In den Händen des Feindes by Lorien
Summary: Es war eine Routinemission. Einfach nur rein und wieder raus und am Ende würde ein ZPM auf das Team warten. Das dachten sie zumindest – bis die Wraith auftauchten.
Categories: Stargate Atlantis Characters: Aiden Ford, John Sheppard, Multi-Chara, Rodney McKay, Teyla Emmagan, Wraith
Genre: Action, Friendship, General, Hurt/Comfort
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 2 Completed: Ja Word count: 24686 Read: 7021 Published: 02.04.12 Updated: 02.04.12
Story Notes:
Spoiler: zwischen 1.06 "Childhoods End" und 1.07 "Poisoning the Well"

1. Kapitel 1 by Lorien

2. Kapitel 2 by Lorien

Kapitel 1 by Lorien
In den Händen des Feindes


Teil 1 – Mitten im Nirgendwo


Dunkelheit.

Er trieb in vollkommener Dunkelheit. Ohne Anfang und Ende, einfach nur im Nichts. Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon so trieb. Genauso wenig wie er wusste, wer oder gar was er war. Es kümmerte ihn nicht. Instinktiv wusste er, sich zu erinnern würde nur Unannehmlichkeiten bedeuten. Doch als würde ihn sein eigenes Ich hintergehen, trieb sein Bewusstsein langsam an die Oberfläche.

Es begann damit, dass dem herumwaberndem Etwas, das sein Ich war, Grenzen gesetzt wurden. Gerade eben noch schwerelos dahin treibend, war er nun zurück in dem Gefängnis, das man Körper nannte. Eine Hülle, einzig dazu da ihn an einem bestimmten Ort zu halten.

Ein Zucken machte ihn auf einmal darauf aufmerksam, dass er Finger besaß. Er konzentrierte sich direkt darauf und versuchte seine rechte Hand zu bewegen. Schlechte Idee, denn plötzlich hörte er jemanden stöhnen – sich selbst. Mit der Wiederentdeckung seines Körpers kehrten auch die Schmerzen zurück. Er hatte es geahnt, im Nichts zu treiben, wäre doch die angenehmere Alternative gewesen. Aber gleichzeitig kam ihm von irgendwoher der Gedanke, dass vor etwas davonzulaufen nicht zu ihm passen würde. Innerlich aufseufzend, machte er sich an die mühsame Aufgabe endgültig in die Wirklichkeit zurückzukehren.


Schmerzen.

Sein Körper schien nur noch aus einem einzigen pulsierenden Schmerz zu bestehen. Um nicht wieder davon überwältigt zu werden, versuchte er sich nur auf einzelne Teile zu konzentrieren.

Dass mit seiner rechten Hand etwas nicht stimmte, hatte er ja schon auf die harte Tour mitbekommen. Sie fühlte sich so an, als ob jemand mit dem Vorschlaghammer darauf eingeschlagen hätte. Im Gegensatz dazu schien seine linke Hand in Ordnung zu sein, wie er erkannte, als er sie vorsichtig zur Faust ballte. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee zunächst eine Bestandsaufnahme zu machen, damit er dann entscheiden konnte, ob sich zu bewegen wirklich klug wäre.

Als er mit seinen Beinen begann, stellte er zunächst fest, dass er nicht wie angenommen irgendwo lag, sondern mehr oder weniger aufrecht stand. Doch irgendwie fühlten sich die Schmerzen in seinem rechten Fußgelenk anders an. Gebrochen? Nein, so schlimm schien es nicht zu sein. Verstaucht?


Er rannte durch einen Wald. Vor sich konnte er zwischen den Bäumen bereits die Lichtung erkennen, auf der das Stargate stand. Seine Begleiter liefen alle vor ihm und der Erste hatte fast das DHD erreicht. Hinter sich hörte er dagegen, wie sich ihre Verfolger rücksichtslos einen Weg durch das Unterholz bahnten und Stück für Stück aufholten. Aus diesem Grund drehte er sich im Weiterlaufen kurz um und gab ein paar schnelle, ungezielte Feuerstöße aus seiner P90 ab, in der Hoffnung sich und den Anderen wenigstens ein paar zusätzliche Sekunden Zeit zu verschaffen.

Als er wieder vorwärts lief, stand unvermittelt ein Strauch in seinem Weg. Indem er sich unter einem tief hängenden Ast hinwegduckte, wollte er diesen umrunden, als sein rechter Fuß ohne Vorwarnung im Erdboden einbrach. Nachdem er sich überschlagend zu Boden gegangen war, versuchte er so schnell wie möglich wieder aufzuspringen – nur um dank des stechenden Schmerzes in seinem Fußgelenk gleich noch einmal zu Boden zu gehen. Doch es blieb keine Zeit Kräfte zu sammeln. Er spürte wie die Verfolger mit jedem Moment den er zögerte näher kamen und versuchte ein zweites Mal aufzustehen. Diesmal hielt sein Knöchel und während er die Schmerzen ignorierte, humpelte er weiter. Dabei fluchte er heftig über lästige Kaninchen oder was auch immer das entsprechende Äquivalent auf diesem Planeten war.



Er schob die plötzlich auftauchende Erinnerung beiseite und versuchte sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Vielleicht doch keine so gute Idee, da ihm auf einmal bewusst wurde, wie anstrengend Luft holen war. Jeder Atemzug sandte Schmerzwellen durch seinen Brustkorb. Seine Rippen… So wie sich das anfühlte, war bestimmt die ein oder andere gebrochene dabei. ‚Wie war das schon wieder passiert?’ Ihn beschlich das Gefühl, dass er im Laufe seines Lebens schon einige Erfahrung mit dieser Art von Verletzung sammeln konnte. Nur was war das für ein Leben? Irgendwie bezweifelte er, dass er ein einfacher Farmer und Familienvater war. Familie… ohne es erklären zu können, verspürte er bei diesem Wort einen Stich in seinem Herzen, was ihn sich fragen ließ, ob es da draußen überhaupt jemanden gab, dem er wichtig war, der ihn vermissen würde.

Genug! Er sollte sich lieber um dringendere Dinge kümmern. Zum Beispiel seine Augen. Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt sie endlich zu öffnen. Allerdings fühlte sich sein Gesicht auch nicht so an, als ob es zu ihm gehören würde, alles schien wund und geschwollen. ‚Hatte jemand seinen Kopf mit einem Punchingball verwechselt?’ Keine Chance das linke Auge zu öffnen, also konzentrierte er sich auf das Rechte. Das Lid schien durch eine getrocknete Flüssigkeit verklebt zu sein, ließ sich letztendlich aber öffnen, auch wenn er zunächst nur hellere und dunklere Schatten um sich herum erkennen konnte. Er blinzelte und versuchte Einzelheiten auszumachen, als ihn an den Schatten etwas vertraut vorkam. ‚Verdammt!’ Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wo er sich befand.


In dem Moment als er den Waldrand erreichte, sah er, wie sich das Wurmloch etablierte. „Lauft!“ schrie er seinen Begleitern zu, während er versuchte schneller zu humpeln. ‚Nur noch 50 Meter’, sagte er sich. ‚50 Meter! Die wirst du auch noch schaffen!’ Das Stargate fixierend, als ob er es durch bloßes Wunschdenken näher heranbringen könnte, bemerkte er mit grimmiger Zufriedenheit, wie die Athosianerin ihren älteren Teamkollegen kurzerhand in den Ereignishorizont schob. Doch anstatt diesem zu folgen, drehte sie sich um und zielte auf den Waldrand hinter ihm. Auch der junge Marine, der gerade das Stargate erreichte, ging nicht hindurch, sondern drehte sich um und zielte mit seiner P90 auf ihre Verfolger. Am liebsten hätte er ihnen erneut „Lauft!“ zugerufen, unterdrückte den Impuls jedoch. So sehr er sich auch wünschte, seine Teammitglieder in Sicherheit zu wissen, wusste er, dass er ohne ihre Unterstützung kaum Chancen hatte selbst zu entkommen.

Mittlerweile bis auf 25 Meter an das Stargate herangekommen, wagte er einen Blick über die Schulter zurück - gerade als die ersten Gestalten zwischen den Bäumen auftauchten. Sofort eröffneten seine Begleiter das Feuer, um ihm die Zeit zur Flucht zu verschaffen. Doch da fiel ihm ein neues Geräusch auf: ein hohes, ziemlich unangenehmes Summen - fast schon ein Kreischen - welches sich schnell näherte. Unwillkürlich sah er im Laufen nach oben und suchte den Himmel mit seinen Augen nach Anzeichen für die zusätzliche Bedrohung ab. Ein Schatten raste über die Lichtung hinweg, nur um in einiger Entfernung zu wenden und gleich darauf direkt auf ihn zu zuhalten.

Er versuchte nochmals das Tempo anzuziehen und schneller zu humpeln. Dabei übersah er jedoch, nur noch zehn Meter vom rettenden Stargate entfernt, einen halb im Erdreich vergrabenen Stein. Zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit landete er mit einem harten Aufprall, der ihm die Luft aus den Lungen trieb, auf dem Boden. Gerade als er sich wieder aufgerafft hatte, sah er, wie sich die Augen seiner Begleiter entsetzt weiteten und sie ihre Waffen auf etwas über ihm richteten. Ein verzweifeltes „Neeeeiiiiin!“ in den Ohren löste sich die Welt um ihn herum plötzlich auf.



Wraith.

Es waren die Wraith, die ihn gefangen genommen hatten, was ihm der erneute Erinnerungsfetzen endgültig klarmachte. Mit großer Wahrscheinlichkeit befand er sich in einem ihrer Basisschiffe. Und mit dieser Erkenntnis kamen auch alle anderen Erinnerungen zurück. Wie eine alles überwältigende Flut stürzten die Bilder auf ihn ein und ließen ihn für einen Moment hilflos zittern. Doch danach wusste er endlich wieder, wer er war und wohin er gehörte. Nach Atlantis, seinem neuen Zuhause.

Den kleinen Raum um sich herum betrachtend, wurde ihm bewusst, dass er sich in einer dieser Kammern befand, die die Wraith benutzten, um ihre menschlichen Vorräte bei Kräften und frisch zu halten. Von dieser aus konnte er nur einen kleinen Teil des Ganges überblicken, als er plötzlich Schritte hörte, die sich seiner Kammer näherten. Drei Gestalten kamen in sein Blickfeld und hielten direkt vor ihm an. Es waren Wraith. Okay, eigentlich nicht wirklich überraschend, aber man darf doch noch hoffen, versuchte er sich selbst aufzuheitern.

Mit nur einem Auge studierte er die drei und erkannte, dass er es mit zwei dieser gesichtslosen Drohnen und einem der höher entwickelten Wraith zu tun hatte. Dieser beugte sich mit einem bösartigen Grinsen zu ihm hin und zischte mit offenkundiger Vorfreude: „John Sheppard. Heute wirst du uns endlich verraten, wie wir zur Erde kommen.“





Teil 2 – Ein Frühstück mit Folgen


Einige Tage zuvor:

Major John Sheppard plante gerade seinen Tag, als er sich auf dem Weg zur Kantine befand, wo er hoffte, ein entspanntes Frühstück genießen zu können. Nicht, das es da so viel zu planen gab: ihn erwartete ein weiterer ereignisloser Tag, an dem er begeisterte Wissenschaftler dabei beaufsichtigen musste, wie sie neu entdeckte Geräte ausprobierten und dabei sicherzustellen, dass niemand in seinem Enthusiasmus aus Versehen die Stadt in die Luft jagte.

Das ging jetzt schon eine Woche so und obwohl er es liebte, Atlantis zu erkunden, zu sehen, wie die Stadt nach und nach zum Leben erwachte, hatte er die Nase voll, weiterhin den Babysitter zu spielen. Und schuld daran war nur McKay, der es einfach nicht lassen konnte, an fremder Technologie herumzuspielen! Okay, genau genommen war das ja eigentlich auch seine Aufgabe, aber nach der Beinahekatastrophe mit dem ZPM auf dem Planeten mit den Kindern vor einer Woche, hatte Weir entschieden, das der gute Doktor mal über seine Handlungen nachdenken sollte.

Das Ergebnis war, dass das gesamte Team auf Atlantis festsaß, da McKay so etwas wie „Hausarrest“ bekommen hatte. Nur brachte diese Aktion rein gar nichts, wie John frustriert hatte feststellen müssen und auch versucht hatte Elizabeth klarzumachen. McKay verschwand einfach in dem Raum, den er sich als Labor ausgesucht hatte und murmelte dabei etwas von „jetzt hab ich endlich mal Zeit für…“. Und dort steckte er jetzt schon seit einer Woche!

Während er den Transporter betrat, überlegte John, wie er Weir am besten davon überzeugen konnte, sein Team wieder auf Missionen zu schicken. Abwesend berührte er mit einem Finger die Stelle auf der Anzeige des Transporters, die in unmittelbarer Nähe zur Kantine lag. Noch immer in Gedanken bekam er gar nicht das leichte Ziehen mit, welches den Vorgang begleitete. Als sich die Türen öffneten, ging er einfach los und stieß dabei mit einer unmittelbar vor dem Transporter stehenden Person zusammen. Es kümmerte ihn nicht, wen er da eigentlich über den Haufen gerannt hatte, also murmelte er nur kurz eine Entschuldigung und ging weiter in Richtung Kantine.

Teyla, die sich gerade bei ihrem Volk befand und beim Aufbau eines neuen Zuhauses half, würde heute Abend zurückkommen. Vielleicht würde sie ihm helfen Dr. Weir zu überzeugen. Sicher war er sich auf jeden Fall der Unterstützung von Lieutenant Ford. Der junge Marine hatte ihn die letzten Tage begleitet und war ebenso begierig darauf den Wissenschaftlern zu entkommen wie er selbst.

Wir könnten doch anstelle von McKay diesen tschechischen Wissenschaftler mitnehmen, kam John auf einmal in den Sinn. Der könnte einerseits ein wenig Erfahrung mit Außeneinsätzen gebrauchen und war andererseits um einiges pflegeleichter. Genau genommen war Zelenka sogar richtig nett und in der Regel immer höflich. Außerdem könnte er dann endlich einige der tschechischen Flüche lernen, die der Doktor so gern von sich gab. John hatte bereits ein paar coole Sprüche der russischen Wissenschaftler aufgeschnappt und auch ein paar interessante spanische Wendungen. Wenn er so weitermachte, hatte er in einigen Monaten alle Sprachen der internationalen Expedition durch. Wenn mich jemand fragt, was ich in einer anderen Galaxie so alles gelernt habe, dachte er belustigt, kann ich voller Stolz erzählen, in über 20 Sprachen fluchen zu können.

Es gab nur einen Haken an diesem Plan: Zelenka war zu nett. Da machte es absolut keinen Spaß ihn aufzuziehen. Mit McKay war das etwas anderes. Der hatte so viele Allergien, ständig irgendwelche Wehwehchen und ging immer so schnell an die Decke, dass es eine Freude war, ihn zu ärgern. John kam ein erschreckender Gedanke: Er vermisste den eigensinnigen Wissenschaftler doch nicht etwa?! Der Kerl war arrogant, selbstgerecht und verdammt nervig! Und trotzdem, wenn er mit ihm zusammen war, wurde es nie langweilig.

Während er lautlos aufseufzte, betrat er endlich die Kantine und wurde vom Duft von frisch gebrühtem Kaffee begrüßt, von dem er sich gleich einmal eine Tasse besorgte. Er hatte sich gerade ein Tablett mit seinem Frühstück beladen, als ihn jemand rief.

„Major Sheppard!“, schallte es durch den Raum. „Major Sheppard!“

Wenn man vom Teufel sprach, oder in seinem Fall: dachte. Sich in Gedanken von einem ruhigen und entspannten Frühstück verabschiedend, wandte er sich dem Rufer zu. Dr. Rodney McKay saß im hinteren Teil der Kantine allein an einem Tisch und winkte John enthusiastisch zu sich her. Dabei hätte er beinahe die Thermoskanne vom Tisch gewedelt, die vor ihm direkt neben einem reichlich beladenem Tablett stand.

Er fügte sich in das Unvermeidliche, ging auf den Wissenschaftler zu und setzte sich ihm gegenüber hin. Mit hochgezogener Augenbraue und einem schiefen Blick auf die Thermoskanne fragte er: „Angst, nicht genug Kaffee abzubekommen?“

„Ich sag Ihnen was, Major. Es ist echt ungeheuerlich, wie viel Kaffee die anderen Wissenschaftler so in sich hineinschütten!“

Und dies von dem Mann, der mehr als zehn Tassen pro Tag von diesem Gebräu trank. Johns Augenbraue machte sich schon wieder auf den Weg nach oben, auch wenn er auf einen Kommentar verzichtete. McKay schien jedoch nichts von der Ironie in seiner eigenen Aussage zu bemerken.

„Außerdem muss ich dann nicht so oft aufstehen, um mir Nachschub zu besorgen“, fügte dieser hinzu und leerte die halbvolle Tasse in seiner Hand in einem Zug. Gleich darauf füllte er sie wieder mit frischem Kaffee aus der Thermoskanne.

Sheppard konzentrierte sich auf sein eigenes Tablett und begann endlich mit seinem Frühstück. Als es nach fünf Minuten jedoch immer noch verdächtig ruhig war, stutzte er. Moment mal, dachte er beunruhigt, irgendetwas stimmt hier nicht. Seit wann ist McKay fünf Minuten lang ruhig? Vorsichtig schielte er hinüber und sah, wie ihn der Kanadier nachdenklich anschaute.

„Was?“

„Wie?“ McKay zuckte leicht zusammen.

„Was ist los?“

„Äh… nichts… Ich habe nur nachgedacht.“

Noch nicht wirklich überzeugt, trank John einen Schluck aus seiner Tasse und sah den Wissenschaftler herausfordernd an, welcher sein eigenes Frühstück auf einmal viel interessanter zu finden schien.

„Kommen Sie schon, Rodney! Sie wollen doch etwas von mir“, bohrte er nach.

Auf einmal schaute McKay aus wie ein Kind, dass mit der Hand in der Keksdose ertappt wurde. Doch dann schien er sich zu etwas durchzuringen. „Haben Sie heute schon was Wichtiges vor, Major?“

„Sie meinen etwas Wichtigeres als Dr. Weir davon zu überzeugen, uns endlich wieder auf Außenmissionen zu lassen?“, kam die Antwort doch etwas eisiger als beabsichtigt. Wenigstens hatte Rodney den Anstand schuldbewusst zusammenzuzucken und noch etwas geknickter drein zuschauen.

„Hätten Sie vielleicht Lust einen Ausflug zu machen? Ich habe den Jumper repariert, mit dem wir letzte Woche bei den Kindern die Bruchlandung gemacht haben. Jetzt wären ein paar Tests nötig, um sicherzustellen, dass alles wieder funktioniert.“

„Und was kriege ich dafür?“ John war nicht bereit, es seinem Gegenüber allzu einfach zu machen.

Doch der Kanadier hatte sich bereits erholt und schien sich wieder an sein normales Selbst zu erinnern. Er grinste siegesbewusst, bevor er sagte: „Na wenn Sie weiterhin Wissenschaftler beaufsichtigen wollen, kann ich auch gern Markham um Hilfe bitten.“

„Schon gut. Ich mach es ja“, kam schnell die einlenkende Antwort.

„Schön, dann sehen wir uns in einer halben Stunde im Hangar.“ McKay wirkte mit sich selbst zufrieden, schnappte sich sein Tablett und die Thermoskanne und verließ den Tisch.

Mit einem Stirnrunzeln sah ihm John hinterher und fragte sich unwillkürlich, ob es eine so gute Idee gewesen war, diesem Ausflug zugestimmt zu haben. Schließlich war er dann für einige Stunden mit dem Wissenschaftler ganz allein in einem Jumper eingesperrt. Man sollte wirklich vorsichtig sein, mit dem was man will. Vielleicht würde er sich noch wünschen, einen weiteren Tag Babysitter gespielt zu haben.

~~~~~

Dr. Rodney McKay begab sich auf direktem Weg zum Jumperhangar, sein restliches Frühstück und die Thermoskanne mit dem für das Überleben so notwendigen Kaffee hatte er einfach mitgenommen. Ihm war siedendheiß eingefallen, dass er vor dem Start unbedingt noch ein paar kurze Tests und ein paar Feineinstellungen machen musste.

Denn eigentlich hatte er gar nicht vorgehabt den Major zu einem Testflug zu überreden, sondern nur versucht ein Gespräch anzufangen, in dessen Verlauf er dann irgendwann sein eigentliches Anliegen erwähnen konnte. Aber er hätte es besser wissen müssen als ihm den Trip mit dem Jumper vorzuschlagen, denn schließlich kannte er Sheppard mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass der einfach jede Gelegenheit zum Fliegen nutzen würde.

Da war er wohl selbst schuld, wie er sich mit einem Seufzen eingestand. Er hätte ja auch gleich zum Punkt kommen können, nur hätte das die Worte ‚ZPM’, ‚anderer Planet’ und ‚vermutlich verlassene Ruinen’ in einem Satz bedeutet. Wer wusste schon, wie der Major nach der Sache mit den Kids darauf reagiert hätte, vor allem wenn man dessen Reaktion auf seine harmlose Frage vorhin beim Frühstück bedachte. Allerdings hatte er jetzt ein paar Stunden Zeit, Sheppard von seinem Plan zu überzeugen.

Als Rodney den Hangar erreicht hatte, machte er sich mit neu erwachtem Enthusiasmus an die Arbeit und ließ die letzten Diagnoseprogramme durchlaufen. Auch wenn er es sich nie eingestehen würde, gab es noch immer viel zu viel an der Technologie der Antiker, dass er gar nicht oder nur zum Teil verstand. Deswegen machte er die Tests bereits zum dritten Mal. Nur zur Sicherheit und eigentlich gar nicht nötig!, wie er in Gedanken bestimmt hinzufügte.

Pünktlich mit dem Eintreffen des Majors war der letzte Test abgeschlossen. Alle Werte lagen im grünen Bereich, weshalb er schnell zusammenpackte und nur einen Computer für die Tests unterwegs draußen ließ. Auf einen fragenden Blick Sheppards hin antwortete er mit „Es kann losgehen!“





Teil 3 – Testflug



Sich richtig auf den Ausflug freuend, ging John Sheppard zur verabredeten Zeit zum Jumperhangar. Auch wenn er das Rodney gegenüber niemals offen zugeben würde, war er erleichtert, nicht mehr den Babysitter spielen zu müssen. Und eine Gelegenheit zu fliegen, würde er niemals ausschlagen. John fühlte sich jedes Mal erst wirklich gut, wenn er fliegen durfte, wenn er sich in der Luft befand und auf die Landschaft unter sich immer neue Blickwinkel erhaschte. Für ihn war es ein besonderes Gefühl der Freiheit, sich losgelöst von der Erde zu bewegen. Und dann war er hierher in die Pegasus-Galaxie gekommen und hatte zum ersten Mal in einem Jumper gesessen. Er liebte die kleinen Maschinen. Auch wenn sie vielleicht nicht sonderlich elegant aussahen, war es ein überwältigendes Gefühl sie zu fliegen. Der Jumper reagierte auf jeden seiner Gedanken schneller, als er mit seinen Händen jemals die Kontrollen erreichen würde.

Als er den Hangar betrat, bemerkte John wie McKay im hinteren Teil des Jumpers stand, auf seinem Computer herumtippte und zufrieden etwas Unverständliches vor sich hinmurmelte. Während er sich der offenen Rampe näherte, begann der Kanadier zusammenzupacken. Auf einen fragenden Blick hin, bekam John ein „Es kann losgehen!“ zu hören.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrat er den Jumper und ging zum Pilotensitz, wo er zufrieden Platz nahm, während es sich McKay auf dem Copilotensitz gemütlich machte.

„Ich wusste doch, dass Sie nur nach einer Entschuldigung gesucht haben, um diese Dinger fliegen zu können!“, äußerte dieser in einem selbstzufriedenen Tonfall.

Unauffällig verdrehte John die Augen. Manchmal war der Wissenschaftler echt nervig! Dinge, die ihn unmittelbar betrafen und direkt vor seiner Nase geschahen, bekam er nicht mit, aber Dinge, die ihn nichts angingen, fielen ihm mit frustrierender Regelmäßigkeit auf.

Doch er hatte nicht vor, sich davon das kommende Vergnügen zu vermiesen und entschied sich lieber dafür McKay zu ignorieren. Stattdessen konzentrierte er sich auf den Jumper, der ohne zu zögern auf seine gedachten Befehle reagierte und die hintere Ausstiegsluke schloss, während er gleichzeitig sacht vom Boden abhob. Dann steuerte er das kleine Gefährt durch das geöffnete Hangardach und ließ Atlantis innerhalb von nur ein paar Minuten weit hinter sich.

Als sie die Atmosphäre des Planten verlassen hatten, wandte sich John an McKay. „Und, irgendwelche besonderen Wünsche womit ich beginnen soll?“

„Nein, nein… toben Sie sich ruhig ein wenig aus und fliegen Sie einfach nur ein paar verschiedene Manöver.“

~~~~~

Etwa zwei Stunden später blickte McKay zufrieden von seinem Computer auf. „Ich denke, das reicht, Major. Alle Werte sind im grünen Bereich, lassen Sie uns nach Atlantis zurückkehren.“

„Ach Schade… es fing gerade an Spaß zu machen!“

Rodney schaute zweifelnd zu John. „Aber wir sind doch nur Kreise geflogen, haben ein paar Schlangenlinien gemacht und getestet, ob sich der Tarnmodus und die Waffensysteme aktivieren lassen.

„Genau was ich meinte! Viel Spaß!“

Der Kanadier glaubte sich verhört zu haben, als ihm Sheppards verschmitztes Grinsen auffiel. War ja mal wieder typisch! Der Kerl wollte ihn nur aufziehen. Diesmal falle ich nicht drauf rein, sagte er sich. Laut sagte er: „Wenn es so toll ist, könnten Sie mich doch auch mal ans Steuer lassen.“

„Kommt gar nicht in Frage! Sie würden noch was kaputt machen.“

„Aber ich war doch derjenige, der ihn gerade repariert hat“, schnappte Rodney gereizt. „Sie dagegen waren derjenige, der den Jumper beim letzten Mal zu hart gelandet hat.“

„Ja, aber es war Ihre Idee gewesen, so nah an dieses Energiefeld heran zufliegen.“ Auch John war nicht bereit so schnell aufzugeben.

„Wieso haben Sie sich so? Das hier ist schließlich nicht Ihr persönliches Spielzeug.“

„Sie sehen doch auch jedes neue Gerät, welches wir in Atlantis finden, als Ihr Eigentum an. Sie gehen sogar so weit, dass Sie Leute anschreien, nur weil sie Dingen zu nahe kommen, die Sie noch nicht begutachtet haben.“

„Aber ich bin nun mal die Person, die am besten dafür qualifiziert ist“, versuchte sich der Wissenschaftler zu rechtfertigen. „Es wäre äußerst dumm, wenn die Geräte kaputt gehen würden, bevor wir überhaupt herausgefunden haben, wofür sie da sind.“

McKay bemerkte zu spät, dass er soeben genau das gleiche Argument angebracht hatte, wie Sheppard kurze Zeit zuvor. Dieser schaute ihn nur mit seiner unnachahmlich hochgezogenen Augenbraue an. Also versuchte Rodney seine Taktik zu ändern.

„Es wäre doch von großem Vorteil für unsere Missionen, wenn ich den Jumper auch fliegen könnte. Gesetzt den Fall Sie werden verletzt und sind deshalb nicht in der Lage selbst zu steuern, dann muss Sie doch jemand retten können.“

„Ach, und das wären dann Sie?“ Der Major schien belustigt. „Seit wann halten Sie sich denn für einen Helden, Rodney?“

„Und Sie wollen nur den Ruhm nicht teilen“, antwortete McKay beleidigt, gerade als sie wieder in die Atmosphäre des Planeten eintauchten. Er konnte es sich nicht verkneifen, noch ein geflüstertes „Kirk“ anzufügen.



John stimmte Rodney eigentlich zu, dass es durchaus nützlich war, wenn sie einen zweiten Piloten im Team hätten. Nur genoss er dieses kleine Streitgespräch viel zu sehr, um einfach nachzugeben. Gerade als er zu einer Antwort ansetzen wollte, gab es einen dumpfen Knall und der Jumper schüttelte sich.

„Was war das?“, fragten beide gleichzeitig.

Als Antwort darauf begann sowohl McKays Computer wie auch die Anzeige auf dem Cockpitfenster vor Sheppard rot zu blinken.

„Nicht gut.“

„Gar nicht gut.“

Rodney blickte auf und sagte mit entsetztem Gesichtsausdruck: „Der rechte Antrieb ist ausgefallen.“

Wie um seine Worte noch zu unterstreichen, fing der Jumper immer stärker an zu vibrieren.

„Das habe ich auch schon gemerkt.“ Verbissen umklammerte John die Steuergriffe. „Ich dachte, Sie hätten alles repariert.

Mittlerweile reagierte das kleine Gefährt kaum noch auf seine Befehle. Es versuchte immer wieder in eine Richtung auszubrechen, so dass es all seiner Konzentration bedurfte, um einen halbwegs geraden Kurs beizubehalten. Allerdings verloren sie jetzt auch noch viel zu schnell an Höhe. Ein kurzer Blick zu Rodney zeigte John, dass der Kanadier sich an seinem Sitz festklammerte und entsetzt nach draußen starrte.

„Ich glaube nicht, dass wir es bis nach Atlantis schaffen werden.“ Das brachte McKay dazu, seine Augen noch weiter aufzureißen und wenn möglich noch entsetzter auszuschauen, während er jetzt den Piloten anstarrte.

„Das Festland liegt um einiges näher. Ich werde versuchen, da zu landen.“ Oder zumindest irgendwie in einem Stück herunterzukommen, fügte er in Gedanken hinzu.

„Wir werden das schon überleben.“ Allerdings schien Rodney seine Zuversicht nicht zu teilen, sondern starrte ihn weiterhin an. „Sie sollten versuchen Atlantis zu erreichen und Weir von unserem kleinen Problem berichten, damit jemand kommt um uns abzuholen.“

John hatte keine Gelegenheit mehr darauf zu achten, ob McKay auf seine Worte reagierte, da die Steuerung seine gesamte Konzentration erforderte. Durch die doppelte Belastung heulte das linke Triebwerk immer öfters auf. Dann setzte es auf einmal ganz aus…

Nein! Nicht! Geh wieder an du dummes Ding!
Mit seinen Gedanken versuchte er das Triebwerk dazu zu überreden sich wieder einzuschalten. Komm schon! Als ob der Jumper die Dringlichkeit spüren würde, ging das Triebwerk mühsam wieder an. Und obwohl es alles andere als rund lief, verspürte John ein wenig Erleichterung. Allerdings nur bis er entsetzt feststellte, dass sie jetzt wie ein Stein vom Himmel fielen.

Auch wenn sie sich mittlerweile über dem Festland befanden, würde ein Aufprall auf dem Erdboden – mit dieser Geschwindigkeit und in diesem Winkel – nur ihren Tod bedeuten. Er spürte, wie Schweiß seine Handflächen glitschig machte und verstärkte den Griff um die Kontrollhebel. Gleichzeitig versuchte er vorsichtig das verbliebene Triebwerk dazu zu überreden, ihnen ein wenig Vorwärtsschub zu geben.

Unter sich konnte John bereits sich abwechselnde Wald- und Wiesenflächen unterscheiden, als er spürte, wie der Jumper quälend langsam auf seine Befehle gehorchte und ihr gerader Fall in eine Kurve überging. Jetzt mussten sie nur noch langsamer werden. Vor Anspannung vergaß er fast das Atmen, meinte jeden Aussetzer des Triebwerks körperlich zu spüren. Doch endlich zeigten seine Bemühungen Erfolg und er bemerkte, wie sie an Geschwindigkeit verloren. Nur waren sie jetzt schon so tief, dass er unter sich einzelne Bäume ausmachen konnte.

Der Jumper war zwar langsamer geworden, würde mit dieser Geschwindigkeit aber immer noch zwischen den Bäumen zerschellen, weshalb er sich anstrengte, den Sinkflug noch mehr abzuflachen und gleichzeitig hoffte, dass der Wald endete. Gerade als sie die ersten Baumspitzen streiften, öffnete sich vor ihnen eine größere Lichtung.

Jetzt oder nie, dachte John, als er die Nase des Jumpers etwas herunterdrückte, nur um ihn kurz vor dem Aufprall abzufangen und möglichst flach knapp über dem Erdboden dahinzurasen. Bei dem gewagten Manöver stöhnte Rodney neben ihm erschrocken auf. Diese letzte Anstrengung war zuviel für das ohnehin stark geschwächte Triebwerk, das nach einem letzten Aufheulen endgültig versagte.

Dann berührten sie den Erdboden und prallten gleich darauf wieder ab. Wie ein flacher Stein auf der Wasseroberfläche hüpfte der Jumper über die Lichtung, die auf einmal viel zu klein schien. Nun endgültig auf dem Boden und immer noch viel zu schnell dahinrutschend, versuchte John verzweifelt das Triebwerk zu einem kleinen Gegenschub zu überreden. Mehr als ein kurzes Stottern konnte er jedoch nicht erreichen. Nur allmählich verloren sie an Geschwindigkeit und der Waldrand kam immer näher.

„Halten Sie sich gut fest, Rodney! Das wird ziemlich heftig werden.“

John selbst umklammerte noch immer die Steuerkontrollen, nicht bereit auch nur eine Sekunde in seinen Bemühungen nachzulassen, den Jumper doch noch abzubremsen.

Dann hatten sie den gegenüberliegenden Waldrand erreicht. Die ersten Bäume gingen noch links oder rechts an ihrem Gefährt vorbei. Doch das Glück hielt nicht lange an und auf einmal stand ein Baum mitten in ihrem Weg. Durch den Aufprall wurde er mit dem Kopf voran gegen die Konsole vor sich geschleudert. Er verspürte einen stechenden Schmerz, dann wurde die Welt um ihn herum schwarz. Aber kurz bevor er endgültig in der Bewusstlosigkeit versank, sah er noch wie der Baum, der sie gestoppt hatte, langsam auf den Jumper niederstürzte.

~~~~~

Im Kontrollraum von Atlantis gingen alle ruhig ihrer Arbeit nach, als auf einmal das Funkgerät knisternd zum Leben erwachte. Der Dienst habende Techniker konzentrierte sich darauf und versuchte zu verstehen, wer sich da meldete, aber alles was er ausmachen konnte, waren statische Störungen. Dann brach die Verbindung genauso plötzlich wieder ab, wie sie zustande gekommen war.

Irritiert wollte der Techniker schon fast die Sache auf sich beruhen lassen, aber er wurde einfach das Gefühl nicht los, etwas überhört zu haben. Deshalb rief er die bei jedem Funkspruch automatisch angelegte Aufzeichnung auf und hörte sie sich wieder und wieder an. Und tatsächlich konnte er sie mit Hilfe einiger Filter verbessern und so etwas wie eine Nachricht erkennen.

Mit den Ergebnissen seiner Arbeit ging er zu Dr. Weir und spielte ihr die Aufnahme vor. „Atlantis hi… Jum… … Wir haben … Pro… … …tzen ab… …tis, bitte mel…“ Auch wenn man nicht jedes Wort verstehen konnte und alles von Rauschen überlagert war, konnten sie deutlich heraushören, dass die Stimme panisch klang.

„Das klingt gar nicht gut“, meinte Elizabeth, die mit wachsender Besorgnis zugehört hatte. „Wann kam das herein? Und warum bin ich nicht sofort informiert worden?“

„Vor zehn Minuten, aber ich musste die Aufnahme erst bearbeiten, damit man überhaupt etwas verstehen kann“, rechtfertigte sich der Techniker.

„Ich verstehe“, lenkte sie ein. „Wissen wir schon, von wem das kam?“

„Nein, aber es hört sich so an, als ob das eine Wort Jumper bedeuten könnte und…“

„…und im Moment sind nur Major Sheppard und Dr. McKay mit einem Jumper unterwegs.“ Weir konnte einen besorgten Tonfall nicht unterdrücken. Die beiden zogen Probleme aber auch jedes Mal geradezu magisch an. „Haben sie…“

Doch auch Elizabeth wurde unterbrochen, als man sie plötzlich in den Kontrollraum rief.





Teil 4 – Vermisst


Teyla Emmagan hatte einen anstrengenden Vormittag hinter sich, den sie mit endlosen Gesprächen mit Mitgliedern ihres Volkes verbracht hatte. Sie hatte versucht, sich alle Probleme und Beschwerden vorurteilslos anzuhören und für jeden Einzelnen eine angemessene Lösung zu finden. Zum Glück waren die meisten vernünftig geblieben und hatten in Ruhe mit ihr diskutiert. Das Ergebnis war eine lange Liste mit Dingen, nach denen sie entweder Dr. Weir fragen musste oder die sie auf einer der nächsten Handelsmissionen eintauschen wollte. Nur hatten die Athosianer im Moment leider nicht allzu viel übrig, was sie entbehren konnten, um es im Austausch dafür anzubieten.

Nachdem die dringendsten Fragen geklärt waren, entschied Teyla, dass es Zeit für eine Pause war, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Während sie sich streckte, damit sich ihre vom vielen Sitzen verspannten Muskeln wieder lockerten, verließ sie das Zelt, in dem sie die letzten Stunden verbracht hatte. Kaum war sie jedoch ins Freie getreten, als sie schon von einer Horde lärmender Kinder umringt war, die sie anflehten, mit ihnen zu spielen. Nach kurzem, eher vorgetäuschtem Zögern stimmte sie zu und ließ sich widerstandslos fortziehen.

Es tat gut mit den Kindern unbeschwert zu lachen und wenigstens für eine kurze Zeit alle Sorgen zu vergessen. Sie war gerade mit Fangen dran und rannte nun den davonlaufenden Kindern hinterher. Doch selbst wenn sie mal in die Nähe eines von ihnen kam, ließ sie es unauffällig jedes Mal knapp entkommen. Genauso wie das kleine Mädchen, dem sie folgte, ihr gerade noch so entwich und vergnügt quietschend davon rannte.

Teyla wandte sich gerade einem neuen Opfer zu, als sie feststellte, dass die Kinder plötzlich abgelenkt waren. Einige zeigten aufgeregt auf etwas, was sie am Himmel entdeckt hatten. Als sie den ausgestreckten Armen mit ihrem Blick folgte, sah auch sie es: ein Jumper, der eine Rauchfahne hinter sich herziehend vom Himmel fiel.

Vor Entsetzen erstarrt verfolgte sie, wie das kleine Gefährt, noch immer viel zu schnell an Höhe verlierend, langsam eine Vorwärtsbewegung aufnahm und der senkrechte Fall in eine Kurve überging. Während sie alle Geister um Beistand anflehte, sah sie dem Jumper nach, bis er nur wenige Kilometer vom Camp entfernt im Wald verschwand. Mit angehaltenem Atem wartete sie auf eine Explosion. Als stattdessen nur eine Staubwolke über den Bäumen aufstieg, holte sie erleichtert wieder Luft.

Jetzt konnte sich Teyla endlich aus ihrer Erstarrung lösen und übergab kurzerhand dem ältesten Jungen die Aufsicht über die Kinder. Dann beauftragte sie einige ihrer Leute damit, schnellstmöglich Verbandsmaterial, Werkzeuge und für den Notfall auch Wasser und Nahrung zusammenzusuchen und sich dann bereitzuhalten, damit sie sofort los konnten, nachdem sie sich mit Atlantis in Verbindung gesetzt hatte.

Teyla rannte regelrecht zu dem Zelt, in dem das von den Atlantern zur Verfügung gestellte Funkgerät aufgebaut worden war und wartete ungeduldig darauf, dass eine Verbindung zustande kam.

„Hier Atlantis Kontrollraum“, meldete sich endlich ein Techniker.

„Hier ist Teyla. Ich muss dringend mit Dr. Weir sprechen, es gibt einen Notfall.“

„Moment…“

Einige quälend langsam verstreichende Sekunden vergingen, bis die Leiterin der Atlantis-Expedition endlich am Mikrofon war. „Was ist passiert, Teyla?“

„Wir haben gerade beobachtet, wie ein Jumper etwa drei bis vier Kilometer von unserem Lager entfernt in den Wald gestürzt ist. Es war keine Explosion zu sehen, aber er war viel zu schnell, als dass er unbeschadet zu Boden gegangen sein kann.“

„Oh mein Gott“, sagte Weir gepresst. „Das können nur Major Sheppard und Dr. McKay gewesen sein. Die beiden sind vor einigen Stunden zu einem Testflug aufgebrochen.“

„Ich habe bereits einen Rettungstrupp aufgestellt und werde gleich aufbrechen. Wahrscheinlich wäre es gut, wenn sie auch ein Team und Dr. Beckett schicken würden.“

„Natürlich. Ich werde das sofort veranlassen, allerdings wird es bestimmt eine Stunde dauern, bis sie da sind.“

„Verstanden.“ Nach kurzem Nachdenken fügte Teyla noch hinzu: „Wir werden die Absturzstelle, sobald wir da sind, mit einer dieser Rauchgranaten markieren, damit Sie sie schneller finden können.“

„Gut, Teyla. Und viel Glück! Weir Ende.“

Nachdem die Verbindung unterbrochen war, verließ die Athosianerin das Zelt und begab sich zu ihren wartenden Leuten. Zufrieden stellte sie fest, dass in der Zwischenzeit alles Wichtige zusammengepackt worden war, so dass sie unverzüglich aufbrechen konnten. In Begleitung von vier weiteren Athosianern machte sich Teyla auf den Weg zur Absturzstelle.

~~~~~

Er war tot.

Er war sich ganz sicher, dass sie das nicht überlebt haben konnten. Aber warum tat ihm dann alles weh?

Mit einem Stöhnen öffnete Rodney McKay seine Augen und richtete sich mühsam von der Konsole auf, auf die er beim Aufprall geschleudert worden war. Zuerst vergewisserte er sich, dass alles an ihm noch in einem Stück war. Und auch wenn er jeden Knochen in seinem Körper spürte, schien die ernsthafteste Verletzung eine aufgeplatzte Lippe zu sein.

Oh nein! Ist das etwa ein lockerer Zahn? dachte Rodney erschrocken und wackelte daran, als ihm etwas einfiel. Locker… ein Baum, der umkippte… Ein Blick nach oben zeigte ihm, dass er sich bei den Antikern für die sichere Bauweise der Jumper bedanken musste. Trotz des Alters von mindestens 10.000 Jahren hatte das Dach gehalten und war durch den Aufprall des Baumes nur ein wenig eingedellt. Der Major hatte recht gehabt, als er behauptete, dass sie das überleben würden.

Der Major! Er hatte Sheppard ganz vergessen! Mit einem bangen Blick zum Pilotensitz hin entdeckte er ihn reglos auf der mit Blut verschmierten Steuerkonsole liegen.

Rodney spürte ganz genau, wie sich sein Herz krampfhaft zusammenzog. Nein. Bitte nicht! Er nahm all seinen Mut zusammen, ging zu dem Piloten und tastete nach dessen Puls. Gleichmäßig und kräftig. Vor Erleichterung bekam er ganz weiche Knie.

Als das Zittern endlich aufhörte, hob er den Major vorsichtig von der Konsole und ließ ihn auf den Boden des Jumpers gleiten. Dann holte er den Verbandskasten und schaute sich die Wunde näher an. Beruhigt erkannte er, dass es viel schlimmer ausgesehen hatte, als es tatsächlich war. Nur ein hässlicher Schnitt über dem linken Auge, der allerdings heftig blutete.

Nachdem er diesen gesäubert hatte, legte er einen Verband an und gerade als er fertig war, fing Sheppard an sich zu rühren und öffnete blinzelnd die Augen.

Rodney konnte sich ein erleichtertes Grinsen nicht verkneifen, als er sagte: „Sie haben mir aber einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“

„Was… was ist passiert?“ Sheppard klang noch immer ziemlich benommen.

„Sie hatten das Bedürfnis die Steuerkonsole mit ihrem Kopf kurz und klein zu schlagen.“

„Genauso fühlt es sich auch an“, meinte John, während er vorsichtig den Verband betastete.

„Finger weg!“ Rodney gab ihm einen Klaps auf die Hand. „Ich habe mir so eine Mühe gegeben!“

„Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, wie ein Baum direkt auf uns zukippte.“

„Warum mussten Sie auch unbedingt eine neue Art des Holzfällens ausprobieren?“

„Wenn Sie den Jumper richtig repariert hätten, wäre das nicht nötig gewesen.“

„Ich hatte ihn richtig repariert“, versuchte sich McKay beleidigt zu verteidigen. „Es war bestimmt nicht meine…“

„Schon gut.“ Ein Stöhnen unterdrückend richtete sich Sheppard auf. „Lassen Sie uns lieber herausfinden, wo genau wir mit dieser Blechbüchse gelandet sind.“

Während er die offensichtlichsten Schäden wie das eingedellte Dach und auch das leicht verzogene, aber immer noch intakte Cockpitfenster betrachtete, redete John weiter. „Haben Sie vor unserem Absturz eigentlich Atlantis erreichen können?“

„Ich habe es versucht, aber ich weiß nicht, ob ich durchgekommen bin. Es gab keine Rückmeldung.“ Rodney klang ziemlich verunsichert. „Und was jetzt?“

Er beobachtete, wie der Major an die Steuerkonsole trat und versuchte das Funkgerät einzuschalten, doch ohne eine sichtbare Reaktion. „Alles tot, wir sollten erst einmal hinausgehen und uns draußen umschauen.“

Erleichtert sich beschäftigen zu können, ging der Kanadier zur hinteren Luke, nur um den nächsten Schock zu erleben. Sie ließ sich nicht öffnen, weshalb er frustriert mit der Faust auf sie einschlug. Allerdings war das einzige Ergebnis, dass seine Hand jetzt auch noch schmerzte. Soviel Pech kann doch niemand haben, dachte Rodney ungläubig. Dann wandte er sich Sheppard zu. „Durch den Aufprall des Baumes muss sich das gesamte Gehäuse des Jumpers verzogen haben. Wir sitzen hier fest.“ Dabei konnte er einen leicht panischen Tonfall nicht unterdrücken.

Im Gegensatz dazu war Sheppard die Ruhe selbst, wie er mit einem bewundernden Blick feststellte. Der Major schien in jeder Situation einen klaren Kopf zu behalten und sogar noch die Zeit für den einen oder anderen Witz zu finden. Auf diese Weise hatte er es bisher geschafft, ihr Team durch jede brenzlige Situation zu bringen.

Und auch jetzt gelang es dem Piloten, McKay mit nur einem einzigen Satz abzulenken. „Dann haben wir ja genug Zeit, damit Sie mir endlich erzählen können, warum ich meinen Tag wirklich mit Ihnen verbringe.“

„Wie meinen Sie das?“ Rodney fühlte sich sofort in die Defensive gedrängt.

„Kommen Sie schon, McKay. Glauben Sie etwa, ich hätte nicht bemerkt, dass Sie mich heute früh etwas ganz anderes fragen wollten?“

„Sie haben Recht“, gab der Wissenschaftler nach. „Ich brauche ihre Hilfe.“

„Hab ich es doch gewusst.“ John grinste ihn an.

„Wie können Sie nur in so einer furchtbaren Situation so gut gelaunt sein?“

„Rodney, Sie lenken ab!“

„Sie sollen mir helfen, Dr. Weir von einer Mission zu überzeugen“, gab McKay schicksalsergeben zu. „Ich habe in der Antiker-Datenbank einen Hinweis auf eine verlassene Stadt gefunden, in der es noch ein ZPM geben soll.“

„Und was ist jetzt das Problem daran?“, fragte John überrascht. „Elizabeth weiß doch genau, wie dringend wir zusätzliche Energie brauchen. Sie wird der Mission bestimmt zustimmen.“ Doch dann sah er Rodneys leicht gequälten Gesichtsausdruck. „Sie haben doch nicht etwa Angst vor ihr? Oder haben Sie vielleicht doch so etwas wie ein schlechtes Gewissen wegen der Sache mit dem ZPM der Kinder?“

Während McKay ihn beleidigt anschaute, machte sich Sheppard nicht die Mühe sein Lachen zu verbergen. Und deswegen sitzen wir schon wieder in der Klemme?, fassungslos schüttelte John den Kopf. Doch anstatt wütend zu werden, musste er nur noch lauter lachen. In diesem Moment fiel ihm durch das Fenster hindurch eine Bewegung auf.

~~~~~

Obwohl sie noch nicht so lange auf dem Festland zu Hause waren, hatten die Athosianer die letzten Monate genutzt, um sich mit der Umgebung rund um das Camp herum vertraut zu machen. Davon profitierte Teyla jetzt, da ihre Gefährten vor allem auf der Jagd erkundete Wege kannten, auf denen sie schneller das Gebiet erreichen konnten, in dem der Jumper abgestürzt war.

Zunächst folgte die kleine Gruppe dem Verlauf des Flusses, in dessen Nähe das Camp errichtet worden war. Am Ufer entlang flussabwärts gehend, kamen sie schneller voran, als wenn sie sich durch das Unterholz kämpfen müssten. Erst als der Fluss nach etwa einem Kilometer fast rechtwinklig abbog, drangen sie in den Wald ein.

Die Sorge um ihre Teamkollegen trieb Teyla dazu, ein zügiges Tempo vorzulegen, dem sich die übrigen Athosianer widerspruchslos anpassten. Sie weigerte sich, daran zu denken, dass sie zu spät kommen könnten und versuchte dagegen, ihr Vorgehen zu planen, sobald sie den Jumper erreicht hätten. Obwohl das letztendlich davon abhing, was sie an der Absturzstelle vorfanden, konnte sie sich so wenigstens etwas ablenken.

Nach einem Marsch von rund 45 Minuten erreichten sie eine Lichtung, die sich unvermittelt vor ihnen öffnete. Sie hatte eine in etwa elliptische Form und war mit Gras und flachen Büschen bedeckt. Die kleine Gruppe hatte die Wiese etwa in der Mitte der längeren Seite betreten und sah direkt vor sich eine deutliche Furche im Erdboden.

Als sie zunächst in die eine Richtung schaute, sah Teyla wie die Spur immer wieder aussetzte. Dann drehte sie sich mit bangem Herzen um, nicht sicher was sie erwarten würde und entdeckte sofort den Jumper zwischen den Bäumen, auch wenn einer umgestürzt war und mit seiner Krone fast alles verdeckte. Ohne auf ihre Begleiter zu achten, rannte sie los.

Sie verlangsamte ihre Schritte erst wieder, als sie den Jumper erreicht hatte. Weil der umgestürzte Baum ihr den Zugang zur hinteren Luke versperrte, umrundete sie diesen und ging zur Vorderseite des kleinen Fluggerätes. Nur würde es wahrscheinlich nirgendwo mehr hinfliegen. Mit Entsetzen betrachtete sie die völlig deformierte Vorderseite und das eingedellte Dach des Jumpers. Dabei fragte sie sich verzweifelt, wie das jemand überlebt haben konnte.

„Nein!“, sagte sie mit einer Bestimmtheit, von der sie nicht wusste, woher sie kam. „Sie leben!“

Genau in diesem Moment sah Teyla eine schattenhafte Bewegung hinter dem Fenster. Es war Sheppard, der sie trotz eines Verbandes um seinen Kopf mit seinem unglaublichen Grinsen anschaute. Dabei winkte er fröhlich. Vor Erleichterung atmete sie auf und merkte erst jetzt, wie groß die Anspannung tatsächlich gewesen war. Ihr fiel nichts besseres ein, als ebenfalls zu winken und zurück zu grinsen. Hinter dem Major sah sie Dr. McKay stehen.

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Während die anderen Athosianer damit begannen, den umgestürzten Baum zu zerlegen, damit man die Ausstiegsluke erreichen konnte, markierte Teyla wie versprochen die Absturzstelle. Und schon kurze Zeit später landete der von Dr. Weir gesandte Jumper.

Nachdem die hintere Luke zugänglich war, konnte sie mit den mitgebrachten Werkzeugen aufgeschweißt werden und heraus kam der sichtlich erleichterte McKay. Selbst Sheppard konnte beim Aussteigen ein tiefes Durchatmen nicht unterdrücken.

Ihre vier Begleiter schickte Teyla in das Camp zurück, während sie selbst zusammen mit den anderen in den Jumper stieg und nach Atlantis zurückkehrte. Obwohl sich Dr. Beckett bereits an der Absturzstelle davon überzeugt hatte, dass die beiden nicht plötzlich tot umkippen würden, steckte er Rodney und John zu einem gründlichen Check in die Krankenstation.





Teil 5 – Nur eine weitere Mission


Auf Dr. Elizabeth Weirs Gesicht stahl sich ein leises Lächeln, als sie die guten Nachrichten hörte, dass man Major Sheppard und Dr. McKay mehr oder weniger unbeschadet gefunden hatte. Da konnte sie es auch verkraften, dass der Jumper wahrscheinlich nicht mehr zu retten war. Nicht auszumalen, was es bedeutet hätte, wenn sie ihren Chefwissenschaftler und – dann schon zum zweiten Mal – den ranghöchsten Militär der Expedition verloren hätte.

Aber die beiden schafften es auch immer wieder in Schwierigkeiten zu geraten. John hatte ihr auf eine entsprechende Frage mal erklärt, dass er den Problemen gar nicht hinterher zu rennen bräuchte, sondern das die immer schon genau wüssten, wo er hinwollte und da bereits auf ihn warten würden. Und obwohl es schon da eher wie etwas klang, das er mal irgendwo gehört hatte, war es zu dem Zeitpunkt ganz lustig gewesen. Nur was würde passieren, wenn sie das Glück einmal verließ und die Schwierigkeiten zu groß waren?

Sie schob die eher düsteren Gedanken beiseite und begab sie sich in die Krankenstation, wo sie auf einen ziemlich geschafften Carson Beckett traf. Den Stimmen nach zu urteilen, die aus dem Nachbarraum zu hören waren, konnte sie sich ganz genau vorstellen, was seine Erschöpfung verursacht hatte.

„Wie geht es den beiden, Carson?“, fragte sie mit einem mitfühlenden Lächeln.

„Ich glaube, dass sind die schlimmsten Patienten, die man sich vorstellen kann.“ Der Arzt konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. „Major Sheppard muss ständig beobachtet – oder gefesselt – werden, damit er nicht im Handumdrehen hier verschwunden ist und Rodney jam… nun ja… Rodney ist eben Rodney.“

Dem konnte Weir nur zustimmen. „Und wenn die beiden auch noch in einem Raum zusammen sind.“

Becketts verzweifeltes Auflachen zeigte ihr, dass sie da einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. „Aber abgesehen davon geht es den beiden den Umständen entsprechend gut.“

„Das hört sich doch gut an.“

Wieder ganz der professionelle Arzt, wurde Carson ausführlicher: „Ich behalte die beiden wirklich nur vorsichtshalber über Nacht hier um sicherzugehen, dass sie etwas Ruhe bekommen.“

Wie um seine Worte Lügen zu strafen, wurden die Stimmen im Nebenraum deutlich lauter und hitziger.

„Ruhe?“

„Wenigstens bleiben sie so im Bett.“ Anscheinend hatte er einen ganz eigenen Weg gefunden, mit den beiden umzugehen. „Beide haben ziemliches Glück gehabt. Vor allem Sheppard. Rodney hat nur eine aufgeplatzte Lippe und sich die Zähne etwas angeschlagen. Er sollte die nächsten Tage nur Suppe oder Brei zu sich nehmen. Der Major hat eine Schnittwunde über dem linken Auge und durch den Aufprall ziemliche Kopfschmerzen. Glücklicherweise ist es keine Gehirnerschütterung. Außerdem hat er ein paar Prellungen auf dem Brustkorb, die zwar durchaus schmerzhaft sind, ihn aber nicht wirklich beeinträchtigen dürften. Zwei Tage Ruhe und er müsste seinen Dienst wieder aufnehmen können.“

„Danke, Carson.“ Beruhigt verließ Weir die Krankenstation. Gerade als sie an der Tür war, hörte sie ein Scheppern. Ein Blick über die Schulter zeigte ihr Beckett, der sie mit einem gequälten Augendrehen anlächelte, bevor er nach nebenan ging. Froh, die beiden einem anderen überlassen zu können, begab sie sich in ihr Quartier.

~~~~~

Drei Tage später:

Endlich wieder eine Außenmission, dachte John Sheppard mit freudiger Erregung, als er vor dem Stargate stand und auf dessen Aktivierung wartete. Neben ihm standen seine Teamkollegen ebenfalls in Bereitschaft. Lieutenant Aiden Ford, der genauso erleichtert aussah, wie er sich fühlte und Teyla, die wie immer die Ruhe in Person zu sein schien.

Hinter den beiden bemerkte er Rodney McKay, der mit einer Hand die letzten Ausrüstungsgegenstände in seinen Rucksack stopfte, während er in der anderen Hand einen seiner geliebten Powerriegel hielt. John konnte sehen, wie er genüsslich kaute. Die letzten Tage mussten für den Kanadier fast unerträglich gewesen sein – genauso wie für diejenigen, die das Pech hatten, in seine Nähe zu geraten. Kein festes Essen zu sich nehmen zu dürfen, hatte Rodney anscheinend nie richtig satt gemacht und ihn immer an der Grenze zu einem hypoglykämischen Schock treiben lassen. Ob nun real oder nur eingebildet, hatte es den Wissenschaftler in eine derart schlechte Laune versetzt, dass sich niemand mehr in seiner Nähe aufhalten wollte.

Nicht, das für John die letzten Tage soviel angenehmer gewesen waren. Er war einfach nicht sonderlich gut darin nichts zu tun und hatte sich nur noch mehr gelangweilt, als während der Beaufsichtigung der Wissenschaftler. Gut, er war mal wieder etwas zum Lesen gekommen, aber er hatte noch nicht mal mit Teyla trainieren dürfen. Auch wenn sie ihn immer besiegte, wäre das wenigstens eine interessante Abwechslung gewesen, aber Beckett hatte ganz genau definiert, was er mit „ausruhen“ meinte. Für einen so sanften Menschen konnte der gute Doktor seine Anordnungen ziemlich bestimmt durchsetzten. Sheppard fragte sich, ob Carson die Drohung, ihn in der Krankenstation auf eine Liege zu schnallen und ruhig zu stellen, wirklich wahr gemacht hätte, wenn er ihn bei irgendetwas erwischt hätte, dass nicht seiner Definition von Ausruhen entsprach.

Oben im Kontrollraum sah er Dr. Weir, die mit einem Nicken den Techniker aufforderte, das Stargate zu aktivieren. Wie es John vermutet hatte, war sie relativ schnell mit der Mission einverstanden gewesen. Atlantis brauchte nun mal dringend ein ZPM, wenn sie sich gegen die Wraith verteidigen wollten. In Gedanken musste er schmunzeln, als er sich daran erinnerte, wie sie Rondey vor versammelter Truppe extra ermahnt hatte, das Energiemodul nur zu entnehmen, wenn sicher gestellt war, dass die Entfernung für niemanden eine Gefahr darstellte. Egal ob der Planet im Moment unbewohnt schien.

Die Daten des MALP hatten gezeigt, dass M8L-412 einer der vielen erdähnlichen Planeten dieser Galaxie war. Nichts, was sich signifikant von ihrem Heimatplaneten unterschied: ähnliche Luftzusammensetzung, ähnliche Strahlungswerte und die Vegetation entsprach in etwa der gemäßigten Zone der Erde. Da die Ruinen in denen sie das ZPM vermuteten nur ein paar hundert Meter vom Stargate entfernt waren, hatten sie entschieden, zu Fuß zu gehen.

Als sich das Wurmloch etabliert hatte, schaute John ein letztes Mal zu Elizabeth. Ihr Blick schien ihnen Glück zu wünschen, doch konnte er auch noch etwas anderes ausmachen. War das etwa Besorgnis?, fragte er sich überrascht. Tatsächlich konnte man nie alles im Voraus planen und immer wieder ging etwas schief, aber sie hatten sich so gut wie möglich vorbereitet und das MALP hatte nichts Auffälliges gezeigt.

Mit der Waffe im Anschlag durchschritt Sheppard, gefolgt von seinem Team, den Ereignishorizont, auf dessen anderer Seite sie strahlender Sonnenschein erwartete. Nachdem er sich seine Sonnenbrille aufgesetzt hatte, schaute sich John vorsichtig um und sah, dass das Stargate auf einer kleinen Lichtung stand, die auf drei Seiten von dichtem Wald umgeben war. Auf der vierten Seite führte ein überwachsener, aber noch deutlich erkennbarer Weg zu den nicht weit entfernten Ruinen. Die Architektur wies die verfallende Stadt eindeutig als von den Antikern gebaut aus. Auch wenn die in der Morgensonne glitzernden Türme nicht genauso aussahen wie die von Atlantis, kam der Anblick Sheppard irgendwie vertraut vor.

„Athos“, sagte Teyla auf einmal neben ihm. „Es ist mir vorhin auf den Bildern des MALP nicht aufgefallen, aber die Silhouette der Stadt ähnelt sehr der Stadt der Vorfahren auf Athos.“

John gab ihr im Stillen Recht. Auch wenn er sie auf Athos nur ein einziges Mal gesehen hatte, fiel auch ihm auf, wie ähnlich die Umrisse der Ruinen dort dem Anblick auf diesem Planeten waren. Besorgt erinnerte er sich aber auch daran, was passiert war, nicht lange nachdem Colonel Sumner befohlen hatte die Stadt zu erkunden.

„Rodney“, sagte er deshalb. „Wie wäre es, wenn Sie den Lebenszeichendetektor herausholen und einen Blick darauf werfen würden?“

Während McKay in seinen Taschen kramte, trat Lieutenant Ford mit einem jungenhaften Grinsen im Gesicht zu Sheppard. „Sir, Sie haben ja doch den Namen behalten, den ich diesem Ding gegeben hatte. Heißt das jetzt, ich darf mir doch wieder Namen ausdenken?“

„Bestimmt nicht!“, sagte John schnell. „Nur weil Sie einmal einen Glückstreffer gelandet haben, befähigt Sie das noch lange nicht, Namen zu vergeben. Und wir werden die Stadt da vorn auch auf keinen Fall Troja nennen.“

Der junge Marine sah überrascht aus. „Woher wussten Sie das, Sir?“

McKay ersparte Sheppard eine Antwort, so dass dieser Aiden nur geheimnisvoll angrinste, bevor er seine Aufmerksamkeit dem Kanadier zuwandte. Dieser sagte gerade: „Nichts zu sehen. An Lebensformen gibt es hier abgesehen von uns nur die Tiere im Wald. Allerdings scheinen einige davon nicht gerade klein zu sein.“ Mit einem misstrauischen Blick zum Waldrand fügte er ängstlich hinzu: „Die kommen doch bestimmt nicht raus, oder?“

„Ich halte das eher für unwahrscheinlich“, konnte sich John nicht verkneifen. „Aber wenn nicht, würden die Tiere Sie bestimmt in Ruhe lassen. Die haben sicherlich einen stark ausgeprägten Überlebensinstinkt und würden schon aus weiter Ferne Ihre Ungenießbarkeit erkennen.“

Während Rodney noch nach einer angemessenen Erwiderung suchte, wandte sich der Major Teyla zu, die noch immer wie hypnotisiert auf die Stadt starrte. „Teyla? Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.

Aus ihrer Erstarrung erwachend, wandte sie sich ihm zu. „Ich weiß nicht.“

„Spüren Sie Wraith?“ Sheppard schaute sich alarmiert um.

„Ich glaube nicht, aber irgendetwas fühlt sich komisch an. Es tut mir leid, aber ich kann es nicht genauer benennen. Es scheint sich immer nur gerade so am Rande meines Bewusstseins herumzutreiben und es… es…“, hilflos brach sie ab.

„Schon gut“, versuchte John sie zu beruhigen. „Wir werden ganz einfach unsere Augen offen halten und vorsichtig sein.“

Mit diesen Worten begann er auf die Ruinen zuzugehen und den Anderen blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.





Teil 6 – Die verlassene Stadt


Nach einem Fußmarsch von etwa 15 Minuten hatten sie die Stadt erreicht. Und schon beim Näherkommen war deutlich geworden, dass an dieser nicht nur der Zahn der Zeit genagt hatte. Viele der Zerstörungen waren durch gewaltsame Eingriffe entstanden. Bei einer großen Anzahl von Gebäuden waren Teile durch Explosionen weggesprengt worden, andere wiesen dagegen selbst nach so langer Zeit noch unverkennbare Brandspuren auf.

‚Hier muss ein heftiger Kampf stattgefunden haben’, kam es Sheppard ins Bewusstsein. Nicht unwahrscheinlich, dass es die Wraith gewesen waren, gegen die sich die ehemaligen Bewohner dieser Stadt hatten wehren müssen. Er ertappte sich dabei, wie er hoffte, dass nicht alle bei diesem Kampf getötet worden waren, sondern einige sich hatten retten können – vielleicht nach Atlantis. Doch oft genug waren die Wraith die absoluten Sieger und leerten ganze Welten. Selbst die Antiker hatten letztendlich aufgeben müssen und diese Galaxie verlassen.

John riss sich von diesen Gedankengängen los und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Diese war in genauso schlechtem Zustand wie der Rest der Stadt. Bombenkrater wechselten sich mit Schuttbergen ab und selbst relativ ebene Flächen waren oftmals mit Glasscherben bedeckt.

„Passt auf, wo ihr hintretet“, ermahnte er sein Team, wobei er sich besonders auf McKay konzentrierte.

Doch anstelle des üblichen Protestes nickte Rodney nur und ging vorsichtig weiter. Wahrscheinlich spürt er ebenfalls die eigenartige Stimmung hier, überlegte sich Sheppard. Während rund um das Stargate die üblichen von einer vielfältigen Natur kündenden Geräusche zu hören gewesen waren, war die Stadt geradezu unheimlich still. Nicht ein Vogel war zu hören, nur der Wind, der durch die Straßen strich. John konnte nicht verhindern, dass er eine Gänsehaut bekam. Ein Blick zu Teyla zeigte ihm, dass es der Athosianerin ganz ähnlich ging. Selbst Ford war ungewöhnlich still.

Sie hatten beschlossen, mit ihrer Suche zunächst beim höchsten Turm zu beginnen, da dieser an offensichtlich zentraler Stelle in der Stadt stand. Da war es nicht unwahrscheinlich, dass sich dort so etwas wie ein Kontrollraum, ähnlich dem in Atlantis, befand. Allerdings gestaltete sich der Weg dahin um einiges schwieriger als angenommen. Immer wieder gerieten sie in Sackgassen und mussten umkehren und nicht selten größere Umwege in Kauf nehmen.

Nachdem sie ein paar Stunden unterwegs waren, meldete sich plötzlich Rodney zu Wort. „Können Sie mir vielleicht noch mal erklären, warum wir nicht den Jumper genommen haben?!“ Sein nörgelnder Tonfall machte klar, dass er fast wieder der Alte war.

Aus diesem Grund konnte sich John auch nicht die Gelegenheit entgehen lassen, ihn aufzuziehen. „Wissen Sie, Dr. Beckett ist vor kurzem an mich herangetreten und meinte, dass Sie dringend etwas mehr Bewegung gebrauchen könnten.“

„Ha-ha… hören Sie mich lachen?!“

„Er sagte auch noch, Sie würden viel zu viel Zeit in ihrem Labor verbringen und müssten dringend mal wieder an die frische Luft.“

„Sie sind ein Witzbold, Major!“ Doch der Sarkasmus in seiner Stimme zeigte, dass McKay ganz und gar nicht amüsiert war.

„Aber so verstehen Sie doch, wir machen uns doch nur Sorgen um Sie!“

Aus den Augenwinkeln heraus sah Sheppard, wie sich Teyla wegdrehte um ihr Lächeln zu verbergen. Ford dagegen schien einen leichten Erstickungsanfall zu erleiden und ihm liefen bereits Tränen über das Gesicht.

„Wenn Sie nicht netter sind, werde ich Ihren Computer nicht mehr reparieren, wenn er das nächste Mal abstürzt.“ Typisch Rodney, der die Reaktionen seiner beiden Teamkollegen gar nicht mitbekam.

„Kein Problem, Dr. Zelenka macht das bestimmt gern für mich.“ John grinste McKay frech an.

„Pah…!!!“ Der Kanadier drehte sich um und stapfte beleidigt davon. Dabei konzentrierte er sich jedoch nicht genug auf den Untergrund. Auf einmal krachte es und von einem Moment auf den anderen war der Wissenschaftler einfach verschwunden.

Die anderen starrten eine Sekunde wie betäubt auf die Stelle, von der eine kleine Staubwolke aufstieg. Dann löste sich Sheppard aus seiner Erstarrung und rannte zu dem Ort, wo nur noch ein schwarzes Loch den Punkt markierte, an dem Rodney verschwunden war.

„McKay!“, rief er besorgt.

Dann hörten sie, wie aus dem Loch ein Husten erklang, dem ein deftiger Fluch folgte, der John überrascht eine Augenbraue heben ließ. Als er über die Kante nach unten schaute, sah er den Kanadier etwa anderthalb Meter tiefer auf einem Haufen undefinierbar verrotteter Teile liegen. Wohl hauptsächlich in seinem Stolz verletzt, fing Rodney an sich zu rühren und versuchte sogar aufzustehen, was den Major erleichtert aufatmen ließ.

„Ich hatte Ihnen doch befohlen, vorsichtig zu sein!“

„Ach, jetzt bin ich wohl wieder Schuld!“, kam es trotzig von unten herauf. „Immer auf die, die schon am Boden liegen!“

Nachdem sich der Wissenschaftler aufgerichtet hatte, konnte er gerade noch so über die Kante des Loches hinausschauen. Er streckte seine Arme aus und Sheppard und Ford zogen ihn vorsichtig hinauf. Wieder festen Boden unter den Füßen, ließ sich McKay erstmal erleichtert niedersinken.

„Wie geht es Ihnen“, fragte John ehrlich interessiert.

Zu erschöpft für eine schnippische Antwort, entgegnete Rodney: „Fragen Sie mich das noch mal, wenn mein Herz aufgehört hat so zu rasen. Aber zumindest fühlt es sich so an, als ob noch alles in einem Stück ist.“

„Sie haben sich verletzt“, stellte Teyla besorgt fest.

„Oh…“ McKay schaute verdutzt auf seine Hand, so als ob er selbst überrascht wär, dass es ihm noch nicht aufgefallen war. „Das ist doch nur ein Splitter.“

Sheppard wechselte einen überraschten Blick mit Ford. Der Sturz schien den Kanadier doch schwerer mitgenommen zu haben, da diese Reaktion dann doch eher untypisch für ihn war. Sie schauten zu, wie Teyla das Verbandsmaterial hervorholte, vorsichtig den gar nicht so kleinen Splitter entfernte und die Wunde verband. Die ganze Zeit über hatte Rodney ruhig dagesessen und nicht einen Ton gesagt.

Danach machten sie sich endlich wieder auf den Weg. Durch den kleinen Zwischenfall und auch aufgrund der vielen Umwege fing es schon an zu dämmern, als sie endlich an ihrem Ziel ankamen. Nachdem sie einen letzten Schutthaufen umrundet hatten, sahen sie vor sich einen relativ freien, mittlerweile mit Gras bewachsenen, Platz liegen, in dessen Mitte sich der Turm erhob. Das Erste, was John auffiel, war, dass dieses Gebäude genau wie der Bereich ringsherum, weit weniger Zerstörungen aufwies, als der Rest der Stadt. Seltsam…

Sie beschlossen die Nacht am Fuße des Turmes zu verbringen und diesen erst bei Tageslicht zu erkunden. Rodneys Unfall hatte ihnen deutlich vor Augen geführt, wie gefährlich hier jeder Schritt sein konnte. Nach einem schweigsamen Essen legten sich alle bis auf Sheppard hin, der die erste Wache übernahm.

Im Dunkeln empfand er die unheimliche Stimmung der Stadt noch viel stärker. Er hatte das Gefühl, sie wären irgendwie in eine verbotene Zone eingedrungen, nur das jemand vergessen hatte, die Warnschilder aufzustellen. Mit angehaltenem Atem lauschend, konnte er keine anderen Geräusche ausmachen, als die seiner schlafenden Teamkollegen. Selbst das Heulen des Windes war nicht mehr zu hören.

Teyla schien schon die ganze Zeit schlechte Träume zu haben, da sie sich immer wieder hin und her warf. Ab und zu murmelte sie etwas flehend vor sich hin, nur war es zu leise, als dass er es hätte verstehen können. Nachdem seine Wache um war, ging John zu ihr hin, um sie zu wecken. Als er sie an der Schulter berührte, fuhr sie erschrocken hoch und unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei.

„Es ist alles in Ordnung“, redete er beruhigend leise auf sie ein. „Nur ein böser Traum.“

Teyla holte tief Luft, bevor sie antwortete: „Ja, Sie haben wohl recht. Ich kann mich nur nicht an einen Traum erinnern. Alles was ich verspüre, ist das dringende Bedürfnis von hier wegzurennen.“ Sie schaute ihn aus ihren dunklen Augen an. „Es geht mir gut. Gehen Sie ruhig schlafen.“

Sheppard schaute sie noch einen Moment prüfend an, bevor er nickte und sich hinlegte. Der Rest der Nacht verlief ruhig.

~~~~~

Am nächsten Morgen, bei Tageslicht, schien alles schon wieder um einiges normaler zu wirken. Aber vielleicht lag das auch daran, dass McKay sein gestriges Abenteuer überwunden hatte und wieder ganz der Alte schien. Jedenfalls beschwerte er sich während des gesamten Frühstücks über seine pochende Hand. „Wie soll ich damit nur vernünftig arbeiten? Was, wenn sich die Wunde entzündet? Das Pochen fühlt sich gar nicht gut an! Ich brauche die Hand doch aber noch, um diese Galaxis zu retten“, wiederholte er in leichten Variationen wieder und wieder.

John war viel zu erleichtert darüber, dass sich Rodney wieder „normal“ verhielt, als dass er sich am Monolog des Kanadiers gestört hätte. Deswegen verzichtete er auch auf seine üblichen bissigen Bemerkungen.

Dann brachen sie auf. Sheppard ging voran, McKay und Teyla folgten ihm, während Ford die kleine Gruppe nach hinten absicherte. In dem Moment als der Kanadier das Innere des Gebäudes betrat, begann die Anzeige des Detektors in seiner Hand zu blinken. Um sicherzugehen, dass das kein Zufall war, ging er noch einmal einen Schritt zurück. Außerhalb des Turms zeigte das kleine Gerät nichts Ungewöhnliches, erst nachdem er die Tür durchschritten hatte.

„Das Gebäude ist abgeschirmt“, teilte er den anderen mit. „Von außen konnte ich nichts empfangen, aber im Inneren wird mir eine deutliche Energiesignatur angezeigt. Die Quelle liegt schätzungsweise zehn Stockwerke über uns.“

Das Team betrat nun endgültig den Turm und gelangte zunächst in einen hohen offenen Raum. Genau gegenüber dem Eingang lag eine repräsentative Treppe, die zu einer den Raum zur Hälfte umgebenden Galerie führte. Nicht unähnlich dem Stargate-Raum in Atlantis. An den Wänden links und rechts gab es verschiedene Türen. Gerade als John sich fragte, ob sie auf der Suche nach einem Weg nach oben hinter jede dieser Türen würden schauen müssen, wandte sich McKay nach rechts und ging zielstrebig auf eine der Türen zu. Obwohl sie ganz genauso aussah wie all die anderen Türen, gelangten sie beim Hindurchgehen direkt in ein kleines Treppenhaus.

Sheppard überholte schnell den Wissenschaftler, um als Erster hinaufzusteigen. Selbst nach all der Zeit sah die Betonkonstruktion relativ stabil und sicher aus und sie erreichten ohne Schwierigkeiten die zehnte Etage.

Diesmal betraten sie einen kleineren Raum, der allerdings nicht weniger vertraut wirkte, vor allem aufgrund des Antiker-Kontrollstuhles, der auf einem kleinen Podest in der Mitte des Raumes stand. Auch an den Wänden konnten sie verschiedene Geräte und Kontrollpulte stehen sehen.

Während das Team einen Moment überrascht am Eingang stehen blieb, drängelte sich Rodney an John vorbei und kniete sich vor das Podest des Kontrollstuhles. Nach einem zufriedenen Blick auf den Detektor drückte er einen verborgenen Knopf und das ZPM fuhr heraus.

„He!“, warf Sheppard ein. „Sollten Sie nicht erstmal alles genau prüfen, bevor Sie das ZPM so einfach entnehmen?“

„Also, erstens ist es bisher noch immer an alles angeschlossen, ich wollte es mir nur mal näher ansehen. Und zweitens glauben sie doch nicht etwa wirklich, dass es hier noch irgendjemanden auf diesem Planeten gibt?“

Während McKay redete, fiel Johns Blick auf Teyla. Erschrocken sah er, dass die Athosianerin gar nicht gut aussah. Sie war ziemlich blass und auf ihrer Stirn glänzte Schweiß. Ich sollte sie dringend von hier wegbringen, dachte er besorgt.

„Das ZPM scheint immerhin halbvoll zu sein“, redete McKay weiter. „Ich denke, ich werde… Moment… Was ist das?“ Irritiert stand er auf und ging zu einem der Kontrollpulte an der Wand hinter dem Podest. „Oh nein!“

Auf einmal fing Teyla an zu reden. „Wraith“, stieß sie gepresst zwischen ihren Zähnen hindurch. „Die Wraith kommen!“





Teil 7 – Der Hinterhalt


Fast gleichzeitig mit Teyla rief auch McKay: „Wraith! Die Wraith waren hier! Sehen Sie sich das an! Das ist eindeutig Wraithtechnologie. So etwas wie eine Alarmanlage, den Energiesignaturen nach zu urteilen.“

„Okay, wir müssen hier sofort weg.“ Sheppard schnappte sich McKay, der noch schnell nach dem ZPM griff, scheuchte sein Team wieder die Treppe hinunter und aus dem Turm heraus. Während Rodney das Energiemodul in seinen Rucksack stopfte, versuchte er gleichzeitig einen Blick auf die Anzeige des Lebenszeichendetektors zu werfen.

„Oh nein, die sind schon überall. Wo kommen die denn auf einmal her?“, fragte er nervös.

„Das sah mir doch stark nach einem Hinterhalt aus“, erklärte Sheppard daraufhin. „Auch wenn sie es nicht benützen können, ahnten die Wraith wohl, dass es immer wieder welche geben könnte, die nach dem ZPM suchen würden.“

„Natürlich! Sie haben es mit einem Warnsystem gekoppelt, damit sie diejenigen, die dumm genug waren, hierher zu kommen, einfach aufsammeln können.“ McKay schnappte entsetzt nach Luft. „Warum können Missionen nicht auch mal friedlich und ohne Probleme ablaufen?“

„Aber das würde auch bedeuten, dass sich immer Wraith auf diesem Planeten aufgehalten haben“, fügte Ford hinzu. „Vielleicht sogar ein Basisschiff.“

„Ein Grund mehr, schnell von hier zu verschwinden“, trieb John die Anderen zu mehr Eile an.

„Aber warum hat das MALP dann nichts Verdächtiges aufgezeichnet?“, bohrte der junge Marine weiter.

„Wahrscheinlich haben sie noch ihren Winterschlaf gehalten und sind erst durch uns erwacht“, kam es von Teyla. „Das würde auch erklären, warum ich sie nicht eher gespürt habe.“ Sie schien sich selbst die Schuld für die Gefahr zu geben, in die sie alle geraten waren.

Doch bevor Sheppard etwas darauf erwidern konnte, hörte er ein hohes Summen. Während er „In Deckung!“ schrie, schnappte er sich im Weiterrennen McKay und tauchte im nächsten Hauseingang ab. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie Ford und Teyla ebenfalls in einer offenen Tür auf der gegenüberliegenden Straßenseite verschwanden. Nur kurz bevor der Wraith-Dart genau über die Stelle hinweg flog, an der sie gerade eben noch lang gelaufen waren.

Ein Stöhnen erinnerte den Major daran, dass er immer noch auf Rodney lag. Er richtete sich auf und reichte dem Kanadier eine Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen.

„Wenn Sie das nächste Mal das Bedürfnis haben, mir zu helfen, sollten Sie vielleicht versuchen, mich nicht mit ihrem Gewicht zu erdrücken“, murrte McKay. Als er jedoch Sheppards freches Grinsen sah, konnte er vor Erleichterung nicht anders als zurückzugrinsen. „Danke“, fügte er sogar noch leise hinzu.

Sie warteten noch einen Moment und rannten erst weiter, als sie sicher waren, dass der Dart vorerst nicht zurückkommen würde. Das sie bei diesem Tempo nicht genug auf den Untergrund achten konnten, nahmen sie dabei in Kauf. Vorbei an zerstörten Gebäuden, um Schuttberge herum oder wenn nicht anders möglich auch darüber hinweg. Dabei beteten sie jedes Mal, dass der Haufen nicht ins Rutschen geriet.

Der nächste Dart kam in genau dem Augenblick, als Sheppard oben auf einem dieser Schutthaufen war. Vor sich sah er Ford und Teyla, die gerade unten angekommen waren, Rodney war zumindest schon halb hinunter. Keine Chance, dass man sie diesmal übersehen würde, trotzdem versuchten sie nochmals schneller zu laufen.

Im Näherkommen schaltete der Dart seinen Beamstrahl ein, so dass John nichts anderes übrig blieb, als eine Warnung für sein Team auszustoßen und sich zur Seite fallen zu lassen. Geschwindigkeit aufnehmend rollte er den Haufen hinunter, wobei der halbe Hügel zusammen mit ihm ins Rutschen geriet. Erst eine Hauswand stoppte ihn abrupt und trieb die Luft aus seinen Lungen. Sheppard hatte nur noch Zeit, seine Arme hochzureißen, um seinen Kopf wenigstens ein wenig zu schützen, bevor er von der Schuttlawine begraben wurde.

Als Rodney den Warnruf des Majors hörte, versuchte er noch schneller zu laufen. Er war den Hügel fast hinunter und bemühte sich angestrengt ein Straucheln zu verhindern, als er spürte, dass der Dart direkt hinter ihm war. Doch anstatt von dem Beamstrahl erfasst zu werden, wurde er im letzten Moment zur Seite gerissen. Ford zerrte ihn hinter einen großen Stein in Sicherheit, wo auch schon Teyla Deckung gefunden hatte.

Nachdem die unmittelbare Gefahr vorbei war, suchten sie fieberhaft nach dem Major. Ohne auf sich selbst zu achten, gruben sie mit ihren bloßen Händen im Schutt.

„Hierher! Ich habe ihn gefunden!“, rief Teyla erleichtert. Sie hatte Sheppards rechten Arm entdeckt. Doch da sie jetzt wussten, wo sie graben mussten, hatten sie ihn schnell heraus geholt und halfen ihm auf die Beine, während er von Hustenkrämpfen geschüttelt wurde und versuchte allen Dreck auszuspucken, den er unfreiwillig geschluckt hatte. Unter all dem Staub konnten sie zudem zahlreiche Schürfwunden ausmachen.

Beim ersten Versuch alleine zu stehen, wäre John fast wieder zusammengeklappt, hätten ihn nicht Ford und Teyla festgehalten. Verdammt! Mir tut alles weh!, fluchte er in sich hinein. Laut beeilte er sich jedoch zu behaupten: „Es geht mir gut!“ Da nichts gebrochen schien, machte er einfach einen schmerzerfüllten Schritt nach dem anderen. Mühsam zog er die Luft zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hindurch und versuchte die besorgten Blicke seiner Freunde zu ignorieren. Glücklicherweise wurde es mit jedem Schritt besser und bald rannten sie wieder fast so schnell wie vorher durch die Straßen.

Die nächste Warnung kam von McKay, als sie etwa die Hälfte des Weges aus der Stadt heraus geschafft hatten. Er hatte gerade noch rechtzeitig auf den Detektor geschaut und entdeckt, dass eine Gruppe Wraith hinter der nächsten Ecke auf sie wartete. Um diese zu umgehen, gingen sie ein Stück zurück und bogen in eine andere Straße ein.

Stur mit den anderen mitlaufend, spürte Rodney, dass er langsam Seitenstechen bekam. Bitte nicht!, flehte er inbrünstig. Er wusste genau, dass die anderen ihn niemals zurücklassen würden, aber er wollte auch nicht der Grund für eine Gefangennahme des Teams sein, nur weil er nicht mehr konnte. Deshalb versuchte er die aufkommenden Schmerzen so lange wie möglich zu ignorieren. Doch irgendwie schlichen sie sich mit jedem Schritt mehr in sein Bewusstsein. Zunächst nur eine kleine Unannehmlichkeit, hatte er jetzt bei jedem Atemzug das Gefühl, jemand würde ihm ein glühendes Eisen in die rechte Seite stoßen.

Derart abgelenkt übersah der Kanadier die nächste Gruppe Wraith und das Team rannte fast in sie hinein, als sie um ein eingestürztes Gebäude herum hasteten. Im Bruchteil einer Sekunde hatte Sheppard die Situation erfasst und noch bevor er ganz zum Halten gekommen war und einer der sechs Wraith reagieren konnte, hatte er seine P90 hochgerissen und drückte ab.

Gerade als der erste Wraith zusammenbrach, fingen auch Ford und Teyla an zu feuern. Während er sah, wie die Kugeln seiner Begleiter ihr Ziel fanden, legte John auf einen weiteren Wraith an. Die beiden verbliebenen Wraith hatten sich mittlerweile gefasst und feuerten nun ihrerseits mit ihren Stunnern, doch bevor sie irgendjemanden treffen konnten, gingen auch sie getroffen zu Boden.

Nach nur wenigen Sekunden war alles überstanden und Sheppard ging zu der Stelle, an der McKay japsend auf dem Boden hockte. „Es tut mir leid, Rodney“, sagte er mit sanfter Stimme. „Aber wir müssen weiter. Jeder Wraith im Umkreis von einer Meile dürfte die Schießerei gehört haben und jetzt auf dem Weg hierher sein.“

Der Kanadier blickte ihn derart verzweifelt an, dass John weiter sprach. „Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass wir das hier überleben werden?“, meinte er zuversichtlich und wiederholte damit absichtlich den Satz, den er ihm bereits während des Absturzes gesagt hatte. Das schien jedoch genau das Richtige gewesen zu sein, denn auf einmal straffte sich Rodneys Körper und als der Major seine Hand ausstreckte, ergriff McKay diese und ließ sich aufhelfen. „Geben Sie mir zumindest Ihren Rucksack.“

Zusammen rannten sie weiter. Noch zweimal hörten sie Wraith-Darts näher kommen, konnten jedoch jedes Mal rechtzeitig in Deckung gehen. Auch die Wraith-Suchtrupps wurden frühzeitig entdeckt und konnten so umgangen werden. Endlich hatten sie die Stadt durchquert – in einer viel kürzeren Zeitspanne als am Tag zuvor – und erreichten den Stadtrand. Indem sie den Wraith weites gehend ausgewichen waren, hatte es sie jedoch ein ganzes Stück vom Weg abgebracht und sie kamen ein paar hundert Meter rechts des Hauptweges aus der Stadt heraus.

Sie hatten gerade beschlossen, zu versuchen, sich durch den Wald zum Stargate durchzuschlagen, als sie hinter sich Geräusche hörten. Die Wraith hatten sie gefunden. Sheppard nickte Teyla zu, die sich McKay griff und mit ihm zusammen losrannte, während der Major und Ford nach hinten absicherten. Nachdem sie einige Salven aus ihren P90 abgegeben hatten, drehten auch sie sich um und rannten los.

Nach und nach näherten sie sich dem Stargate. John hoffte inbrünstig, dass sie etwas Glück haben würden und die Wraith dort nicht schon auf sie warteten. An ihrer Stelle, wäre das Stargate zu umstellen, das Erste gewesen, was er gemacht hätte. Schnell schob er den Gedanken von sich. Damit konnte er sich immer noch befassen, wenn es soweit war. Außerdem war das Tor nun mal ihre einzige Chance von diesem Planeten herunterzukommen.

Endlich konnte Sheppard zwischen den Bäumen die glücklicherweise leere Lichtung mit dem Stargate erkennen. Ford, der vor ihm lief, verließ gerade den Wald und Rodney hatte, mit Teyla nur wenige Meter hinter sich, schon fast das DHD erreicht. Um ihnen noch ein wenig zusätzlich Zeit zu verschaffen, drehte sich John noch einmal um, um rückwärts rennend auf ihre Verfolger zu feuern und so ihren Vormarsch zu verzögern.

Doch als er wieder vorwärts weiterlaufen wollte, stand auf einmal unvermittelt ein Strauch in seinem Weg. Um diesen zu umrunden, musste er sich auch noch unter einem tief hängenden Ast hinwegducken. Dabei brach sein rechter Fuß ohne Vorwarnung in den Erdboden ein und John ging sich überschlagend zu Boden. Er wollte sofort wieder aufspringen, stürzte dank eines stechenden Schmerzes in seinem Fußgelenk jedoch gleich noch einmal.

Aber er hatte keine Zeit, um Kräfte zu sammeln. Mit jedem Moment den er zögerte, spürte er die Verfolger näher kommen. Sheppard versuchte deshalb ein zweites Mal aufzustehen. Diesmal hielt der Knöchel und er begann die Schmerzen ignorierend weiterzuhumpeln. Gleichzeitig fluchte er heftig über lästige Kaninchen oder was auch immer das entsprechende Äquivalent auf diesem Planeten war.

McKay musste das DHD benutzt haben, denn in dem Augenblick als John den Waldrand erreichte, sah er, wie sich das Wurmloch etablierte. „Lauft!“, befahl er seinen Freunden, während er versuchte schneller zu humpeln. Nur noch 50 Meter!, versuchte er sich selber anzutreiben. 50 Meter! Das wirst du doch schaffen!

Er fixierte das Stargate, als ob er es durch bloßes Wunschdenken näher heranbringen könnte. Dabei bemerkte er mit grimmiger Zufriedenheit, wie Teyla Rodney kurzerhand durch den Ereignishorizont schubste. Doch anstatt diesem zu folgen, drehte sich die Athosianerin um und zielte auf den Waldrand hinter Sheppard. Auch Ford ging nicht durch das Tor, als er das Stargate erreichte, sondern zielte mit seiner P90 auf ihre Verfolger.

John musste sich beherrschen, um ihnen nicht erneut „Lauft!“ zu zuschreien. Obwohl er sich fast verzweifelt wünschte, alle Teammitglieder in Sicherheit zu wissen, war ihm durchaus bewusst, dass er ohne ihre Unterstützung kaum Chancen hatte, selbst zu entkommen.

Mittlerweile bis auf 25 Meter an das Stargate herangekommen, wagte er einen Blick über die Schulter zurück – gerade als die ersten Wraith zwischen den Bäumen auftauchten. Sofort eröffneten Ford und Teyla das Feuer, doch gleichzeitig glaubte Sheppard ein weiteres Geräusch auszumachen. Unwillkürlich sah er im Laufen nach oben und suchte den Himmel danach ab. Ein Dart raste über die Lichtung hinweg, nur um in einiger Entfernung zu wenden und direkt auf ihn zuzuhalten.

Er versuchte nochmals das Tempo anzuziehen und schneller zu humpeln. Dabei übersah er jedoch, nur zehn Meter vom rettenden Stargate entfernt, einen halb im Erdreich vergrabenen Stein. Erneut landete John mit einem harten Aufprall, der ihm die Luft aus den Lungen trieb, auf dem Boden. Gerade als er sich wieder aufgerafft hatte, sah er wie sich die Augen seiner Freunde entsetzt weiteten und sie ihre Waffen auf den Dart über ihn richteten.

Ein verzweifeltes „Neeeeiiiiin!“ in den Ohren spürte er, wie ihn der Beamstrahl erfasste und sich die Welt um ihn herum plötzlich in nichts auflöste.


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Kapitel 2 by Lorien
Teil 8 – Verlust


‚Noch einen Schritt… nur noch einen weiteren Schritt…’ Wie ein Mantra wiederholte McKay ständig diese Wörter in seinem Kopf. Denn seine Welt hatte sich mittlerweile auf das Stück Waldboden direkt vor ihm reduziert. Nur noch wie mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen, während seine rechte Seite wie Feuer brannte. Mit jedem mühsamen Atemzug schien der Schmerz noch ein wenig tiefer zu kriechen, bis er sein gesamtes Bewusstsein ausfüllte.

In diesem Moment erreichte er endlich die Lichtung. Der Anblick des Stargates gab ihm noch einmal zusätzliche Kräfte und er rannte auf das DHD zu. Dort angekommen, begann er sofort mit dem Wählvorgang.

Als im Wald die unverkennbaren Schüsse einer P90 erklangen, drehte sich Rodney erschrocken herum und spähte an Teyla, die direkt hinter ihm stand, vorbei zum Waldrand. Er sah Lieutenant Ford, der die Lichtung bereits zur Hälfte durchquert hatte, direkt auf das Stargate zu rennen. Nur vom Major fehlte jede Spur. Besorgt versuchte der Kanadier Sheppard zwischen den Bäumen zu erspähen.

„Sie müssen den Wahlvorgang beenden, Rodney“, holte ihn Teylas eindringliche Stimme zurück. Er starrte sie für eine Sekunde bestürzt an, bevor er mit zitternden Händen die restlichen Symbole eingab und dann den Aktivierungsknopf drückte.

Als sich das Wurmloch aktiviert hatte, gab McKay seinen ID-Code ein. Beim Aufschauen, sah er endlich Sheppard auf die Lichtung kommen. Dann erkannte er jedoch, dass der Major mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte und zog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen hindurch. Trotz all seiner Ängste und eigenen Schmerzen verspürte Rodney das Bedürfnis zu Sheppard zu rennen und ihm zu helfen. Gerade als er einen Schritt vom Stargate wegmachte, packte Teyla seinen Arm, zog ihn kurzerhand zum Ereignishorizont und schubste ihn hindurch.

Noch ehe er wusste wie ihm geschah, war er auf der anderen Seite und stand in Atlantis. Verzweifelt drehte er sich herum und wartete darauf, dass die Anderen ihm durch das Stargate folgen würden. Die Sekunden strichen dahin, doch nichts passierte.

Am Rande bekam Rodney mit, wie jemand seinen Namen rief. Es interessierte ihn nicht. Er fixierte weiterhin das Wurmloch, als ob die Verbindung in genau dem Moment abbrechen würde, wenn er auch nur für eine Sekunde in seiner Aufmerksamkeit nachließ. Selbst als Dr. Weir direkt neben ihm stand, schaute er weiter unverwandt auf das Stargate.

Nach einer endlos wirkenden Zeitspanne, die in Wirklichkeit nur wenige Minuten gedauert hatte, teilte sich endlich der Ereignishorizont und Ford kam, Teyla mit sich ziehend, herausgestolpert. Sobald er hindurch war, rief der junge Marine: „Aktiviert den Schutzschild! Schnell!“

Rodney starrte Aiden erschrocken an. „Das können Sie nicht machen! Sheppard ist noch…“ In diesem Moment erst registrierte der Kanadier Teylas entsetzten Blick und wie auch sie verzweifelt auf das nun mit dem Schutzschild bedeckte Wurmloch schaute. In seinem Magen machte sich ein flaues Gefühl breit.

„Was ist passiert?“, meldete sich Dr. Weir an seiner Seite zu Wort. „Wo ist Major Sheppard?“

~~~~~

Elizabeth stand in ihrem Büro an der Scheibe und schaute nachdenklich auf das Treiben im Kontrollraum. Alles wirkte so normal und schien seinen üblichen Gang zu gehen. Das ist nicht richtig! Am liebsten hätte sie laut geschrieen, um wenigstens irgendeine Reaktion zu provozieren. Aber das wäre ungerecht gewesen. Die täglichen Abläufe mussten weitergeführt werden, ohne sie würde die Expedition über kurz oder lang im Chaos versinken. Egal ob nun jemand vermisst wurde, selbst wenn es sich dabei um den militärischen Leiter handelte.

Nach ihrer Frage unten im Torraum hatte es ein Weilchen gedauert, bis sie aus den verbliebenen Teammitgliedern die ganze Geschichte herausbekommen hatte. Wie sie die Stadt erkundet hatten und wie sie dann unabsichtlich das Wraithgerät aktiviert hatten. Auch von der Flucht hatten sie erzählt, bis zu dem Augenblick als Major Sheppard von dem Beamstrahl erfasst worden war.

Elizabeth hatte die drei danach erstmal zu einem gründlichen Check in die Krankenstation geschickt. Das war natürlich nicht ohne Diskussionen abgegangen, aber letztendlich hatten sie eingesehen, in ihrer jetzigen Verfassung nichts für John ausrichten zu können. Die letzten Proteste starben, als sie gedroht hatte, dass die drei nicht an einer etwaigen Rettungsmission teilnehmen dürften, wenn sie sie vor Ablauf einer Stunde und ohne wenigstens eine Dusche wieder sah.

Dr. Weir wollte diese Stunde auch für sich selbst. Um die Optionen abzuwägen und Vorbereitungen zu treffen – aber auch, um sich über ihre Schuldgefühle klar zu werden. Schließlich hatte sie selbst diese Mission genehmigt. Da half es auch nicht, wenn der logisch arbeitende Teil ihres Verstandes ihr erklärte, dass das notwendig gewesen war. Dass sie unbedingt ein ZPM brauchten, um Atlantis im Notfall verteidigen zu können und um die Erde über die Bedrohung durch die Wraith zu informieren. Niemand hatte sie darauf vorbereiten können, Männer und Frauen in den Tod zu schicken. Und es wurde auch nicht mit jedem Mal leichter.

Mit einem Seufzen wollte sie sich von der Scheibe abwenden, als ihr McKay auffiel, der sich nervös in einer Ecke des Kontrollraumes herumdrückte und immer wieder zu ihr herüberschaute. Entschlossenheit verströmend, die sie selbst nicht empfand, ging sie zu ihm rüber.

„Rodney! Ich hatte Ihnen doch befohlen, zu Dr. Beckett zu gehen!“

„Es war meine Schuld“, sagte er ungewöhnlich leise.

„Wie bitte?“

„Es war meine Schuld, dass der Major den Wraith in die Hände fiel. Ich war zu langsam. Ich habe alle aufgehalten. Er hätte mich zurücklassen sollen. Dann wären sie viel schneller gewesen!“, sprudelte es aus ihm heraus. „Er hat mich vorgeschickt und versuchte die Wraith aufzuhalten, nur damit ich entkommen konnte.“

„Rodney…“

„Es war meine Schuld! Warum bin ich nicht besser in Form?“

„Rodney!“

„Er hätte mich zurücklassen sollen…“, mittlerweile war es nur noch ein Flüstern.

„Dr. McKay!“ Endlich reagierte der Kanadier. „Sie wissen genau, dass das nicht wahr ist!“ Elizabeth schaute ihm fest in die Augen und zwang ihn, ihren Blick zu erwidern. „Sie wissen auch, dass der Major Sie niemals zurücklassen würde. Dafür sind Sie viel zu wertvoll für die Expedition. Wir können auch nicht zulassen, dass Sie in die Hände der Wraith fallen. Nicht mit ihrem Wissen! Das weiß auch Sheppard ganz genau und seine Aufgabe ist es nun einmal, dafür zu sorgen, dass Sie heil von jeder Mission zurückkommen.“ Sanfter fügte sie hinzu: „Außerdem liegt es einfach nicht in seiner Natur, jemanden zurückzulassen. Verstehen Sie? Es ist nicht Ihre Schuld!“

Rodney schien nicht wirklich überzeugt, auch wenn er zaghaft nickte. Sie befahl ihm noch einmal zu Dr. Beckett zu gehen, bevor sie in ihr Büro zurückkehrte, wo bereits Teyla auf sie wartete.

„Teyla…“

„Dr. Weir, bevor Sie irgend etwas sagen, hören Sie mir bitte zu“, sagte sie eindringlich. „Es war meine Schuld! Ich hätte die Wraith spüren müssen! Sofort als wir den Planeten betraten, merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich hätte die Anderen zum Umkehren bewegen müssen! Es tut mir leid.“

„Teyla, Sie erzählten doch aber, dass die Wraith erst durch ihr Erscheinen geweckt wurden. Da konnten Sie diese doch gar nicht eher spüren.“

„Ich habe aber etwas gefühlt. Eigentlich war es ganz deutlich da, nur habe ich mir selbst nicht genug getraut, um es in Worte zu fassen. Ich habe versagt.“ Die Athosianerin stand still vor dem Schreibtisch und schien bereit, jede Strafe zu ertragen.

„Teyla“, sagte Elizabeth erneut. „Sie haben gute Arbeit geleistet. Ohne Sie hätte es Dr. McKay niemals zurück zum Tor geschafft. Ich bin mir sicher, dass Major Sheppard das ganz genauso sehen würde. Und ohne ihr Gefühl wären sie doch nicht vorgewarnt gewesen und der Angriff völlig überraschend gekommen. So waren sie vorsichtig und hatten wenigstens die Chance zu entkommen.“ Weir hatte nicht das Gefühl, tatsächlich zu der Frau vor ihr durchzudringen.

„Ich weiß, aber…“

„Das bringt doch nichts! Gehen Sie lieber duschen und ruhen Sie sich etwas aus. Dann werden Sie auch wieder klarer denken können.“ Bei diesen Worten öffnete Elizabeth die Tür. „Ich will Sie nicht vor einer Stunde wieder sehen.“

„Ja, Dr. Weir.“

Doch die Ruhe währte nicht lange. Keine zehn Minuten später stand auch der letzte von Sheppards Team vor ihr. Der junge Marine war wenigstens geduscht und hatte eine frische Uniform angezogen. Dafür hatte er jedoch den gleichen wie betäubt wirkenden Gesichtsausdruck, den auch schon Rodney und Teyla gezeigt hatten.

„Lieutenant Ford, was kann ich für Sie tun?“, fragte Elizabeth, obwohl sie bereits ahnte, was er auf dem Herzen hatte. Sie wünschte sich, Sheppard könnte sehen, wie viel er seinen Teammitgliedern bedeutete.

„Dr. Weir, ich bin hier, um Ihnen mitzuteilen, dass ich die volle Verantwortung für die fehlgeschlagene Mission übernehmen werde“, sagte er ernst.

„Warum? Sie hätten doch nicht anders handeln können.“

„Ich hätte dem Major bessere Rückendeckung geben müssen und nicht zulassen dürfen, dass er so weit zurückfällt.“

„Aiden“, sagte Elizabeth, wobei sie erneut einen sanften Tonfall verwendete. „Nach dem zu urteilen, was Sie berichtet haben, haben Sie doch schon alles in ihrer Macht stehende getan. Sie blieben so lang wie möglich, um auf die Wraith zu feuern und dem Major zur Flucht zu verhelfen. Sheppard wusste genau, dass dies passieren konnte. Dieses Risiko bestand für jeden von Ihnen.“

„Ja, Ma’am…“ Doch auch Ford schien nicht wirklich überzeugt zu sein. „Darf ich Sie fragen, wann die Rettungsmission starten wird?“

„Ich sehe Sie gleich in der Besprechung, okay?“

Der junge Marine zögerte kurz, so als ob er genau spüren könnte, wie unsicher sich Weir in Bezug auf eine Rettungsmission war. Schließlich verließ er trotzdem ohne ein weiteres Wort das Büro. Elizabeth atmete tief durch.

Während sie ihre persönlichen Gefühle beiseite schob, versuchte sie noch einmal alle Optionen durchzugehen. War es eine Person wirklich wert, für sie bei einer Rettungsmission noch mehr Menschenleben aufs Spiel zu setzen? Andererseits wusste Sheppard einfach zu viel über Atlantis und die Erde, als dass sie riskieren konnten, ihn in den Händen der Wraith zu lassen. Den Gedanken, dass die Wraith ihn sofort getötet haben könnten, schob sie schnell wieder von sich. Elizabeth wog die Vor- und Nachteile ab und hatte trotzdem das Gefühl, egal für welche Aktion sie sich entschied, sie diese womöglich bereuen könnte.

Zum verabredeten Zeitpunkt begab sie sich in den Besprechungsraum, in dem bereits McKay, Teyla und Ford warteten. Auch Sergeant Bates, den sie dazu gebeten hatte, war schon anwesend. Bei ihrem Eintreten sahen vor allem Sheppards Teammitglieder erwartungsvoll auf.

Entschlossen trat sie an ihren Platz und sagte: „Lassen Sie uns einen Plan für die Rettung von Major Sheppard entwickeln!“





Teil 9 – Gefangen


Major John Sheppard kam langsam wieder zu sich und erinnerte sich sofort daran, wie ihn der Beamstrahl erfasst hatte. Vorsichtig schaute er sich um und erkannte schnell, wo er sich, auf dem Rücken liegend, befand. Die Zelle sah ganz genauso aus, wie die, in der Colonel Sumner, Teyla und die anderen auf dem Basisschiff festgehalten worden waren. Noch etwas benommen erhob er sich, wobei er seinen rechten Fuß nur vorsichtig belastete. Dann schaute er sich den Raum etwas genauer an.

Die Wände schienen aus einem organischen Material zu bestehen, wie er leicht angeekelt feststellte, als er mit der Hand darüber strich. Trotzdem stellten sie ein genauso unüberwindbares Hindernis wie künstliche Wände dar, zumal man ihm alles abgenommen hatte, was er vielleicht als Werkzeug hätte verwenden können. Außer den Hosen und dem T-Shirt hatte man ihm nichts gelassen, sie hatten sogar seine Schuhe mitgenommen. Dies erlaubte ihm einen guten Blick auf seinen rechten Knöchel, der bereits anschwoll und in den verschiedensten Farben zu schillern begann.

Als nächstes wandte sich John der Tür seiner Zelle zu, die von einer netzartigen Struktur verschlossen wurde. Und obwohl die Streben nicht sonderlich fest aussahen, gaben sie doch kein Stück nach, als er an ihnen rüttelte. Bei einem Blick nach draußen sah er, dass sein Gefängnis an einer Ecke lag. Ein Gang führte direkt auf die Zelle zu, der andere ging nach rechts ab.

Nach einer eingehenden Prüfung musste sich Sheppard eingestehen, dass er hier vorläufig festsaß. Um Kräfte zu sparen, ließ er sich in einer Ecke nieder. Dabei fragte er sich, was die Wraith wohl mit ihm vorhatten. Würden sie sich sofort an ihm nähren? Bei dem Gedanken schlich sich ungebeten das Bild von Colonel Sumner, kurz bevor er auf diesen geschossen hatte, in seinen Kopf und verursachte ihm eine Gänsehaut. Aber auch die Alternative, dass man ihn für Befragungen am Leben erhielt, war nicht wirklich erstrebenswert. Er war lang genug Soldat, um zu wissen, dass dies nicht ohne Schmerzen ablaufen würde.

Gleichzeitig hoffte John, dass die Abwesenheit von Teyla und Ford ein gutes Zeichen war, und es die beiden rechtzeitig durch das Stargate nach Atlantis geschafft hatten. Die Gefangenschaft würde bedeutend einfacher zu ertragen sein, wenn er sich nur um sich selbst Sorgen machen musste.

Einige Minuten später hörte er, wie sich seiner Zelle Schritte näherten. Nicht willens aus einer deutlichen Position der Schwäche heraus zu agieren, stand Sheppard wieder auf und stellte sich trotzig in die Mitte des kleinen Raumes. Gleichzeitig kamen drei Wraith aus dem rechten Gang und bauten sich drohend vor seinem Gefängnis auf. Wie auf einen unsichtbaren Befehl hin teilte sich die Tür, und der mittlere Wraith, einer von den höher entwickelten, starrte den Major herausfordernd an.

„Hi! Schön, Euch kennen zu lernen!“, versuchte John die Situation aufzulockern.

Doch der Wraith schwieg und bedeutete ihm mit einer herrischen Geste seines Kopfes zu folgen.

„So geht das aber nicht! Wir sollten uns erst einmal angemessen vorstellen. Ich bin Major John Sheppard, US Air Force. Und Du…?“ Der Wraith starrte ihn ausdruckslos an. „Na dann gebe ich Dir eben einen Namen… Wie wäre es mit Jim? Ja… Jimmy gefällt mir gut.“

„Jim“ verriet mit keinem Hauch einer Bewegung, was er von seinem Namen hielt. Allerdings bewegten sich auf einmal die beiden Drohnen, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten. Ohne erkennbare Anweisung gingen sie auf Sheppard zu, packten seine Arme und schleiften ihn einfach mit sich mit.

„He!“, protestierte dieser. „Nett fragen hätte auch gereicht!“

Als sie die Zelle verlassen hatten, folgten sie dem vorausgehenden „Jim“ durch endlos scheinende Gänge. Immer wieder versuchte John auf die Beine zu kommen und mitzulaufen, da das Geschleife seinen nackten Füßen und besonders seinem verstauchten Knöchel nicht bekam. Doch jedes Mal, wenn er den richtigen Rhythmus gefunden hatte, zerrte einer der beiden Wraith, die ihn hielten, an seinem Arm und brachte ihn wieder aus dem Gleichgewicht.

Nach einer Weile traten sie aus dem letzten Gang in einen größeren sich nach oben öffnenden Raum, dessen eine Hälfte im Dunkeln lag. Während Sheppard angestrengt versuchte, auch in den Schatten etwas zu erkennen, wurde ihm bewusst, dass der Raum ihm bekannt vorkam. Obwohl die Einrichtung komplett anders war, ähnelte er in seiner Grundstruktur dem, in dem der Major der Wraith-Hüterin begegnet war. Auf einem Tisch in der Nähe der Wand sah er all seine Sache liegen.

Die beiden Drohnen schleiften ihn an den Rand des Schattens, stellten ihn auf seine Füße und postierten sich ein Stück hinter ihm. „Jim“ verschwand im Schatten und John versuchte ihm so lang wie möglich mit seinem Blick zu folgen. Auf einmal bemerkte er eine weitere Bewegung im Dunkeln. Zunächst sah er nur einen helleren Fleck, der sich ihm näherte, jedoch bald als Gesicht zu erkennen war.

Eine Königin! Im Gegensatz zu der Hüterin hatte diese hier eine ziemlich grüne, ungesund wirkende Hautfarbe. Ihr langes, schwarzes Haar fiel in leichten Locken auf ihr ebenfalls schwarzes Kleid. So hatte es noch immer den Anschein, als ob sie ein Teil der Schatten wäre. Mit langsamen Schritten bewegte sie sich fließend auf Sheppard zu und starrte ihn dabei an, als ob er ein interessantes Spielzeug wäre.

Noch während sie näher kam, spürte John wie etwas Kaltes und Übelkeit verursachendes seinen Geist streifte. Als er sich vor Ekel schüttelte, bohrte dieses Etwas gleichzeitig tiefer und tiefer und begehrte Einlass zu seinem Inneren. Es bemühte sich, seine Gedanken zu umfassen und seinen Willen zu biegen. Nein!, dachte er verzweifelt. Das gehört nur mir! Mit einem mentalen Kraftakt versuchte er, so etwas wie eine geistige Barriere aufzubauen.

„Du bist stark, Mensch!“, zischte die Wraith-Königin. „Doch das wird Dir nichts nützen und nur Deine Leiden verlängern. Sag mir, was ich wissen will, und Du wirst einen schnellen Tod haben.“

„Ich will aber nicht sterben“, versuchte Sheppard zu protestieren. „Könnten wir nicht über eine Alternative diskutieren?“

Ihn ignorierend fuhr die Königin fort: „Ihr seid anders als all die Menschen, die bisher diesen Planten betreten haben. Wo kommt Ihr her? Ihr wart auch die Ersten, die etwas mit dem Gerät der Lantianer anfangen konnten. Woher habt Ihr das Wissen? Wie konntet Ihr euch überhaupt so weit entwickeln?“

Während sie sprach, brachte sie ihr Gesicht immer näher an das von John und strich ihm mit einem Finger fast liebevoll über die Wange. Gleichzeitig spürte er, wie sich der Druck auf seinen Geist noch erhöhte.

„Was ist los?“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. „So weit ab vom Geschehen, dass Ihr die aktuellsten Entwicklungen in der Galaxis gar nicht mitbekommen habt?“

Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie sich etwas auf sein Gesicht zu bewegte, aber es war bereits zu spät zum Ausweichen. Mit voller Wucht erwischte ihn die Faust der einen Wraith-Drohne direkt auf dem linken Auge. John spürte, wie die vom Jumper-Absturz stammende Wunde wieder aufplatzte und warmes Blut sein Gesicht herab lief. Er taumelte, wurde von der anderen Drohne jedoch im letzten Moment aufrecht gehalten. Benommen richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Königin.

„Frechheit wird Dich auch nicht retten“, zischte sie höhnisch. „Wir sind vielleicht etwas spät erwacht, aber dadurch ist unser Hunger nur umso größer. Ihr Menschen könnt uns nicht entkommen!“

Auf ihr Zeichen hin wurde Sheppard von hinten gepackt und festgehalten. Der zweite Wraith trat vor ihn, bevor er ihm ohne zu zögern mit der Faust in den Magen schlug. John konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken und wäre ohne den Halt vor Schmerz zusammengeklappt.

Die Königin brachte ihr Gesicht wieder dicht an seines heran. „Wo kommst Du her? Wie heißt Deine Welt?“

Während die Wraith-Drohne Sheppard erneut schlug, versuchte sie die Ablenkung zu nutzen, um tiefer in seinen Geist einzudringen. Davon überrascht konnte er seine Abwehrmauern nicht schnell genug errichten.

„Erde“, sagte sie triumphierend. „Ihr nennt eure Welt Erde. Und jetzt wirst Du mir auch noch den Rest verraten!“

John war auf sich selbst wütend, dass er sich so leicht hatte überrumpeln lassen. Um seinen Frust nicht laut herauszuschreien, biss er die Zähne zusammen und versuchte sich auf das Kommende vorzubereiten. Die Schläge der Drohne so gut wie möglich zu ignorieren, war die einzige Chance, sich voll auf die Königin konzentrieren zu können.

Ihre Angriffe waren wie ein schleichendes Gift, das seine geistigen Grundmauern zermürbte. Er fühlte sich innerlich schmutzig und besudelt. Bei jedem Schlag versuchte sie, etwas tiefer in seinen Geist zu dringen, und nur mit großer Anstrengung gelang es ihm, sie außerhalb seines Innersten Ichs zu halten. Für irgendetwas muss meine Sturheit doch gut sein, kam es ihm in den Sinn. Doch bald war er nicht mehr zu bewusstem Denken fähig.

Seine Welt reduzierte sich auf einen einzigen Satz, den er wie ein Schutzschild immer wieder wiederholte: „Major John Sheppard, US Air Force… Ich bin Major John Sheppard…“

Er kehrte erst in die Wirklichkeit zurück, als bei einem der Schläge eine seiner Rippen mit einem ekelhaften Geräusch brach. Diesmal schrie er vor Schmerzen laut auf. Um sich abzulenken und seinen Geist weiterhin zu schützen, sagte er seinen Satz jetzt laut vor sich hin: „John Sheppard…“

Erst als er von einem Hustenanfall geschüttelt wurde und Blut spuckte, befahl die Wraith-Königin den Drohnen, von ihm abzulassen. Nachdem er seines Haltes beraubt wurde, fehlte John die Kraft, aufrecht stehen zu bleiben. Am Rande der Bewusstlosigkeit treibend fiel er zu Boden.

„Bring ihn in eine der Aufbewahrungskammern!“, sagte die Königin in Richtung der Schatten. „Dort sollte der zerbrechliche Körper dieses Menschen so weit wieder hergestellt werden, dass wir die Befragung fortsetzen können.“

Der Wraith, den Sheppard „Jim“ getauft hatte, trat aus der Dunkelheit heraus und blickte zufrieden auf den blutenden Menschen am Boden. In einem Akt purer Böswilligkeit hob er seinen Fuß und trat mit voller Wucht auf die rechte Hand des Majors. Bei dem Übelkeit erregenden Geräusch brechender Knochen verlor dieser endgültig das Bewusstsein. Dann erst nickte „Jim“ den beiden Drohnen zu, die John unter den Achseln packten und aus dem Raum herauszerrten.





Teil 10 – Unglücklicher Zufall


Im Besprechungsraum waren die Emotionen am Kochen. Nachdem Sergeant Bates seiner Meinung Ausdruck verliehen hatte, dass es nicht sinnvoll wäre, so viele Menschenleben für einen Einzelnen bei einer Rettungsaktion zu gefährden, waren die verbliebenen Mitglieder von Sheppards Team in lautstarke Proteste ausgebrochen. Elizabeth war nichts anderes übrig geblieben, als vermittelnd einzugreifen, um eine produktive Diskussion zu ermöglichen.

„Es wäre unverantwortlich eine Rettungsmission zu starten“, sagte Bates gerade. „Wir wissen nichts! Das Team kann doch nicht einfach blind losziehen. Der Major könnte schon längst auf einen anderen Planeten gebracht worden sein, wenn er überhaupt noch am Leben ist.“

„Und was ist, wenn er noch am Leben ist?“, rief McKay. „Wenn die Wraith versuchen Informationen über die Erde aus ihm herauszuholen?“

Bei diesen Worten wurde es auf einmal ganz still in dem Raum. Sie hatten wahrscheinlich alle bereits darüber nachgedacht, aber zu hören, wie es jemand laut aussprach, gab dem Ganzen plötzlich ein erschreckendes Gewicht. Was würden die Wraith dem Major antun? Konnte dieser dem standhalten oder würde bald ein Basisschiff – oder gar mehrere – über Atlantis auftauchen?

„In einem Punkt muss ich Sergeant Bates Recht geben“, brach Dr. Weir das Schweigen. „Wir können nicht einfach blindlings und ohne Informationen zu dieser Mission aufbrechen.“

„Dann schlage ich zunächst einen Aufklärungseinsatz vor.“ Dieser Einwurf kam von Lieutenant Ford. „Wir vermuteten, dass sich die Wraith schon länger auf dem Planeten aufgehalten haben könnten. Vielleicht sogar in einem Basisschiff, ähnlich wie auf der Welt mit den Käfern. Mit einem getarnten Jumper müssten sich ausreichend Informationen sammeln lassen.“

Das ließ sie neue Hoffnung schöpfen und alle schauten erwartungsvoll auf Elizabeth. „Machen Sie es so. Nehmen Sie sich Markham als Piloten und versuchen Sie so viel wie möglich herauszufinden.“ Sie konzentrierte sich besonders auf Teyla, Ford und McKay und fuhr dann fort: „Aber beachten Sie, dass das nur eine Aufklärungsmission wird. Ich will keine überstürzten Alleingänge erleben! Verstanden?“ Zustimmendes Nicken.

Keine Stunde später wartete der Jumper startbereit vor dem aktivierten Stargate. Ford hatte den Co-Pilotensitz für sich beansprucht, während Teyla und McKay in den Stühlen dahinter Platz genommen hatten. Dabei hielt der Kanadier einen Computer auf den Knien, den er an die Kontrollen des Jumpers angeschlossen hatte, um alle eingehenden Daten zu überwachen. Nach einem letzten Nicken von Elizabeth, steuerte Markham das kleine Gefährt durch das Tor und tarnte es sofort, als sie auf der anderen Seite herauskamen.

Die Nacht war bereits angebrochen und sie mussten sich zum Fliegen auf die Instrumente verlassen. Zunächst steuerten sie auf die verlassene Stadt zu, von wo aus sie mit ihrer Suche beginnen wollten. Als sie die Ruinen fast erreicht hatten, sagte Teyla auf einmal: „Sie sind noch hier. Ich kann es fühlen. Es befinden sich noch Wraith auf dem Planeten.“

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Die Wraith-Königin befand sich allein in ihrem Thronsaal und dachte über den Menschen nach. Er irritierte sie und es ärgerte sie maßlos, dass er sich als so widerstandsfähig gegen ihre Beeinflussung gezeigt hatte. Das ist doch nur ein einfacher Mensch! Wie kann er es wagen, sich zu wehren! Allerdings hatte sie das darauf aufmerksam gemacht, dass mehr an diesem Mann war, als der erste Eindruck zeigte. Die Menschen in dieser Galaxis waren normalerweise total eingeschüchtert, wenn sie plötzlich vor einem Wraith standen, dem Monster aus all ihren Alpträumen. Doch er hatte die Frechheit gehabt, ihr zu widersprechen. Bei der Erinnerung daran verzog sich ihr Gesicht vor Abscheu. Sie würde ihm sein Geheimnis schon noch entreißen. Seine Leute schienen technologisch recht weit fortgeschritten zu sein und das würde bedeuten, dass es auf dieser Welt „Erde“ wahrscheinlich auch eine zahlreiche Bevölkerung geben würde, die nur darauf wartete ausgedünnt zu werden. Vor Vorfreude zitternd, beschloss sie diesen widerspenstigen Menschen so lange am Leben zu erhalten, bis seine Welt vernichtet worden war. Im Angesicht seiner Niederlage würde sie sich mit Genuss an ihm nähren.

Allerdings hatte er mit einer seiner frechen Bemerkungen an einem wunden Punkt gerührt. Sie hatte tatsächlich keine Ahnung, was in der restlichen Galaxis so vor sich ging. Sicherlich befanden sie sich auf diesem Planeten weit am Rand, aber das war nicht das Problem. Aus irgendeinem Grund hatte sie die Verbindung zu den anderen Königinnen verloren. Sonst in ein großes Netzwerk eingebunden, in dem Informationen ausgetauscht und Strategien beschlossen worden, war sie auf einmal von allem abgeschnitten. Sie konnte nicht einmal spüren, ob die anderen Völker ebenfalls erwacht waren oder noch schliefen.

Gedankenverloren starrte sie auf den Blutfleck in der Mitte des Raumes, als ihr plötzlich eine Berührung am Rande ihres Bewusstseins auffiel. Auf ihren Ruf hin betrat „Jim“ den Saal.

„Es sind Fremde auf dieser Welt“, sagte sie. „Darunter mindestens eine der Personen, die durch das Tor entkommen sind.“

„Wir haben eine Aktivierung festgestellt, auf unseren Sensoren jedoch nichts Auffälliges entdecken können.“

„Ich kann sie genau spüren. Sie ist eine von denen, die unsere Anwesenheit besonders fühlen können. Und sie ist nicht allein hier.“ Sie starrte den ihr unterwürfig gegenüberstehenden Wraith an und befahl: „Findet sie! Sie dürfen nicht entkommen! Auch wenn sich dieser Mensch in einem der lantianischen Schiffe, die sich tarnen können, befindet, müssten selbst die Drohnen ihre Anwesenheit spüren können, wenn sie näher kommt und sie wissen, wonach sie suchen sollen.“

„Ja“, sagte er mit einem demütigen Kopfneigen und verließ den Raum.

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Teyla konnte die Wraith in ihrem Geist spüren. Sie mochte das Gefühl nicht, es war beunruhigend und jedes Mal fühlte sie sich, als ob ihr eigenes Ich durch die Berührung ein Stück verlieren würde. Doch sie ertrug diese „Gabe“, die es ihr schon öfters ermöglicht hatte, ihr Volk rechtzeitig vor Angriffen der Wraith zu warnen und so viele Leben zu retten.

Um sich von ihren Empfindungen abzulenken, schaute sie Dr. McKay dabei zu, wie er auf seinem Computer herumtippte. Auf einmal schaute er auf. „Ich habe etwas gefunden! Fliegen sie rüber zu diesem Gebirge, das sich rechts von unserem jetzigen Kurs befindet.“

Nach einem bestätigenden Nicken von Lieutenant Ford betätigte Markham die Kontrollen und lenkte den Jumper in die gewünschte Richtung. Als sie sich den Bergen näherten, erschien auf der holographischen Cockpitanzeige ein genaues Abbild dessen, was der Kanadier entdeckt hatte und sie erkannten, das einer der Hügel etwas ganz anderes war.

„Verdammt, ist das groß!“, rutschte es dem jungen Piloten heraus.

Auf dem Bild vor ihnen sahen sie ein gewaltiges Schiff, das halb im Boden vergraben auf der Oberfläche des Planeten ruhte. Noch während sie die Anzeige studierten, sahen sie, wie sich drei kleinere Punkte davon lösten.

„Darts“, sagte McKay alarmiert.

„Solange wir getarnt sind, dürften sie uns eigentlich nicht entdecken“, versuchte Markham die Anderen zu beruhigen.

Doch Ford, der die drei Punkte nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hatte, fiel etwas Eigenartiges auf. „Und warum halten sie dann direkt auf uns zu?“

Keine Sekunde später feuerte der vorderste Wraith-Dart auf sie. Und obwohl der Schuss ziemlich weit daneben ging, war deutlich, dass er dem getarnten Jumper galt. Erschrocken fuhren sie zusammen. Markham riss ihr kleines Gefährt geistesgegenwärtig herum und flog zurück in Richtung Stargate.

Die drei Darts folgten ihnen und holten unerbittlich auf. Dabei feuerten sie immer wieder und jeder Schuss schien näher heranzukommen. Obwohl der junge Pilot ständig gewagte Ausweichmanöver flog, wurde schnell klar, dass er nicht Major Sheppards intuitive Kontrolle über den Jumper hatte.

Nachdem sie gerade noch so einigen Beinahetreffern entkommen konnten, geschah es. Der Jumper reagierte zu langsam und wurde auf der rechten Seite von einem Streifschuss erwischt. Für einen Moment fielen alle Anzeigen aus und das kleine Gefährt sackte ein Stück ab. Mit einem Flackern gingen die Lichter jedoch wieder an und Markham schaffte es, den Jumper gerade noch rechtzeitig über dem Boden abzufangen und – jetzt ungetarnt – weiterzufliegen.

Währenddessen klammerte sich Rodney entsetzt an seinen Stuhl und murmelte vor sich hin. „Nicht schon wieder! Warum immer ich? Fliegen ist angeblich so sicher!“

Doch der Streifschuss sollte noch weitere Folgen haben. Als sie sich endlich dem Stargate näherten, wählte Ford Atlantis an und Markham hielt direkt darauf zu. Dabei nutze er einen kleinen Vorsprung aus, den er dank eines besonders gewagten Manövers herausgeholt hatte. Doch anstatt das Tor zu durchqueren, riss er den Jumper in letzter Sekunde hoch und raste darüber hinweg.

„Warum haben Sie das gemacht?“, verlangte Rodney entsetzt zu wissen.

„Das Triebwerk lässt sich nicht mehr einfahren“, brachte der junge Pilot betäubt hervor. „Wahrscheinlich ist es durch den Streifschuss beschädigt worden.“

„Oh Gott…“ Alle konnten sich noch sehr gut daran erinnern, was das letzte Mal passiert war, als sich die Triebwerke nicht richtig einfahren ließen. Damals hatten sie festgesteckt, doch solange das Triebwerk komplett ausgefahren blieb, würden sie gar nicht erst hindurchpassen.

~~~~~

Er hatte längst jegliches Zeitgefühl verloren. Aber das spielte keine Rolle, da Zeit für ihn nicht mehr etwas war, dass man in Stunden oder Minuten maß, sondern etwas, dass in Phasen mit Befragungen und Abschnitten des Dahindriftens unterteilt wurde.

Ein Zyklus begann in der Regel damit, dass die Wraith in unregelmäßigen Abständen immer wieder kamen, um ihn abzuholen und vor die Königin zu schleifen. Deren Anstrengungen in seinen Geist einzudringen, nahmen Sheppard meist noch mehr mit, als die körperlichen Schmerzen. Mittlerweile verfolgte ihn ihre flüsternde Stimme in seinem Kopf, selbst wenn er nicht mehr in ihrer direkten Nähe war.

Jedes Mal wenn sein Körper anfing zu versagen, brachten sie ihn in die kleine Kammer zurück. Nach der ersten Befragung konnte er bereits nach einer kurzen Zeitspanne eine deutliche Verbesserung seines Zustandes verspüren. Das Atmen fiel ihm leichter und das Pochen in seiner rechten Hand ließ nach, auch wenn er nicht lang genug drinnen blieb, als dass eine richtige Heilung hätte beginnen können. Doch jedes Mal brauchte sein Körper mehr Zeit, um sich zu erholen und die Phasen des Dahintreibens wurden immer länger.

Während er zu Beginn noch darüber nachgrübelte, wie er entkommen könnte und einen verrückten Fluchtplan nach dem anderen verwarf, hatte er jetzt Probleme sich überhaupt noch an seinen Namen zu erinnern. Atlantis schien ein ganzes Leben weit entfernt. Körperlich und geistig fast vollkommen erschöpft, war John trotzdem nicht bereit aufzugeben und kämpfte mit jedem mühsamen Atemzug darum am Leben zu bleiben.





Teil 11 – Vorbereitungen


Sie saßen jetzt schon seit sechs Stunden hier fest. Hoffentlich weit genug vom Stargate und vor allem vom Basisschiff entfernt, um entdeckt zu werden. McKay hatte zunächst ohne größere Probleme die Tarnung wieder hergestellt, versuchte aber immer noch verzweifelt, das Triebwerk zu reparieren.

Nachdem sie festgestellt hatten, dass sie nicht durch das Stargate fliegen konnten, erkannten sie, dass sie erst die Darts abhängen mussten, damit sie landen und den Jumper reparieren konnten. Dafür hatten sie sich einen nicht ungefährlichen Plan ausgedacht.

Zunächst versuchten sie etwas Vorsprung zu gewinnen. In einer verzweifelten Hatz durch die Nacht, immer knapp über dem schwarzen Wald, fielen zwei der Wraith-Jäger ein Stück zurück. Den Dritten schien die durch die aufragenden Bäume ausgehende Gefahr jedoch nicht zu stören und er klebte weiter unerbittlich an ihrem Heck.

Das veranlasste Markham zu einem verrückten Manöver, welches selbst Sheppard vor Anerkennung hätte pfeifen lassen. Als er sich auf das linke Triebwerk konzentrierte, befahl der junge Pilot diesem für den Bruchteil einer Sekunde auf Gegenschub zu gehen. Mit dem protestierenden Kreischen von Metall wurde der Jumper dadurch unvermittelt in einer 180-Grad-Drehung herumgerissen, bevor er entgegengesetzt zur bisherigen Flugrichtung weiter flog. Durch dieses Manöver vollkommen überrascht, raste der erste Dart einfach an ihnen vorbei. Die beiden hinteren fassten sich schneller und eröffneten das Feuer, wurden jedoch, bevor sie ernsthaften Schaden anrichten konnten, von Drohnen des Jumpers getroffen. Zwei Feuerbälle erhellten kurz hintereinander den Nachthimmel.

Auch wenn sie nun etwas Vorsprung hatten, gab der verbliebene Jäger einfach nicht auf und schaffte es sogar langsam aber beständig aufzuholen. Da griffen sie zu ihrem verzweifelten Plan. Der Wald wies in dieser Gegend immer wieder kleinere Lichtungen auf und beim nächsten Beinahetreffer des Darts tauchten sie in eine dieser Lücken ab. Während er direkt auf den Boden zuhielt, feuerte Markham zwei weitere Drohnen ab. Den Jumper abrupt abbremsend, steuerte er ihn mitten durch den aufsteigenden Feuerball auf den Waldrand zu und landete ihn so weit wie möglich unter den Bäumen. Die Energie komplett heruntergefahren, warteten sie mit angehaltenem Atem und hofften, dass es von der Luft so ausgesehen hatte, als wären sie abgestürzt und explodiert.

Sie konnten hören, wie der Dart über der Lichtung kreiste, als Teyla plötzlich zusammenzuckte und sich an den Kopf fasste.

„Was ist los?“, fragte Rodney alarmiert.

Zwischen zusammengebissenen Zähnen stieß sie hervor: „Etwas tastet nach mir. Versucht mich auf mentaler Ebene zu finden.“ Mit bleichem Gesicht sah sie auf. „Oh nein! So haben sie uns gefunden, obwohl der Jumper getarnt war. Wie konnte ich nur so dumm sein!“

„Hat der Wraith Sie jetzt gespürt?“

„Ich weiß nicht. Als ich das Tasten gespürt habe, zog ich mich sofort zurück und versuchte meinen Geist abzuschirmen.“

In diesem Moment drehte der Jäger, nach einer abschließenden Runde, in Richtung Basisschiff ab. Erleichtert atmeten alle auf. Ford drehte sich zu McKay um und befahl: „Fangen Sie sofort mit den Reparaturen an. Spätestens bei Tageslicht werden die Wraith bestimmt wiederkommen und dann werden sie sofort erkennen, dass hier kein Jumper explodiert ist.“

Ohne zu murren machte sich der Kanadier an die Arbeit. Nachdem er die Tarnung wieder zum Funktionieren gebracht hatte, verließen sie die Lichtung und versteckten sich ein ganzes Stück abseits in einem anderen Teil des Waldes.



Dr. Rodney McKay starrte frustriert auf die Leitungen des Triebwerks vor sich. Es war nicht zu fassen, aber das verdammte Ding ließ sich einfach nicht reparieren. Als ob es ihn aufziehen wollte, funktionierten die Simulationen auf seinem Computer jedes Mal perfekt, aber sobald sie es real versuchten, ließ sich das Triebwerk immer noch nicht einziehen.

„Das kann doch nicht wahr sein“, murmelte er beleidigt vor sich hin. „Das machst du doch mit Absicht!“ Wütend versetzte er dem Jumper einen Tritt.

Dadurch aufmerksam geworden, kam Lieutenant Ford herüber. „Fortschritte, Doktor?“

„Bald“, beeilte sich der Kanadier zu versichern.

„Das haben Sie schon vor 30 Minuten gesagt“, erwiderte der junge Marine unbeeindruckt. „Und 30 Minuten davor, und…“

„Und wenn Sie nicht so oft kommen und mich bei der Arbeit stören würden, wäre ich schon längst fertig!“

„Beeilen Sie sich einfach. Sie wissen, dass jede Minute zählen könnte.“

„Ja, ich weiß“, sagte Rodney schon viel friedlicher. Er erinnerte sich noch genau an die Diskussion kurz nachdem die Tarnung wieder funktionierte. Während er weiter arbeitete, hatten die anderen die gesammelten Daten ausgewertet und dabei festgestellt, dass auf dem gesamten Basisschiff nur etwa 40 Lebenszeichen gescannt worden waren. Am liebsten wären sie sofort losgezogen, um den Major herauszuholen. Aber Weir hatte einen direkten Befehl gegeben und Ford konnte sich einfach nicht dazu durchringen, sich darüber hinweg zu setzen. McKay fragte sich, was Sheppard in dieser Situation gemacht hätte. Andererseits konnten sie auch nicht so einfach in das Basisschiff eindringen. Sich 40 Wraith entgegen zu stellen, wäre glatter Selbstmord gewesen und damit wäre dem Major auch nicht geholfen gewesen. Trotzdem war es fast unerträglich zu warten, wenn man die Gefahr bedachte, in der sich Sheppard befand. Den Gedanken, dass dieser bereits tot sein könnte, ließ er nicht einen Moment zu.

Rodney wandte sich wieder dem aufsässigen Triebwerk zu, niemals bereit eine Niederlage einzugestehen. Während er zwischen den Leitungen herumstocherte, fiel ihm eine bestimmte Verbindung auf. Oh-oh! Das konnte doch nicht wahr sein, aber er war tatsächlich Schuld an dem Absturz vor ein paar Tagen gewesen. Wie konnte er nur dieses Kabel falsch angesteckt haben? Und warum hatte der Computer den Fehler nicht angezeigt? Schuldbewusst blickte er sich um und schalt sich dann selbst. Denn wie sollten die Anderen denn davon wissen?

Das Piepen des Funkgerätes unterbrach plötzlich seine Gedanken. Er sah, wie Ford zu den Kontrollen rannte.

„Atlantis, hier ist Jumper drei. Sind Sie das?“, hörte er den Lieutenant fragen.

„Ja, hier Dr. Weir. Sie sind überfällig und wir haben uns schon Sorgen gemacht.

„Wir haben nicht viel Zeit, damit wir die Wraith nicht auf uns aufmerksam machen“, beeilte sich Ford zu sagen. „Es ist uns gelungen, alle notwendigen Informationen zu beschaffen und eine Rettungsaktion ist nicht unmöglich. Aber ein Triebwerk unseres Jumpers lässt sich nicht mehr einfahren, weshalb wir momentan nicht durch das Stargate zurück können. Ich schlage vor, dass sie zwei Jumper mit Soldaten schicken, die uns unterstützen können.“

Man spürte förmlich, wie es in Elizabeths Kopf angesichts der plötzlich auftretenden Schwierigkeiten arbeitete, aber letztendlich stimmte sie zu. „Die Teams werden in einer Stunde einsatzbereit sein. Schaffen Sie das?“

„Ja. Bis dahin haben wir einen Plan fertig ausgearbeitet und werden sie am Stargate erwarten. Und lassen Sie sie reichlich Waffen und Munition mitbringen.“

„Und am besten auch einen Naquadah-Generator“, mischte sich Rodney ein. „Wenn wir schon mal hier sind, können wir auch gleich das gesamte Basisschiff in die Luft jagen“, fügte er mit einem Achselzucken hinzu.

Nachdem das Gespräch beendet war, wechselten sie zur Sicherheit noch einmal das Versteck, bevor Rodney so schnell wie möglich weiterarbeitete. Die Anderen setzten sich zusammen, um ihrem Plan die letzten Feinheiten zu verpassen. Gerade als McKay dem Triebwerk erneut einen frustrierten Tritt gab und den anderen gestehen wollte, dass er es nicht rechtzeitig repariert bekommen würde, fuhr es endlich ein.

Zur verabredeten Zeit warteten sie getarnt am Stargate auf die beiden Jumper. Auf dem Weg zum Basisschiff, informierten sie die Anderen über ihren Plan, der so aussah, dass jeweils zwei Leute die Jumper fliegen würden. So konnten sie den Teams am Boden Luftunterstützung geben und gleichzeitig für Ablenkung sorgen. Währenddessen würden sich die Anderen in zwei Gruppen aufteilen. Die eine Gruppe würde McKay Deckung geben, damit er den Naquadah-Generator strategisch platzieren und in eine Bombe verwandeln konnte. Die andere Gruppe würden Ford und Teyla bei der Suche nach Major Sheppard unterstützen.

Sie landeten so nahe an dem Basisschiff, wie sie noch wagten. Während die Jumper wieder abhoben, liefen die beiden Gruppen so schnell wie möglich den Rest des Weges. Nachdem alle Stellung bezogen hatten, gab Lieutenant Ford den Befehl loszuschlagen.

~~~~~

Diesmal hatte das Aufwachen lange gedauert – und es war ihm erschreckend schwer gefallen. Sheppard ahnte, dass es wirklich knapp gewesen war, dass nicht viel zu seinem Tod gefehlt hatte. Eine weitere Befragung würde er vermutlich nicht überleben. Und es war beängstigend für ihn gewesen, sich nicht zu erinnern, wer er war. So unangenehm manche Erinnerungen auch waren, gehörte es doch zu dem, was ihn ausmachte.

Die Schmerzen, die seinen Körper quälten, hielten ihn wenigstens wach. Nach und nach hatte er sich auf die verschiedenen Schmerzzentren konzentriert und eine Bestandsaufnahme gemacht. Nun ja, es sah nicht wirklich gut aus, aber ändern konnte er daran jetzt auch nichts.

Er schaute sich gerade in seiner kleinen Kammer und auf dem Gang unmittelbar davor um, als er Schritte näher kommen hörte. Es waren „Jim“ und die beiden Drohnen. John zuckte bei dem Gedanken an das Kommende zusammen und verfluchte sich sofort dafür. Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, straffte er seinen Körper und starrte ihnen trotzig aus dem einen Augen, das er öffnen konnte, entgegen.

Als die drei Wraith vor ihm standen, beugte sich „Jim“ mit einem bösartigen Grinsen zu ihm hinunter und zischte in offenkundiger Vorfreude: „John Sheppard. Diesmal wirst du uns endlich verraten, wie wir zur Erde kommen.“

„Träum weiter!“, rutschte es Sheppard heraus.

Doch anstatt ihn zu schlagen, verzog der Wraith sein Gesicht noch weiter. Dabei zeigte er nur noch mehr seiner spitzen, abstoßenden Zähne, von denen der Speichel tropfte. John verspürte das dringende Bedürfnis, ihm das höhnische Grinsen vom Gesicht zu wischen und konnte sich nur mühsam beherrschen. Alles zu seiner Zeit, dachte er sich. Er musste nur auf eine bessere Gelegenheit warten.

Auf einmal hörten sie eine aus einiger Entfernung kommende Explosion und spürten, wie das Schiff erbebte. „Jim“ wies die beiden Drohnen mit einer Kopfbewegung an, sich darum zu kümmern, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem Major zuwandte. Noch immer grinsend holte er ein Messer aus seinem Gürtel hervor und spielte damit herum. Wütend erkannte John, dass es sich dabei um sein eigenes Messer handelte.





Teil 12 – Angriff



Eine weitere Explosion erschütterte das Schiff, doch „Jim“ ließ sich nicht davon beeindrucken und richtete all seine Aufmerksamkeit noch immer nur auf Sheppard. Dieser verfolgte, wie der Wraith mit seinem Messer das Gewebe der Aufbewahrungskammer zerschnitt. Auf einmal seines Haltes beraubt, wäre John beinahe zusammengesackt. Doch diese Genugtuung wollte er seinem Gegenüber nicht gönnen. Nach einem taumelnden Schritt hatte er sein Gleichgewicht gefunden und richtete sich mühsam auf, wobei er gerade noch so ein Aufstöhnen unterdrückte. Das komisch pfeifende Geräusch, das er beim Atmen machte, ignorierte er einfach.

„Und jetzt? Hast du gar keine Angst so ganz allein?“ Er lernte es einfach nie, wann es besser war seinen Mund zu halten.

Doch „Jim“ schubste ihn nur ein Stück in den Gang hinein und Sheppard setzte sich langsam in Bewegung. Auf einmal spürte er jedoch einen brennenden Schmerz in seinem Rücken und eine warme Flüssigkeit, die hinunterlief. Erneut schaffte er es nur mit größter Anstrengung, sich zu beherrschen und anstelle einer wütenden Bemerkung oder eines sinnlosen Versuches das Messer zu entreißen, versuchte er nur schneller zu gehen. Noch nicht, John. Noch nicht. Es kommt ein besserer Zeitpunkt, versuchte er sich selbst zu beschwichtigen.

Auf dem Weg zur Königin stach der Wraith Sheppard noch dreimal mit dem Messer. Dabei wurde deutlich, dass der Major niemals schnell genug für ihn sein würde. Selbst wenn er gerannt wäre, hätte „Jim“ noch eine Entschuldigung gefunden, ihn zu verletzten. Endlich erreichten sie den Thronsaal.

„Oh… niemand zu Hause“, sagte John. „Ich komme gerne später noch mal wieder.“

„Nicht nötig, John Sheppard“, meldete sich der Wraith hinter ihm zu Wort. „Wir werden auch allein viel Spaß haben.“ Wobei ein bösartiges Lachen erklang.

Während sein Hass auf den Wraith ins Unermessliche stieg, suchte Sheppard fieberhaft nach einem Ausweg und schaute sich um. Als sein Blick auf den Tisch fiel, auf dem noch immer seine Ausrüstung lag, kam ihm eine Idee.

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Mit einem Auge auf Carson Beckett achtend, den Weir ebenfalls mitgeschickt hatte, gab Lieutenant Ford den Befehl zum Vorrücken. Als er sah, wie der Doktor seine Handfeuerwaffe hielt, wünschte er sich einen guten Grund zu haben, ihn in einem der Jumper zurücklassen zu können. Aber Beckett hatte Recht, dass Sheppard vielleicht sofortige medizinische Hilfe brauchen könnte, zumal es einen weiteren Vorteil gab. Der Arzt konnte als einziger dieser Gruppe den Lebenszeichendetektor benutzen und so, wie er sich beim Signal zum Angriff straffte, bestand vielleicht sogar noch Hoffnung für ihn.

McKay schien sich mit seiner Waffe zwar auch nicht ganz wohl zu fühlen, hatte jedoch eine ganz eigene Art damit umzugehen. Aiden erinnerte sich mit einem leisen Lächeln daran, wie sich der Kanadier vor seiner Eskorte aus vier Marines aufgebaut hatte und ihnen dann eindringlich erklärt hatte, wie wichtig er doch war. Dass Atlantis ohne ihn aufgeschmissen wäre und sie deshalb gefälligst dafür zu sorgen hätten, dass er das hier unbeschadet überleben würde.

Im Gegensatz zum letzten Basisschiff war der Eingang diesmal bewacht. Drei Wraith standen schwer bewaffnet und aufmerksam direkt davor und der Detektor zeigte, dass gleich im Inneren noch einmal drei standen. Da sie keine Möglichkeit sahen, unauffällig an diesen vorbeizukommen, starteten die Jumper den Angriff. Mit einer gut gezielten Drohne wurden die außerhalb stehenden Wraith sofort ausgeschaltet, genauso wie die nächsten drei, als sie unvorsichtigerweise einfach herausstürmten.

Daraufhin drangen die Atlanter in das Schiff ein. Einmal drinnen trennten sich die beiden Gruppen sofort. McKay und seine Eskorte begaben sich in die Richtung dessen, was auf den Scans am ehesten nach einem Maschinenraum ausgesehen hatte. Ford führte seine Gruppe währenddessen in Richtung der Zellen, wobei er und Teyla sich anhand ihrer Erinnerungen an das andere Basisschiff orientierten.

Zunächst schien alles glatt zu laufen und sie kamen ungehindert vorwärts. Während Ford und Teyla voran gingen, sicherten die beiden Soldaten des Trupps nach hinten ab. Beckett ging mit dem Lebenszeichendetektor in der Mitte, als ihm einige Gänge weiter auf der Anzeige etwas auffiel.

„Zwei Wraith direkt vor uns“, flüsterte er Ford zu.

Dieser befahl der Gruppe zu halten und nickte dann Teyla zu, ihm zu folgen. Zusammen schlichen sie zur Ecke. Auf ein gemeinsames Signal hin, sprangen beide in den angrenzenden Gang und eröffneten das Feuer auf die beiden Wraith, die ihnen entgegen kamen. Nur Sekunden später gingen diese getroffen zu Boden. Auf einmal hörten die beiden hinter sich ebenfalls Schüsse. Erschrocken rannten sie zurück, nur um gerade noch zu sehen, wie ein weiterer Wraith von den beiden Marines ausgeschaltet wurde.

Schnell gingen sie weiter und erreichten bald darauf die Zellen, die sie jedoch alle leer vorfanden. Sich an Colonel Sumner erinnernd, entschied Lieutenant Ford es im Thronsaal zu versuchen, als plötzlich eine Explosion das gesamte Schiff erzittern ließ.

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Dr. McKay fühlte sich keinesfalls sicher inmitten seiner Eskorte von vier Marines. Obwohl er darauf bestanden hatte, dass ihm Ford die Stärksten und Größten mitgab, war ihm bewusst, dass es eine verrückte Idee war, einfach so in ein Basisschiff einzudringen. Zum wiederholten Male fragte er sich, was ihn nur dazu getrieben hatte sein ruhiges Labor zu verlassen und auf Außeneinsätze zu gehen.

Sheppard, dachte er mit einem schicksalsergebenem Seufzen. Der Mann hatte einfach eine unglaublich zugängliche Art und schien einer der wenigen zu sein, die ihn so nahmen wie er war. Okay, er zog ihn ständig auf, aber der Major versuchte nie ihn zu ändern. Jetzt hatte er wenigstens die Gelegenheit auch mal etwas für ihn zu tun.

So in Gedanken versunken bekam Rodney gar nicht mit, wie die beiden Soldaten vor ihm auf einmal anhielten und wurde erst darauf aufmerksam, als er mit einem von ihnen zusammenstieß. Bevor er auch nur an eine sarkastische Bemerkung denken konnte, drehte sich dieser um und bedeutete ihm mit der universellen Geste zu schweigen. Bei einem Blick auf den Lebenszeichendetektor erkannte der Kanadier, was die Marines auch ohne ihn bemerkt hatten: einen Wraith, der sich in einem angrenzenden Gang von ihnen weg bewegte.

Erst als sie sicher waren, dass dieser weit genug weg war, ging die kleine Gruppe weiter. Einige Gänge später hörten sie plötzlich ein hohes Jaulen, das schnell näher zu kommen schien. Unvermittelt explodierte die Decke über ihnen und McKay spürte nur noch, wie ihn etwas Schweres traf und die Luft aus seinen Lungen trieb, als er auch schon darunter begraben wurde.

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Nur kurz nachdem die Jumper die Drohnen abgefeuert hatten, tauchten die ersten Wraith-Darts auf und es entwickelte sich bald ein erbitterter Luftkampf. Dabei stand das Verhältnis mit drei zu fünf gegen die Atlanter.

Einen schnellen Glückstreffer landend, wurde der erste Jäger bereits kurz nachdem er das Basisschiff verlassen hatte zerstört. Doch die anderen Vier verteilten sich sofort und machten nun ihrerseits Jagd auf die Jumper.

Zweien der Darts war es gelungen, einen der Atlanter von den Anderen abzudrängen. Siegesgewiss hetzten sie hinter ihm her. Verzweifelt hielt sich der Jumper immer knapp über den Bäumen und versuchte mit unregelmäßigen Kurswechseln dem ständigen Beschuss zu entgehen. Auf einmal explodierte einer der Wraith-Jäger. Ein zweiter Jumper hatte sich von hinten angeschlichen und ihn abgeschossen.

Der dritte Jumper sah sich ebenfalls gleich zwei Darts gegenüber. Mit einem gewagten Looping schaffte er es jedoch, hinter diese zu gelangen und seine Drohnen abzufeuern. Während der eine Jäger sofort zerstört wurde, wurde der Andere nur beschädigt. Er zog eine schwarze Rauchfahne hinter sich her, als er in einem Bogen direkt auf das halb vergrabene Basisschiff zustürzte, in welches sich der Dart tief hineinbohrte, bevor er schließlich explodierte.

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Im Thronsaal standen sich zu selben Zeit Sheppard und „Jim“ lauernd gegenüber. Während John auf den richtigen Zeitpunkt zum Losschlagen wartete, schien der Wraith darüber nachzudenken, wie weit er gehen durfte.

„Na, traust Du Dich nicht?“, versuchte der Major eine Reaktion zu provozieren.

Doch sein Gegenüber verzog nur wieder das Gesicht für sein diabolisches Grinsen, während er weiter demonstrativ mit dem Messer spielte. Drohend machte er einen Schritt auf Sheppard zu, der unwillkürlich zurückwich und sich gleich darauf über dieses Zeichen der Schwäche ärgerte.

Die nächste Explosion, die diesmal deutlich näher schien und das gesamte Schiff spürbar zum Beben brachte, lenkte beide für einen Moment ab. John fasste sich als erster und nutzte die Gelegenheit, sich an dem Wraith vorbeizuducken, wobei sich die Schmerzen in seinem Brustkorb bei dieser Bewegung ins Unendliche zu steigern schienen. Mühsam Luft holend, versuchte er den Tisch mit seiner Ausrüstung zu erreichen. Aber auch „Jim“ hatte sich wieder gefasst. Mit einem wütenden Knurren setzte dieser Sheppard nach.

Der Major hatte den Tisch fast erreicht, als ihn der Wraith einholte. Während er seine verletzte rechte Hand schützend am Körper hielt, streckte er die Linke aus und versuchte das Erstbeste zu greifen, bevor ihn „Jims“ Schlag traf und durch den halben Raum schleuderte.

Die Schmerzen drohten sein Bewusstsein zu umschließen und auch wenn das sein Ende bedeutet hätte, war er für den Bruchteil einer Sekunde versucht, dem nachzugeben. Doch sein Trotz, der ihn schon so oft in Schwierigkeiten gebracht hatte, half ihm jetzt dabei, sich wieder auf die Beine zu quälen. Dabei umklammerte seine linke Hand noch immer den vom Tisch entwendeten Gegenstand. Auch wenn er eigentlich nach seiner Beretta gegriffen hatte, würde dies hier ebenfalls funktionieren müssen.

Als Sheppard wieder stand, hatte sich der Wraith direkt vor ihm aufgebaut und hob gerade die Hand mit dem Messer. Während er sich erneut an „Jim“ vorbeiduckte, steckte er die erbeutete Handgranate mit links hinten in dessen Gürtel. Aber bevor er den Stift ziehen konnte, erinnerte ihn ein stechender Schmerz in der linken Schulter daran, dass er nicht schnell genug gewesen war. Mit einem Ruck zog der Wraith das Messer wieder heraus und John ließ sich einfach fallen. Indem er sich abrollte, schaffte er es hinter den Wraith zu kommen. Und auch wenn ihm beim Aufstehen schwarz vor Augen zu werden drohte, sah er für einen Moment die Handgranate deutlich vor sich. Das reichte ihm und mit einem schnellen Griff hatte er den Stift gepackt und zog ihn mit einem Ruck heraus.

Dann hatte sich auch „Jim“ herumgedreht. Wütend packte er Sheppard am Gürtel und schleuderte ihn wieder durch den Raum. Zum Glück für den Major diesmal über den Tisch. Die Hand ausstreckend, gelang es John die Kante zu greifen und beim Fallen den Tisch mit umzureißen. Er hatte gerade noch Zeit, sich zwischen Tischplatte und Wand zusammenzurollen, als die Handgranate auch schon detonierte.





Teil 13 – Erfolgreicher Abschluss? (Teil 1)


Der Tisch schützte John weitestgehend vor der Explosion und er spürte nur die heiße Luft über sich hinweg streichen. Allerdings hatten sich seine gebrochenen Rippen bei dem Aufprall schmerzhaft verschoben. Zwischen Hustenanfällen, die heiß glühende Schmerzwellen durch seinen Brustkorb schickten, versuchte er verzweifelt Luft zu holen, was allerdings nicht weniger qualvoll war. Als er seine Hand vom Mund nahm, sah er, dass diese nass und rot von seinem Blut war. Eine der Rippen musste seine Lunge verletzt haben. Nicht gut… Er spürte, wie erneut der drohende Schatten der Bewusstlosigkeit nach ihm griff und sein Denken auslöschen wollte, doch mit purer Willenskraft drängte er ihn noch einmal zurück.

Erschöpft blieb er noch ein paar Sekunden liegen, bevor er mühsam begann aufzustehen. Dabei konnte er ein gepeinigtes Stöhnen nicht unterdrücken. Sich vorsichtig und nur langsam bewegend, ging John um den Tisch herum, vor dem er „Jim“, noch immer mit dem Messer in der Hand, liegen sah. Oder besser das, was von dem Wraith übrig war.

Mit grimmiger Zufriedenheit wollte er sich dem Ausgang zuwenden, als er seine P90 an der Wand liegen sah. Da es besser war, sich bewaffnet mit einem Schiff voller Wraith anzulegen, änderte er seinen Kurs und ging zu seiner Waffe. Gleichzeitig schaute er sich nach seiner Beretta um, die von der Explosion allerdings wer weiß wohin geschleudert worden war. An der Wand angekommen, wurde Sheppard ein weiteres Problem bewusst. Er hatte keine Ahnung, ob er es schaffen würde, sich wieder aufzurichten, wenn er sich nach der P90 bückte.

In der Sekunde in der er zögerte, verspürte er auf einmal wieder dieses Flüstern in seinem Kopf. Er wusste ganz genau, was ihn erwartete, als er sich umdrehte. Verdammt! John hasste es, wenn er in solchen Situationen Recht hatte. Die Wraith-Königin war nur noch wenige Meter von ihm entfernt und kam unerbittlich auf ihn zu. Seine Waffe hätte genauso gut am anderen Ende des Raumes liegen können, da er sie niemals rechtzeitig erreichen würde. Der Druck in seinem Kopf erhöhte sich und er spürte, wie er erstarrte.

„Knie nieder!“, zischte sie mit hasserfüllter Stimme.

Obwohl er angestrengt versuchte dagegen anzukämpfen, fühlte John, wie ihn sein Körper verriet und er langsam in die Knie ging. Unablässig weiter gegen diesen Zwang ankämpfend, sah er ganz deutlich das triumphierende Aufblitzen in den Augen der Königin.

Sie beugte sich leicht zu ihm hinunter. „Diesmal werde ich Deinen Willen brechen.“

Unfähig sich zu bewegen, sah John, wie die Wraith-Königin ihre Hände hob und rechts und links neben seinen Kopf hielt, jedoch ohne diesen zu berühren. Als er sie bösartig auflachen hörte, spürte er einen weiteren massiven Angriff auf seinen Geist. Der Druck nahm unerbittlich zu und Sheppard wusste, dass ihm die Kraft fehlte um noch viel länger Stand zu halten. Verzweifelt zog er sich in sein Innerstes zurück und versuchte sich mental zusammenzurollen, sich so klein wie möglich zu machen, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Letztendlich flüchtete er sich in die Bewusstlosigkeit.

Dadurch bekam er nicht mehr mit, wie ihn die Königin, durch etwas abgelenkt, aus ihrem Griff entließ. Seines Haltes beraubt, kippte sein Körper langsam zur Seite und fiel zu Boden.

~~~~~

Er bekam keine Luft. Irgendetwas Schweres lag auf ihm und verhinderte, dass er richtig atmen oder sich bewegen konnte. Langsam stieg Panik in ihm auf. Auch wenn dies das Dümmste war, was er in dieser Situation machen konnte, ließ ihn sein sonst so präzise arbeitender Verstand im Stich und er konnte sie nicht unterdrücken.

Gerade als er glaubte von der Panik überwältigt zu werden, spürte er, wie das Etwas auf ihm sich bewegte. Das Gewicht auf seiner Brust verringerte sich, als daraus zwei Arme wuchsen, die einen Körper hochstemmten, zu dem ein verrußtes Gesicht gehörte, das ihn auf einmal direkt anschaute.

„Alles in Ordnung, Dr. McKay?“, fragte der Marine, der sich zum Schutz auf ihn geworfen hatte.

Mit einem schwachen Nicken, signalisierte Rodney, dass es ihm gut ging.

Nachdem sich alle wieder aufgerappelt hatten und sie feststellten, dass alle mehr oder weniger unverletzt waren, gingen sie weiter. Dabei hatte der Kanadier einen ungehinderten Blick auf den mit Trümmern übersäten und zum Teil eingestürzten Gang. Es schien ihm wie ein Wunder, dass nichts Schlimmeres passiert war.

Sie erreichten ihr Ziel ohne weitere Zwischenfälle und trafen erst hier wieder auf Wraith, die von den Soldaten aber ohne Probleme ausgeschaltet werden konnten. Als sie den Raum betraten, den McKay für den Maschinenraum gehalten hatte, stellte dieser erfreut fest, sich nicht geirrt zu haben.

Während seine Eskorte die beiden Ausgänge bewachte, machte sich Rodney an die Arbeit und verwandelte den Naquadah-Generator in eine Bombe. Eine seiner leichteren Übungen. Wie mit Lieutenant Ford abgesprochen, stellte er den Timer auf 30 Minuten. Immer wieder hörte er dabei, wie die Marines in die Gänge hinein feuerten. Beim ersten Mal hatte er noch entsetzt aufgeschaut, ließ sich jetzt jedoch nicht mehr davon stören. Nachdem er alles aufgebaut und angeschlossen hatte, startete er den Countdown.

Danach begaben sie sich auf dem schnellsten Weg zurück zum verabredeten Treffpunkt und warteten auf die andere Gruppe.

~~~~~

Als das Basisschiff aufgrund einer Explosion erbebte, ließ Ford seine Gruppe kurz innehalten um zu lauschen. Erst nachdem er sicher war, dass für sie keine unmittelbare Gefahr bestand, gingen sie weiter. Nur um kurze Zeit später erneut von einer Detonation überrascht zu werden. Diese schien zwar nicht so gewaltig, dafür aber deutlich näher zu sein. Und sie kam direkt aus der Richtung in die sie sich bewegten.

Der Major?, fragte sich Aiden nicht ohne Hoffung und beschleunigte unwillkürlich seine Schritte. Dabei wäre er beinahe mit einem Wraith zusammengestoßen, der plötzlich um eine Ecke bog. Beide schauten sich verdutzt an.

Auf einmal schrie Teyla „Deckung!“, woraufhin sich der junge Marine blitzschnell fallen ließ. Sobald die Athosianerin freies Schussfeld hatte, leerte sie das restliche Magazin ihrer P90 in den Wraith und lud sofort nach.

„Danke“, sagte Ford. Teyla nickte nur, dann setzten sie ihren Weg fort.

Als sie sich ihrem Ziel näherten, ließ der Lieutenant Beckett und die beiden Soldaten erneut zurück und schlich zusammen mit Teyla vorsichtig zum Eingang des Thronsaals. Bei einem schnellen Blick durch die Öffnung, sah er, wie Sheppard vor einer Wraith-Königin kniete, die mit dem Rücken zu ihnen stand. Er erkannte sofort, in welch gefährlicher Situation sich der Major befand. Gleichzeitig mit der Athosianerin trat er den letzten Schritt in den Raum hinein und eröffnete das Feuer.

Obwohl der Oberkörper der Königin offensichtlich von Treffern in den Rücken durchgeschüttelt wurde, zeigten die Kugeln keine weitere Wirkung. Allerdings hatten sie ihre Aufmerksamkeit geweckt, denn sie ließ von Sheppard ab und drehte sich um. Aiden bemerkte, wie der Körper des Majors schwankte, dann langsam zur Seite wegkippte und reglos auf dem Boden liegen blieb.

Sie feuerten erneut auf die Königin, die beständig auf sie zukam. Und gerade als ihnen die Munition auszugehen begann, brach sie endlich zusammen. Ford wechselte das Magazin und ging zu der Stelle, an der sie am Boden lag. Obwohl der Körper nicht mehr das leiseste Anzeichen von Leben zeigte, feuerte er zur Sicherheit noch ein paar Kugeln ab.

Laut nach Beckett rufend, wandte er sich Sheppard zu. Der Major sah gar nicht gut aus. Besorgt beugte sich Aiden herab und tastete nach dessen Puls. Schwach und unregelmäßig, aber er lebte noch.



Als Carson Beckett hörte, wie Lieutenant Ford seinen Namen rief, rannte er ohne zu zögern los. Es war ihm zwar nicht bewusst, aber wenn es nötig war, konnte er durchaus seinen Mann stehen. Er durfte nur nicht die Zeit haben, über all das Nachzudenken, was schief laufen konnte. Instinktiv erfasste er die Dringlichkeit im Ruf des jungen Marines und der Arzt in ihm übernahm die Kontrolle.

Seine Ausrüstung bereithaltend, betrat er den Thronsaal und sah, wie sich Ford über Sheppard beugte. Mit schnellen Schritten ging er zu den beiden hin und erschrak, als er sah, in welch schlechtem Zustand sich der Major befand. Überall auf ihm war Blut, getrocknetes ebenso wie frisches. Die linke Gesichtshälfte sah aus, als ob er gegen eine Wand gerannt wäre. Das zerrissene T-Shirt ermöglichte den Blick auf zahlreiche Blutergüsse in der Magengegend und auf dem Brustkorb, die nichts Gutes für das Innere des Majors verhießen. Auf dem Rücken hatte er diverse Stichwunden, von denen vor allem die in der linken Schulter heftig blutete. Die rechte Hand schien gebrochen zu sein, auch der rechte Knöchel sah nicht sonderlich gut aus. Und das waren nur die offensichtlichsten Verletzungen!

Beckett kniete sich neben Sheppard und tastete ebenfalls nach dem Puls. Kaum wahrnehmbar und mit deutlichen Aussetzern. Dann überprüfte er die Atmung. Genauso schwach und unregelmäßig. Schnell suchte er in seinem Notfallkoffer nach einer Spritze und einer bestimmten Ampulle.

„Ich glaube nicht, dass wir dafür Zeit haben, Doktor“, sagte Ford besorgt. „Wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden.“

„In seinem jetzigen Zustand könnte ein Transport zum Jumper den Major umbringen. Ich gebe ihm nur schnell Adrenalin, um seinen Kreislauf wenigstens ein bisschen zu stabilisieren.“ Er hoffte, dass das ausreichen würde. Es sollte zumindest Sheppards Herzschlag und die Atmung verstärken. Mehr konnte er sowieso erst in Atlantis für ihn tun, wenn ihm eine gut ausgerüstete Krankenstation zur Verfügung stand.

Carson zog die Spritze auf, zerriss das T-Shirt noch etwas mehr und stieß die Nadel direkt ins Herz des Majors. Als Reaktion darauf bemerkte er, wie sich nach nur wenigen Augenblicken die Atmung und der Puls ein wenig stabilisierten.

Während er sein Zeug zusammenpackte, sagte er: „Jetzt schnell! Er muss so bald wie möglich richtig versorgt werden.“

Sie gingen so schnell es ging den Weg zurück, den sie gekommen waren. Dabei wechselten sich Ford und die beiden Soldaten damit ab, den Major über die Schulter geworfen zu tragen. Als sie am verabredeten Treffpunkt ankamen, wartete die andere Gruppe bereits. Obwohl sie ziemlich mitgenommen wirkten, schien es allen gut zu gehen.

Beckett sah, wie McKay beim Anblick Sheppards zusammenzuckte. „Er ist doch nicht… Er kann doch nicht… Er lebt doch noch?“, hörte er ihn stottern.

Der Arzt verstand nicht, was Lieutenant Ford darauf antwortete, da seine Aufmerksamkeit voll auf seinen Patienten gerichtet war, dessen Zustand sich wieder verschlechterte. Mittlerweile ganz blass geworden, fühlte sich die Haut klamm und kalt an.

Schnell bestiegen sie die herbeigerufenen Jumper und flogen in Richtung Stargate. Sie hatten Sheppard auf den Boden gelegt und Carson überprüfte, neben ihm kniend, ständig dessen Puls und Atmung.

Sich kurz an Ford wendend sagte er: „Geben Sie Elizabeth Bescheid, dass wir dringend ein medizinisches Notfallteam im Jumperhangar brauchen!“

Während er sich wieder dem Major zuwandte, hörte er, wie McKay etwas vor sich hinmurmelte. Es klang wie: „3… 2… 1… Jetzt!“ In dem Moment als draußen das Basisschiff explodierte, war Beckett abgelenkt: Sheppards Herz hatte aufgehört zu schlagen.





Teil 14 – Erfolgreicher Abschluss? (Teil 2)


Rodney schaute zum wiederholten Male auf seine Uhr und fragte sich, wo die Anderen nur blieben. Objektiv betrachtet warteten er und seine Eskorte erst wenige Minuten am Treffpunkt, doch subjektiv kam es ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Und die Zeit lief unerbittlich ab.

Gerade als er wieder auf seine Uhr schauen wollte, sah er Lieutenant Ford mit dem Major auf der Schulter um die Ecke kommen. Zunächst war McKay einfach nur erleichtert, alle wiederzusehen, doch als er beim Näherkommen einen besseren Blick auf Sheppard bekam, erschrak er über dessen Aussehen. Mit einem flauen Gefühl im Magen stotterte er los. „Er ist doch nicht… Er kann doch nicht… Er lebt doch noch?“

„Ja, er lebt noch“, antwortete Ford in einem deutlich besorgten Tonfall. „Aber es geht ihm nicht gut. Wir müssen so schnell wie möglich nach Atlantis.“

Wie erstarrt beobachtete der Kanadier wie die Jumper landeten und der Major vorsichtig in einen hineingetragen wurde. Sofort war Beckett wieder an dessen Seite und kontrollierte zum wiederholten Male die Vitalfunktionen. Kaum hatte er selbst das kleine Gefährt betreten, hoben sie auch schon ab und flogen in Richtung Stargate.

Unvermittelt schaute Carson auf und sagte zu Ford: „Geben Sie Elizabeth Bescheid, dass wir dringend ein medizinisches Notfallteam im Jumperhangar brauchen.“ Dann wandte er sich wieder Sheppard zu.

Sich an den Countdown seiner Bombe erinnernd, schaute Rodney erneut auf die Uhr und erkannte, dass dieser fast abgelaufen war. Die letzten Sekunden zählte er laut mit. „3… 2… 1… Jetzt!“ Mit einem grellen Lichtblitz detonierte der Naquadah-Generator im Inneren des Basisschiffs. Die Explosion war wirklich spektakulär, als das halbe Gebirge dahinter ebenfalls gesprengt wurde. Dann war die Druckwelle heran und schüttelte ihren Jumper kurz durch.

Mit einem Ohr hörte McKay, wie Lieutenant Ford Atlantis anwählte und Elizabeth um das Notfallteam bat, als ihm auf einmal Becketts hektische Bewegungen auffielen. Der Schotte beatmete gerade Sheppard und fuhr dann mit einer Herzmassage fort, während er gleichzeitig rief: „Rodney! Bringen Sie mir den Defibrillator aus dem Notfallkoffer des Jumpers!“

Erschrocken sprang er auf. Doch als er nach dem Koffer griff, ließ er ihn vor lauter Nervosität erstmal fallen. Schnell bückte er sich und kramte nach dem Defibrillator. Nachdem er ihn gefunden hatte, sagte Carson: „Jetzt schalten Sie ihn an, laden ihn und geben etwas von dem Gel auf beide Elektroden. Aber seien Sie vorsichtig, dass Sie die Kontaktflächen nicht zufällig mit ihrer bloßen Haut berühren, sonst verpassen Sie sich selbst einen Stromstoss!“

Er tat wie ihm der Arzt befohlen hatte und hielt ihm dann das einsatzbereite Gerät hin. In diesem Moment durchflogen sie das Stargate und Markham landete den Jumper so schnell wie möglich im Hangar. Während sich die Ausstiegsluke langsam öffnete, bedeutete Carson allen Abstand zu halten. Dann hielt er die geladenen Elektroden an Sheppards Brust und dessen Körper bäumte sich unter dem Stromstoss auf. Eine Schwester des bereitstehenden Notfallteams hatte die Situation sofort erfasst und kam mit einem Ambubeutel angerannt, um Sheppards Beatmung zu übernehmen. Gleichzeitig tastete Beckett nach dem Puls des Majors.

McKay fühlte sich auf einmal stark an den Vorfall erinnert, bei dem sie an gleicher Stelle ebenfalls darauf gewartet hatten, dass Sheppards Herz wieder schlug. Da der Arzt anscheinend nichts fühlen konnte, nahm er die erneut geladenen Elektroden zur Hand und versetzte dem Major einen weiteren Stromstoss. Als er sah, wie sich der bleiche, von hässlichen Blutergüssen überzogene Körper verkrampfte, spürte der Kanadier wie sich sein eigener Brustkorb schmerzhaft zusammenzog. Mühsam nach Luft schnappend, bemerkte er, dass Teyla und Ford ähnlich entsetzt aussahen, wie er sich fühlte.

Diesmal schien der Schotte einen Puls gefunden zu haben, denn als er aufblickte, nickte er dem Rest des Notfallteams zu. Sie hoben Sheppard auf und legten ihn auf die mitgebrachte Bahre, während ihn die Krankenschwester noch immer beatmete. Dann machten sie sich so schnell wie möglich auf den Weg zur Krankenstation.

Die restlichen Mitglieder des Teams folgten der Bahre, genauso wie Dr. Weir, die zu ihnen stieß, kaum das sie den Hangar verlassen hatten. Doch vor der Station hielt Beckett sie auf und ließ sie draußen warten. Schweigsam setzten sie sich in eine Ecke und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Teyla dachte an ihre erste Begegnung mit Sheppard, wie er zusammen mit dem Rest seiner Gruppe in das Zelt auf Athos getreten war. Sie wirkten so fremd in ihrer ungewöhnlichen Kleidung und mit all den Waffen. Und ihr Anführer hatte sie gar nicht richtig wahrgenommen. Ihre ganze Art hatte die Athosianerin so irritiert, dass sie sie schon wegschicken wollte, als plötzlich der Major vorgetreten war. Er hatte es mit seiner lockeren Art geschafft, erste Bande zu knüpfen, auch wenn Teyla bis heute nicht verstanden hatte, wovon er damals gesprochen hatte. Aber es gab ab und zu Dinge, die ihr an den Menschen der Erde fremd vorkamen. Mit einem Lächeln dachte sie daran, wie Major Sheppard immer wieder – und nicht jedes Mal erfolgreich – versuchte, diese zu erläutern.

Auch Ford erinnerte sich an sein erstes richtiges Zusammentreffen mit dem Major. Damals hatten sie gemeinsam vor dem Ereignishorizont des Wurmloches gestanden, das sie in die Pegasus-Galaxis bringen würde. Obwohl Sheppard es gut verbergen konnte, hatte Aiden seine Unsicherheit in Bezug auf seine erste Stargate-Reise bemerkt und frech behauptet, dass es wie wahnsinnig schmerzen würde. Seitdem war viel passiert und er hatte den Major richtig schätzen gelernt, sowohl als Vorgesetzten wie auch als Privatperson. Nicht, das sie soviel Freizeit hatten, aber der Abend an dem sie versucht hatten Teyla Football zu erklären, war schon etwas besonderes gewesen.

Elizabeth entsann sich ihres Gespräches mit General Jack O’Neill, als sie diesen überredet hatte, ihr Sheppard für die Atlantis-Expedition zu überlassen. Der General hatte mit einem Verweis auf die Akte des Majors angedeutet, dass er vielleicht mehr Ärger als Vorteile einbringen könnte, doch sie hatte entschieden das Risiko einzugehen. Und sie war nicht enttäuscht worden. Vor allem nach dem Tod Colonel Sumners war Sheppard zu einem unverzichtbaren Mitglied im Führungsstab der Expedition geworden. Dabei war ihr durchaus klar, dass es Probleme geben könnte, wenn er einmal nicht ihrer Meinung sein würde.

Rodneys Gedanken kreisten ebenfalls um Sheppard. Um den Mann, der es geschafft hatte, ihn aus seinem Labor hervorzulocken. Durch den er bemerkt hatte, dass die Interaktion mit anderen Menschen kein notwendiges Übel war, sondern durchaus Spaß machen konnte. Für den er sogar so etwas wie Respekt entwickelt hatte, obwohl er kein brillanter Wissenschaftler war. Wenn er ehrlich war, genoss er es mit ihm zusammenzusein, selbst wenn er ständig aufgezogen wurde… nun ja, zumindest meistens.



Die Zeit zog sich endlos dahin. Aus Minuten wurden Stunden und allen war bewusst, dass das kein gutes Zeichen war. Ford war immer wieder aufgesprungen und ruhelos hin und her gegangen, während Teyla absolut ruhig, fast meditierend wartete. Auch McKay konnte nicht stillsitzen. Oft stand er auf und verschwand kurz um Kaffee oder etwas zu essen zu holen, kehrte aber immer schnell zurück. Weir konnte ebenfalls nicht die ganze Zeit anwesend sein, da ständig jemand kam, der ihren Rat oder eine Entscheidung verlangte, die sich nicht aufschieben ließ.

Und trotzdem schienen auch alle anderen Mitglieder der Expedition die gleiche gedämpfte Stimmung zu spüren. Gespräche wurden viel leiser als üblich geführt und ganz Atlantis hielt den Atem an. Endlich öffneten sich die Türen der Krankenstation und ein erschöpfter Carson Beckett trat heraus. Die Vier sprangen sofort auf, doch keiner wollte die entscheidende Frage stellen.

„Wie geht es ihm?“, brach Elizabeth schließlich das Schweigen.

„Major Sheppard hat sehr schwere Verletzungen“, sagte der Arzt mit ausgelaugter Stimme, die nichts Gutes versprach. „Wegen seiner inneren Verletzungen habe ich ihn sofort operieren müssen. Nur so konnte ich die schweren Blutungen stillen. Eine seiner gebrochenen Rippen hatte den rechten Lungenflügel punktiert und kollabieren lassen. Er hatte nicht mehr selbstständig geatmet, so dass wir ihn an ein Beatmungsgerät anschließen mussten. Dadurch und aufgrund des hohen Blutverlustes ist er stark geschwächt, aber vorerst haben wir ihn stabilisieren können.“ Fahrig wischte sich Beckett mit der Hand über das Gesicht.

„Aber er wird es doch überleben, oder?“, fragte McKay mit zitternder Stimme.

Carson schaute ihn einen Moment bedrückt an. „Das kann ich noch nicht sagen. Aber ich denke, wenn er die nächsten 24 Stunden übersteht, hat er eine reelle Chance.“

~~~~~

Sie hatten sich mit Wache halten abgewechselt, so dass der Stuhl neben Sheppards Bett niemals leer gewesen war. Obwohl die 24 Stunden noch nicht ganz um waren, hatten sie angefangen Hoffnung zu schöpfen, da der Major mittlerweile wieder selbstständig atmete. McKay, der gerade neben dem Bett saß, konnte sich noch genau daran erinnern, wie erschrocken er gewesen war, als er die Krankenstation zusammen mit den anderen betreten hatte. Das konnte einfach nicht Sheppard sein, der da fast so weiß wie die Laken und mit diesem riesigen Schlauch im Gesicht im Bett lag. Nichts erinnerte mehr an den vor Leben sprühenden und immer zu Witzen aufgelegten Mann. Da hatte er ihm in Gedanken etwas versprochen, dass er jetzt einzulösen gedachte.

„Wissen Sie, Major“, begann er mit leiser Stimme. „Es gibt da etwas, was ich Ihnen erzählen möchte. Sie leben noch… also haben Sie ihren Teil der Abmachung eingehalten… okay… Genau genommen wussten Sie ja gar nichts von einer Abmachung, aber ich habe trotzdem beschlossen, mich daran zu halten, weil… Rodney!“, wies er sich selbst zurecht. „Du lenkst schon wieder ab! Was ich sagen will, ist… ist… So schwer kann das doch gar nicht auszusprechen sein.“ Ein frustriertes Stöhnen. „Okay, noch mal von vorn: Major Sheppard, ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen.“ So, jetzt war es heraus. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, aber ich habe bei der Reparatur des Jumpers ein Kabel falsch angeschlossen und deswegen sind wir abgestürzt… Das werde ich bestimmt nicht noch einmal sagen, aber… Es tut mir leid!“

„Das habe ich genau gehört“, kam es kaum wahrnehmbar vom Bett.

McKay, der die ganze Zeit auf seine Hände gestarrt hatte, sprang mit einem erschrockenen Ausruf auf. „Ich… ich dachte, Sie wären bewusstlos.“

„Rodney, Sie reden einfach zu viel.“

War das etwas der Hauch eines Lächelns, den er da auf dem Gesicht des Majors entdeckte? Erleichtert atmete der Kanadier auf. Nur kurze Zeit später war Sheppard wieder eingeschlafen.

~~~~~

Einige Wochen später:

Major John Sheppard war mal wieder auf dem Weg zur Kantine und plante seinen Tag. Sie hatten Kontakt zu einem scheinbar ganz netten Volk aufgenommen, dass sich selbst als Hoffans bezeichnete. Das Team sollte nach dem Frühstück zu einer Mission aufbrechen, um diese Menschen näher kennen zu lernen.

Es war sein erster richtiger Einsatz seit ihn die Wraith erwischt hatten. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre das schon viel eher passiert, aber Elizabeth hatte darauf bestanden, dass er erst komplett genesen sollte. Dabei ging es ihm schon seit einer Weile wieder gut. Selbst seine gebrochene Hand, deren Knochen Carson sorgfältig gerichtet hatte, hatte ihre volle Beweglichkeit zurückerlangt.

Wie es Weir verlangt hatte, war er sogar regelmäßig zu Dr. Heigtmeyer gegangen und selbst diese hatte ihn schließlich wieder für diensttauglich erklärt. Allerdings war er sich fast sicher, dass die Psychologin gespürt hatte, dass er ihr nicht alles erzählt hatte. Aber das konnte er einfach nicht. Es war schon schlimm genug, wie ihn alle immer angestarrt hatten, nachdem er aus der Krankenstation entlassen worden war. Seine Verletzungen waren ein offenes Geheimnis unter den Mitgliedern der Expedition gewesen und alle schienen zu glauben, daraus ableiten zu können, was auf dem Basisschiff geschehen war und was man ihm angetan hatte. Jeder, der mit ihm sprach, hatte so einen mitleidigen Ausdruck in den Augen und alle gingen mit ihm um, als könnte er jeden Moment zusammenbrechen.

Er hasste das! Er wollte doch nur sein Leben normal weiterführen!

Deswegen hatte er niemandem erzählt, was die Wraith-Königin ihm auf psychischer Ebene angetan hatte. Wie sie versucht hatte, in sein Innerstes einzudringen, seinen Willen zu brechen und seinen Geist gefügig zu machen. Er konnte sie noch immer manchmal in seinem Kopf hören. Auch über die Alpträume, die ihn Nacht für Nacht schweißgebadet hochschrecken ließen, schwieg er.

Die kommende Mission würde, so hoffte er, die Normalität vielleicht weitestgehend wieder herstellen. Sich auf das Kommende konzentrierend, betrat John die Kantine und sah sofort McKay allein an einem Tisch sitzen, zusammen mit der obligatorischen Thermoskanne. Nachdem er sich sein Frühstück geholt hatte, ging er zu Rodney hin und setzte sich zu ihm an den Tisch.


~~~~~ ENDE ~~~~~
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