Das geheimnisvolle Paket by Astra
Summary: Jack fühlt sich dafür verantwortlich, dass jemand rechtzeitig zu Weihnachten noch ein Geschenk bekommt. Obwohl er ihn gar nicht kennt.
Categories: Stargate SG-1 Characters: Jack O’Neill (SG-1), Multi-Chara, Own Character
Genre: Friendship, X-Mas
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 3717 Read: 2491 Published: 12.01.12 Updated: 12.01.12

1. Kapitel 1 by Astra

Kapitel 1 by Astra
Author's Notes:
Anmerkungen: Eine Begebenheit, die mir im vorigen Jahr zwei Tage vor Weihnachten tatsächlich passiert ist, war der Ausgangspunkt für diese Geschichte.
Das geheimnisvolle Paket


Es war bereits kurz vor 22.00 Uhr, als Jack in seine Straße einbog. Irgendwie schienen in letzter Zeit die Arbeitstage immer länger zu werden. Heute hatte ihn ein Zwischenfall mit den Tok’ra davon abgehalten, zu einer halbwegs vernünftigen Zeit nach Hause zu fahren. In letzter Zeit waren die Beziehungen sehr angespannt. Doch mit Daniels Hilfe hatte Jack auch diese Krise gemeistert.

Er gähnte, als er in seiner Auffahrt stoppte. Die Leitung des SGCs zehrte doch stärker an seinen Nerven, als er zugeben mochte. Ohne Walter wäre er wohl völlig aufgeschmissen.

Er stieg aus dem Auto, schloss ab und sah vorm Aufschließen der Haustür noch einmal halbherzig in den Briefkasten. Eigentlich erwartete er nicht, etwas darin zu finden. Die Tageszeitung hatte er schon am Morgen gelesen, und sonst kannte er niemanden, der ihm eine Karte oder gar einen Brief schreiben würde.

Während alle um ihn herum gerade zu dieser Jahreszeit bunt beklebte und handgeschriebene Karten bekamen, war alles, was er herausfischte, entweder Werbung oder Kreditangebote. Meistens warf er den Kram so wie er war in den Mülleimer.

Umso erstaunter war er, als er die kleine Karte entdeckte. Fast hätte er sie übersehen gehabt. Mühsam angelte er sie heraus und versuchte, sie im Schein der Außenlaterne zu entziffern. Der Postbote hatte eine Sendung in der Nachbarschaft abgegeben. Bei Mrs. Grady, um genau zu sein.

Jack hatte absolut keine Ahnung, wer ihm etwas so Großes schicken könnte, das nicht in seinen Briefkasten passte. Aber heute würde er das nicht mehr erfahren. Es war eindeutig zu spät, um noch bei Mrs. Grady zu klingeln. So verschob er seine Neugierde auf morgen und beschloss, zur Abwechslung mal etwas früher ins Bett zu gehen.



*****



Den ganzen Tag über dachte Jack darüber nach, was wohl der Inhalt dieses Paketes sein könnte. Schließlich glaubte er die Lösung gefunden zu haben: Es war bestimmt nur die Buchbestellung, die er vorgestern im Internet aufgegeben hatte. Daniel hatte ihn mehr oder weniger dazu überredet.

Eigentlich war Jack mehr der Typ Mensch, der ein Buch vorher im Buchladen mal in der Hand gehalten und durchgeblättert haben musste, bevor er sich zu einem Kauf entschied. Doch da er in letzter Zeit viel zu wenig Zeit zum gemütlichen Bummeln fand, hatte er mit Daniels Hilfe in der Mittagspause einmal ein bisschen bei einem Online-Versand gestöbert. Wenn das wirklich schon die Lieferung war, dann wären die zwar verdammt fix gewesen, aber vielleicht besaßen sie ja einen Ehrenkodex, dass alles vor Weihnachten noch raus musste. Ja, so musste es sein!

Da heute ein etwas ruhigerer Tag gewesen war, konnte er den Mountain bereits gegen 20.00 Uhr verlassen. Er fuhr direkt bei Mrs. Grady vorbei, um sich sein Päckchen abzuholen. Er mochte die alte Lady, doch brachte er heute nicht die rechte Geduld auf, sich auf ein längeres Gespräch mit ihr einzulassen. So nahm er nur schnell den Karton entgegen, dankte ihr für ihre Mühe und wünschte ihr ein schönes Weihnachtsfest.

Als er wieder in sein Auto stieg, wunderte er sich zwar darüber, dass der Karton so groß und schwer war, aber erst als das Paket zu Hause auf seinem Tisch fertig zum Öffnen bereitstand und er auf den Absender sah, begann er zu stutzen. Er kannte niemanden in Los Angeles, und auch niemanden mit dem Namen Roberts.

Nun besah er sich auch die Adresse genauer. Mrs. Grady war etwas kurzsichtig, und so war ihr offensichtlich nicht aufgefallen, dass da gar nicht sein Name stand. Warum der Postbote ihr allerdings das Paket überhaupt angedreht hatte, war eine andere Frage. So leicht konnte man nun O’Neill und O’Reilly wirklich nicht verwechseln, nur weil beides irische Namen waren.

Straße und Postleitzahl stimmten aber. Jack grübelte, ob er jemanden mit dem Namen O’Reilly in seiner Straße kannte. Es war gut möglich, dass in letzter Zeit jemand hergezogen war. Da er oftmals so spät nach Hause kam, sah er immer nur die hell erleuchteten Fenster, aber selten die Nachbarn selbst. Und sein Haus lag auch ganz am Ende der Straße, unmittelbar bevor der Wald losging. Er konnte unmöglich alle Bewohner der Straße kennen.

Natürlich hätte er das Paket einfach an den Absender zurückschicken können, aber auf eine merkwürdige Art fühlte er sich dafür verantwortlich, dass J. O’Reilly, wer immer das war, sein oder ihr Paket bekam, und das möglichst noch vor Weihnachten. In seinem Kopf begann sich ein Plan zu formen.



*****



Am nächsten Morgen holte Jack seine Joggingschuhe aus der Ecke hervor. Eigentlich hatte Dr. Fraiser ihm das Joggen wegen seiner Knie schon vor drei Jahren verboten, aber er konnte ja nun nicht zu Fuß die Straße entlanggehen und an jedes Türschild schauen. In einem Land, wo jeder Meter mit dem Wagen zurückgelegt wurde, hätte das sicherlich merkwürdig, wenn nicht sogar verdächtig ausgesehen.

So joggte er am frühen Sonnabendmorgen bei herrlichstem Sonnenschein und ein paar Zentimeter frischgefallenem Schnee einmal die Straße hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf. Grüßte den Zeitungsjungen und den, der die Milch brachte, und versuchte möglichst unauffällig die Namensschilder zu entziffern. Ein paar mit O waren dabei, aber keiner, der auf den Namen O’Reilly lautete.

Eine Stunde später kam Jack verschwitzt, aber ansonsten erfolglos wieder vor seinem Haus an. Er duschte und frühstückte, dann nahm er sich das Telefonbuch vor. Da gab es eine Reihe O’Reillys. Vielleicht hatte der- oder diejenige ja mal in seiner Straße gewohnt und war im Laufe des Jahres weggezogen.

Er telefonierte ein paar von den im Telefonbuch verzeichneten Personen an, musste dann jedoch einsehen, dass diese Aktion nichts brachte. Wer wusste denn, ob die betreffende Person überhaupt noch in Springs wohnte? Ja, vielleicht wohnte sie ja noch nicht mal mehr in Colorado! Auf diese Weise würde er sie nie finden, das glich ja der sprichwörtlichen Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.

Erfolgsversprechender schien da schon der Absender. Vielleicht verfügte dieser ja über die Handynummer des Empfängers und könnte Bescheid sagen, wo das Paket abzuholen war.

Entschlossen rief Jack die Auskunft an, doch das Ergebnis war ernüchternd. Es gab keinen Mann mit Namen Roberts und noch nicht mal die Straße, in der er in Los Angeles wohnte, war verzeichnet. Langsam wurde die Sache wirklich etwas spooky.

Da fiel Jack ein, was Carter immer sagte: ‚Es steht alles im Internet, Sir, man muss es nur finden!’ Also setzte er sich an seinen Laptop und rief die Seite mit dem Routenplaner auf. Dort tippte er Straße und Postleitzahl des Absenders ein und wurde auch tatsächlich fündig. Nur, dass die Straße ein klein wenig anders hieß. Er hatte das c für ein o und das n für ein h gehalten.

Doch auch jetzt hatte die Auskunft keinen Treffer parat. Frustriert hängte er das Telefon wieder auf.

Während er ein wenig Hausarbeit erledigte (an bestimmte Sachen ließ er seine Putzhilfe dann doch nicht heran), dachte er unentwegt über das Problem nach. Es musste doch einen Weg geben, dieses Paket an den richtigen Empfänger zu bekommen, for crying out loud!

Mitten beim Wäsche sortieren traf es ihn wie ein Blitz. Er ließ alles stehen und liegen und rief zum dritten Mal die Auskunft an: „Hallo, entschuldigen Sie bitte, dass ich schon wieder störe, aber Sie haben vorhin gesagt, dass unter der Adresse ein anderer Name verzeichnet wäre, ein Mr. Miller oder so. Können Sie mir vielleicht die Telefonnummer von dem Mann geben? Vielen Dank!“

Nachdem er die Nummer notiert hatte, rief Jack bei dem Mann an. Er hoffte, auf jemanden zu treffen, der Lust hatte, ein bisschen Weihnachtsengel zu spielen. Nach dem dritten Klingeln ging endlich jemand ran.

„Mr. Miller? Hier ist O’Neill. Entschuldigen Sie bitte, dass ich störe, aber wäre es vielleicht möglich, dass Sie mal nach nebenan in die Nummer 20 gehen und Mr. Roberts Bescheid sagen, dass ich hier sein Paket habe und nicht weiß, wo es hingehört. Am besten, er ruft mich mal an, dann klären wir das.“

Jack gab dem Mann, der nicht gerade sehr begeistert seine Zustimmung gebrummelt hatte, seine Telefonnummer und konnte dann weiter nichts tun als warten.



*****



Es wurde draußen bereits dunkel, als endlich das Telefon klingelte. Jack sprang vom Sessel auf und ging schnell ran. Wie erwartet meldete sich der Anrufer mit „Roberts – Mr. Miller hat gesagt, ich soll Sie mal anrufen?!“

Die Stimme des Mannes klang, als wäre er schon älter. Jack versuchte, die verzwickte Situation möglichst einfach zu erklären.

„Mr. Roberts, ich habe hier ein Paket an einen oder eine gewisse J. O’Reilly, das der Postbote versehentlich bei mir abgegeben hat. Doch niemand mit diesem Namen wohnt in unserer Straße. Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Adresse haben? Oder hätten Sie vielleicht die Telefonnummer vom Empfänger?“

Am anderen Ende war es eine Weile still. Man hörte den Mann kramen. Dann sagte er eine Telefonnummer an. Jack schrieb schnell mit.

„Das ist meine Tochter. Ihre neue Adresse kann ich aber gerade nicht finden…“ Der Mann klang, als würde er hektisch werden. Jack beruhigte ihn schnell: „Bemühen Sie sich nicht weiter. Ich werde Ihre Tochter anrufen und dann kommt alles in Ordnung. Frohe Weihnachten, Sir!“

„Frohe Weihnachten… und danke, dass Sie das Paket nicht einfach zurückgeschickt haben“, kam es vom anderen Ende. Dann legten sie auf und Jack wählte sofort neu. Doch niemand nahm ab, und er legte auf, bevor der Anrufbeantworter anspringen konnte. Er würde es morgen noch einmal versuchen.



*****



Den ganzen Sonntag über wählte Jack die Nummer, die er von Mr. Roberts bekommen hatte. Ohne Erfolg. Er begann sich schon zu fragen, ob es überhaupt die richtige war. Wenn er die nächsten Tage nicht weiterkommen würde, bliebe ihm wohl nichts anderes übrig, als das Paket doch noch an den Absender zurückzuschicken.

Innerlich setzte er sich eine Frist bis zum Neuen Jahr.

Aber irgendwie ging das gegen seine Natur. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann führte er es auch zu Ende, oder sein Name war nicht Jack O’Neill!

Außerdem war er viel zu neugierig, um das Paket einfach ungeöffnet zurückzuschicken. Vielleicht, wenn er es persönlich überbringen würde, würde er erfahren, was da die ganze Zeit bei ihm im Flur gestanden hatte?

Schließlich, am späten Heiligabend, nahm endlich jemand den Hörer ab. „O’Reilly“, sagte eine Frauenstimme fragend, und Jack war so überrascht, dass er für den Moment kein Wort heraus brachte.

„Wer ist denn da?“ Die Stimme klang ungeduldig und auch ein wenig müde. Jack räusperte sich.

„Entschuldigen Sie bitte die späte Störung, Mrs. O’Reilly. Kennen Sie einen Mr. Roberts?“

„Ja, das ist mein Vater. Was ist mit ihm, ist ihm etwas passiert?“ Jetzt klang sie erschreckt.

„Nein, nein, alles in Ordnung“, beruhigte Jack sie schnell. Innerlich machte er sich Vorwürfe. Er war einfach nicht gut in so etwas.

„Er hat Ihnen ein Paket geschickt, aber offensichtlich stimmt die Adresse nicht mehr und deshalb ist es bei mir gelandet.“

Er hörte, wie die Frau am anderen Ende erleichtert aufseufzte. Dann hörte er im Hintergrund, wie eine Kinderstimme fragte: „Ist das der Santa Claus?“

„Mr. O’Neill, bleiben Sie bitte einen Moment dran? Ich bringe nur Johnny schnell wieder ins Bett.“ Dann entfernten sich die Stimmen. Nach einer kurzen Weile war die Frau wieder da.

„Entschuldigen Sie bitte, Mr. O’Neill, was sagten Sie gerade? Ein Paket?“

„Ja, und es steht hier vor mir. Und bitte, sagen Sie Jack!“

„Okay, Jack. Ich bin Jenny. Und ich habe meinem Vater schon so oft die neue Adresse gegeben. Aber er verbummelt sie immer wieder. Er ist ein wenig vergesslich, wissen Sie.“

Jack hörte ruhig zu. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass das noch nicht die ganze Story war. Irgendwie klang die Frau ein wenig zu angespannt und erschöpft. Doch eigentlich ging ihn das ja gar nichts an. So fragte er: „Wollen Sie sich das Paket morgen abholen kommen?“

Eine kleine Pause entstand. Dann sagte Jenny zögernd: „Das würde ich sehr gern, aber mein Wagen ist in der Reparatur.“

„Und Ihr Mann?“

Darauf bekam er nicht sofort eine Antwort. Bevor sich das Schweigen zu lange dehnen konnte, hörte er sich plötzlich zu seiner eigenen Überraschung sagen: „Ach, wissen Sie was, ich bringe es Ihnen morgen vorbei. Wo genau wohnen Sie denn?“ Sie gab ihm die neue Adresse, nur eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt. Dann verabschiedeten sie sich voneinander. Doch plötzlich rief die Frau noch einmal: „Jack?“

„Ja?“

„Haben Sie morgen schon etwas vor?“

„Nein. So direkt eigentlich nicht.“ War das Bitterkeit, die da in seiner Stimme klang? Er hatte gehofft gehabt, die Festtage zusammen mit Daniel, Sam und Teal’c verbringen zu können, aber irgendwie hatten alle in diesem Jahr eigene Pläne gehabt. Natürlich hatte er so getan, als ob es ihm nichts ausmachen würde und sie sogar noch darin bestärkt, auch mal allein etwas zu unternehmen und ihnen viel Spaß gewünscht. Und doch tat es weh.

„Würden Sie mir die Freude machen und zusammen mit uns essen?“

„Hu?“ Jack hatte für einen Moment den Faden verloren.

„Ich fragte, ob Sie morgen mit uns essen wollen? Als kleine Wiedergutmachung für Ihre Mühe?“

„Aber das ist doch nicht nötig…“ Jack beendete den Satz nicht. Warum zierte er sich eigentlich so? Das war allemal besser, als alleine zu Hause zu hocken.

„Okay!“, sagte er daher, und merkte, wie er sich darauf freute. „Also dann, bis morgen!“

„Bis morgen, Jack!“ Und damit legten sie nun endgültig auf.



*****



Am 25. Dezember gegen 11.00 Uhr fuhr Jack vor dem Haus vor. Es war ein Mehrfamilienhaus mit einigen Apartments darin.

Jack klingelte entschlossen und der Summer ertönte. Er stieß die Tür auf und ging zwei Treppen nach oben. In der Hand trug er das große Paket. In der offenen Wohnungstür stand ein vielleicht fünfjähriger Junge und sah ihn mit großen Augen an. „Bist du der Santa Claus? Wieso hast du !“

Ein wenig vorwurfsvoll sah er Jack an. Darauf war dieser nicht vorbereitet gewesen, doch er fing sich schnell und antwortete: „Nein, aber ich habe ihn unterwegs getroffen. Er entschuldigt sich für die Verspätung und hat mir das hier mitgegeben.“

Damit drückte er dem Jungen das Paket in die Hände, der wie von der Tarantel gestochen in die Wohnung rannte. „Mum, Mum, der Santa Claus hat uns ein Geschenk gebracht!“

Jack trat ebenfalls ein und zog die Tür hinter sich zu. Aus dem Raum, der offensichtlich die Küche war, kam eine junge Frau mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm. Sie nickte ihm nur kurz zur Begrüßung zu und nahm dann ihrem Sohn das Paket ab.

„Bitte, legen Sie doch ab, fühlen Sie sich wie zu Hause!“, rief sie Jack über die Schulter zu, während Johnny immer noch um sie herumtanzte. „Darf ich es aufmachen, bitte, bitte, Mum!“

Sie legte das Paket schnell oben auf einen Schrank außerhalb seiner Reichweite. „Erst nach dem Essen, okay? Hilfst du mir in der Zwischenzeit den Tisch decken?“

Jack stand immer noch etwas unsicher im Eingangsbereich herum und schaute auf die Szene, die sich vor ihm abspielte. Er bewunderte Jenny, wie sie ihren Sohn im Griff hatte. Bilder einer anderen Familie und eines anderen kleinen Jungen – Charlie – schoben sich in seine Gedanken.

Wenn er so recht darüber nachdachte, hatte er die ganze Erziehungsarbeit eigentlich immer Sara überlassen. Er war derjenige gewesen, der mit Charlie campen und angeln ging, aber um so wichtige Dinge wie Hausaufgaben kontrollieren hatte er sich immer gedrückt. Er war der coole Vater, mit dem man rumalbern und Spaß haben konnte, Sara aber war die Mutter, die oftmals den Buhmann spielen und Charlie (und manchmal auch ihn) wieder zur Vernunft hatte bringen müssen. Das war unfair gewesen.

Vorbei, zu spät. Er konnte es nicht mehr ändern. Er schüttelte die trüben Gedanken ab und trat endlich ins Wohnzimmer. Gerade richtig, um von Jenny die Kleine auf den Arm gedrückt zu bekommen mit der Begründung „Ich muss mal nach dem Truthahn sehen, würden Sie sie solange halten?“

Da stand er nun mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm, das ihn stumm und ernst musterte. „Na, wie heißt du denn?“, versuchte er unsicher.

„Sie heißt Jenny, wie Mum“, kam es von Johnny, der eifrig dabei war, das Besteck auf dem Tisch zu verteilen. Die Kleine hatte wohl inzwischen entdeckt, dass das nicht mehr ihre Mum war, die sie da trug, verzog das Gesicht und begann zu weinen.

„Na, na, schsch, was ist denn so schlimm? Schau mal, da ist ein Rentier!“ Jack trug die Kleine auf dem Arm durch das Wohnzimmer und blieb vor dem schön geschmückten Weihnachtsbaum stehen. Ein Blick zeigte ihm, dass tatsächlich keine Geschenke darunter lagen. Jetzt war er umso mehr gespannt, was wohl in dem Paket sein würde. Er hoffte sehr, der kleine Junge würde nicht enttäuscht werden.

In dem Moment kam die junge Frau mit einer Platte aus der Küche. „Entschuldigen Sie bitte, wir haben nur Truthahnkeulen, für einen ganzen hat es leider nicht gereicht.“

„Aber das macht doch nichts. Meine Großmutter hat immer gesagt ‚Mit Liebe gekocht ersetzt jedes Restaurant’, und ich finde, da hat sie Recht gehabt!“ Jack half ihr, die Kleine in ihren Stuhl zu setzen, dann versammelten sich alle um den Tisch.

Jack griff schon nach der Gabel, als er feststellte, dass die anderen ihre Hände gefaltet hatten und das Tischgebet sprechen wollten. Beschämt legte er sie wieder hin und tat es ihnen gleich. Es war lange her, dass er gebetet hatte, seit Charlies Tod nicht mehr, aber hier fühlte es sich plötzlich gut und richtig an.

„Komm Herr Jesu, sei unser Gast und segne, was Du uns bescheret hast, Amen“, sagte Johnny ernsthaft, dann wünschten sie sich alle einen guten Appetit und begannen zu essen. Die kleine Jenny wurde zwischendurch von ihrer Mutter gefüttert.

Nachdem alle mehr als satt waren und Jack Jenny ein ums andere Mal bestätigt hatte, dass es wirklich ganz vorzüglich geschmeckt hatte, hielt Johnny nichts mehr. „Mum, was ist denn nun mit dem Paket?“

Jenny und Jack lächelten sich über die Berge von schmutzigem Geschirr, das sie in die Küche trugen, hinweg an. Kinder. Weihnachten war doch nur halb so schön ohne ihre Aufregung und ihre leuchtenden Augen. Jack war plötzlich sehr froh, dass er hergekommen war. Er spürte, wie er aufatmete, wie die Last der Verantwortung von ihm langsam abfiel. Hier war er nicht der General und SGC-Leiter, hier war er einfach nur Jack.

Jenny schnitt mit einer Schere das Paketband durch und dann sahen sie zu, wie Johnny es – ratsch, ratsch! – vom Papier befreite. Als nächstes ertönte ein Indianergeheul, dass sich Jenny lachend die Ohren zuhielt.

„Cooool! Ein Feuerwehrauto! Mit richtiger Wasserspritze! Können wir mal was löschen?“ Schon sah er sich um, ob irgendwo eine Kerze zu finden war. Jack fing einen Blick von Jenny auf und kam ihr schnell zuvor: „Hey, Kumpel, du weißt doch, mit Feuer spielt man nicht! Das kann gefährlich werden. Okay?“

„Okay“, gab sich Johnny geschlagen und rutschte mit seinem Feuerwehrauto bereits durch die ganze Stube. Die beiden Jennys und Jack wühlten inzwischen weiter in dem Paket. Ein kleines Puppenbett kam zum Vorschein. „Siehst du, Jenny, jetzt hat deine Julia auch ein Bettchen, genau wie du. Wollen wir sie gleich mal hineinlegen?“

Jack saß auf dem Boden, inmitten von Bergen von Geschenkpapier, und sah ihnen zu. Und er fühlte sich wohl wie lange nicht mehr. Er sah die strahlenden Gesichter, schaute auf den bunt geschmückten Baum.

Eigentlich sollte er dem Postboten eine Flasche Scotch schenken dafür dass er das Paket verwechselt hatte. Es hatte Jack einen wundervollen Weihnachtstag beschert.

Weihnachten war nicht dazu da, um sich gegenseitig die teuersten Geschenke zu machen. Weihnachten war der Tag, an dem Menschen zusammenkamen und miteinander fröhlich waren. Die Schmerzen vergaßen, die das vergangene Jahr gebracht hatte. Obwohl sie noch immer sichtbar waren in Jennys Augen, die trotz aller Fröhlichkeit ein wenig traurig blickten.

Jack hatte gesehen, dass sie zwei Ringe trug. Sie war Witwe. Er hatte nicht nachgefragt, falls sie darüber reden wollte, würde sie das Thema schon zur Sprache bringen. Doch er hatte nun zumindest eine Ahnung, warum dieses Weihnachtsfest so spartanisch ausfiel. Vermutlich hielt sie ihre kleine Familie mit mehreren Nebenjobs über Wasser und da waren keine großen Sprünge drin.

Doch sie würde es schaffen, da war sich Jack sicher. Sie hatte zwei wundervolle Kinder. Und, auch wenn sie es vielleicht noch nicht wusste, sie hatte jetzt einen Freund, der ab und zu mal nach dem Rechten sehen würde.

Wozu so ein kleines Paket doch alles gut sein konnte.

E N D E



Nachtrag: Okay, ich bin nicht gejoggt und auch nicht zum Weihnachtsessen eingeladen worden, aber der Rest stimmt. Falscher Name auf dem Paket, Namenssuche an den Nachbarhäusern, mehrere Anrufe bei der Auskunft, ein netter Mann in Berlin, der die Botschaft überbrachte, ein weiteres Telefonat und schließlich fand sich die Besitzerin des Paketes eine Etage über mir in dem Haus, in dem auch ich wohne. Warum sie allerdings weder an der Tür noch am Briefkasten ein Namensschild hatte, wird mir für immer verborgen bleiben. Vielleicht hätte ich es doch erst einmal mit einem Zettel am Schwarzen Brett versuchen sollen...

Doch dann wäre diese Geschichte hier nie entstanden.



End Notes:
(diese FF hat im Oktober-06-Voting den 26. Platz belegt bei 36 Storys)
Diese Geschichte wurde archiviert am http://stargatefanfic.de/viewstory.php?sid=1643