme durch den Raum. Er zehrte sie von O’Neill, welcher sich immer noch auf dem Boden krümmte, fort und zog sie gleichzeitig auf die Füße. Sie wehrte sich, dem ungeachtet hatte sie keine Chance, sich aus meinem festen Griff zu befreien. Demonstrativ verschränkte sie daraufhin vor ihrer Brust, um ihren Unwillen zum Ausdruck zu bringen. Sturheit schien wirklich eine der Voraussetzungen zu sein, um in das Stargateprogramm aufgenommen zu werden. Gleich danach kamen Willensstärke, Sarkasmus und Patriotismus in überdimensionalen Ausmaßen. Hart schlug ich ihr - wenn auch unfreiwillig - ins Gesicht.
Ihre Wange schwoll augenblicklich an, ihre Unterlippe war aufgeplatzt und dunkles Blut quoll heraus. Dieses wischte sie mit dem Handrücken fort und blickte mir aus eiskalten Augen zornentbrannt entgegen. Rok’tal wiederholte durch mich: „Gib den Code ein, sofort!“
„Selbst wenn ich wollte - was durchaus nicht der Fall ist - kann ich es nicht. Wie dir noch nicht aufgefallen zu sein scheint, ist dein Spielzeug leider kaputt.“, gab sie ungerührt und sogar mit einer Spur Sarkasmus, die ich von ihr sonst nicht gewohnt war, zurück und wies mit ihrer Hand auf das Podest. Mein Blick wanderte zu dem kahlen Feld, wo zuvor noch der Kristall eingebettet gewesen war. Wut glühte erneut in ihm auf. Schmerz flutete mein Bewusstsein. Seine Strafe galt nun ganz allein mir. Nichtsdestotrotz war diesmal etwas anders. Es warf mich nicht wie sonst in eine Art Delirium oder versuchte mich zumindest in die Dunkelheit meiner Gedanken zu verbannen. Es war mehr ein dumpfes Ziehen, als ein qualvolles Leiden.
Allmählich wurde er schwächer, was ihm durchaus bewusst war, und meine Kraft wuchs stetig an. Nur noch ein kleines Weilchen, dann könnte ich die Kontrolle über meinen Körper wieder an mich reißen und ihn endgültig vernichten. Wo ist der Kristall - verrate es mir - werde sie töten - tausendfach - sag es mir oder sie leiden - werde ihre Seelen zerstören - verrate es mir - habe die Macht - bin ein Gott - sag es deinem Gott, wütete er durch meinen Verstand. Es waren nicht mehr als leere Drohungen. Ich ignorierte ihn einfach. Er schien zu ahnen, was mit ihm passierte, konnte es sich jedoch nicht erklären. Schließlich dachte er ja immer noch, ich wäre nur ein ganz stinknormaler Mensch, was ganz offensichtlich nicht der Fall war. Also versuchte er mich kurzerhand einzuschüchtern, mir zu drohen, doch das hatte von Anfang an nicht funktioniert. Langsam sollte er das gelernt haben.
Nachdem ich nicht antwortete, brüllte er den Rest meines Teams einschließlich Lea an: „Wo ist er?“ Jack hatte sich unterdessen wieder halbwegs aufgerappelt und wurde nun von Teal’c gestützt. Meine Hand, an der ich immer noch den Gedankenwandler trug, hob sich und richtete sich auf Major Carter. „Sagt es mir oder sie wird qualvolle Schmerzen erleiden.“
„Uns ist nicht bekannt, wo sich der Kristall befindet.“, meldete sich nun Teal’c in seiner immerwährenden stoischen Ruhe zu Wort. Dem Jaffa keinen Glauben schenkend, aktivierte Rok’tal das Handmodul und überflutete Samanthas Körper mit Schmerz. Diese riss die Augen weit auf und sackte auf die Knie.
„Er sagt die Wahrheit!“, schrie Lea mich an. „Wir wissen nicht, wo dieser verdammte Kristall ist. Wieso fragst du nicht deinen Wirt, der sollte es wohl von uns am Besten wissen!“ Rok’tal jedoch machte keine Anstalten, von Sam abzulassen. Im Gegenteil, er verstärkte seinen Zorn auf sie noch mehr und brachte sie so zum Schreien. Ich versuchte den Parasiten in mir davon abzuhalten, ihn wenigstens etwas in seinen Ausführungen zu bremsen, doch der Hass auf die Anwesenden, machte das so gut wie unmöglich. Sein Zorn hatte ihm wieder neue Kräfte verliehen. Das Einzige, was er damit erreichen wollte, Sam so zu quälen, war, dass ich ihm verriet, wo der Kristall, und somit das letzte Hindernis zwischen ihm und seinem Ziel, befand. Am Liebsten hätte ich es einfach nur zugegeben, um sie zu erlösen, doch es stand weitaus mehr auf dem Spiel, als ihr Leben. Hier ging es um das Wohl der ganzen Galaxie. Nicht nur der Menschheit, sondern um die Leben aller. Das konnte ich nicht aus Egoismus gefährden. Die Auswirkungen würden verheerend sein.
Colonel O’Neill kochte nun vor Wut und brüllte mich an: „Hör endlich auf!“ Plötzlich schloss er seine Augen und blieb wie erstarrt stehen. Jack tauchte nur Bruchteile von Sekunden später ebenfalls hinter den Wachen wieder auf, so dass es ihn jetzt zweimal zu geben schien. Rok’tal war so überrascht, dass er den Kontakt zwischen ihm und Carter abbrach. Doch kaum, dass die Verbindung gelöst worden war, erfasste mich eine unsichtbare Kraft und schleuderte mich, die Jaffa und auch den Rest seiner Freunde zu Boden. Ich knallte mit voller Wucht mit dem Rücken gegen den Altar und kam zum Erliegen. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an, wie gelähmt - ich konnte mich nicht bewegen. Wie hatte das passieren können? Psychokinese war die eine Sache, aber Astralprojektion? Das konnte doch nur unmöglich sein. Verständlich war, dass er meine Kräfte besaß, doch die von Lea - so etwas war unmöglich. Auf jeden Fall hatten wir das angenommen. Ich hatte ja geahnt, dass er außergewöhnlich war, dass in ihm verborgene Kräfte schlummerten, doch mit so etwas hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet.
Seit ich diesem Mann begegnet war, schien er immer wieder mit Überraschungen aufwarten zu können. Genau das musste es auch gewesen sein, was Lea gesehen, was sie so verwirrt hatte. Unmöglich - werdet ihr büßen - werde sie töten - tausendfach - werden ihre Anmaßungen bereuen - wirst leiden - ewiglich - ich bin ein Gott - ich bin dein Gott, spuckte Rok’tal durch meinen Kopf. Ein Unterton von Angst schwang in seinen Worten mit. Seine Macht war nur noch ein Bruchteil dessen, welche er zu Anfang aufweisen konnte. Ich machte ihm klar, dass er mich nicht länger besitzen würde, dass ich dafür sorgen würde, dass er starb. Er schickte mir eine Welle aus Schmerz, doch sie warf mich nicht um, nährte nur meinen Zorn auf die Goa’uld. Jetzt war es soweit. Es wurde Zeit, ihn endgültig zu vernichten. Ich verwendete all meine mentale Kraft darauf, meinen Kopf bewegen zu können und, auch wenn Rok’tal noch immer heftigen Widerstand leistete, gelang es mir, aufzusehen. Sofort stach mir etwas ins Auge, welches sich unter dem Vorhang in Sicherheit gebracht hatte. Der gesuchte Kristall. Ich streckte meine Hand danach aus.
Es war, als würde ich mit meinem Körper um die Vorherrschaft der Kontrolle kämpfen, auch wenn es noch immer der Goa’uld in mir war, der mich an eigenständigen Handlungen zu hindern versuchte. Ich spürte seine Präsenz immer noch in meinem Bewusstsein, doch seine Gedanken waren verstummt. Lediglich sein Zorn war weiterhin allgegenwärtig. Endlich gelang es mir, mich durchzusetzen und den kleinen Kristall in meine zittrigen Finger zu schließen. Ein angenehm warmes Gefühl erfüllte meine Hand, breitete sich von dort in meinem ganzen Körper aus. Doch je länger ich das Stück seltenen Quarzes zwischen den Fingern hielt, umso unwohler wurde mir. Aus dem warmen Gefühl wurde ein unangenehmes Kribbeln. Erst in der Hand, dann im ganzen Körper. In meinem Kopf begann es wie wild zu hämmern, um meine Wirbelsäule - dort, wo sich der Parasit befand - versteifte sich alles, so dass ich mich unter Schmerzen aufbäumte.
Mir wurde speiübel und bevor ich mich besann, begann ich zu würgen. In meinen Ohren dröhnte es, dumpf hörte ich das knirschen von Knochen, das Reißen von dünnem Fleisch - spürte, wie sich der Goa’uld seinen Weg durch meinen Rachen bahnte. Ich spürte seinen schleimigen Körper in meiner Kehle, was mich noch mehr zum Würgen brachte. Ein metallischer Geschmack legte sich auf meine Zunge. Mein eigenes Blut quoll aus der klaffenden Wunde, die er hinterlassen hatte, rann meine Speiseröhre hinunter, gelang in meine Lungen und lief genauso mein Kinn hinunter, tropfte auf den steinernen Boden. Dort vermischte es sich mit jahrtausende altem Staub, nahm eine schwarze Farbe an. Ich begann noch mehr zu würgen, bekam kaum noch Luft - dann war es vorbei. Der Parasit hatte sich ganz aus meinem Körper gelöst, war aus meinem Rachen verschwunden und wand sich vor meinen Augen. Ich keuchte, bekam noch mehr Blut in die Lungen und hustete es wieder aus. Ein leicht säuerlicher Geschmack füllte meinen Mund aus.
Ich spuckte Blut, wischte es mir mit der letzten verbleibenden Kraft vom Mund. Rok’tal versuchte zu entkommen, sich in Sicherheit zu bringen, irgendwo zu verkriechen. Sein schlangenähnlicher Körper war überseht von Wunden. Blaues Blut drang aus den verschiedensten Blessuren. Es war, als hätte sich etwas wie Säure in ihn hineingefressen. Ich konnte ihn nicht davonkommen lassen. Ich hob meine Hand, an welcher immer noch der Gedankenwandler steckte, und versuchte mich darauf zu konzentrieren eine kinetische Schockwelle auf den Goa’uld abzufeuern, was diese Schlange hoffentlich in Fetzen reißen würde. Kurz glühte der gelbliche Kristall auf, erlosch dann jedoch wieder kraftlos. Doch nicht einen Wimpernschlag später zischte eine Stabwaffenentladung nur wenige Zentimeter an mir vorbei - hinterließ eine heiße Spur auf meinem Rücken - und sprengte den Parasiten auseinander. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg mir in die Nase. Von menschlichem Fleisch. Ich stemmte mich hoch und ließ mich kraftlos auf den Rücken gleiten. Die fünf Jaffa, welche uns begleitet hatten, waren allesamt Tod.
Jemand hatte ihnen mit einer Stabwaffe den Todesstoß versetzt. Gezielte Schüsse in die Printa der lebendigen Brutkästen. Sowohl Colonel O’Neill als auch Teal’c trugen Lanzen, doch Ersterer hatte die Jaffa so zugerichtet. Genauso, wie er sich auch mit einem vernichtenden Schuss an Rok’tal gerecht hatte. Lea saß bei Samantha Carter, welche sich allmählich wieder erholte. Erleichtert ließ ich meinen Kopf zurücksinken und schnappte erst einmal nach Luft. Ich fühlte mich ausgebrannt, als hätte mir jemand all meine Lebensenergie abgesaugt. Nur ein Gedanke kam mir, ich brauchte dringend etwas Süßes. Irgendwo musste noch mein Rucksack herumliegen, oder nicht. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch erst beim zweiten Mal gelang es mir. Noch immer dröhnte mein Schädel, mir wurde schwindlig und abermals übel, doch ich wusste meinen Körper wenigstens halbwegs unter Kontrolle zu halten, um mich nicht zu übergeben.
„Geht es dir gut, Commander Dillan?“, fragte Teal’c lakonisch und stellte sich neben mich.
„Als hätte mich ein Zug überrollt.“, entgegnete ich schwach und ergriff die Hand, die er mir hilfreich entgegenstreckte. Erst einmal auf den Füßen, fühlte ich mich gleich ein wenig wohler. Mein Körper wollte mir noch nicht wieder ganz gehorchen, doch das würde schon noch kommen. Kaum, dass ich das Gleichgewicht gehalten bekam, sah ich mich noch einmal um. Lea lag nur wenige Schritte von mir entfernt auf dem Boden. Ich taumelte zu ihr, kniete mich neben sie und nahm sie in die Arme. Ihre Augen waren geschlossen, doch kaum, dass sie meine Berührungen spürte, öffnete sie diese und strahlte mir entgegen.
Ich schloss sie in eine feste Umarmung. Erleichterung machte sich in mir breit, auch wenn in meinem Hinterkopf immer noch Alarmglocken läuteten. Wir waren immer noch nicht außer Gefahr und nicht gerade in der besten Verfassung. Wir mussten also schnellstmöglich die Ruinen verlassen und uns zum Sternentor begeben.
„Ich wusste, dass du das schaffst.“, hauchte Lea mir ins Ohr und schlang ihren Arm um meinen Hals, zog mich näher an sich heran. Ich vergrub mein Gesicht in ihrer Halsbeuge, genoss das Gefühl von innerer Zufriedenheit, auch wenn alles in mir zum Aufbruch drängte. Denn genau dafür hatte es sich doch gelohnt, zu leben, all dies hier durchzustehen. Dieses Gefühl wollte ich nie wieder missen. Dennoch ließ ich - wenn auch schweren Herzens - von ihr ab und half ihr aufzustehen.
„Wir müssen hier schnell weg. Wer weiß, wann Anubis mitbekommt, dass wir geflohen sind.“, meinte ich ernst.
Lea hakte nach: „Und was wird aus dem Portal? Wir können es ihm nicht einfach überlassen.“
„Dann werden wir es eben zerstören.“, antwortete Colonel O’Neill für mich. Er war halb in sich zusammengesackt und wurde von Samantha gestützt, damit er nicht vollends in sich zusammensackte. Er sah schlimm aus. Blass und über und über mit Schweiß bedeckt. Seine Schmerzen mussten höllisch sein. Ich selbst war noch viel zu taub, um irgendetwas zu fühlen - auf jeden Fall nicht in dem Maße, dass ich sonst an den Tag legte. Nur dumpf drang alles zu mir vor. Ich musste mich erst wieder ganz mit meinem Körper arrangieren, ehe ich wieder vollkommen ich selbst sein könnte.
„Aber Colonel...“, setzte Carter zu einem Protest an, doch er schnitt ihr sofort jedes weitere Wort ab.
„Wir haben keine andere Wahl, Sam.“, erwiderte er eindringlich. Diese nickte zustimmend, doch in ihren Augen las man, dass es nur widerwillig geschah. Sie wusste, dass das die einzig richtige Lösung war, sträubte sich jedoch gegen den Gedanken, ihre wahrscheinlich einzige Hoffnung auf Hilfe gegen Anubis einfach so vernichten zu müssen. Ich blickte in meine Hand, in welcher ich immer noch den Kristall hielt. Ich legte ihn zu den anderen, zurück an seinen Platz. Dann trat ich zur Seite, aus Teal’cs Schussfeld hinaus.

Dieser setzte mit seiner Stabwaffe an und feuerte drei Slaven auf das Podest ab, welches zu bersten und Brennen begann. Die Kristalle selbst schmolzen unter der Hitze zu nutzlosen, glanzlosen Klumpen glühenden Quarzes. Die ganze Kontrollvorrichtung war unbrauchbar gemacht worden. Nun wurde es höchste Zeit, hier zu verschwinden.
„Gehen wir!“, meinte Lea und setzte sich in Bewegung. Wir stützten uns gegenseitig. Major Carter wollte Jack aufhelfen, doch dieser brach stöhnend wieder in sich zusammen, ehe ihn eine Welle aus Würgen und Husten überrollte. Er spuckte Blut und Galle. Nicht nur seine Bauchhölle auch seine Lunge musste etwas abbekommen haben. Damit stand es für ihn schlimmer, als ich angenommen hatte. Wahrscheinlich waren diese Verletzungen auch erst in den letzten Stunden bis Minuten entstanden, denn solch eine kinetische Schockwelle konnte üble Verletzungen an menschlichen Körpern verursachen.
„Jack!“, fuhr Sam besorgt auf. Sie hatte sich wieder neben ihn gekniet und rieb über seinen Rücken, damit er sich wieder beruhigte. Wir mussten ihn so schnell es uns möglich war zur Erde zurückbringen, wenn er überleben wollte. Schon, er war hart im Nehmen, doch auch nicht unsterblich.
„Verschwindet.“, keuchte dieser atemlos und unter Schmerzen. „Lasst mich einfach zurück.“
„Das ist doch nicht dein Ernst, Jack?“, hakte Lea ebenso angsterfüllt nach. Keiner von uns hatte vor, ihn hier zurückzulassen. Das verstieß nicht nur gegen den Eid unter Soldaten, sondern auch gegen alles, woran ich glaubte. Ihn hier zurückzulassen, würde außerdem ein viel zu großes Risiko für die Erde und jede andere Welt bedeuten, die bis jetzt besucht worden war. Er würde uns begleiten, ob er nun wollte oder nicht. Zur Not würde ich zum Tor prügeln, wenn es die einzige Möglichkeit wäre.
Hart - den militärischen Drill beachtend - erwiderte ich: „Bei allem Respekt, Sir, aber sie werden gefälligst ihren Arsch zum Tor bewegen, sonst werde ich mich gezwungen sehen müssen, sie dort hinzutragen.“
„Ich bin immer noch der Ranghöhere Offizier, Commander, und sie werden gefälligst meine Befehle befolgen!“, entgegnete Jack mit von Schmerz verzehrtem Gesicht.
„Ich habe von Anfang an nicht auf sie gehört, wieso sollte ich jetzt damit anfangen?“, gab ich ehrlich zurück. Etwas theatralisch, aber durchaus angebracht und notwendig, fügte ich hinzu: „Beweisen sie mir, dass die Menschheit es wert ist, dass ich mich zu ihnen zählen kann. Sie prallen doch immer damit, wie willensstark und mutig die Menschen sind, bezeugen sie es mir!“
Unsere Augen ruhten auf dem anderen, unsere Blicke fochten einen stummen Kampf und Jack wagte den neuen Versuch, sich aufzurichten. In diesem Augenblick wusste ich, dass ich gewonnen hatte. Ich ergriff seine Hand und zog ihn auf die Beine. Teal’c packte ihn kurzerhand und wollte ihn schon schultern, doch Jack bestand darauf, allein zu gehen. Es würde uns nicht annähernd so schnell voranbringen, doch da ich auch noch Schwierigkeiten hatte, meinen Körper zu koordinieren, nahm uns das auch nicht viel. Außerdem würde er dann wenigstens nicht auf die Idee kommen, ein Nickerchen zu machen oder gar doch noch aufzugeben.

weiter: Kapitel 13

© 2003 Lenari


Jarod 13: Jarods Flucht by Lenari
Author's Notes:
Wieder in Sicherheit und unter Ihresgleichen. Sind jetzt alle Hoffnungen auf einen Vorteil gegen Anubis dahin?
Jarod 13: Jarods Flucht

Wir erreichten unser Lager, als das Mutterschiff Anubis‘ in die Atmosphäre eindrang und seine Gleiter losschickte. Lauter Donner war weithin über die Ebene zu hören. Die Ruinen der antiken Stadt begannen zu bröckeln. Es war, als würde ein Erdbeben die Umgebung des Sternentores erschüttern. Ich durchsuchte meine Ausrüstung, so wie jeder von uns, doch die Jaffa mussten unsere Decoder und alles, was einer Waffe ähnlich sah, mitgenommen haben. Zur Erde würden wir nicht zurückkehren können, wenn wir nicht an der Iris zerschellen wollten. Also mussten wir auf einen anderen Planeten ausweichen. Einen, wo medizinische Versorgung gewährleistet werden konnte: Den Alphastützpunkt. Dort hatte man noch keine Iris installiert und ein medizinisches Team war ständig abrufbereit. Zur Not würden wir auch von dort aus noch zur Erde gelangen, falls Colonel O’Neills Verletzungen zu schwerwiegend sein sollten. Außerdem hatten einige Tok’ra dort Zuflucht gesucht, die sicherlich auch mit einem Heilungsgerät etwas anfangen konnten. Mir musste nur noch die Koordinaten einfallen, doch wenn nicht ich, dann wusste zumindest Major Carter, wie diese lauteten.

„Sam, kennen sie noch die Koordinaten des Alphastützpunkts?“, sprach ich gleich darauf meinen Gedanken aus. Sie nickte bestätigend.

„Natürlich! Daran habe ich auch gerade gedacht.“, antwortete sie und machte sich auf dem Weg zum DHD. Ich gab Teal’c zu verstehen, dass er ihr mit Jack folgen sollte und sowohl Lea als auch ich gleich folgen würden. Die Jaffa würden jeden Augenblick mit Gleitern starten, wir durften also keine Zeit verlieren. Wenigstens hatte sie mir meinen anscheinend Jahresvorrat an Schokoriegeln nicht auch noch weggenommen. Die würden mir und Lea wieder auf die Beine helfen. Ich steckte mir einen in den Mund, drei in die Taschen und gab ihr dann auch noch welche. Drei Kassetten lagen daneben, alles, was ich bis jetzt aufgenommen hatte. Wenigstens das durfte nicht verloren gehen. Ich steckte mir diese in die Tasche. Soldat hin oder her, ich war auch immer noch Anthropologe. Dieser Pfund könnte uns außerdem weiteren Aufschluss darüber geben, wie wir noch auf die andere Seite des Portals gelangen. Dann machten wir uns ebenfalls auf zum Sternentor. Der Ereignishorizont etablierte sich gerade, als wir die anderen erreichten, was das Dröhnen der ankommenden Gleiter in einem lauten Getose verschluckte. Gleich darauf folgte der erste Beschuss. Die Slaven verfehlten uns weit. Dennoch drang die Hitze der riesigen Geschosse bis zu uns hinüber. Wir rannten los. Noch einmal könnten wir nicht soviel Glück haben. Während die anderen sich in Bewegung setzten, zielte ich mit der Stablanze, die ich immer noch in den Händen hielt auf die ankommenden Gleiter, in der Hoffnung, diese vom Himmel zu holen. Außerdem durften sie unter keinen Umständen die Koordinaten des Alphastützpunktes erkennen, welche immer noch auf dem DHD aufleuchteten. Ich würde dieses zerstören, sobald die anderen durch wären und ich nahe genug am Sternentor, um mich in Sicherheit zu retten.

„Commander, kommen sie schon!“, rief O’Neill mir zu. Das war dann wohl mein Stichwort. Teal’c hatte ebenfalls zu feuern begonnen. Anscheinend hatte keiner von ihnen vor, zu gehen, ehe sie mich nicht genau neben ihnen wussten. So waren sie ein viel zu leichtes Ziel.

„Verschwindet!“, schrie ich ihnen entgegen und gab noch einen Schutz auf einen Gleiter ab, traf diesen. Er schmierte ab und prallte weitab in eine der Ruinen. Carter und Lea verschwanden durch den Ereignishorizont, nahmen Colonel O’Neill mit sich. Teal’c hatte weiterhin keine Anstalten gemacht, sich vom Fleck zu bewegen. Dieser Mann war anscheinend auch nicht der sanfte Teddybär, für den ich ihn gehalten hatte. Es wurde eh Zeit, hier zu verschwinden. Als sich die restlichen zwei Gleiter neu formierten, nutzte ich meine Chance und rannte auf das Stargate zu. Dicht neben mir schlug eine erneute Energieentladung ein und riss mich von den Füßen. Meine Stabwaffe schleuderte mir aus der Hand und kam einige Meter weiter weg zum Erliegen. Diese war somit für mich verloren, also musste ich auf altmodische Handarbeit umsteigen. Ich richtete mich sofort wieder auf, rannte die letzten Schritte zum Tor. Schmerz durchzog mein Bein. Die Hitze hatte sich, obwohl ich nicht direkt getroffen wurde, durch meine Hose gefressen und eine hässliche Fleischwunde hinterlassen. Es roch nach verbranntem Fleisch, Blut und angesengten Klamotten. Mein Fuß war taub, mein ganzer Körper kribbelte unangenehm, Schweiß stand auf meiner Stirn. Ich ignorierte den Schmerz und schleppte mich vorwärts. Noch ein Schritt und es war vorbei. Mit einer Handbewegung schleuderte ich Teal’c durch den Ereignishorizont, wirbelte herum und riss das DHD aus den Angeln, während ich mich in ein Reißen und Zerren aus Antimaterie fallen ließ, welches mich über Lichtjahre hinweg auf einen anderen, mir fremden Planeten schleuderte. Für die Faszination des Anblicks eines etablierten Wurmlochs war keine Zeit geblieben, was zu bereuen war. Doch in den Augenblicken, in denen ich weder hier noch dort war, schien es das Einzige zu sein, was ich vor Augen hatte. So schnell es gekommen war, war es auch schon wieder vorbei und ich kam durch einen harten Aufprall mit unterdrücktem Stöhnen auf dem Boden des Alphastützpunkts zum Erliegen.



„Argh, verdammt!“, schrie ich auf, als einer der Sanitäter begann, meine Wunde von den eingebrannten Stofffetzen zu befreien. Ein unangenehm pulsierender Schmerz im Einklang mit meinem Herzen durchzog mein Bein, wurde nur von einem nervigen Pochen in meinem Schädel überboten. Wenn sie vorher nicht besonders stark geblutet hatte, dann lief das Blut jetzt sicherlich in Strömen. Ich sah jedoch nicht hin. Nicht, dass ich den Anblick nicht ertragen hätte, doch mein Blick ruhte auf Colonel O’Neill, der in einem Nebenraum auf dem Operationstisch lag. Durch eine große Fensterscheibe konnte ich alles verfolgen, was in dem kleinen Raum passierte. Mir entging keine Kleinigkeit. Lea, Sam und Teal’c warteten ebenfalls bei mir. Bis auf ein paar blaue Flecke, einige Kratzer und Wassermangel waren sie alle wohlauf. Richtig schlimm stand es nur um einen. Der Parasit in mir - und das war das einzig Gute an der Geschichte - hatte meine vorherigen Verletzungen, die ich mir beim Kampf gegen Colonel O’Neill zugezogen hatte, geheilt. Es herrschte eine bedrückte Stimmung. Jeder machte sich Sorgen um seinen Freund, der gerade mit dem Leben rang. Seine inneren Verletzungen waren nicht so schlimm gewesen, wie ich angenommen hatte, dennoch konnten sie ihm das Leben kosten, wenn sie nicht behandelt wurden. Doktor Fraiser war sofort gerufen wurden, welche wiederum umgehend eine OP angeordnet hatte. Sie wollte nicht das Risiko eingehen und ihn verlegen, da ihn der Gang durch Sternentor schon das Bewusstsein geraubt hatte. Niemand konnte abschätzen, was passierte, wenn er noch eine Reise durchs Universum unternahm. Also hatte sie den hier verfügbaren OP in Beschlag genommen. Über eine Stunde waren sie nun schon da drinnen. Schwestern wuselten umher, Assistenzärzte reichten ihr verschiedene Instrumente, die sie benötigte, um die inneren Verletzungen zu verschließen. Durch einen Tropf wurde O’Neill Blut zugeführt, welches er aber gleich darauf wieder zu verlieren schien, denn aus seiner offenen Bauchhölle sickerte unaufhörlich das Blut, welches sofort von einem der Ärzte abgesaugt wurde. Als sein Herz plötzlich zu flimmern begann und ein unrhythmisches Piepsen zu vernehmen war, wandte Sam den Blick ab.

„Keine Angst, Major, er wird wieder gesund.“, versuchte Lea sie gleich darauf zu beruhigen. Ich suchte den Blickkontakt mit dieser und sie nickte mir aufmunternd zu. Das versicherte mir, dass sie zumindest nichts Gegenteiliges gesehen hatte. Außerdem war Jack zäh, er würde diese paar Kratzer schon überleben.

„Woher wollen sie das wissen?“, erwiderte Samantha wütend.

„Sie hat einen sechsten Sinn für so etwas, das habe ich euch doch versucht, zu erklären.“, mischte ich mich in die Unterhaltung ein. Carter warf mir einen unerbitterlichen Blick zu.

Fauchend gab sie zurück: „Halt du dich daraus. Wärst du nicht gewesen, wäre das alles nicht passiert. Wir wären nie auf den Planeten gegangen, hätten nie dieses blöde Portal gefunden und wären niemals gefangen genommen worden.“ Eine erste Träne bahnte sich ihren Weg über ihre Wange - weitere folgten. Sie begann zu schluchzen, verdeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. Teal’c nahm sie schützend in die Arme. Ich konnte sie gut verstehen. Sie fühlte sich hilflos und verletzt, sie hatte Angst um Jack und wusste nicht, wie sie damit anders hätte umgehen sollen. Ich machte ihr keine Vorwürfe deswegen, hätte ich doch sicherlich nicht viel anders gehandelt. OK, ich hätte mir die Schuld an allem gegeben - das tat ich jetzt durchaus auch.

„Dann bin ich ebenso schuldig.“, bemerkte Lea mit gesenktem Kopf. „Hätte ich Jarod nicht zu mir gerufen, hätte ich ihm nicht gezeigt, wo er zu suchen hatte, dann wäre das sicher auch nicht passiert. Dann wäre Jack jetzt nicht in Lebensgefahr und wir nicht in dieser misslichen Lage gewesen.“ Auch sie gab sich die Schuld. Ich wollte nicht, dass auch nur eine von ihnen traurig war. Ich konnte es nicht ertragen, sie leiden zu sehen. Lea war mein Leben und Sam mir mittlerweile richtig ans Herz gewachsen. Keinen von ihnen wollte ich verlieren, nicht einmal Colonel O’Neill. Hinter seiner rauen Schale verbarg sich ein weicher Kern, der durchaus nicht nur tiefe Verachtung für mich empfand, weil ich es wagte, Daniels Platz zu besetzten. Ich wollte mich durchaus nicht in ihr Team drängen und auch nicht Doktor Jackson ersetzten, doch das Leben musste nun einmal weitergehen und davon ungeachtet war SG-1 für mich die einzig reelle Chance, meine Herkunft doch noch herauszufinden. Was mir auch irgendwie gelungen war. Jacks Zustand hatte sich mittlerweile wieder stabilisiert.

„Keinen trifft die Schuld.“, wandte ich ein. „Es ist einfach passiert und jetzt können wir auch nichts mehr daran ändern. Wir sollten lieber das Beste hoffen.“

„Commander Dillan hat Recht, niemand ist dafür verantwortlich. Wir alle kennen die Risiken.“, stimmte Teal’c mir mit einer unerschütterlichen Ruhe zu, die ich selten an einem Menschen erlebt hatte. Samantha hatte sich inzwischen wieder beruhigt und wischte sich nun die Tränen von den Wangen. Sie wusste, dass wir Recht hatten, doch es fiel schwer, dies zu akzeptieren und die Situation dennoch ertragen zu können. Schmerzlich meldete sich mein Bein zurück, als das Desinfektionsmittel es zum Brennen brachte. Ich unterdrückte nur mit Mühe ein lautes Aufstöhnen. Meine ganze Wade schien in Flammen zu stehen. Am Liebsten hätte ich diesem Sanitäter den Hals umgedreht und es selbst zu Ende gebracht. Dennoch hielt ich den Schmerz einfach aus - verkniff mir eine beleidigende Bemerkung. Auch ich würde das überleben. Ich warf wieder einen Blick durch die Fensterscheibe in den Operationssaal. Doktor Fraiser nahm gerade Nadel und Faden zur Hand, um die offene wunde zu vernähen. Es würde sicherlich eine schöne Narbe bleiben, aber das Schlimmste war überstanden. Als Janet den Raum verließ, setzte Lea sich neben mich und ergriff meine Hand. Sie hatte trotz allem Angst, was der Doc sagen würde. Sie kannte Jack O’Neill anscheinend vom Programm her, doch hatte sie mir nie etwas von ihm erzählt. Normalerweise ließ sie kein Detail aus, wenn es um diese Arbeit ging, doch ihn hatte sie verschwiegen. Ich fragte mich, wieso. OK, sie hatte mal erwähnt, dass er der Kommandant des Eliteteams dort sei, doch das war auch schon alles gewesen. Ich fragte mich, was da zwischen ihnen vorgefallen war. Nicht, dass es mich wirklich etwas anging - neugierig war ich auch nicht - es wunderte mich nur. Lea würde jetzt sicherlich verlauten lassen, dass ich eifersüchtig war und sie hätte damit auch verdammt noch mal recht. Wir waren kein Paar, wir waren Freunde, doch allein der Gedanke, da könnte etwas gewesen sein, setzte mir schon zu. Vielleicht hatte ich mich ja wirklich in sie verliebt, eventuell war ich ja doch dazu in der Lage, tiefere Gefühle zu zeigen. Ich verdrängte die aufkommenden Gedanken. Das konnte warten. Jetzt gab es Wichtigeres.

Fraiser meinte ruhig: „Wir können jetzt nur noch abwarten, aber so wie ich den Colonel kenne, wird er bald wieder seine üblichen Witze reißen und jedem hier tierisch auf die Nerven gehen.“ Sie versuchte die bedrückte Stimmung zu vertreiben, denn auch ihr ging alles sehr nahe und sie fühlte sich mindestens genauso erschlagen wie jeder andere in diesem Raum.

„Kann ich zu ihm?“, fragte Sam hoffnungsvoll.

„Geh erst einmal duschen, dann kannst du zu ihm. Ich werde ihn so lange nicht aus den Augen lassen.“, versprach Janet und ihre Freundin nickte zustimmend. Auch diese beiden Frauen hatten eine ganz besondere Bindung, wie sie sicherlich auch zwischen Jack und Daniel existiert hatte. Das erinnerte mich schmerzlich an Ben. Auch wir hatten uns blind verstanden. Ich vermisste ihn schrecklich.



Nachdem ich mir auch das letzte Videoband angesehen hatte, schaltete ich das Gerät ab. Eine Schande, dass wir diesen Planeten nie wieder bereisen konnten. Für die Archäologie hätte das in manchen Bereichen einen regelrechten Durchbruch bedeuten können. Religionen müssten neu überdacht werden, Ansichten zu einigen Theorien geändert werden. Vielleicht hätten wir sogar den Grund gefunden, warum die Sumerer so plötzlich ausstarben und was sie so klug gemacht hatte. Der erste Beweis dafür, dass Außerirdische Lebensformen unsere Entwicklung bewusst beeinflussten. Keine Goa’uld und auch keine Asgard, sondern Antiker - die Baumeister des Stargatenetzwerks. Eine ausgestorbene Rasse, die wir nur noch so zu verstehen begreifen könnten. Einem von ihnen zu begegnen, mit ihnen sprechen zu können, das wäre das Größte. Doch diese Chance hatten wir vertan. Es war richtig gewesen, das Portal zu zerstören, damit es nicht Anubis in die Hände fiel, nur um welchen Preis. Auch uns blieben so die Errungenschaften dieser außergewöhnlichen und intelligenten Rasse verborgen, auch wir würden nicht an Technologien gelangen, die uns um Kampf gegen die Goa’uld beschützen, uns vielleicht sogar den Sieg verschaffen, könnten. Ein weiterer Rückschlag in einer ganzen Reihe. Vieles, was greifbar nahe schien, war für uns in unerreichbar weite Ferne gerückt. Die Berichte der SG-Teams sprachen für sich. Das Mutterschiff Cronos‘, die Antikermanschetten, eine durch Jaffa durchgeführte Bekehrung der noch nicht ausgereiften Goa’uldlarven, eine funktionierende Jaffarebellion oder das gesamte Wissen der Antiker, welches Colonel O’Neill in sich getragen hatte. Man würde jedoch nicht aufgeben und ich auch nicht. Noch lag die Hoffnung in den Bändern, die ich in meinen Händen hielt. Vielleicht war mit diesen doch noch er Weg zu finden, wie man auf einen Planeten des Antikeren gelangte. Ich würde bald damit anfangen, all das zu übersetzten, was dort auf den Wänden der Ruinen stand. Lea würde mir sicher dabei helfen. Das würde wahrscheinlich unsere ganze Zeit rauben, was mich dazu zwingen würde, SG-1 wieder zu verlassen. So oder so war ich doch nur hier gewesen, um herauszufinden, woher ich stammte. Das war nun geklärt, mich hielt nun nichts mehr hier. Dennoch wollte ich nicht wieder gehen. Lea hatte Recht behalten, man wurde von diesem gigantischen Ring aus Naquada einfach wie magisch angezogen - fast sogar süchtig. Man kam einfach nicht mehr davon los.

„Hier steckst du.“, riss mich Leas Stimme aus den Gedanken. Wenn man vom Teufel sprach. Ich blickte zu ihr hinüber. Sie sah wieder richtig erholt aus. Die letzten Stunden hatten Wunder bewirkt. Was eine Dusche und etwas Schlaf doch alles bewirken konnte. Ihre Wangen waren rosig, ihre braunen Augen leuchteten und ihr dunkles, langes Haar schimmerte im Glanz der Deckenbeleuchtung. Sie sah umwerfend aus. Auch ich hatte mir etwas Erholung gegönnt, doch schlafen hatte ich nicht können. Zuviel hatte mir im Kopf herumgespuckt. Ich hatte meine Prioritäten noch einmal neu überdenken, mir neue Ziele setzten müssen. Ich war zu dem Entschluss gekommen, hier zu bleiben und alles daran zu setzten, dass ich die Antiker fand, um unsere Welt und eventuell sogar die ganze Galaxie zu schützen. Ich war Soldat, genau das war doch meine Aufgabe.

„Was gibt’s?“, wollte ich wissen, während ich die drei Bänder sicher in meiner Hosentasche verstaute. Geklaut hätte diese sicherlich keiner, aber ich wollte nicht das geringste Risiko eingehen - sie könnten schließlich beschädigt werden.

„Jack ist wach. Ich dachte, du wüsstest das gern. Er fragt außerdem nach dir.“, antwortete sie und setzte sich neben mich auf den Schreibtisch. Die Uniform stand ihr gut und sie roch fantastisch. Was mich zusammen mit ihrer letzten Äußerung total aus der Bahn warf.

„Echt?“, hakte ich perplex nach. Mein Gesicht musste ein Bild für Götter gewesen sein, denn sie begann, leise zu kichern. Ein ehrliches Lachen, dass ich seit Bens Tod so nicht mehr von ihr gehört hatte. Es stimmte mich froh, dass sie wieder glücklich sein konnte. Vielleicht würde mir das mit ihrer Hilfe auch wieder richtig gelingen. Sie nickte übertrieben mit dem Kopf.

Dann meinte sie so ernst es ihr möglich war: „Er hat irgendetwas davon gesagt, dass du ihm noch etwas schuldest oder so, aber wenn du mich fragst, will er dich bloß wissen lassen, dass er nicht vergessen hatte, wer ihn auf die Krankenstation gebracht hatte.“ Ich hätte es wissen müssen, er war sicherlich ziemlich wütend auf mich. Also wäre es eigentlich keine gute Idee, wenn ich ausgerechnet jetzt zu ihm gehen würde. Dennoch, ich musste wissen, was er wollte. Er musste treffende Gründe haben, wenn er mich jetzt sehen wollte. Wahrscheinlich um bei mir mein schlechtes Gewissen zu wecken. Als ob mich das nicht so schon genug quälen würde. Ich hatte mein Team in Gefahr gebracht, hatte mit eigenen Händen - wenn auch nicht ganz freiwillig - dazu beigetragen, dass sie leiden mussten und er mit dem Tode gehadert hatte. Noch zwei weitere Male war er Herzflimmern gehabt. Einmal setzte es sogar ganz aus. Das hatte mir schon eine gehörige Angst eingejagt. An Schuldgefühlen mangelte es bei mir nun wirklich nicht. Noch ein Grund, warum ich mich hierher verzogen hatte, da ich nicht schlafen konnte. Ich brauchte eine gewisse geistige Arbeit, um mich von dem Gedanken abzulenken, dass er meinetwegen - ich hätte härter gegen Rok’tal vorgehen sollen - in der Krankenstation ans Bett gefesselt war. Ich erhob mich und zuckte augenblicklich zusammen. Ein steckender Schmerz untersetzt mit einem unangenehmen Kribbeln erfüllte mein linkes Bein. Wie ich es hasste, verletzt zu sein. Ich dankte ihr für die Information und humpelte in Richtung Tür, den Schmerz dabei zu unterdrücken versuchend. Noch einmal drehte ich mich um. Sie lächelte mir aufmunternd zu und ich wusste, es würde schon nicht so schlimm werden.


weiter: Kapitel 14

© 2004 Lenari


Jarod 14: Jarods Leben danach by Lenari
Author's Notes:
Wieder in Sicherheit und unter Ihresgleichen. Sind jetzt alle Hoffnungen auf einen Vorteil gegenüber Anubis dahin?
Jarod 14: Jarods Leben danach

Ich betrat den Raum, in welchem Colonel O’Neill lag. Major Carter saß an seiner Seite und unterhielt sich mit ihm. Es war nichts Weltbewegendes, nur darüber, dass es den anderen gut ging und er auch wieder gesund werden würde. Seine Hand ruhte in den Ihrigen, ihre Blicke waren ineinander vertieft. Ich ließ ihnen diesen Moment, da gerade in diesem Augenblick eine stille Übereinkunft zwischen ihnen herrschte. Sie waren sich beide ihrer Gefühle sicher und auch, wenn sie diese nicht öffentlich ausleben könnten - nicht einmal im Verborgenen - waren sie doch mit dem zufrieden, was sie im Moment hatte. Sie hofften, mit der Zeit würde sich schon ein Weg finden lassen, dann würde sich alles regeln. Sie waren auch nicht wirklich weiter mit ihrer Beziehung als zuvor, sich jedoch einig. Mit etwas Hilfe von Seiten Leas - sie würde sich hundertprozentig einmischen - überschritten sie vielleicht sogar die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe, an welcher sie immer eine Gradwanderung vollführten. Ich gönnte es ihnen, sie hatten es nach sechs harten Jahren auch verdient. Jacks Blick wanderte zu mir, blieb an mir haften. Jetzt hatte er mich doch bemerkt. Ich erwiderte den Augenkontakt, wollte mich nicht von ihm oder der Situation einschüchtern lassen. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen, doch wenn ich ehrlich zu mir war, hätte ich nichts unternehmen können, um ihnen zu helfen. Jedenfalls nicht direkt.

„Sam, lass uns bitte allein.“, bat Jack sanft, als Major Carter keine Anstalten machte, den Raum zu verlassen. Sie wollte protestieren, dass sah ich ihr an, doch seine Hand in ihrer, die er leicht drückte, ließ sie verstummen. Ihr Blick ging zu mir, wurde ängstlich, fast flehend. Sie wollte nicht, dass ich ihn aufregte, dass ich ihm schadete. Ich konnte nicht versprechen, dass es gut gehen würde, ich wusste nicht, wieso ich eigentlich hier war, was er von mir wollte. Ich konnte ihr nur das stumme Versprechen geben, zu versuchen, ihn zu schonen. Sie verließ den Raum, doch sie würde in der Nähe bleiben und auf ihn aufpassen. Ich trat näher an ihn heran und mit jedem Schritt hatte ich das Gefühl, als würde mein Herz langsamer schlagen, meine Lungen sich mehr und mehr verkrampfen und die Anziehungskraft zunehmen, mich förmlich nach unten saugen. Die Schmerzen in meinem Bein waren einem unangenehmen Pochen gewichen. Humpeln tat ich dennoch leicht. Ich musste mich setzen, dieses Gefühl irgendwie loswerden. Er sah mich immer noch an, durchbohrte mich mit seinen Blicken. Er schien abzuwägen, was und wie er es sagen sollte. Meine bloße Anwesenheit musste ihn nervös machen, auch wenn er es nicht zeigte. Mein Gesicht hatte er vor sich gehabt, als er gefoltert wurde - er musste mich verabscheuen, dass was ich darstellte.

Schließlich meinte er: „Ich gebe dir nicht die Schuld. Ich habe gesehen, was Goa’uld mit Menschen machen können. Einzig und allein deine Andersartigkeit beschützte dich vor einem noch grausameren Schicksal als unserer Folter. Du solltest es nicht wie eine Bürde, vielmehr wie eine Gabe ansehen. Ich glaube nicht an Gott, doch wenn es ihn gibt, dann hat er dir das geschenkt.“ Colonel O’Neill schloss kurz die Augen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte mit Vorhaltungen gerechnet, mit Schuldzuweisungen und Hass, doch all das war nicht der Fall gewesen. Er hatte mich vor mich selbst in Schutz genommen, mich vor meinem schlechten Gewissen verteidigt. Von ihm hätte ich das am Wenigsten erwartet, besonders nach allem, was passiert war. Ich hatte mich in sein Team gedrängt, er sah Doktor Jacksons Platz durch mich bedroht und auch Samanthas Liebe zu ihm. Ich konnte mir nicht vorstellen, was sich geändert haben könnte. Ich verstand seine Beweggründe nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich aus einem Menschen nicht schlau. Er war für mich plötzlich wie ein Buch mit sieben Siegeln.

„Wieso?“, fragte ich verwundert. Jack öffnete die Augen wieder und grinste mich an.

„Darum!“, antwortete er lakonisch.

„Darum?“

„Ja, es gibt keinen Grund.“, erwiderte er. „OK, ich könnte jetzt sagen, weil sie uns das Leben gerettet haben, weil sie nicht versuchten, Daniels Platz einzunehmen, sich nie wieder an Carter heranmachen werden etc. Aber das sind alles nur lapidare Gründe. Ehrlich gesagt, ist mir grade so. Vielleicht, weil ich nur knapp dem Tod entronnen bin, vielleicht, weil zwischen mit und Sam endlich Klarheit herrscht oder weil wir einfach nur Anubis in den Hintern treten konnten. Wie auch immer, es ist so.“ Das half mir auch nicht wirklich weiter, seine Beweggründe zu verstehen. Ernst fügte er hinzu: „Ach ja, und sollten sie noch einmal nicht auf mich hören, Commander, werde ich sie mit einem Fußtritt zur Erde zurückschicken.“ Ich musste grinsen. Vielleicht war es ja gar nicht immer nötig, zu verstehen, warum die Menschen nun einmal so handelten. Eventuell reichte es, dass sie es taten. Ich würde mich ab heute mit meinen Analysen etwas zurückhalten und versuchen einfach nur damit zu leben, dass ich einige Menschen einfach nie verstehen würde. Ich war schließlich auch nur einer von ihnen.

„Das wird nicht mehr passieren. Ich habe beschlossen, SG-1 zu verlassen.“, gab ich entschlossen zurück. Es war mehr eine spontane Entscheidung, die ich eben gerade gefällt hatte, doch es schien das einzig Richtige zu sein. Zugegeben, ich konnte mich so mehr auf die Antiker konzentrieren, doch da war noch etwas anderes, etwas Privates. Ich gehörte auch nicht in dieses Team, ich war einfach nicht außergewöhnlich genug. Jedenfalls nicht, was den Charakter anging. Was sie brauchten, war jemand, der nicht dachte, wie ein Militär, jemand, der noch immer das Gute in dem Universum erblicken konnte. Ich passte in diese Rolle nicht rein. Sie würden schon ihr Gewissen wieder finden, da war ich sicher. Es würde sich alles regeln, man brauchte nur Geduld. „Wer weiß, vielleicht finde ich die Antiker mit meinen Aufzeichnungen ja. Auf jeden Fall brauche ich mehr Zeit, um Meinesgleichen zu finden. Vielleicht legen Lea und ich uns sogar ein paar Schützlinge, oder so ähnlich, zu.“

„Klingt nicht schlecht.“, stimmte Jack mir zu. Wieder war dies nur eine spontane Idee gewesen, aber He, man konnte nie wissen, was daraus werden würde. Wenn ich wirklich ein Mensch dieses Planeten war, dann musste es doch auch rein theoretisch noch mehr von uns geben. Wir konnten nicht die einzigen sein. Wenn unsere Fähigkeiten ein Teil unserer Evolution war, dann nicht nur hier, sondern überall auf der Welt. Vielleicht würde es mir und auch den anderen da draußen einfach nur helfen - zu wissen, dass sie nicht alleine waren, dass es andere wie sie gab. „He, wenn sie damit Erfolg haben, schicken sie uns ein paar von ihnen, vielleicht hilft uns das im Kampf gegen die Goa’uld weiter. Ein paar Leute, die diesen Schleudertrick beherrschen, wären schon nicht schlecht.“ Dazu sagte ich lieber nichts.



„Ihr schummelt!“, empörte sich Lea und kniff mir spielerisch in die Seite. Drei Wochen waren vergangen, doch noch heute hörte ich ab und zu Rok’tals Stimme in meinem Kopf, wie sie mir Dinge zuflüsterte, mir Bilder präsentierte, die mich zum Aufschreien brachten. Ich hatte mich daran gewöhnt, abends schweißgebadet aufzuwachen, nicht mehr einschlafen zu können und mich zur Ablenkung in meinen Unterlagen zu vergraben. Manchmal half selbst das nichts, doch da musste ich durch. Ich musste einfach lernen, damit zu leben. Lea ging es oft nicht anders. Wir halfen uns dann immer gegenseitig über diese Dämonen in uns hinweg. Ich hatte sie bei mir aufgenommen, was mehr egoistisch als hilfsbereit gewesen war. Ich wollte sie bei mir wissen, immer ein Auge auf sie haben. Das aus unserer Freundschaft schnell mehr wurde, war abzusehen. Wir wollten es beide nicht anders und wir waren glücklich mit dieser Fügung. Vielleicht würde ich sie irgendwann fragen - wer wusste das schon so genau. Im Moment zählte jedoch nur eines, das Leben zu genießen. Das hatte ich aus all dem gelernt, was passiert war. Ich zog Lea an mich und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ihr doch auch!“, erwiderte ich grinsend.

„Eben!“, stimmte Jack mir da zu und überlegte währenddessen, welche Kugel er als Nächstes ins Loch versenken würde. Ich hatte beim letzten Stoß auch wirklich nicht viel mitgeholfen. Wir waren im O’Malleys gelandet, nachdem Colonel O’Neill endlich von Doktor Fraiser aus der Krankenstation entlassen worden war. Seit ich nur noch als Archäologe in der Basis arbeitete, hatte sich unser Verhältnis zueinander erheblich gebessert. Wir waren nicht wirklich Freunde geworden, dazu war zuviel geschehen - wir waren uns auch viel zu ähnlich - aber wir tolerierten einander, um unseren Begleiterinnen eine Freude zu machen. Die beiden verstanden sich sehr gut, Lea mochte Jack und Sam konnte mich gut leiden. Wir hatte also eigentlich gar keine andere Wahl, als uns zu betragen. Er wählte die Zehn, brachte seinen Köth in Position und stieß zu. Diesmal half ich nicht, dennoch ging die Kugel rein. Lea musterte mich einen Augenblick, dann küsste sie mich auf die Wange. Sie war einfach zufrieden zu stellen, jedenfalls momentan.

„Also, ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich brauche jetzt etwas zu trinken.“, meinte ich und war auch schon in Richtung Bar verschwunden. Ich wollte nicht unbedingt auf eine Kellnerin warten müssen. Außerdem konnte ich mir die Antwort auf meine Bemerkung bereits denken. Sie waren auch längst am Verdursten. Ich bestellte gerade einen neuen Krug mit Bier, als sich zwei zierliche Arme von hinten um meine Taille schlangen und sich Lippen auf meinen Rücken drückten. Warmer Atem drang durch den Stoff meines T-Shirts und jagte mir wohlige Schauer über den Rücken. Auch ohne mich umzudrehen, wusste ich, wer diejenige war, die mich in ihren Bann zog. Ich blickte sie an und zog sie in meine Arme. Das Braun ihrer Augen war fast schwarz geworden, ihr dunkles Haar hatte sie hochgesteckt, nur die Strähnen ihres Ponys fielen noch in ihr wundervolles, einzigartig bezauberndes Gesicht. Ihre vollen Lippen glänzten verführerisch im schummrigen Licht der Barbeleuchtung. Ich konnte ihnen nicht widerstehen, versiegelte sie mit den Meinigen und naschte von ihnen, wie von einer verbotenen Süßigkeit. Funkenregen durchzuckte unsere Körper. Es war wie eine kleine Explosion. Ich nahm all ihre Liebe zu mir in mich auf, all das Verlangen, dass in dieser Geste lag. Ich hörte ihr Herz vor Verlangen schneller schlagen. Nie zuvor hatte mich eine Frau so in ihren Bann gezogen. Wie hatte ich nicht erkennen können, wie sie wirklich war, wie sie für mich fühlte? Wieso hatte ich nicht sehen wollen, dass zwischen uns längst mehr geworden war, als Freundschaft? Schon nach Bens Tod hätte es mir auffallen müssen. Doch die Suche nach mir selbst - nach meiner Herkunft - hatte mich blind gemacht. Hatte mich das Offensichtliche nicht sehen lassen: Ich hatte mich hoffnungslos in Lea verliebt. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, ehe wir uns wieder lösten. Meine Lippen brannten, verlangten sofort wieder nach den Ihrigen, kleine Stromstöße durchzuckten meinen Körper, wo sie mich zärtlich mit ihren Händen und ihrem perfekten Körper berührte. Ich war wie elektrisiert. Sie hatte mich vollkommen unter Kontrolle. Ich würde alles für sie tun und das wusste sie genau. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, dass zwar zärtlich, aber auch überlegen war. Sie wollte, dass ich ihr einen Gefallen tat, ich sah es in ihren Augen. Ich konnte mir ebenso denken, worum es ging, dazu musste ich nicht einmal meine Fähigkeiten einsetzen.

„Du weißt, was ich von dir will.“, hauchte Lea mir betörend zu. Sie verstand es, einen Mann in ihrem Bann zu ziehen, das war schon immer so gewesen. Ich grinste sie an, ließ mich von ihr nicht manipulieren, auch wenn es all meine Willenskraft kostete.

„Hältst du das für eine gute Idee?“, wandte ich herausfordernd ein. Ich kannte ihre Antwort bereits. Sie deutete ein Nicken an und flüsterte mir dann etwas ins Ohr. Meine Augen weiteten sich, bei dem, was sie mir anvertraute, mir versprach, wenn ich ihr diesen Wunsch erfüllte. Sie wusste wirklich, wie sie mich zu Dingen brachte, deren Folgen nicht abzusehen waren. Ihr warmer Atem streifte mein Ohr und meinen Nacken, ließ mir einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen, welcher mehr erregend als unangenehm war. Ihre Worte waren wie süßer Honig. Wie sollte ich diesem Angebot nur widerstehen können? Ich musste wählen zwischen dem, was sie von mir verlangte und was für Sam und Jack am Besten sein würde. Ich kam zu dem Schluss, dass beides für sie nur positiv sein könnte. Nachgebend meinte ich: „OK, du hast gewonnen.“ Ich blickte zu den anderen beiden hinüber. „Aber auf deine Verantwortung.“ Dann bewegte ich leicht meine Hand und versetzte Sam einen kleinen Stoß, so dass sie in Jacks Armen landete. Ich hatte meine Fähigkeiten trainiert, nachdem wir zur Erde zurückgekehrt waren. So etwas sollte mir nicht noch mal passieren. Je geübter ich wurde, desto länger wurde es mir möglich, meinen Stoffwechsel zu kontrollieren. Mein Süßigkeitenbedarf hatte sich erheblich eingeschränkt, dennoch ließ ich mich gern mal zu diesen Leckerbissen hinreißen. Mein Blick haftete auf Colonel O’Neill. Er war wohl am Einfachsten zu manipulieren, da auch er irgendwann aufhörte, auf den Soldaten in ihm zu hören. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich, sandte Wellen aus Liebe, Zuneigung und Verlangen aus. Darin war ich noch nicht wirklich geübt, ich hoffte jedoch, er hatte noch einen Funken meines Könnens in sich, um alles in sich aufzunehmen, als wären es seine Gefühle. Ein Restrisiko blieb, dass er es bemerkte, doch da musste ich durch. Leas Angebot war einfach zu verlockend gewesen. Um meine Signale zu verdeutlichen, schickte ich ihm die Empfindungen, die auch durch meinen Körper strömten, als ich erneut meine Lippen auf Leas Mund presste, sie leidenschaftlich zu küssen begann. Ich warf weiterhin ein Auge auf beide und konnte erkennen, wie sich ihre Gesichter näherten und in einem Lippenbekenntnis versanken. Ich löste mich von der Frau, die ich mehr als alles zuvor begehrte, und deute ihr mit einem Nicken an, mal zu unserem Tisch hinüberzuschauen. Ein grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

Anerkennend lobte sie mich: „Wirklich gut gemacht.“

„Es lag an ihnen, dem Verlangen nachzugeben.“, wehrte ich ab, schnappte mir den Krug mit Bier, der mittlerweile neben uns abgestellt worden war und kehrte mit Lea an meiner Seite zu den beiden anderen zurück. Diese lösten sich erst, als ich mich laut räusperte. Keinen Augenblick später hatten sie einen gebührenden Abstand zwischen sich gebracht und die Hände in den Hosentaschen vergraben. Major Carter war sogar leicht rot geworden. Meine Begleitung amüsierte sich köstlich über deren Verhalten, als wäre es etwas Verbotenes, sich zu lieben. OK, die Regel der Airforce verbaten Beziehungen zwischen Teammitgliedern - wen interessierte es. Musste ja schließlich niemand wissen. Jacks Blick traf meinen und im selben Augenblick ahnte ich, dass er es wusste.

„Commander!“, rief er und winkte mich zu sich hinüber. Nur widerwillig verließ ich meinen Sicherheitsabstand und trat auf ihn zu. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, mich dumm zu stellen. Kaum, dass ich in seiner Reichweite war, packte er mich am Kragen und schleifte mich drei Meter weiter, während Sam beschloss, sich mit Lea unterhalten zu müssen. Ich war ihm also hilflos ausgeliefert. Er würde mich schon nicht gleich umbringen, schließlich hatte ich ihm das Leben gerettet. OK, er könnte, ich hatte es ihm schließlich auch beinahe genommen. Mein Schicksal lag in seiner Hand, das gefiel mir ganz und gar nicht.

„Tun sie das noch einmal, erschieße ich sie.“, zischte er mir ernst zu. Obwohl ich wusste, dass er mich nie umbringen würde, konnte ich mir dennoch denken, dass ich nicht ungeschoren davonkommen würde. Was konnte ich denn dafür, wenn Lea mir so ein unwiderstehliches Angebot machte, dass ich einfach nicht ausschlagen konnte. Er hätte an meiner Stelle doch auch nicht anders gehandelt, ich in seinen Schuhen aber auch nicht.

„Wenn sie nicht so ein Idiot wären, müsste ich es gar nicht. Dann wären sie schon längst mit Carter verheiratet.“, wehrte ich ab. He, es war die Wahrheit, das musste er mir zugestehen. Sechs Jahre und er hatte es nicht gebacken bekommen, sie endgültig für sich zu gewinnen. Schwach!

„Ach, das sagt der Richtige. Wer musste denn erst halb draufgehen, um zu kapieren, wie viel ihm Lea wirklich bedeutet?“, erwiderte O’Neill spöttisch. Wo er Recht hatte, hatte er Recht, aber das musste ich ihm ja nicht gleich unter die Nase binden. Wir waren halt beide ziemliche Volltrottel gewesen und hatte jeweils - wenn auch auf andere weise - einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten gebraucht, um zu erkennen, was wir im Leben verpassen würden, wenn wir nicht bald zugriffen.

Lapidar gab ich zurück: „Sie!“ und wandte mich zum gehen um. Im letzten Augenblick, bevor ich aus seiner Reichweite verschwand, packte er mich am Arm und hielt mich somit auf. Ich wandte mich zu ihm um und sah ihn abwartend an. Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht denken, was es jetzt noch so Wichtiges geben sollte, dass es unter vier Augen besprochen werden musste. Jack presste kaum hörbar hervor: „Danke, Jarod.“

„Also, jetzt machen sie mir Angst, Colonel.“, entgegnete ich sarkastisch und grinste ihn an. Wir waren keine besonders guten Freunde, da musste wir ehrlich sein, und wir würden es wahrscheinlich niemals werden, weil wir uns einfach zu ähnlich verhielten, deswegen konnten wir gut und gerne darauf verzichten, so zu tun, als hätten wir eine Menge für den anderen übrig. Es war ganz einfach: Wir liebten unsere Frauen, deswegen tolerierten wir einander. Wir hatten ein gemeinsames Ziel, also brachten wir uns nicht gegenseitig um. Wir taten uns nur etwas weh, wofür unser kleiner Kampf vor der Mission sprach. Ich kehrte zu Lea zurück und sie schloss mich in die Arme. Ein Blick zwischen uns und sie wusste Bescheid.

„Sieh es mal positiv, er hat dir nicht den Kopf abgerissen.“, flüsterte sie mir lächelnd zu, ehe sie mir einen Kuss auf die Wange hauchte, sich von mir löste und sich für ihren nächsten Stoß bereit machte. Wäre ich dieser Frau nicht hoffnungslos verfallen, würde ich jetzt wahrscheinlich sauer auf sie sein. Stattdessen musterte ich sie nur eingehend und freute mich wie ein kleines Kind auf heute Abend, wenn sie ihr Versprechen einlösen würde. Ich konnte es kaum erwarten.


Ende

© 2004 Lenari


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