Atlantis, Mittelerde und andere Legenden by Selana
Summary: Sheppard und sein Team verschlägt es nach Mittelerde. Um wieder nach Hause zu kommen, müssen sie das Aure finden, einen mystischen Gegenstand. Auf ihrer Reise durch Mittelerde begegnen sie Korsaren, einem Nazgûl, Orks und anderen seltsamen Gestalten. Unterstützung erhalten sie von einigen Bewohnern Mittelerdes, von denen einige im späteren Ringkrieg noch eine große Rolle spielen werden.... Crossover mit 'Herr der Ringe'
Categories: Stargate Atlantis Characters: John Sheppard, Other Character, Own Character, Rodney McKay, Ronon Dex, Teyla Emmagan
Genre: Action, Crossover, Friendship
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 23 Completed: Ja Word count: 48746 Read: 161809 Published: 17.01.12 Updated: 17.01.12
Story Notes:
So, hier kommt nun mein erste Crossover von Atlantis mit Herr der Ringe. Ich hoffe ja auf etwas mehr Beteiligung vom posten, denn ich hätte vor hier noch eine Fortsetzung zu schreiben. Doch wenn sich keiner (oder fast keiner) bequemt sich dazu was zu schreiben, dann kann ich auch mit meiner Freizeit was besserers anfangen.

Zur Story ist zu sagen, dass ich ignoriere, dass HdR schon erwähnt wurde ind er Serie. Ich hätte zwar auch ein Paralell-Universum nehmen können, doch ich wollte HdR in meine Story normal integrieren.

1. Kapitel 1 by Selana

2. Kapitel 2 by Selana

3. Kapitel 3 by Selana

4. Kapitel 4 by Selana

5. Kapitel 5 by Selana

6. Kapitel 6 by Selana

7. Kapitel 7 by Selana

8. Kapitel 8 by Selana

9. Kapitel 9 by Selana

10. Kapitel 10 by Selana

11. Kapitel 11 by Selana

12. Kapitel 12 by Selana

13. Kapitel 13 by Selana

14. Kapitel 14 by Selana

15. Kapitel 15 by Selana

16. Kapitel 16 by Selana

17. Kapitel 17 by Selana

18. Kapitel 18 by Selana

19. Kapitel 19 by Selana

20. Kapitel 20 by Selana

21. Kapitel 21 by Selana

22. Kapitel 22 by Selana

23. Kapitel 23 by Selana

Kapitel 1 by Selana
Atlantis, Mittelerde und andere Legenden


1. MITTELERDE, NEUN JAHRE VOR DEM RINGKRIEG

Einsam kreiste der Ring im Orbit des Planeten. Da begannen einige Symbole an dem Ring aufzuleuchten und ein weißblaues Flimmern und Wabern bildete sich innerhalb des Ringes, ähnlich den Wellen im Ozean. Die Wellen schossen heraus, zogen sich zurück und füllten den Ring vollständig aus. Doch seltsamerweise floss die Sturzflut nicht heraus und verlor sich in den Weiten des Weltraums, sondern blieb im Kreis stehen, begleitet von einem ständigen Wabern und Fließen.

Dann schoss ein kleines Raumschiff daraus hervor. Die Adresse des Planeten hatte das Team aus Atlantis der Datenbank der Antiker entnommen. Der Umstand, dass er aus der Datenbank gelöscht worden war, hatte sie aufmerksam werden lassen. Dr. McKay hatte die Adresse durch Zufall rekonstruiert. Sofort vermuteten sie, dass es vielleicht ein geheimer Stützpunkt der Antiker war.

Deshalb hatte Dr. Weir die Genehmigung für das Unternehmen erteilt. Vielleicht fanden sie einen intakten Stützpunkt oder wenigsten ein weiteres ZPM.

Sheppard hatte den Bildschirm aktiviert und scannte den Planeten. Die Enttäuschung war groß, denn sie fanden keine Daten, die auf eine höhere Zivilisation, geschweige denn auf einen Stützpunkt der Antiker schließen lies.

„Ich erkenne aber die Lebenszeichen vieler Lebewesen“, sagte Sheppard. „Keine technische Zivilisation allerdings.“

„So schnell geben wir nicht auf“, meinte McKay, der seine Enttäuschung kaum verbergen konnte. In Gedanken hatte er sich schon ausgemalt, was sie alles finden würden. „Umrunde den Planeten. Vielleicht ist der Stützpunkt auf der anderen Seite oder unter der Erde.“

Natürlich dachte Sheppard nicht daran, so schnell aufzugeben. Er umflog den Planeten mehrmals in immer anderen geometrischen Kreisen. Doch das Ergebnis blieb immer gleich. Kein Stützpunkt der Antiker.

Sheppard wollte den Bildschirm schon enttäuscht abschalten, als ihm etwas auffiel. „Rodney, sieh dir das mal an.“

Er zoomte den Bildschirm auf die entdeckte Stelle, und McKay machte sich sofort daran es genauer zu untersuchen. „Das muss ein Kraftfeld, ein Energiefeld oder so was Ähnliches sein. Es umschließt den ganzen Planeten.“

„Was bedeutet das?“, fragte Ronon.

McKay sah sie bedeutsam an. „Es könnte sein, dass unsere Sensoren von dem Feld getäuscht werden. Es soll Leute wie uns davon abhalten, den Planeten näher zu untersuchen. Doch um einen McKay zu täuschen, müssen sie schon früher aufstehen.“

Ronon wollte schon einwenden, dass es Sheppard gewesen war, dem das Feld aufgefallen war, als Teyla ihm zuvorkam.

„Aber der Colonel hat das Energiefeld doch entdeckt“, meinte Teyla. „Und damit ist es in meinen Augen nicht gut versteckt.“

„Nein“, widersprach Sheppard. „Das Feld haben wir nur mit den Antikersensoren entdeckt. Ohne diese hochentwickelte Technik hätten wir es glatt übersehen.“

„Dann gehen wir runter und scannen den Planeten in der Atmosphäre“, schlug McKay vor.

„Ist das Feld auch ungefährlich?“ erkundigte sich Sheppard.

„Natürlich ist es ungefährlich!“, empörte sich McKay.

„Darf ich dich daran erinnern, dass wir das schon einmal dachten, und dann von so einem ungefährlichen Feld heruntergeholt wurden? Und diesmal ist es ein Planeten umspannendes Kraftfeld. Wenn wir unten sind, gibt es kein zurück.“

„Dieses Feld ist ganz anders aufgebaut, als auf dem Planeten der Kinder. Ich garantiere dafür, dass nichts passiert“, versprach McKay.

Sheppard sah ihn nochmals zweifelnd an, steuerte den Jumper aber auf die Atmosphäre zu. Rodney schien recht zu behalten, denn es passiert nichts. So fing John an zu scannen. Plötzlich fing der Jumper an zu bocken und der Antrieb schaltete sich aus. Sheppard drückte hastig einige Schalter und Knöpfe und dachte intensiv daran, den Antrieb wieder einzuschalten.

Er schaffte es auch, den Antrieb wieder hochzufahren, doch nur für etwa drei oder vier Sekunden, dann ging der ganze Zauber von vorne los. John hatte keine Zeit Rodney Vorwürfe zu machen, sondern musste seine ganze Kraft auf das Fliegen verwenden. Das Raumschiff flog inzwischen in einer Höhe von drei Kilometern, in den Weltraum hinauf würde er es deswegen nie schaffen. Also blieb nur die Oberfläche.

„Alle hinsetzen und festschnallen! Wir gehen runter!“

Sheppard ging in einen Art Gleitflug über. Vor ihm tauchte ein gewaltiges Gebirgsmassiv auf, links ein großes Waldgebiet. Beides war nicht gut für eine Notlandung. Vor sich sah er eine stattliche Lichtung auftauchen. Die erschien ihm groß genug für die Notlandung.

Inzwischen war er nur noch etwa hundert Meter über dem Boden. Der Gleitflug funktionierte noch. Die Geschwindigkeit hatte er auch verringern können. Die Lichtung lag nun vor ihm. Auf der großen Wiese bekam der Jumper ersten Bodenkontakt. Sie rasierten die Grasfläche ab, doch das hoch Gras dämpfte auch den Aufprall. Trotzdem gab es noch einen gewaltigen Stoß, als sie den Boden berührten und noch meterweit über die Wiese rutschten, bis sie endlich zur Ruhe kamen.

„Meine Güte, John! Das war die beste Bruchlandung, bei der ich bisher dabei war.“

Sheppard wusste nicht, ob er diese Worte von Rhiana als Kompliment auffassen sollte oder nicht. Er probierte seine Knochen durch, doch er schien sich nichts gebrochen zu haben.“

„Ist jemand verletzt?“, fragte er.

„Nein, alles Heil!“

„Nichts verletzt!“

„Bin in Ordnung!“

„Fast hättest du uns umgebracht!“, beschwerte sich McKay.

Sheppard bedachte ihn mit einem so bösen Blick, dass McKay die nächste Beschwerde im Hals stecken blieb. „Das war nicht meine Schuld!“, rief er.

„Hast du uns nicht hoch und heilig versichert, dass alles in Ordnung ist?“, mischte sich Ronon ein.

„Schon gut, keine Vorwürfe und Beschuldigungen mehr“, sagte John. „Rodney, schwing deinen Hintern hinter die Konsolen und sieh nach, ob mit dem Jumper alles in Ordnung ist.“

McKay beeilte sich zu verschwinden, denn Ronons Blick war noch mörderischer, als der von Sheppard. Und es war besser, Ronon nicht zu sehr zu verärgern.

Während sich McKay den Jumper ansah, gingen die anderen nach draußen. Ihre Spur war nicht zu übersehen. Es war wirklich ein fliegerisches Meisterstück gewesen, den Jumper so präzise herunterzubringen.

„Hier funktioniert gar nichts mehr!“, hörten sie Rodney rufen.

John kehrte in den Jumper zurück, während Teyla, Ronon und Rhiana sich etwas umsahen.

„Was ist los?“, fragte der Colonel.

„Eigentlich müsste alles in Ordnung sein, doch nichts funktioniert. Es ist, als hätte jemand den Strom abgestellt.“

John erstarrte. „Vielleicht ist es so?“

„Du meinst?“

„Ja, doch so ein Feld wie bei den Kids“, meinte John. „Der Antrieb versagte ohne Grund und ohne vorherige Anzeichen. Er fiel einfach aus.“

Rodney holte seinen Handscanner heraus. „Funktioniert auch nicht.“

„Was ist mit unseren Waffen?“

„Sheppard!“, Ronon alarmierender Ruf ließ ihn nach draußen eilen. Dort blieb er wie angewurzelt stehen. McKay, der ihm gefolgt war, konnte nicht mehr abbremsen und lief auf ihn drauf. Während Rodney einen empörtes „Au“ von sich gab, achtete John nicht darauf.

Auf der Wiese stand eine ganze Anzahl gefährlich aussehender Gestalten, die drohend Pfeil und Bogen, Speere und Schwerter auf Ronon, Teyla und Rhiana gerichtet hatten.

Sie sahen alle auf den ersten Blick gleich aus: gekleidet in lange weiße Gewänder, mit langen blonden Haaren, groß, schlank und gutaussehend.

Einer hob jetzt die Hand und sagte: „Mae govannen. Im Haldir!“

„Das ist eine etwas altertümliche Form des Antikischen“, flüsterte Rhiana John zu.

„Du verstehst es?“

„Ja, ich werde mit ihnen reden.“

Rhiana trat vor. „Aiya! I Rhiana! Hen i John Sheppard, Teyla, Ronon, Rodney McKay .”

Das Gespräch von Rhiana und dem Fremden schien freundschaftlich zu verlaufen, auch wenn die anderen kein Wort verstanden.

Schließlich wandte sich Rhiana ihnen zu. „Sie leben im Wald vor uns. Normalerweise dulden sie keine Fremden in ihrem Reich, aber ihre Herrin hat unsere Ankunft vorausgesehen und sie wollen uns zu ihr bringen. Ich glaube, es ist besser, wir tun, was sie sagen.“

„Na schön, wie es aussieht, haben wir auch keine andere Wahl“, meinte Sheppard.

„Wir müssen aber unsere Waffen hier lassen.“

„Nein.“

„Haldir meint, dass sie sowieso nicht funktionieren.“

„Was?“, John nahm seine Pistole heraus und richtete sie in die Höhe. „Sag ihm, dass es harmlos ist und ich sie nur ausprobieren will.“

„Sie funktioniert nicht“, meinte der Fremde, der nur lächelnd zugesehen hatte.

Überrascht sah John ihn an. „Du sprichst unsere Sprache?“

„Wir Elben können vieles“, meinte er.

„Elben?“

„So wird unser Volk genannt. Ich bin Haldir.“

„Erlaubst du also?“, John zeigte auf die Waffe.

Haldir nickte nur wissend. Als John auf den Abzug drückte, passierte nichts. Er drückte noch einmal ab und wieder passierte nichts. Sheppard steckte die Waffe weg und holte die Betäubungspistole heraus, aber auch diese versagte, genauso wie die P-90er. Somit waren sie waffenlos.

„Das Fluggefährt der Vorfahren könnt ihr stehen lassen. Niemand wird es berühren oder stehlen. Dafür verbürgen wir uns. Folgt mir bitte!“

Haldir machte eine knappe Verbeugung und ging voran. Widerstrebend gingen die Atlanter hinter ihm her. Sie wurden von den übrigen Elben eskortiert, von denen alle aber nur freundlich auf sie blickten. Anscheinend waren sie wirklich friedfertig.

Es ging auf ausgetretenen Wegen in den Wald hinein. Es war ein lichter und lieblicher Wald, sehr gepflegt mit sorgfältig gesäuberten Wegen. Auf und ab ging es, und schließlich blieben sie auf einem kleinen Hügel stehen. Vor ihnen war eine weitere Lichtung und darauf stand der gewaltigste Baum, den die Atlanter je gesehen hatten.

„Caras Galadhon, das Heim unserer Herrin Galadriel und ihres Gatten Celeborn“, erklärte ihnen Haldir. „Dies ist nur ein schwacher Abglanz des alten Caras Galadhon, das am Ende des Ersten Zeitalters aufgegeben wurde. Es sind Mallorn-Bäume, der größte noch existierende Hain in Mittelerde. Die Wohnstätten unseres Volkes sind in dem Hain gebaut.“

Als sie näher kamen, sahen sie erst, wie riesig der Hain war. Es waren etwa vier bis sechs der Riesenbäume. Die Mallorn besaßen eine silbrig glatte Borke mit goldenen, büschelartigen Blüten. Viele Blüten waren schon abgefallen und bildeten unter den Bäumen einen goldenen Teppich. Die Blätter waren oben mattgrün und unten silbrig. Sie gleißten im Licht der Sonne. Der Stamm teilte sich unterhalb der Spitze in eine Krone, wo einige Häuser standen. Auch auf den anderen Bäumen waren Häuser zu sehen.

„So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen“, flüsterte Teyla begeistert, als sie auf Leitern und über Treppen nach oben stiegen. Überall waren Lichter aufgehängt und leise singende Stimmen waren zu hören.

Alle anderen konnten ihr nur stumm zustimmen, während sie sich fasziniert umsahen. Schließlich blieben sie am Fuße einer kleinen Treppe stehen. Eine Frau kam, nein, schwebte nach unten. Anders konnte ihr Gang nicht bezeichnet werden. Sie war die schönste Frau, die die Atlanter je gesehen hatten. Ihre langen blonden Haare glänzten im Schein der Sonne, ihr weißes Gewand war mit Goldfäden verziert und in ihrem Haar waren winzige schimmernde Perlen geflochten.

Ihr Blick ruhte einen Augenblick auf jedem von ihnen und niemand konnte sich ihrem Bann entziehen. „Willkommen in Lothlórien, Reisende von den Sternen. Ich bin Galadriel.“

Der Klang ihrer Stimme bannte sie und John spürte, dass sie jeden seiner Gedanken lesen konnte. Doch wäre ihm das bei jedem anderen unangenehm gewesen, so schien dies bei dieser Frau das normalste auf der Welt zu sein.

Da ging John auf, was sie gesagt hatte. „Sie wissen, woher wir kommen?“

„Natürlich! Nichts ist mir verborgen. Meine Gabe ist die der Vorhersehung. Ich wusste schon längst, dass ihr kommt. Normalerweise ist es verboten, in Mittelerde zu landen. Jeder sollte das wissen, denn dies ist ein Zufluchtsort. Kein Gerät der Alten funktioniert hier, und das aus gutem Grund. Einst wurde Mittelerde als Zufluchtsort für diejenigen geschaffen, die noch nicht aufgestiegen waren oder die noch eine Bedenkzeit brauchten. Hier lebten sie tausende Jahre in Frieden und in Sicherheit vor allen Feinden. Dann fanden die Verlorenen, die sich selbst die Orii nennen einen Weg nach Mittelerde, und es entbrannte ein Kampf mit dem Mächtigsten der Ori, mit Melkor. Den vereinten Armeen der Elben, Menschen und Zwerge gelang es, Melkor zu schlagen. Er wurde in eine Ebene jenseits unserer Existenzebene verbannt und das Kraftfeld um den Planeten erneuert. Doch Sauron, einem Diener Melkors, gelang es in Mittelerde zu bleiben. Als Sauron sich stark fühlte, versuchte er die Macht über Mittelerde an sich zu reißen. Ein neuer Krieg entbrannte, der vor einigen Tausenden von Jahren erneut von unserm Völkerbund gewonnen wurde. Sauron wurde verbannt, doch nun gewinnt Sauron neue Kräfte, und die meisten meines Volkes sind inzwischen aufgestiegen. Die Einheit der Menschen, Zwerge und Elben besteht nicht mehr. Ich fürchte, es wird der letzte Kampf um Mittelerde werden. Danach werden auch die letzten meines Volkes aufsteigen. Das ist aber nicht euer Kampf. Ich sah zwar euer Kommen, doch der Grund dafür ist mir verborgen.“

„Es war ein Unfall, dass wir landetet“, sagte Sheppard. „Wir würden gerne wieder gehen, doch die Technik des Jumpers funktioniert wegen dem Kraftfeld nicht. Könnt ihr uns nicht helfen?“

„Ich fürchte nein, denn auch meine Kräfte versagen hier. Doch es gibt einen Gegenstand, der euch von hier weg bringen kann: das Aure. Es wurde dafür geschaffen, trotz des Schutzschildes zu funktionieren. Wir haben jedoch keine Verwendung dafür, wissen aber, wo es ist, leider viele Tagesreisen entfernt von hier.“

„Aber es ist der einzige Weg, um hier weg zu kommen?“, vergewisserte sich Sheppard.

„Ja, das ist er.“

„Dann müssen wir gehen. Auch wenn es Wochen dauert.“

„Da ist noch etwas, dass ihr wissen müsst. Hier vergeht die Zeit schneller als draußen. Ein Monat außerhalb des Feldes entsprechen hier zehn Monaten.“

„Schon wieder so etwas!“, meinte Sheppard. „Also, wie finden wir das Aure.“

„Ihr müsst über den großen Fluss bis zum Meer reisen. Von dort sind es nochmals ein bis zwei Wochen an der Küste entlang. Bis zum Meer könnt ihr einigermaßen sicher reisen, doch danach ist es Feindesland. Deshalb werde ich euch Ersatz für die Waffen geben, gute Rüstungen und Zahlungsmittel.“

„Warum machen Sie das?“, wollte John wissen.

Galadriel legte ihm die Hand auf die Stirn. „Du bist einer meines Volkes, einer der Nachkommen, die entschieden Menschen zu bleiben. Ihr alle seid von meinem Volk. Und wie einer deines Volkes in Mittelerde, hast auch du bei deinen Leuten eine Bestimmung. Du musst zurückkehren. Doch nun, ruht euch aus. Morgen werden wir euch ausrüsten und Haldir wird euch bis nach Gondor als Führer dienen. Danach müsst ihr sehen, wie ihr alleine zurechtkommt.“

„Wie Sie wünschen.“

Die anderen hatten bisher schweigend zugehört. Jetzt ergriff Rodney das Wort. „Madame! Was ist das Aure?“

Galadriels Blick lag prüfend auf Rodney, doch dann stahl sich ein Lächeln über ihr Gesicht. „Du bist einer der Ungeduldigen, einer der meint alles besser zu können, als andere. Doch höre: Auch du wirst deine Grenzen erkennen müssen. Das Aure ist, was es ist. Sucht es und wendet es weise an, dann erkennt ihr auch seine Bedeutung.“

„Ja, klar!“, brummte Rodney vor sich hin. „Warum klare Antworten bekommen, wenn es unverständlich geht.“

John stieß ihn an. „Halt die Klappe, Rodney!“

Galadriel warf noch einmal jedem einen Blick zu und ging dann davon. Haldir winkte ihnen zu. Er wies ihnen Schlafplätze an und ließ ihnen zu essen bringen, was Rodney sofort wieder versöhnlicher stimmte.

Am anderen Morgen kam Haldir nach einem ausgiebigen Frühstück zu ihnen. „Folgt mir.“

Sie kletterten den Baum hinunter und gingen unter den Bäumen hindurch bis zu einem kleinen Flüsschen. Dort lagen drei größere Ruderboote vor Anker. Auf einer kleinen Plattform stand ein Häuschen. Dahin führte sie Haldir. „Hier liegt eure neue Bekleidung. Eure bisherigen Sachen müsst ihr hier lassen. Meine Leute werden sie zu eurem Luftgefährt bringen. Dafür zieht das an.“

Er gab jedem von ihnen die neue Bekleidung, die von den fünf erst etwas skeptisch gemustert wurden. Es waren leichte Rüstungen, dazu für jeden Pfeil und Bogen mit einem Schwertgürtel.“

„Könnt ihr damit umgehen?“

„Ja!“, sagten John, Teyla, Ronon und Rhiana gleichzeitig.

„Nein, was glaubt ihr denn? Ich bin Wissenschaftler und kein Krieger“, protestierte McKay.

Haldir bedachte ihn mit einem kurzen kritischen Blick, doch es war kein Spott in seiner Stimme, als er sagte: „Das ist keine Schande. Viele meines Volkes haben eine Abneigung gegen die Waffen und beschäftigen sich lieber mit den schönen Künsten. Dann musst du dich an deine Freunde halten.“

„Das macht er sowieso immer“, meinte John lächelnd. „Keine Sorge, Rodney, bleib einfach bei uns, dann kann dir nichts passieren.“

McKay machte kein begeistertes Gesicht, aber er ging hinter einen Vorhang, um sich umzuziehen. Die anderen machten es ihm nach.

Sheppard begutachtete erst einmal seine neue Bekleidung. Sie bestand aus einer Hose und einem Hemd aus feinem weichem dunklem Leder, darüber ein Kettenhemd, das seinen Oberkörper schützte. Dieses schien aus festen Silberplättchen hergestellt worden zu sein. Eine wunderschöne Arbeit, fein und doch kaum zu durchdringen. Dazu leichte Stiefel aus feinem Leder und ein leichter grünschimmernder Umhang mit Kapuze.

Der Gürtel war aus dickem Leder und daran war eine grüne Schwertscheide befestigt, die oben mit einem breiten Streifen gesichert war. Das Schwert war groß, aber leicht zu handhaben. Dazu gehörte ein leichter Schild. Dann noch ein großer biegsamer Bogen mit einem mit Pfeilen prallgefüllten Köcher. Er zog alles über und stellte fest, dass es sehr leicht und bequem war.

Er trat hinter dem Vorhang hervor und sah Rhiana, die ähnlich bekleidet war. Sie trug nun einen knielangen Rock, gefertigt aus den feinen silbernen Kettengliedern, aus der auch seine Rüstung bestand. Die Füße steckten in Schuhen aus feinstem Leder, die bis zum Rock hoch geschnürt waren. Dazu kam ein feines Kettenhemd und darüber eine Rüstung aus festen Silberplatten, die ihren Oberkörper schützte. Ein breiter Gürtel umspannte ihre schmalen Hüften, daran war ein Schwert in einer Scheide befestigt. Auch sie bekam einen Bogen, einen Köcher mit Pfeilen, sowie einen kleinen Schild. Teylas Bekleidung sah gleich aus, und die Bekleidung von Ronon und McKay wie seine.

„Mann, so kann ich doch nicht rumlaufen“, meinte McKay weinerlich. Als er einen Schritt nach vorne machte, stolperte er fast über seine Schwertscheide.

„Ich glaube er hat recht“, meinte Haldir lachend. Er nahm Rodney den Gürtel mit dem langen schweren Schwert ab und gab ihm dafür einen mit einem Kurzschwert. „Es ist für Hobbits gemacht, aber für dich wohl praktischer.“

Rodney stimmte ihm zu, auch wenn er nicht wusste, was Hobbits waren. Pfeil und Bogen gab er auch ab. Damit konnte er sowieso nicht schießen. Das Schwert musste ihm genügen. Er würde sich einfach an Sheppard, Ronon und die Frauen halten.

Die anderen bewunderten sich noch kurz in ihren neuen schicken Sachen, dann wurden sie von Haldir unterbrochen. „Es wird Zeit. Kommt!“

Er führte sie zu den Booten hinunter. Dann gab er jedem eine Karte. „Hier ist der Weg eingezeichnet. Erst geht des den Silverfluss entlang, der in den Anduin mündet. Auf diesem fahren wir bis zu den Rauros-Fällen. Dann sind wir in Süd-Ithilen, das zum Reich von Gondor gehört. Ab dort müssen wir mit Orkangriffen rechnen. Dann geht es weiter den Anduin hinunter bis nach Osgiliath, vorbei an Minas Tirith, bis nach Pelargir. Dort müsst ihr euch ein größeres Schiff kaufen, mit dem ihr das Meer befahren könnt. Ihr fahrt entlang der Küste des Landes der Haradrim, vor denen ihr euch in acht nehmen müsst, denn sie sind Feinde der Gondorianer. Und sie werden euch für Gondorianer halten. Also meidet das Land. In Umbar müsst ihr aber an Land gehen und Vorräte einkaufen. Dann segelt ihr weiter an der Großen Öde vorbei, bis ihr hier an Land gehen müsst. Dort stehen die großen Statuen der Elbenkönige. Dort ist das Aure. Dann müsst ihr den gleichen Weg zurückfahren. Wenn alles gut geht, seid ihr in zirka vier bis sechs Wochen wieder hier.“

„Vier bis sechs Wochen? Seid ihr alle wahnsinnig geworden?“, Rodney konnte es nicht fassen.

„Dann brechen wir am besten gleich auf“, meinte John. „Rodney, du kannst hier bleiben und auf uns warten. Die Elben werden dich sicher gerne so lange aufnehmen.“

„Wenn Rodney es wünscht, dann gerne“, bestätigte Haldir.

„Nein, ich kann euch doch nicht im Stich lassen.“

So brachen sie auf. Haldir würde sie bis Gondor begleiten und dann konnten sie sich vielleicht einen Führer suchen, der sie bis an ihr Ziel bringen würde. Jeweils zwei setzten sich in ein Boot, und in der Mitte legten sie den von den Elben bekommenen Proviant, hauptsächlich etwas, dass Lembasbrot genannt wurde. Es sah aus wie harter Zwieback, sättigte aber ungemein.

Denn ganzen Tag fuhren sie den Silberfluss hinunter. Rhiana und John saßen im mittleren Boot. Haldir und Rodney saßen im ersten und Ronon und Teyla im letzten Boot. Am Abend erreichten sie die Mündung des Flüsschens, wo sie ihr erstes Nachtlager aufschlugen.

weiter: Kapitel 2
Kapitel 2 by Selana
2. Auf dem Anduin

Am anderen Morgen fuhren sie den Anduin hinunter. Haldir erklärte ihnen, dass dies der größte Fluss in Mittelerde war. Die ersten drei Tage legten sie so etwa 100 Kilometer zurück. Es war eine eintönige menschenleere Ebene, auf der kaum was zu sehen war. Auch Menschen siedelten hier nicht mehr. Am Morgen des vierten Tages änderte sich die Landschaft. Der Anduin machte nun eine große Schleife und bog dann in ein hügliges Land hinein.

Haldir nannte es die nördliche Biegung, die Hügel die Brauen Lande. Nun fuhren sie durch hohe Schluchten, die Hänge gingen bis dicht ans Wasser heran und ließ kaum eine Landung der Boote zu. Der Fluss machte einen neuen großen Bogen und das Wasser wurde reissender. Das hatte den Vorteil, dass sie schneller vorankamen und nicht mehr so viel Paddeln mussten.

Haldir erklärte, dass sie weiter unten um einige Stromschnellen herumlaufen mussten, weil sie unpassierbar waren. Doch im Moment ging es noch, und so fuhren sie bis tief in die Nacht hinein, bis sie zu der südlichen Biegung kamen. Hier wurden die Hügel niedriger und sie konnten die Boote an Land ziehen und eine Ruhepause einlegen.

Bis hierher war die Fahrt gefahrlos verlaufen. Haldir versicherte ihnen, dass dies auch so bleiben würde bis zur Grenze von Gondor. Doch ab da bestand dann die Gefahr von Orks überfallen zu werden. Orks waren hässlich aussehende Kreaturen, die aus dem Schattengebirge kamen und das Land von Ithilien verwüstet hatten. Sie bedrängten die Gondor-Menschen und vertrieben die Bewohner. Zwar patrouillierten die Ritter von Gondor durch das Land, aber sie konnten nicht überall sein.

Am anderen Tag erreichten sie ein neues Gebirge, die Emyn Muil. Auch hier waren die Wände der Schluchten hoch und reichten oft bis ans Wasser. Erst bei den Argonath, riesige Statuen zweier Könige der alten Númenorer würden sie rasten können. Hinter den Argonath lagen die Raurosfälle, die sie nicht befahren konnten. Hier würden sie die drei Boote nacheinander über die Nordtreppe nach unten tragen müssen.

Danach war der Weg bis nach Pelargir frei, und sie würden schließlich dichter bewohntes Gebiet erreichen, wie etwa die Pelennor-Felder, die unterhalb der Festung Minas Tirith lagen. Haldir erzählte viel von der Festungsstadt und die Atlanter konnten es kaum erwarten, sie mit eigenen Augen zu sehen.

Wie von Haldir angekündigt, mussten sie bei der Fahrt durch die Emyn Muil mehrmals kurz aussteigen und lebensgefährliche Stromschnellen umgehen. Zum Glück gab es hier entsprechende Stellen zum Anhalten, um die reisenden Fluten umgehen zu können. Schließlich weitete sich der Fluss zu einem kleinen See und sie bemerkten, dass die Wasser noch schneller zu fließen begannen. Und sie sahen die von Haldir beschriebenen Figuren: die Argonath. Die Monumente waren aus Stein gehauen und die gewaltigsten Statuen, die sie je gesehen hatten.

„Die sind unglaublich!“ Teyla konnte ihre Begeisterung kaum bremsen. Allein die Füße der Statuen waren fast so hoch wie ein Mensch.

Haldir steuerte sein Boot neben das der anderen. „Sie stellen die großen Könige von Gondor und Arnor dar: Isildur und Anárion. Sie wurden vor etwa 1500 Jahren gebaut. Hier beginnt das Land von Gondor. Hinter dem See liegen die Raurosfälle. Wir müssen die Boote einzeln über die große Treppe nach unten tragen. Das schaffen wir noch bis zum Abend. Unten können wir dann unser Lager aufschlagen.“

Von Haldir geführt steuerten sie das Ufer an und umfuhren so den See. Am Ende des Sees ragte eine steile Felseninsel aus dem Wasser, sie wurde Tol Brandir genannt. Hinter der Insel ragten senkrechte Klippen in die Höhe, über die das Wasser abstürzte und so den Wasserfall bildeten.

Sie steuerten das Ufer an und begannen das erste Boot zu tragen. Die Frauen schleppten das jeweilige Gepäck aus dem Boot nach unten. Die Treppe war steil und es war nicht einfach nach unten zu kommen. Doch sie schafften es bis zur Dämmerung die Boote hinunter zu tragen, da die Kanus nicht allzu schwer waren.

Das Rauschen des gewaltigen Wasserfalls in den Ohren, begannen sie ihr Abendlager aufzuschlagen. Holz gab es genug in dem angrenzenden Wald zu holen. Haldir erzählte ihnen wie jeden Abend Geschichten von den Elben. Wie sie aus den unsterblichen Landen auszogen und nach Mittelerde kamen. Und auch die Legende des Aures. Demnach sollte das eine von zwei riesigen Lampen gewesen sein, die einst das Reich der Elben beleuchtete, vor der Zeit der Sonne.

„Sehr witzig“, meinte Rodney, als Haldir geendet hatte. „Lampen, die das Land erhellen und nicht die Sonne. So etwas gibt es nicht. Aber deiner Beschreibung nach könnte das Aure eine Art ZPM sein. Mit seiner Energie kann man viel betreiben. Und die Geschichte um die Lampen entstand im Laufe der Zeit. Ohne eine Sonne gibt es kein Leben.“

„Das mag sein, Rodney“, bestätigte Haldir. „Doch das ändert nichts daran, dass es das Aure gibt.“

„Warum habt ihr es noch nicht geholt?“, fragte Sheppard.

„Wir benötigen solche Energiequellen, wie ihr sie beschrieben habt nicht. Außerdem liegt es im Gebiet des Feindes. Wir Elben werden von den Haradrim sofort umgebracht, wenn wir uns in ihr Gebiet trauen. Die Feindschaft unserer beider Völker ist schon uralt. Das gilt auch für die Gondorianer und die Haradrim. Ihr müsst also sehr vorsichtig sein.“

„Aber wir sind nicht aus Gondor“, meinte Rodney.

„Das macht nichts. Ihr seht aus, wie sie, und seid aus dem gleichen Volke. Die Haradrim werden nicht lange danach fragen, wer ihr seid.“

„Also erst schießen und dann fragen“, meinte John.

„Typisch Militär!“, meinte Rodney empört.

„John hat recht“, sagte Haldir. „Wir Elben lieben den Frieden, aber auch wir können und werden uns verteidigen, wenn wir angegriffen werden.“

Am anderen Morgen fuhren sie auf dem Anduin weiter. Der Fluss führte nun an einem großen Sumpfgebiet vorbei. Hier flossen einige Flüsse in den Anduin und der Fluss wurde dadurch wasserreicher und auch breiter. Nach einem weiteren Tag wurde die Landschaft lieblicher und die Sumpflandschaft blieb zurück.

„Das ist Nord-Ithilien. Früher dicht besiedelt, nun verlassen von seinen Bewohnern.“

„Wo sind sie hin?“, fragte Sheppard.

„Die meisten haben Zuflucht in Minas Tirith gefunden. Oder sie leben auf den Pelennor-Feldern, im Schutze von Denethors Soldaten und der großen Festung. Denethor ist der Truchsess von Gondor. In der Zeit der Abwesenheit des Königs ist er der Regent von Gondor.“

„Wo ist der König?“, erkundigte sich Rhiana.

„Gondor hat seit tausend Jahren keinen König mehr. Seither regieren die Truchsesse das Land. Leider hat Gondor das meiste seiner früheren Macht verloren, und nun kommt noch die Gefahr von Sauron und seinen Orks dazu. Außerdem sind da noch die Haradrim, die auf der Seite Saurons kämpfen werden, wenn es zum Krieg kommen sollte“, Haldir zeigte auf das riesige Gebirge, das vor ihnen auftauchte. „Das ist das Schattengebirge, das Reich von Sauron und seinen Orks. Ihr müsst es meiden.“

Am nächsten Tag tauchte vor ihnen mitten im Fluss eine Insel auf. „Das ist Cair Andros. Dort ist der erste Stützpunkt der Gondorianer. Ich werde euch dort verlassen.“

„Was? Warum willst du nicht mitkommen?“, fragte Sheppard enttäuscht. Er hatte in dem Elb in den letzten Tagen einen Freund gefunden.

„Galadriel hat es mir verboten. Ihr wusstet das von Anfang an.“

Auch die anderen waren sehr enttäuscht, denn auch sie hatten die Gesellschaft des Elben sehr genossen. Doch als sie die Insel erreichten und an Land gehen wollten, sahen sie schon von weitem, dass etwas nicht stimmte. Die Insel war nicht sehr groß und auch nicht sehr breit. Normalerweise hätte die Soldaten von Gondor sie schon längst begrüßen müssen. Doch keiner war zu sehen.

Sie machten die Boote an einem Landungssteg fest und betraten die Garnison. Sie war verlassen worden, und wie es aussah in großer Hast.

„Das sieht nicht gut aus“, meinte Haldir. „Ich glaube, ihr müsst meine Gesellschaft doch noch länger ertragen.“

„Wir haben nichts dagegen“, sagte Sheppard erleichtert.

Mit etwas mulmigem Gefühl im Magen stiegen sie in die Boote und fuhren weiter. Doch nun war die fröhliche Stimmung verflogen und ein ungutes Gefühl machte sich in allen breit.

„Spürst du das auch, John?“, fragte Rhiana und beugte sich etwas zu John nach vorne.

„Ja, es ist, als liege etwas Unheimliches in der Luft.“

„Sollten wir nicht lieber umkehren?“, meinte Rodney mit Panik in der Stimme. Es ängstigte ihn sehr, dass auch er, als rationaler Wissenschafter das spürte. So etwas durfte es nicht geben.

„Das ist die Atmosphäre des Landes von Mordor. Was ihr spürt, ist Saurons Ausstrahlung“, sagte Haldir.

Am anderen Tag erreichten sie Osgiliath, oder das, was von der ehemaligen Hauptstadt von Gondor noch übrig war. Jetzt waren es nur noch Ruinen, doch selbst jetzt konnte man seine ehemalige Herrlichkeit noch erspüren. Und hier trafen sie zum ersten Mal auf Menschen.

Sie fuhren gerade mitten durch einige Ruinen, denn der Anduin floss mitten durch die Stadt und teilte sie so in zwei Hälften.

Eine laute barsche Stimme erklang: „Halt! Wer da? Gebt euch zu erkennen.“

„Ich grüße Euch, Soldaten von Gondor!“, rief Haldir mit lauter und klaren Stimme. „Hier sind einige harmlose Reisende aus Edoras.“

„Was ist der Zweck eurer Reise?“

„Wir sind auf dem Weg nach Pelargir. Dort wollen wir Handel treiben.“

Haldir hatte ihnen vorher gesagt, dass sie besser nicht verraten sollten, was sie vorhatten, und lieber ihm das Reden überlassen sollten. Die Atlanter waren einverstanden gewesen, schließlich kannten sie sich in diesem Lande nicht aus.

Hinter einer Mauer erhoben sich nun vier Soldaten in der Landestracht von Gondor. Ihr Blick war immer noch misstrauisch, doch als sie die beiden Frauen sahen, wurden sie sofort freundlicher.

„Was macht ein Elb bei Menschen aus Rohan? Und ihr solltet in diesen unsicheren Zeiten keine Frauen mit euch nehmen“, sagte der Sprecher, ein etwas älterer Soldat. „Es gab in letzter Zeit Überfälle von Orks.“

„Auf meiner Reise durch Mittelerde traf ich auf die Reisegruppe, und so schloss ich mich ihnen zu meinem und ihrem Schutze an. Wir haben gesehen, dass Cair Andros verlassen wurde“, erklärte Haldir.

„Das stimmt! Eine große Armee von Orks überrannte die Insel. Der Besatzung blieb nur die Flucht. Doch eine neue noch größere Bemannung ist schon auf dem Weg zurück. Und Heerführer Boromir ist mit seinen Rittern auf Orkjagd. Sie werden sie zurück in das Gebirge treiben. Trotzdem ist es gefährlich auf dem Fluss.“

„Unsere Geschäfte sind dringend.“

„Dann bleibt wenigstens über Nacht. Ein Elb und Menschen aus Rohan sind bei uns willkommen. Fahrt einhundert Meter weiter, dort ist ein Heerlager. Da findet ihr Unterkunft und ein warmes Essen. Die Herrinnen werden es begrüßen.“

Rhiana und Teyla widersprachen dem nicht. Sie dankten den freundlichen Soldaten und fuhren weiter. Bald sahen sie das Lager vor sich. Auch hier wurden sie angesprochen, doch dann freundlich aufgenommen.

Sie bekamen warmes Essen und eine bequeme Unterkunft. Den Abend verbrachten sie im Kreise der Soldaten, denen es sichtlich gefiel, zwei Frauen unter sich zu haben.

Am anderen Morgen ging es früh weiter. Und nun sahen sie Minas Tirith vor sich liegen und Haldir erzählte ihnen kurz seine Geschichte. Minas Tirith war in sieben Stufen auf einem Felsvorsprung des Mindolluin erbaut worden. Jede Stufe war mit einer starken Mauer aus hellem Gestein umgeben. Das große Außentor und das Tor der obersten Stufe, der Zitadelle, blickten nach Osten, doch die Tore dazwischen waren nach Süden und Norden versetzt, sodass der Weg im Zickzack zwischen ihnen hinaufführte. Die siebte Stufe lag etwa zweihundert Meter über der Ebene des Pelennor. Dort stand, nicht ganz einhundert Meter hoch, der Weiße Turm, von König Calimehtar um etwa 1900 Drittes Zeitalter erbaut, als Minas Tirith noch Minas Anor, Turm der Sonne, hieß. Neben dem Turm war der Palast der Könige von Gondor gebaut worden. Auf dem Hof, vor dem Palast, stand neben einem Springbrunnen der Weiße Baum, der jedoch verdorrt war.

Gerne hätten sie die Festungsstadt näher besichtigt, doch die Zeit drängte. Vielleicht gab es auf dem Rückweg Gelegenheit dazu. Nun führte der Fluss über die Felder des Pelennor. Diese waren dicht bebaut und die Bauern auf den Feldern winkten ihnen zu, wenn sie an ihnen vorbeifuhren.

Eine kleine Hügellandschaft schob sich vor das Schattengebirge, die Emyn Arnen, wo früher die Fürsten von Ithilien gewohnt hatten. Dahinter änderte sich die Landschaft wieder. Nun fuhren sie durch das weitgehend fruchtbare, aber verlassen Süd-Ithilien. Eine wunderschöne Landschaft, aber wie Nord-Ithilien von den Bewohnern wegen den Orküberfällen aufgegeben.

Bis nach Pelargir würden sie nun noch drei Tage brauchen. Am Abend des ersten Tages geschah es. Sie hatten gerade ihr übliches Lager aufgeschlagen. Ein Feuer wagten sie nicht anzuzünden, weil sie die Orks nicht anlocken wollten.

Sheppard bemerkte, dass Haldir plötzlich aufmerksam lauschte. Der Elb hatte weit bessere Ohren als sie alle.

Plötzlich sprang er wie von einer Tarantel gestochen auf. „Orks! Zu den Waffen.“

Sofort waren alle auf den Beinen. Sie zogen ihre Schwerter und warteten. Noch war nichts zu sehen, doch Sheppard war sicher, dass Haldir sich nicht irrte. Da stürmten die Orks plötzlich mit lautem Geschrei aus der Dunkelheit auf sie zu.

Sheppard sah sich sofort in einen Kampf mit drei Orks verwickelt. Da es dunkel war, konnte er im ersten Moment ihre Hässlichkeit nicht erkennen. Er hatte genug damit zu tun, sich der Übermacht zu erwehren. Den ersten Ork tötete er mit einem blitzschnellen Stoß, dann zog er sein Schwert heraus und fuhr herum. Dabei erwischte er den zweiten Angreifer. Dann spürte er einen heftigen Stich in der Brust und wurde zu Boden geworfen.

„Jetzt hat’s mich erwischt!“, war sein erster Gedanke. Der Angreifer war jetzt über ihm und John stieß sein Schwert nach oben. Die Klingen prallten mit lautem Klirren aufeinander und Sheppard spürte einen heißen übelriechenden Atem über sich. So heftig er konnte stieß er mit dem Schwert nach oben und spürte, wie es in den Körper seines Gegners drang. Dieser fiel über ihn und rührte sich nicht mehr. John schaffte es mit Mühe, den reglosen Körper von sich zu stemmen.

Mit einem Satz war er wieder auf den Beinen. Der Kampf war noch im Gange, doch überall lagen tote Gegner herum. Und dann ergriffen die Orks die Flucht.

„Alle in Ordnung?“, rief John laut aus.

Teyla und Rhiana tauchten neben ihm aus der Dunkelheit auf. Sie schienen nur leichte Kratzer abbekommen zu haben, auch wenn sie beide heftig keuchten.

„Uns geht es gut. Einer dieser hässlichen Gestalten hat mich mitten in die Brust getroffen, doch dieser unglaubliche Panzer hat den Stoß aufgehalten“, sagte Teyla. „Alles, was ich habe ist ein blauer Fleck.“

John fiel ein, dass auch er getroffen worden war, doch als er an sich heruntersah, bemerkte er nichts. „Dann war das bei mir wohl auch so.“

Haldir tauchte auf. „Ich habe sie bis in den Wald verfolgt. Sie haben uns wohl für harmlose Reisende gehalten.“

Er holte eine Fackel heraus und leuchtete die Gegend ab. Jetzt sahen sie, dass mindestens sechs tote Gegner da lagen.

„Das waren aber mehr“, meinte der Elb. „Die Verwundeten müssen wohl geflohen sein.“

John sah sich um. „Wo sind McKay und Ronon?“

Haldir wischte sein Schwert sauber und steckte es in die Scheide. „Rodney!“, rief er laut.

Schon tauchte McKay aus der Dunkelheit auf. „Hier bin ich, unverletzt und unversehrt.“

Ein leichtes Lächeln überzog Haldirs Gesicht. „Ich habe dafür gesorgt, dass unserem Gelehrten nichts passiert.“

Sheppard lächelte den Elb dankbar an. Doch dann verdüsterte sich sein Blick. „Wo ist Ronon?“

Niemand wusste es. Sie suchten so gut es ging die Gegend nach ihm ab, doch Ronon blieb verschwunden.

Haldir kam zu ihm. „John, ich habe einen Trupp Orks gesehen. Sie kommen zurück. Ich befürchte, dass die Geflohenen Verstärkung geholt haben.“

„Ich lasse niemanden zurück.“

„Du hast keine andere Wahl. Sonst sterben wir alle. Es sind über dreißig Orks, gegen die haben wir keine Chance.“

Teyla, McKay und sogar Rhiana stimmten Haldir schweren Herzens zu. Plötzlich stürmten die Orks erneut aus der Dunkelheit auf sie zu. Als John die Übermacht sah, begriff er, dass Teyla, McKay, Rhiana und Haldir recht hatten. Wenn sie jetzt nicht flohen, waren sie tot. Sheppard gab widerwillig nach. Vielleicht hatte Ronon ja Glück und er konnte ihnen folgen. Oder sie konnten später umdrehen und ihn suchen.

In letzter Sekunde gelang es ihnen, die Boote zu Wasser zu lassen und zu flüchten. Das ganze Gepäck und den Proviant mussten sie aber zurücklassen.

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Kapitel 3 by Selana
3. Die Entführung

Der Morgen graute schon im Osten, als Faramir das Haus seines Freundes Aldamar verließ. Trotzdem herrschte noch Dunkelheit in den engen Gassen von Minas Tirith. Faramir war gerade 26 Jahre alt geworden, und ein gut aussehender großer schlanker Mann mit warmherzigem Blick und langen dunkelblonden Haaren. Er trug die dunkelgrüne Uniform der Waldläufer Ithiliens, dessen Hauptmann er war. Auf seinem Wappenrock befand sich das Wappen Gondors: der blühende Baum und darüber die sieben Sterne. Diese stellten die Sterne auf den Segeln der Schiffe dar, welche die sieben sehenden Steine trugen, die Palantiri, die Elendil und seine Männer einst aus Númenor mitbrachten.

Als ein scharfer Wind durch die Gassen fuhr, zog er seinen langen Umhang fest um sich. Faramir warf einen Blick nach oben. Wolken zogen auf. Selbst der Mond versteckte sein Antlitz. Den alten Sagen nach steuerte Tilion im Auftrag von Orome, dem großen Jäger unter den Valar, das Mondschiff. Doch weil er immer trödelte und Arién, die das Sonnenschiff steuerte, nachsah, ging der Mond zu unterschiedlichen Zeiten auf und unter.

Faramir musste bei diesem Gedanken lächeln, denn da der Mond nicht zu sehen war, trödelte Tilion diese Nacht wohl wieder. Doch es waren wohl nur die aufgezogenen dunklen Wolken, die den Mond bedeckten. Bei diesem Gedanken verdüsterte sich Faramirs Gesicht, denn eben solche Wolken zogen schon seit Jahren über die Lande von Gondor. Sie kamen aus Mordor, dem Reich des dunklen Herrschers Sauron, der wieder einmal seine gierigen Klauen nach dem Reich der Menschen und den anderen Völkern von Mittelerde ausstreckte. Nahezu 3000 Jahre waren seit dem letzten Krieg vergangen, als Sauron von den verbündeten Armeen der Elben und Menschen vernichtend geschlagen wurde. Doch da der EINE RING nicht vernichtet worden war, existierte Sauron immer noch, gefangen zwischen den Welten des Diesseits und Jenseits, und nur der EINE RING würde es ihm erlauben, erneut Gestalt anzunehmen. Doch wo sich dieser Ring befand, wusste niemand.

Faramir kannte diese Geschichten. Sehr zum Ärger seines Vaters, Denethor II., regierender Truchsess von Gondor, der es nicht gerne sah, dass sein zweiter Sohn sich mit anderen Dingen beschäftigte als der Kriegsführung. Dabei war Denethor selbst sehr belesen in den alten Geschichten. Da Faramir alles tun wollte, was sein Vater verlangte, hatte er das Kriegshandwerk gelernt, zusätzlich aber auch die Wissenschaften, Geschichte, Kunst und Musik studiert. Außerdem verband ihn eine tiefe Freundschaft mit Mithrandir, dem großen Zauberer. Denethor sah das nicht gerne. Trotz aller Bemühungen konnte Faramir ihm nichts recht machen. Da sein um fünf Jahre älterer Bruder Boromir ihn jedoch in allem, was er tat, unterstützte, war Faramir egal, was sein Vater sagte.

Nein, korrigierte er sich in Gedanken, egal war es ihm nicht, aber er ließ sich auch nicht von seinen Studien abhalten. Denethor hatte sich schließlich damit abgefunden, aber er ließ keine Gelegenheit aus, dem jüngsten Sohn seine Verachtung zu zeigen. Boromir mochte das nicht, denn er liebte seinen jüngeren Bruder über alles und Faramir liebte Boromir von Herzen. Finduilas, ihrer beider Mutter, war schon vor Jahren gestorben und so hielten die Brüder fest zusammen.

Diesen Abend war Faramir zu Aldamar gegangen, weil dieser Besuch von Mithrandir, dem Grauen, erhalten hatte. Faramir hatte die Einladung gerne angenommen, denn Mithrandir brachte immer die neuesten Nachrichten aus den übrigen Reichen von Mittelerde mit. So hatten sie geredet und den Geschichten des Zauberers gelauscht und darüber die Zeit vergessen. Erst als Aldamar Faramir darauf hinwies, dass in kurzer Zeit der Morgen anbrach, war er widerstrebend aufgebrochen. Aldamar wollte ihm eine Wache mitgeben, denn es trieben sich nachts seit kurzem seltsame Gestalten in Minas Tirith herum. Und das, obwohl jeder Ankömmling am ersten Tor der Festung genau geprüft wurde. Doch so ungesehen, wie sie auftauchten, verschwanden die Eindringlinge wieder. Deshalb vermuteten Aldamar und auch einige andere, dass sich Spitzel des Dunklen Herrschers in der Stadt herumtrieben, doch nie fand man Beweise dafür. Aldamars Haus befand sich im untersten Ring der Stadt, denn er war der Hauptmann der Wachen, die ihren Dienst am untersten Tor taten.

Aus diesem Grunde hatte der junge Fürst einen weiten Weg vor sich. Das machte Faramir aber nichts aus, denn er war es gewohnt weite Strecken zu Fuß zurückzulegen. Vielleicht gelang es ihm, ungesehen in den Palast zu kommen. Schließlich brauchte sein Vater nicht zu wissen, dass er sich schon wieder mit Mithrandir getroffen hatte. Denethor mochte den Zauberer nicht besonders. In seinen Augen verbreitete er nur Unsinn unter dem Volk. Faramir jedoch war der Ansicht, dass Mithrandirs Warnungen zu recht geschahen. Mordor rührte sich wieder. Immer wieder gab es Angriffe auf die Grenzen Gondors. Ithilien war schon gefallen und von den letzten Menschen verlassen worden. Nur noch Grenzposten und die Waldläufer Denethors hielten sich in dem Lande auf.

Die Straßen Minas Tiriths waren in dieser Stunde wie ausgestorben. In alten Zeiten hatte das anders ausgesehen. Selbst zu dieser Stunde waren die Straßen voller Menschen gewesen, die sich amüsierten oder ihren Geschäften nachgingen. Prachtvolle Villen und die Häuser armer Menschen reihten sich aneinander. Sie unterschieden sich nur durch die Größe der Häuser und des angrenzenden Grundstücks.

Heute jedoch standen viele Häuser leer und verlassen da. Der Verfall war ihnen anzusehen. Minas Tirith war eine aussterbende Stadt. Wie gerne hätte Faramir das geändert, doch solange der Krieg dauerte, würde er daran nichts ändern können. Der Krieg forderte seinen Tribut. Die jungen unausgebildeten Männer starben im Kampf gegen Mordor und seine Verbündeten ebenso wie die ausgebildeten Krieger. Die Alten, die Frauen und Kinder wurden getötet oder aus ihren Häusern vertrieben. Faramir fragte sich, wo das alles enden sollte.

So in Gedanken vertieft bemerkte er nicht, dass er verfolgt wurde. Schatten schlichen hinter ihm her und warteten auf eine passende Gelegenheit. Faramir sah die Angreifer nicht kommen. Er spürte hinter sich eine Bewegung und bekam einen Stoß, der ihn zu Boden warf, doch entgegen Denethors Meinung war er ein guter Kämpfer. Er verwandelte den Sturz in eine Rolle und war sofort wieder auf den Beinen. Sogleich zog er sein Schwert, ohne das er nie das Haus verließ. Es waren schließlich unsichere Zeiten. Doch die Angreifer hatten sich gut vorbereitet. Etwas schoss auf ihn zu und im nächsten Augenblick war er in den Maschen eines großen Netzes gefangen. Faramir versuchte sich zu befreien, aber dadurch verhedderte er sich nur noch mehr in dem Netz. Ein Fußtritt traf seinen Arm mit dem Schwert, so dass es ihm aus der Hand geschlagen wurde. Sofort stürzten sich mehrere Gestalten auf ihn. Ein Hieb traf ihn mitten ins Gesicht, ein weiterer am Kinn und raubte ihm auf der Stelle das Bewusstsein. Der junge Fürst spürte nicht mehr, wie er zu Boden fiel.

„Schnell!“ Die Stimme des einen Angreifers war nur ein Flüstern. „Schafft ihn weg, bevor noch jemand auftaucht.“

Die Gestalten packten ihren Gefangenen und schleiften ihn mit sich. Sie erreichten das Haus eines Verbündeten im unteren Ring. Dieser war ein Wächter des Tores, der sie bei passender Gelegenheit hindurchschleusen würde. Was am besten beim Wachwechsel geschehen konnte. Dabei war die Ablenkung am größten, zumal es noch etwas dunkel war.

Als Faramir wieder zu sich kam, wusste er zuerst nicht, was passiert war. Alles, um ihn schien zu schwanken und er hatte entsetzliche Kopfschmerzen. Hatte er letzte Nacht zu viel getrunken? Doch das konnte nicht sein. Er war bei Aldamar und Mithrandir gewesen. Dann war er nach Hause gegangen und ...

Die plötzliche Erinnerung ließ ihn hochschnellen. Zumindest versuchte er es. Aber etwas hielt ihn zurück. Er versuchte sein schmerzendes Kinn zu reiben, doch auch seine Hände konnte er nicht bewegen. Faramir riss die Augen auf, doch um ihn herum war alles dunkel. Nach einiger Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Dämmerung und er konnte Umrisse erkennen. Er lag in einem schwankenden kleinen Raum.

Auf einem kleinen Schiff ...

Wo befand er sich? Wie viel Zeit vergangen war, wusste er nicht, als über ihm eine kleine Tür aufgerissen wurde und helles Sonnenlicht hereinflutete. Geblendet schloss er die Augen.

„Ah! Unser kleiner Prinz ist aufgewacht“, sagte eine höhnische Stimme über ihm. Die Worte hörten sich seltsam an. In Gondor wurde eine Abart des elbischen Dialektes des Sindarin gesprochen. Die Worte ähnelten dieser Sprache etwas, auch wenn viele Worte anders ausgesprochen wurden. Trotzdem verstand Faramir sie. Er hatte mehrere Sprachen studiert, unter anderem das reine Sindarin und die Sprache ihrer Feinde, der Ost- und Südländer. Dieser hier hatte im Dialekt der Südländer, der Haradrim, gesprochen.

„Wer bist du?“, fragte Faramir unerschrocken. So leicht ließ er sich nicht einschüchtern.

Der Mann war groß und schlank. Wie die meisten Südländer besaß er eine braune Hautfarbe. Sein Haar war schwarz und lang und zu einem Zopf zusammengebunden. Er trug dunkelrote Bekleidung und darüber ein Panzerhemd aus Bronzeplättchen. Dazu einen Umhang in roter Farbe mit Goldstickereien.

„Du hast die Ehre, unsere Geisel zu sein. Wenn Denethor dich zurückhaben will, muss er tun, was wir verlangen.“

Da lachte Faramir laut auf.

Der Mann sah ihn erstaunt an.

„Ihr habt den falschen Sohn entführt. Mein Vater wird für mich keinen Finger rühren.“

„Das glaube ich nicht. Wir kennen dein Verhältnis zu deinem Vater, Kleiner, aber wenn es darauf ankommt, wird Denethor erkennen, dass auch du sein Sohn bist, und alles tun, was wir von ihm verlangen.“

„Wo sind wir? Und wohin bringt ihr mich?“

„Das geht dich zwar nichts an, aber wir fahren den Anduin hinunter. Dann geht es über die Harad-Straße weiter bis zum Übergang des Poros und nicht weit davon entfernt befindet sich unser Lager. Wir haben schon eine Nachricht an Denethor geschickt.“

Nach diesen Worten drehte er sich um und verließ den Raum. Die Luke schloss er hinter sich. Nachdem Faramirs Augen sich wieder an die Dämmerung gewöhnt hatten, konnte er einige Umrisse erkennen. Man hatte ihn zusammengeschnürt wie ein Stück Vieh und an einen Pfosten gebunden. Deshalb hatte er sich auch nicht bewegen können. Er besah sich die Fesseln, doch die Südländer hatten ganze Arbeit geleistet, denn er sah keine Chance, sich zu befreien. So blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten. Vielleicht ergab sich unterwegs eine Möglichkeit zur Flucht. Der Weg war noch weit. Bis zu der Hafenstadt Pelargir waren es über 120 Kilometer, und von dort nochmals 60 Kilometer bis zur Furt des Poros, einem kleinen Fluss, der südlich von Pelargir, nicht weit von seinem Mündungsdelta, in den Anduin floss.

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Kapitel 4 by Selana
4. Im Palast von Denethor

Boromir, Feldmarschall von Gondor, schritt über den weiß gepflasterten Hof, wo ein Springbrunnen leise zwischen sattgrünem Rasen plätscherte. Dort, in der Mitte stand der Weiße Baum, der jedoch schon vor langer Zeit verdorrt war und seine kahlen, abgebrochenen Zweige traurig über das Becken hängen ließ. Über die breite weitläufige Treppe betrat er die Zitadelle, in der sich der Thronsaal befand. Er klemmte sich seinen Helm unter den Arm und durchschritt den langen Saal. Wie bei allen Rittern Gondors war seine Bekleidung schwarz, die Rüstung und der spitz zulaufende Helm aus Mithril-Silber. Der wertvolle Übermantel aus Zobel trug das Wappen Gondors.

Der Saal wurde durch niedrige Fenster in den breiten Seitenschiffen erhellt, hinter den Reihen großer Säulen, welche die Decke trugen. Die Säulen, große Monolithen aus schwarzem Marmor, stiegen zu großen Kapitellen auf, in die viele Tier- und Pflanzengestalten eingemeißelt waren. Darüber schimmerte das breite Deckengewölbe, golden und durchbrochen von verschlungenen Rankenmustern in vielen Farben. Es gab keine Wandbilder oder Teppiche in dem langen Saal. Zwischen den Säulen erhoben sich große Standbilder aus Stein. Am Ende des Saales stand der Thronsessel auf einer erhöhten Empore, zu der Treppen hinaufführten. Der Thron war von einem marmornen Baldachin in der Form eines Kronenhelmes überdacht. Die Wand dahinter zeigte das eingemeißelte, mit Edelsteinen besetzte Bild des blühenden Baumes. Am Fuß der Empore, auf der untersten Stufe, stand ein steinerner Stuhl, schwarz und ohne Zierrat. Dort saß wie üblich sein Vater und wartete schon auf ihn.

„Da bist du ja, mein Sohn“, begrüßte Denethor ihn.

Boromir verzog leicht sein Gesicht. Er war groß und kräftig gewachsen, stärker und einige Jahre älter als Faramir. Sein Bruder war ein nachdenklicher und zurückhaltender junger Mann, während er selbst etwas aufbrausender und ungestümer war. Im Moment jedoch sorgte Boromir sich um Faramir. Er hatte ihn überall im Palast gesucht und selbst Faramirs Diener wussten nicht, wo er war.

„Ich grüße dich, Vater“, antwortete Boromir. „Wir müssen reden.“

„Deshalb habe ich nach dir geschickt, mein Sohn“, sagte Denethor in freundlichem Tonfall. Boromir wünschte sich insgeheim, dass sein Vater hin und wieder diesen Ton auch Faramir gegenüber anschlagen würde. „Es werden neue Übergriffe einiger Orkhorden gemeldet. Du musst sofort aufbrechen und die feige Meute vernichten.“

Aus diesem Grund war Boromir eigentlich nicht gekommen. „Die Orks überqueren dieser Tage oft unsere Grenzen. Mordor erwacht. Wir sollten langsam daran denken, uns Verbündete zu suchen.“

„Verbündete? Wen denn?“, fragte Denethor, überrascht darüber, dass Boromir einen solchen Vorschlag machte.

„Rohan zum Beispiel. Théoden hat eine große Reiterarmee.“

„Théoden? Er ist schwach“, meinte Denethor und winkte verächtlich ab.

„Eigentlich wollte ich dich nicht deswegen sprechen, Vater“, sagte Boromir.

„Nicht? Weswegen dann?“, fragte Denethor erstaunt.

„Faramir ist verschwunden. Ich mache mir Sorgen um ihn. Wir wollten uns heute Morgen treffen, aber er ist nicht erschienen. Er vergisst sonst nie ein Treffen mit mir. Deshalb ...“

Denethor sprang wütend von seinem Stuhl auf und rief: „Rede mir nicht von Faramir! Er hat gegen meinen ausdrücklichen Befehl diesen alten Zauberer Mithrandir getroffen. Wahrscheinlich ist er noch bei ihm. Er glaubt wohl, dass ich das nicht weiß, aber er vergisst, dass ich der Herrscher bin und meine Diener überall sind.“

Boromir hatte, überrascht von dem Zorn Denethors, einen Schritt zurück gemacht. Er fasste sich jedoch schnell wieder. „Faramir würde wegen Mithrandir kein Treffen mit mir versäumen“, verteidigte er seinen Bruder.

„Faramir ist ein Schwächling“, Denethor beruhigte sich wieder etwas und ließ sich zurück auf seinen Stuhl fallen. „Er beschäftigt sich mit Kunst und Musik. Und dies in diesen kriegerischen Zeiten.“

„Was ist daran falsch?“

„Du verteidigst ihn noch? Du magst doch selbst keine Kunst und Musik.“

„Das ist nicht wahr“, sagte Boromir und dachte daran, wie sehr er die Abende mit Faramir genoss, und wie schön er dessen Spiel mit der Harfe fand. Das würde er aber nie vor Denethor zugeben. „Ich will sie nur nicht studieren, das ist ein Unterschied. Dies überlasse ich meinem Bruder.“

„Er sollte lieber das Kriegshandwerk lernen“, meinte Denethor.

„Ich kann dich nicht verstehen, Vater. Er ist ein guter Krieger und wird einmal ein hervorragender Stratege werden. Warum soll er nicht beides vereinigen? Sicher hat er das von Mutter. Sie liebte die Kunst und die Musik.“

Erneut sprang Denethor auf. „Sprich nicht von deiner Mutter, mein Sohn. Sie ist tot.“

„Nicht in meinem Herzen. Faramir war noch zu klein, gerade mal fünf Jahre alt, als sie starb. Er hat kaum Erinnerungen an sie. Ich aber schon. Mein Bruder, dein Sohn, ist ihr sehr ähnlich im Wesen und im Denken. Faramir versucht alles, um dir zu gefallen. Du aber erkennst nichts an. Warum kommst du ihm nicht etwas entgegen?“

Denethor stieß wütend die Luft aus den Lungen. „Weil er mich immer wieder enttäuscht.“

„Nur du siehst es so. Oder ist es der Grund, dass er dich zu sehr an Mutter erinnert?“

Denethor wurde rot im Gesicht und Boromir begriff, dass er zu weit gegangen war. „Verzeih, Vater! Ich wollte dich nicht verärgern.“

Sofort beruhigte sich Denethor wieder. Eine Entschuldigung seines ältesten Sohnes ließ er sofort gelten. „Nun gut, mein Sohn. Es sei dir verziehen. Doch jetzt eile! Sammle ein Heer und vertreibe die Feinde aus unserem Reich.“

„Ja, Vater!“ Boromir ging. Es hatten keinen Zweck noch einmal wegen Faramir anzufangen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Befehl von Denethor auszuführen. Aber vorher wollte er noch jemanden besuchen.

Eilig verließ er den Turm, durchquerte den Tunnel zur sechsten Stufe und bestieg sein Pferd, das dort auf ihn wartete, und ritt die Straßen hinunter. Eine Stufe nach der anderen ließ er hinter sich, bis er am unteren Tor angekommen war. Dort ging er in die Wachstube und fand den, welchen er suchte, bei anderen Wachen am Tisch sitzen.

Die Wächter sprangen sofort auf, als ihr oberster Befehlshaber eintrat und verneigten sich, doch Boromir achtete nicht darauf. „Aldamar, wo ist mein Bruder?“

Aldamar sah seinen Herrn erstaunt an. „Im Palast nehme ich an, Feldmarschall.“

„Da ist er nicht. War er nicht gestern Abend zu Besuch in deinem Haus?“ Als Boromir sah, wie blass Aldamar wurde, sagte er: „Keine Sorge, mir ist es egal, wo mein Bruder sich herumtreibt, aber er ist nicht nach Hause gekommen.“

„Er war bei mir, Feldmarschall“, gab Aldamar zu. „Er ging zu sehr später Stunde, weil ...“

„ ... weil du noch Mithrandir zu Besuch hattest“, vollendete Boromir den Satz. „Das ist mir bekannt. Sprich weiter.“

„Der junge Herr verließ mein Haus zur dritten Morgenstunde. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen“, sagte Aldamar wahrheitsgemäß.

„Du hast ihn alleine gehen lassen?“, fragte Boromir wütend.

„Aber das war sein eigener Wunsch, Herr“, Aldamar wurde kalkweiß vor Schrecken. „Er hat immer eine Eskorte abgelehnt.“

Boromir kannte den Starrsinn seines Bruders und wusste, dass er Aldamar keine Schuld geben konnte. Doch er konnte etwa anderes tun. „Du bist für den Moment von deinem Posten entlassen.“

„Aber ... Herr! Es war nicht meine Schuld.“

„Es soll keine Strafe sein“, beruhigte Boromir sein Gegenüber. Er wusste, dass Aldamar seinen Bruder liebte und für ihn in den Tod gehen würde. Wie viele der Soldaten in der Armee. Faramir hatte immer ein nettes Wort für jeden übrig, egal ob einfacher Soldat oder Hochgestellter. Und er hatte immer den Familien Gefallener geholfen, wenn sie in Not gerieten. „Ich möchte, dass du meinen Bruder suchst und herausfindest, was mit ihm passiert ist. Ich ahne Böses, denn ich hatte heute Nacht einen schlechten Traum. Selbst kann ich ihn nicht suchen, denn ich muss noch zur Stunde nach Ithilien aufbrechen und Orks von unseren Grenzen vertreiben. Später kannst du deinen Posten wieder einnehmen.“

„Verstanden, Herr“, sagte Aldamar erleichtert und verbeugte sich. „Ich werde den jungen Fürsten finden, selbst wenn es mein Leben kostet.“

„Das weiß ich, Hauptmann. Wir wollen beide hoffen, dass du nicht so weit gehen musst.“ Boromir schlug ihm auf die Schulter, drehte sich um und ging.

Aldamar sah ihm erleichtert hinterher. Er hatte schon das Schlimmste für sich angenommen. Boromir war zwar ein gerechter und gütiger Mann, Denethor aber hätte keine Gnade gekannt, wenn er Aldamar die Schuld am Verschwinden seines Sohnes gegeben hätte. Denethor mochte Faramir nicht besonders mögen, aber trotz allem war er sein Sohn.

Schnell rief er seinen Stellvertreter zu sich und übergab ihm den Befehl über die Torwache. Dann suchte er sich einige Männer aus, denen er blind vertraute, und sandte sie aus. Es dauerte nicht lange, bis der Erste zurückkam.

„Nun,“ fragte Aldamar. „Hast du etwas erfahren?“

„Ja, ich kenne einige Leute in den unteren Stadtteilen“, in den untersten Stadtteilen wohnten die Ausgestoßenen, die ärmsten der Armen und Leute, die sich verstecken mussten. „Der junge Fürst ist entführt worden. Man hat beobachtet, wie er überfallen und auf ein Schiff gebracht wurde. Es ist den Anduin hinuntergefahren.“

Aldamar sprang auf. „Dann müssen wir sofort jemanden zum Palast schicken.“

„Der Palast ist schon informiert“, sagte ein weiterer seiner Männer, der gerade den Raum betrat. „Denethor erhielt eine Botschaft.“

„Wir werden den Truchsess trotzdem von allem informieren, was wir erfahren haben. Das schulde ich Faramir. Ich hätte ihn nie alleine nach Hause gehen lassen dürfen.“ Wenn Faramir etwas passieren sollte, würde Aldamar sich das nie verzeihen. So schickte er einen seiner Leute zum Palast, um dort zu erzählen, was sie herausgefunden hatten.

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Kapitel 5 by Selana
5. Die Ritter von Gondor

Während Boromir mit seinen Soldaten aufbrach, um die Übergriffe der Orks aus Mordor zu stoppen, erhielt im Palast Denethor von einem Diener eine Nachricht. Als er sie las, wurde er erst blass, doch dann siegte seine Wut.

„Das ist typisch für ihn! Lässt sich entführen!“

„Herr?“, fragend sah sein Diener, der die Nachricht gebracht hatte ihn an.

Denethor gab ihm die Nachricht, denn Falasthur war nicht nur der persönliche Diener des Herrschers sondern auch sein engster Vertrauter.

Falasthur las die Nachricht und wurde ebenfalls blass. Er mochte den jungen Herrn sehr. Faramir war immer freundlich und aufgeschlossen zu ihm. Zwar vertraute Denethor Falasthur und erzählte ihm vieles, aber er war ein aufbrausender und unberechenbarer Herr.

„Was sollen wir tun, Herr?“, fragte Falasthur.

„Nichts! Soll er sehen, wie er zurechtkommt. Dann lernt er vielleicht endlich, sich an meine Befehle zu halten“, sagte Denethor kalt.

„Aber Herr!“ Falasthur konnte es nicht fassen. „Er ist Euer Sohn!“

„Und der Stachel in meinem Herzen. Nun gut, was schlägst du vor? Ich kann die Forderung der Südländer auf keinen Fall erfüllen. Mein Volk kann ich ihnen unmöglich ausliefern, selbst wenn es das Leben meines Sohnes kostet.“

„Aber wir könnten erst einmal so tun und auf die Forderungen zum Schein eingehen. Wenn sie sich wieder melden, sollten wir die Verhandlungen aufnehmen. Das gibt dem jungen Herrn die Chance zu fliehen.“

„Das meinst du wirklich, oder?“ Denethor sah seinen Vertrauten an. „Da du Faramir anscheinend so magst, überlasse ich dir dann die Verhandlungen.“

„Euer Sohn ist immer freundlich zu mir“, sagte Falasthur ausweichend.

„Er ist zu allen freundlich. Zu freundlich für den Sohn des Truchsesses“, meinte Denethor.

„Die Menschen lieben ihn. Wenn Ihr ihn einfach sterben lasst, wird das Volk es Euch übel nehmen, Herr“, gab Falasthur zu bedenken.

„Es ist mir egal, was das Volk will. Trotzdem hast du recht. Er ist immer noch mein Sohn. Du hast alle Vollmachten, um in meinem Namen zu verhandeln. Aber entscheide gut. Bedenke, es geht um die Freiheit des Volkes, für das du gerade so hingebungsvoll sprichst.“

Damit entließ er seinen Diener und Falasthur machte, dass er fortkam. Draußen erwartete ihn ein Torwächter. Der Hauptmann des unteren Tores hatte ihn geschickt. Jener brachte ihm noch einige nützliche Informationen.



Ronon

Als die Orks angriffen, packte Ronon sein Schwert und stürzte sich mit Begeisterung in die Schlacht. Ein Kampf mit dem Schwert war für ihn nichts besonderes. Mit einer solchen Waffe hatte er schon vielen Wraith den Garaus gemacht, und diese Orks waren viel leichter zu töten.

Seine Hiebe und Stiche töteten oder verwundeten viele Orks. Im Eifer des Gefechtes achtete Ronon nicht darauf, wohin er ging und so kam es, dass er sich schließlich abseits der anderen Freunde wiederfand.

Um ihn herum lagen tote und verwundete Orks, doch genauso viele waren noch auf den Beinen und kreisten ihn erbost ein. Ronon begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte bei den anderen bleiben sollen. Die Orks schnitten ihm nun den Rückweg zu seiner Gruppe ab.

Die Orks, die hässlichsten Wesen, die Ronon je gesehen hatte, stießen wütende Schreie aus. Doch noch wagten sie sich nicht näher an ihn heran. Anscheinend hatte er ihnen mächtigen Respekt eingejagt.

„Worauf wartet ihr noch?“, schrie er sie wütend an. „Machen wir dem ein Ende.“

Einer der Orks lächelte ihn hässlich an. Bevor Ronon begriff, was das bedeutete, spürte er einen Schmerz in der Hüfte. Ein Schwerthieb hatte ihn von hinten getroffen. Das meiste des Hiebes war von seiner Rüstung abgeglitten, doch der Rest erzeugte noch eine tiefe Fleischwunde. Blitzschnell drehte Ronon sich herum und tötete den vorwitzigen Ork mit einem einzigen schnellen Hieb.

Ronon, verletzt, begriff, dass er nun sein Heil in der Flucht suchen musste. Gegen diese Übermacht hatte er verwundet keine Chance. Er lief in die Dunkelheit hinein. Die Orks verfolgten ihn mit lautem Gebrüll. Im Wald hatte er bessere Möglichkeiten den Orks zu entkommen, und die Finsternis half ihm zusätzlich. Als er auf einen großen Baum mit riesigem Wurzelwuchs stieß, nützte er die Gelegenheit aus.

Schnell schlüpfte er in das Wurzelgeäst. Die Orks liefen in großer Zahl im Wald herum, und auch oft an seinem Baum vorbei. Doch sie fanden ihn nicht. Allerdings wusste Ronon, dass er nun alleine war. Die vielen Orks hatten seine Freunde gezwungen ihn zurückzulassen, wenn sie nicht ihr Leben verlieren wollten. Vielleicht hatte er noch die Chance sie an Land einzuholen, indem er dem Flusslauf folgte. Eine kleine Hoffnung, aber wenigstens etwas. Unter Umständen konnte er sich auch bis zu dieser Festungsstadt durchschlagen, die sie vor kurzem passiert hatten.

Als es Tag wurde, wagte sich Ronon aus seinem Versteck. Seine Wunde hatte er längst verbunden und Orks waren auch schon einige Zeit nicht mehr an ihm vorbeigelaufen. Nach einiger Zeit erreichte er den Platz, wo sie überfallen worden waren. Zu seiner Erleichterung fand er unten den herumliegenden Toten keinen seiner Freunde.

Da Ronon ein guter und ausdauernder Läufer war, konnte er stundenlang am Fluss entlang laufen, ohne eine Pause einlegen zu müssen. Zu seinem großen Bedauern holte er seine Freunde aber nicht ein. Bis zum Abend sah er auch keine Orks mehr. Dann glaubte er, Geräusche zu hören. Er blieb stehen und lauschte. Entlang des Flusses gab es einige kleine Hügel. Die Landschaft war lieblich und mit Blumenwiesen und hohem Gras bewachsen. Schnell lief er den kleinen Hügel hinauf. Kurz vor der Spitze blieb er aber stehen und robbte die letzte Strecke hinauf.

Was für ein Glück, das er das getan hatte. Unten war ein Kampf in Gange. Eine ganze Gruppe dieser hässlichen Kreaturen hatte vier Reiter angegriffen. Eines der Pferde lief schon herrenlos herum. Der Besitzer lag reglos am Boden. Die übrigen drei kämpften verzweifelt gegen die Übermacht. Einer ging gerade getroffen zu Boden und sofort stürzte sich eine ganze Horde Angreifer auf ihn. Der Mann war ohne Zweifel verloren.

Seine beiden Kameraden konnten ihm nicht helfen, denn sie kämpften selbst um ihr Leben. Ronon überlegte nicht lange. Schnell holte er den Köcher mit Pfeil und Bogen vom Rücken. Es war eine ausgezeichnete Waffe. Mit wenigen Bewegungen legte er sich einige Pfeile zurecht. Er war ein geschickter Bogenschütze. Pfeil um Pfeil schoss er ab, und jeder traf genau sein Ziel.

Unter den Orks entstand Panik, denn sie wussten nicht, woher der unerwartete Angriff kam. Die beiden überlebenden Kämpfer schöpften Hoffnung und griffen mit neuer Zuversicht an. Nachdem Ronon seinen letzten Pfeil abgeschossen hatte, ergriff er sein Schwert und stürmte den kleinen Hügel hinunter. Gemeinsam gelang es nun den dreien, die letzten Orks zu töten oder in die Flucht zu treiben.

Erschöpft hielten die drei Männer schließlich inne. Einer der Männer sah Ronon an. Er war ein großer und kräftiger Mann, fast so groß wie Ronon, mit längeren braunen Haaren und einem Bart. Er blickte Ronon dankbar an. Er trug eine Rüstung, ähnlich der, welche Ronon von den Elben erhalten hatte. Auf seiner Brust war jedoch noch Wappen, ein Baum mit Sternen, eingraviert.

„Ich danke Euch, Fremder! Mein Name ist Boromir. Ihr habt mir und Castamir das Leben gerettet. Woher kommt ihr? Ihr seht aus, als kämet Ihr aus Rohan.“

Ronon hatte keine Ahnung, wo Rohan war, aber er mochte den Ritter auf der Stelle. „Ich heiße Ronon und bin nicht aus Rohan. Meine Heimat liegt weit weg. Ich bin mit Freunden den großen Fluss hinuntergefahren. Gestern wurden wir von den Orks überfallen, und dabei wurde ich von meinen Freunden getrennt. Seither versuche ich, sie einzuholen.“

„Am Fluss entlang? Ohne Pferd? Seid Ihr von Sinnen? Der Anduin fließt sehr schnell, und an seinem Ufer wimmelt es von Orks. Ihr holt Eure Freunde zu Fuß nie ein. Warum schließt Ihr euch nicht uns an?“

Der andere Mann, Castamir, hatte seine Freunde untersucht. „Herr, Cortanir und Manir sind tot.“

Boromirs Gesicht verdüsterte sich. „Sie gehörten zu meinen besten Männern. Das werden die Orks bitter büßen. Binden wir sie auf die Pferde und bringen sie in unser Lager zurück. Sie werden ein ehrenhaftes Begräbnis bekommen“, Bormir blickte Ronon an. „Nun, Fremder, was haltet Ihr von meinem Vorschlag?“

„Einverstanden“, sagte Ronon. Eine andere Möglichkeit hatte er nicht. Und vielleicht konnte er mit Hilfe dieser Männer Sheppard und die anderen wiederfinden.

„Es wird allerdings einige Zeit dauern, bis wir nach Minas Tirith reiten. Meine Männer und ich sind auf Orkjagd“, sagte Boromir.

Ronon schwang sich in den Sattel eines der Pferde, nachdem sie die beiden Toten auf das andere geladen hatten. Castamir nahm die Zügel in die Hand, während Boromir neben Ronon ritt. „Das macht mir nichts aus.“

„Und woher kommt Ihr nun?“, fragte er neugierig.

„Von weit her“, antwortete Ronon und blickte Boromir an. Konnte er dem anderen sagen, woher er kam oder würde er es nicht verstehen? Wahrscheinlich nicht. Also beschloss er es, etwas zu vereinfachen. „Wir sind auf einer Reise, um einen Gegenstand der Aure genannt wird zu suchen. Bei einem Wald trafen wir auf Elben, die uns Boote gaben und den genauen Weg beschrieben. Einer von ihnen ist unser Führer.“

„Elben? Ihr seid mit einem Elben gereist? Und Ihr sucht das Aure? Ihr müsst verrückt sein. Wisst Ihr nicht, dass das Aure nur eine Legende ist?“

„Ja, aber die Elbenführerin versicherte uns, dass es existiert.“

„Wie war ihr Name?“

„Galadriel.“

„Ihr wart bei dieser Elbenhexe im verwunschenen Wald? Kein Wunder, dass Ihr nun an Märchen glaubt.“

„Sie ist keine Hexe, sondern eine wunderschöne Frau.“

„Das wird sie ohne Zweifel sein. Mein Bruder ist auch so einer, der an die Legenden der Elben und der Zauberer glaubt. Doch das alles ist Unsinn, glaubt es mir.“

„Wir werden sehen“, meinte Ronon. „Ist Euer Bruder auch im Lager?“

„Nein, meist ist er in Minas Tirith oder bei den Waldläufern in Ithilien und sichert dort die Grenzen nach Mordor. Wie Ihr selbst gesehen habt, sind die Orks wieder frecher geworden. Noch nie sind sie in so großer Zahl aufgetreten. Im Moment weiß ich allerdings nicht, wo er sich aufhält. Ich mache mir Sorgen um ihn.“

Das konnte Ronon verstehen. Sie erreichten nach kurzer Zeit das große Lager, wo Boromir von allen ehrfurchtsvoll begrüßt wurde. Ronon begriff, dass er wohl ein hoher Offizier sein musste. Während Boromir mit seinen Männer sprach, fragte er Castamir danach.

„Wisst Ihr das nicht? Dann müsst Ihr wirklich von weit herkommen. Boromir ist der älteste Sohn des Truchsesses und unser oberster Herrführer.“

Der Sohn des Truchsesses! Ronon erinnerte sich an Haldirs Erklärung, wonach der Truchsess der Herrscher des Landes Gondor war.

Er sah sich um. Das alles gefiel ihm. Wenn er Sheppard und die anderen schon nicht mehr einholen konnte, würde er eben hier bleiben. Vielleicht gab es bei der Rückkehr der anderen die Möglichkeit, wieder zu ihnen zu stoßen. Bis dahin würde er sich Boromirs Rittern anschließen.

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Kapitel 6 by Selana
6. Ankunft in Pelargir

Die ganzen vergangen anderthalb Tage wurden die Gefährten von den Orks verfolgt. Es schien sie in großen Massen zu geben. Mehrmals hatte Sheppard darauf gedrängt umzudrehen oder an Land zu gehen, doch jedes Mal waren nach kurzer Zeit Orks aufgetaucht, und sie hatten ihr Heil erneut in der Flucht suchen müssen.

Zwar hatten sie ihr Gepäck und den meisten Proviant verloren, doch zum Glück hatte jeder noch was von dem Lembasbrot der Elben bei sich getragen. Zwar war das kein fürstliches Essen, aber es machte satt. Und außer Rodney beschwerte sich niemand deswegen.

„Ich fürchte euer Freund ist tot“, meinte Haldir, als sie endlich sicheres Gebiet erreichten. Pelargir war nun ganz in der Nähe.

„Das glaube ich nicht“, meinte Teyla.

„Dem stimme ich zu. Ronon ist ein Überlebenskünstler“, sagte Sheppard. „Er schlägt sich bestimmt nach dieser Festungsstadt durch. Dort kann er dann auf uns warten.“

Haldir sah ihn zweifelnd an. Doch er wollte seinen Freunden nicht den Rest von Hoffnung rauben. „Ich hoffe, ihr habt recht. Dann sehen wir Ronon auf dem Rückweg wieder.“

Am Abend dieses Tages tauchte Pelargir vor ihnen auf. Nun mussten sie die Kanus aufgeben und sich ein größeres Schiff kaufen. Zahlungsmittel hatten sie genug von Galadriel bekommen. Haldir entschloss sich nun doch, die ganze Reise mitzumachen. Alleine umzukehren, wäre viel zu gefährlich gewesen. Außerdem hatte er inzwischen gefallen an der Reise gefunden.

Pelargir war der Haupthafen von Gondor. Erbaut wurde sie schon im Zweiten Zeitalter. Hier war Elendil nach dem Untergang von Númenor gelandet. Eine Flotte der Gondorianer lag auch heute vor Anker. Die Stadt diente als Basis für Gondors Angriffe und Verteidigung gegen die Haradrim, die in Umbar ihre Hauptbasis besaßen.

Mit Haldirs Hilfe fiel es ihnen leicht ein kleines Segelschiff, die Seeschlange zu kaufen. Proviant besorgten sie sich im Hafengebiet. Ihr Schiff lag etwas abseits der großen gondorianischen Kriegsschiffen, im Hafenteil der Händler.

Sheppard stand gerade an Deck der Seeschlange, als ihm ein Schiff auffiel, das nicht weit weg von ihnen ankerte. Die Besatzung war anders gekleidet als die normalen gondorianischen Händler und sahen sich auch aufmerksam jedes andere Schiff an. Auch die Seeschlange musterten sie eingehend. Doch der kleine Segler schien ihnen nicht beachtenswert.

Haldir tauchte neben John auf. „Darf ich fragen, was da so interessant ist?“

„Das Schiff dort drüben.“

Haldir sah hinüber. John verschwand kurz unter Deck und kam mit einem kleinen Fernglas wieder.

„Das gefällt mir gar nicht“, meinte Haldir, der wegen seiner guten Augen kein Fernglas benötigte. „Es sind Haradrim.“

„Und sie haben einen Gefangenen.“

„Ja, sie bringen ihn von Bord. Sie machen es so heimlich, dass ich denke, dass sie etwas Verbotenes tun.“

„Ist das bei Gefangenen nicht immer so?“John dachte sofort an Ronon, verwarf den Gedanken aber wieder. Was sollten die Haradrim auch von Ronon wollen. „Und überhaupt! Ich dachte, die Haradrim wären Gegner der Gondorianer. Warum dürfen sie dann hier unbehelligt ankern?“

„Sie sind nicht wie Haradrim gekleidet und benehmen sich auch nicht so. Diese Stadt ist Treffpunkt vieler Rassen, da fallen die Haradrim nicht weiter auf. Wer immer der Gefangene ist, ich möchte ihn nicht in der Hand von Haradrim wissen“, sagte Haldir. „Wir verfolgen sie und befreien ihn.“

Sheppard war einverstanden, auch wenn es sich nicht um Ronon handeln sollte. „Teyla, du bleibst mit McKay auf unserem Schiff. Rhiana, Haldir und ich werden die Haradrim verfolgen und versuchen den Gefangenen zu befreien.“

„Sollte ich da nicht mitkommen, Colonel?“, fragte Teyla.

„Jemand muss auf das Schiff aufpassen, und ich glaube nicht, dass Rodney dafür der richtige Mann ist“, sagte John leise zu Teyla.

Sie stimmte schweren Herzens zu und sah den dreien nach, die dem Ochsenwagen der Haradrim folgten.



Etwas vorher

Das Schiff, auf dem Faramir gefangen gehalten wurde, fuhr weiter den Fluss hinunter. Da die Luke die ganze Zeit geschlossen war, wusste Faramir nicht, wie viel Zeit vergangen und welche Tageszeit es war. Schließlich bemerkte er an den Bewegungen des Schiffes, dass sie anlegten. Faramir vermutete, dass mindestens zwei Tage vergangen waren. Bisher hatte er nur die Stimmen der Besatzung vernommen, doch nun gesellten sich noch andere laute Geräusche hinzu. Deshalb nahm er an, dass sie Pelargir erreicht hatten. Vielleicht ergab sich jetzt eine Gelegenheit zur Flucht oder wenigsten eine Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen. Noch befanden sie sich in Gondor und somit im Reich, dass sein Vater regierte. Und noch immer lagen hier Kriegsschiffe Denethors vor Anker.

Oben, an Deck, machte sich Geschäftigkeit breit, doch es dauerte lange, bis sich die Luke öffnete. Zwei Männer stiegen in den kleinen Raum und durchschnitten die Stricke, die ihn an den Pfosten fesselten. Dann zerrten sie ihn hoch und überprüften die anderen Fesseln. Die Stricke an seinen Beinen wurden durchtrennt. Sie packten ihn grob und zerrten ihn die kleine Holztreppe hoch. Oben warteten weitere Krieger auf ihn, unter ihnen der Mann, in dem Faramir den Anführer vermutete.

Seine dunklen Augen musterten den Gefangenen durchdringend. Faramir erwiderte den Blick, ohne sich seine aufkeimende Furcht anmerken zu lassen. „Falls du an Flucht denkst, vergiss es. Meine Leute haften mit ihrem Leben, dass du nicht entkommst. Sie haben zwar den Befehl, dich nicht zu töten, aber eine Verwundung schließt das nicht aus. Es liegt an dir, wie du das Ziel erreichst: heil und gesund oder verwundet. Was ist dir lieber?“

„Das Erste natürlich“, antwortete Faramir wahrheitsgemäß. „Trotzdem werde ich jede Gelegenheit nützen, um zu fliehen.“

Der Mann sah ihn erstaunt an. Vielleicht hatte er angenommen, Faramir wäre ein verweichlichter verwöhnter Edelmann, und nun erkannte er, dass er sich geirrt hatte oder auch falsch informiert worden war. „Wir werden das zu verhindern wissen. Vorwärts jetzt!“

Faramir sah sich um. Sie lagen in einem Hafen, abseits der belebten Anlegestelle. Seine Entführer, es waren zwanzig bis dreißig Mann, hatten alles genau geplant und vorbereitet. Er sah niemanden, nur ein kleines Segelschiff, dessen Besatzung aber nichts von seiner Entführung zu bemerken schien.

Faramir wurde vom Boot geschleppt und in einen Planwagen gebracht, der von vier schweren Ochsen gezogen wurde. Die ganze Zeit sah er sich nach Hilfe um, doch außer seinen Entführern war niemand zu sehen. Und diese ließen ihn keine Sekunde aus den Augen. Im Wagen wurde er wieder an den Beinen gefesselt und drei Wächter setzten sich ihm gegenüber auf den Boden des Karrens.

Als der Wagen sich rumpelnd in Bewegung setzte, richtete einer der Wächter seinen Bogen auf ihn. „Wenn du versuchst, um Hilfe zu rufen, bist du tot, egal, was der Anführer sagt. Und diejenigen, die dir zu Hilfe eilen wollen auch.“

Faramir sagte nichts. Zuerst waren die Geräusche draußen laut, dann wurde es immer ruhiger um sie herum. Bald hatten sie die Stadt hinter sich gelassen. Nach schier endloser Fahrt auf holpriger Straße hielt der Wagen an, wohl für eine Essenspause. Die Entführer schienen sich etwas sicherer zu fühlen, nachdem sie die Stadt hinter sich gelassen hatten. Auch Faramir wurde vom Wagen geholt und durfte sich unter scharfer Bewachung die Beine vertreten.

Er sah sich um. Der Sonne nach war es später Nachmittag. Vor ihnen lag offenes Gelände. Rechts von ihm befanden sich grasbewachsene Hügel. Nur das Zwitschern von Vögeln und die Stimmen der Männer unterbrach die Stille.

Die Rast dauerte aber nicht lange. Als die Haradrim daran gingen, ihn erneut in den Wagen zu laden, geschah es. Faramir sah zwei seiner Bewacher zu Boden sinken, und eine Stimme rief: „Lasst ihn auf der Stelle frei!“

Erstaunt blickte Faramir auf und sah auf dem Hügel neben dem Weg, drei Gestalten stehen. In den Händen hielten sie Langbogen, und die Pfeile waren drohend auf die Haradrim gerichtet.

Als die Entführer keine Anstalten machten Faramir loszulassen, fuhren einige Pfeile auf die Südländer zu und drei weitere Männer sanken tot zu Boden.

Eine weibliche Stimme rief jetzt: „Worauf wartest du? Lauf endlich los!“

Faramir begriff, dass er gemeint war, und da seine Füße noch nicht gefesselt waren, lief er einfach los. Der Hügel lag direkt vor ihm. Hinter sich hörte er das Fußgetrampel und die Schreie seiner Entführer, doch von oben gaben ihm die drei Retter Feuerschutz.

Mit nach hinten gefesselten Händen war es nicht leicht, den flachen Hügel hinaufzurennen, außerdem waren seine Beine durch die lange Fesselung schlecht durchblutet, doch es war seine einzige Chance, also gab er sein Bestes. Auf halber Höhe riskierte er einen Blick zurück. Einer der Verfolger hatte ihn fast erreicht, doch von oben kam ihm einer der Befreier zu Hilfe. Sein Schwert leuchte hell im Sonnenlicht, fegte den Haradrim von den Beinen und die Kraft des Stoßes warf diesen den Hügel hinunter.

Faramir war weitergelaufen und hatte den Kamm des Hügels erreicht, wo der zweite Mann und die Frau noch immer Pfeil um Pfeil auf die Verfolger abschossen. Der Mann, der ihm entgegen gelaufen war, stand wieder neben ihm und ließ ihm keine Zeit sich zu besinnen.

„Beeil dich gefälligst!“, herrschte sein Retter ihn an. Sie liefen um ihr Leben, doch seine Befreier schienen genau zu wissen, wohin sie wollten. Hinter dem Hügel begann ein großes Waldgebiet, welches ihr Ziel zu sein schien.

Inzwischen hatten auch die Südländer den Hügel erklommen und setzten zur Verfolgung an. Der Vorsprung, der vier, war, jedoch groß genug, um lange vor ihnen, den Wald zu erreichen. Dort liefen sie zwischen den Bäumen hindurch und standen bald vor einem scheinbar undurchdringlichen Dornengestrüpp. Doch seine Retter schienen vorbereitet zu sein, denn sie entfernten einige Büsche und zerrten Faramir mit sich. Ein schmaler Pfad begann dahinter. Die Frau verschloss den Eingang wieder und kam zu ihnen. Der Pfad endete auf einer kleinen Lichtung, auf der alle vier gerade Platz hatten. Sie kauerten sich auf den Boden und warteten.

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Kapitel 7 by Selana
7. Zurück in Pelargir

Die Verfolger erreichten auch das Dornengestrüpp, doch sie liefen weiter, da sie nichts von dem Durchgang wussten. Und das sie sich in das Dickicht wagten, hielten sie für unmöglich. Sie warteten lange, ohne ein Wort zu sagen, denn es war immerhin möglich, dass die Verfolger zurückkamen und sie sprechen hörten.

Die Frau zog zwischendurch ein Messer und durchtrennte Faramirs Fesseln. Erleichtert rieb er sich die Hände. Nun hatte er Gelegenheit, die drei näher zu betrachten. Alle drei waren groß gewachsen und schlank. Die Frau hatte langes braunes Haar, dass von einem einfachen roten Band nach hinten gehalten wurde. Bekleidet war sie mit einem knielangen Rock, gefertigt aus feinsten silbernen Kettengliedern. Faramir sah auf den ersten Blick, dass die Glieder aus Mithril-Silber waren, wie es nur ein Zwergenvolk anfertigen kann. Die Füße steckten in Schuhen aus feinstem Leder, die bis zum Rock hoch geschnürt waren. Sie trug ein feines Kettenhemd und darüber eine Rüstung aus festen Silberplatten, die ihren Oberkörper schützte. Ein breiter Gürtel umspannte ihre schmalen Hüften, daran war ein Schwert in einer Scheide befestigt.

Der eine der Männer hatte dunkles, aber kurz geschnittenes Haar. Seine Bekleidung bestand aus einer Hose und einem Hemd aus feinem weichem dunklem Leder; das Kettenhemd, das seinen Oberkörper schützte, war ebenfalls aus Mithril-Silber hergestellt worden.

Der zweite Mann war zu seiner Überraschung ein Elbe. Er war groß, schlank mit langen blonden Haaren und zeitlosem Aussehen. Seine Bekleidung war fast mit der des dunkelhaarigen Mannes identisch.

Alle drei trugen noch einen Umhang aus dunkelgrüner Elbenseide, der von einer Spange in

Blattform gehalten wurden.

Als nach einiger Zeit nichts mehr zu hören war, sah der Elbe Faramir an. „Mein Name ist Haldir. Das sind John und Rhiana.“

„Ich bin Faramir aus Gondor. Vielen Dank für meine Rettung.“

Haldir sah ihn überrascht an. „Faramir? Der Sohn des Truchsesses? Dann haben wir eine gute Tat vollbracht.“

„Ja, aber nun ist es an der Zeit zu gehen“, mischte sich die Frau ein.

Als erster verließ der Elb das Versteck. Er winkte ihnen zu. John, Rhiana und Faramir verließen ihr Versteck mit aller gebotenen Vorsicht. Als sie den Waldrand erreichten, hielten sie erst nach ihren Verfolgern Ausschau. Von diesen war zum Glück nichts zu sehen oder zu hören. Trotzdem mussten diese noch in der Nähe sein, denn die Haradrim würden nicht so leicht aufgeben. Als es Abend wurde, suchten sie sich ein Versteck für die Nacht. Im Schutze der Bäume setzten sie sich auf den Boden. John und Rhiana holten etwas zu essen aus ihren Taschen und gaben auch Faramir davon. Es war ein karges Mahl, doch es sättigte und das genügte.

Während des Essens hatten sie Zeit, sich ihre Geschichte zu erzählen.

„Woher kommt ihr?“, fragte Faramir.

„Aus einer fernen Stadt, die wir Atlantis nennen“, erklärte Rhiana. „Du wirst bestimmt nicht davon gehört haben.“

„Nein, dieser Ort ist mir unbekannt. Seid ihr alle drei Elben?“

„Elben?“, meinte Sheppard amüsiert. „Wir sind keine Elben. Nur Haldir ist einer. Meine Heimatwelt heißt Erde und die von Rhiana Tengwar. Wir kamen durch ein Portal, dass wir Sternentor nennen. Unser Raumschiff funktioniert jedoch leider nicht in eurer Welt, also waren wir gezwungen, nach einem Gegenstand zu suchen, damit wir es wieder benützen können.“

„Portal? Raumschiff? Ihr benutzt seltsame Worte. Wenn ihr keine Elben seid, was seid ihr dann? Seid ihr etwa von den Valar geschickt worden?“

John und Rhiana sahen sich erstaunt an. „Nein, die Valar schickten uns nicht. Wir sind aus eigenem Antrieb hier.“

„Wenn die Valar euch nicht schickten, was ist dann der Grund für euer Hiersein?“

„Das war eigentlich ein Unfall. Und nun suchen wir das Aure. Das ist ein Gegenstand von großer Macht und von Wesen hergestellt, die sich Antiker nannten. In der Hafenstadt Pelargir liegt unser Schiff, die Seeschlange. Als wir an einem abgelegenen Dock anlegten, sahen wir zufällig, wie deine Entführer dich von einem Schiff zerrten. Das weckte unsere Neugierde, sodass wir beschlossen, euch zu folgen“, erzählte Sheppard.

„Diesem Umstand verdanke ich meine Freiheit“, sagte Faramir. Da fiel ihm etwas ein. „Ihr sucht das Aure? Aber das ist nur eine Legende.“

„Die Elben in Lothlórien sind sicher, dass es das Aure gibt. Es muss sich weiter unten im Süden befinden“, erklärte Rhiana.

Faramir sah Haldir an. „Du kommst aus Lothlórien? Dann werde ich mich euch anschließen.“

„Das wäre fantastisch“, fügte Rhiana hinzu. „Dann schlage ich vor, wir ruhen noch etwas und kehren anschließend nach Pelargir zurück.“

Noch weit vor Sonnenaufgang brachen sie auf. Da der Wagen der Haradrim auf dem Hinweg nur langsam über den unwegsamen alten Handelsweg hatte fahren können, hofften sie für den Rückweg weniger Zeit zu benötigen. Da aber die Südländer bestimmt noch nach ihnen suchten, wagten sie nicht den normalen Weg zu benutzen.

Haldir, Sheppard und Rhiana kannten einen im Dickicht verborgenen Pfad, der nicht weit von der Handelsstraße entfernt verlief. Diesen hatten sie bei der Verfolgung schon benützt. Er wand sich zwischen den Felsen, dem Dickicht und manchmal zwischen dicht stehenden Bäumen hindurch. Der Pfad war sehr ungepflegt und teilweise kaum noch zu erkennen, weil das Unterholz ihn überwuchert hatte.

Zweimal sahen sie auf dem Hauptweg kleine Gruppen der Haradrim, die sich anscheinend aufgeteilt hatten und auch von irgendwoher Verstärkung erhalten haben mussten. Anders konnten sich die Fliehenden die angewachsene Zahl der Verfolger nicht erklären. Doch da sie sich auf dem Gebiet der Haradrim aufhielten, hatten sie wahrscheinlich einfach Hilfe geholt. So waren sie froh, als sie endlich die ersten Häuser der Hafenstadt auftauchen sahen.

Sie beeilten sich, das Hafendock zu erreichen. Dort herrschte wie immer viel Betrieb. Es roch nach Fisch und gebratenem Fleisch, Gewürzen und einigen Düften, die sie nicht einordnen konnten.

„Ich werde eine Nachricht an meinen Vater schicken, damit er sich keine Sorgen mehr zu machen braucht. Und auch auf keine Forderung der Haradrim eingehen muss“, sagte Faramir.

„Wird er nicht ärgerlich sein, wenn du nicht gleich nach Hause zurückkehrst?“, fragte Haldir.

„Er ist immer ärgerlich auf mich. Was immer ich auch tue, nichts kann ich ihm recht machen“, erklärte Faramir bekümmert.

Rhiana sah ihn mitfühlend an. „Das tut mir Leid. Warum behandelt dich dein Vater so?“

„Der Truchsess ist der Meinung, dass man in solchen kriegerischen Zeiten wie der unseren, seine Zeit nicht mit der Wissenschaft, Kunst und Musik vergeuden sollte. Für ihn zählt nur das Kriegshandwerk.“

„Aber du siehst wie ein erfahrener Krieger aus“, meinte Sheppard.

„Das bin ich auch, doch mein Vater will das nicht wahrhaben. Doch lassen wir das Thema. Suchen wir lieber jemanden, der die Nachricht meinem Vater überbringen kann.“

„Ich kann dir nachfühlen, wie das ist. Mein Vater wollte mich sogar umbringen lassen.“

Faramir blickte den Fremden verblüfft an. So weit würde selbst Denethor nicht gehen, zumindest hoffte der Krieger das. Doch John wollte anscheinend nicht weiter darüber sprechen.

Nach einiger Zeit fanden sie ein Handelsschiff der Gondorianer. Der Kapitän fühlte sich sehr geehrt, den jungen Fürsten persönlich kennen zu lernen. Er wollte ihn nicht mehr ziehen lassen, weil er das Unternehmen für töricht hielt. Faramir ließ sich jedoch nicht umstimmen, und so versprach der Kapitän, dem Truchsess eine Nachricht zu überbringen. Ihr Schiff würde gleich ablegen, sodass Denethor am anderen Tag die Botschaft erhalten würde. Eine angebotene Eskorte lehnte Faramir ebenfalls ab.

Das Schiff, welches Faramir hergebracht hatte, war nicht mehr da. An Bord der Seeschlange lernte Faramir noch zwei Freunde von John, Haldir und Rhiana kennen. Eine gut aussehende Frau namens Teyla und einen seltsamen Mann, der sich Rodney nannte.

Ihr Schiff war ein kleines Segelschiff mit einem Großsegel und einem kleinen Focksegel. Es würde sie alle sicher die Küste hinunterbringen. Das große Meer zu befahren hatten sie schließlich nicht vor. Ein günstiger Wind beschleunigte ihre Reise. Als der Morgen anbrach, erreichten sie das Mündungsgebiet des Anduin und somit die große Bucht von Belfalas.

Von dort aus nahmen sie Kurs in die große See nach Umbar, der großen Hafenstadt der Haradrim, die einmal ein wichtiger Stützpunkt der Gondorianer gewesen war. Heute herrschten dort wieder die Korsaren, auch wenn viele ihrer Schiffe vor einigen Jahren von einem Stoßtrupp Gondorianer unter der Führung eines geheimnisvollen Fremden vernichtet worden waren. Einige Zeit hatte Ruhe geherrscht, doch die letzten Jahre machten die Korsaren wieder groß von sich reden. Sobald sie Umbar erreichten, würden sie vorsichtig sein müssen. Doch bis dahin würde es, selbst wenn die Winde günstig wehten, noch zwei Tage dauern.

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Kapitel 8 by Selana
8. Minas Tirith

Eine einsame Gestalt stand auf dem obersten Felsvorsprung des Berges, in den die Weiße Stadt gebaut worden war. Wie ein Keil oder der Bug eines Schiffes stieß dieser nach vorne und erlaubte einen überwältigenden Blick über die umliegende Landschaft. Die Menschen von Gondor hatten den Felsvorsprung mit weißem Marmor gepflastert und zur Sicherheit ringsum eine Mauer aus Steinen errichtet. Am Anfang des Vorsprungs stand auf einem großen Innenhof der Weiße Turm, davor der Brunnen mit dem verdorrten Weißen Baum.

Genauso eindrucksvoll war der Blick über die Pelennor-Felder, die von Wegen durchzogen waren. Hier und da sah man die Gehöfte der Bauern stehen, umgeben von Zäunen, in denen Tiere weideten. Die Bauern versorgten die Stadt mit Lebensmitteln und garantierten zusammen mit den Handwerkern den Wohlstand der Stadt. Auf den Straßen herrschte reger Verkehr. Es war Erntezeit und die Menschen, klein wie Ameisen von hier oben gesehen, gingen ihrer schweren Tätigkeit nach.

Gandalf der Graue, von den Gondorianern Mithrandir genannt, warf einen Blick hinüber zu seinem Erzfeind Sauron, der sich die letzten Jahre wieder zu regen begann. Der Vulkan Orodruin, was Berg des lodernden Feuers bedeutet, auch Amon Amarth, Schicksalsberg, genannt, leuchtete feuerrot hinter den ersten Bergen des Schattengebirges. Daneben, von hier nicht erkennbar, stand der dunkle Turm Barad-Dûr, der Sitz Saurons, dessen Anwesenheit aber nur durch das große Auge gezeigt wurde. Solange er den Einen Ring nicht besaß, konnte er keine wirkliche Gestalt annehmen.

Gandalf dachte daran, wie es kam, dass er hier bei den Menschen lebte. Sie würden nicht verstehen, was er war, nämlich ein Aufgestiegener. Genauso wie Sauron, der ein Orii war. Sauron lebte wie alle Orii in dem Wahn, sich als Gott anbeten zu lassen. Die Aufgestiegenen hatten ihm mehrmals die Suppe versalzen, doch dann das Interesse an der Welt Mittelerde verloren. Nur ihm und einigen Wenigen hatten sie erlaubt zurückzukehren. Doch in Mittelerde musste er als Mensch leben, mit nur wenig seiner alten Macht, denn hier funktionierte keine Technik. Ebenso waren seine Kräfte als Aufgestiegener eingeschränkt.

Gandalfs Gedanken kehrten zurück zu Bilbo Beutlin, dem kleinen Hobbit aus dem Auenland. Vor über fünfzig Jahren hatte dieser einen Ring der Macht gefunden und Gandalf vermutete, es könnte der Eine Ring sein. Den endgültigen Beweis hatte er aber noch immer nicht gefunden. Der Ring war eines der wenigen technischen Geräte, die hier funktionierten. Er würde Sauron erlauben, in Mittelerde einen menschlichen Körper anzunehmen. Nur Gandalfs Stab, oder der von Saruman, dem Obersten seines Ordens, besaß etwas von der Macht der Aufgestiegenen.

Bilbo lebte nun in Bruchtal, dem alten Imladris, dem Sitz von Elrond, dem Halbelben. Elben wurden die nicht aufgestiegenen Antiker dieser Welt genannt. Inzwischen jedoch hatten sich die meisten von ihnen entschieden aufzusteigen, und verschwanden einer nach dem anderen von dieser Welt.

Den Ring hatte Bilbo seinem Neffen Frodo überlassen, der in Beutelsend im Auenland wohnte. Immer wieder besuchte Gandalf ihn dort, um sich zu überzeugen, dass der Ring noch da war. Sollte es der Eine Ring sein, würde er früher oder später vernichtet werden müssen, um Saurons Macht endgültig zu brechen. Das konnte aber nur in den Feuern des Schicksalsberges geschehen. Dort war er vor Tausenden von Jahren von Sauron selbst geschmiedet worden.

Gandalf besaß viele Namen: Gandalf, der Graue in den Ländern des Norden, in Gondor und bei den Elben Mithrandir, der graue Pilger, Tharkûn bei den Zwergen, Olórin im Westen, im Süden Incánus. Richtig zu Hause war er aber nirgends. Lieber wanderte er umher, gestützt auf seinen Stab, gehüllt in seinen grauen Mantel. Zu Hause, in Valinor, der Heimat der Aufgestiegenen, war sein richtiger Name Olórin.

In Mittelerde hatte er mit Bedacht die Gestalt eines alten Mannes angenommen, um schon von vornherein wie ein Weiser auszusehen. Die Führer der Völker von Mittelerde hätten sonst nicht auf seinen Rat gehört. Sie hatten die Macht und das Wissen ihrer Vorfahren, der normalen Antiker vergessen. Eines Tages, wenn seine Aufgabe, die Vernichtung von Sauron erfüllt war, würde er nach Valinor zurückkehren.

Gandalf schreckte aus seinen Gedanken auf, als ein Reiter vor dem Turm anhielt und eiligen Schrittes in die Zitadelle hineinlief. Die Nachricht musste wichtig sein, sonst hätte er sein Pferd im sechsten Ring zurückgelassen. Es musste der gleiche Reiter sein, der vor einiger Zeit unten im Tal über die Felder des Pelennor aus Richtung Osgiliath geritten kam. Osgiliath war die alte Hauptstadt von Gondor, am Ufer des Anduin gelegen, der sie in zwei Teile spaltete. Nun war die Stadt nur noch ein Ruinenfeld und von seinen Bewohnern verlassen.

Jetzt befanden sich in Ithilien nur noch die Waldläufer, die das Land auskundschafteten. Obwohl sie verlassen war, wurde die Stadt gehalten, denn sie war ein wichtiger Hafen für Gondor und der letzte Außenposten gegen Mordor und seine gewaltige Macht. Schiffe kamen den Anduin herauf und brachten dringend benötigte Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände, die in Minas Tirith oder seiner Umgebung nicht hergestellt werden konnten. Vor kurzem hatte dort ein großes Handelsschiff angelegt. Wahrscheinlich hatte es wichtige Nachrichten mitgebracht.

Gandalf war hier, um weitere Nachforschungen über den Ring anzustellen. Doch die Bibliothek war riesig und er würde noch Jahre brauchen, um alles durchzusehen. Er hoffte, dass ihnen diese Zeit noch gegeben war. Denethor sah ihn nicht gerne in seiner Stadt. Davon ließ sich Gandalf jedoch nicht abschrecken und kam weiterhin her, um seine Studien fortzusetzen.

Die Stadt besaß die umfangreichste Bibliothek in ganz Mittelerde, und sollte er je den Beweis finden, dass Frodos Ring der Eine war, dann hier in Minas Tirith. Außerdem verband ihn eine tiefe Freundschaft mit Faramir, dem jüngsten Sohn Denethors. Faramir war ein aufgeschlossener junger Mann, ganz anders als Denethor oder auch sein älterer Bruder Boromir. Boromir wollte von seinen Geschichten nichts hören und traf sich deshalb nie mit Gandalf. Sein Handwerk war die Kriegskunst, und er war mehr an Ruhm und Ehre interessiert, als an der Wissenschaft. Nicht das Schlechteste in diesen Zeiten, denn Kämpfer wie Boromir wurden dann dringend benötigt, doch beides zu verbinden wie Faramir es tat, gefiel Gandalf bei weitem besser.

Einer seiner Freunde hatte ihm berichtet, dass Faramir entführt worden war. Gandalf hatte schon daran gedacht loszuziehen, um ihn zu suchen. Doch davon hatte ihn seine Pflicht abgehalten. In ein paar Tagen wollte er zum Auenland aufbrechen und Frodo Beutlin einen weiteren Besuch abstatten, um sich zu vergewissern, dass der Ring noch in Sicherheit war.

„Mithrandir!“

Die Stimme in seinem Rücken schreckte ihn erneut aus seinen Gedanken. Ein junger Ritter Gondors stand vor ihm. Der Krieger zeigte nach Osgiliath, wo das Schiff vor Anker lag. „Der Kapitän des Schiffes hat eine Botschaft von Faramir. Er konnte seinen Entführern entkommen. Ich dachte, diese Nachricht würde Euch interessieren.“

„Ja, und wie!“, rief Gandalf erfreut aus. „Wo ist Faramir denn?“

„Der Truchsess ist außer sich. Der junge Herr kehrte nicht mit dem Schiff zurück, sondern ging mit Fremden auf Schatzsuche.“

„Schatzsuche?“, fragte Gandalf erstaunt.

„Sie suchen das Aure. Das ist ein ...“

„... Edelstein, der noch einen Rest des Lichtes der Lampe Ormal in sich trägt und seit Jahrtausenden als verschollen gilt.“

„Das ist doch nur eine Legende“, sagte der Ritter.

„Meint Ihr, junger Freund? Nun, es gibt viele Dinge auf der Welt, die zwar Legende sind, aber trotzdem der Wahrheit entsprechen“, erklärte Gandalf geheimnisvoll.

„Wollt Ihr damit sagen, dass es das Aure gibt?“

Bevor Gandalf antworten konnte, sah er Denethor mit seinem Gefolge aus der Zitadelle stürmen. Sie kamen auf direktem Wege auf ihn zu.

Mit feuerrotem Kopf zeigte Denethor auf ihn. „Das ist nur Eure Schuld, Mithrandir! Ihr habt meinem Sohn solche Flausen in den Kopf gesetzt. Das Aure zu suchen! So ein Unsinn! Eigentlich sollte ich Euch festsetzen, aber dank meines guten Herzens weise ich Euch nur aus der Stadt. Verlasst Minas Tirith auf der Stelle, bevor ich meine Meinung ändere.“

Da Gandalf sowieso vor hatte zu gehen und Faramir in Sicherheit war, widersprach er Denethor nicht. „Beruhigt Euch, Truchsess! Ich war schon auf dem Weg, die Stadt zu verlassen. Und was euren Sohn angeht, er hat seinen eigenen Willen und ist ein guter, aufgeschlossener junger Mann. Kümmert Euch lieber etwas um ihn. Ihr habt es nicht verdient, ihn als Sohn zu haben.“

Damit drehte sich Gandalf um und ließ den perplexen Truchsess einfach stehen. Zu Fuß ging er zur vierten Ebene hinunter und suchte dort sein Pferd auf, dass er in einem warmen und sauberen Stall der Stadtwache untergebracht hatte. Die Soldaten mochten und unterstützten Mithrandir.

Das Pferd hatte er von Théoden, dem König von Rohan, geschenkt bekommen. Es war keines der Mearas, aber aus der Zucht der Rohirrim, den Pferdeherren. Sein Elbenname war Gildin, was in der Sprache der Menschen Silberfunke bedeutete. Silberfunke war ihm ein treues und zuverlässiges Pferd. So verließ Gandalf Minas Tirith und machte sich auf den weiten Weg nach Rohan.

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Kapitel 9 by Selana
9. In der Nähe von Osgiliath

Boromir ritt an der Spitze seiner Krieger den Anduin entlang. Es waren ein paar Tage vergangen, seit sie auf Ronon getroffen waren. Sie hatten Orks gejagt und zurück nach Mordor getrieben. Die Waldläufer von Ithilien hatten ihnen wertvolle Hinweise geliefert. Nun galt es entlang der Grenze zu reiten, um weitere Einmärsche der Orks zu unterbinden. Diese wurden immer dreister, doch Boromir war klar, dass es war nur eine Frage der Zeit war, bis die Orks ganz Ithilien beherrschten und sie die Eindringlinge sein würden. Es sei denn, es geschah ein Wunder und die Herrschaft Saurons wurde gebrochen.

In der Nähe eines Hügels hielten sie ihre müden Pferde an. Der Himmel war von trüben tief hängenden Wolken überzogen, und mehr als einmal warfen sie besorgte Blicke nach oben. Wahrscheinlich würde es bald zu regnen anfangen. Es wurde Zeit, den Tieren eine Ruhe zu gönnen, und ein Blick auf seine Leute belehrte Boromir, dass auch sie eine Unterbrechung willkommen heißen würden.

„Hier bleiben wir“, sagte Boromir zu Castamir, der zu seiner Rechten ritt. „Lass ein Lager im Schutze des Hügels aufschlagen und kümmert euch um die Pferde.“

Castamir ritt davon, um die Befehle auszuführen.

Dann blickte Boromir Ronon an, der auf der an seiner linken Seite ritt. Er fragte sich, was in dem Mann vorging. Er sprach kaum und hatte nicht viel von sich erzählt. Nur, dass er auf der Suche nach Freunden war und hoffte, sie irgendwann wiederzufinden. Boromir hatte ihm seine Hilfe zugesagt.

Erleichtert führten die Krieger die Befehle ihres Feldmarschalls aus. Frohen Mutes machten sich daran, die Pferde zu versorgen und das Lager aufzuschlagen.

Mit einem Satz sprang Boromir aus dem Sattel seines braunen Pferdes Macar. Faramir hatte ihm einmal erklärt, dass dies in der Elbensprache Schwertkämpfer hieß.

Faramir!

Seit ihrem Aufbruch hatte er nichts mehr von ihm gehört. Er hoffte, dass es seinem Bruder gut ging und er sich unnötig Sorgen machte.

Boromir sah hinauf zum Hügel über dem Lager. Von dort würde er einen guten Überblick haben. Auf der Spitze standen schon zwei seiner Ritter Wache. Sie wollten schließlich keine Überraschung erleben.

Boromirs Zelt stand schon. So ging er hinein, entledigte sich seiner Rüstung und ging anschließend den Hügel hinauf. Seine Männer begrüßten ihn respektvoll. Genauso wie Faramir, liebten die Menschen Gondors auch Boromir von Herzen. Anders, als ihrem Vater Denethor war den Brüdern die Bevölkerung nicht egal.

Nein, Boromir korrigierte sich selbst. Auch Denethor sorgte sich um sein Volk. Etwas anderes zu behaupten wäre ungerecht, aber er mischte sich kaum unter die Leute, und so ahnte ihr Vater nichts von den Bedürfnissen der einfachen Menschen. Boromir und Faramir dagegen lebten unter ihnen und besuchten auch viele zu Hause. Das wurde den Brüdern von den Gondorianern hoch angerechnet.

Von der Spitze des Hügels aus hatte Boromir wie erwartet einen guten Überblick über das unter ihm liegende Land. Direkt vor ihm lag Osgiliath. Der Anduin teilte die ehemalige Hauptstadt Gondors in zwei Hälften. Heute war die Stadt nur noch ein Ruinenfeld, ein Schatten seiner ehemaligen Herrlichkeit. Es lag zu nahe an Mordor, dessen steile Berge direkt dahinter begannen. Dort irgendwo lag Minas Morgul und das Schwarze Tor. Früher war das die letzte Festung der Gondorianer vor der Grenze zu Mordor gewesen, heute befand sich die Befestigungsanlage jedoch in der Hand des Feindes.

Sah er in die andere Richtung, erblickte er die Ausläufer des Ered Nimrais, an dessen äußeren Ende Minas Tirith in den Berg gebaut worden war. Seine Türme ragten weit hinauf in den Himmel. Boromir wurde es warm ums Herz. Er liebte seine Heimat, und er würde alles tun, um sie zu schützen, selbst, wenn es sein Leben kosten sollte.

Boromir hob die Hand über die Augen. Er hatte richtig gesehen. Ein Reiter kam aus Richtung Minas Tirith entlang des Anduin geritten. Der Mann sah das Lager und ritt darauf zu. Boromir beeilte sich, den Hügel hinunterzurennen. Vielleicht brachte der Bote Nachricht von seinem Bruder.

Er erreichte das Lager genau in dem Augenblick, als der Ankömmling von seinem Pferd sprang und sich suchend umblickte. Als er Boromir entdeckte, kam er auf ihn zu.

„Feldmarschall!“, tief verbeugte sich der junge Ritter. „Ich bringe Euch Nachricht von Denethor, Eurem Vater.“

Mit diesen Worten überreichte er Boromir eine Schriftrolle.

Ungeduldig entrollte Boromir sie. Ronon, der neben ihn getreten war, sah, wie er während des Lesens ganz blass wurde. „Boromir, was ist passiert?“

„Mein Bruder wurde von Südländern entführt. Sie verlangen, dass mein Vater den Kampf gegen sie einstellt und Gondor unter ihre Herrschaft stellt“, sagte Boromir und gab Ronon die Schriftrolle, damit er sie selbst lesen konnte.

„Die müssen verrückt sein!“, entfuhr es Ronon, der die Nachricht nicht entrollte, denn die Schrift von Gondor konnte er nicht lesen.

Boromir sah ihn an. „Leider muss ich dir zustimmen.“

Ronon sah ihn an. „Das bedeutet, dass sie Faramir töten, wenn dein Vater nicht auf die Forderung eingeht.“

„Ganz genau. Mein Vater wird sie hinhalten. Das gibt uns die Gelegenheit, meinen Bruder zu suchen.“

„Aber wo sollen wir ihn denn suchen“, fragte Ronon.

„Wenn du ein Südländer wärst und einen solch wertvollen Gefangenen besäßest, wo würdest du ihn hinbringen?“

„Ah! Ich verstehe. Natürlich würde ich ihn in mein Land bringen.“

„Entführt haben sie ihn in Minas Tirith. Was ist nahe liegender, als den Anduin bis nach Pelargir hinunterzufahren. Dann über die alte Handelsstraße bis zur Poros-Brücke. Dort liegt die Grenze zu Gondor und den südlichen Ländern der Haradrim. Zu weit werden sie ihn jedoch nicht in ihr Land verschleppen. Es könnte ja immerhin sein, dass sie ihn noch als Tauschmittel gebrauchen können, falls Denethor sich auf einen Handel mit ihnen einlässt.“

„Du bist sehr scharfsinnig“, sagte Ronon bewundernd. „Wohin wenden wir uns also?“

„Die Pferde und die Männer sind immer noch müde. Es wäre nicht sehr ratsam gleich aufzubrechen. Wir reiten mit dem ersten Tageslicht. Zuerst entlang der Hügelkette des Emyn Arnen, dann zur alten Harad-Straße, und anschließend hinunter nach Süd-Ithilien bis zur Brücke über den Poros. Wenn nötig, werden wir noch weiter reiten. Es wird nicht leicht sein, aber wir finden ihn.“ Boromir wandte sich an die umstehenden Männer, die inzwischen mitbekommen hatten, was passiert war. „Ich befehle es niemanden mitzureiten, um meinen Bruder zur retten. Es wird ein langer und gefahrvoller Ritt. Wer nach Osgiliath oder Minas Tirith zurück möchte, dem sei es freigestellt. Es wird ihm nicht als Feigheit angelastet.“

„Ich komme mit!“, rief der erste Mann. „Fürst Faramir hat mir einmal das Leben gerettet.“

„Ich komme ebenfalls mit!“, rief ein Zweiter und so ging es weiter. Jeder Mann meldete sich.

Boromir war sehr froh über die Entscheidung seiner Ritter. Im Grunde hatte er auch nichts anderes erwartet. „Wir reiten morgen früh. Ruht euch jetzt aus.“

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Kapitel 10 by Selana
10. Die Stadt der Korsaren

Rhiana, Sheppard, Teyla, McKay, Haldir und Faramir erreichten Umbar in den Abendstunden des zweiten Tages. Umbar war die größte Hafenstadt von Harad und lag in einer tief eingeschnitten Bucht, etwas südlich von der Mündung des Harnen. Im Zweiten Zeitalter beherrschten die Númenórer die See mit ihren Schiffen und Ar-Pharazôn, der Goldene, der der mächtigste ihrer Könige werden sollte, eroberte Umbar. Sauron ließ er dort Gefolgschaft schwören und der, der nach dem Einen Ring strebte, folgte ihm als Ratgeber nach Númenor. Dies war der Beginn des Untergangs von Westernis und der Númenorer, deren Überlebende im Dritten Zeitalter Dunedain genannt werden.

Später wurde die Stadt von den Streitmächten Sauron erobert, bis sich die Gondorianer Anfang des Dritten Zeitalters Umbar zurückholten und zur Festung ausbauten. Später verloren die Könige von Gondor Umbar wieder an die Haradrim. Seitdem hörte der Krieg entlang der Südküste Gondors nie mehr auf.

Eigentlich wäre es besser gewesen Umbar zu meiden, doch sie brauchten neue Vorräte, da sie an der großen Öde entlang der Küste in südlicher Richtung segeln wollten, um so ganz unten im Süden die Stelle zu erreichen, wo der Legende nach die Lampe der Valar gestanden haben sollte.

Diese Legende war in den Augen McKays natürlich ausgemachter Blödsinn. Es war einfach unmöglich, dass früher einmal zwei Lampen die ganze Welt erhellt hatten und nicht die Sonne. Das konnte er als aufgeklärter Wissenschaftler nicht glauben. Doch wie in jeder Legende steckte auch in dieser ein Körnchen Wahrheit. In diesem Fall waren es vielleicht ZPMs, die einmal die Welt mit Energie und Licht versorgt hatten. Vielleicht war auch das Aure nichts anderes, als ein ZPM.

Der Legende nach war die Lampe von dem Valar Aule, dem Herrn über die Stoffe, die aus der Erde kommen, gefertigt. Der große Feanor, der größte Elbenschmied, der je gelebt hatte, war ein Schüler von ihm. Das Aure enthielt das letzte Licht der großen Lampe Ormal, die weiter unten im Süden einst gestanden haben soll. McKay vermutete, dass diese Valar die aufgestiegenen Antiker waren, und die Menschen dieser Welt Nachkommen derer, die nicht, oder später aufgestiegen, waren.

Entlang der Öde gab es weder Wasser noch Vorräte, weshalb sie ihre schrumpfenden Vorräte auffüllen mussten. Sie hatten beschlossen, dass McKay, Rhiana und Haldir an Bord bleiben sollten, während Sheppard, Teyla und Faramir an Land gehen wollten, um genügend Lebensmittel zu besorgen. Gold-, Silber- und Kupferstücke besaßen sie genug.

Die Seeschlange segelte in die Bucht hinein und hielt auf die Hafenstadt zu. Schon von weitem waren die Lichter zu sehen und der Lärm der Menschen war unüberhörbar. Sie suchten sich einen abseits gelegenen kleinen Landesteg aus. Nur zwei kleine Fischerboote waren in ihrer Nähe angedockt. Netze mit Fischen zum Trocknen war dort aufgehängt. Über allem lag der unverkennbare Geruch nach Fisch, vermischt mit dem Gestank nach Abfällen und brackigem Wasser.

Angewidert verzog Sheppard sein Gesicht, doch Sicherheit ging immer noch der Empfindlichkeit der Nase vor. Von den Fischern war nichts zu sehen oder zu hören. Die saßen wahrschein sicher zu Hause oder in einer der vielen Spelunken des Hafenviertels.

Sheppard, Faramir und Teyla zogen Mäntel über ihre Bekleidung. Die dunkelgrüne Unterbekleidung war neutral und verbarg, dass sie keine Südländer waren. Teyla konnte noch am ehesten als eine von ihnen durchgehen. Im Notfall würden sie einfach behaupten, aus einer weit entfernten Provinz Harads zu stammen.

Der kleine Beutel mit den Münzen war an einem starken Lederband befestigt, den Sheppard sich um den Hals hängte und unter seinem Gewand verschwinden ließ. Zur Sicherheit nahmen sie nur Silber- und Kupfermünzen mit. Sie wollten vermeiden, dass sich Gauner an sie heranmachten, weil sie viel Geld bei ihnen vermuteten.

Ein letzter Blick auf das Schiff zeigte ihm Rhiana und McKay, die sich unter Deck zurückzogen. Der Elbe ließ sich aus Sicherheitsgründen nicht an Deck sehen.

Mit schnellen Schritten gingen sie über den Steg, bis sie in belebtere Bereiche des Hafens kamen. Hier sah es anders aus. Hier lagen die größeren Schiffe angedockt. An ihren Flaggen und den schwarzen Segeln erkannten sie, dass es Schiffe der Korsarenflotte waren.

Aus Sicherheitsgründen machten sie einen weiten Bogen um diese, denn Sheppard wollte nicht in einen Trupp Freibeuter hineinlaufen. Die ausgebaute Festung über dem Hafen der Stadt konnten sie nicht erkennen. Gerüche bekannter und unbekannter Art strömten ihm entgegen. Es wimmelte nur so von Besuchern. Das kam ihnen zugute, denn so fielen sie weniger auf. Überall standen Händler an ihren Karren oder an ihren Ständen, wo sie ihre Waren feilboten. Gewürze, Fleisch, Obst und Gemüse gab es genauso wie Kriegswaffen und Gebrauchsgegenstände. An einigen Ständen wurden verführerisch duftende Speisen angeboten.

Johns Magen fing an zu knurren. Auch die anderen waren hungrig, und so kauften sie bei dem Händler duftendes frisch gebackenes Brot mit Fleisch belegt. Dazu tranken sie Wasser, denn sie wollten sich ihre Sinne nicht durch Alkohol trüben lassen.

„Wenn wir uns nicht in Feindesland aufhielten, könnte ich das alles geniesen“, meinte Teyla, während sie genüsslich ihr belegtes Brot aß.

Sheppard stimmte ihr zu, doch ein Besuch in einer Kneipe war einfach zu gefährlich. Nach dem Mahl besahen sie sich die übrigen Stände und erstanden Fleisch, Mehl, Gemüse und was man sonst noch für eine längere Fahrt brauchte. Dabei überließ Sheppard Faramir das Reden und Feilschen, denn er sprach die Sprache der Haradrim.

Auch einige große Fässer mit Trinkwasser waren dabei. Sie mieteten sich einen Träger, einen alten Haradrim mit einem Karren, um alles zum Schiff bringen zu lassen. Personen, die Lebensmittel für ihre Schiffe einkauften, waren an der Tagesordnung und erregten kein Aufsehen.

Das alles hatten sie nach zwei Stunden erledigt, und als sie das belebte Hafengebiet verließen, atmete Sheppard erleichtert auf. Alles war gut gegangen, doch er hatte ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Schließlich erreichten sie die Anlegestelle der Seeschlange und der Träger half ihnen, alles auf das Schiff zu laden. Danach wurde er reichlich entlohnt. Als er davon ging, sah ihm Sheppard hinterher. Er blickte über die Kaianlage, denn sein inneres Gefühl warnte ihn.

John wandte sich an seine Freunde. „Wir sollten sofort ablegen. Es ging zwar alles gut, aber ich habe ein ungutes Gefühl.“

„Auf ungute Gefühle sollte man immer hören. Sie retten einem oftmals das Leben“, meinte Faramir.

Sie verstauten die eingekauften Waren im kleinen Laderaum und zurrten sie gut fest. Dann entfalteten sie die Segel und holten die Leinen ein. Die Atlanter und Faramir beherrschten die Seeschlange gut. Bald segelten sie die schmale Bucht entlang, bis sie das offene Wasser erreichten.

Als das Schiff abgelegt hatte, entfernte sich von dem Steg eine dunkle Gestalt mit eiligen Schritten. Er hatte richtig vermutet. Die zwei Männer und die Frau, die ihm verdächtig vorgekommen waren, waren Gondorianer. Das würde den Kapitän der Feuerblitz sicher interessieren. Wenn sie das kleine Schiff verfolgten, aufbrachten und die Passagiere gefangen nahmen, würde das bestimmt viel Lösegeld einbringen.

Der Mann erreichte eines der großen Korsarenschiffe im Hafen und betrat es über die große Laufplanke. Die Besatzung kannte ihn und ließ ihn ohne weiteres bis zur Kabine des Kapitäns vordringen.

Der Kapitän, sein Name war Mauhúr, war ein Mann schneller Entschlüsse. „Du weißt, wohin sie segeln?“, fragte er seinen Hafenspitzel.

„Ja, Kapitän. Nach Süden, die Küste hinunter. Sie wollen an der Großen Öde vorbei und die Lampe der Valar suchen. Ich konnte sie belauschen.“

„Die Lampe der Valar? Schon wieder solche Verrückte. Nun gut, uns soll es recht sein. Wir holen sie mit der Feuerblitz schnell ein und bringen sie auf.“ Er warf dem Mann einen Beutel zu. „Für dich. Halte weiter die Augen auf für mich. Es soll nicht dein Schaden sein. Und wenn wir für die Sechs ein gutes Lösegeld bekommen, wirst auch du deinen Anteil erhalten.“

Der kleine Mann strahlte über das ganze Gesicht und verbeugte sich tief. Dann verließ er mit eiligen Schritten und großer Erleichterung im Herzen das Korsarenschiff. Er arbeitete für den Kapitän, weil er immer großzügig war, wenn er gute Tipps brachte, aber der Mann selbst war ihm unheimlich.

Inzwischen ließ der Kapitän das Schiff segelbereit machen. Mauhúr wollte die Beute auf keinen Fall entwischen lassen. Er war überzeugt, dass sie eine lohnende Trophäe abgaben.

Von dieser Gefahr ahnten die Freunde auf der Seeschlange nichts. Trotzdem waren sie bemüht mit Hilfe des Windes alles aus den zwei Segeln herauszuholen, was möglich war. Doch der Wind schien gegen sie zu sein.

Trotz der schwachen Winde brachten sie die Nacht über und die nächsten Tage eine gute Strecke zwischen sich und Umbar. Als die Sonne zum vierten Mal über dem Horizont aufging und einen schönen Tag versprach, erreichten sie das Gebiet der Großen Öde, eine kahle leere und unbewohnbare Region Fern-Harads, in dem kein Mensch leben konnte. Bisher hatte die Landschaft in den Küstenregionen sich lieblich gezeigt, und manchmal sah man kleine Fischerdörfer, doch nun waren nur noch Wüste und karge Felsformationen zu sehen.

Hin und wieder sahen sie auch einzelne große Felsen verstreut herumliegen, die den Eindruck vermittelten, von der Hand eines Riesen dorthin geworfen worden zu sein.

Im Grunde wussten sie nicht, wie lange sie brauchen würden, um das Gebiet zu erreichen, wo der Legende nach die Große Lampe Ormal auf einer riesigen Säule gestanden hatte, bis sie von dem Valar Melkor, der später Morgoth genannt wurde, zerstört worden war. Damit hatte die Zeit der Lampen geendet. Almaren, das erste Königreich der Valar, war in diesem verheerenden Krieg mit Melkor zerstört worden. Daraufhin zogen sich die Valar nach Aman, den Unsterblichen Landen zurück und gründeten ein neues Reich.

Die Karte von Elben war nicht sehr genau. Die Entfernungen würden wohl nicht stimmen. Und die Scanner funktionierten nicht. Was immer die Technik in dieser Welt versagen ließ, sie war allgegenwärtig. Kein Mensch, Elb oder Zwerg war in den letzten Jahrhunderten soweit gereist. Falls das vorher geschehen war, hatten die Reisenden keine genauen Aufzeichnungen darüber angefertigt. Sie wussten nur, dass an der Stelle zwei riesige Elbenfiguren stehen sollten, ähnlich den Argonath, den beiden Standbildern von Isildur und Anárion bei den Rauros-Wasserfällen.

An diesem Tag schien die Sonne heiß vom Himmel. Gegen Mittag frischte der Wind endlich auf und sie kamen schneller voran. Sie saßen an Deck oder gingen ihrer Arbeit nach. Das Schiff war so klein, dass es von den sechs ohne Probleme gesegelt werden konnte, und doch groß genug, um reichlich Platz für sich und eine kleine Ladung zu haben.

Rhiana und Teyla wechselten sich am Steuerrad ab. Rhiana war eine Meisterin im Segeln und hatte Teyla das nötigste beigebracht. Die Männer machten die gröberen Arbeiten wie Segel raffen, entfalten oder was auch immer notwendig war.

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Kapitel 11 by Selana
11. Meduseld, die goldene Halle von Rohan

Für den langen Weg von Minas Tirith nach Rohan würde Gandalf vier bis fünf Tage benötigen. Von Minas Tirith aus ritt er am Grauen Wald vorbei, dann am Amon Dîn, wo bei Gefahr ein Leuchtfeuer brennen würde. Den Druadan-Wald ließ er links liegen. Dort, an den Nordhängen des Weißen Gebirges, lebten die Überreste des alten Volkes der Drúedain, Verbündete der Gondor-Menschen. Entlang der alten Weststraße durchquerte er die Provinz Anórien. Immer wieder sah er auf den Gipfeln des Gebirges die Leuchtfeuer stehen, die bei Gefahr angebrannt werden würden, um die Verbündeten nach Minas Tirith zu rufen. Die Berggipfel trugen die Namen Eilenach, Nardol, Erelas, Min-Rimmon, Calenhad und Halifirien. Der Zuletztgenannte lag im Firienwald, den die Weststraße durchquerte. Nun betrat Gandalf die Ostfold und somit Rohan, das Reich König Théodens.

Das Wetter hatte sich die ganzen Tage gehalten und so erreichte Gandalf am Ende des fünften Tages bei strahlendem Sonnenschein, Edoras, die Hauptstadt von Rohan. Sie lag auf einem Hügel vor ihm. Gandalf lenkte Silberfunke durch das Tal und hinauf zum unteren Tor. Die Häuser lagen verteilt über dem Hügel.

Eine lange Treppe führte zum Gipfel hinauf, wo Meduseld stand, die Halle des Königs, die wegen ihres goldglänzenden Daches weithin zu sehen war. Edoras war von einer Mauer umgeben, aber keine Festung. Am Fuße des Hügels lagen die sechzehn Gräber der Könige von Rohan.

Doch zuerst durchquerten Gandalf und Silberfunke die Stadt. Es waren einfache Holzhäuser mit Verzierungen über den Haustüren. Manch erstaunter oder neugieriger Blick traf Gandalf, als er zur Goldenen Halle ritt, unter der Treppe sein Pferd anhielt und abstieg. Als er einen Fuß auf die Treppe setzte, traten ihm auch schon die Ritter des Königs entgegen. Wie bei den meisten seiner Besuche in Edoras zog ein starker Wind durch das Tal, der sich in seinem braunen Mantel fing, ihn sich hoch aufbauschen ließ, sich in seinem langem Haar fing und damit spielte.

„Halt, Gandalf der Graue! Ihr seid nicht willkommen!“, die barsche Stimme lies ihn mitten im Schritt erstarren.

„Seit wann?“, fragte Gandalf erstaunt. Das letzte Mal, als er hier war, hatte Théoden ihn noch freudig begrüßt.

„Die Zeiten ändern sich. Ihr bringt nur Ärger, Missgunst und Verdruss mit Euch. Der König wünscht nicht, mit solchen Dingen belästigt zu werden.“

Gandalf hob seinen Stab. So leicht war er nicht gewillt, sich abweisen zu lassen. Doch als sich sofort eine Anzahl von Kriegern neben den Sprecher stellten, wusste er, dass es nicht ohne Gewalt abgehen würde. Das aber wollte er noch vermeiden. Schließlich brauchte er Théoden als Verbündeten, und nicht als Feind.

„Nun gut“, sagte er so freundlich, wie es ihm möglich war. „Dann komme ich später wieder.“

„Das wird nicht nötig sein. Ihr seid ab heute unerwünscht in der Goldenen Halle“, lautete die bittere Antwort.

Daraufhin wurde es Gandalf zu viel, und er war nun doch bereit Gewalt anzuwenden, als er oben auf der Plattform neben der Halle, ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, stehen sah, die ihm zuwinkte und mit Zeichen bedeutete, auf die Rückseite des Berges zu kommen. Der Wind, der durch das Tal heulte, erfasste ihr langes Haar und ließ es wie einen Schleier erscheinen, der hinter ihr wehte.

Gandalf wollte wissen, was das Mädchen ihm sagen wollte, also gab er nach, drehte sich um und ging zurück zu seinem Pferd, verfolgt von den wachsamen Blicken der Ritter Rohans, die das Mädchen oben am Berg nicht bemerkt hatten. Erst, als er zum ersten Haus zurückging, schienen die Wachen beruhigt zu sein und drehten sich um. Gandalf fragte sich besorgt, was in seiner Abwesenheit geschehen war, dass er auf einmal in der Goldenen Halle unerwünscht war. Er führte Silberfunke am Zügel zwischen den Häusern hindurch, bis er zur Rückseite des Hügels kam. Dort gab es einen schmalen Pfad, der von der Plattform zu den Häusern hinunterführte. Das Mädchen kam diesen Pfad herunter und blieb vor ihm stehen. Sie besaß langes goldenes Haar, in dem ein einfacher silberner Reif steckte, und trug ein langes weißes Kleid mit goldbesticktem Gürtel.

„Éowyn, was ist hier los?“, sprach Gandalf das Mädchen an. „Warum will König Théoden mich nicht mehr empfangen?“

„Mein Onkel hat einen neuen Berater, Grima Schlangenzunge, und dieser redet ihm Dinge ein, die nicht gut für Rohan sind. Mein Vetter und mein Bruder sind ebenfalls besorgt deswegen.“

Trotz ihrer Jugend war Éowyn ein aufgeschlossenes und intelligentes Mädchen, dass sogar das Kriegshandwerk lernte. Sie führte das Schwert so gut wie jeder Junge in ihrem Alter. Seit dem Tod ihrer Mutter, Théodens Schwester, und ihres Vaters, der von Orks erschlagen worden war, war der König ihr Vormund, und Théoden liebte Éowyn wie eine eigene Tochter. Ihr Bruder Èomer war trotz seiner Jugend schon ein Heerführer der Reiterarmee Rohans. In den Zeiten des Krieges mussten Kinder schnell erwachsen werden, besonders junge Männer.

„Was macht er denn?“, fragte Gandalf.

„Er redet ihm ein, dass die Kriegsgefahr nicht groß ist und es sogar eine Lüge sei, dass der Dunkle Herrscher wieder erwacht ist. Saruman hat ihn als Berater zu meinem Onkel geschickt.“

„Saruman? Er ist der Oberste unseres Ordens. Eigentlich ist ihm zu vertrauen. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass er die Gefahr, die von Sauron ausgeht, unterschätzt. Ich sollte wohl doch mit Théoden reden.“

„Nein, nicht“, sagte Éowyn bestimmt. „Mein Onkel ist nicht gut auf dich zu sprechen. Er würde dich nur verbannen.“

„Nun gut, wenn der König mich nicht empfangen will, werde ich morgen weiterreiten. Mein Weg führt mich weit in den Westen.“

„Vor deiner Abreise solltest du unbedingt meinen Vetter Théodred sprechen. Er hat eine Nachricht für dich, von einem Mann, der sich Thorongil nennt. Kennst du ihn? Er war vor zwei Tagen noch hier, musste aber weiter. Ich habe leider nicht mit ihm gesprochen sondern nur Théodred.“

„Wo ist Théodred?“

„Er ist mit meinem Bruder unterwegs. Sie müssten aber morgen, im Laufe des Tages, zurückkommen.“

„Dann werde ich auf des Königs Sohn warten“, Gandalf drückte das Mädchen an sich. „Du bist ein liebes Kind. Pass auf deinen Onkel und Schlangenzunge auf. Wenn der Berater zur Gefahr für Théoden und für Rohan wird, schicke mir eine Nachricht.“

„Das werde ich. Lebe wohl!“

Gandalf schwang sich in den Sattel von Silberfunke und ritt den Weg zurück, den er vor kurzem gekommen war. Lange noch stand Éowyn dort und sah ihm hinterher. Sie machte sich Sorgen. Vielleicht hätte sie den großen Zauberer doch zu Théoden schicken sollen. Doch dann sagte sie sich, dass alles halb so schlimm war. Sie würde ein Auge auf Grima Schlangenzunge haben und dafür sorgen, dass ihr Onkel auf sie, ihren Bruder und ihren Vetter hörte, und nicht auf den neuen Berater.

Inzwischen erreichte Gandalf einen Gasthof, der sich ganz in der Nähe des äußeren Tores befand. Dort nahm er sich ein Zimmer für die Nacht. Zum Gasthof gehörte ein großer und sehr sauberer Stall. Dort konnte er Silberfunke abstellen und gut versorgen lassen.

Die Nacht konnte er schlecht schlafen. Zu viel ging ihm im Kopf herum. Am anderen Morgen stand er früh auf und sah zuerst nach Silberfunke. Das Pferd begrüßte ihn mit einem freudigen Wiehern.

Im Stalleingang blieb Gandalf stehen und sah in den Himmel. Der Tag begann trüb, doch am Horizont zeigten sich schon die ersten Sonnenstrahlen. Im Großen und Ganzen versprach es, ein schöner Tag zu werden. Doch noch war die Luft frisch und kühl. Fröstelnd ging er zurück in die Hauptstube des Gasthofes und setzte sich an einen Tisch, mit dem Fenster zum Haupttor. Von hier aus konnte er beobachten, wann Théodred und Éomer zurückkamen. Er sprach mit dem herbeieilenden Wirt ein paar Worte und bestellte sich ein Mahl. Dann zündete er seine Pfeife an und wartete.

Einige Stunden vergingen, bis die Reitertruppe mit Éomer und Théodred an der Spitze durch das Tor preschte. Sofort war Gandalf auf den Beinen und eilte nach draußen.

Théodred sah ihn sofort und ritt auf ihn zu. „Gandalf! Da seid Ihr ja endlich.“

„Was heißt endlich?“, fragte Gandalf überrascht.

„Es war ein Besucher hier, der mir eine Nachricht für Euch mitgab. Er meinte, dass Ihr bald hier vorbeikommen würdet.“

„Da hat der Mann richtig gedacht. Ich nehme an, Ihr sprecht von Thorongil?“

„Ja, so lautete sein Name. Woher wisst Ihr das?“, nun war Théodred überrascht.

„Èowyn sprach davon“, erklärte Gandalf.

„Ah! Meine kleine Kusine ist sehr aufgeweckt.“

„Ja, hätte sie mich nicht informiert, wäre ich gestern weitergeritten.“

Théodred beugte sich zu ihm hinunter. „Das wäre ein Fehler gewesen. Ich muss Èowyn wohl danken. Thorongil ist ein geheimnisvoller Mann. Mein Vater sagte mir, dass er schon unter meinem Großvater Thengel diente. Dann kann er nur ein Dúnedain sein, die mit langem Leben gesegnet sind.“

„Ihr seid sehr scharfsinnig, mein Prinz“, meinte Gandalf. „Das ist er in der Tat. Wie lautet nun die Nachricht?“

„Ihr sollt ihn in der gondorianischen Provinz Belfalas, in der Hafenstadt Dol Amroth treffen.“

Gandalf sah ungehalten aus. „Das ist aber ein riesiger Umweg für mich. Ich muss ins Auenland.“

„Thorongil wusste das, meinte aber, Ihr würdet trotzdem kommen.“

„Wie klug von ihm“, meinte Gandalf. „Dann werde ich sofort aufbrechen. Ich danke Euch, mein Sohn.“

Théodred nickte und ritt den inzwischen verschwundenen Reitern hinterher. Nur sein Vetter Èomer war noch in der Nähe und winkte Gandalf zu.

Gandalf sah den beiden jungen Männern hinterher, und wünschte ihnen ein langes und erfülltes Leben. Die Zeiten waren schwer und gefährlich heutzutage.

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Kapitel 12 by Selana
12. An Bord der Seeschlange

Während das Schiff langsam an der Küste entlangsegelte, war der Nebel immer noch so dicht, dass sie nichts sehen konnten. Als vor ihnen ein kleiner Einschnitt auftauchte, steuerten sie ihr Schiff hinein. Hier konnten sie den Sturm abwarten, um später zu versuchen ihre Position zu bestimmen, denn sie hatten keine Ahnung, wie weit sie der Sturm vorwärts gebracht hatte.

Faramir stand neben Rhiana am Ruder und versuchte, in dem Nebel etwas zu erkennen. Die Nebelsuppe war jedoch so dicht, dass er nichts erkennen konnte. Immerhin hatte Rhiana es geschafft, einen einigermaßen sicheren Ankerplatz für sie zu finden. Nun mussten sie einfach abwarten.

Immer wieder kehrten Faramirs Gedanken zurück nach Minas Tirith. War es selbstsüchtig von ihm gewesen, dieses Abenteuer mitzumachen? Bisher hatte sein ganzes Dasein im Dienst des Volkes gestanden. Aber hatte nicht auch er das Recht, einmal im Leben das zu tun, was ihm Spaß machte? Es ging ihm nicht um das Aure. Es war ihm egal, ob das Artefakt existierte oder nicht. Aber einmal eine solche Reise zu machen, war sein geheimer Wunschtraum gewesen.

Nachdem sie sicher vor Anker lagen, beschlossen sie sich etwas Ruhe zu gönnen. Bevor der Sturm sich nicht beruhigte und der Nebel sich verzogen hatte, konnten sie sowieso nichts unternehmen.

Nach einigen Stunden Schlaf unter Deck kam Faramir wieder nach oben. Die anderen schienen noch zu ruhen. Nur Teyla stand am Ruder und hielt Wache. Faramir sah zufrieden, dass sich das Meer beruhigt und auch der Nebel sich verzogen hatte. Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel herunter. Ihrem Stand nach, war es schon fast Mittag. Nun konnte er auch die nähere Umgebung betrachten. Sie lagen wie erwartet in einer kleinen Bucht, gerade groß genug für ihr kleines Schiff. Ein größeres Schiff hätte die Einfahrt niemals passieren können. Ringsum nur Felsen und dahinter Wüste, im Grunde ein trostloser Anblick.

Er trat zu Teyla, die ihm aufmunternd zu lächelte. „Es ist alles in Ordnung, Faramir. Der Nebel hat sich verzogen. Wir können jederzeit aufzubrechen.“

„Die anderen scheinen noch zu schlafen. Was ist mit dir, edle Dame. Hattest du nicht den Wunsch zu ruhen?“

Teyla lächelte angesichts der seltsamen Ausdrucksweise des jungen Fürsten. Doch es war üblich in diesem Lande so zu sprechen. Zumal der junge Krieger aus einem noblen Hause stammte. „Ich hatte meine Ruhepause schon. Da ich eine Kriegerin bin, ist es für mich selbstverständlich, mich an der Wache zu beteiligen.“

„Ihr seid seltsame Menschen. Fast so wie Mithrandir.“

„Wer ist Mithrandir?“

„Ein Zauberer und edler Mann. Er lebt schon viele Menschenalter in diesem Lande, und ist oft ein Gast in unserem Hause, auch wenn mein Vater das nicht gerne sieht.“

Teyla blickte ihn aufmerksam an. Faramir sprach oft von seinem Vater, obwohl dieser ihn wohl nicht sehr gut behandelte. „Meine Eltern leben leider nicht mehr. Sie wurden von den Wraith getötet.“

„Wraith“.

„Du würdest sie als Dämonen bezeichnen. Sie sind menschenähnlich, aber mit weißer Hautfarbe und seltsamen Gesichtern. Sie ernähren sich von Menschen, indem sie ihnen das Leben aussaugen. Zurück bleibt nur eine leere Hülle. Ihr seid von ihnen bisher verschont geblieben, weil in Mittelerde keine Technik funktioniert. Meine Leute jedoch werden seit mehreren Tausenden von Jahren von ihnen terrorisiert. Doch seit das Volk von Sheppard bei uns aufgetaucht ist, bekämpfen wir sie zum ersten Mal erfolgreich.“

„Sheppard und Rhiana gehören nicht zu deinem Stamm?“

„Nein, sie sind Fremde aus einer anderen Welt. Sheppards Leute tauchten aus dem Nichts auf, in fliegenden Schiffen. Sie sind fast noch wie unsere Vorfahren, die ein großes Wissen besaßen, das uns weitgehend verloren ging.“

Faramir erstarrte. Also hatte er recht gehabt. Sie waren von den Valar geschickt worden. Plötzlich stutzte er. Hatte er draußen auf dem Meer nicht eine Bewegung gesehen? Sicher war er sich aber nicht, schließlich besaß er nicht die scharfen Augen eines Elben.

„John! Haldir!“, rief er nach unten.

Sofort streckte Haldir seinen Kopf aus der Kajüte und war mit wenigen Sätzen bei ihm. „Gibt es Schwierigkeiten?“

„Noch nicht, aber ich glaube, da draußen auf dem Meer ist etwas. Deine Augen sind schärfer als meine.“

Haldirs Blick folgte Faramirs ausgestrecktem Zeigefinger. Und wirklich, als er sich einen Augenblick konzentrierte, sah er einen Flecken am Horizont.

Sheppard und Rhiana tauchten auf. John holte sein Fernglas heraus und blickte durch. Jetzt erkannte John deutlich das Segel eines Schiffes, das an der Einfahrt zu ihrer Bucht entlang segelte. Hoffentlich hatte es sie nicht gesehen.

„Da draußen ist ein Schiff“, meinte Haldir.

McKay tauchte als Letzter auf.

„Was ist los?“, rief er schlaftrunken.

„Ob es das gleiche Schiff ist, dass wir schon einmal gesehen haben?“, fragte Rhiana.

„Stark anzunehmen. Nicht sehr viele Schiffe kreuzen diese Gewässer. Und dann sehen wir in zwei Tagen gleich zwei Schiffe? Das ist kein Zufall“, meinte Faramir.

„Ob es uns bemerkt hat?“, fragte McKay besorgt.

„Das bezweifle ich“, Sheppard blickte immer noch durch das Glas.

„John hat recht. Es ist an der Bucht schon vorbei. Unsere Segel sind unten, und die Felsen vor der Einfahrt sind ein guter Sichtschutz“, meinte Haldir.

„Wir sollten dem Schiff einen Vorsprung lassen“, schlug Rhiana vor. „Wenn wir die Verfolger sind, können wir uns besser auf sie einstellen.“

„Der Vorschlag gefällt mir“, stimmte Faramir zu.

So warteten sie einige Stunden, bis sie sicher waren, dass der Vorsprung des Schiffes groß genug war. Dann hissten sie die Segel und steuerten die Seeschlange langsam aus dem winzigen natürlichen Hafen.

Den ganzen Tag und auch die folgenden vier Tage setzten sie ihre Fahrt fort, ohne den fremden Segler zu Gesicht zu bekommen. Schon begannen sie zu hofften, dass es nicht von ihnen gewollt hatte.

Als sich die Nacht des fünften Tages nach ihrer Abfahrt aus der kleinen Bucht über sie hereinsenkte, versuchte Faramir wieder einmal anhand der Sterne ihre Position zu bestimmen. Bisher hatte er damit kein Glück gehabt. Doch heute sollte sich das ändern. Der Gondorianer erkannte zu seiner Überraschung einige Sternbilder und fragte sich, warum er diese in den vergangenen Nächten nicht erkannt hatte. Er stellte fest, dass sie weiter gekommen waren, als angenommen. Der Sturm hatte sie weit in den Süden getrieben. Sie mussten ihr Ziel bald erreichen.

Die Nacht über segelten sie weiter. Am anderen Morgen entdeckten sie das fremde Schiff. Der Kapitän musste umgedreht sein, als er sie nicht fand. Und nun war er wieder hinter ihnen und schien sie entdeckt zu haben, obwohl sie dicht unter Land fuhren.

Eine wilde Verfolgungsjagd begann, denn der andere Segler war schnell. Zum Glück konnten sie dicht unter Land segeln und auch an Riffen vorbeikommen, die dem Verfolger die Bordwand aufgeschlitzt hätte. Gegen Abend hatte sich ihr Vorsprung trotzdem verringert. In dieser Nacht zündeten sie kein Licht an Deck an. Vielleicht konnten sie im Schutze der Dunkelheit entkommen.

Rhiana hatte das Steuer übernommen und Sheppard leistete ihr Gesellschaft, da er sowieso nicht schlafen konnte. Die Besatzung des fremden Schiffes war nicht so vorsichtig wie sie. Deutlich konnten die beiden die Lichter sehen, und das Lachen und Gegröle der Besatzungsmitglieder hören.

„Das schaffen wir nie“, sagte Rhiana zu John. „Sie sind immer noch hinter uns. Bald geht die Sonne auf und sie sehen uns. Sie sind jetzt auf gleicher Höhe wie wir, nur weiter draußen in der See.“

„Was schlägst du vor?“

„Gehen wir an Land und versuchen zu Fuß unser Ziel zu erreichen. Noch sehen sie uns nicht und wir ...“

In diesem Augenblick schlug dicht neben ihnen ein Feuerblitz ein, und gleich darauf ein zweiter, so dicht, dass das Wasser über die Planken spritzte.

„Sie schießen auf uns!“, John rief die anderen an Deck. „Anscheinend können sie uns doch sehen!“

Eine weitere Feuerkugel schlug in ihr Segel ein, woraufhin es Feuer fing. Zwar schafften sie es, den Brand zu löschen, doch ihr Segel war beschädigt. Es blieb ihnen nichts weiter übrig, als es einzuholen.

„Wir schaffen es nicht“, meinte Faramir schließlich nach einer weiteren Stunde Katz und Mausspiel mit dem Verfolger.

„Dann sollten wir an Land gehen“, schlug Sheppard vor. „Es wird auch schon dämmrig. In Kürze geht die Sonne auf.“

In der Tat konnten sie inzwischen deutliche Umrisse erkennen. Das fremde Schiff hatte sie, wie auch immer, die ganze Zeit über gesehen und nur darauf gewartet, nahe genug heranzukommen, um es mit ihren Feuerkugeln erreichen zu können. Da das Segel nicht mehr zu gebrauchen war, mussten sie die Ruder zu Hilfe nehmen. Jetzt lag vor ihnen eine große Bucht mit weißem Sandstrand. Felsenriffe und Klippen, die weit ins Meer hineinreichten, verhinderten jedoch, dass ein großes Schiff anlegen konnte. Ihr kleiner Segler würde es, mit etwas Glück und der Hand eines erfahrenen Steuermannes schaffen, sich zwischen den Felsen und Riffen hindurchzuschlängeln.

Rhiana übernahm das Steuer und manövrierte das Schiff mit traumwandlerischer Sicherheit zwischen Felsen und Klippen hindurch, die manchmal den Rumpf des Schiffes streiften. Mehrmals dachte Sheppard voller Schrecken, dass der Rumpf aufgerissen worden wäre, doch jedes Mal war das Glück auf ihrer Seite. Schließlich lagen die Riffe und Felsen hinter und der wunderschöne Strand vor ihnen. Ihr Verfolger konnte ihnen wie erwartet nicht folgen, doch schon wurden dort kleine Beiboote ausgesetzt. Somit hatten sie nur einen kleinen Vorsprung herausgeholt.

Sie verankerten die Seeschlange so dicht am Strand, wie möglich und sprangen ins Wasser. Jeder hatte sich schon einen Tragebeutel mit Lebensmitteln gepackt, um für den längeren Marsch bereit zu sein. Ein letzter Blick traf die Seeschlange. Hoffentlich sahen sie ihr Schiff wieder.

So schnell sie konnten, liefen sie über den weißen Sandstrand und verschwanden im angrenzenden Felsenwirrwar. Die Große Öde lag zum Glück hinter ihnen. Nachdem der Sturm sich verzogen hatte, war entlang der Küste zwar keine Wüste mehr zu sehen gewesen, dafür jedoch eine felsige und nicht weniger öde Landschaft. Riesige Felsblöcke und karger Boden säumten die Küste. Die Korsaren, sie hatten nun keinen Zweifel mehr, dass es welche waren, würden sie weiter verfolgen.

Kaum nahm das Felsenmeer sie auf, erreichten auch schon die drei Boote den Strand. In jedem saßen vier Korsaren, alle bis an die Zähne bewaffnet. Die Seeschlange war ihnen bereits als Beute sicher; die Gondorianer würden ihnen auch nicht entkommen. Sie zweifelten nicht daran, dass die sechs an der Küste entlang wandern würden. Daher war ihr Kapitän auf die Idee gekommen, von zwei Seiten die Verfolgung aufzunehmen. Mit den Besatzungen der Beiboote an Land, und mit der Feuerblitz weiter an der Küste entlang. Früher oder später liefen die Verfolgten ihnen in die Falle.

Mauhúr war wütend. Er hatte angenommen, es mit leichter Beute zu tun zu haben, doch sie hatten sich als ebenbürtige Gegner erwiesen. Trotzdem gedachte er nicht, sie durch seine Finger schlüpfen zu lassen.

Inzwischen eilten Faramir, Teyla, McKay, Haldir, Rhiana und Sheppard durch das Felsenmeer. Sie wussten nicht, wie weit es noch war. Das vor ihnen liegende Gelände war sehr unübersichtlich, dazu kamen noch die Verfolger. Zu weit vom Meer durften sie sich auch nicht entfernen, da sonst die Gefahr bestand, sich in dem Felsengewirr zu verirren. Außerdem hatte das Aure der Legende nach direkt am Strand gestanden. Das wussten aber bestimmt auch ihre Verfolger, und würden dort ganz sicher auf sie warten. Falls die Legende stimmte, mussten die großen Elbenfiguren nicht zu übersehen sein. Es sei denn, auch sie wären zerstört worden.

Der Weg, den sie gehen mussten, entpuppte sich als schwierigeres Gelände als gedacht. Es war im Grunde genommen kein richtiger Weg. Immer wieder hörte der schmale Pfad einfach auf und sie mussten über Steingeröll und Felsbrocken klettern, bis sie wieder so etwas wie einen begehbaren Pfad fanden. An manchen Stellen waren die Felsen haushoch, an anderen Stellen leicht überschaubar. Immer wieder kletterten sie auf einen hohen Felsen und hielten Ausschau nach ihren Verfolgern und dem Meer, um sich nicht zu verirren. Doch ihre Verfolger hatten mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen, so dass sie keinen zu Gesicht bekamen. Die sie verfolgende Galeere sahen sie nicht.

McKay hatte es am schwersten. Sheppard machte sich Sorgen seinetwegen. Er hoffte, dass Rodney durchhielt. Wenn er geahnt hätte, wie schwierig diese Mission werden würde, hätte er ihn nicht mitgenommen. Doch McKay war so scharf auf die Energiequelle gewesen, dass nichts ihn davon abgehalten hätte mitzukommen. So hoffte er, dass sich die Mühe auch lohnen würde, und sie am Ende das Ding auch fanden.

Er befahl öfters eine Ruhepause, um McKay Gelegenheit zu geben sich zu erholen. Längst hatte Rodney es aufgegeben, sich zu beschweren. Stattdessen verwendete er seine ganze Kraft darauf durchzuhalten .

Auch Faramir hatte bemerkt, dass Rodney Schwierigkeiten hatte mitzuhalten. Die Frauen dagegen zeigte für ihn ungewohnte Stärke, und hielten lässig mit ihm, Haldir und John mit. Als sie wieder einmal auf einem hohen Felsen hockten und Ausschau hielten, sahen sie weit draußen auf dem Meer das Segel des Korsarenschiffes, welches entlang der Küste in Richtung Süden segelte. Obwohl sie damit gerechnet hatten, entmutigte es sie etwas.

Am Abend des vierten Tages waren sie so müde und ausgelaugt, dass sie sogar auf eine Wache verzichteten, was natürlich großer Leichtsinn war. Doch da sie zwischen den Felsen so etwas wie eine Höhle fanden, in der sie sich verkriechen konnten, riskierten sie es einfach. Außerdem nahmen sie an, dass ihre Verfolger genauso geschafft wie sie waren.

Gegen Mittag des fünften Tages fanden sie, was sie suchten. Der Anblick ließ sie sofort alle Müdigkeit vergessen. Selbst McKay sammelte seine letzte Kraft und raffte sich nochmals auf.

Vor ihnen, direkt am Wasser, standen zwei große Statuen. Sie waren mindestens dreißig Meter hoch und stellten einen Mann und eine Frau dar. Es waren Finwe, der erste König der Noldor-Elben und seine erste Frau Miriel, die Eltern des großen Feanors, des Schöpfers des Aure und des Silmaril.

„Unglaublich!“, rief Faramir aus. „Die Figuren sind da! Vielleicht enthält die Sage dann doch ein Tröpfchen Wahrheit.“

„Vielleicht sogar mehr als ein Tröpfchen“, Rhiana zog die Karte hervor, die den genauen Standort des Aure anzeigte. Direkt am Wasser musste sie gestanden haben. Natürlich war nach dieser langen Zeit nichts mehr von ihr zu sehen, doch da die Figuren noch existierten, musste auch das Aure irgendwo sein.

Doch erst einmal mussten sie sich ausruhen. McKay sank in den warmen Sand, entschlossen keinen Schritt mehr zu tun, und war schon Augenblicke später vor Erschöpfung eingeschlafen. Die anderen ließen ihn ruhen. Sie waren genug, um Wache zu halten.

„Dein Freund scheint kein Krieger zu sein“, meinte Faramir.

„Nein, das ist er nicht. Er ist ein Mann der Wissenschaft. Ich bin ein Krieger, Rhiana und Teyla ebenso. Unsere Aufgabe ist es, Männer wie McKay zu beschützen. Diese Mission geht über seine Kräfte. Ich mache mir Sorgen um ihn.“

„Ich werde ebenfalls auf ihn aufpassen, denn ich habe Verständnis dafür, dass ein Mann sich auch für die schönen Künste interessiert.“

John war Faramir sehr dankbar für diese Worte. Zusammen mit dem Gondorianer stieg er auf einen Felsen, um mehr Übersicht zu gewinnen. Teyla, Haldir und Rhiana blieben am Strand, um über McKay zu wachen. Von ihren Verfolgern war nichts zu sehen, auch nicht auf dem Wasser, und so wagten sie es, ein kleines rauchloses Feuer anzuzünden, um ein warmes Essen aus ihren letzten Vorräten zu kochen. Teyla fing sogar mit einem improvisierten Speer ein paar Fische.

Wäre nicht die Gefahr mit den Korsaren gewesen, hätte das alles sogar ein gemütliches Picknick werden können. Am späten Abend war das Essen fertig und sie weckten McKay.

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Kapitel 13 by Selana
13. Der Kampf mit dem Nazgûl

Boromir und seine Ritter brachen in aller Frühe auf. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie an den Ausläufern des Emyn Arnen entlang zur alten Harad-Straße ritten. Seit Ithilien von den Bewohnern verlassen worden war, wurde diese kaum noch benutzt. Entsprechend verwahrlost sah die Straße auch aus. Sie war schmutzig und überall gab es unterschiedlich große Löcher. Die Pferde konnten leicht stürzen und sich dabei die Beine brechen, weshalb sie langsamer als gehofft vorankamen. Neben der Straße zu reiten war auch nicht besser, denn da war das Gelände noch unwegsamer. Zudem waren Wolken aufgezogen. Ein heftiger Wind blies ihnen ins Gesicht und sie mussten ihre Mäntel oder die Umhänge fest um die Körper schließen. Und so, als wäre das noch nicht genug, fing es auch noch an zu regnen.

Davon ließen sie sich jedoch nicht aufhalten. An der Spitze seiner fünfzig Mann starken Truppe ritt Boromir auf Macar Richtung Süden. Das Schattengebirge, die Grenze zu Mordor, lag linker Hand und manch banger Blick wanderte hinauf zu den hohen Gipfeln der Berge, wo unzählige Schrecken hausten. Auch Boromir warf immer wieder einen Blick hinüber und ermahnte seine Ritter zu äußerster Wachsamkeit. Es war immer möglich, dass sie auf eine Meute Orks trafen, die vom Schattengebirge herunterkamen, um auf Beutejagd zu gehen.

Bis zur Poros-Brücke würden sie Tage benötigen, denn es waren über 140 Kilometer. So ritten sie den ganzen Tag, ohne ein Anzeichen von Bedrohung zu sehen oder zu hören. Als die Nacht hereinbrach, mussten sie den Pferden Ruhe gönnen und schlugen deshalb ein Lager auf. So nahe am Feind wagten sie es jedoch nicht, Feuer anzuzünden und vermieden auch jeden unnötigen Laut. Sie stellten mehrere Wachposten auf, die nach drei Stunden abgelöst wurden, damit niemand in der Wachsamkeit wegen Müdigkeit nachließ.

Am anderen Morgen ging es nach einem kargen Mahl sehr früh weiter. Zum Glück war das Wetter besser geworden und es regnete nicht mehr. Hin und wieder lugte sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor und spendete etwas Wärme.

Gegen Mittag horchte Boromir auf. Wie üblich ritt er an der Spitze. Er glaubte, ein fremdartiges Geräusch gehört zu haben. Sein Blick fiel auf Macar, der die Ohren zu spitzen begann und leicht unruhig wurde. Daraufhin hob Boromir die Arme und befahl der Truppe anzuhalten.

„Was ist, Boromir?“, fragte Ronon, der zu ihm aufgeschlossen hatte.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Boromir und sah sich argwöhnisch um. „Ich glaubte, ein Geräusch zu hören, und auch Macar ist unruhig.“

Die Pferde der anderen begannen nun ebenfalls unruhig zu werden, und einige fingen an zu tänzeln und zwei versuchten sogar ihre Reiter abzuwerfen. Daraufhin lauschten alle angestrengt.

Aus weiter Ferne war nun ein unheimlicher Schrei zu hören. Ein Ruf, so beängstigend, dass die sonst furchtlosen Ritter sich beklommene Blicke zuwarfen. Da hörten sie einen weiteren Schrei, näher als vorher.

„Nazgúl!“, rief Boromir, der das Geräusch erkannt hatte. Er hatte die unheimlichen Ringgeister und ihre Flugtiere, riesige fliegende Schlangen mit Krallen an den Füßen und Flügeln wie Fledermäuse, schon mehrmals gesehen und auch gehört. Bisher allerdings nur aus weiter Entfernung. Jedes Mal war es ihm kalt den Rücken hinuntergelaufen und er war der Kreatur lieber ausgewichen. Der Atem der Bestien war zudem giftig. Wer ihn einatmete, starb meistens kurz darauf einen qualvollen Tod. Die Flugtiere waren uralt. Älter noch als die Drachen, von denen zum Glück die meisten tot waren.

Die Ausläufer des Emyn Arnen lagen gerade hinter ihnen. Vor ihnen breiteten sich die Ebenen von Süd-Ithilien aus, linker Hand begleiteten sie die Ausläufer des Schattengebirges. Deshalb konnten sie nun auch neben dem Weg reiten und waren etwas schneller vorangekommen. Auf der Ebene wuchs kein Baum, zumindest nicht in ihrer Nähe, unter dem sie sich verstecken konnten. Für eine Gruppe von fünfzig Reitern wäre zudem ein ganzer Wald nötig gewesen. Vor ihnen schob sich ein Ausläufer des Schattengebirges tief in die Ebene hinein.

„Zu dem Berg!“, rief Boromir. „Vielleicht können wir uns dort verstecken.“

Es war ungefähr ein halber Kilometer bis zu dem Berg. Mit etwas Glück konnten sie es schaffen. Ein weiterer Schrei ertönte, ganz nahe diesmal.

Ein wilder Ritt begann.

Ronon warf einen Blick hinauf. Der erste Gipfel lag etwa einhundert Meter über ihnen. Dahinter ging es weiter nach oben. Doch über diesem ersten Gipfel tauchte nun der hässliche Schlangenkopf des Flugtieres des Nazgúl auf. Dicht hinter dem langen Hals saß die dunkle, schwarz vermummte Gestalt des Reiters.

Ein Nazgúl war ein Ringgeist. Halb Geist, halb Mensch, gefangen zwischen den Welten. Die Ringgeister waren einst große Könige der Menschen gewesen. Als Sauron die Ringe schmieden ließ, bekamen drei die Elben, sieben die Zwerge und neun die Menschen, doch die Menschen wurden von den Ringen beherrscht und korrumpiert. Zwar gab der Ring seinem Träger große Macht und verlieh ihm ein unnatürliches langes Leben, aber dafür verwandelten sich die Träger in diese unheimlichen Geistwesen, die nur Sauron als ihren Herrn anerkannten.

Durch das Wissen, das Ronon von den Atlantern bekommen hatte, ahnte er, dass die Ringgeister halb aufgestiegene Wesen waren. Gefangen zwischen den Dimensionen. Sheppard hatte ihm von so einem Wesen erzählt, das in der Heimatgalaxis des Colonels gelebt hatte. Sein Name war Anubis gewesen.

Ronons Pferd bäumte sich plötzlich vor Angst unter ihm auf, doch Ronon hatte damit gerechnet. Er hielt sich eisern fest und brachte den Hengst wieder unter seine Kontrolle. Das Pferd beruhigte sich schnell. Die Entschlossenheit seines Herrn schien auf das Pferd überzugreifen. Ronon war zum Kampf bereit. Der Nazgúl war jetzt direkt über ihm und schien es auf ihn abgesehen zu haben.

Sein Schwert würde ihm nicht viel nützen, deshalb ließ er es, wo es war, und holte seinen Bogen aus dem Köcher, der am Sattel des Pferdes befestigt war. Ein Pfeil war schnell aufgelegt und abgeschossen. Doch in der Hast hatte er schlecht gezielt und der Pfeil ging daneben. Jetzt schoss der Nazgúl auf ihn zu. Ronon trieb den Hengst an, und als sich das Flugwesen auf ihn herabstürzte, verfehlten die zuschnappenden Klauen ihn ganz knapp. Ronon sprach beruhigende Worte in das Ohr des Pferdes und trieb es an. Von dem Nazgúl verfolgt, ritt Ronon über die Ebene. Immer wieder schlug sein Pferd unverhofft Haken, so dass die Klauen des Flugtieres ihn immer wieder verfehlten. Jetzt ritt er wieder auf den Berg zu, wo die Ritter Gondors auf den Nazgúl warteten.

Die Ritter hatten den wagemutigen Ritt atemlos verfolgt, ohne gleich eingreifen zu können. Als Ronon wieder zurückkehrte, ritt Boromir an der Spitze der Truppe auf den Nazgúl zu, um ihm zu helfen. Sie hatten ihre Bogen gespannt und auch mancher Speer lag abwurfbereit in der Hand seines Besitzers. Sie bildeten eine weite Gasse, durch die Ronon reiten konnte. Der Nazgúl war dicht über ihn. Er flog in seinem Eifer, den Menschen endlich zu erwischen, genau in die Falle. Pfeile und Speere schossen auf das Flugwesen zu, und die meisten trafen auch ihr Ziel. Das Flugtier schrie vor Wut und Schmerz auf und warf seinen dunklen Reiter letztendlich ab. Jemand war auf die Idee gekommen Brandpfeile einzusetzen, und als mehrere davon den Ringgeist trafen und dieser Feuer fing, stieß dieser einen lauten durchdringenden Schrei aus und löste sich vor ihren Augen in Luft auf.

„Zauberei!“, riefen einige, obwohl ihnen bewusst war, dass sie einen untoten Geist nicht töten konnten. Sein Flugtier jedoch schon. Es war kein Geist sondern eine Züchtung Morgoths, des bösartigen und abtrünnigen Valar, dessen treuester Diener Sauron gewesen war.

Nachdem es seinen unheimlichen Reiter abgeworfen hatte, wollte es davonfliegen. Da es jedoch schwer verletzt war, bekam es keine richtige Höhe. Weitere Pfeile trafen es und schließlich stürzte es mit lauten Schreien zu Boden. Die Krieger Gondors gaben ihm den Rest, als es sich, um sich schlagend, auf dem Boden wälzte und dabei noch einige Unvorsichtige mit seinen Klauen traf. Als es seine letzten Zuckungen tat, stimmten die Ritter einen Siegesschrei an. Sie hatten einen der gefürchteten Ringgeister besiegt. Das war aber nur dem Wagemut Ronons zu verdanken gewesen, dessen Kampf mit dem Flügeltier sie sich nun bewundernd untereinander erzählten.

„Ronon! Bist du verletzt?“ Boromir kam zu ihm, als er schwer atmend sein Pferd anhielt.

„Nein, dank deinen tapferen Kriegern ging alles gut.“

„Was du da tatest, war kühn und mutig. Es wird in die Geschichte eingehen.“

Ronon winkte ab. „Es war weder kühn noch mutig, sondern geschah nur in Todesangst. Das Untier hatte es auf mich abgesehen.“

Boromir sah seine Ritter an. „Ist jemand verletzt worden?“

„Hathol und Telchar. Sie waren unvorsichtig, doch die Verletzungen sind nicht so schwer, dass sie nicht mehr reiten könnten. Ihre Wunden werden bereits versorgt.“

„Den Valar sei Dank“, sagte Boromir. „Wir hatten Glück, dass wir so viele, und es nur ein Nazgúl war. Wir sollten lieber weiterreiten. Vielleicht kommt der Ringgeist mit Verstärkung zurück.“

Unbehaglich sahen sich alle um. So schnell es die Pferde erlaubten, verließen sie den Ort des Geschehens. Einerseits waren sie stolz, einen Nazgúl besiegt zu haben, andererseits hatten sie Angst, dass der Entkommene mit Verstärkung zurückkehren könnte.

Bis zum Abend ritten sie schnell weiter. Zum Glück tauchte kein weiterer Nazgúl auf und auch keine Orks. Es schien, als hielte der Feind den Atem an, oder aber, als lauerte er irgendwo auf sie.

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Kapitel 14 by Selana
14. Die Belagerung

Faramirs Hand lag an Silme, seinem Schwert, Sternenschein in der Sprache der Menschen, geschmiedet von den besten Elbenschmieden und gefürchtet von seinen Feinden. Der Knauf am Griff besaß die Form einer Halbkugel und saß auf einem breiten Kreis aus Mithril-Silber. Das Heft war gerade mit schrägen Abschlüssen an beiden Seiten. In der Mitte befand sich eine Verzierung: ein Vogel mit ausgebreiteten Schwingen und zwei Köpfen. Silme war schon lange im Besitz ihrer Familie und Faramir hatte es im Alter von zwanzig Jahren von seinem Vater geschenkt bekommen. Die Klinge war glatt und ohne Verzierungen, doch im Kampf funkelte es wie tausend Sterne am Firmament. Daher kam auch sein Name. Allerdings bevorzugte Faramir einen Bogen, denn er war ein ausgezeichneter Schütze.

Es war der späte Morgen des nächsten Tages. Seit Stunden suchten sie den Strand und das Wasser ab, doch nirgends gab es auch nur eine Spur des Aures.

McKay hatte sich wieder etwas erholt und war schon wieder mit Feuer und Eifer dabei, das Artefakt zu suchen.

Sheppard blieb schließlich vor den Statuen stehen und sah hinauf. „Wie wunderschön sie sind“, meinte er bewundernd.

„Sie wurden von den besten Steinmetzen der Elben erschaffen“, erklärte Haldir ihm. John ging um Finwes Statue herum, fand aber auch hier nichts.

„Das habe ich mir gedacht“, sagte Faramir. „Selbst wenn es keine Legende ist, haben die Spuren der Zeit alles ausgelöscht. Wer weiß schon, wo das Aure sich befindet.“

„So leicht sind die Spuren der Antiker nicht auszulöschen“, sagte Rodney.

„Es war Melkor, der Gefallene. Nur ein Valar kann zerstören, was die Valar geschaffen haben“, meinte Faramir.

Haldir glaubte ein Geräusch zu hören und drehte sich um. Blitzschnell zog er seine Waffe heraus. Auch die anderen hatten sich umgedreht. Vom Strand her stürmten Männer auf sie zu, alle abenteuerlich bekleidet und mit Schwertern, Krummsäbeln, Messer und Äxten bewaffnet. Die Korsaren hatten den Strand erreicht.

Faramir ließ sein Schwert stecken und nahm stattdessen seinen Bogen zur Hand. Es war nicht sein Bogen, aber der beste, den er unterwegs hatte kaufen können. So streckte er sechs der Korsaren nieder, bevor der Rest sie erreichte.

Auch Haldir, John und Rhiana hatte ihre Bogen genommen und erledigten einige der Korsaren, bis der Rest heran waren. Dann zogen sie ihre Schwerter für den Nahkampf.

Teyla hatte gleich ihr Schwert gezogen und war schon in einen Zweikampf verwickelt. Rodney hatte sich zu einem Felsen zurückgezogen und wartete dort mit gezogenem Schwert und hoffte, dass keiner der Korsaren ihm zu nahe kam, denn einen Kampf mit dem Schwert würde er nicht überstehen.

Faramir sah jedoch zwei Korsaren im Rücken McKays auftauchen und lief los. Als der erste sein Schwert heruntersausen lies, wehrte Faramir es ab. Der Hieb hätte Rodneys Kopf gespalten. Faramir gab ihm einen Stoß und wehrte den zweiten Angreifer ab. Ein unerwarteter Hieb tötete den ersten Angreifer und auch den zweiten Gegner fiel Faramirs Schwert zum Opfer.

Sheppard streckte seinen ersten Gegner mit einem wohlgezielten Hieb nieder. Der zweite Korsar traf sein hoch erhobenes Schwert, und die Wucht des Hiebes ließ seinen ganzen Körper vibrieren. Der zweite Schlag war nicht weniger hart, doch der Korsar vernachlässigte seine Abwehr und John konnte ihn mit einem blitzschnellen Stich in die Brust töten. Der dritte Angreifer machte ihm mehr Mühe, und es kam zu einem ermüdenden Zweikampf, den er nur knapp für sich entscheiden konnte. Er tötete nicht gerne Menschen, doch die Korsaren ließen ihm keine andere Wahl, und die Betäubungspistole funktionierte hier nicht. Danach hatte er kurz Zeit sich umzusehen. Auch die Gefährten hatten ihre Gegner besiegt, und die Überlebenden suchten nun ihr Heil in der Flucht.

Rhiana stieß schwer atmend ihr Schwert in die Scheide zurück, doch dank ihres Kettenhemdes war sie weitgehend unverletzt. Bewundernd strich sie über die feinen Glieder, die so zerbrechlich aussahen, und doch so undurchdringlich waren.

Teyla strich sich über ihr etwas zersaustes Haar, war aber bis auf einen Kratzer am Arm ebenfalls unverletzt.

Auch Sheppard hatte nur zwei leichte Kratzer davongetragen. Faramir schien unverletzt zu sein. Er stand neben McKay, der mit rotem Gesicht am Boden saß.

John erschrak im ersten Moment, und lief zu Rodney, doch er schien nicht verletzt zu sein.

„Faramir hat mir das Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich jetzt tot.“

Sheppard blickte den Gondorianer dankbar an.

Faramir nickte. „Was machen wir jetzt? Wir können unsere Suche nach dem Aure nicht fortsetzen, solange die Korsaren da sind.“

Haldir erschien neben ihnen. Der Kampf hatte ihn von den anderen getrennt, aber auch er war nicht ernsthaft verletzt.

John dachte wie schon so oft an Ronon. Ob er noch lebte? Und wenn, würden sie ihn je wiedersehen? Wenn er schlau war, würde er versuchen sich zu den Elben durchzuschlagen oder in Minas Tirith auf sie warten.

In diesem Augenblick tauchten zwischen den Felsen weitere Verfolger auf. Sie waren nun eindeutig in der Überzahl.

„Da hinauf!“, rief Rhiana, die erkannt hatte, dass die dazugekommenen Korsaren ihnen den Fluchtweg in das Felsenmeer versperrten, während die übrigen den Weg auf das Meer hinaus oder am Strand entlang blockierten. Auch die großen Figuren boten ihnen keinen Schutz.

In ihrer Nähe stand eine große Anzahl Felsblöcke, die an einer Stelle leicht zu ersteigen waren, aber von ihnen auch gut verteidigt werden konnten. Allerdings lagen sie isoliert mitten auf dem Strand, sodass sie in der Falle saßen. Doch leider blieb ihnen keine andere Wahl, als so schnell wie möglich hinaufzuklettern, denn die Korsaren griffen sie nun von allen Seiten an. Oben standen sie etwa dreißig Meter über dem Boden. Von hier aus hatten sie einen guten Überblick über den Strand und auf das Meer hinaus.

Jetzt sahen sie auch das Korsarenschiff, dass eine Bucht weiter vor Anker gegangen war. Sie konnten gerade noch seine schwarzen Segel erkennen. Gut dreißig Meter waren es von ihrem Standort aus bis zum Wasser. Da waren aber die Korsaren und versperrten den Weg. Und bis zum Felsenmeer war es noch weiter. Sie würden es nie schaffen durchzubrechen. Sie konnten zwar die Felsen leicht verteidigen, aber sie kamen auch nicht weg. Nun war guter Rat teuer.

Die beiden Gruppen belagerten sich den ganzen Tag über. Hin und wieder schossen die Piraten mit Pfeilen auf sie, denen sie aber gut ausweichen konnten, da sie reichlich Deckung besaßen. Mehrmals versuchten die Freibeuter den Felsen zu erstürmen. Jedes Mal holten sie sich blutige Köpfe.

Als die Sonne unterging, zündeten die Korsaren rings um den Felsen große Feuer an, um zu verhindern, dass ihre Beute im Schutze der Dunkelheit fliehen konnte. Allerdings konnten die Piraten dadurch auch nicht ungesehen den Felsen erklettern.

Die Nacht über hielten immer zwei von ihnen Wache, sodass wenigsten die anderen etwas Schlaf bekamen. Am Morgen ging die Sonne strahlend auf, und es versprach ein warmer und schöner Tag zu werden. Das würde aber auch bedeuten, dass es kochend heiß auf ihrem Felsen wurde. Bald würde ihnen das Wasser knapp werden.

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Kapitel 15 by Selana
15. Die Fürsten von Dol Amroth

Gandalf und Silberfunke brauchten drei Tage, um die etwa zweihundert Kilometer zwischen Edoras und Dol Amroth zurückzulegen. Von Edoras aus ritten sie über einen nur wenig bekannten Bergpass: über die Ered Nimrais, die weißen Berge, die Rohan und Gondor trennten. Im Grunde war es nur ein schmaler Pfad und Gandalf musste mehrmals absteigen und Silberfunke am Zügel führen, um die Engpässe zu überwinden. Zum Glück hielt sich das schöne Wetter, mit dem sie in der Morgendämmerung aufgebrochen waren. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, sodass es im Laufe des Tages richtig heiß wurde. Am späten Nachmittag des ersten Tages ihrer Reise erreichten sie den Hügel Erech, dessen Tal Gandalf aber mied. Hier war das Reich der Totenmenschen von Dunharg, und Gandalf wollte ihre Ruhe nicht stören. Dies war nur Aragorn erlaubt.

So schnell Silberfunke ihn trug, umritten sie den Hügel und erreichten den Ausläufer der alten Weststraße. Sie waren nun in der Provinz Lamedon. Am nächsten Tag, noch immer bei strahlendem Sonnenschein, erreichten sie die Furt des Flusses Ciril, der weiter unten in den Ringló mündete.

Die Furt durchquerten sie jedoch nicht, sondern ritten am Wasser entlang, bis der Ciril in den Ringló floss. Die alte Weststraße hatten sie an der Furt verlassen und unwegsames Gelände erwartete sie nun. Nur wenige kleinere Dörfer lagen auf ihrem Weg, doch in keinem hielten sie sich lange auf. Das Wetter verschlechterte sich am Ende des zweiten Tages. Graue Wolken und ein starker Wind zogen vom weißen Gebirge heran, sodass Gandalf seinen grauen Mantel fest um sich schlang und die Kapuze hochzog.

Am späten Abend dieses Tages erreichten sie die Stadt Edhellond, eine Hafenstadt der Elben in früheren Zeiten. Von hier aus waren der Elbenfürst Amroth und viele andere Elben, die Mittelerde gen Westen verlassen wollten, mit ihrem Segelschiff bei einem Sturm in die See abgetrieben worden. Heute war Edhellond eine Stadt der Gondor-Menschen. So fand Gandalf für sich und Silberfunke ein bequemes und trockenes Nachtquartier, denn inzwischen hatte es angefangen zu nieseln.

Früh am Morgen brach Gandalf wieder auf. Das Wetter war immer noch schlecht, doch wenigsten hatte der Regen aufgehört. Gegen Mittag erreichten sie Dol Amroth: Stadt, Hafen und Zitadelle in der Bucht von Belfalas, benannt nach dem Elbenführer Amroth. Amroth war ein Sindarin-Elb, König von Lórien seit 3334 Zweites Zeitalter bis zu seinem Tod im Jahr 1980 Drittes Zeitalter. Er war der Sohn von Andir, dem Herrn von Lórien, der in der Schlacht von Dagorlad 3334 Zweites Zeitalter getötet worden war.

Amroth wollte die Waldelbin Nimrodel heiraten und mit ihr in den Westen ziehen. Auf dem Weg nach Dol Amroth wurden sie getrennt. Amroth wartete viele Wochen auf sie im Hafen von Edhellond, doch dann kam ein großer Sturm auf und sein Schiff wurde aus dem Hafen in die offene See hinausgetrieben. Beim Versuch an Land zu schwimmen, ertrank Amroth. Auch Nimrodel ward nie mehr in Mittelerde gesehen, von ihrem Schicksal weiß man nicht mehr, als dass sie sich wohl in den Ered Nimrais verirrt hat.

Ihre Abstammung leiten die Fürsten von Dol Amroth von der Elbin Mithrellas, einer Begleiterin Nimrodels und Gattin des Númenórers Imrazor ab. Das Banner der Schwanenritter von Dol Amroth ist blau mit einem Schiff und einem silbernen Schwan. Die Fürsten erhielten das Gebiet als Lehen von Gondor. Der heutige Herrscher war Imrahil, der Bruder von Finduilas, der Mutter von Boromir und Faramir.

Von früheren Besuchen her kannte sich Gandalf gut in der Stadt aus. Da er sich mit Aragorn auf der Festung treffen wollte, ritt er durch die Straßen der Stadt und hinauf zur Zitadelle. Auch in Dol Amroth war er bekannt und viele riefen seinen Namen und grüßten ihn. Die Nachricht, dass Mithrandir in der Stadt war, verbreitete sich rasch.

So kam es, dass Gandalf schon erwartet wurde, als er die Tore der Festung erreichte.

„Mithrandir, willkommen!“, begrüßte ihn der Hauptmann. Seine Bekleidung wies ihn als Ritter der persönlichen Leibgarde des Fürsten Imrahil aus. „Die Nachricht Eurer Ankunft eilt Euch voraus.“

Gandalf grüßte freundlich zurück und folgte der Leibgarde des Fürsten hinein in die Festung. Von der großen Mauer aus, die den Innenhof mit Brunnen umgab, konnte man einen herrlichen Blick auf die Umgebung werfen. Ähnlich wie Minas Tirith stand auch die Festung in großer Höhe. Erbaut auf einem Hügel besaß sie die Form einer Burg mit einem hohen Turm. Von Gandalfs Standort aus konnte man gut erkennen, dass die Befestigungsanlage mit der sie umgebenden Stadt auf einer Halbinsel lag. Blickte man ins Landesinnere, sah man eine kleine Bergkette. Das Gebiet der Fürsten von Dol Amroth wurde Belfalas genannt. Der östliche Teil des Gebietes hieß Dor-en-Ernil, das Land der Fürsten. Voraus aber blickte man über die große Bucht auf das Meer. Sie wurde die Große Bucht von Belfalas oder kurz die Große Bucht genannt.

Der Hauptmann hatte ihn kurz die Aussicht genießen lassen, doch dann drängte er auf den Aufbruch. Silberfunke wurde von einem Stallburschen weggebracht, während Gandalf dem Hauptmann in die Festung folgte. Zuerst kam ein langer Säulensaal, an dessen Ende sich ein großes zweiflügliges Tor aus edlen Hölzern befand. Die Wachposten davor öffneten die beiden Flügel und ließen sie eintreten. Sie betraten den großen Thronsaal: einen weiträumigen, an beiden Seiten mit großen Fenstern ausgestatteten Raum. Wie am Eingang wurde die große Decke von Säulen aus Marmor getragen. Der Boden war ebenfalls mit kostbaren und wunderbar ausgearbeiteten Marmorplatten in unterschiedlichen Farben ausgelegt. Mitten im Raum stand ein großer langer Eichentisch umgeben von Stühlen.

Gandalf erkannte Fürst Imrahil und seine Gemahlin Annael, ihre beiden Söhne Ringwil und Alfring sowie einige hochgestellte Persönlichkeiten des Hofes am Tisch sitzen. Ganz am Ende entdeckte er Aragorn.

Fürst Imrahil erhob sich bei Gandalfs Erscheinen, um seinen Gast zu begrüßen. „Es ist mir eine Ehre, Euch an meinem Hof zu begrüßen, Mithrandir. Es ist lange her, seit Ihr uns besucht habt.“

„Ihr erweist mir zu viel Ehre, mein Fürst“, erwiderte Gandalf höflich, und verbeugte sich vor dem Fürsten. Imrahil war ein großer und stattlicher Mann um die fünfzig, was für einen Menschen númenórischer Abstammung nicht sehr alt ist. Bei seinem Anblick musste Gandalf sofort an Boromir und Faramir denken. Die Ähnlichkeit mit den Brüdern war sehr groß. Der Fürst trug ein langes dunkelblaues Gewand aus edlen Stoffen mit langen Ärmeln und dem weißen Schwan auf der Brust. Sein Haar war dunkel und lang. Darin steckte, als Zeichen seiner Fürstenwürde, ein goldener Reif, an dem vorne ein großer Saphir in der Form eines Schwanes eingearbeitet worden war.

Annael, seine Frau, war das genaue Gegenstück zu ihm. Zierlich und schlank, mit blonden langen Haaren, die zu einer kunstvollen Frisur hochsteckt waren. Sie war im gleichen Alter wie ihr Gemahl und noch immer eine wunderschöne Frau. Der ältere Sohn Ringwil war ihr genaues männliches Ebenbild, während Alfring seinem Vater nachschlug.

Nachdem Gandalf alle begrüßt hatte, setzte er sich in den freien Stuhl neben Aragorn. Außer Gandalf und einigen Elben wusste noch niemand, dass er der letzte Nachkomme Isildurs war, und somit der rechtmäßige König von Gondor. Aragorn verleugnete immer noch sein Erbe. Er lebte lieber sein Leben als Waldläufer und Abenteurer.

Wie üblich trug er seine abgetragene Waldläuferbekleidung: seinen dunkelgrünen Mantel und die Schaftstiefel aus weichen Leder. Wer ihn nicht kannte, musste ihn für einen heruntergekommen Vagabunden halten.

Die Edelleute von Dol Amroth schien sein Aufzug aber nicht zu stören. Sie kannten Aragorn unter dem Namen Thorongil. Vor vielen Jahren hatte er den Menschen von Gondor im Kampf gegen die Korsaren geholfen. Auch in Rohan hatte er unter König Thengel gedient. Imrahil wusste das zwar, wunderte sich aber nicht. Thorongil war ein Dúnedain, ein Nachkomme langlebiger Menschen.

Erst als der Abend über Dol Amroth hereinbrach, kam eine passende Gelegenheit mit Aragorn alleine zu sprechen. Die Gesellschaft hatte sich aufgeteilt, und so fiel es nicht weiter auf, dass Gandalf und Aragorn sich alleine auf einen Balkon zurückzogen.



Flucht

Als der Abend heraufzog, saßen die Gefährten noch immer auf dem Felsen fest. Erbarmungslos schien die Sonne auf sie herunter. Das Wasser war fast aufgebraucht. Einen weiteren Tag konnten sie deshalb nicht mehr auf dem Felsen verbringen. Einige Male versuchten die Korsaren den Felsen zu erstürmen, doch jedes Mal wurden sie zurückgeschlagen.

„So kann es nicht weitergehen“, meinte Rhiana. „Wir müssen etwas unternehmen.“

„Und was schlägst du vor, Liebste?“

„Stürmen wir hinunter und stellen uns dem Kampf. Lieber in Ehren sterben als elendig zu verdursten“, entschied die Antikerin.

Faramir runzelte die Stirn und wischte sich den Schweiß ab. Noch immer war es heiß und der Durst wurde immer stärker. Sein Blick ruhte auf dem Korsarenschiff, das jetzt deutlich sichtbar auf dem Meer ankerte. „Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit.“

„Und welche?“, wollte der Colonel wissen.

Faramir warf einen Blick in den Himmel und sah die Sonne über dem Horizont versinken. Die letzten roten Strahlen übergossen das Meer. Unter anderen Umständen hätte er den prachtvollen Sonnenuntergang genossen. Doch noch etwas sah er: Dunkle Wolken zogen auf.

„Bald ist es dunkel. Dann könnten wir versuchen zum Strand zu schleichen.“

„Wie witzig!“, meinte McKay. „Ich glaube, die Hitze hat deinen Verstand getrübt, denn sonst würdest du dich an die vielen Feuer von letzter Nacht erinnern.“

„Natürlich erinnere ich mich daran“, antwortete Faramir ungerührt.

„Aber?“, fragend sah Sheppard ihn an. „Hast du eine Idee?“

„Für Abgesandte der Valar seid ihr recht begriffsstutzig. Wendet eure Augen seewärts und sagt mir, was ihr seht.“

Sheppard gab es auf, Faramir zu sagen, dass sie keine Abgesandten der Valar waren.

„Nun?“, fragte Faramir.

„Wir sehen das Wasser, das Schiff und Wolken. Was soll damit sein?“

„Wirklich, euch muss man mit der Nase darauf stoßen. Was seht ihr auf dem Schiff?“

„Sie reffen die Segel, denn Wind kommt auf. Die Wolken ziehen schnell“, antwortete Haldir an Sheppards Stelle.

„Und sie bringen Regen und hoffentlich Sturm mit sich. Ein Unwetter zieht auf. Ich bin zwar kein Seemann, aber ich wette, dass es in spätestens zwei Stunden regnet und stürmt. Ulmo schickt uns seine Hilfe. Macht euch bereit zum Kampf. Wenn der Sturm über uns hinwegzieht, werden wir kämpfen“, sprach Faramir.

Unten zündeten die Korsaren die Feuer an. Unaufhaltsam zog der Sturm heran, aber erst Stunden später wagten sie es. Faramir hatte richtig vermutet. Die Wolken brachten starken Wind mit sich, der sich nach kurzer Zeit in einen heftigen Orkan verwandelte. Mit dem Sturm kam der Regen. Der Himmel schien sämtliche Schleusen zu öffnen. Innerhalb eines Augenblicks waren sie bis auf die Haut durchnässt. Das störte sie jedoch nicht im geringsten, im Gegenteil, darauf hatten sie nur gewartet. Und das Regenwasser erlöste sie von ihrem Durst.

Zuerst stiegen die Atlanter und Haldir von dem Felsen herunter. Faramir folgte ihnen so schnell und so gewandt, wie er nur konnte. Die Felsen waren jetzt nass und glitschig. Am Boden mussten sie sich erst einmal orientieren. Wegen dem Regen und der Dunkelheit konnten sie gerade die Hand vor Augen sehen. Zum Glück waren es nur wenige Meter bis zum Wasser. Die Feuer waren längst erloschen, man konnte Freund nicht von Feind unterscheiden.

Natürlich ahnten die Korsaren, dass ihre Beute den Regen als Fluchtmöglichkeit benutzte, doch vermuteten sie, dass sie ihr Glück im Landesinneren versuchen wollten. Niemand kam auf die Idee, dass sie so verrückt waren und sich zum Meer hinunterschleichen wollten. Deshalb befahl der Kapitän seinen Korsaren, sich entlang des Felsenmeeres zu verteilen.

Der Sturm peitschte den Regen so heftig in Sheppards Gesicht, dass er Probleme hatte, auf den Beinen zu bleiben. Rhiana ging direkt vor ihm, doch er konnte sie kaum noch erkennen. Hinter ihm hörte er McKay keuchen. Dann folgten Teyla und Haldir, während Faramir das Schlusslicht bildete. Der Regen und der Wind wurden immer heftiger. Plötzlich warf John eine wahre Sturmflut zu Boden und drohte, ihn mit sich zu ziehen. Eine Hand packte ihn am Umhang und hielt ihn fest.

Da begriff er, dass es kein Regen war, sondern eine riesige Welle, die ihn fast ins Meer gespült hätte. Sie hatten das Wasser erreicht. Der Sturm heulte so laut, dass eine Verständigung unmöglich wurde. Eine Gestalt tauchte rechts von ihm auf und Sheppard erkannte McKay, der am ertrinken war. Schnell packte John zu und zog den halb bewusstlosen Wissenschaftler zu sich heran.

„Ganz ruhig! Das Schiff ist ganz in der Nähe“, schrie Sheppard in Rodneys Ohr. „Wir schwimmen hin.“

„Bist du verrückt?“, keuchte McKay und spuckte einen Schwall Wasser aus, den er geschluckt hatte. Sie mussten komplett den Verstand verloren haben.

„McKay hat recht“, sagte Faramir, dessen Kopf neben ihnen aus dem Wasser auftauchte.

„Was ist los? Es war doch deine Idee“, grinste John ihn an. „Willst du jetzt einen Rückzieher machen?“

„Selbstverständlich nicht, aber ich dachte auch nicht daran zu ertrinken.“

„Komm schon! Es sind nur wenige Meter“, John packte McKay noch fester und schwamm los.

Es waren wirklich nur wenige Meter, doch diese entpuppten sich als die reinste Hölle. Mehr als einmal drohte John unter zu gehen, doch er kämpfte sich immer wieder hoch und schwamm weiter. Er war krampfhaft bemüht, McKay ja nicht loszulassen. Alleine wäre der Wissenschafter schon längst ertrunken. Da wurde er von einer Welle gegen eine harte Wand geworfen. Er hatte die Bordwand des Korsarenschiffes erreicht.

Neben ihm tauchte der Kopf Rhianas aus dem Wasser auf. Sie packte ein Seil, das über Bord hing, und zog sich hoch. Sheppard ergriff mit einer Hand das Seil, mit der anderen hielt er immer noch McKay fest.

„Rodney! Los! Pack das Seil und zieh dich hoch. Ich kann dich nicht mehr halten“, schrie er.

Neben ihm tauchte nun Teyla auf. Sie half ihm. Zusammen schafften sie es McKay hochzuwuchten, wobei Rodney ihnen half, so gut er es konnte. Endlich war er oben und wurde von Rhiana vollends auf das Deck gezogen.

Teyla kletterte ihm nach, gefolgt von John.

Mit großer Anstrengung gelang es auch Faramir den untersten Teil des Seiles zu packen, um sich an der Bordwand hochzuziehen. Mit letzter Kraft schaffte er es, die Reling zu erklettern. Keuchend ließ er sich über die Brüstung fallen und blieb erst einmal liegen.

Die vier anderen lagen neben ihm, nicht weniger schwer atmend. „Wessen dumme Idee war es eigentlich, dass Schiff zu erobern?“, fragte Faramir außer Atem.

Der spöttisch Blick Rhianas erinnerte ihn, dass er das gewesen war.

„Ich hatte aber auch schon bessere Ideen“, murmelte er leise vor sich hin, was die anderen noch mehr zu amüsieren schien. Nur Rodney schaute ihn bitterböse an.

„Und was jetzt, Heermeister von Gondor?“, fragte Rhiana.

„Da wir nun schon an Bord sind, machen wir weiter wie vorgesehen. Doch wo ist Haldir?“ Doch niemand sah ihn. Hoffentlich war er nicht ertrunken.

Sie hatten keine Zeit darüber nachzudenken. Der Plan war, unbemerkt die Anker zu lösen und das Schiff abtreiben zu lassen. Der Sturm würde es weit ins Meer hinaustreiben. Langsam erhoben sie sich aus ihrer liegenden Stellung und spähten über einen Anbau, hinter dem sie in Deckung gegangen waren. Kein Mensch war zu sehen. Entweder waren alle unter Deck oder an Land. Die Korsaren hatten das Schiff sturmfest gemacht, indem sie auf jeder Seite einen Anker angebracht hatten, um ein Losreißen zu verhindern.

„Du nimmst den Anker an Backbord und ich den an Steuerbord“, sagte Sheppard zu Rhiana. „McKay und Faramir passen auf.“

Rhiana nickte und schlich an die Backbordseite des Schiffes. Dort war der zusätzliche Anker angebracht worden. Sie bemühte sich, ja kein Geräusch zu verursachen. Noch immer peitschte der Sturm von der See aus über das Land. Dabei wurde das Schiff von Wellen getroffen und von einer Seite zur anderen geschleudert. Rhiana hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben.

Sheppard ging es auf der anderen Seite des Schiffes genauso. Er war eben doch kein richtiger Seemann. Als er fast sein Ziel erreicht hatte, warf eine hohe Welle das Schiff zur Seite und schleuderte ihn beinahe mit über Bord. Im letzten Augenblick konnte er sich an einem Seil festhalten und zurück an Deck klettern.

„Das war knapp!“, dachte John, als er geschmeidig auf die Planken des Seglers zurücksprang. Vor ihm lag der Bug des Schiffes und knapp unter ihm das Seil, welches den Anker hielt. Doch es so dick wie sein Oberarm. Um es durchzuschneiden, brauchte er sein Schwert. Also zog er es vorsichtig aus der Scheide und beugte sich nach unten. Mit dem Schwert konnte er den oberen Teil des Seiles erreichen. Sogleich machte er sich an die Arbeit.

Sheppard war so in seine Arbeit vertieft, dass er die Gefahr in seinem Rücken nicht bemerkte. Zwei Korsaren waren an Deck gekommen, um nachzuprüfen, ob die Seile hielten. Da sahen sie den Fremden, der sich am Seil des Ankers zu schaffen machte. Sie gaben einander Zeichen und schlichen sich im Rücken des Eindringlings an.

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Kapitel 16 by Selana
16. Das Aure

Wahrscheinlich hätten die Korsaren es sogar geschafft, Sheppard zu überraschen, wenn nicht eine weitere Welle einen der Korsaren getroffen hätte und ihn umwarf. Beim Versuch das Gleichgewicht zurückzubekommen, stieß der Korsar einen Eimer um.

Das klappernde Geräusch schreckte Sheppard auf. Er unterbrach seine Arbeit, die er fast beendet hatte, und fuhr herum. Seine Schnelligkeit rettete John. Das Krummschwert des ersten Korsaren, der nicht von der Welle umgeworfen worden war, schlug dicht neben ihm ein. Den zweiten Schlag parierte der Colonel mit einem blitzschnellen Aufwärtsschlag, der dem Korsaren das Schwert aus der Hand schlug. Mit einem Wutschrei stürzte dieser sich auf seinen Gegner, doch John machte einen Schritt zur Seite und stieß mit dem Schwert wie mit einem Dolch zu. Der Stoß traf den Koraren mitten ins Herz. Der Mann erstarrte und seine Augen wurden glasig. Sheppard zog sein Schwert zurück, um sich dem zweiten Gegner zuzuwenden.

Dieser hatte inzwischen seinen Sturz überwunden und wollte auf ihn zulaufen, doch da kam auch schon Faramir heran und rief ihm zu. „Schneid das Seil durch! Ich übernehme den hier!“

Sheppard ließ sich das nicht zweimal sagen und wandte sich wieder dem Ankerseil zu, während Faramir mit dem Korsaren kämpfte. Die Gondorianer machte einen Satz nach vorne und ließ den Korsaren durch die Finte ins Leere laufen. Die Gegner umkreisten sich spielerisch und belauerten sich, um die Schwachstelle des anderen zu finden.

Der Korsar machte einen Ausfallschritt und schwang sein Krummschwert auf ihn zu, doch Faramir konnte ihm leicht ausweichen und schlug seinerseits zu. Mit der stumpfen Seite traf er den Korsaren von hinten und der Schlag warf diesen nach vorne. Der Mann fing sich jedoch, machte seinerseits einen Ausfallschritt und schlug zu. Diesmal konnte Faramir nicht ausweichen und wurde von dem Schlag zu Boden geschleudert. Gewandt rollte er sich ab, kam sofort auf die Beine und schlug zurück, so schnell, dass der Korsar nicht mehr ausweichen konnte und zu Boden stürzte. Doch auch er war rasch wieder auf den Beinen.

So ging es eine ganze Weile hin und her. Keinem der Gegner glückte es, sich einen richtigen Vorteil zu verschaffen, um den anderen zu besiegen. Der Korsar war kein leichter Gegner, das hatte Faramir begriffen, und deshalb wandte er seine ganze Konzentration dem Kampf zu.

Als der Korsar eine Sekunde unaufmerksam war, nutzte der Gondorianer dies gnadenlos aus. Der Schlag kam von unten und überraschte den Korsaren so, dass er nicht mehr ausweichen konnte und zu Boden geschleudert wurde. Bevor der Mann es schaffte aufzustehen, war Faramir heran. Sein Schwert schoss herunter und tötete den Mann.

Der Kampf war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Mehrere Korsaren waren an Deck gestürmt. Als Faramir sich schwer atmend auf sein Schwert stützte und sich umsah, bemerkte er, dass John es geschafft hatte, das Ankerseil durchzuschneiden.

Faramir kam nicht dazu aufzuatmen, denn ein Pfeil schlug dicht neben seinem Kopf ein, und nur ein blitzschnelles Ducken verhinderte, dass der zweite Pfeil ihn traf.

Die Korsaren wurden immer zahlreicher. Teyla, Rhiana und auch McKay stürmten heran, um ihm im Kampf zu helfen. Da bemerkte Faramir, dass das Schiff abdriftete. Es hatte sich losgerissen und wurde vom Sturm aufs Meer hinaus gedrückt. Rhiana hatte ihre Arbeit also auch beendet.

„Zurück ins Wasser! Das Schiff wird abgetrieben“, rief Faramir den Freunden zu.

Diese hatten es auch bemerkt und hechteten ins Wasser. Faramir wartete nicht länger und sprang seinerseits auf das Schiffsgeländer und sprang hinunter. Tief tauchte er in das Wasser ein und schwamm in die Richtung, in der er das Ufer vermutete. Diesmal war es einfacher, denn die Strömung half ihm und riss ihn mit sich. Eine Welle warf ihn regelrecht auf den Strand. Schnell rappelte Faramir sich hoch und brachte sich vor der nächsten Woge in Sicherheit, sonst hätte ihn diese vielleicht wieder mit zurückgezogen.

Er blickte sich rasch um. Der Sturm war inzwischen weitergezogen und hatte etwas nachgelassen und man konnte sogar wieder etwas erkennen, weil es langsam Tag wurde. Das Schiff der Korsaren sank nicht weit entfernt. Nur noch die Mastspitzen waren zu sehen. Der Sturm hatte es nicht aufs Meer getrieben, sondern auf einen Felsen geschleudert und dessen rasiermesserscharfe Ecken und Kanten hatten ein großes Loch in den Rumpf gerissen. Das schnell einfließende Wasser zog es rasch nach unten.

Sie konnten ihr Glück nicht fassen, denn das hatten sie nicht erwartet.

Sheppard und Rhiana hatten McKay geholfen, an Land zu kommen. John sah sich nach den Korsaren um. Im Moment war keiner in der Nähe. Weiter unten sah er sie am Strand zusammenlaufen. Sie blickten zu ihrem Schiff und verfluchten ihr Unglück.

Teyla hatte es ohne Hilfe geschafft, an Land zu schwimmen.

„Kommt hierher! Auf den Felsen!“, das war Haldirs Stimme.

Sie blickten sich um und sahen den Elb weiter unten am Strand auftauchen und ihnen zuwinken. Schnell eilten sie zu ihm. Dort war kein Sandstrand sondern hohe Felsklippen, die bis ans Wasser reichten. Zwischen den Klippen sah John eine kleine Öffnung. Haldir winkte ihnen zu. Sie mussten schwimmen und tauchen, um durch den Eingang zu kommen und fanden sich in einer großen geräumigen Höhle wieder.

„Ich habe sie nur entdeckt, weil der Sturm und das Wasser mich mitrissen, sodass ich es nicht schaffte, an Bord des Schiffes zu kommen. Die Flut hat mich mitgerissen und in diese Höhle gespült. Normalerweise liegt der Eingang knapp unter der Wasseroberfläche. Die Korsaren werden den Eingang nicht entdecken, denn sobald der Sturm sich gelegt hat, liegt der Eingang wieder unter Wasser.“

„Wir hatten unwahrscheinliches Glück“, meinte Rhiana. „Das Schiff wurde nicht abgetrieben, sondern ist gesunken.“

„Dafür haben wir jetzt die überlebenden Korsaren am Hals“, gab Faramir zu bedenken.

„Wir warten einfach in der Höhle, bis sie abziehen“, schlug Rhiana vor.

„Was, wenn sie das nicht tun?“, fragte Sheppard.

Faramir sah sich in der Höhle um. Sie war sehr geräumig und ein Gang schien tief in das Innere des Felsens zu führen. „Vielleicht gibt einen zweiten Ausgang.“

Der Gang war gerade hoch genug, dass ein großer Mensch aufrecht gehen konnte. In der Breite konnten zwei nebeneinander laufen. Doch ihre Enttäuschung war riesig, als der Gang nach nur wenigen Metern in einer kleinen runden Kammer endete, die nichts enthielt.

„So, da wären wir also!“, meinte Sheppard.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Teyla.

„Ein Feuer!“, sagte Rhiana, die in ihrer nassen Kleidung zu frieren anfing. Auch den Männern und Teyla ging es nicht anders.

„Und mit was sollen wir ein Feuer anzünden?“, fragte Faramir. Feuerhölzer hatten sie, das war nicht das Problem, aber das Holz fehlte.

„Vorne, in der Höhle habe ich einen ganzen Holzstapel gesehen“, sagte Sheppard.

„Du scherzt, oder? Wer sollte Holz in diese Höhle schaffen?“, erkundigte sich Faramir. Er konnte sich nicht erinnern Holz gesehen zu haben.

„Woher soll ich das wissen? Es lag da.“

Sie gingen zurück. Und tatsächlich! Da lag ein ganzer Stapel, versteckt in einer Ecke der vorderen Höhle. Faramir hatte das Holz glatt übersehen. Und es musste schon lange da liegen, denn es sah alt und trocken aus.

„Aus welchem Grund bringt jemand hier Holz herein?“, wollte McKay wissen.

„Du vergisst ganz, weshalb wir hier sind. Das Aure!“, erinnerte Rhiana ihn. Sie war um das Holz herumgelaufen und entschied, nicht länger zu rätseln, wer es hierher getragen hatte. Dazu fror sie zu sehr.

„Du meinst, jemand, der wie wir das Aure gesucht hat, brachte das Holz herein?“

„Ja, das meine ich. Aber er hat wahrscheinlich auch nichts gefunden. Die Höhle ist eine Sackgasse. Doch wir können hier abwarten, bis die Korsaren abziehen. Vielleicht denken sie auch, dass wir beim Untergang des Schiffes ertrunken sind“, sagte Sheppard.

„Das wäre zu schön, um wahr zu sein“, meinte Rhiana.
Sie brachten das Holz zurück in die kleine Kammer, und bald brannte ein knisterndes Feuer, dass in dem kleinen Raum angenehme Wärme verbreitete. Sie sorgten dafür, dass das Feuer keinen Rauch entwickelte, damit der Qualm sie nicht verriet oder sie in der kleinen Kammer Gefahr liefen zu ersticken. Im Grunde wäre das nicht nötig gewesen, denn als Sheppard einmal kurz in die große Höhle zurückkehrte, sah er, dass der Sturm sich beruhigt hatte und der Höhleneingang nun ganz unter Wasser lag.

Sie beschlossen, im Schutze der Höhle und der Wärme des Feuers, etwas zu schlafen. Es bestand keine Gefahr, dass sie entdeckt wurden.

Sheppard und Rhiana legten sich nebeneinander an das Feuer und Sheppard hatte einen seltsamen Traum.

Er stand im Nebel, in einem Nichts. Doch schon nach kurzer Zeit erschien in weiter Ferne ein Feuerball, der immer größer wurde, bis er die Leere auszufüllen schien. War vorher alles grau in grau erschienen, war nun jeder Gegenstand in eine alles überstrahlende Lichterflut gehüllt. So grell, dass er die Augen schließen musste, und doch angenehm kühl. Gleichzeitig fühlte er die Anwesenheit anderer Wesen. Doch so sehr er sich auch bemühte, etwas zu erkennen, alles, was er wahrnehmen konnte, war die alles beherrschende Lichterfülle. Da erklang eine Stimme, so hell und rein, wie er es noch nie gehört hatte.

WANDERER UND SUCHER AUS FERNEN ZEITEN, HÖRET MEINE STIMME.
NUR WER REINEN HERZENS UND GLEICHEN BLUTES IST, WIRD DAS RÄTSEL LÖSEN:
DIE WELT WAR JUNG, DIE GIPFEL FREI.
ZU JENER ZEIT, DIE LÄNGST VERGANGEN.
MIT GOLD VERZIERT UND EDELSTEINEN.
TAUSEND LAMPEN AUS KRISTALL,
VERSTRÖMEN LICHT ALLÜBERALL.
EIN HELLERES FLIEßT NICHT IN DIE WELT.
VON SONNE, MOND UND STERNENZEIT.
NUR WER DIE WAHREN WORTE SPRICHT,
DES AURES NEUER HERRSCHER IST.

Die Stimme verstummte, und im gleichen Augenblick wich das Licht und Sheppard fuhr erschrocken hoch.

Er blickte sich um und sah sich am Feuer liegen, die Arme fest um Rhiana geschlungen. Sein Herz klopfte so heftig, dass er sich unwillkürlich an den Körper fasste. Alles war nur ein seltsamer Traum gewesen. Trotzdem konnte er sich an jede Einzelheit erinnern, und auch an jedes Wort, dass die Stimme gesagt hatte. Neben ihm erwachte Rhiana. Faramir fuhr ebenfalls hoch.

„Ich hatte einen seltsamen Traum“, fing Rhiana zögernd zu sprechen an. „Nebel war um mich, der sich in strahlendes Licht verwandelte. Und eine Stimme sprach zu mir. Sie gab mir ein Rätsel auf.“

Faramir sah sie ungläubig an. „Ich hatte den gleichen Traum.“

„Genau wie ich“, fügte Sheppard hinzu. „Ich fühlte noch die Anwesenheit anderer Wesen, ohne sie jedoch sehen zu können.

„Bei mir war es dasselbe. Dann hatten wir alle drei den gleichen Traum“, sagte Faramir.

„Wie können wir alle drei den gleichen Traum gehabt haben?“, meinte Rhiana bestürzt.

„Es war kein Traum sondern eine Vision“, stellte Faramir fest, und ein Lächeln überzog sein attraktives Gesicht. „Das ist es! Keiner konnte bisher den Edelstein finden, weil es immer Menschen oder Zwerge waren, die ihn suchten. Niemals aber Abgesandter der Valar wie ihr.“

„Wir sind keine Abgesandten der Valar“, sagte Sheppard.

„Ihr seid es“, widersprach Faramir. „Ihr seid Gesandte der Valar. Visionen sind auch mir nicht unbekannt, denn sie suchen mich oft in meinen Träumen heim. Meine Mutter besaß elbisches Blut, wenn auch nur zum geringen Teil. Doch vielleicht ist das ausreichend.“

Sheppard verstand nicht genau, was Faramir damit meinte, doch eines wusste er: „Wir müssen das Rätsel lösen. McKay wird schon etwas einfallen. Wie war das nochmals?“

„Natürlich“, murmelte McKay vor sich hin. „Ich kann schließlich zaubern. Aber auf der anderen Seite, nur ich bin mit meinem Genie in der Lage das Rätsel zu lösen. Also, packen wir es an.“

Sheppard seufzte und Rhiana wiederholte laut die Worte des Rätsels.

„Die Welt war jung, die Gipfel frei. Zu jener Zeit, die längst vergangen. Mit Gold verziert und Edelsteinen. Und tausend Lampen aus Kristall, verströmen Licht allüberall. Ein Helleres fließt nicht in die Welt, von Sonne, Mond und Sternenzeit. Nur wer die wahren Worte spricht, des Edelsteins neuer Herrscher ist.“

„Was soll das bedeuten?“ Faramir war noch nie ein Freund von Rätseln gewesen.

„Keine Ahnung“, meinte Sheppard.

Sie fingen an, über den Sinn des Denkspiels zu spekulieren und probierten vieles aus: die Worte nur aufzusagen, zuerst jeder einzeln, dann zusammen oder in willkürlicher Reihenfolge. Nichts passierte.

Sie wollten schon aufgeben, als Faramir plötzlich eine Eingebung hatte. „Nur wer die wahren Worte spricht! Das ist es! Sprechen wir es in Quenya. Meines ist nicht so gut, doch wie ist es bei euch?“

„Was ist Quenya?“, fragte Sheppard.

„Quenya ist die alte Sprache der Hochelben, die heute nur noch von den Fürsten und Herrschern, sowie den Weisen und Gelehrten gesprochen wird.“

„Sag ein paar Wörter“, verlangte Sheppard.

Faramir tat wie ihm geheißen.

„Das ist ja antikisch!“, rief Rodney verblüfft aus.

„Es ist auch meine Muttersprache“, sagte Rhiana.

„Ihr seht, ich sagte die Wahrheit. Ihr seid von den Valar gesandt.“

„Dann müssen diese komischen Valar die Antiker sein“, fügte McKay hinzu.

„Rhiana, die sprichst die Sprache am besten. Sag die Worte in antikisch“, meinte Sheppard.

Rhiana stellte sich mitten in den kleinen runden Raum und sprach:

In ambar nessa, is rassê lain.
An ta lúme, is anda vanwa.
Va malta lôte ar araondo.
Ar mene calma on bril,
etsir cala ilu orilu.
Minê calima va rimma la yass is ambar,
ho anar isil ar elen Lúmê.
Aiquen is anwa qetta qen,
i miril sinya cáno aen.

Kaum hatte Rhiana die Worte ausgesprochen, als sich ein Teil der gegenüberliegenden Wand zur Seite schob und einen großen Raum freigab. Dort stand auf einem weiteren Sockel ein strahlender Stern.

Faramir kam er zumindest wie ein Stern vor. Das Licht war so grell, dass er die Augen schließen musste.

„Das Aure!“

„Das kann ich kaum glauben“, sagte Faramir und trat neben die Atlanter. „Wir haben es tatsächlich gefunden.“

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Kapitel 17 by Selana
17. An den Furten des Poros

Inzwischen hatten Boromir und seine Ritter einen weiten Weg zurückgelegt und befanden sich in der Nähe der Poros-Furt, die vor einigen Jahren noch heiß umkämpft, jetzt aber ziemlich verlassen war. Sie hatten in der Nähe, bei einem Ausläufer des Schattengebirges, ihr Lager aufgeschlagen. Bis hierhin waren sie unbehelligt gekommen, doch Boromir hatte so seine Zweifel, ob niemand sie bemerkt hatte. Immer wieder hatte er den Eindruck, dass unsichtbare Augen sie beobachteten. Bisher hatten sie keine Spur von Faramir und seinen Entführern gefunden.

Nachdem das Lager aufgeschlagen war, ritten Boromir, Ronon und zwei der besten Ritter zu der Furt. Dort fanden sie zum ersten Mal einen Hinweis. Jemand war vor nicht allzu langer Zeit hier gewesen. Sie fanden Spuren von einem vierrädrigen Wagen von Ochsen gezogen und von Reitern. Doch auch andere Spuren, die bewiesen, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte.

„Das ist eindeutig Blut“, sagte Ronon, der am Boden kniete und sich alles genau besah. „Und diese vielen Fußspuren. Leute sind durcheinander gerannt. Sogar bis zu dem Hügel dort hinauf.“

Sie folgten der Spur und sahen, dass es auch auf dem Hügel zum Kampf gekommen sein musste. Dann entdeckten sie Spuren, die zum nahen Wald führten.

„Hier ist jemand ganz schnell gerannt“, sagte Ronon.

Boromir sah Ronon an. „Vielleicht ist Faramir ihnen entkommen.“

„Es waren mindestens drei Menschen. Ein Abdruck ist kleiner, was auf einen kleinen Mann oder eine Frau hindeutet.“

„Vielleicht haben sie Faramir geholfen“, meinte Boromir.

„Das ist ein frommer Wunsch. In Faramirs Interesse hoffe ich, dass es stimmt. Aber es können genauso gut die Spuren Menschen sein, die wir nicht kennen“, meinte Ronon. Wie sollte er auch ahnen, dass Sheppard und Rhiana dabei gewesen waren.

Boromir warf einen Blick in den Himmel. Dunkle Wolken zogen darüber. „Es wird bald dunkel. Wir sollten zum Lager zurückkehren. Vielleicht können wir morgen mehr herausbekommen, wenn wir den Spuren folgen.“

Sie ritten zurück und waren nicht mehr weit von ihrem Lager entfernt, als sie Geräusche hörten. Schnell versteckten sie sich mit ihren Pferden hinter einigen dicht beisammenstehenden Bäumen, als auch schon ein Trupp schwer bewaffneter Orks an ihnen vorbeizog. Ihr Ziel war eindeutig das kleine Tal, wo sich ihr Lager befand. Erst, als die Orks verschwunden waren, ritten sie aus ihrem Versteck.

Boromir sah seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. „Ich wusste doch, dass alles zu einfach ging“, meinte er.

„Wir müssen den Orks zuvorkommen und unsere Leute warnen“, sagte Torlas, einer der beiden Ritter, die ihn und Ronon begleiteten.

„Und wie?“, Ronon sah ihn an. „Die Orks sind auf jeden Fall vor uns im Lager.“

„Unsere Leute passen auf“, meinte Boromir. „Sie werden die Orks rechtzeitig bemerken und wir werden sie von hinten angreifen. Damit rechnen sie nicht.“

Sie folgten dem Orktrupp und holten sie bald ein, doch Ronon behielt recht. Es gab keine Gelegenheit, unbemerkt an den Orks vorbeizukommen. In kürzester Zeit lag das kleine Tal mit ihrem Lager vor ihnen. Auf Felsvorsprüngen hatten sie Wachposten aufgestellt. Und wenn diese ihre Pflicht taten, würden sie die Orks bemerken.

Die Orks jedoch waren schlauer. Sie sammelten sich in einiger Entfernung zu dem Tal. Sie schienen genau zu wissen, wo sich das Lager befand. Das bedeutete, dass man sie schon lange beobachtet hatte. Noch hatten die Wachposten die Gefahr nicht bemerkt.

Die Orks waren Meister im Anschleichen und heimtückischen Überfällen. Unter Umständen konnten sie es schaffen, die Wachposten auszuschalten, bevor diese das Lager warnen konnten. Das durfte Boromir nicht zulassen. Er holte sein Horn heraus, dass seit Generationen der älteste Sohn des Truchsesses von Gondor stets bei sich trug. Mit aller Kraft stieß er hinein. Laut schallte der Ruf des Horns über das Tal, zurückgeworfen von den Felsen, so laut, dass die Orks erschreckt auffuhren und ihre Vorsicht vergaßen.

Die Wachen oben auf den Felsvorsprüngen wurden zweifach alarmiert, zuerst als der Ruf des Horns erklang und dann, als die Orks aufsprangen. Der Warnruf der Wächter war weithin zu hören. Aber auch ohne diesen wären unten im Lager alle aufgeschreckt worden.

Sogleich griffen alle zu den Waffen und stürmten zum Talausgang. Sie glaubten ihren Feldmarschall in Gefahr, und sahen sich der Ork-Horde gegenüber. Doch die Ritter Gondors fassten sich schnell und griffen voller Kampfesmut an. Die Orks, ihre Zahl war ungefähr gleich hoch, wurden regelrecht überrannt.

Von hinten ritten Boromir, Ronon und ihre beiden Begleiter in vollem Galopp auf die Bande zu. Ihre Schwerter sausten wie ein Sturmwind von oben auf die Orks herab und fegten sie von den Beinen. Doch die Orks fassten sich schnell und wehrten sich mit aller Gewalt.

Diesmal würde es nicht ohne Verluste auf Seiten der Ritter enden. Einige der tapferen Krieger endeten unter der Axt oder dem Schwert eines Orks. Doch nach einiger Zeit offenbarte sich die Kampfüberlegenheit der Ritter und brachte ihnen den Sieg. Sie ließen keinen der Orks entkommen.

Boromir sammelte seine Streiter und blickte um sich. Einige seiner Krieger sah er am Boden liegen. Mancher regte sich schon wieder. Die Unverletzten und die Leichtverletzten gingen von einem zu anderen, um sie zu untersuchen.

Schließlich kam Ronon zu Boromir, der neben Macar stand, das Pferd am Zügel haltend und beruhigend seinen Kopf schmeichelnd. Das beruhigte nicht nur das Pferd sondern auch ihn.

„Verluste?“, fragte er.

„Zwanzig unserer Krieger sind verletzt. Drei so schwer, dass es nicht sicher ist, ob sie überleben werden. Acht sind im Kampf gefallen“, zählte Ronon schweren Herzens auf.

Boromirs Gesicht verdüsterte sich. Der Verlust eines jeden Kriegers schmerzte ihn, egal ob Edelmann oder einfacher Soldat. Sie alle kämpften für Gondor und somit für ganz Mittelerde. „Die Krieger bekommen ein ehrenvolles Begräbnis. Die Orks aber tragt nur zusammen. Sie sollen den wilden Tieren als Futter dienen. Mehr haben sie nicht verdient.“

Sogleich machten die Ritter sich an die unerfreuliche Aufgabe. Bevor sie weiterritten, wurden die Orks auf einem Haufen zusammengetragen und die gefallenen Freunde aufgebahrt und bei einer feierlichen Zeremonie, in aller Eile abgehalten, verbrannt.

An der Furt hielten sie und leuchteten mit Fackeln, um die entdeckten Spuren lesen zu können. Die erfahrenen Fährtenleser erkannten in den Spuren, dass die Haradrim nach dem Kampf umgekehrt und über die alte Handelsstraße zurückgegangen waren.

„Wieso das? Wenn sie die Straße zurückgehen, landen sie in Pelargir“, sagte einer der Ritter.

„Es existiert aber keine weitere Spur, die tiefer ins Land der Haradrim führt“, meinte Boromir. „Lasst uns also nach Pelargir reiten. Dass ist der einzige Hinweis, den wir haben. Sinnlos in der Gegend herumzuziehen, und weiteren Orks oder anderen Ungeheuern zu begegnen, macht keinen Sinn.“

Die Ritter waren erleichtert, endlich eine Spur des jungen Fürsten gefunden zu haben. Zumindest nahmen alle das an, und das diese sie nun wieder zurück in die Zivilisation führte. Pelargir war die wichtigste Hafenstadt von Gondor.

Ohne Pause ritten sie den Weg entlang. Die drei Schwerverletzten hatten sie auf primitive Tragen gelegt und zwischen zwei Pferde gebunden. So kamen sie natürlich langsamer voran. Als der Morgen des zweiten Tages graute, sahen sie die Hafenstadt vor sich liegen. Boromir atmete erleichtert auf. Endlich wieder ein Stück Heimat. Sie ritten in die Stadt hinein und erregten sofort Aufsehen.

Den Feldmarschall kannten die meisten, und denen, welche ihn noch nie gesehen hatten, wurde vom Nachbarn erzählt, wer er war. Ihr Weg führte sie zum Palast des Statthalters von Pelargir, der auf einem Hügel über der Stadt lag. Man schien sie zu erwarten, denn als sie sich dem Tor näherten, wurde es sofort geöffnet.

Der Hauptmann der Wachen kam ihnen mit einer Eskorte entgegen. Er verbeugte sich tief und sagte dann: „Willkommen, Feldmarschall. Es ist eine große Ehre, Euch als Gast zu empfangen.“

„Ich komme nicht, um mich feiern zu lassen, sondern weil ich Auskunft verlange“, sagte Boromir freundlich, aber bestimmt. „Doch zuerst brauche ich Hilfe“, er zeigte auf die drei Bahren. „Drei meiner tapferen Ritter wurden im Kampf gegen Orks schwer verletzt. Sie müssen versorgt werden.“

Der Hauptmann gab sofort Zeichen und die drei Ritter wurden fortgebracht. Noch lebten sie und Boromir hoffte, dass die Heiler von Pelargir sie retten konnten.

Boromir schwang sich von Macar. „Wo ist der Statthalter? Ich muss unverzüglich mit ihm sprechen. Und versorgt die Pferde gut. Sie haben es verdient.“

„Natürlich, Herr! Sofort! Stallburschen!“, rief der Hauptmann. Sogleich eilten ein paar junge Männer herbei und führten die Pferde der Ritter weg.

Boromir winkte Ronon zu. „Du begleitest mich. Ihr anderen ruht euch aus. Sicher hat der freundliche Hauptmann auch für euch Essen und Trinken übrig.“

„Selbstverständlich“, beeilte sich der Mann zu sagen. „Mein Knappe hier wird euch führen.“

Während der Knappe mit den Rittern wegging, folgten Ronon und Boromir dem Hauptmann und dessen Gefolge in den Palast hinein.

Zuerst überquerten sie einen mit hellem Marmor ausgelegten Innenhof, der vom Prunk alter Zeiten zeugte. Eine kleine Treppe führte zu einer schweren, mit Eisen beschlagenen Holztür. Die große Eingangshalle war dämmrig, die Wände mit kostbaren Kirschhölzern vertäfelt und eine wunderschöne geschnitzte Holztreppe schwang sich nach allen Seiten in die oberen Etagen. Sie gingen an ihr vorbei durch eine doppelflügelige, mit Bronze beschlagene und mit Gold und Silber reich verzierte Holztür. Hatten sie erwartet, jetzt eine dunkle Halle zu betreten, wurden sie enttäuscht.

Die beiden hatten den Eindruck, in einen Garten zu treten. Doch ein Blick nach oben zeigte ihnen eine hohe Decke mit vielen großen Fenstern, auf denen in allen Farben schillernde Abbildungen zu bewundern waren. An hohen Bögen, mit Efeu überrankt und an zahllosen großen Kübeln vorbei, die mit üppigen Blumen oder duftenden Kräutern gefüllt waren, ging es zum hinteren Teil des Saales, wo ein thronartiger Stuhl stand, aus dem sich nun ein prächtig gekleideter alter Mann mit langem silbernem Bart erhob und mit eiligen Schritten auf sie zukam.

Vor Boromir blieb er stehen und verbeugte sich kurz. „Feldmarschall, es ist mir eine große Ehre, Euch in meinen bescheidenen Räumen begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, der Anlass ist ein erfreulicher?“

„Nun, wie man es nimmt.“ Boromir sah Damrod, der von seinem Vater persönlich zum Statthalter von Pelargir ernannt worden war, an. „Ich bin auf der Suche nach meinem Bruder, Fürst Faramir. Er wurde von Südländern entführt. Die Spur der Entführter führt zurück in Eure Stadt.“

Damrod nickte. „Wir haben davon gehört und auch, dass der junge Fürst in Sicherheit ist. Zumindest hoffen wir das alle.“

„Was soll das heißen: Ihr hofft?“

„Euer Bruder kam mit Fremden in die Stadt. Sie haben mit dem Kapitän eines Handelsschiffes gesprochen und sind dann mit einem kleinen Boot in Richtung Süden davongesegelt.“

„Und Ihr habt ihn ziehen lassen?“, donnerte Boromir den armen Statthalter an, der erschrocken zurückwich.

„Herr! Leider konnte ich es nicht verhindern, denn er war schon davongesegelt, als man es mir berichtete. Und wie hätte ich es dem jungen Fürsten verbieten sollen?“

Boromir beruhigte sich sofort wieder. Natürlich hatte Damrod recht. „Ihr habt angemessen gehandelt, Statthalter. Verzeiht meinen rüden Ton, aber ich mache mir Sorgen um meinen Bruder. Erzählt mir alles, was Ihr wisst.“

„Gewiss doch“, erwiderte Damrod erleichtert. Er zeigte einladend auf einen reich gedeckten Tisch. „Setzt Euch doch bitte mit Eurem edlen Begleiter. Bei einem guten Essen lässt es sich leichter erzählen.“

Obwohl die beiden Männer nicht in der Stimmung waren, um jetzt ein großes Festgelage zu veranstalten, viele Freunde waren in den letzten Stunden gestorben, folgten Ronon und Boromir der Einladung Damrods und setzten sich an den Tisch. Dabei bemerkten sie, dass sie doch hungrig waren. Es waren viele Stunden vergangen seit ihrem letzten Mahl. Während sie anfingen zu essen, erzählte Damrod alles, was er erfahren hatte. Einerseits beruhigte es Boromir, andererseits schalt er seinen Bruder in Gedanken einen leichtsinnigen Narren. Wie konnte er sich nur in solch unnützes Abenteuer stürzen? Und ihrem Vater würde das wieder Grund geben, seine Meinung über Faramir bestätigt zu sehen.

Ronon jedoch lag etwas auf dem Herzen. Es war zwar nur eine geringe Chance, aber …!

„Damrod, Ihr sagtet, dass Faramir mit Fremden auftauchte. Ihr wisst nicht zufällig ihre Namen?“

„Nein, aber vielleicht mein Diener. Ich lasse ihn rufen“, er gab einem der umstehenden Diener ein Zeichen. „Hol mir Herus her.“

Herus erschien nur kurze Zeit später.

„Herus, kennst du die Namen der Fremden, die Fürst Faramir begleiteten?“

„Nur von dreien, Herr. Einer war ein Elb mit Namen Haldir, die beiden anderen waren Menschen. Eine Frau und ein Mann.“

Ronon horchte auf. „Ihre Namen?“

„John und Rhiana.“

Überrascht sprang Ronon auf, worauf Herus erschrocken einen Schritt zurückmachte.

„Bist du dir ganz sicher?“

„Ja, Herr!“

Ronon setzte sich wieder.

„Kennst du sie?“, fragte Boromir.

„Ja, es sind die Freunde, die ich suche.“

„Das ist ja ausgezeichnet“, meinte Boromir. „Dann musst du einfach mit mir auf ihre Rückkehr warten. Ihnen nachzusegeln wäre töricht.“

Dem stimmte Ronon zu. Er konnte es einfach nicht glauben, eine Spur von seinen Freunden gefunden zu haben. Daran hatte er schon fast nicht mehr geglaubt.

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Kapitel 18 by Selana
18. Erinnerung

Eine sanfte Brise wehte vom Meer herüber und spielte mit Aragorns langen Haaren, als Gandalf auf den Balkon trat. Aragorns Blick ging über das Meer, das in diesen Abendstunden verzaubert aussah. Der Vollmond stand am wolkenlosen, mit Sternen bedeckten Himmel und überzog das Wasser mit silbernen Strahlen, sodass es funkelte und glitzerte, wie wenn jemand Silberstreifen ins Wasser geworfen hätte.

Erst, als der Zauberer neben ihn trat, erwachte er wie aus einem Traum. Sofort straffte sich die Gestalt des hageren großen Mannes, und er blickte Gandalf aus seinen durchdringenden grauen Augen an. Sie waren schon lange Freunde und Gandalf ließ dem jüngeren Mann Zeit, sich zu fangen.

„Ich dachte gerade an den Abendstern“, erklärte Aragorn mit leiser Stimme.

Gandalf wusste natürlich, dass damit die Elbin Arwen, Tochter Elronds, des Herrn von Bruchtal und Trägers von Valya, einem der drei großen Elbenringe gemeint war. Die beiden waren unsterblich ineinander verliebt, doch noch war Elrond nicht bereit, seine Tochter an einen Sterblichen zu verlieren, selbst wenn es sich dabei um Isildurs Erben handelte. Elronds Bedingung war, dass Aragorn erst König von Gondor sein musste, bevor er um die Hand seiner Tochter anhalten konnte.

Verständnisvoll legte Gandalf seinen Hand auf Aragorns Schulter. „Du musst Geduld haben. Eines Tages kommt deine Zeit, und dann wird Arwen deine Frau sein.“

„Dazu müsste ich schon König sein“, widersprach Aragorn. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass die Fürsten von Gondor mein Recht anerkennen?“

„Du musst an dich selbst glauben, mein Freund“, erwiderte Gandalf. „Und wer weiß schon, was die Zukunft für dich und für ganz Mittelerde bereithält? Doch nun, sprich! Was hast du herausgefunden?“

„Ich habe eine Spur von Gollum gefunden. Er ist nach Mordor gegangen“, erklärte Aragorn.

„Mordor? Direkt in Saurons Machtbereich? Bist du sicher?“

„Ganz sicher. Er sucht den Einen Ring“, Aragorn zögerte einen Moment. „Bist du sicher, dass er den Einen Ring hatte?“

Gandalf zögerte keinen Moment mit der Antwort. „Er muss den Ring gehabt haben, denn sonst wäre er nie über fünfhundert Jahre alt geworden. Und er spricht dauernd von seinem Schatz.“

„Könnte es nicht auch ein anderer Ring der Macht gewesen sein?“

„Das ist natürlich auch möglich.“

Aragorn sah Gandalf prüfend an. „Aber du hast eine Vermutung, wo der Ring nun ist?“

Gandalf wich einen Schritt zurück. Sein Gesicht verdunkelte sich und er blickte Aragorn bedeutungsvoll an. „Du hast mich durchschaut. Doch es fehlt mir der letzte Beweis.“

„Und wo bekommst du den Beweis her?“

„Vielleicht finde ich ihn in den Bibliotheken von Minas Tirith. Doch die sind so umfangreich, dass es ein Menschenleben dauert, sie alle zu durchforsten. Dazu kommt, dass ich für jeden Besuch die Erlaubnis des Truchsesses brauche. Und der ist mir nicht gerade wohlgesonnen, besonders nach meinem letzten Besuch. Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, er weiß, wer du bist.“

„Ich habe unter seinem Vater gedient. Denethor war damals noch ein Kind“, meinte Aragorn. „Wie sollte er ahnen, wer ich bin?“

„Denethor mag ein anmaßender und voreingenommener Mann sein, aber er ist nicht dumm. Unterschätze ihn nicht.“

„Jetzt verstehe ich, warum du dich mit seinen Söhnen angefreundet hast.“

„Nur mit dem jüngeren der Söhne. Boromir, der Ältere ist seinem Vater zu sehr ähnlich, um richtig zu verstehen, was es mit dem Ring auf sich hat. Er würde ihn einsetzen wollen, zwar mit guten Vorsätzen, aber der Ring würde ihn korrumpieren. Und damit würden wir Sauron direkt in die Hände spielen. Faramir dagegen würde ich den Ring blind anvertrauen. Er würde ihn nie einsetzen wollen.“

Aragorn lächelte. „Du scheinst ihn wirklich zu mögen.“

„Ja, das tue ich. Und du wirst Faramir auch mögen, wenn du ihn kennen lernst. Und das wirst du, denn eines Tages wird dich dein Weg nach Minas Tirith führen. Es ist im Grunde deine Stadt.“

„Wenn du es sagst! Doch nun, was schlägst du vor?“

„Du kannst dich unmöglich nach Mordor wagen. Die Waldläufer Ithiliens sind meine Freunde. Ich werde ihnen eine Nachricht senden, dass sie die Augen aufhalten und mich benachrichtigen sollen, wenn ihnen eine Kreatur wie Gollum unter die Augen kommt. Dein Auftrag ist damit vorerst erledigt. Ich danke dir“, sagte Gandalf.

„Nun gut, doch wenn es nötig werden sollte, werde ich auch nach Mordor gehen. Jetzt sollten wir aber in die Halle zurückgehen. Ich glaube Fürst Imrahil hat noch eine kleine Überraschung für dich. Als er es mir zeigte, war ich überwältigt. Das hat aber nichts mit dem Ring zu tun. Folge mir.“

Sie verließen den Balkon und Aragorn sah sich nach Imrahil um. Der Fürst stand etwas abseits und sprach mit einem seiner Söhne. Als er die beiden Freunde auf sich zukommen sah, unterbrach er sein Gespräch und kam mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu. „Wie ich sehe, ist eure geheime Unterhaltung zu Ende.“

„Wir haben keine Geheimnisse vor Euch, mein Fürst“, sagte Aragorn.

Imrahil winkte huldvoll ab. „Die hat doch jeder, meine guten Freunde. Folgt mir!“

Gandalf sah dem Fürsten einen Augenblick erstaunt hinterher und blickte dann Aragorn an. Der Waldläufer zuckte mit den Schultern und verkniff sich ein Lächeln. Ohne etwas zu sagen, folgte er dem Fürsten, und so schloss sich Gandalf ihnen an.

Der Fürst führte sie zu einer Treppe, die tief hinab in die Gewölbe der Festung führte. Die kunstvoll verhängten oder verzierten Wände wichen nach und nach den leeren und kahlen Mauern der unterirdischen Gewölbe. Sie mussten inzwischen den Bereich des Palastes verlassen haben. Gandalf begann sich immer mehr zu wundern. Schließlich blieb die Leibwache Imrahils vor einer kleinen Tür stehen. Die Wände ringsum waren beschädigt, so, als hätte man mit einem großen Hammer darauf geschlagen.

„Wir wollten die Gewölbe erweitern“, erklärte Imrahil, als könne er Gandalfs Gedanken erraten. „Wir stießen dabei auf diese Tür. Sie war zugemauert.“

Einer der Wächter öffnete die alte eisenbeschlagene Holztür, die knarrend aufging. Der Anfang einer schmalen Treppe, die im Dunkeln verschwand, war zu sehen. Die sie begleitenden Ritter zündeten Fackeln an und leuchteten die Treppe hinunter.

„Vorsichtig, die Herren“, sagte einer. „Die Treppe ist feucht und schlüpfrig.“

Die Wächter gingen voran und zündeten unten eine Fackel nach der anderen an. Licht breitete sich aus, und als Gandalf, Imrahil und Aragorn unten ankamen, war der Raum fast taghell erleuchtet.

Wie vom Schlag getroffen blieb Gandalf stehen. Er drehte sich im Kreis, um sich ja keine Einzelheit entgehen zu lassen. Der mächtige Raum war über und über, sogar an der gewölbten Decke, mit kunstvollen Gemälden bemalt. Das Licht der Fackeln erzeugte Schatten auf den Bildern, sodass es aussah, als würden die abgebildeten Menschen, Elben und Tiere leben.

„Wenn man sie in der richtigen Reihenfolge ansieht, erzählen sie eine Geschichte“, erklärte Imrahil. „Der Auszug der Elben aus Valinor.“

Gandalf ließ sich von Imrahil alles zeigen und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Schöpfer der Gemälde musste einer der größten Künstler seiner Zeit gewesen sein.

„Das ist aus der Zeit, als noch die Elben in Dol Amroth lebten“, erklärte Imrahil. „Leider kann man nirgends den Namen des Künstlers erkennen. „Und seht!“, der Fürst zeigte auf einen Steinsockel mitten im Raum. „Das Wichtigste habt Ihr noch gar nicht gesehen.“

Imrahil ging hinüber zu dem Sockel, auf dem ein runder Gegenstand unter einem weißen Tuch ruhte. Er zog das Tuch weg. Auf dem Sockel stand ein kleiner runder Gegenstand, vollkommen glatt und aus einem sehr schweren und unzerbrechlichen Kristall gefertigt.

„Ein Palantír! Deckt ihn wieder zu, mein Fürst“, verlangte Gandalf. „Seht auf keinen Fall hinein. Sauron könnte Macht über Euch gewinnen.“

„Ich gedenke nicht, ihn zu benutzen“, beruhigte ihn Imrahil. „Ich möchte ihn Euch schenken.“

„Nein!“, abwehrend hob Gandalf die Hände. „Verwahrt ihn gut. Vielleicht komme ich eines Tages darauf zurück. Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir das noch zu gefährlich.“

„Ich werde gut auf ihn aufpassen“, versprach Imrahil.

Danach kehrten sie zurück in den Thronsaal. Gandalf musste Aragorn alles erzählen, was dieser die letzten Wochen und Monate erlebt hatte. Aragorn hörte aufmerksam zu und meinte schließlich: „Die Macht Saurons wächst, Gandalf. Nicht mehr lange, und wir werden etwas unternehmen müssen.“

„Sobald ich den endgültigen Beweis habe, dass der Ring von Frodo der Eine ist, werde ich durch Elrond einen Rat einberufen. Jemand muss den Ring dann vernichten. Und das kann nur in den Feuern des Schicksalsberges geschehen.“

„Das könnte ich dann machen“, schlug Aragorn vor.

Gandalf sah ihn grüblerisch an. „Du wirst für eine andere Aufgabe gebraucht“, widersprach Gandalf. „Die bist Isildurs Erbe und musst die Völker Gondors, ja sogar die von ganz Mittelerde vereinen. Glaube an dich, Aragorn. Dann werden sie dir auch folgen. Eines Tages wirst du der neue König von Gondor sein.“

Aragorn war davon nicht so überzeugt, doch für heute ließ er es dabei bewenden. Gandalf und Aragorn beschlossen noch einige Zeit die Gastfreundschaft von Fürst Imrahil anzunehmen. Beide konnten sie eine längere Ruhepause gebrauchen. Außerdem hoffte Gandalf, in der Zwischenzeit etwas über den Verbleib von Faramir zu erfahren.

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Kapitel 19 by Selana
19. Der Palantir

Gandalf erwachte mitten in der Nacht. Er lag in dem Bett des gemütlich eingerichteten Zimmers, dass Fürst Imrahil ihm zur Verfügung gestellt hatte. Nur das schwache Licht der fernen Sterne war zu erkennen. Die bunten Vorhänge bauschten sich im leichten Wind, der vom Meer herüber wehte.

Was hatte ihn geweckt? Niemand schien sich im Zimmer aufzuhalten, denn das hätte Gandalf gespürt. Auch sonst gab es im Moment keinen Grund zur Besorgung, doch da war das unbestimmte Gefühl einer drohenden Gefahr.

Er schlug die leichte Bettdecke zur Seite und trat an das weit geöffnete Fenster. Von hier aus hatte er einen wunderbaren Blick über die Bucht. Die Sichel des Halbmondes war gerade im Begriff am Horizont unterzugehen. Keine Wolke zog über den Himmel. Hell strahlten die unzähligen Sterne, seine eigentliche Heimat, zwischen denen er vor vielen Jahren gelebt hatte. Und eines Tages würde er auch dort wieder leben. Doch das würde keiner auf diesem Planeten mehr verstehen können, denn die Menschen hatten das Wissen ihrer Vorväter vergessen.

Lange stand Gandalf reglos am Fenster. Plötzlich kam Bewegung in seine Gestalt. Wie unter Zwang warf er seinen Mantel über die Unterbekleidung, um dann eilig sein Gemach zu verlassen. Sein Weg führte ihn in die Tiefe, in die untersten Räume der Festung.

Erst, als er das Tuch von dem Palantir wegzog, wurde ihm bewusst, wo er war. Wie von einer Tarantel gestochen fuhr seine ausgestreckte Hand zurück. Was tat er denn da? Hatte er nicht erst vor kurzem Imrahil davor gewarnt, in den Sehenden Stein zu schauen? Doch er war nicht Imrahil sondern Gandalf, der Aufgestiegene. Normalerweise ein unbesiegbares Wesen, hier jedoch um den Großteil seiner Macht beraubt.

Langsam und zögernd streckte er erneut seine Hand nach der Kugel aus. Dann umfasste er entschlossen mit beiden Händen das Objekt. Gandalf wusste genau, was er tat. Schließlich war es nicht das erste Mal in seinem langen Leben, dass er einen Palantir benutzte.

Zuerst geschah nichts, dann begann im inneren der Kugel ein rotes Licht aufzuleuchten. Zuerst war es nur ein zartrosa Schein, der jedoch intensiver wurde, je länger Gandalf sich auf den Stein konzentrierte. Der Palantir war eines der wenigen Instrumente seines Volkes, das in Mittelerde noch funktionierte.

Als er tiefrot war, begann es in seinem Inneren wieder hell zu werden, die Ränder aber blieben blutrot. Das Bild, das ihm die Kugel nun zeigte, war erst unscharf, wurde jedoch klarer je länger er darauf blickte. Schließlich sah er das Bild gestochen scharf: Ein Schiff, umgeben von tosenden Wassern. Nein, es waren drei Schiffe, zwei griffen das kleinere Schiff an. Ein Kampf entbrannte.

Da erschien am Himmel eine weitere Gestalt: groß mit riesigen Flügeln. Im ersten Moment dachte Gandalf an einen Adler, doch als es durch das Bild flog, erschrak der Zauberer zutiefst und hätte fast den Kontakt verloren. Der Schrei, den das Wesen ausstieß, hallte tief in seinen Ohren. Die Gestalt auf dem Rücken des Untieres brauchte Gandalf nicht erst zu sehen, um zu wissen, dass es einer der Nazgûl war.

Gandalf konzentrierte sich erneut und schaffte es, das Bild zu halten. Diesmal suchte er gezielt nach dem kleinen Schiff. Es schoss förmlich auf ihn zu. Der Zauberer erkannte Gestalten an Deck, die sich gegen die Angreifer wehrten. Er sah, dass es sechs Menschen waren, darunter zwei Frauen. Nein, einer der Männer war kein Mensch, sondern ein Elb. Da drehte sich einer der Männer um, und Gandalf erkannte Faramir.

Ein zweiter Mann erschien neben Faramir, und als Gandalf sich auf ihn konzentrierte, um seine Gedanken zu lesen, erschrak er so sehr, dass er den Kontakt zu dem Schiff verlor. Doch das durfte nicht passieren, nicht ohne das er wusste, ob er sich nicht irrte.

Das Bild wurde wieder klarer und Gandalf konnte die Gedanken des Mannes erfassen. Es stimmte. Der Mann war einer von seinem Volke, einer aber, der nicht aufgestiegen war. Und er kam von den Sternen, von der Erde. Erinnerungen erfassten Gandalf, denn vor vielen Jahren, zwischen seiner Zeit in Mittelerde, hatte er einige Zeit auf der Erde gelebt. Noch heute galt er dort als einer der größten Zauberer aller Zeiten. Sein Name war Merlin gewesen.

Nachdenklich unterbrach Gandalf den Kontakt und sank in sich zusammen. Die Verbindung hatte viel Kraft gekostet. Schließlich, nach einer Ewigkeit, wie ihm schien, raffte er sich wieder auf. Der Fremde und Faramir waren in Gefahr. Was er gesehen hatte, konnte Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft sein, doch etwas in ihm wusste, dass es die Zukunft war.

Er musste sofort handeln. Gandalf musste mit dem Fremden, der sich John Sheppard nannte, sprechen. Und Faramir musste gerettet werden. Nicht nur, weil er sein Freund war, nein, Gandalf wusste, dass Faramir in der Zukunft, die auch Aragorns Zukunft war, noch eine große Rolle spielen würde.

Rasch eilte er wieder nach oben und betrat Aragorns Gemach. Der Erbe Elendils schlief, doch er wachte sofort auf, als Gandalf sich über ihn beugte.

„Was ist los, Gandalf?“, fragte er noch etwas schlaftrunken.

„Wir müssen sofort aufbrechen.“

„Jetzt? Mitten in der Nacht?“, fragend sah Aragorn ihn an. Dann bemerkte er Gandalfs Gesichtsausdruck. „Sprich schon!“

„Ich habe in den Palantir gesehen“, erklärte Gandalf.

„Wie?“, erschrocken blickte Aragorn ihn an. „Was hast du gesehen?“

„Faramir! Er ist in Gefahr. Ich weiß, wo er ist, und wir müssen ihn retten.“

Mit Absicht erwähnte Gandalf die Fremden von den Sternen nicht.

„Dein junger Freund? Denethors Sohn?“

„Ja, er befindet sich mit ein paar Freunden auf einem Schiff. Ich erkannte die Gegend. Es war die Einfahrt zur Bucht von Umbar. Zwei Korsarenschiffe haben sie angegriffen. Das ist aber nicht alles ...“, Gandalf machte eine dramaturgische Pause. „Ein Nazgûl griff sie an.“

„Ein Nazgûl? Einer der Ringgeister?“, Aragorn wurde blass. „Das bedeutet, dass Saurons Macht wächst, sonst würden sich die Ringgeister nicht sehen lassen.“

„Ja, der Palantir hätte es mir nicht gezeigt, wenn es nicht wichtig wäre“, meinte Gandalf.

„Dann lass uns keine Zeit verlieren. Retten wir deinen Freund. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät. Das, was du gesehen hast, könnte schon lange passiert sein“, meinte Aragorn.

„Nein, ich bin sicher, dass ich die Zukunft gesehen habe“, erklärte Gandalf in überzeugtem Tonfall.

„Die Bucht von Umbar. Dann sollten wir Fürst Imrahil nach einem Schiff fragen“, meinte Aragorn. „Ich packe schnell meine Sachen.“

Während Aragorn seine wenigen Habseligkeiten zusammenpackte, machte Gandalf dasselbe. Auf dem Gang trafen sie sich wieder und eilten zu den Schlafgemächern des Fürsten. Der Leibdiener Imrahils wollte sie aber zu der späten Stunde nicht einlassen, doch Gandalf blieb hartnäckig, bis der Lärm schließlich Imrahil weckte.

Verschlafen erschien der Fürst in der Tür seines Schlafgemaches. „Was soll der Lärm mitten in der Nacht?“, fragte Imrahil verärgert. „Ihr weckt noch die Fürstin.“

„Verzeiht, mein Herr!“, antworte der Diener. „Eure Gäste verlangen dringend nach Euch.“

Imrahil sah die beiden an. „Konnte das nicht bis morgen früh warten?“

„Ich fürchte nein“, sagte Gandalf.

„Und was ist so wichtig?“

„Es geht um Faramir, mein Herr“, sagte Aragorn. „Gandalf hat in ...“

„Ich hatte eine Vision“, unterbrach Gandalf Aragorn. „Er ist in tödlicher Gefahr. Wir brauchen ein Schiff, das uns nach Umbar bringt. Und das am besten sofort.“

Aragorn hatte begriffen, dass Gandalf nicht wollte, dass Imrahil erfuhrt, dass er in den Palantir geblickt hatte. Er sagte: „Wir nahmen an, dass Ihr ein passendes Schiff auslaufbreit habt?“

„Wir nehmen die Seemöve. Sie liegt abfahrbereit im Hafen. Es ist ein großes Kriegsschiff, und somit geeignet in feindliche Gewässer einzudringen“, erklärte Imrahil. „Und der Kapitän schläft meistens auf dem Schiff.“

„Wir?“, fragend sah Gandalf den Fürsten an.

„Ihr vergesst wohl, dass Faramir der Sohn meiner Schwester ist? Ich liebe ihn wie einen eigenen Sohn. Deshalb werde ich mitkommen.“

Imrahil zögerte nicht länger. Er gab seinem Diener einige Befehle. Dieser sah seinen Herrn zwar erstaunt an, verschwand aber sogleich, um die Anweisungen auszuführen.

„Ich hole meine Sachen“, erklärte Imrahil. „Wartet hier, ich bin sogleich zurück.“

Er wartete ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern drehte sich um und verschwand in seinen Gemächern.

Aragorn und Gandalf sahen sich erstaunt an. Imrahil schien ein Mann rascher Entschlüsse zu sein. Die beiden brauchten auch nicht lange zu warten. Schon nach kurzer Zeit erschien der Fürst in Rüstung und mit umgebundenem Schwert. Sie folgten ihm und trafen im Gang auf zwei Leibwächter Imrahils und seine beiden Söhne.

Ringwil, der ältere der beiden Söhne sagte: „Faramir ist unser Vetter. Unsere Mutter und unsere kleine Schwester Lothieriel würden es uns nicht verzeihen, wenn wir Faramir im Stich ließen.“

Aragorn und Gandalf folgten den Männern aus dem Palast. Dort warteten Pferde auf sie, die sie zum Hafen bringen würden. Silberfunke und Aragorns Pferd wurden an Bord gebracht. Im Hafen herrschte hektisches Treiben.

Imrahil zeigte auf ein großes Kriegsschiff. „Das ist die Seemöve.“

Der Fürst hatte nicht zu viel versprochen. Kaum waren sie an Bord, da wurden sie vom Kapitän begrüßt. Minardil war ein großer massiger Mann um die fünfzig, mit kurzen schwarzen Haaren und energischem Gesichtsausdruck.

Er verbeugte sich vor Imrahil und seinem Gefolge: „Willkommen an Bord der Seemöve, mein Fürst. Alle Eure Befehle wurden ausgeführt. Wir können sofort auslaufen.“

„Vielen Dank, Kapitän“, antwortete Imrahil. „Ihr habt gute Arbeit geleistet. Doch nun wollen wir Euch nicht im Wege stehen.“

Minardil nickte knapp und rief einige Befehle. Sofort kletterten mehrere Seeleute in die Wanten, die Segel wurden gesetzt und die Ankerleine eingeholt. Langsam setzte sich das große Kriegsschiff in Bewegung und glitt von der Anlegestelle weg, hinaus in die große Bucht. Dort wurde es gewendet und Kurs nach Süden genommen. Bei guten Bedingungen würden sie drei bis vier Tage nach Umbar brauchen. Gandalf hoffte inständig, nicht zu spät zu kommen.



Die Macht der Valar

Jetzt konnte Faramir sehen, dass es kein Stern, sondern ein großer durchsichtiger Kristall war, in dessen Mitte das strahlende Licht eingeschlossen schien. Der Kristall stand auf einem Podest, das über und über mit alten Schriftzeichen bedeckt war.

„Kannst du die Schriftzeichen lesen?“, fragte John Rhiana.

„Nicht auf Anhieb, es ähnelt zwar dem antikischen, aber vieles ist anders. Ich brauche Zeit, um es zu übersetzen.“

Auch Haldir musste passen. Das antikische musste uralt sein.

„McKay, hol die Kamera und nimm es auf. Dann nehmen wir das Aure und verschwinden von hier.“ Während McKay die Kamera herausholte, die zum Glück mit Batteriebetrieb lief, und den Sockel von allen Seiten aufnahm, blickte Faramir erstaunt auf das Gerät.“

Der Gondorianer hatte so etwas noch nie gesehen. „Was macht McKay da?“ fragte er.

„Das ist ein Gerät, dass mein Volk erfunden hat. Damit kann man Bilder aufnehmen und sie später ansehen“, erklärte Sheppard.

„Da, seht doch!“, wurden sie von Rhiana unterbrochen.

Faramirs und Sheppards Blick folgten Rhianas ausgetrecktem Finger. Im hinteren Teil des großen Raumes führte ein Gang in den Berg hinein. Allerdings war es dort ziemlich dunkel.

„Wo kommt dieser Gang her?“, fragte Faramir erstaunt. „Er war vorher nicht da.“

Sheppard hatte das Aure vom Sockel genommen und hielt es in der Hand. „Das Aure muss ihn sichtbar gemacht haben.“

„Das Aure reagiert auf das Gen“, meinte Rhiana und trat neben Sheppard.

Sie streckte die Hand aus und berührte das Aure. Sofort leuchtete es taghell auf und ein Lichtstrahl schoss hervor und beleuchtete den unterirdischen Gang taghell.

„Wie hast du das gemacht?“, fragte Faramir erschrocken.

„Keine Ahnung. Ich dachte daran, den Gang zu erhellen.“

McKay war herangekommen. „Fantastisch! Dieses Aure ist eine Art ZPM. Es reagiert telepathisch auf einen Träger des Gens.“ Er streckte die Hand aus und berührte es, doch bei ihm tat sich nichts.

Bei Faramir und Haldir reagierte es allerdings auch.

„Vielleicht nur auf natürliche Träger des Gens“, meinte John. „Bei dir wurde es künstlich aktiviert. Das bedeutet, dass Faramir und Haldir wie Rhiana und ich Antiker sind.“

„Richtig“, McKay ärgerte sich ein weiteres Mal darüber, dass er nicht wie Sheppard das pure Gen besaß. John war Soldat und konnte dies nicht schätzen. Bei ihm wäre es viel nützlicher gewesen.

Als Teyla es anfasste, tat sich wie bei McKay nichts. Damit schien ihre Theorie bestätigt zu sein.

Haldir und Faramir waren schon vorausgeeilt. Der Gang machte eine Biegung und ging dann weiter. Er endete nicht wie befürchtet in einer weiteren Sackgasse. Die Atlanter folgten den beiden. Während ihres Weges bemerkten sie, dass der Boden langsam anstieg. Nach unzähligen Biegungen standen sie erneut in einem kleinen Raum ohne Ausgang.

„Genau wie unten. Sag nochmals das Rätsel in antikisch auf“, schlug Teyla vor.

Rhiana wiederholte den Spruch. Genau wie beim ersten Mal öffnete sich die Wand vor ihnen und gab einen kleinen Durchgang frei. Strahlendes Sonnenlicht empfing sie. Unter ihnen schlug das Meer in hohen Wellen gegen die Felsen, über ihnen befand sich eine hohe Felswand. Ein schmaler Fußweg führte hinauf. Sie folgten ihm bis nach oben.

Zu ihren Füßen lag das große Meer. Der Sturm war weitergezogen und auch die Wolken hatten sich verzogen. Helles Sonnenlicht ergoss sich über das Wasser und ließ es glitzern und funkeln, als wären massenhaft Perlen über dem Meer verstreut worden. Von dem Strand, in dessen Nähe das Korsarenschiff versunken war, konnten sie nichts sehen. Sie entdeckten auch keine überlebenden Korsaren.

„Was machen wir jetzt?“, fragte McKay.

„Wir gehen nach Minas Tirith zurück. Das Aure haben wir gefunden. Wir gehen durch das Land der Haradrim, was äußerst gefährlich wäre, oder wir sehen nach, ob die Seeschlange noch da ist und segeln den Weg zurück, den wir gekommen sind“, schlug Faramir vor.

„Ich bin für den letzten Vorschlag, denn ich habe keine Lust unzählige Meilen durch Feindesland, das wir nicht kennen zu wandern“, sagte John.

Rhiana sah John an. „Du weißt aber, dass unser Schiffchen unter Umständen nicht mehr da ist?“

„Natürlich, aber es ist ein Versuch wert.“

„John hat recht“, meinte auch Faramir. „Verlieren wir keine Zeit.“

Nachdem sie einige Zeit auf den Klippen entlangmarschiert waren, sahen sie unter sich den bekannten Strand liegen. Von dem Schiff war nun nur noch die oberste Mastspitze zu sehen, aber keine Korsaren. Zur Sicherheit warteten sie einige Zeit und als niemand zu sehen war, benutzen sie einen schmalen Fußweg hinunter zum Strand und betraten das Felsenmeer.

Sie gingen den gleichen Weg zurück, den sie hergekommen waren. Als die Sonne unterging, suchten sie sich eine geschützte Stelle zum Übernachten aus und gingen am frühen Morgen weiter. Am Strand hatten sie ein unbeschädigtes Wasserfass gefunden. Es musste wohl von dem untergegangen Schiff stammen. Sie hatten ihre Wasserflaschen aufgefüllt, doch sie mussten trotzdem sparsam damit umgehen, denn erst auf der Seeschlange würden sie neues Wasser finden. Zu essen hatten sie auch kaum noch etwas.

Die Gefährten hatten jeden Zeitbegriff verloren, als sie endlich todmüde, sehr hungrig und durstig die Bucht mit der Seeschlange erreichten.

Und, oh Wunder! Es lag noch an der gleichen Stelle.

„Ich kann es nicht glauben, es ist noch da“, sagte McKay erleichtert und wollte schon loslaufen.

„Stop, McKay! Die Korsaren könnten in der Nähe sein“, meinte Sheppard besorgt. Er war nicht weniger hungrig und durstig als die Gefährten, aber Vorsicht war immer noch besser, als Nachsicht.

„Wir haben nichts gesehen oder gehört von ihnen, seit wir ihr Schiff versenkt haben“, meinte Faramir.

„Dann gehe ich als Erster. Wenn alles in Ordnung ist, kommt ihr nach“, sagte John.

Gleich darauf verließ er seine Deckung und ging zum Schiff hinüber, das so dicht am Ufer verankert war, dass er es leicht erreichen konnte. Immer wieder sah er sich um, denn er erwartete, dass jeden Augenblick die Korsaren aus ihren Verstecken stürmen würden. Als nichts geschah, kletterte er an Bord und ging unter Deck in den Lagerraum. Die Vorräte und die Wasserfässer standen unberührt da. Schnell entfernte er den Deckel eines Fasses und trank ein paar Schlucke. Erleichtert ging er an Deck und blickte über das Meer und den Strand. Als immer noch alles ruhig war, winkte er seinen Freunden zu und ging erneut nach unten.

Der Überfall geschah so schnell, dass er nicht mehr dazu kam, sich zu wehren. Sheppard bemerkte noch eine Bewegung hinter sich, spürte einen Schlag, um im nächsten Augenblick in tiefe Dunkelheit zu fallen.

Mauhúr, der Kapitän der Korsaren, sah voller Genugtuung auf den bewusstlosen Mann, den er für einen Gondorianer hielt. Nach ihm kamen fünfzehn weitere Männer aus ihren Verstecken, der Rest seiner ganzen Besatzung, dich aus dreißig Mann bestanden hatte. Die übrigen Männer waren tot oder in alle Winde verstreut. Sie verständigten sich mit Handzeichen, dann warteten sie, bis die Gondorianer an Bord kamen.

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Kapitel 20 by Selana
20. In Gefangenschaft

Die Korsaren hörten die Schritte oben an Deck und die Stimme einer Frau, die rief: „John! Wo, bei den Vorfahren, wo bist du denn?“

„Er wird unter Deck sein und sich etwas zu essen suchen“, antwortete eine männliche Stimme. „Ich gehe auch nach unten.“

„Nein, erst gehe ich“, sagte eine zweite männliche Stimme.

„Ich komme mir dir, Faramir“, antwortete die Frau, und gleich darauf hörten die Korsaren Schritte die Treppe herunterkommen. „John! Warum antwortest du denn nicht?“

Die Frau erreichte die unterste Treppenstufe und erstarrte mitten im Schritt, als sie den Gesuchten am Boden liegen sah.

Eines musste Mauhúr ihr gut halten: Die Frau reagierte blitzschnell und zog ihr Schwert heraus. Genauso schnell aber waren auch die Korsaren heran. Zwei warfen sich nach vorne und packten die Beine der Frau, die mit einem Schreckensschrei zu Boden stürzte. Ihr Begleiter stürmte herbei. Bei ihm funktionierte der Moment der Überraschung nicht mehr. Er war schnell wie ein Sturmwind, und ließ seine hell leuchtende Klinge zwischen die Korsaren fahren.

Der Kapitän hatte damit gerechnet. Er versuchte erst gar nicht, in den Kampf einzugreifen. Stattdessen packte Mauhúr die Frau, die sich gerade aufrappeln wollte, und drückte ihr mit dem Arm von hinten die Kehle zu. Sie gab ein ersticktes Röcheln von sich und versuchte sich zu wehren. Gegen die gewaltige Kraft des Hünen kam sie aber nicht an. Der Korsarenkapitän hielt ihr sein Messer an die Kehle.

„Wirf dein Schwert weg, Gondorianer oder die Frau stirbt. Und dein Freund auch.“

Von oben an Deck hörte man nun auch Kampfgeräusche. Haldir, Teyla und McKay wurden ebenfalls in Kämpfe verwickelt.

Faramir, das Schwert schon wieder erhoben, erstarrte, als er Rhiana der Gnade des Korsaren ausgeliefert sah. John bewegte sich zwar schon wieder, doch als die übrigen Korsaren das sahen, packten zwei von ihnen den noch halb Bewusstlosen und drehten ihm die Arme auf den Rücken und hielten auch ihm ein Messer an die Kehle.

„Nun? Was ist?“, fragte der Korsar mit höhnischer Stimme.

Faramir ließ Silme sinken. Von hinten kamen zwei der Korsaren heran, packten ihn und drehten auch seine Arme nach hinten. Sein kurzer Kampf hatte einen der Korsaren getötet und zwei verletzt. Sämtliche Waffen wurden ihnen abgenommen und mit festen Stricken die Arme auf den Rücken gefesselt. Mauhúr hielt Rhiana noch immer fest. Sie bekam kaum noch Luft.

„Lass sie sofort los“, rief Sheppard aufgebracht und versuchte sich loszureißen, was aber ein sinnloses Unterfangen war. Sein Ärger galt auch sich selbst, weil er die versteckten Korsaren nicht bemerkt hatte.

„Ihr da oben!“, rief Mauhúr. „Hört auf zu kämpfen! Im anderen Fall sterben eure drei Freunde hier unten!“

Die Kampfgeräusche hörten auf. Zufrieden ließ der Kapitän Rhiana los, drehte sich John zu und sagte spöttisch. „Sieh an, unser Freund aus Gondor scheint der Frau sehr zugetan zu sein.“

„Wir sorgen uns um jeden Freund“, antwortete Faramir an Johns Stelle.

„Noch ein tapferer Ritter, wie mir scheint! Verratet ihr mir eure Namen und wer ihr seid?“

Faramir und John antworteten jedoch nicht.

„Die Frau rief diesen hier Faramir und diesen John“, sagte einer der Korsaren.

„Faramir? Der Name kommt mir bekannt vor“, meinte Mauhúr.

„Ich weiß, wer er ist“, sagte ein anderer Korsar. „Er ist der Sohn des Truchsesses von Gondor.“

Der Kapitän fuhr zu seinem Mann herum. „Was sagst du da? Bist du sicher?“

„Ganz sicher. Du weißt doch, dass ich vor nicht allzu langer Zeit in Minas Tirith war. Dort sah ich ihn an der Seite seines Bruders Boromir und seinem Vater Denethor.“

Der Kapitän konnte sein Glück kaum fassen. „Der Sohn des Truchsesses! Wenn das keine gute Nachricht ist. Denethor wird uns den Verlust des Schiffes in Gold aufwiegen. Und er und die Frau sind dann bestimmt auch Edelleute.“

Mauhúr trat dicht an Faramir und Sheppard heran. „Glaubt nur nicht, dass ich vergessen hätte, wer es war, der mein Schiff versenkte und damit einige meiner besten Männer getötet hat. Das werdet ihr noch bitter bereuen.“

Sheppard und Faramir erwiderten seinen Blick ungerührt.

„Seht euch die Rüstungen an. Die sind aus Mithril“, lenkte einer der Korsaren Mauhúr ab.

„Wahrhaftig! Da haben wir ja einen guten Fang gemacht. Mit dem Gold für unseren Prinzen und den Edelleuten, und mit den Mithril-Rüstungen, sind wir die reichsten Männer in ganz Umbar.“

Da wurden Haldir, McKay und Teyla die Treppe herunter gestoßen.

Ein grausames Lächeln umspielte Mauhúrs Mundwinkel, als er den Elb erkannte. „Sieh an, ein Elb ist auch dabei. Mit dir werden wir ganz besonderen Spaß haben. Bindet sie gut fest und bewacht sie. Wir anderen setzen die Segel. Umbar wartet auf uns.“

Die Freunde wurden angebunden und einer der Korsaren blieb als Wächter in ihrer Nähe. Die anderen gingen an Deck, und wenig später spürten sie an den Bewegungen des Schiffes, dass sie unterwegs waren.

„Wie lange brauchen wir bis Umbar?“, wandte sich Sheppard an Faramir.

Das brachte ihm den Fußtritt des Wächters ein. „Hier wird nicht geredet, verstanden.“

Auf Deck überwachte Mauhúr die Arbeiten seiner Männer. Das kleine Segelschiff lag gut im Wind und würde sie gut nach Umbar bringen. Sein Blick fiel auf das Segel, die einzige Schwachstelle. Zwar hatten sie es notdürftig geflickt, doch sollte ein Sturm aufziehen, würden sie in Schwierigkeiten geraten, denn das würde das provisorisch geflickte Tuch nicht aushalten.

In Umbar würde man natürlich zuerst über ihn lachen, wenn er mit dem kleinen Schiffchen ankam, doch der Spott würde sich sogleich in Neid verwandeln, wenn sie erst ihre Beute zeigten. In Gedanken malte er sich aus, was er alles mit seinem Reichtum anfangen konnte. Natürlich dachte er nicht daran, die Gefangenen freizulassen. Sie würden sich einen Spaß draus machen, sie alle zu Tode zu foltern.

Da kam einer seiner Männer auf ihn zu. Er hielt einen durchsichtigen Kristall in der Hand, der jedoch in der Hand des Piraten kein Licht abstrahlte. „Was ist das, Kapitän?“, fragte er.

Mauhúr besah sich den Kristall genau. „Keine Ahnung“, meinte er. „Sicher etwas von den Gondorianern, wertloser Tand.“

„Vielleicht ist er etwas Wert.“

Mauhúr schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Legt ihn einfach zu der Beute. Vielleicht bringt er in Umbar doch noch etwas Gold ein, wenn wir vorgeben, er wäre etwas wert.“

„Und was ist mit dem Aure, dass die Gefangenen suchten?“

Mauhúr lachte verächtlich auf. „Das ist doch nur eine Legende. Du glaubst doch nicht wirklich daran?“

„Nein“, der Korsar schüttelte den Kopf und ging wieder.

Die Tage vergingen. Man brachte den Gefangenen zu essen und zu trinken, aber sonst wurden sie in Ruhe gelassen. Die Wächter wurden schließlich nachlässig, da sie die ganze Zeit über keinen Fluchtversuch unternahmen. Die Korsaren nahmen wohl an, dass sie sich in ihr Schicksal ergeben hatten. Da täuschten sie sich aber gewaltig.

Als ihr Wächter sie immer öfters alleine ließ, und sich lieber etwas zu trinken aus dem Weinfass holte, konnten sie sich hin und wieder leise unterhalten. Über ihr Missgeschick zu diskutieren hatte keinen Sinn, deshalb konzentrierten sie sich darauf, ihre Fesseln loszubekommen. Ihre Wächter hatten schon seit zwei Tagen ihre Fesseln nicht mehr gründlich kontrolliert. Ein Fehler, den sie noch bereuen sollten.

„Meine Fesseln sind schon gelockert“, sagte Rhiana. „Ich kann sie bestimmt bald ganz lösen.“

„Sei ja vorsichtig, dass sie es nicht bemerken. Wir haben nur einen Versuch“, meinte Faramir. „Wir haben bestimmt schon mehr als die Hälfte des Weges nach Umbar hinter uns.“

Er sah nach oben, wohin der Wächter verschwunden war. Dort sah er jetzt eine Bewegung. „Ruhig! Er kommt zurück.“

Der Korsar warf einen kurzen Blick auf sie, doch alles, was er sah, war sechs Gefangene, die betrübt zu Boden blickten und sich scheinbar in ihr Schicksal ergeben hatten. Von denen ging keine Gefahr mehr aus. Also konnte er sich seinen Wein schmecken lassen. Schon eine Stunde später schlief der Wächter selig und zufrieden. Der riesige Krug Wein war leer bis auf den letzten Tropfen.

„Ich bin frei,“, flüsterte Rhiana ihnen zu und riss mit einem Ruck ihre Hand aus der Schlinge. Sie rieb sich die Hände, die schon ganz wund von den Stricken waren. Als nächstes bewegte sie vorsichtig ihre Beine, die vom langen Sitzen ganz steif waren. Nachdem Rhiana sicher war, sich lautlos bewegen zu können, schlich sie sich an den Wächter heran. Er lag am Boden, nur zehn Meter von ihr entfernt. Sein Kopf ruhte auf einer Kiste und seine Schnarchlaute waren deutlich zu hören.

Lautlos erreichte Rhiana den Schlafenden, von den anderen mit angehaltenem Atem beobachtet. Ihre Hand fuhrt herunter und der Wächter glitt aus seinem Schlaf in tiefe Bewusstlosigkeit hinüber. Rhiana griff blitzschnell zu, um zu verhindern, dass er auf den Boden rutschte. Rasch ließ sie ihn auf die Bretter gleiten und durchsuchte ihn. Das Messer fiel geradezu in ihre Hand. Schnell eilte sie zu Faramir, der ihr am nächsten war, und befreite ihn, dann schnitt sie John, Haldir, Teyla und McKay los.

Genau wie Rhiana vorher rieben sie sich die steifen Hände und Beine, dann sahen sie sich im Raum um. Den Wächter fesselten und knebelten sie und banden ihn an den Balken, an dem vorher Faramir gesessen hatte.

„Wir erledigen einen nach dem anderen“, meinte Sheppard.

„Der Wächter wird bald abgelöst, den können wir gleich abfangen. Mit den übrigen Korsaren werden wir dann leicht fertig“, meinte Faramir.

„Sei lieber nicht so voreilig“, bremste Sheppard den Eifer seines Freundes. „Wir dürfen die Korsaren nicht unterschätzen.“

„Keine Sorge, das tue ich nicht. Wir überwältigen sie aus dem Hinterhalt. Das ist zwar nicht sehr ehrenhaft, aber in diesem Fall haben wir keine andere Wahl. Die gleiche Methode benützen wir in Ithilien, wo wir öfters einem zahlenmäßig überlegenen Gegner gegenüberstehen“, meinte Faramir zuversichtlich.

Sheppard war etwas beruhigt. Sie besprachen ihre Vorgehensweise ganz genau. Als schließlich die Ablösung ihres Wächters kam, lauerten sie ihm auf. Der Mann kam sorglos die Treppe in den Lagerraum hinab. Ein Schlag mit einem Knüppel, präzise von Teyla geführt, traf ihn von hinten. Faramir und Sheppard fingen ihn auf, damit bei seinem Sturz kein Lärm entstand. Schnell fesselten und knebelten sie auch ihn. Nun besaßen sie schon zwei Krummschwerter.

Teyla war der Treppe am nächsten und stieg hoch. Vorsichtig streckte sie ihren Kopf hinaus. Keiner der übrigen Korsaren war zu sehen. Sie blickte um den Vorbau herum und sah einen am Ruder stehen, einen zweiten daneben, beide ruhig über das Wasser blickend. Nach Teyla kam Faramir und dann Haldir an Deck. Danach folgen Sheppard und Rhiana. McKay sollte sich im Hintergrund halten.

Zuerst wollten sie die beiden Männer am Ruder ausschalten. Rhiana kam von rechts, Sheppard und Haldir von links. Während der Mann am Ruder sich auf seine Arbeit konzentrierte, schien der andere etwas gehört zu haben. Er drehte sich genau in dem Moment herum, als Haldir ihn erreichte und mit dem erbeuteten Krummschwert zuschlug. Leider konnte er nicht mehr verhindern, dass der Getroffene einen Warmschrei ausstieß, bevor er tot zu Boden sank.

Teyla und Faramir hatten sich an der Tür nach unten aufgestellt, um eventuell auftauchende Korsaren abzufangen. Der andere Korsar hatte das Ruder losgelassen und stürzte sich auf Rhiana. Jetzt aber war auch Sheppard zur Stelle. Da er das zweite erbeutete Schwert besaß, stellte er sich dem Korsaren in den Weg, der aber auswich und seinerseits sein Schwert zog und sich mit einem Schrei auf John stürzte.

Rhiana und Haldir überließen den Mann John, denn inzwischen gerieten Teyla und Faramir in Bedrängnis, das die übrigen Korsaren mit brachialer Gewalt an Deck sprangen. Die Ersten konnten sie zwar aufhalten, doch es waren einfach zu viele.

Der Piratenkapitän war unter ihnen. Mauhúr erkannte mit einem Blick die Lage. Voller Wut rief er: „Erledigt sie! Der Fürstensohn gehört mir.“

Während seine Kameraden sich auf die Gefährten stürzten, griff der Korsarenkapitän Faramir an. Dieser hatte inzwischen seinen gegenwärtigen Gegner getötet. Mauhúr ergriff eines der Taue und schwang sich über Deck. Er kam genau vor Faramir auf und versperrte ihm mit einem grimmigen Blick den Weg.

„Du kommst nicht an mir vorbei, Gondorianer.“

Faramir beschloss, es mit einer List zu versuchen. Er tat so, als würde er vor seinem Gegner davonlaufen und sprang mit einem Satz über das Deck, zur anderen Seite des Schiffes. Mauhúr fiel auf den Trick herein und folgte ihm mit langen Sätzen. Mit einem Sprung erreichte Faramir ein Seil, das aus der Takelage hing. Er schwang sich über den Kopf des überraschten Korsaren hinweg und kam hinter dem Kapitän auf dem Deck auf.

„Das nützt dir nichts“, fauchte ihn Mauhùr hasserfüllt an. „Keiner hat mich je in einem Schwertkampf besiegt.“

„Dann bin ich eben der Erste“, gab Faramir gelassen zurück. Innerlich war er lange nicht so ruhig. Der Korsar war fast einen Kopf größer als er, dabei war er selbst nicht gerade klein. Dazu kam, dass Mauhùr viel massiger und kräftiger war. Seine Erscheinung, sein kahler Schädel und der grimmige Blick mit der schwarzen Umrandung um die Augen, würden bei den meisten ausreichen, sie in die Flucht zu schlagen. Doch das würde Faramir nichts nützen, denn wohin sollte er auf dem kleinen Schiff schon fliehen. Außerdem hatte er sich noch jedem Kampf gestellt. Auch siegte Kraft nicht immer alleine. Er war dafür gewandter und schneller als der Korsar.

Langsam hoben die beiden Kämpfer ihre Schwerter und begannen sich vorsichtig und abtastend zu umkreisen. Der Kapitän schlag als Erster zu. Sein Schwert traf das von Faramir von unten und zwang ihn zu einem Schritt nach hinten. Ein zweiter und dritter Schlag drängte den Gondorianer noch weiter zurück, bis es Faramir gelang, sich unter dem nächsten Hieb zu ducken und selbst zuzuschlagen.

Der Korsar parierte den Schlag jedoch ohne große Mühe, griff seinerseits an und drängte Faramir in die Defensive. So ging es eine Weile hin und her. Mauhúr griff immer wieder an und zwang Faramir sich zu verteidigen. Schließlich trieb ihn der Korsar zur Treppe in den Lagerraum und bedrängte ihn so, dass Faramir gezwungen war, rückwärts die Treppe hinabzusteigen. Unten wogte der Kampf eine Zeit lang hin und her. Beide bluteten inzwischen aus leichten Wunden.

Dann gelang es Mauhùr, Faramir das Schwert aus der Hand zu schlagen. Es wurde in den hinteren Teil des Lagerraums geschleudert und blieb mit lautem Klirren liegen. Faramir handelte instinktiv, als er mit einem Satz seinem Schwert hinterher hechtete. Er federte seinen Sprung gewandt ab und ergriff das Schwert. Sein Gegner war ihm ohne Zögern gefolgt.

Jetzt beschloss Faramir seine Taktik zu ändern und selbst zum Angriff überzugehen. Mauhúr wurde von der Heftigkeit des Angriffes überrascht. Bisher hatte er sich als Sieger gefühlt, weil der Gondorianer seinen Angriffen nur ausgewichen war. Faramir wusste selbst nicht, woher er die Energie nahm, seinen Gegner immer weiter zurück zu drängen. Mauhúr wurde von den Schlägen in die Ecke des Lagerraums getrieben, wobei sie laufend den gefesselten Wächtern ausweichen mussten. Diese sahen dem Kampf mit offenen Augen zu und stießen gurgelnde Laute aus. Zu mehr waren sie wegen den Knebeln nicht fähig.

Faramir versuchte sie zu ignorieren. Endlich brachte er seinen ersten richtigen Treffer an. Sein Schwert durchdrang den Lederharnisch des Korsaren und bohrte sich in dessen Schulter. Mauhúr heulte vor Schmerzen auf. Faramir zog sein Schwert zurück und schlug seinem geschwächten Gegner das Schwert beinahe aus der Hand. Seinen weiteren Schlägen hatte Mauhúr nichts entgegenzusetzen. Dem Gondorianer gelang es nochmals, einen schweren Treffer zu landen. Sein nächster Schlag schlug Mauhúr das Schwert aus den Händen. In weitem Bogen flog es bis zum anderen Ende des Lagerraums. Faramir holte zum letzten Schlag aus und schlug zu. Sein Schwert traf Mauhúr genau ins Herz und tötete ihn auf der Stelle. Erschöpft hielt er inne und sank müde zu Boden.

Ein lautes Klatschen lies ihn aufblicken. Rhiana und Sheppard standen auf der Treppe und zollten ihm seinem Beifall. „Wie lange steht ihr schon da?“

„Noch nicht lange“, antwortete Rhiana. „Dein Kampf war beeindruckend.“

„Danke“, sagte Faramir. Langsam beruhigte sich sein Atem wieder. Mauhúr war sein bisher stärkster Gegner gewesen. Er war überzeugt, dass sogar Boromir mit ihm Probleme gehabt hätte und wünschte sich, sein Vater hätte den Kampf gesehen. Vielleicht würde er dann damit beginnen, anders von ihm zu denken. „Was ist mit den anderen Korsaren?“, fragte Faramir.

„Sie sind tot. Das Schiff gehört wieder uns“, erklärte Sheppard.

„Bis auf die beiden hier“, sagte Faramir und zeigte auf ihre gefesselten ehemaligen Wächter.

„Was machen wir mit denen? Sollen wir sie töten?“

Die beiden Korsaren sahen ihn ängstlich an, als er mit erhobenem Schwert auf sie zukam.

„Nein!“, hielt Sheppard ihn auf. „Es hat genug Tote gegeben. Wir können nicht mehr allzuweit von Umbar entfernt sein. Setzen wir sie einfach am Ufer aus. Dann können sie sich bis zur Stadt durchschlagen.“

„Du bist ein edler Mensch, John Sheppard“, meinte Faramir. „Na schön, machen wir es so.“

Sie gingen an Deck und sahen, dass sie in der Tat nicht mehr weit vom Land entfernt sein konnten. Die Große Öde musste schon längst hinter ihnen liegen. Ihre Waffen und Rüstungen fanden sie in einer der Kabinen, ebenso das Aure. Es stand unbeachtet in einer Ecke. Rhiana übernahm schließlich das Ruder und brachte sie nahe an das Land heran. Faramir, Teyla und Sheppard holten die Gefangenen aus dem Lagerraum, schnitten ihre Fesseln durch und warfen einen nach dem anderen in das Wasser.

„Lebt wohl!“, rief Faramir ihnen nach, als sie verzweifelt versuchten, an Land zu schwimmen. „Und dankt meinem Freund dafür, dass er euch das Leben geschenkt hat.“

Sie beobachteten, wie die zwei das Ufer erreichten, während Rhiana das Schiff wieder weiter in die See hinaus steuerte.

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Kapitel 21 by Selana
21. An Bord der Seemöve

Der Wind war günstig gewesen und hatte die Seemöve in dieser Zeit bis dicht an die Bucht von Umbar gebracht. Nun galt es äußerst wachsam sein. Der Ausguck der Seemöve war ständig besetzt. Hinter den Geschützen saßen zu jeder Tag- und Nachtzeit die Soldaten. Mit den Geschützen konnten sie Feuerbälle schleudern, eine Erfindung der besten Gelehrten des Fürsten.

Gandalf wusste aber, dass die Korsaren ähnliche Waffe besaßen. Noch hoffte er, Faramir und die Fremden rechtzeitig zu finden. Am besten noch, bevor sie angegriffen wurden. Der Zauberer sah den Kapitän an der höchsten Stelle des Decks stehen und den Himmel betrachten. Gandalf stieg zu ihm hoch. „Ihr seid besorgt?“

„Die Wolken gefallen mir nicht“, antwortete Minardil. „Ein Sturm zieht auf.“

Gandalf folgte seinem Blick. Und wirklich! Nun bemerkte er die dunklen Wolken, die am Firmament aufzogen.

„Ihr entschuldigt mich?“ fragte Minardil. „Das Schiff muss Sturmfest gemacht werden.“

„Natürlich“, antwortete Gandalf. „Ich möchte Euch nicht in Eurer Arbeit behindern.“

Gandalf spürte eine Bewegung neben sich, als er Minardil zusah, wie er über das Deck lief und Befehle brüllte.

Aragorn war neben ihn getreten. „Habt ihr Faramirs Schiff entdeckt?“

„Nein, ein Sturm zieht auf.“

Er deutete auf den Himmel, der eine dunkle Farbe angenommen hatte. Schwere Wolken zogen über ihn hinweg. Der erste Regen fiel vom Himmel und schnell war das Deck gefährlich rutschig. Dann grollte Donner, Blitze zuckten vom Himmel. Manch einer der Seeleute duckte sich erschrocken.

„Die Herren sollten lieber unter Deck gehen“, sagte eine Stimme neben ihnen. Minardil war zu ihnen getreten. Da weder Gandalf noch Aragorn erfahrene Seeleute waren, folgten sie Minardils Rat. Unter Deck trafen sie auf Imrahil, seine Söhne und die beiden Leibwächter. Sie saßen in der schwankenden Kabine und hielten sich krampfhaft fest. Manch einer wurde blass um die Nase. Es war doch ein großer Unterschied mit einem Schiff bei ruhiger See unterwegs zu sein oder bei einem Sturm.

Am anderen Tag beruhigte sich die See wieder. Der Ruf „Schiff voraus“ lies alle an Deck rennen. Nicht weit voraus trieb ein kleines Schiff mit zerfetzten Segeln auf dem Wasser. Es wurde gerade von zwei etwas größeren Schiffen mit schwarzen Segeln angegriffen. Die Gegend erkannte Gandalf sofort. Sie entsprach genau der, die er im Palantir gesehen hatte.

Deutlich sah Gandalf mehrere Gestalten an Bord des kleinen Segelschiffes, die sich gegen eine Übermacht zur Wehr setzten. Doch es war abzusehen, dass sie diesen ungleichen Kampf verlieren würden.

„Angriff!“, rief Kapitän Minardil seinen Leuten zu. „Rettet Fürst Faramir und seine Freunde!“



An Bord der Seeschlange

Kurz vor Umbar zog der Sturm auf. Zuerst schien es ihnen, als würde das geflickte Segel halten, doch dann zerriss es mit einem lauten Knall, als ein heftiger Windstoß es traf. Von da an trieben sie auf dem Wasser, ohne Kontrolle über ihr Schiff. Zum Glück ließ der Sturm nach und die Freunde überlegten schon, die Ruder zur Hand zu nehmen, um an Land zu rudern. Vielleicht würden sie es schaffen an Land Umbar zu umgehen. Ihr Schiff war dann für sie verloren, aber ohne Segel würden sie sowieso nicht mehr weit kommen.

Da entdeckte Rhiana die beiden Korsarenschiffe. Sie kamen aus der schmalen Buchteinfahrt heraus, an deren Ende Umbar lag, und steuerten direkt auf sie zu. Die Schiffe waren schnell. Sie hatten keine Chance ihnen zu entkommen. Also machten sie sich kampfbereit. Zu McKays Sicherheit schickte Sheppard den Wissenschaftler erneut unter Deck.

Die Angreifer verzichteten darauf, ihre Feuerkugeln abzuschießen. Das hielten sie wohl für Materialverschwendung, denn das kleine angeschlagene Schiff war eine sichere Beute für sie. Als die Schiffe nah genug waren, flogen Enterhaken herüber, und gleich darauf schwangen sich die ersten Korsaren mit lautem Geschrei an Bord. Sofort waren die Freunde in Zweikämpfe verwickelt.

Seinen ersten Gegner warf Sheppard einfach mit einem kräftigen Stoß über Bord. Den zweiten tötete er mit einem schnellen Hieb, doch im Grunde nützte das nichts, denn immer mehr Piraten schwangen sich über die Reling.

Ein gewaltiger Donnerschlag ließ alle erschreckt zusammenzucken und im Kampf innehalten. John sah das schwarze Segel eines Korsarenschiffes in Flammen aufgehen. Eine weitere Feuerkugel traf das zweite Korsarenschiff. Geschrei gellte auf und die Piraten ließen von ihren Gegnern ab und wandten sich dem neuen Angreifer zu. In ihrem Eifer, die schon sicher geglaubte Beute aufzubringen, hatten sie nicht auf die offene See geachtet. Wer sollte es auch wagen, sie in ihren Gewässern anzugreifen? Sheppard erkannte ein Schwanensegel im Wind flackern.

„Das ist das Schwanensegel meines Onkels, des Fürsten von Dol Amroth!, rief Faramir. „Wir sind gerettet!“

Das neu aufgetauchte Schiff war ein riesiges Kriegsschiff, mehr als dreimal so groß wie die Korsarenschiffe. Schon standen die Segel der Korsaren in Brand und die Seesoldaten des Fürsten enterten nun ihrerseits die Schiffe der Piraten. Als die Korsaren an Bord der Seeschlange das sahen, hörten die meisten von ihnen zu kämpfen auf und sprangen zurück an Bord ihrer Schiffe, um ihren Kameraden zu Hilfe zu eilen.

„Das war Hilfe in letzter Not“, sagte Rhiana und sah Faramir an. „Woher kommen die so plötzlich?“

Faramir zuckte mit den Achseln. „Woher soll ich das wissen?“ Er blickte zu den Korsarenschiffen, auf denen noch immer heftig gekämpft wurde. Da sah er eine bekannte Gestalt. „Mithrandir!“

„Mithrandir?“ Sheppard sah hinüber. Sofort bemerkte er die Gestalt in dem grauen wallenden Mantel, die geschickt ein großes Schwert schwang. Neben ihm kämpfte ein großer Mann.

„Sollten wir drüben nicht helfen? Oder wollt ihr einfach hier herumstehen?“

„Eigentlich nicht, aber ich glaube die brauchen unsere Hilfe nicht mehr“, meinte Rhiana.

Und wirklich! Sie sahen, wie die letzten Piraten entweder ins Wasser getrieben oder getötet wurden. Eines der Korsarenschiffe sank schon, das zweite stand lichterloh in Flammen und würde ebenfalls bald versinken. Die Seeleute der Seemöve hatten alle die Piratenschiffe verlassen und waren an Bord ihres Schiffes zurückgekehrt. Die Seemöve näherte sich so weit es ging der Seeschlange.

Gandalf stand an der Reling und rief: „Faramir! Seid ihr in Ordnung?“

„Ja, das sind wir! Mithrandir, du kannst dir nicht vorstellen, wie froh wir sind, euch zu sehen!“

Neben Gandalf tauchten nun Imrahil, seine beiden Söhne und ein Faramir unbekannter Krieger auf, der nicht wie die Seeleute gekleidet war, sondern eher wie ein Waldläufer aus dem Norden, die sich manchmal in Minas Tirith blicken ließen.

„Neffe!“, rief Imrahil. „Wir holen euch an Bord!“

„Ja, in Ordnung!“, rief Faramir zurück.

„Was wird mit der Seeschlange?“, fragte Sheppard. „Wir wollen sie nicht zurücklassen.“

Faramir fragte nach und es wurde beschlossen, die Seeschlange ins Schlepptau zu nehmen. Unterwegs würden einige der Seeleute das Segel austauschen, denn an Bord des Kriegsschiffes gab es genug Ersatzsegel.

Damit waren die Atlanter einverstanden, und nachdem die Seeschlange sicher vertäut war, gingen alle an Bord der Seemöve.

Der Fürst umarmte seinen Neffen herzlich.

„Mithrandir“, wandte Faramir sich dann an Gandalf. „Woher wusstet ihr, dass wir in Gefahr sind und wo wir uns aufhielten?“

Gandalf erzählte ihm jetzt, dass er in einer Traumvision die Gefahr gesehen hatte, und er verschwieg nicht, dass er zusätzlich einen Nazgûl gesehen hatte. Dies hatte Gandalf nicht vergessen und er machte sich insgeheim Sorgen deswegen. Wie bei Imrahil verschwieg Gandalf auch Faramir, dass er eigentlich in den Palantir geblickt hatte.

Faramir nickte verstehend. Traumvisionen waren ihm nicht unbekannt. Oft suchten sie auch ihn des Nachts heim und raubten ihm den Schlaf. Und immer hatten sie sich bewahrheitet. Er warf einen Blick in den Himmel, wo weiße Wolken hin und wieder die Sonne verdeckten. Es war ein herrlicher Tag und ihr Schiff machte gute Fahrt. Der Wind blies genau in die richtige Richtung, um sie bald in sichere Gewässer zu bringen. Noch befanden sie sich in Feindesgebiet und der Kampf, war bestimmt nicht unbemerkt geblieben. Vielleicht hatten sich schon einige Schiffe zu ihrer Verfolgung aufgemacht. Ihr Schiff war groß, doch mit einer Flotte von Korsarenschiffen wollten sie sich nicht anlegen.

Ein kleiner schwarzer Punkt am Himmel erregte Faramirs Aufmerksamkeit. Der Punkt wurde größer, je länger er hinblickte. Gleichzeitig überkam ihn ein nicht zu erklärendes Gefühl der Furcht. Faramir ergriff Gandalfs Arm und drückte ihn, gleichzeitig zeigte er mit der anderen Hand nach oben. Gandalfs Blick folgte der ausgetreckten Hand seines jungen Freundes.

Der Zauberer erkannte sofort, was es war. „Ein Nazgûl!“, rief er so laut er konnte.

Auch Sheppard blickte hoch. Er sah ein riesiges fliegendes Tier, dass er im ersten Moment für einen der großen Adler hielt. Beim Näherkommen bemerkte er jedoch den gewaltigen Schlangenkörper des Tieres und die riesigen ledernen Flügel, wie bei einer Fledermaus. Gleichzeitig stieß das Untier einen Schrei aus, der durch Mark und Bein ging und jeden in Furcht und Schrecken versetzte.

Augenblicklich liefen alle erschreckt durcheinander und hielten sich die Ohren zu. Es war Gandalf, der für Ordnung sorgte.

„Holt die Bogen! Schießt mit Brandpfeilen! Er fürchtet das Feuer!“ rief er mit lauter durchdringender Stimme. Natürlich hatte Gandalf die große schwarze Gestalt erkannt, die auf dem Rücken des Untieres saß. Sie war in einen schwarzen Umhang mit Kapuze gehüllt. Es war einer der gefürchteten Ringgeister.

Das Flugtier stieß mit einem lauten Schrei auf das Schiff herunter, packte einen der Soldaten, hob ihn hoch in die Lüfte und ließ ihn wieder fallen. Der Todesschrei des unglücklichen Mannes hallte allen in den Ohren, als er mit einem lauten Klatschen auf das Wasser knallte und sofort unterging. Ihm war nicht mehr zu helfen.

„Schießt endlich!“, feuerte Gandalf die verängstigen Seeleute an.

Endlich schossen die ersten ihre Pfeile ab, doch die meisten verfehlten ihr Ziel, weil sie in großer Hast abgeschossen wurden.

Der Nazgûl war wieder heran. Mit einem Schrei stürzte sich Gandalf auf das Flugtier und schlug mit seinem Schwert auf die Beine des Wesens ein. Die zupackenden Krallen verfehlten dadurch ihr Ziel. Wütend über seinen Fehlgriff schoß der Nazgûl wieder nach oben, schlug einen Salto, um in einem Sturzflug Gandalf erneut anzugreifen.

Gandalf war auf der Hut. Sein Schwert Glamdring stieß nach oben und traf den Unterleib des Tieres. Es stieß einen grellen Schmerzensschrei aus, fing sich aber rasch wieder und stürzte sich voller Wut erneut auf Gandalf. Durch diese rasche Aktion überrascht, bekam es diesmal Gandalf an seinem langen Mantel zu fassen und hochzuheben. Rasch verschwand es mit seiner Beute im Himmel.

Erschrocken sahen die Zurückgebliebenen dem entführten Zauberer hinterher. Wie vorher bei dem Soldaten versuchte das Flugwesen Gandalf weit oben fallen zu lassen, doch Gandalf hatte sich festgekrallt. Das Tier stürzte jetzt im Sturzflug nach unten, um ihn loszuwerden, doch er hielt sich eisern fest.

Über ihm zischte der Nazgûl hasserfüllt auf, unter ihnen tauchte Land auf, denn sie waren in Küstennähe. Unerwartet für das Flugtier und dessen Reiter schwang sich Gandalf mit einem Satz auf den Rücken des Tieres und packte den Ringgeist von hinten. Es war, als würde er in Luft greifen, denn alles, was er in die Hände bekam, war dessen Gewand. Fünf Meter über dem Boden stürzte beide vom Rücken des Flugtieres. Gandalf spürte den Aufprall in allen Knochen, doch er verwandelte seinen Sturz in eine Rolle und war blitzschnell wieder auf den Beinen.

Er war auf den Strand gestürzt, halb noch im Wasser. Glamdring hielt er eisern in der rechten Hand. Er sah sich um. Auch der Ringgeist hatte den Sturz gut überstanden. Er hielt sein Schwert in der Hand und sah Gandalf an. Zumindest glaubte dieser das, denn hinter der Kapuze schien nur Finsternis zu herrschen. Wo sich normalerweise das Gesicht befand, war nur eine schwarze undurchdringliche Masse.

„Olórin!“, zischte er hasserfüllt. Das war Gandalfs richtiger Name.

„Du weißt, wer ich bin?“, fragte Gandalf erstaunt.

„Wir kennen dich. Unser Herr weiß über dich Bescheid“, erklang die bösartige Stimme des Ringgeistes auf. „Er wird dich vernichten.“

Gandalf lachte auf. „Sauron weiß also, wer ich bin? Dann weiß er auch, dass er nicht mächtiger ist als ich. Er glaubt das zwar im Moment, doch ich werde ihn früher oder später vernichten.“

„Das schaffst du nicht.“

„Oh doch! Und mit dir werde ich anfangen.“

„Du glaubst doch nicht, mich töten zu können“, zischte der Ringgeist. „Kein lebender Mann kann mich töten.“

Diese Bemerkung sagte Gandalf, dass er den obersten Ringgeist vor sich hatte: den Hexenkönig von Angmar. „Vielleicht kann ich dich nicht töten, aber ich kann dich besiegen. Und genau das werde ich jetzt tun“, versprach der Zauberer und hob Glamdring hoch. Er bedauerte kein Feuer zu haben, denn dann wäre es ein kurzer Kampf geworden. Das Flugtier kreiste noch immer am Himmel und stieß heisere Schreie aus. Es rief seinen Herrn.

Der Nazgûl ließ sich nicht ablenken, ebenso wenig Gandalf. Der Schreckliche hob sein Schwert und stürmte auf Gandalf zu. Der Zauberer wich aus und der Angriff ging ins Leere. Lauernd umkreisten sich die beiden Gegner. Das Flugtier zog über ihnen seine Kreise und lauerte darauf eingreifen zu können.

Eine Zeit lang wogte der Kampf ausgeglichen hin und her. Gandalf war etwas im Nachteil, er musste auf das Flugtier aufpassen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das Schwert des Ringgeistes ihn nicht traf, denn dieses war vergiftet. Der Nazgûl verhöhnte ihn, doch Gandalf achtete nicht auf seine Worte. Er wollte sich nicht ablenken lassen. Plötzlich stolperte Gandalf über einen Stein und stürzte. Sofort war der Ringgeist bei ihm und hob triumphierend sein Schwert.

Gandalf sah dem Tod ins Auge. Da zischte etwas über ihn hinweg und traf den Nazgûl. Sofort fing dieser Feuer und stieß schrille Schreie aus. Das Flugtier schoss herab und packte seinen Herrn. Die beiden verschwanden im Himmel und Gandalf sah ihnen erstaunt hinterher.

„Gandalf, bist du verletzt?“, Aragorn taucht in Gandalfs Blickfeld auf, gefolgt von drei der Fremden und Faramir. Aragorn streckte seine Hand aus und half Gandalf auf.

„Nein, mir fehlt nichts“, antwortete der Zauberer. Er sah, wie die braunhaarige Frau ihren Bogen sinken ließ. Anscheinend hatte sie den Brandpfeil auf den Ringgeist abgeschossen.

„Vielen Dank für die Rettung“, wandte er sich an Rhiana.

Die Antikerin sagte lächelnd. „Ich bin froh, dass ich dir helfen konnte.“

„Wo kommt ihr her?“, wollte Gandalf wissen.

„Wir beobachteten deinen Flug mit dem Nazgûl und sahen, wie ihr abgestürzt seid. Da haben wir ein kleines Boot genommen und sind an Land gerudert“, erklärte Faramir ihm.

Gandalf blickte auf das Meer hinaus und sah die Seemöve nicht weit weg vor Anker liegen.

Aragorn sah sich besorgt um. „Wir sollten verschwinden. Zwar glaube ich nicht, dass der Ringgeist zurückkommt, doch noch sind wir zu nahe an Umbar.“

Er hatte recht, also gingen alle zurück an Bord der Seemöve und lichteten die Anker.

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Kapitel 22 by Selana
22. Ein unerwartetes Wiedersehen

Wie jeden Tag in den letzten Wochen überprüfte Boromir zusammen mit Ronon die Wachen auf der Festung über Pelargir. Zwar war das nicht nötig, denn wie üblich war alles in bester Ordnung. Die Aufgabe lenkte sie aber etwas ab.

Boromir dachte, wie schon oft daran, dass es langsam Zeit wurde nach Minas Tirith zurückzukehren. Sein Vater hatte ein paar Mal nach ihm verlangt, doch er hatte immer wichtige Aufgaben vorgeschoben. Doch langsam gingen ihm die Entschuldigungen aus. Gestern war erneut ein Bote von Denethor gekommen, der seine dringende Heimkehr gefordert hatte.

Ronon dagegen dachte die letzten Tage oft an seine Freunde aus Atlantis. Immer wieder fragte er sich, ob sie noch am Leben waren. Er verfluchte den Umstand, der dazu geführt hatte, dass er von ihnen getrennt worden war. Doch so oft er sich auch deswegen Vorwürfe machte, es änderte nichts daran, dass er vielleicht den Rest seines Leben hier verbringen würde.

Boromir sah ihn an. „Du denkst wieder an deine Freunde?“

Ronon nickte.

„Auch ich mache mir viele Gedanken über meinen Bruder und über meinen Vater. Er hat mir schon wieder eine Nachricht geschickt. Diesmal werde ich wohl gehen müssen.“

„Dann werde ich dich begleiten. Wenn sie noch am Leben und in Faramirs Begleitung sind, werden sie irgendwann in Minas Tirith auftauchen“, meinte Ronon.

„Du bist in meiner Heimatstadt willkommen. Für einen tapferen Krieger wie dich haben wir immer einen Platz“, Boromir legte ihm einen Arm um die Schultern. „Komm! Gehen wir noch einmal in die Stadt. Ich möchte vor meiner Abreise noch einen Freund zu besuchen. Morgen werden wir ein Schiff suchen und nach Minas Tirith segeln.“

Sie erreichten die Häuser von Pelargir, die gleich hinter der Festung begannen. Die Sonne war vor einer Stunde aufgegangen, und langsam wurde es auch in den verwinkelten und engen Gassen der Altstadt hell.

Das Haus von Boromirs Freund befand sich in der Nähe. Die Straßen, die sie nun betraten, waren breiter, heller und auch freundlicher, die Häuser gepflegter. Blumengärten, kleine Parkanlagen und auch einige Obstgärten waren zu sehen.

Plötzlich sah Boromir etwas voraus einen Menschen über die Straße hasten. Drei weitere folgten in kurzen Abständen. Das sah verdächtig aus, und da die Fremden in die Richtung des Hauses von Boromirs Freund liefen, beschlossen Ronon und er ihnen zu folgen.

Nachdem sie einige Zeit gelaufen waren, blieb Boromir einen Moment stehen, um zu lauschen. Er hatte sich nicht geirrt. Voraus wurde gekämpft. Deutlich hörte er den Klang, wie wenn Stahl auf Stahl schlug. Schnell eilten sie weiter auf das Geräusch zu.

Boromir war einige Schritte vor Ronon. Er sah eine schlanke Gestalt mit zwei weiteren kämpfen. Eine Person lag schon bewegungslos am Boden. Der Angegriffene wehrte sich gut, und bis sie am Kampfplatz ankamen, hatte dieser seine Gegner besiegt. Als der Sieger ihn sah, griff er mit einem Schrei an und Boromir begriff, dass der andere ihn für einen Gegner hielt. Nur mit einem blitzschnellen Sprung zur Seite konnte er dem Schwertstoß ausweichen. Schnell zog auch er sein Schwert aus der Scheide.

„Halt!“, rief er. „Ich bin ein Freund.“

Der andere hörte nicht auf ihn. Boromir sah lange braune Haare im Wind wehen, als er angriff. Und die Figur war schlank wie eine Gerte, eindeutig nicht die Figur eines Mannes. Eine Frau! Mit einer Frau wollte er nicht kämpfen. Also lief er einige Schritte zurück.

„Bleib stehen und kämpfe, du Feigling!“, rief die Frau ihm nach.

Sofort blieb Boromir stehen, da seine Neugierde siegte.

„Hört auf zu kämpfen, Schildmaid!“, rief er der Unbekannten zu. „Ich will Euch nichts Böses. Als wir Euch von anderen verfolgt sahen, eilten wir hinterher.“

„Wir?“

„Rhiana! Ich glaube es nicht!“, Ronon war heran und umarmte die überraschte Frau stürmisch.

„Ronon! Du erdrückst mich ja!“

Schnell ließ der große Mann sie los. „Entschuldige, ich war nur überrascht, dich zu sehen.“ Er sah sich um. „Wo sind Sheppard, Teyla und McKay?“

„Sie sind im Hafen auf unserem Schiff“, Rhiana sah den Begleiter von Ronan an. Er trug die Uniform eines Soldaten aus Gondor. Sie stutzte. „Kennen wir uns nicht? Ihr kommt mir irgendwie bekannt vor.“

Boromir musterte sie interessiert. „Nein, das glaube ich nicht. Wenn wir uns schon einmal begegnet wären, würde ich mich sicher daran erinnern. Ihr seid eine wunderschöne Frau, meine Herrin.“

„Passt auf, dass John das nicht hört“, meinte Rhiana lächelnd. „Nun gut! Wenn es den Herren nichts ausmacht, kehren wir zum Hafen zurück. Sie werden sich sicher schon Sorgen um mich machen. Eigentlich wollte ich mir nur die Füße vertreten, als ich von diesen Rüpeln überfallen wurde. Ein paar besiegte ich, doch gegen die Übermacht blieb mir nur die Flucht, da sie mir den Weg zurück zum Schiff abgeschnitten haben. Sie glaubten wohl, mit einer Frau leichtes Spiel zu haben. Diesen Glauben habe ich ihnen gründlich ausgetrieben.“

„Ich stimme Euch zu, Ihr habt es ihnen gezeigt. Mein Name ist übrigens Boromir“, stellte er sich selbst vor.

Rhiana blieb wie erstarrt stehen und sah ihn an. Ein Zeichen des Verstehens lief über ihr Gesicht. „Deswegen also“, sagte sie.

„Was meint Ihr damit?“, fragte Boromir erstaunt.

„Kommt einfach mit mir. Ich habe eine Überraschung für Euch.“

Ronon mischte sich ein. „Rhiana ist eine der Freunde, die ich gesucht habe.“

Boromir erstarrte. Das würde ja bedeuten, dass Faramir bei ihnen war. „Ist Faramir bei Euch, meine Herrin?“

Rhiana nickte zustimmend. „Folgt mir einfach.“

Bald wehte ihnen das unverwechselbare Geruchsgemisch von Fisch und Wasser entgegen. Über sich hörten sie das Gekreische von Möwen und das Gegröle von menschlichen Stimmen. Um diese Tageszeit herrschte am Hafen Hochbetrieb.

Rhiana blieb am Ende der Gasse stehen. Vor ihnen erstreckte sich die Kaianlage. Schiffe jeder Größenordnung hatten angelegt. Menschen, manche mit Gepäck beladen, Karren ziehend oder Tiere vor sich hertreibend, hasteten über die Mole. Das Gedränge war groß. Rhiana ging zielsicher zu einem großen Kriegsschiff ganz in ihrer Nähe.

„Das ist die Seemöve,“, erklärte Rhiana. „Mit dem Schiff sind wir hergekommen.“

„Aber das ist das Flaggschiff meines Onkels, des Fürsten von Dol Amroth!“

„Richtig! Sagte ich nicht, dass ich eine Überraschung für Euch habe?“

Auf dem Deck des Schiffes waren einige Leute zu sehen. Ein Mann stand an der Reling und blickte zur Stadt. Ronon erkannte Sheppard.

Als er die drei sah, winkte er heftig zu ihnen herüber. „Rhiana! Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Wo warst du denn?“

„Ich hatte eine unerfreuliche Begegnung, und bin dann zwei Freunden begegnet!“, rief sie zurück.

Überrascht blickte Sheppard auf die zwei Begleiter von Rhiana und glaubte seinen Augen kaum zu trauen. „Ronon!“

John kam die Gangway heruntergelaufen und gegrüßte Ronon überschwänglich. Ronon war ebenfalls froh, ihn zu sehen, auch wenn er es nicht so offen zeigte wie John.

„Sheppard, schön dich zu sehen.“

Sheppard blickte neugierig auf den zweiten Mann. Irgendwie kam er ihm bekannt vor.

„Boromir, darf ich Euch John Sheppard vorstellen? Sheppard, das ist Boromir.“

Jetzt wusste John, warum ihm der Unbekannte bekannt vorkam. „Seid Ihr etwa Faramirs Bruder?“

„Ja, das bin ich in der Tat. Wo ist mein kleiner Bruder?“

„Boromir!“

Der Ruf ließ den großen Mann erstarren. Da lief ihm auch schon Faramir entgegen. Die beiden Männer fielen sich lachend in die Arme.

„Na, das nenn ich eine Begrüßung“, hörten sie eine bekannte Stimme sagen. „Hallo Ronon, du lebst also noch?“

„Dr. McKay! Schön, auch dich zu sehen“, meinte Ronon schmunzelnd.

„Ronon!“, Teyla war heran und fiel ihm in die Arme. Dies war eine Umarmung, die ihm schon besser zusagte, als die vorhin von Sheppard.

Boromir hatte seinen Bruder inzwischen freigegeben. „Was machst du nur für Sachen, Kleiner? Wir waren in großer Sorge um dich.“

„Wir? Du meinst wohl „du“, oder? Ich glaube nicht, dass unser Vater sich große Sorgen machte. Das hat er noch nie getan.“

„Da irrst du dich aber. Er zeigt es nur nicht.“

„Schön, dass du meine Gefühle beschützen willst, aber ich kenne Vater. Um aber deine Frage zu beantworten: Ich wollte ein kleines Abenteuer erleben. Es wurde ein Großes daraus.“

„Hör mal, du rennst einer Sage nach! Ich hätte doch etwas mehr Verstand von dir erwartet.“

„Vielleicht, aber es ist keine Sage. Wir haben das Aure gefunden.“

„Was? Wo? Ich glaube, du hast mir viel zu erzählen.“

Faramir lächelte verschmitzt und zeigte auf Sheppard. „Das sind meine Freunde Rhiana, John, Teyla und McKay. Zusammen haben wir das Aure gefunden.“

„Wie kommt ihr zu einem Schiff unseres Onkels?“, wollte Boromir wissen.

„Es sind noch einige an Bord, die du kennst. Komm! Gehen wir zu ihnen. Sie werden sich freuen, dich zu sehen.“

Sheppard stand mit Rhiana etwas abseits. Ronon unterhielt sich mit Teyla.

Und McKay freute sich einfach, dass alle wieder beisammen und in Sicherheit waren.

Da fühlte Sheppard einen Blick auf sich ruhen. Er sah Mithrandir in der Nähe stehen und ihn beobachten.

„Ich weiß, woher Ihr kommt. Ihr dürft mich gerne Gandalf nennen.“

„Gandalf? Nannte Faramir Sie nicht Mithrandir?“

„Ich besitze viele Namen, und ich bin nicht nur in dieser Welt zu Hause. Genau wie Ihr.“

„Wie meinen Sie das?“

„Eigentlich bin ich das, was Ihr einen Aufgestiegenen nennt.“

Sheppard und Rhiana erstarrten. „Sie sind ein Antiker?“

„Gewissermaßen. Als mein Volk vor Äonen vor der Wahl stand, weiter als Mensch oder als Geistwesen zu leben, entschied ich mich für Letzteres. Ihr und Rhiana seid Menschen, die von den Mitgliedern meines Volkes abstammen, die nicht aufgestiegen sind.“

„Das wissen wir, doch was macht Ihr dann hier?“, fragte Rhiana.

„Diese Welt, Mittelerde genannt, ist ein Zufluchtsort, ein sicherer Hafen für diejenigen, die noch nicht aufgestiegen sind, aber in Frieden leben wollen. Und sie können sich hier darauf vorbereiten, aufzusteigen. Die Menschen nennen sie Elben.“

„Das alles wissen wir. Eine Elbenfrau gab uns Geschenke mit. Und sie verriet uns auch, wo wir das Aure finden konnten. Das einzige Gerät, das es uns erlaubt, von hier wegzufliegen. Unser Jumper liegt noch dort im Wald, und wenn wir das Aure einbauen, sollten wir diese Welt verlassen können, um durch das Stargate im Orbit des Planeten nach Hause zu fliegen.“

„Nach Atlantis“, vermutete Gandalf. „Ihr wart bei Galadriel in Lothlórien? Deshalb ist Haldir bei euch.“

„Ja, so nannte sich die Frau“, sagte Rhiana.

„Dann habt Ihr ja schon von ihr alles wichtige erfahren“, meinte Gandalf.

„Das schon, aber wir haben noch viele Fragen. Warum seid Ihr hier? Normalerweise mischen sich die Aufgestiegenen nicht in die Angelegenheiten der Menschen ein.“

„Nicht hier, denn diese Welt steht unter dem Schutze der Aufgestiegenen. Doch es gibt unter uns welche, die den bösen Weg einschlugen. Sie nennen sich die Ori und versuchen immer wieder diesen Zufluchtsort zu zerstören. Ich bin einer der Wächter und muss nun die Welt vor einem weiteren Angriff schützen. Ein Ori namens Sauron versucht erneut die Welt zu beherrschen. Ich muss ihn aufhalten. Für diesen Zweck baue ich eine Armee auf, aber das ist nicht eure Aufgabe. Ihr müsst zurück nach Atlantis. Meine Kräfte wirken hier nicht, verursacht, durch das gleiche Feld, das auch den Einsatz von Technik verhindert. Doch ich werde mit Euch nach Lothlórien gehen und Euch helfen von hier wegzukommen.“

Am anderen Morgen segelten sie bei günstigem Wind nach Minas Tirith. Als am Ende ihrer langen Reise Minas Tirith auftauchte, standen Rhiana und Sheppard staunend an der Reling und bewunderten die Weiße Stadt, die direkt in den Felsen gebaut worden war. Im Licht der Sonne funkelten die weißen Mauern, Kamine, Balkone und Häuser der Stadt. Der Weiße Turm Ecthelions, hoch oben auf der siebten Ebene, grüßte sie von weitem. Die Banner wehten im Wind, und die Hörner der Stadt bliesen zu ihrer Begrüßung, denn ihre Ankunft war schon angekündigt worden.

„Du hast nicht übertrieben, Faramir. Der Anblick der Stadt ist überwältigend“, sagte Rhiana.

„Wartet ab, bis ihr oben seid“, meinte Faramir stolz. „Ihr könnt so lange in der Stadt bleiben, wie es euch beliebt. Als Ehrengäste des Hauses von Denethor.“

„Ich hoffe, ihr seid nicht böse, wenn wir nicht lange bleiben?“ sagte John. „Sobald wir uns etwas ausgeruht haben, werden wir weiterziehen. Mit Hilfe des Aure können wir hoffentlich nach Hause zurückkehren.“

Das verstanden die beiden Brüder, auch wenn schweren Herzens.

„Doch wenn es nicht klapp, seid ihr in Minas Tirith herzlich willkommen“, sagte Faramir.

Die Atlanter dankten ihm, hofften jedoch, das freundliche Angebot nicht annehmen zu müssen.

Sie blieben zehn Tage in Minas Tirith und genossen die Gastfreundschaft der Gondorianer. Diese Zeit brauchten sie, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen. In diesen Tagen besichtigten sie die eindrucksvolle Festungsstadt und genossen die wunderbare Aussicht über die Pelennor-Felder. Mit Denethor selbst hatten sie nicht viel zu tun. Er begrüßte die Gäste seiner Söhne nur kurz und ließ sich dann die meiste Zeit entschuldigen. Den Brüdern und den Atlantern war das sogar recht, so konnten sie die Tage ungezwungener geniesen.

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Kapitel 23 by Selana
23. Heimkehr

Es war eine Reise in umgekehrter Reihenfolge. Allerdings benutzten sie diesmal Pferde, die sie von Faramir und Boromir geschenkt bekommen hatten. Schweren Herzens hatten die Brüder die Freunde am Stadttor verabschiedet.

Gandalf und Aragorn wollten mit ihnen reisen. Aragorn hatte sowieso vorgehabt die Elben in einer Stadt, die Imladris hieß zu besuchen und er meinte, dass sie den gleichen Weg hatten. Gandalf, den es ins ferne Auenland zog, erklärte, dass auch er genauso gut den Weg über Lothlórien nehmen konnte, als über die Pforte von Rohan zu reisen.

So konnten die Atlanter bis nach Lothlórien die Gesellschaft der beiden ungewöhnlichen Männer geniesen.

Diesmal dauerte die Reise ein paar Tage länger, doch sie hatten es nicht so eilig. Gandalf konnte ihnen Geschichten der alten Antiker, die aufgestiegen waren erzählen. Aragorn hörte dem allen neugierig zu, auch wenn er oft nicht wusste, was sie meinten, wenn sie mit Begriffen wie „Sternentor, Puddle Jumper, Raumschiffe und dergleichen“ um sich warfen.

John versuchte ihm zu erklären, was ein Raumschiff und ein Sternentor war.

„Du meinst also, dass ihr mit diesen Raumschiffen durch die Lüfte fliegen oder zwischen den Sternen reist. Wie ist das möglich? Was ein Sternentor ist, will ich mir lieber gar nicht vorstellen.“

Sheppard lächelte verstehend. „Ich glaube dir gerne, dass das alles verwirrend für dich ist. Ich selbst musste mich erst daran gewöhnen mit Raumschiffen zu fliegen und durch Wurmlöcher zu anderen Welten zu reisen. Du darfst mir glauben, dass auch für mich das noch neu ist. Unsere Vorfahren sind dieselben. Meine blieben zwischen den Sternen, während deine nach Mittelerde gingen. Im Laufe von vielen tausend Jahren vergaßen sie dieses Wissen wieder. Doch ich bin sicher, dass tief in dir das Verständnis darüber auch schlummert.“

Rhiana, die etwas abseits mit Teyla saß, beobachte die beiden Männer und ihr fiel auf, dass sie sich sehr ähnlich waren. Nicht im Aussehen vielleicht, sondern in ihrer Art. Beiden war eine große Zukunft vorherbestimmt: Aragorn als König von Gondor und John als Führer seines Volkes auf der Erde. Und beide mussten erst um ihr Erbe kämpfen.

„Dieses Raumschiff, darf ich es sehen?“, fragte Aragorn.

„Natürlich. Es liegt in Lothlórien. Die Elben hüten es. Wenn es stimmt, dass das Aure es uns ermöglicht heimzukehren, kann ich dich sogar zu einem kleinen Flug einladen.“

Aragorn blickte John ungläubig an. „Ist das dein Ernst? Ein Flug in einem fliegenden Wagen?“

„Warum nicht?“

Aragorn schien der Gedanke nicht ganz zu behagen. „Wir werden sehen“, meinte er dann.

Zwei Monate waren seit ihrem Aufbruch von Lothlórien vergangen, als sie dorthin zurückkehrten.

Nach der Begrüßung durch Galadriel wollten die Atlanter ihren Jumper sehen. Die Frage war, ob sie mit dem Aure heimkehren konnten. Zwei Elben hielten noch immer treulich Wache.

„Ihr seid zurück“, wurden sie begrüßt. „Eurem Gefährt geht es gut. Die Herrin Galadriel war sehr darauf bedacht, dass ihm kein Leid widerfährt.“

Sheppard fand den Gedanken amüsant, dass ihrem Jumper ein „Leid“ hätte widerfahren können. Schließlich war das Raumschiff kein Lebewesen.

„Der Jumper ist nur eine Maschine“, sagte John zu dem Elben. „Aber er ist unsere einzige Möglichkeit zur Heimkehr. Deshalb sind wir dankbar, dass ihr so gut darauf aufgepasst habt.“

„Selbst eine Maschine besitzt eine Persönlichkeit“, meinte der Elbe belehrend.

„Wenn du das sagst. McKay! Schwing deinen Hintern in die Maschine und versuche das Aure einzubauen. Wir wollen endlich nach Hause. Elizabeth wird sich schon Sorgen machen.“

McKay drängte sich an dem Elben und John vorbei. „Ich glaube kaum, denn Galadriel sagte, dass ein Monat bei uns in Mittelerde zehn Monate bedeutet. Wir sind zwei Monate hier, also ist bei uns draußen noch nicht viel Zeit vergangen.“

„Aber für uns sind zwei Monate vergangen! Beeil dich also gefälligst.“

„Ja, ja! Bin ich vielleicht ein Eilzug? Schließlich will ich selbst nach Hause.“

John lächelte, als McKay im Jumper verschwand und dabei weiter vor sich hin schimpfte. Sheppard wusste, dass Rodney auch so schnell gearbeitet hätte, aber er liebte es einfach, den Wissenschaftler etwas zu ärgern.

Bald tauchten Gandalf, Aragorn und Galadriel bei ihnen auf.

John verbeugte sich höflich vor ihr. „Herrin Galadriel, danke, dass Ihr so gut für unser Raumfahrzeug habt sorgen lassen. Er ist unsere einzige Möglichkeit nach Hause zu kommen.“

Galadriel schenkte John ein warmherziges Lächeln. „Das verstehe ich sehr gut. Auch ich sehne mich nach den Unsterblichen Landen und werde bald dorthin gehen.“

„Wie meint Ihr das?“

„Ich werde zu den Meinen gehen.“

„Sie wird aufsteigen“, erklärte Gandalf. „Auch ich werde das nach der Erfüllung meiner Arbeit machen. Aber noch ist unsere Aufgabe nicht beendet. Diesmal werden wir Sauron endgültig vernichten.“

„Wenn wir euch irgendwie helfen können?“, bot John an. „Wir haben Waffen, die … “

„… hier nicht funktionieren“, beendete Gandalf den Satz.

„Doch ihr könnt uns jederzeit besuchen kommen“, meinte Aragorn. „Denn selbst wenn Gandalf und die Elben uns verlassen, werden wir Menschen hier bleiben. Das nächste Zeitalter ist das Zeitalter der Menschen.“

„Wir besuchen euch gerne, aber erst muss Rodney es schaffen, das Aure an die Kontrollen des Jumpers anzuschließen“, meinte John.

Aragorn sah sich das Raumgefährt genau an. „Und das soll fliegen können?“

„Natürlich, sofern wir wieder Energie bekommen. Komm mit, ich zeige dir das Schiffsinnere.“

John führte ihn hinein und zeigte ihm den Pilotenplatz, in dessen Nähe McKay unter einer Konsole lag und herumwerkelte und dabei immer wieder vor sich hinschimpfte, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte.

„Und wie fliegt es?“, wollte Aragorn wissen, als sie sich hinsetzten.

„Ich drücke hier einige Knöpfe, Schalter oder Sensoren und der Antrieb schaltet sich ein. Man kann es aber nur fliegen, wenn man ein bestimmtes Gen von den Antikern, den Vorfahren besitzt. Ich habe es, und bei Rodney konnte es künstlich aktiviert werden.“

In diesem Moment stieß McKay einen Triumphschrei aus. „Ich habe es! Sheppard versuche es mal!“

John drückte gespannt die entsprechenden Tasten und der Antrieb schaltete sich leise ein. „Du hast es tatsächlich geschafft, Rodney. Gute Arbeit.“

Rodney stemmt die Arme in die Hüften und meinte: „Hattest du etwa Zweifel daran?“

„Eigentlich, ja!“

„Danke für dein großes Vertrauen. Das Aure ist im Grunde nur ein großer Energiekristall, der an die Systeme des Jumpers angeschlossen wird. Ähnlich wie ein ZPM. Versuch mal abzuheben. Allerdings sendet er einen mir ungekannten Energiestrahl aus. Deswegen kann man mit ihm trotz des Energieschildes fliegen.“

Sheppard dachte daran zu starten und sofort hob der Jumper sich einige Meter in die Höhe. Schnell ließ John ihn wieder landen.

„Aber du hast gar nichts gemacht“, wunderte sich Aragorn. „Keine Knöpfe gedrückt oder so was.“

„Der Jumper ist ein Wunderwerk der Vorfahren. Er reagiert auf die Gedanken des Piloten.“

Aragorn sah jetzt noch fassungsloser aus. „Du fliegst ihn mit deinen Gedanken?“

„Richtig! Doch jetzt sollten wir zu den anderen hinausgehen“, Sheppard stand auf und ging Richtung Ausgang.

Ohne sich etwas dabei zu denken, setzte sich Aragorn auf den Sitz von Sheppard und berührte einen Schalter. Sofort schaltete sich der Antrieb ein. Mit einem blitzschnellen Satz war John zurück und schaltete wieder aus.

Dann blickte er Aragorn an. „Du besitzt auch das Gen. Das beweist eindeutig, dass dein Volk von den Antikern abstammt. Gandalf und Galadriel hatten recht.“

„Ich will das Ding aber nicht fliegen!“, rief Aragorn. Er sprang auf und lief so schnell er konnte aus dem unheimlichen Gefährt.

Sheppard sah ihm lächelnd hinterher. Dann ging auch er nach draußen. Dort standen alle beisammen und blickten ihnen entgegen.

„Gandalf, du hattest recht. Auch Aragorn besitzt wie ich die Gene der Antiker. Er könnte die Technik der Alten bedienen.“

„Aragorn gehört hier her, John. Ich hoffe, du hast nicht vor, ihn wegzuholen?“

„Nein, keine Sorge. Es war nur eine Feststellung.“

„Hast du etwa an meinen Worten gezweifelt?“

„Eigentlich nicht, aber ein richtiger Beweis ist eben eine bessere Bestätigung.“

„Ich verstehe, du brauchst für alles eine Erklärung.“

„Nicht unbedingt.“

„Doch nun kommt! Heute Abend werden die Elben euch zu ehren ein Abschiedsfest geben. Solange müsst ihr auf jeden Fall noch bleiben“, sagte Gandalf.

„Es wäre unhöflich, das abzulehnen“, meinte John schmunzelnd.

Am anderen Morgen, nach einem langen und wunderschönen Fest brachten Gandalf, Aragorn und Galadriel die fünf Atlanter zu dem Jumper. Aragorn hatte einen Rundflug abgelehnt. Ihm war dieses fliegende Gefährt zu unheimlich.

„Und es ist abgemacht? Ihr kommt uns wieder besuchen?“, fragte Aragorn John, bevor er in den Jumper stieg.

„Versprochen ist versprochen. Wir kommen so schnell es uns möglich ist. Aber zwei bis drei Monate nach unserer Zeitrechnung werden schon vergehen.“

„Das sind dann fast zwei Jahre für uns“, meinte Aragorn enttäuscht. „Aber gut, wir werden warten.“

„Dann bist du vielleicht schon König von Gondor“, sagte John und schlug ihm auf die Schultern. „Ich würde mich für dich freuen.“

„Nun, ich selbst bin mir da nicht so sicher“, meinte Aragorn. „Aber wir werden sehen.“

Alle umarmten sich zu Abschied, dann stiegen die Atlanter in den Jumper. Die Rüstungen und die Waffen hatten sie geschenkt bekommen. Es würde sie immer an Mittelerde und die neuen Freunde erinnern.

Aragorn, Gandalf und Galadriel sahen ihnen nach, als der Jumper langsam abhob und im Morgenhimmel verschwand.

„Wir werden auch bald aufbrechen. Die Pflicht ruft uns. Ich muss ins Auenland und Aragorn will seine Arwen besuchen“, sagte Gandalf.

„Wir werden sie wiedersehen“, sagte Galadriel. „Doch es werden mehr als drei Jahre vergehen.“

„Du musst es ja wissen, denn du hast die Gabe der Vorhersehung.“

Dann drehten sie sich um und gingen zurück. Was über die Zukunft für sie bereithielt, sie würden vorbereitet sein.

Ende
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